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Don´t fuck the Company

von

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Goldenes Band


 

And isn’t it just so pretty to think

All along there was some

Invisible string

Tying you to me?

Invisible String – Taylor Swift
 

„Wie haben Sie Herrn Uzumaki kennengelernt?”

Sasuke erinnerte sich an Diskolichter auf verschwitzter, gebräunter Haut. Er erinnerte sich an ein trunkenes Grinsen und kräftige Hände auf seinen Hüften. An eine herausfordernde Stimme über dem Beat der Musik.

„Bei einer Arbeitsveranstaltung“, antwortete er dem Polizisten.

Dieser seufzte und machte eine Notiz. „Herr Uchiha, wir haben von verschieden Stellen gehört, dass sie Herr Uzumaki näher stehen, als es bei einem Saisonarbeiter üblich ist.“

Natürlich verstand Sasuke die Implikation, aber so leicht machte er es nicht. „Von welchen Stellen?“

Der Stift des Beamten klopfte zwei Mal auf sein Papier. Er schien zu dem Schluss zu kommen, dass die Information ihren Ermittlungen nicht schaden würde, denn er sagte: „Von Ihrem Geschäftspartner, Orochimaru Oto, aber auch von anderen Quellen.“

Sasuke meinte, den giftig süßen Hauscocktail des Oto seine Kehle runterkriechen zu spüren. Snakebite. Lähmendes Gift inklusive. „Ermitteln Sie nicht gegen Angestellte des Otogakure?“

„Dank Orochimaru konnten wir neben der Verdächtigen Tayuya noch drei weitere Verdächtige festnehmen. Sie nannten sich die „Oto Vier“, aber Orochimaru konnte uns überzeugend vermitteln, dass er sie nicht kannte. Sie haben sich seinen Club lediglich als Vertriebsstätte ausgesucht wegen des hochrangigen Klientel.“

Sasuke musterte den zweiten Mann im Verhörraum, der diese Erklärung gegeben hatte. Ganz schön wortreich für Sasukes einfache Frage.

„Herr Uchiha, sie sollten sich kooperativer zeigen“, wechselte der andere Polizist das Thema. „Wir haben genug Hinweise, um Ihr Hotel zu durchsuchen.“

„Sie würden nichts finden“, sagte Sasuke und verschränkte die Arme. So gleichgültig war er aber nicht wirklich.

In den letzten Monaten war die Polizei mehrfach im Sensu gewesen. Es hatte bereits zu stornierten Hotelzimmern geführt. Der Ruf seines Hauses stand unter Beschuss, und mit ihm der seiner Familie. Sein Vater hatte bereits klargestellt, dass Sasuke das ‚regeln‘ sollte, egal wie. Mehr sagte er sich jedoch um Sarada. Unmöglich, sie mit all den Gerüchten in drei Wochen zurück zur Schule zu schicken.

„Ich habe Ihnen gesagt, was ich weiß“, sagte Sasuke schließlich. Er wusste einiges von Narutos Vergangenheit, aber wer sagte, dass es nicht gelogen war? Mit den angeblichen Verbrechen seines Freundes hatte es sowieso nichts zu tun.

Sarada war ein Kind. Leuchtender Optimismus stand ihr zu. Sasuke musste rationaler sein, egal, was er sich wünschte. In den Rücken fallen würde er ihm aber nicht. Unschuldig bis zum Beweis der Schuld und so.

Der Befragungsleiter seufzte und klappte seine schwarze Mappe zu. „Gut, das war vorerst alles. Falls Ihnen noch etwas einfällt, melden Sie sich bei uns.“

Sasuke nickte, dann wurde er zur Tür geleitet. „Was ist mit Nar … Herr Uzumaki?“

Die Beamten warfen sich Blicke zu, bevor einer antwortete: „Die Befragung und Sicherungshaft ist beendet. Heute Abend wird er entlassen. Er darf Konoha nicht verlassen, bis die Ermittlungen abgeschlossen sind.“

Sasuke nickte und wandte sich ab. In seiner Magengegend braute sich ein Gefühlscocktail zusammen bei der Aussicht, von Naruto zu hören. Er vermisste ihn und wollte ihm beistehen, nach allem, was er in den letzten Tagen sicher erlebt hatte. Aber er war misstrauisch.

Was, wenn er doch etwas mit den Vorkommnissen zu tun hatte, die in den letzten Monaten Konoha aufgewühlt hatten? Was, wenn er seine Arbeit im Sensu nur als Tarnung verwendet hatte? Wenn er Sasukes Gefühle ausgenutzt hatte, um ihn zu blenden?

Er glaubte es nicht, wollte es nicht glauben. Nicht Naruto mit seinen Augen, so offen wie das Meer. Naruto mit seinem Lachen, so voller Ehrlichkeit. Naruto konnte nicht lügen, und wenn sein Leben davon abgehangen hätte.

Und doch war da dieses seltsame Verhalten, das er manchmal an den Tag gelegt hatte. Telefonate, für die er Distanz von Sasuke suchte, die er in einer Stimme führte, die Sasuke nicht kannte. Treffen mit ‚alten Freunden‘ die er Sasuke nicht vorstellen wollte – obwohl er Sasuke sonst jedem vorführen wollte. Besonders, seit sie zusammen waren.

Er wusste nicht, was er denken solle. Dass nicht nur seine Gefühle davon abhingen, machte die Sache nicht besser. Sarada hatte Stabilität verdient. Die Sicherheit, die Sasuke ihr bisher nicht geboten hatte. Einen Teil davon hatte sie bei Naruto gefunden, und Sasuke wünschte, sie könnte ihn behalten.

Fast so sehr, wie er ihn für sich selbst wollte.

„Herr Uchiha“, hielt die Rezeptionistin Sasuke auf, als er sein Hotel betrat. Er unterdrückte einen Fluch, als sie fortfuhr: „Sie werden im Besprechungsraum erwartet. Ich konnte ihn nicht wirklich aufhalten.“

Das Gute war, dass er schon wusste, dass es sich nicht um einen Polizisten handelte. Sonst wäre er wohl an die Decke gegangen. Allerdings war Orochimaru kein wesentlich willkommenerer Anblick an diesem Tag.

„Habe ich ein Meeting übersehen?“

„Das wäre verständlich, bei allem, was gerade im Sensu vorgeht“, lächelte Orochimaru, ehe er den Kopf schüttelte. „Aber nein. Mein Besuch ist spontaner Natur. Ich hoffe, Sie können Zeit erübrigen.“

„Wir sind schon hier“, sagte Sasuke trocken. Er schenkte sich Wasser aus einer der Flaschen in der Mitte des Konferenztisches ein. Dann nahm er an dem Tischende Platz, das Orochimaru gegenüber lag. „Was führt Sie her?“

„Geschäftliche, fürchte ich.“

Für ‚Privates‘ hatte Sasuke gerade auch keine Nerven, doch den Sarkasmus verkniff er sich. „Dann wäre ein Termin hilfreich gewesen.“

„Sie wissen, ich schätze Ihre stets akkurate Art“, lächelte Orochimaru. „Aber in diesem Fall denke ich, ein inoffizielles Gespräch ist für uns beide von Vorteil.“

„Dann kommen Sie zur Sache. Wie selbst sagen, ich habe im Moment viel zu tun.“

„Und genau darüber möchte ich sprechen.“

Das verwunderte Sasuke nicht. Er hatte mit etlichen Geschäftspartnern gesprochen, seit diese ganze Sache angefangen hatte. Nur war keiner unangekündigt in seinem Hotel aufgetaucht und hatte eine Privataudienz erwartet.

„Als wir unsere Zusammenarbeit begannen, war das Sensu für seinen tadellosen Ruf bekannt“, fing Orochimaru ausschweifend an. „Inzwischen assoziiert man Ihr Haus eher mit anderen Bildern.“

Der bullige Beamte von vorhin flackerte vor Sasukes innerem Auge auf, doch er schob die Verbindung vorerst beiseite. „Welche Bilder wären das?“

„Verhaftungen von Gästen, durchsuchte Zimmer Ihrer Angestellten, Sie, wie Sie das Hotel an der Seite Ihres Animateurs verlassen …“

„Es geht die Öffentlichkeit nichts an, wie ich mein Personal führe.“

Orochimaru machte eine abwehrende Geste. „Ich bitte Sie, Sasuke. Sie glauben doch nicht wirklich, dass man ihr kleines Techtelmechtel mit unserem gut gebauten, gebräunten Jüngling nicht mitbekommen hat.“

Nach dem letzten Gespräch mit seiner Mutter warf ihn diese Offenbarung nicht ganz so sehr aus der Bahn. Zumal er wusste, dass Orochimaru selbst an Männern – oder zumindest an Sasuke selbst – interessiert war. Vermutlich hatte man da einen besseren Radar.

„Wir sind erwachsene Menschen. Ich wüsste nicht, was es irgendjemanden angeht“, erwiderte Sasuke kühl.

„Unsere Zusammenarbeit ist dazu gedacht, Sie mit den richtigen Leuten in Kontakt zu bringen, Sasuke.“ Orochimarus Züge hatten sich verhärtet, als Sasuke nicht angemessen schockiert reagierte. „Bisher waren sie zu abgelenkt, diese Chance zu nutzen. Lassen sie sie nicht vorbeiziehen.“

Es gefiel Sasuke nicht, aber Orochimaru hatte Recht. Er war abgelenkt gewesen, von Sarada und seiner Familie und Sakura – und von Naruto. Dass Orochimaru sich so auf diesen fixiert hatte, störte Sasuke. Und dennoch … Obwohl Sasuke Sarada versprochen hatte, nicht zu überstürzen, war er im Zwiespalt. Ein Teil von ihm sehnte sich nach Naruto, wollte ihm glauben, was immer er sagen würde.

Ein anderer Teil sagte ihm, dass er schon genug Drama in seinem Leben gehabt hatte. Er schuldete Sarada ein stabiles Umfeld. Und er selbst wollte nur in Ruhe sein Hotel leiten.

Sasuke wünschte zum ersten Mal im Leben, er könnte eine Entscheidung aus der Hand geben.

„Es könnte Ihre Tochter in Gefahr bringen“, fuhr Orochimaru fort und jeder Muskel in Sasukes Körper war augenblicklich gespannt. Orochimaru lächelte über die Reaktion. „So weit ich gehört habe, ist das bezaubernde Kind bereits weggelaufen wegen des Animateurs, nicht wahr?“

Sasuke hatte nicht gemerkt, wie er aufgestanden war, doch mit einem Mal blickte er auf Orochimaru herab. Der ältere Mann zuckte überrascht vor Sasukes brennenden Augen weg.

„Meine Tochter geht Sie nichts an“, zog eine Trennlinie aus Eis. „Und woher wissen Sie das?“

Orochimaru erholte sich schnell, doch jetzt lag Härte unter seinem Lächeln. „Falls Sie es vergessen haben, auch ich kümmere mich um eine junge Seele. Und mein Menma und ihre Tochter haben sich angefreundet. Da hat er mich von der unglücklichen Intermezzo unterrichtet.“

Sasuke straffte die Schultern. „Wieso sollte er Ihnen davon erzählen?“

„Es hat ihn aufgewühlt und er suchte Rat bei mir“, zog Orochimaru die Brauen hoch. „Ist das so außergewöhnlich?“

Zweifel nagten an Sasuke, als er sich wieder setzte. Er kam sich paranoid vor, es zu denken – aber was, wenn Orochimaru Menma darauf angesetzt hatte, sich mit Sarada anzufreunden? Wenn er Sasuke über seine eigene Tochter ausspitzeln ließ?

Doch dann machte er sich klar, dass es um ein 13-jähriges Mädchen ging. Sie hatte keine Informationen, die es auszuspitzeln lohnte. Zumal sie nicht in einem Mafiafilm war. Die ganze Sache mit der Polizei musste Sasuke wirklich zu Kopfe gestiegen sein.

„Sie haben Recht. Diese Zusammenarbeit hat sich in eine andere Richtung entwickelt als erhofft“, sagte Sasuke schließlich, während er sich den Nasenrücken rieb. Er brauchte eine Aspirin und einen doppelten Espresso.

Er sah zu Orochimaru und fragte sich, ob er einen Fehler machte. Sie hatten schon vor dieser Saison zusammengearbeitet, jedes Mal erfolgreich. Orochimaru war ein mächtiger Mann in Konoha. Rein logisch betrachtet war das, was Sasuke zu tun gedachte, absolut nicht zu vertreten.

Doch wenn ihm die letzten Monate eines gelehrt hatten, dann, dass logische Entscheidungen nicht immer die richtigen waren.

„Deshalb werden das Sensu und das Oto nach dieser Saison nicht weiter exklusive Kooperationspartner sein.“

Orochimarus sonst so glattes Gesicht bröckelte, bis eine Fassade aus Zorn darunter sichtbar wurde. „Ich hatte dich für klüger gehalten, Bursche“, knurrte er und erhob sich. „Dein Vater wird …“

„Mein Vater hat das Sensu meiner Leitung übertragen. Ich werde es führen, wie ich es für richtig halte“, unterbrach Sasuke. „Sie vergessen, dass Sie nur ein Kooperationspartner sind – waren.“

„Ich warne dich. Bisher hat mein Einfluss dich und deine Schabracke hier geschützt. Du wirst die Konsequenzen schon bald spüren.“

„Ich werde mich um sie kümmern“, sagte Sasuke schlicht und richtete sich auf. „Hatten Sie noch anderes zu besprechen? Ich bin beschäftigt.“

Mit einer schnellen Bewegung war Orochimaru um den Tisch und stand näher an Sasuke, als ihm lieb war. Seine Augen bohrten sich in Sasukes und ein Lächeln wie pures Gift teilte seine schmalen Lippen. „Ich kenne deine schmutzigen kleinen Geheimnisse. Als dein Geschäftspartner hätte ich sie mit ins Grab genommen, doch jetzt gibt es dafür keinen Grund mehr. Ich hoffe, das ist es dir wert“, sagte er, dann wirbelte er aus dem Besprechungssaal.

Sasuke blieb aufgerichtet, bis die Tür hinter ihm ins Schloss fiel. Dann atmete er tief durch und ging zu einem der Aktenschränke an der Wand. Er musste einige Schubladen aufsperren, bis er die Zigarettenschachtel gefunden hatte, die er suche.

Sonst rauchte er nie in Gebäuden, aber jetzt zündete er die Zigarette direkt an. Er nahm einen Zug, bevor er eines der Fenster aufmachte. Es blickte auf den Innenhof seines Hotels. Einige Gäste planschten im Pool, während andere auf den Liegen oder an der Bar entspannten. Im gegenüberliegenden Gebäudeteil sah er ein Zimmermädchen einen Praktikanten einlernen. Hinter dem Gebäude hörte er das Piepen eines LKW und Rufe, die anzeigten, dass neue Ware für die Küche geliefert worden war.

Er hatte so viel von seinem Leben investiert, um all das in Form zu bringen.

Sollte er es jetzt wirklich für einen Mann in Gefahr gebracht haben, den er nur ein paar Monate kannte?
 

In den nächsten zwei Tagen legte sich die erste Aufregung um die Untersuchungshaft. Sasuke war nicht überrascht, dass mehrere seiner Angestellten bei ihm für Naruto vorsprachen. Sie beteuerten, dass er sicherlich unschuldig war. Es musste ein Missverständnis sein! Sasuke schickte sie weg in der Hoffnung, sie hätten Recht.

Inzwischen hätte Naruto wohl Zugang zu einem Telefon erhalten haben müssen. Bei Sasuke hatte er sich jedoch nicht gemeldet, und es zehrte an seinen Nerven. Stimmten die Vorwürfe also doch? Hatte Naruto keine Ausrede für Sasuke, keine Erklärung? Meldete er sich deshalb nicht?

Seine Gedanken waren anderswo, als er Sakura und Sarada zum Bahnhof fuhr. Er hob den Koffer seiner Exfrau aus dem Kofferraum und zog ihn hinter ihr und ihrer Tochter her. Die beiden plauderten über mögliche Ausflüge und andere Reisende. Sasuke fragte sich, wie es wäre, mit Sarada und Naruto zu verreisen. Wie aufgeregt und ungeduldig Naruto wäre. Wie er Sarada damit anstecken und sie zum Lachen bringen würde. Wie es wäre, seine Hand im Zug zu halten, wenn seine Tochter eingeschlafen wäre. Wie er und Naruto die Zweisamkeit im Hotelzimmer genießen würden, nachdem sie den Tag unterwegs verbracht hatten …

„Abfahrt am Gleis 27 in wenigen Minuten. Passagiere begeben sich bitte an Board“, riss eine Bahndurchsage Sasuke grob zurück in die Realität.

Er schüttelte die Gedanken ab. Es brachte nichts, Tagträumen von einem Mann nachzuhängen, der ihn scheinbar nicht sprechen wollte.

Sakura und Sarada umarmten sich vor dem Abteil, in das Sakura einsteigen würde. Dann wandte Sakura sich Sasuke zu. „Danke, dass ich hier sein konnte. Es war auf jeden Fall … eine Erfahrung“, sagte Sakura und trotz allem anderen entkam Sasuke ein kurzes, schnaubendes Lachen.

„Die war es.“

Sie gaben sich lächelnd die Hände und vielleicht zum ersten Mal hatte Sasuke das Gefühl, ihr auf Augenhöhe zu begegnen. Es war anstrengend gewesen, dennoch war er froh über ihren Besuch. Sie waren sich näher als zuvor. Das war gut für Sarada, doch er hatte gelernt, dass er Sakura auch als Person schätzte, unabhängig von ihrer Tochter und dem, was sie für ihn war und sein wollte. Einfach Sakura als Mensch.

„Liebling, kannst du den Koffer für mich zu meinem Platz tragen?“, fragte Sakura Sarada. „Der ist etwas schwer für mich.“

Ihre Tochter sah zwischen ihnen hin und her. Seufzend trug sie den Koffer die vier Stufen hoch. Als sie im Zug stand, sah sie ihre Eltern über die Gläser ihrer Brille hinweg erhaben an. „Ich weiß, dass du Papa leicht hochheben könntest, wenn du es drauf anlegst“, verkündete sie. „Wenn ihr also alleine reden wollt, denk dir eine bessere Ausrede aus … Oder sag einfach die Wahrheit!“

Mit diesen Worten verschwand sie im Zug. Sasuke und Sakura waren kurz sprachlos, dann lachten beide.

„Sie ist genau wie du in dem Alter!“, kicherte Sakura hinter vorgehaltener Hand.

„Nun, sie ist meine Tochter“, lächelte Sasuke. Die Wärme, die er in solchen Momenten mit Sarada empfand, war noch neu für ihn, aber er genoss sie. Es fühlte sich wie etwas Wachsendes, Lebendiges an.

Sakuras Lächeln hielt einen Moment, bevor sie ernst wurde. „Was hast du jetzt wegen ihm vor?“

Sasuke sah den Zug entlang, über das Abteil, in dem ihre Tochter sein musste. Sakura wollte sicherstellen, dass es Sarada gut ging. Das war Priorität. Was noch an Eifersucht und Bitterkeit und anderen komplizierten Gefühlen hinzukam, war zweitrangig, das wusste Sasuke.

Deshalb hätte er ihr gerne eine befriedigendere Antwort gegeben als ein lahmes, aber ehrliches: „Ich bin mir noch nicht sicher.“ Sie öffnete den Mund, doch Sasuke fuhr fort: „Aber Saradas Gefühle haben Priorität, und sie hängt an ihm. Also … Werde ich wohl mit ihm reden.“

Sakuras Züge wurden weicher und sie legte die Hand auf Sasukes Schulter. „Ich bin stolz auf dich“, sagte sie. „Aber versuch, das mit euch nicht zu sabotieren. Du verdienst es, glück zu sein, weißt du.“

Nicht sicher, ob sie Recht hatte, schnaubte Sasuke nur. Sie gluckste, doch bevor sie etwas anderes sagen konnte, kehrte Sarada zurück. Die beiden umarmten sich tränenreich, als eine Durchsage Sakura zu ihrem Platz rief.

Sie wandte sich Sasuke zu und er hielt ihr die Hand entgegen. Kurz flackerte die altbekannte Enttäuschung über ihre Züge. Sie hatte sich mehr erhofft von Sasuke, wie so oft. Doch dieses Mal nahm sie mit einem ehrlichen Lächeln, was er geben konnte, und schüttelte seine Hand mit festem, freundschaftlichem Druck.

Dann bestieg sie den Zug, der sich kurz darauf aus dem Bahnhof wand. Sasuke und Sarada sahen ihm nach, bis er zwischen den Häusern verschwunden war, dann legte er seiner Tochter die Hand auf den Rücken.

„Lass uns nach Hause gehen.“
 

Auf dem Heimweg war Sarada angespannt und still. Es erinnerte ihn an ihre erste gemeinsame Zeit und machte ihn selbst unruhig. Allerdings hatte seine Mutter ihm geraten, das Mädchen nicht zu bedrängen. Er solle ihr ‚sanft zu verstehen geben, dass er ihr zuhören würde, ohne sie zu nötigen‘, das habe bei ihm immer Wunder gewirkt.

Wie zur Hölle er das anstellen sollte, wusste er nicht. Solche Eiertänze waren wirklich nicht Sasukes Stil.

Er räusperte sich, als sie aus der Tiefgarage des Hotels in die Lobby traten. „Sarada … Ist alles in Ordnung?“

Sarada sah ihn überrascht an, bevor sie ihre Brille zurechtschob. „Ja. Ich wollte nur Chouchou anrufen. Brauchst du noch etwas?“

„Nein, nur …“ Erneut räusperte er sich unter ihrem abwartenden Blick. „Wenn du … Reden willst oder so … Bin ich für dich da.“

Für einen Moment stand ihr der Mund offen, dann sanken ihre Mundwinkel herab und sie stützte die Hand in die Hüfte. „Du brauchst dich nicht zwingen, so etwas zu sagen, weißt du?“

Er zuckte unter der Schärfe in ihren Worten zusammen. „Ich meine es ernst, Sarada. Ich weiß, ich bin nicht der Beste in so etwas, aber für dich …“

Ein kleines Lächeln flammte über ihr Gesicht und sie kicherte leise. „Ich weiß, Papa. Aber ich will lieber trotzdem mit Chouchou reden. Ist das okay?“

„Ja. Natürlich.“

Sie grinste ihn an, dann lief sie davon, die Treppe hoch zu ihrer Wohnung. Er seufzte und rieb sich den Nacken, während er ihr nachsah. Es war ein seltsames Gefühl, jetzt in ihr Leben zu treten, wo sie ihre Eltern weniger und weniger brauchen würde. Er wollte für sie da sein, sie schützen. Aber sie brauchte jetzt die Freiheit, die er sich jahrelang genommen hatte. Es war an ihr, zu entscheiden, welchen in Platz ihrem Leben er verdient hatte.

Es war ein bittersüßes Gefühl von Verlust und Stolz.

Seufzend wandte er sich ab, um sein Büro aufzusuchen. Sakuras Abreise hatte ihn schon genug Zeit gekostet.

Gerade hatte er den Flur im dritten Stock betreten, als der Anblick einer gigantischen roten Katze ihn innehalten ließ, die mitten im Flur saß.

Kuramas dunkle Augen sahen ihn klug und eindringlich an. Seit Narutos Verhaftung hatte Sarada sich um den Kater gekümmert. Sasuke selbst hatte das Tier gemieden. Es erinnerte ihn zu sehr an seinen Herren. Dass es jetzt vor ihm auftauchte, fiel in seinen Magen wie ein Stein. Sein Herzschlag beschleunigte sich und er sah sich um, aber hier war Naruto nicht.

Wie von selbst beschleunigten sich seine Schritte, bis er sein Büro erreichte. Er schloss auf, erwartete fast, von sommerhimmelblauen Augen begrüßt zu werden – doch der Raum war leer. Hinata hatte die Fenster zum Lüften geöffnet und der Windzug raschelte in Sasukes Dokumenten, das war alles.

Ein Miauen ließ ihn aufblicken. Kurama saß noch immer an der Biegung des Flures. Jetzt stand er auf, streckte sich und tigerte davon. Sasuke zögerte. Es war doch albern. Der Kater streunte schon die ganze Saison über in seinem Hotel herum, egal wie oft Sasuke gesagt hatte, er sollte in einem Zimmer bleiben. Es war kein Zeichen oder so etwas …

Und doch konnte er sich nicht davon abhalten, dem buschigen Schweif zu folgen.

Bereits nach zwei Biegungen wusste er, wohin sie unterwegs waren. Wie erwartet, blieb Kurama schließlich vor Narutos Zimmertür stehen. Dahinter waren Geräusche zu hören.

Sasuke schluckte seinen schweren Herzschlag herunter. Naruto hatte ihn nicht angerufen. Das hieß wohl, dass er ihn nicht sprechen wollte. Er würde sich ihm sicher nicht aufdrängen. Andererseits hatte er Antworten verdient. Er war wütend, und das zu Recht, wie er fand. Gleichzeitig …

Bevor Sasuke seine wiederstreitenden Gefühle ordnen konnte, begann Kurama an der Tür zu kratzten und laut zu schreien. Sasukes Herz rutschte ihm in die Hose und ohne nachzudenken, stürzte er auf die Katze zu und riss sie von der Tür weg. Das Tier fauchte und wand sich in seinen Armen und Sasuke rang mit ihm wie mit einem Löwen.

Und dann öffnete sich die Tür und ein sichtlich perplexer Naruto stand vor ihnen.

Ihre Blicke trafen sich und für einen Moment beschleunigte Sasukes Herzschlag sich. Er sah nur noch das Meer in Narutos Augen Wellen schlagen.

Doch dann sprang Kurama von seinem Arm und brach den Zauber. Der Kater schmiegte sich um Narutos Beine und stolzierte in die Wohnung. Naruto sah ihm nach und murmelte: „Hunger, huh?“ Ohne sasuke nochmal anzusehen, folgte er dem Tier. Allerdings ließ er die Tür auf, was Sasuke als Erlaubnis sah, hinterherzugehen.

Während Naruto Kurama fütterte, sah Sasuke sich um. Zuletzt war alles unordentlich gewesen, weil die Polizisten Narutos Zimmer durchsuchten. Jetzt war es kaum ordentlicher – mit dem Unterschied, dass zwei große, halb gepackte Koffer das Bett einnahmen.

Etwas in Sasukes Magen verknotete sich bei dem Anblick. „Was hast du vor?“, brachte er heraus.

Naruto war scheinbar sehr interessiert daran, wie Kurama sein Futter verschlang, sodass er nicht aufblickte. „Brauchst dir keine Sorgen machen. Ich pack schon.“

„Das sehe ich“, schnappte Sasuke ungeduldig. „Willst du wirklich einfach so verschwinden? Ohne ein Wort? … wenigstens an Sarada …“

„Sarada?“, wiederholte Naruto verwirrt und sah jetzt doch auf. Schmerz flackerte über sein Gesicht, das er wieder abwandte. „Geht‘s ihr gut…?“

„Interessiert dich das wirklich?“

„Wa …? Natürlich interessiert mich das! Was soll das?“

„Du packst gerade deine Sachen“, sagte Sasuke kalt. „Für mich sieht es nicht danach aus, als würden dich ihre Gefühle interessieren, wenn du einfach verschwindest.“

„Na, ich hatte nicht gedacht, dass ich überhaupt zu ihr darf, okay?“, fauchte Naruto zurück, und jetzt war es Sasuke, der überrascht war.

„Wieso solltest du nicht?“

Naruto hielt inne und warf ihm einen verärgerten Blick zu. „Sonst benimmst du dich ihr gegenüber wie eine aufgeplusterte Glucke. Woher soll ich wissen, dass es Ausnahmen gibt?“

Genervt schnaubend verschränkte Sasuke die Arme. Er bereute es bereits, hergekommen zu sein. „Ich dachte, wir hätten geklärt, dass du meine Ausnahme bist.“

Blaue Augen wurden groß vor Überraschung, dann wurden Narutos Wangen tiefrot. Er kratzte sich im Nacken und sah auf einen Stapel seiner Hosen neben sich. Sasuke verdrängte den Gedanken, wie süß Naruto aussah, wenn er verlegen war.

„Na ja, also … Dann gehe ich mich wohl von Sarada verabschieden?“, sagte er schließlich plump.

Sasuke schnaubte. „Wenn du willst.“

„Wenn ich …? Also, willst du nich, dass ich gehe?“

„Ich wüsste nicht, wann ich das gesagt hätte.“

„Oh.“ Naruto kratzte sich am Nacken und lachte verlegen. „Ich war irgendwie davon ausgegangen, nachdem ich im Gefängnis war und so.“

Sasuke verdrehte die Augen. „Das ist mir durchaus bewusst. Und ich wüsste gerne, wieso die Polizei hier war, um meinen Freund abzuholen.“

Wieder gab Naruto einen überraschten Laut von sich, als hätte er nicht damit gerechnet, noch Sasukes Freund zu sein. Nun, jetzt wusste er es. Stillschweigend würde er Sasuke jedenfalls nicht loswerden.

Nachdem seine erste Überraschung sich gelegt hatte, senkte Naruto den Blick, das Gesicht ungewöhnlich Ernst. „Das klingt bescheuert, aber es ist besser, wenn du weniger weißt.“

„Du hast Recht“, verschränkte Sasuke die Arme. „Das klingt wirklich bescheuert. Wir sind nicht in einem Mafiafilm.“

Naruto kratzte sich lachend am Nacken und das Geräusch hätte fast Sasukes Ärger weggewaschen. Wenn da nicht ein gewisser Unterton gewesen wäre, der ihn beunruhigte.

„Es gibt ein paar Dinge, von denen ich dachte, ich hätte sie geklärt, bevor das mit uns ernster wurde. Ich war da aber wohl ein bisschen voreilig …“, erklärte Naruto und Sasuke verdrehte die Augen.

„Was für eine Überraschung.“

Naruto funkelte ihn an, bevor er seufzte. „Ich meine es ernst, Sasuke. Ich will dich und Sarada nicht da mit reinziehen.“

Ihre Blicke verschränkten sich und die Einsicht, dass Naruto es hundertprozentig ernst meinte, sank wie ein Stein in Sasukes Magen. Bilder von Sarada schwappten in ihm auf. Er hatte Verantwortung für sie. Egal, in was Naruto da drinnen hing – Sasuke musste sie beschützen.

Doch dann dachte er an ihr enttäuschtes Gesicht, als sie Sasukes Zweifel an Naruto gesehen hatte. Sicher, sie war ein Kind, sie konnte gewisse Dinge nicht richtig einschätzen. Trotzdem konnte es nicht sein, dass seine Tochter seinem Freund mehr vertraute als er.

Schließlich hatte Naruto Sasukes Erwartungen an ihn wieder und wieder mit Leichtigkeit übertroffen: Er hatte sich in seiner Rolle als Animateur hervorgetan und das Vertrauen seiner Kollegen schnell gewonnen. Als Angestelltenvertreter hatte er ebenso geglänzt wie als Verantwortlicher für diverse Events der Saison.

Aber nicht nur das. Auch Sasukes Privatleben hatte er mehr bereichert, als Sasuke je für möglich gehalten hätte. Ohne ihn wäre es Sasuke nicht gelungen, die Beziehung mit Sarada so aufzubauen, wie sie jetzt war. Ohne ihn hätte er diesen Sommer verbracht wie zahllose zuvor, gefesselt an seinen Schreibtisch, alleine in seinem Büro in einem der schönsten Urlaubsorte der Welt.

Naruto hatte ihm gezeigt, wie man lebte. Und Sasuke hatte ihn dafür lieben gelernt.

Er trat näher und nahm die Hände des überraschten Naruto. „Ich weiß nicht, was gerade passiert“, gab er zu, obwohl es ihn unbehaglich machte. „Aber … Ich vertraue dir, Naruto.“

Naruto sah ihn überrascht an, bevor ein trauriges, wissendes Lächeln seine Züge überzog. „Du hast mit Sara geredet, oder?“, schlussfolgerte er, obwohl Sasuke nicht geantwortet hatte. „Sie is n gutes Mädchen … Aber du musst vernünftig sein. Ich würd dem Ruf deines Hotels schaden.“

„Warst es nicht du, der gesagt hat, man müsse ab und zu unvernünftig sein?“, erwiderte Sasuke und drückte seine Hände.

Wieder trafen sich ihre Blicke und in Narutos Augen lag die unausgesprochene Frage: ‚Bin ich das Wert?‘ Zur Antwort lehnte Sasuke sich vor und küsste ihn. Naruto war es wert, um seinetwillen die Welt brennen zu lassen. Und vielleicht hatte Sasuke gerade tatsächlich seine Welt für ihn in Brand gesteckt.

Nach einem Moment löste Sasuke sich von Naruto, der mit einem schüchternen Lachen reagierte. „Damit hab ich jetzt nich gerechnet.“

Sasuke schnaubte amüsiert. „Sieht dir nicht ähnlich, unsicher zu sein.“

„Wa- Ich bin nicht unsicher, Blödmann!“ Naruto knuffte ihm gegen den Bauch und küsste ihn nochmal. „Ich kenne dich nur als Kontrollfreak, und das einfach so stehen zu lassen, passt nich zu dir.“

Zuerst wollte er protestieren, doch dann musste er Naruto seufzend Recht geben. Er hatte gerne die Kontrolle. „Es wäre mir lieber, du würdest mir sagen, was los ist“, gestand er ehrlich. „Aber wenn du sagst, es ist besser so und du regelst das, vertraue ich dir.“

Röte kroch über Narutos Wangen und er wippte aufgeregt von einem Fuß auf den anderen. „Ich weiß gar nicht, was ich sagen soll ...“

„Ganz was Neues“, schoss Sasuke zurück, aber Naruto ließ ihn gar nicht wirklich zu Wort kommen.

„… Außer: Ich liebe dich.“

Jetzt war es Sasuke, der verblüfft innehielt.

Er wusste nicht, wann er diese Worte zuletzt gehört hatte. Vermutlich von Sakura, vor langer, langer Zeit. Sie hatten sich immer wie eine Bürde angefühlt, Ketten, die er selbst um seine Existenz gelegt hatte. Aber auch um Sakuras, die nie wirklich von ihm hatte frei sein können.

Das hier war anders. Ein goldenes Band, das die Fehler ihrer Vergangenheit umspannte und sie untrennbar verknüpfte, egal, was die Zukunft ihnen brachte.
 

A string that pulled me

Out of all the wrong arms right into that dive bar.

Something wrapped all of my past mistakes in barbed wire.

Chains around my demons, wool to brave the seasons.

One single thread of gold tied me to you.
 


Nachwort zu diesem Kapitel:
Hallo ihr Lieben!

Dieses Mal hat das Update gar nicht so lange gedauert für meine Verhältnisse. :') Ich hoffe, ihr hattet Spaß beim Lesen. Wir nähern uns langsam dem Ende der Geschichte. Was glaubt ihr, wird passieren?

lG RRH Komplett anzeigen

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Kommentare zu diesem Kapitel (5)

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von:  Yuna_musume_satan
2022-03-06T10:36:58+00:00 06.03.2022 11:36
Omg ich bin soooo gespannt wie es weiter geht und hoffe das meine Befürchtung das naru Mal was mit der Mafia zutun hatte nicht stimmt. Und das der Vollidiot von oroshimaru noch ein Ding dreht um den beiden zuschaden ist klar.
Von:  KatanaYuki
2021-11-21T19:12:50+00:00 21.11.2021 20:12
Orochimaru wird wohl ein Video von diesem komischen Abend im
Ozo haben und Sasuke entweder erpressen oder aber es den Leuten (öffentlichkeit, Naruto, seiner Familie) teigen und sich so an Sasuke rächen!
Antwort von:  RedRidingHoodie
24.12.2021 00:02
Danke für deinen Kommentar. Ob du Recht hast, siehst du im nächsten Kapitel das ich gerade hochlade ;)
Von:  Scorbion1984
2021-11-18T19:44:09+00:00 18.11.2021 20:44
Also Oro hat sich mal wieder als exzellenter Stinkstiefel hervor getan . Jetzt mault er wie ein kleines Kind, weil er seinen Willen nicht durchsetzen konnte.
Was Naruto ihm verheimlicht wüsste ich auch gerne. Hoffe das er es regeln kann .

Von:  naruhinaxXx
2021-11-18T11:06:19+00:00 18.11.2021 12:06
Wieder ein tolles Kapitel
Bin echt gespannt was Naruto da zu regeln hat und wie es weiter geht
Von: abgemeldet
2021-11-18T02:02:55+00:00 18.11.2021 03:02
Ich hoffe nur das Naruto nichts mit allen zu tun hat. Ich mag ihn nämlich und das Pairing. Würde jetzt nur gerne wissen ob Boruto und Himawari seine Kinder sind.


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