Die, die unsere Geschichten erzählen
Die, die unsere Geschichten erzählen
„Lass mich dir erzähl'n,
was ich gewünscht, ich hätt' gewusst,
als ich jung war und träumt' von Ruhm und Ehre,
dass wir nicht kontrolliern':
Wer lebt, wer stirbt, wer erzählt Geschichten...“
Leise summte das Skelett, ein Lied, dass er selbst gedichtet hatte, wie so viele schon zuvor.
Es war ein schöner Tag. Die Sonne schien hoch über ihm, als er da saß, auf der Bank, welche er so oft besuchte, um seine Freunde zu sehen.
Nun...zumindest die ehrenhaften Denkmale, welche groß und stolz auf einer kleinen Insel auf der Grand Line standen und an ihre großen Taten erinnern sollten.
Er senkte seine Geige, seufzend und voller Trauer. Schließlich war heute der Tag, an dem der letzte von Ihnen vor zehn Jahren verstorben war.
„Chopper mein Freund...Yohoho...Zehn Jahre schon wieder?“
Ein wehmütiges Lächeln würde seine Lippen überziehen, wenn er doch nur welche hätte, sich an sie alle erinnernd.
„Leute...ich vermisse euch sehr...“, flüsterte er und stand auf, um durch ihre Reihen zu laufen.
„Nami...schön siehst du aus. Die Frisur steht dir sehr. Und dir natürlich auch, Robin. Willst sie wohl mal wieder länger wachsen lassen?“
Vielleicht hörten sie ihn ja. Vielleicht auch nicht... Doch es bereitete ihm Freude und linderte den Schmerz, wenn er mit ihnen sprach, als würden sie genau vor ihm stehen.
„Ach? Du hast ein neues Rezept entdeckt, Sanji? Das würde ich gerne mal probieren! Einen Seekönig muss ich dafür fangen?! Yohoho! Nichts leichter als das!“
Er drehte sich zu Frankys Grab.
„Die Sunny? Oh, der geht’s prächtig! Ach, du bist übrigens schon wieder Opa geworden! Und ich glaube, dass in zwei Monaten Zwillinge kommen! Du hast wirklich eine riesige Familie! Yohoho! Aber liebe Kinder...liebe Kinder! Die hören mir gerne beim spielen zu! Habe nur den Überblick verloren...“
Dann seufzte er, die Augen verdrehend, wenn er nur könnte.
„Ja, Zorro! Ich passe schön auf die Schwerter auf! Die darf auch ja keiner anrühren – auch nicht deine Kinder! Keine Sorge, die liegen in einer Vitrine! Und die ist verschlossen. Den Schlüssel könntest du nur finden, wenn du aus versehen verschollen gehst, Yohoho!
Ja, es war schon ein seltsames Schauspiel – das musste Brook selbst zugeben. Aber es lag ihm nun mal am Herzen, sie hier besuchen zu kommen.
„Oh Lysop. Welch interessante Geschichte! Die habe ich noch nicht gehört! Gefällt mir sehr. Erzähl weiter...“
Und er lauschte für einiger Zeit der Stille. Lachend und seufzend, als würde sein Langnasiger Freund ihm wirklich eine seiner abenteuerlichen Lügengeschichten erzählen.
„Chopper, Chopper, beruhige dich! Ich trinke immer artig meine Milch! Ja – ein Glas früh, zwei Abends! Ich achte schon auf meine Gesundheit, so fern das bei mir noch möglich ist – Yohoho!“
Er setzte sich zwischen das Grab von Jimbei und Ruffy auf den Boden, seine langen, knochigen Beine zur Brust ziehend. Ein Baum stand hinter ihm und spendete dem Skelett Schatten.
„Ach Jimbei...du bist der Älteste da oben! Ich hoffe, dass du die alle ein wenig im Griff hast! Und...Ruffy...dein Sohn ist ein fabelhafter Käpt'n! Du kannst regelrecht stolz sein, dass du so ein tolles Kind in die Welt gesetzt hast! Ihr alle...wunderbare Kinder und großartige Enkelkinder! Ich sehen ihnen allen so gerne beim Aufwachsen zu. Und sie sehen alle aus wie ihr! Naja gut...das mit dem Haarfärben ist nur so eine Phase, Zorro. Keine Sorge. Wächst bestimmt raus! Yohoho! Ja - und wie versprochen passe ich auf sie auf. Die Marine?! Auch, macht euch um die keine Sorgen! Die haben sich noch immer nicht von der Schlacht, damals, gegen uns erholt! Mit denen werden ja sogar eure Kleinsten fertig! Ja, Sanji, ich passe trotzdem ganz besonders auf dein Mädchen auf – die ist doch aber schon erwachsen! Na wenn du meinst, Yohoho!“
Er lehnte sich zurück, seinen Rücken gegen den Baum legend, während eine sanfte Brise um ihn herum spielte, seinen Afro sanft schwanken ließ und die Blumen auf den Gräbern bewegten.
„Ach! Ich habe euch ja was noch gar nicht erzählt...! Der Bau des Waisenhauses läuft fantastisch! Bald werden da viele Kinder aufgenommen und groß werden. Hunderte Kinder, wenn nicht sogar tausende! Es wird das einzig wahre Strohhut-Waisenhaus!“
Brook seufzte, betrachtete die Gräber um ihn herum.
„Ich weiß ja, dass ihr alle es als Kinder nicht leicht hattet...Ihr seit ja alle ohne eigene, leibliche Eltern aufgewachsen...Und ich weiß, dass diese Kinder es besser haben werden. Und wenn sie aufwachsen, werde ich euch in ihren Augen sehen. Sie werden groß und stark werden und den Welt zu einem besseren Ort machen, so wie ihr es getan habt! Wie wir es einst taten...“
Er lächelte.
„Sie werden unsere Geschichte erzählen...Eure Geschichten! Ich versuche gerade alles, was ich geschrieben habe zu sortieren. Deine unzähligen Lockbücher, Nami. Die ganzen Zeitungsartikel, in denen wir vorkamen. All die Interviews, die ich mit allen, die wir je trafen, geführt habe. Es wird unsere Geschichte! Meint ihr...ich soll sie veröffentlichen?“
Brook lauschte dem Wind für einige Zeit, als würden seine Freunde ihm etwas flüstern.
Er lachte.
„Ich soll mich Oda nennen, wenn ich die Geschichte veröffentliche? Eiichiro Oda? Wie kommst du denn auf den Namen, Lysop? Wie soll die Geschichte denn heißen? One Piece? Ist das nicht ein wenig einfach, Jinbei? Wobei du ja Recht hast...darum ging es doch damals, nicht? Auf unseren Abenteuern...“
Er wünschte, er könne seine Augen für einen Moment schließen, um die Gemeinschaft seiner Freunde zu genießen, doch dann hätte er wohl dieses sonderbare Schauspiel von Sonne und Schatten verpasst.
Für einen Moment schien es, als würden sie – alle seine Freunde – vor ihm stehen, lächelnd und stolz, auf das, was er für sie tat, nachdem ihre Zeit abgelaufen war.
Leise weinte er, auch wenn er nie verstanden hatte, wie er als Skelett weinen konnte.
„Okay...das werde ich tun – ich erzähl unsere Geschichte!“
„Onkel Brook!“, hörte er plötzlich aus der Ferne eine Stimme und konnte, als er aufsah, Namis und Frankys ältesten Töchter winken sehen.
„Ein Waisenheim baut sich nicht alleine!“
„Yohohoho! Ich komme, die reizenden Damen!“
Brook sprang auf und eilte an den Gräbern vorbei, den Damen entgegen.
„Entschuldigt meine Verspätung! Es war einfach die Sentimentalität eines uralten Skeletts!“
„Schon gut“, winkte Frankys Tochter ab, lächelte.
„Geht es ihnen gut?“, fragte nun Namis Tochter, zu den Gräbern blickend, besonders lange mit ihren Augen auf dem ihrer Mutter verweilend.
„Gut? Ach, ich glaube, dass es ihnen dort, wo sie jetzt sind, blendend geht! Ich soll euch ja auch von ihnen grüßen. Ach! Habe ich euch eigentlich schon die Geschichte erzählt, wie eure Eltern auf die Fischmenscheninsel gekommen sind! Yohoho! Das war ja ein Abenteuer!“
„Erzählst du uns wieder ihre Geschichten?“, fragten sie gemeinsam, amüsiert.
Er aber nickte.
„Ich werde immer ihre Geschichte erzählen. Es wird mir eine Ehre sein.
Also...wie war denn das damals...“