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My Love Is Your Love

- Blind Date -
von

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Liebe ist kein Kinderspiel

„Ruf sie an.“

Seit Tagen lag Ryoske ihm damit in den Ohren. Nachdem sie von ihrem Ausflug auf Okinawa wiedergekommen waren, sprachen sie nicht mehr über Hitomi und das, was auf der Insel passiert war. Ryoske hatte ihm nichts über sein Gespräch mit ihr erzählt, also hatte auch Iji seinerseits beschlossen, ihm nichts über seine Unterhaltung mit ihr zu erzählen. Es war wie ein ungeschriebenes Gesetz, ihren Namen nicht mehr zu erwähnen. Doch in letzter Zeit sagte Ryoske jene drei Worte zu ihm, die Iji nicht mehr hören konnte: Ruf sie an.

Iji ging nie darauf ein. Warum sollte ausgerechnet er Hitomi anrufen? War sie nicht Ryoskes Freundin? Und wenn er, Iji, sie anrief, was sollte er dann zu ihr sagen? Es gab keinen Platz mehr für ihn in ihrem Leben. Abgesehen davon, dass er sie belogen hatte, hatte er sie abgewiesen, indem er das Glück seines Bruders über sein eigenes gestellt hatte. Also sollte Ryoske sich das Mädchen schnappen und glücklich sein, verdammt!

Wenn Hitomi bloß Gefühle für seinen Bruder hätte…

Jede Nacht, wenn Iji sich schlafen legte, hatte er ihren todunglücklichen Gesichtsausdruck vor Augen. Nachdem er ihr gesagt hatte, dass zwischen ihnen nichts sei und sie einen falschen Eindruck von seinen Absichten hatte, war auch ein Teil von ihm zerbrochen. Er verschloss sein Herz vor der Wahrheit, vor seinen Gefühlen. Aber das reichte nicht aus, um zu entkommen. Sie verfolgten ihn bis in seine Träume.

Iji sah sich fast jeden Tag die Fotos an, die er mit Hitomi in dem Fotoautomaten geschossen hatte. Immer dann, wenn er alleine und ungestört war. Damals kannten sie sich kaum, sie waren zwei Fremde, die sich durch eine Laune des Himmels begegnet sind. Doch wenn er sich jetzt die Fotos ansah, kam es ihm vor, als hätten sie schon immer zusammengehört.

Wenn er solche Gedanken hatte, kam er sich unglaublich lächerlich dabei vor. Schicksal, Laune des Himmels, wahre Liebe. Daran hatte er nie geglaubt. So etwas gab es einfach nicht. Es war nur ein Hirngespinst, das sich die Menschheit im Laufe der Jahrhunderte zusammengereimt hatte. Doch warum fühlte er sich dann so miserabel? Warum schmerzte es dann so, sie nicht mehr zu sehen?

 

„Ruf sie an“, drang es vom anderen Ende des Zimmers. Iji sah genervt zu seinem Bruder und schwang sich aus dem Bett.

Warum musste er ihn schon früh am Morgen damit nerven?

Ohne etwas zu erwidern, zog sich Iji an.

„Hör auf, mich anzuschweigen, Iji. Seit Tagen redest du nicht mehr mit mir. Seit wir aus Okinawa zurück sind.“

„Ich rede doch mit dir“, erwiderte Iji trotzig.

Ryoske rollte mit den Augen.

„Du weißt genau, was ich meine. Du bist nicht mehr du. Du läufst grimmig durch die Gegend, bist geistesabwesend und wenn ich dir sage, du sollst sie endlich anrufen, reagierst du immer so genervt. Genau so, wie jetzt!“

Iji hielt mitten in der Bewegung inne.

„Was erwartest du von mir, hm? Dass ich jetzt so tue, als sei alles wie immer? Soll ich für dich den Clown spielen, oder was?“

„Nein, das verlange ich gar nicht. Ich möchte doch nur...“ Ryoske hielt inne, als würde er nach den richtigen Worten suchen. „Ich möchte doch nur, dass du glücklich bist.“

Iji schnaubte.

„Glücklich...“, wiederholte Iji in einem verachtenden Ton, „klar.“

„Iji...“

„Warum rufst du sie nicht an?“, fiel ihm Iji ins Wort und richtete seinen Blick auf seinen Bruder, der ihn verzweifelt ansah, „haben wir das nicht alles für dich getan? Damit du am Ende mit ihr zusammen sein kannst? Also warum rufst du sie nicht an? Du liebst sie doch, oder nicht!? Ich habe das für dich getan, also kämpfe gefälligst um sie.“

Mit diesen Worten verließ er das Zimmer und knallte die Tür hinter sich zu. Er konnte nicht länger mit ihm in einem Raum sein. Er war so wütend. So wütend auf Ryoske, weil er das Mädchen ziehen ließ, jenes sie beide liebten. So wütend auf sich selbst, weil er wusste, wem ihre Gefühle galten und weil er trotzdem von seinem Bruder mehr Einsatz erwartete.

Er hörte, wie sich die Zimmertür wieder öffnete und Ryoske ihm in die Küche folgte.

„Du fragst mich tatsächlich, warum ich nichts unternehme? Warum ich sie nicht anrufe?“

Iji stand mit dem Rücken zu ihm und erwiderte nichts.

„Denkst du, ich bin blind und sehe nicht, was ihr für einander empfindet? Als ich euch auf Okinawa zusammen gesehen habe, fiel es mir wie Schuppen von den Augen. Ich wollte es zuerst nicht wahrhaben, aber es war kaum zu übersehen, wie sie dich angeschaut hat. Ich weiß, du hast dich zusammengerissen und warst abweisend zu ihr, aber nur meinetwegen, stimmt's?“

Ryoske machte eine Pause, wartete Ijis Reaktion jedoch nicht ab und fuhr fort.

„Als ich mit ihr alleine war und ihr dann die Wahrheit gesagt habe, fiel mir erst im Nachhinein auf, dass ich ihr nichts von meinen Gefühlen erzählt habe. Ich dachte zuerst, ich hätte nichts gesagt, weil mir eh klar war, dass ich keine Chance hatte. Sie hatte sich in dich verliebt und damit musste ich klarkommen. Doch mittlerweile weiß ich es besser.“

Iji hörte sich alles an, was sein Bruder zu sagen hatte, und ohne es zu merken, beruhigte er sich langsam. Er wandte sich zu Ryoske um.

„Und warum hast du ihr nichts von deinen Gefühlen erzählt?“, hakte Iji nach und lehnte sich an die Küchentheke.

Ryoske lächelte leicht, ehe er fortfuhr.

„Nun... es hatte etwas gedauert, bis es mir klar wurde. Aber jetzt bin ich mir ganz sicher. Das, was ich für sie empfunden habe, das konnte keine Liebe sein. Ich war egoistisch und selbstsüchtig. Ich wollte, dass sie mich liebt und habe nichts dafür getan, sondern dich vorgeschickt, als es auf einmal schwierig und kompliziert wurde. Ich habe sie sogar bei ihrer OP im Stich gelassen, nur weil ich zu feige war, ihr in die Augen zu sehen. Ist das etwa Liebe?“ Er fuhr sich durchs Haar und seufzte schwer. „Ich hatte solche Angst, es zu vermasseln, weil ich endlich jemanden getroffen hatte, den ich wirklich mochte, und dann habe ich es vermasselt, indem ich dich in diese Sache hineingezogen und mich verkrochen hatte.“

Ryoske machte eine lange Pause und ließ sich auf einen Stuhl fallen. Iji bewunderte seinen Bruder, dass er so offen darüber sprach. Hätte er das doch nur früher getan.

„Du fragst mich, warum ich sie nicht anrufe. Deswegen“, meinte Ryoske abschließend und grinste dann, „und weil du ihren Namen im Schlaf sagst.“

Iji spürte, wie ihm die Hitze in die Wangen stieg.

„Tu ich nicht!“

Ryoske lachte. „Doch! Laut und deutlich.“

 

~*~

 

Nach diesem aufrichtigen Gespräch hatte Iji Hitomi immer noch nicht angerufen.

Stattdessen war er direkt zu ihrem Haus gefahren.

Er konnte sich nicht sicher sein, ob sie da war oder nicht, aber es war einen Versuch wert. Und wenn sie nicht da wäre, würde er auf sie warten. Er würde erst gehen, wenn er ihr alles gesagt hätte.

Doch es kam nicht dazu, dass er bei ihr klingelte. Auf der gegenüberliegenden Straßenseite entdeckte er sie auf dem Spielplatz, wo sie auf einer Schaukel saß.

Und nun stand er vor ihr.

„Hito.“

Als sie ihn aus ihren glasigen Augen ansah, zog sich sein Herz zusammen. Dieses Bild, wie sie einsam auf dieser Schaukel saß, erweckte ein Gefühl von Traurigkeit in ihm.

„Darf ich mich setzen?“

Nachdem sie genickt hatte, nahm er auf der Schaukel daneben Platz.

Sie hatte ein enges schwarzes Kleid an, das ihr ziemlich gut stand und sie erwachsener wirken ließ. Doch es entsprach nicht ihrem sonstigen Geschmack, der eher mädchenhaft und süß war. Diese kleine Veränderung verstärkte Ijis Gefühl, dass er nicht länger zu ihrer Welt gehörte und solche Veränderungen nicht mehr mitbekam.

Bevor er hierherkam, lag ihm so vieles auf der Seele, was er ihr sagen wollte, doch jetzt, da er wirklich hier war, war sein Kopf wie leergefegt.

Sie saßen eine Weile schweigend da, jeder schien seinen eigenen Gedanken nachzuhängen. Iji wusste einfach nicht, wo er anfangen sollte. Egal, was er sagen wollte, alles hörte sich für ihn falsch an.

„Dein neues Kleid steht dir.“

Er spürte, wie sie ihn von der Seite ansah, doch sein Blick war unerbittlich nach vorne gerichtet. Wenn er sie jetzt ansehen würde, würde seine Entschlossenheit schwinden. Er musste sich konzentrieren, um seine Gefühle verständlich zu machen.

„Am Anfang habe ich mich nur wegen Ryoske mit dir getroffen“, fing er langsam an, „er ist ziemlich unsicher, was Frauen angeht. Vor allem, wenn es ein Mädchen ist, das er sehr gerne hat. Ich möchte unser Verhalten gar nicht rechtfertigen, ich weiß, es war falsch. Aber... wenn ich mich noch einmal entscheiden sollte, ob ich ihm helfe, würde ich es wieder tun. Nicht, weil ich meinem Bruder helfen wollte, sondern weil ich dich sonst nie kennengelernt hätte.“

Nun sah Iji zu ihr und begegnete ihren graublauen Augen, die ihn unergründlich ansahen.

„Verstehst du, was ich sagen möchte? Ich bin froh, dass ich dich kennengelernt habe, Hito. Und was ich auf Okinawa zu dir meinte... dass da nichts zwischen uns wäre... das habe ich nur geleugnet, weil ich meinem Bruder nicht im Weg stehen wollte. Ich wusste um seine Gefühle, ich... wollte ihn nicht verletzen. Und dabei habe ich dich verletzt.“

Iji streckte seine Hand nach ihr aus und berührte sanft ihre Wange.

„Hitomi... nun sag doch was...“

Zögernd legte sie ihre Hand auf die seine und schmiegte ihre Wange gegen seine Handfläche. Ijis Herz machte einen hoffnungsvollen Sprung, ehe sie seine Hand wegschob.

„Du warst mit Maki zusammen“, murmelte sie leise und ihre Augen füllten sich mit Tränen, „als du dich mit mir getroffen hast, als du dich als Ryoske ausgegeben hast, als wir uns... geküsst haben...“

Ijis Augen weiteten sich vor Überraschung. Woher wusste sie das? Hatte Ryoske... nein. Sie musste es von jemand anderem erfahren haben. Etwa direkt von Maki? Natürlich. Sie gingen auf dieselbe Uni. Das hätte er beinahe vergessen. Iji presste die Lippen aufeinander.

„Es tut mir leid... Ja, ich war mit ihr zusammen. Aber als wir uns geküsst haben, hatten wir uns schon längst getrennt.“

„Trotzdem... Du hast... auch sie angelogen Sie wusste nichts von eurem Plan und dachte.. und dachte...“ Ihre Stimme brach, als sie schluchzte. „Sie denkt, ich hätte dich ihr weggenommen... Sie denkt, ich hätte eure Beziehung... kaputt gemacht...“

Ijis Puls beschleunigte sich. Er konnte sich vorstellen, wie sauer Maki geworden war, als sie herausgefunden hatte, dass es Hitomi war, mit der er sich getroffen hatte. Dabei lag es doch gar nicht an Hitomi, dass er die Beziehung mit ihr beendet hatte.

„Du hast nichts kaputt gemacht. Es hat einfach nicht gepasst.“

Hitomi schüttelte den Kopf, als wollte sie seine Worte nicht wahrhaben.

„Bitte Hito... Glaub mir! Unsere Trennung hatte nichts mit dir zu tun. Bitte...“ Er streckte erneut seine Hand nach ihr aus und wischte ihr die Tränen von den Wangen. „Bitte hör auf zu weinen...“ Es brach ihm das Herz, wenn er sie so unglücklich sah. „Ich ehm... ich hatte noch nie so etwas für jemanden empfunden wie für dich... Ich hätte es dir schon früher sagen sollen...“

Iji hätte nie gedacht, dass er sich je verlieben könnte. Für ihn war die Liebe bis vor kurzem nur ein Hirngespinst, eine Traumvorstellung, der die Menschen nachjagten. Nie hätte er gedacht, dass es ihn treffen könnte.

Hitomi hatte ihren Blick gesenkt und die Hände in den Schoß gelegt. Einen entsetzlich langen Augenblick sagte sie kein Wort.

„Ich kann nicht...“ Sie sah ihm wieder direkt in die Augen. „Ich kann deine Gefühle nicht erwidern.“

Dann erhob sie sich von der Schaukel und machte Anstalten zu gehen. Doch bevor sie ein paar Schritte gegangen war, hielt Iji sie auf, indem er ihren Arm ergriff.

„Warum?“

Warum konnte sie seine Gefühle auf einmal nicht erwidern? War es, weil er sie angelogen hatte? Weil er ihr zuerst gesagt hatte, er würde nichts für sie empfinden? Hatte er vielleicht zu lange mit seinem Geständnis gewartet? Waren ihre Gefühle für ihn nicht mehr da?

Tausende Fragen rasten ihm durch den Kopf und er wollte eine Antwort. Doch mehr als ein Warum brachte er nicht zustande. Er hatte sich noch nie verliebt und wusste bis jetzt auch nicht, wie sehr eine Zurückweisung schmerzen konnte.

„Warum?“, wiederholte Hitomi und schien einen kurzen Augenblick nachzudenken, „wegen Maki... Sie ist... war... meine Freundin. Deswegen...“

Iji verstand die Welt nicht mehr. Er sah sie benommen an und ließ langsam ihren Arm los. War das nun... aus?

Sein Herz hämmerte wie verrückt in der Brust. Er konnte das alles gar nicht richtig realisieren.

Aus. Es ist aus.

Sein Blick folgte ihr, als sie die Straße überqueren wollte. Im Blickwinkel erfasste er einen Fahrradfahrer, auf den sie geradewegs zulief.

„Hitomi!“, rief er ihr hinterher, doch sie drehte sich nicht nach ihm um. „Hitomi, pass auf!“

Iji rannte zu ihr, als sie dem Fahrradfahrer gerade noch auswich.

„Man, Hito!“

Er packte sie an den Schultern.

„Hast du mir einen Schrecken eingejagt! Hast du den gar nicht gesehen!?“

Hitomi schüttelte entsetzt den Kopf.

„Komm, ich bring dich nach Hause“, sagte Iji und ergriff ihre Hand.

Hitomi schüttelte diese ab und nahm Abstand.

„Nein... danke. Ich schaff das schon“, sagte sie schnell und ließ ihn alleine stehen.

Iji blieb an Ort und Stelle stehen und wartete, bis sie sicher an ihrem Haus angekommen war. Dann wuschelte er sich durchs Haar und seufzte laut.

Er hatte es schon immer gewusst. Liebe war scheiße.



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von:  Soralai
2018-05-17T07:25:23+00:00 17.05.2018 09:25
Und jetzt?
Antwort von:  May_Be
17.05.2018 09:27
Ende
Antwort von:  Soralai
17.05.2018 09:29
Hmm *flunsch zieh*
Antwort von:  May_Be
17.05.2018 09:30
*Twix rüberschieb*
Antwort von:  Soralai
17.05.2018 09:32
*dir meinen Klecks Joghurt der unter einem Berg Heidelbeeren begraben ist geb und ins Twix beis* das geht doch so nicht
Antwort von:  May_Be
17.05.2018 09:42
*o*
*den Joghurt, der unter einem Berg Heidelbeeren begraben ist, mit Freunden annehm und ess*
ich weiß >_<
Antwort von:  Soralai
17.05.2018 18:30
na dann musst du das ändern
Antwort von:  May_Be
18.05.2018 09:18
aye *v*
bin dabei


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