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Der Held von Aranor

Der König von Kalaß
von

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Teil 1: Vertrauen verspielen

Seit zwei Wochen lebt Nico nun mit den beiden Frauen zusammen. Lügen versucht er weitestgehend zu vermeiden, deshalb hält er sich, was seine angebliche Heimat Nalita angeht, eher bedeckt. Über dem vielen Glück, das er erfährt, muss er aufpassen, seine Pflichten nicht zu vernachlässigen. Morgens bleibt er meist länger im Bett als er sollte, weil er des nachts oft wenig Schlaf findet, doch Kalja bringt großes Verständnis dafür auf, ist er doch nicht ganz unschuldig an der Situation. Nicos Zeitplan entschleunigt es dadurch jedoch und Zeit ist ein Luxus, den er sich eigentlich nicht leisten kann, schließlich wartet der Generalstab schon seit Monaten auf seinen Abschlussbericht und die hiesigen Truppen sind permanent in Bereitschaft, solange er seinen Auftrag nicht abgeschlossen hat. Besonders wenn er sich dabei erwischt glücklich zu sein, kommen diese Gedanken in ihm hoch und setzten ihn unter Stress. So auch gerade eben.
 

In seinem rechten Arm, auf seiner Brust liegt die eben erst eingeschlafene Mina neben ihm im neu gekauften Bett in seinem sonst so tristen Zimmer in der Herberge. In seinem linken Arm hält er Kaede. Gerade hatte er dem wunderschönen Wirbelwind zu seiner Rechten noch zufrieden beim Einschlafen beobachtet, starrt er nun an die Decke des dunklen Raumes. Eine kleine Öllampe ist gerade dabei ihr letztes Öl zu verbrauchen und beginnt unregelmäßig zu flackern, als sich Kaede in seinem Arm zu ihm dreht und ihm ins betrübte Gesicht sieht.

„Dich bedrückt schon wieder irgendwas.“

Sie flüstert, um ihre Schwester nicht zu wecken. Der junge Mann dreht seinen Kopf zu ihr und beginnt sein Gesicht zu entspannen.

„Sorg dich nicht um mich, Kaede. Sorg dich nur um dich selbst und deine Schwester. Ich komme schon zurecht.“

„Und schon wieder lügst du mich an.“

sagt sie enttäuscht, während sie aufsteht. Die nackte junge Frau geht zum Fenster, das nur mit einem Vorhang, nicht aber verglast ist. Sie schiebt ein paar Dokumente auf dem Tisch neben dem Fenster bei Seite und lehnt sich an ihn. So einen Satz kann Nico nicht im Raum stehen lassen, deshalb legt er die fest schlafende Mina behutsam auf dem Bett ab und ersetzt sich selbst durch ein Kissen. Mal wieder hat sie sich an ihm verausgabt und schläft nun wie ein Stein. In der Hitze Aranors hat er sich angewöhnt nackt zu schlafen, geh nun also ebenfalls unbekleidet zur verärgerten Kaede und fragt leise unsicher:

„Was meinst du?“, während er sich durch die Haare streicht, um sie zu richten.

„Du liebst Mina mehr als mich.“ haucht sie leise mit Gewissheit, ohne ihn anzusehen. Das mag schwerwiegend für sie sein, aber erleichtert Nico, denn er hatte sich sonstwas ausgemalt. Ein wenig erleichtert fragt er:

„Ist das so offensichtlich?“

„Dabei ist sie so ein anstrengendes Mädchen… und hat nichts als tanzen und Sex im Kopf.“ lächelt Kaede, ihren Kopf ihrer schlafenden Schwester zuwendend, doch den positiven Ausdruck in ihrem Gesicht verliert sie direkt wieder.

„Sie kann nichts anderes und hat auch nie etwas anderes gelernt. Vielleicht ist es genau das, was Männer von Frauen erwarten. Mina hinterfragt das nicht. Sie ist wie sie ist, aber ich verstehe es nicht. Lanidas, du bist doch genauso gestrickt. Vielleicht bist du klüger und sieht besser aus als andere Männer, aber du hast genauso ein einfaches Gemüt wie jeder andere auch. Weißt du, Mina und ich gehörten einst einem Mann, der nicht viel außer einer kleinen Villa und uns besaß. Er kaufte uns, nachdem wir mit elf und siebzehn aus einem Zirkus entführt wurden. Dieser Mann vermietete uns als Tänzerinnen, doch dabei blieb es nicht. Schon bald war ich auch zum Vergnügen der Männer da und die kleine, unschuldige Mina sah was ihre Schwester tat. Sie verstand es nicht, fand es gar nicht schlimm, doch ich befahl ihr sich unauffällig zu verhalten, um keine Aufmerksamkeit auf sich zu lenken. Doch es war nicht zu verhindern. Sie war erst vierzehn, als ein hochrangiger Offizier sich nach einer Privatvorstellung an ihr vergriff. Unser Meister war außer sich vor Wut, als er davon erfuhr, aber glaub nicht, dass er sich um das Mädchen sorgte. Er verlangte eine Ausgleichzahlung für die Zusatzleistung und die Sache war vom Tisch. Zwei Jahre ging es so weiter, bis Kalja uns bei einer Feierlichkeit tanzen sah und uns für einen großzügigen Geldbetrag von unserem vorherigen Meister abkaufte…“

Die Geschichte klingt dramatisch, doch wirklich verstehen, was sie bedeutet, kann Nico nicht. Er erkennt nicht woran sich Kaede stört, wenn ihre kleine Schwester doch glücklich damit ist den Wünschen der Männer zu entsprechen. Sein Schweigen interpretiert sie, korrekt, als Verständnislosigkeit, deshalb fragt sie ganz offen:

„Wärst du glücklicher mit ihr, wenn ich nicht da wäre?“

Er interveniert zärtlich, aber fordernd:

„Nein Kaede, bleib bei uns! Du bist in der Lage mir noch etwas ganz anderes zu geben als sie. Ein verständnisvoller Blick von dir, verbunden mit deiner Zärtlichkeit, entspannen mich mehr als alles andere auf dieser Welt.“

Er streichelt ihr sanft über die Wange, über die eine im flackernden Licht der Öllampte funkelnde Träne läuft.

„Wie selbstgerecht du bist, Lanidas.“ haucht sie.

Er liebt sie nicht, sondern schätzt sie nur, das hat sie nun verstanden und wird sie akzeptieren müssen. Sie dient aus ihrer Sicht nur der Ergänzung von Eigenschaften, die ihm an Mina fehlen. Bei Kalja hatte sie nie das Gefühl hinter ihrer Schwester zurückzustehen, denn sie beide waren nicht seine bevorzugten Frauen. Nico nähert sich der traurigen Schönheit, um sie zu küssen. Da er das von sich aus noch niemals getan hat, auch bei Mina nicht, lässt sie ihn gewähren. Zärtlich fährt er ihr durch das volle schwarze Haar wie sie es sonst bei ihm tut und diese Zuneigung hilft ihr dabei wieder zu ihrer alten Stärke zu finden.
 

Ein paar Wochen vergehen, ohne dass Probleme in der Harmonie zwischen den Dreien auftauchen würden. Auch mit der alten Wanda verstehen sich die freundlichen jungen Frauen inzwischen sehr gut. Sie haben begonnen mit ihr gemeinsam die Herberge in Schuss zu bringen und verdienen dadurch ihr eigenes Geld, auch wenn es nicht viel ist, während Nico seiner üblichen Arbeit nachgeht. Durch einen dummen Fehler eines seiner Untergebenen, der ihn in seinem Unterschlupf besucht, wird Kaede jedoch misstrauisch. Nico schickte ihn zwar unmittelbar wieder weg, doch beginnen erneut Fragen in ihr zu keimen. Soldaten kann sie nicht ausstehen und es gefällt ihr nicht, dass ihr Liebster Umgang mit ihnen pflegt.
 

„Wer war das heute Vormittag?“

fragt Kaede Nico am Abend nach der Arbeit aus.

Er schreibt seine Berichte inzwischen ganz offen im Schneidersitz auf seinem neuen Bett sitzend. Schwer durchatmend sieht er zu ihr auf und auch Mina richtet neugierig ihren Blick an ihn.

„Du meist den Soldaten?“

fragt er nach, woraufhin Kaede nickt und weiter nachbohrt:

„Und was genau schreibst du da eigentlich?“

Nico legt die Zettel und seine Feder beiseite und atmet schwer ein, denn er weiß, dass das Unausweichliche nun eingetreten ist. Er hat es auch wirklich satt seine beiden Frauen ständig anlügen zu müssen und entscheidet sich ihnen die Wahrheit zu sagen. Diesmal bittet er sie vor sich Platz zu nehmen, streicht sich durchs Haar und beginnt zu beichten:

„Das war Gefreiter Odega. Er berichtete mir, dass der rosheanische Generalstab unruhig wird, König Riecard wohl aber noch immer hinter der Sache stehe. Ich bin jetzt schon ein ganzes Jahr an diesem Auftrag dran und habe das Gefühl bald einen Durchbruch zu erzielen und auch die letzten und wichtigsten Geheimnisse von Kalja anvertraut bekomme.“

Mit verständnisloser Miene schaut Mina drein, doch in ihrer großen Schwester verhärtet sich der Verdacht.

Nico erklärt trocken weiter:

„Es gibt keinen Baron Darak, in Nalita. Der Briefverkehr mit ihm ist gefälscht. Es gibt auch keinen Lanidas Hadun und ich besitze keine Villa. Mein Name ist Nico Dugar und ich bin Leutnant des Königlich Rosheanischen Militärs. Mein Auftrag lautet Kaljas Sklavenring zu zerschlagen.“

„Mir egal!“

ruft Mina mit weit aufgerissenen Augen spontan, bevor Kaede reagieren kann.

„Ob du nun Lanidas Hadun oder Nico Soundso heißt und ob du Kaljas Freund oder Feind bist, du bist der Kerl mit dem ich zusammen sein will und fertig!“

Sie will ihn umarmen, doch Kaede hält ihre jüngere Schwester zurück.

„Mir ist es nicht egal.“

raunt die Betrogene.

„Du bist ein Soldat und du bist Kaljas Feind. Das bedeutet du bist auch mein Feind. Er hat uns gerettet als es uns schlecht ging und ich schulde ihm alles!“

Sie erhebt sich und stellt sich an die Tür.

„Ich gehe jetzt und berichte ihm von deinem Verrat, Lanidas. Es wird ihm das Herz brechen, so wie mir. Selbst wenn ich dich liebe, eine Lüge solchen Ausmaßes lasse ich dir nicht durchgehen.“

Sie sieht zu ihrer kleinen Schwester, die nicht vor hat ihr zu folgen.

„Komm mit mir, Mina! Er ist einer von denen, die dir viel Schmerz bereitet haben.“

fordert sie, doch Mina klammert sich an Nicos Arm und schüttelt den Kopf.

„Wehr dich nicht, wenn Kaljas Männer kommen. Sie werden dich in Ruhe lassen.“

sagt Kaede sanft zu ihrer Schwester zum Abschied, bevor sie Nicos Wohnung allein verlässt.

Der junge Mann empfängt die verunsicherte jüngere Schwester nun in seinen Armen und küsst sie auf die Stirn.

„Ich danke dir, Mina.“

flüstert er, steht mit ihr auf und warnt:

„Wir müssen hier weg. Kaljas Leute werden kommen, um mich zur Rechenschaft zu ziehen. In der nördlichen Kaserne wird man uns helfen.“
 

Sie laufen ins Erdgeschoss zur alten Wanda, die die beiden verwirrt anschaut.

„Kaede kam gerade heulend die Treppe runter gerannt. Was hast du angestellt, Lanidas?“

Nico ignoriert ihre Frage und fordert:

„Es ist soweit, Wanda. Ich brauche mein Schwert zurück, dass du mir abgenommen hast, als ich einzog.“

„Mach keine Dummheiten!“

murmelt sie, sich umdrehend und nach dem Schwert suchend. Hinter einem Schrank holt sie es mit den Worten: „da ist es ja.“ hervor.

Nico nimmt es ihr eilig ab und läuft mit der jungen Frau an seiner Hand davon. In welche krummen Geschäfte Wandas Lieblingsgast auch verwickelt sein muss, sie hofft, dass er sie gut übersteht.
 

Die Stadt ist nach halben Wege bis zu den Kasernen bereits alarmiert und Nico wird zweimal von Kaljas Schergen attackiert. Wie von Kaeda angekündigt, sehen sie tatsächlich davon ab Mina ins Visier zu nehmen und gehen ausschließlich auf den Verräter los. Eine der beiden Begegnungen übersteht Nico ohne seine Angreifer zu schwer zu verletzen, die Zweite endet tödlich für Kaljas Leute, was er trotz großer Anstrengung nicht vermeiden konnte. Nico kannte sie und versuchte sein Schwert so zu schwingen, dass niemand das Leben verliert, doch wenn der gut ausgebildete Offizier in Rage verfällt, kann er seinen Schwertschwung kaum noch kontrollieren.
 

Seine Flucht in die Kaserne setzt automatisch ein Protokoll in Kraft, welches die Zerschlagung des Hauptquartiers und die Befreiung aller Sklavenstandorte zu Folge hat. Er selbst hat diese Protokolle aufgesetzt und regelmäßig aktualisiert, zuletzt vor einer Woche erst. Die Truppen beginnen sich bereits zu formieren und die Vorbereitungen dauern nur eine Stunde, bis die Soldaten koordiniert ausschwärmen und Leutnant Dugar ist unter ihnen. Mina bleibt in der Kaserne zurück. Auch wenn die junge Frau strikt dagegen war, führt Nico selbst den Stoßtrupp an, der in das Hauptquartier, also Kaljas Villa, einrücken wird. Diese Spezialeinheit besteht aus nur zehn Personen, die ihr Kommandant in viele Details eingeweiht hat.
 

In Kaljas Anwesen angekommen, teilt Nico die Truppen auf, während er selbst versucht den Sklavenhändler aufzuspüren. Er läuft durch die vielen wunderschönen Räume hindurch, in denen er viele angenehme Stunden mit Kalja und dessen lieber Tochter Landra verbracht hat. Er läuft von Raum zu Raum. Die Frauen und Sklavinnen werden inzwischen schon evakuiert und auch Kaede ist unter ihnen, die ihm tränenüberströmt verzweifelnd „Verräter!“ nachschreit. Mit so einer großangelegten Razzia hatte sie anscheinend nicht gerechnet und Nico stark unterschätzt.

Da er trotz allem nicht weiß wo er den Sklavenmogul und seine Tochter suchen soll, hält er eine flüchtende Sklavin auf, die er zunächst nach Landra befragt.

„Kalja hat sie. Sieh im Arbeitszimmer nach dem Schrank!“ antwortet sie ihm hektisch, ohne zu wissen auf welcher Seite er nun so genau steht.

Nico folgt ihrer etwas verwirrenden und ungenauen Anweisung, denn eine bessere Idee hat er nicht. Hinter einem der Vorhänge im großen Saal befindet sich der Eingang zum Arbeitszimmer, das Nico betritt und durchsucht. Den besagten Schrank hat er schnell ausgemacht, denn einer von ihnen ist anscheinend unter Hast nicht wieder korrekt vor einem Durchgang zu einem Geheimzimmer platziert wurden. Da er wusste wonach er suchen muss, ist ihm das sofort aufgefallen. Langsam schiebt er den Schrank beiseite und erkennt Kalja bereits durch den kleinen Spalt. Behutsam betritt Nico den dunklen, nur durch eine einzelne Kerze beleuchteten Raum, denn er weiß nicht wie Kajla in so einer Situation reagieren könnte. Der Sklavenmogul hat seine Tochter Landra hinter sich postiert, die er unsanft festhalten muss, damit sie ihm nicht wegläuft.

„Onkel Lanidas!“

ruft sie erfreut, doch ihre Stimme wird belegt, als sie weiterspricht:

„Papa sagt du wärst der böse Mann und nicht der Prinz und will mich nicht zu dir lassen.“

Nico muss tief Luft holen und erklärt dann möglichst kindgerecht:

„Das stimmt auch, Landra. Ich bin nicht der Prinz, der mit dir zum Altar schreitet. Das wird ein anderer sein, wenn dein Vater dich jetzt loslässt, bevor noch viele, viele andere böse Männer hierher kommen und ihn festnehmen.“

„Nein, Lani…wenn du auch nur einen Funken Ehre in deiner Brust hast und ich glaube den hast du, dann gehst du jetzt wieder raus aus diesem Raum und verschließt ihn sauber mit dem Regal. Wir warten ab, bis es ruhiger wird und verschwinden dann von hier.“

bittet Kalja viel klarer und freundlicher, als es Nico für möglich gehalten hätte. Er hat nur wenige Sekunden, um seine Entscheidung zu treffen, denn seine eigenen Truppen könnten jederzeit hier auftauchen. Ohne etwas zu sagen, wendet er Vater und Tochter den Rücken zu, geht hinaus und verschließt den Raum mit dem Regal wieder. Kalja mag der Strippenzieher hinter all dem unmenschlichen Sklavenhandel sein und doch ist er Nicos Freund. Als er das Arbeitszimmer verlassen will, kommt ihm einer seiner eigenen Männer entgegen.

„Der Raum ist sauber.“

lügt der Leutnant und kehrt recht zügig zu den nördlichen Kasernen zurück, wo ihn immer mehr Erfolgsmeldungen erreichen.
 

Tausende Sklaven und ein Teil der von den Sklavenhändlern genutzten Infrastruktur konnten unter geringen eigenen Verlusten zerstört werden. Nico sucht nach Mina und geht mit ihr gemeinsam zum Haupttor der Kaserne, um seine Kameraden nach dem erfolgreichen Einsatz persönlich zu empfangen und sich bei ihnen zu bedanken. Nach kurzer Zeit jedoch, fällt ihm ein Feuer auf, das gerade erst mitten in Aranor ausgebrochen sein muss. Die Rauschschwaden sind noch nicht allzu groß, doch Nico ist sich sicher, dass es Kaljas Villa sein muss, von der sie ausgehen, eben jene Villa in der er ihn vor etwas mehr als einer Stunde in einem Raum eingeschlossen hat, aus dem er nicht fliehen kann, ohne dem Militär in die Arme zu laufen. Nico macht sich Vorwürfe das Anwesen überstürzt verlassen zu haben. Er hat seinen Freund und dessen Tochter ihrem Schicksal überlassen, was ein großer Fehler war.

„Dieser Rauch…ist das Kalkas Villa, die in Flammen steht?“

fragt Mina entsetzt.

„Landra und Kalja sind noch in der Villa. Ich muss wieder zurück.“ ruft er geschockt, leiht sich hastig eines der gesattelten Pferde, die gerade aus dem Einsatz zurückkehrt sind und steigt auf, was Mina ihm gleich tut. Gemeinsam reiten sie so schnell die können durch die von Schaulustigen belebte Stadt, bis zur Villa, die inzwischen lichterloh in Flammen steht. Die Nacht wird erhellt von dem Flammenmeer, das das dankbarerweise nicht auf die benachbarten Herrenhäuser überschlägt, weil das Anwesen so großzügig geplant wurde. Vom Sklavenhändler oder seiner Tochter fehlt jede Spur, weshalb Nico das Schlimmste annimmt. Er reitet auf die stechenden Flammen zu, bis sein Pferd scheut. Er versucht es wieder und wieder, ohne Rücksicht auf das Tier zu nehmen, bis er abgeworfen wird.

„Landra!“

brüllt der Offizier verzweifelt. Minas Versuche ihn festzuhalten scheitern, denn er reißt sich von ihr los. Ein Stück tritt er in den Hauseingang hinein, von wo er sofort wieder flüchten muss, denn einer der vielen brennenden Vorhänge stürzt über ihm herab und treibt ihn wieder zurück. Hustend vom schwarzen Qualm, wird er noch weiter zurück gedrängt, bis er sich eingesteht, dass er nichts mehr tun kann, doch er steht noch immer sehr nah am Hauseingang. Mina läuft beherzt zu ihm und zieht an seinem Arm, um ihn von der Feuersäule weg zu geleiten. Mit großer Mühe schafft sie es ihren Liebsten nur ein paar Schritte nach hinten zu zerren, bevor er in sich zusammenbricht.
 

Einen Tag später erreicht Nico die Meldung, dass Kalja tot in der Ruine des Hauses aufgefunden und seine Leiche von einigen befreiten Sklaven mitgenommen worden sei, doch über eine Frauenleiche verliert niemand ein Wort. Trotz einer Resthoffnung, dass Landra überlebt haben könnte, glaubt er nicht daran. Er gibt sich die Schuld an ihrem Tod, was ihn in eine tiefe Trauerphase stürzt, aus der ihn auch Mina nicht befreien kann.

Nicos erfolgreiche Zerschlagung des Sklavenringes führt zu seiner, ihm zunächst völlig gleichgültigen, Beförderung zum Oberleutnant und einer ungewünschten Popularität seiner Person in ganz Aranor und darüber hinaus. Er selbst betrachtet die ganze Mission im Nachhinein als einen Fehlschlag, denn bereits nach kurzer Zeit beginnen andere Männer Kaljas Platz einzunehmen, wenn auch lange nicht so erfolgreich und ausgeklügelt wie der große Sklavenmogul. In Aranor wird sich Nico jedoch nie wieder irgendwo einschleichen können, denn jeder kennt ihn nun und so wird es ihm auch niemals möglich sein den Ring vollständig zu zerschlagen. Ganz davon abgesehen will er so schnell auch nichts mehr infiltrieren, denn es hat ihm das Herz gebrochen neu gewonnene Freunde zu verraten. Er beginnt alles zu hinterfragen. Was hat er eigentlich für einen Charakter? Was hat er beim Königlich Rosheanischen Militär verloren und was verspricht er sich selbst davon Teil einer Armee zu sein?

All seine Fragen und seine Unsicherheit lassen ihm keine Kraft mehr sich mit Mina zu beschäftigen, die viel Aufmerksamkeit braucht. Sie ist eine anspruchsvolle und fordernde Frau, deren Treue er nach einem Monat Abstinenz bereits anzweifelt. Ohne ihrer älteren Schwester, die verständlicherweise nicht wieder zu ihm zurück gekehrt ist, wird sie von Zeit zu Zeit immer unausgeglichener.

Er genießt nach seinem Erfolg das vollste Vertrauen des Generalstabes und erhält nach einiger Zeit ein neues Kommando, das ihn an den Trinkwassersee Lanima verschlägt. Nebenbei beginnt er sich mit seiner Vergangenheit auseinanderzusetzten.



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