6. Mai 1526 – 0:21 Uhr
6. Mai 1526 – 0:21 Uhr
Verträumt blickte die junge Navigatorin in das dunkle Zimmer.
Ihre Haare waren immer noch nicht ganz trocken von der Kombination aus Schweiß und Regen. Genauso war auch das rote Hemd, welches sie sich geliehen hatte, ohne den Besitzer gefragt zuhaben und auch ohne Absicht ihm dieses jemals wieder zugeben.
Sie wollte es behalten, so gesehen als Erinnerungsstück an dieses unglaubliche Erlebnis.
Ob er sich am nächsten Morgen noch daran erinnern würde?
Fraglich bei der Menge an alkoholischen Getränken, die er verzehrt hatte.
Klar, sie war auch nicht gerade nüchtern gewesen, dennoch konnte ihr Körper deutlich mehr Alkohol verkraften, als seiner.
So würde alles, was in ihrem Orangengarten geschehen ist, sehr wahrscheinlich ihr kleines Geheimnis bleiben. Zwar hatte er sie gebeten in dieser besonderen Nacht bei ihm zubleiben und dann am nächsten Morgen mit ihm aufzuwachen.
Doch wollte sie sich die Scham ersparen, ihn am nächsten Morgen über die Vorkommnisse aufzuklären. Es war für ihre Freundschaft am besten jetzt zugehen.
Er schlief tief und fest, träumte von der nächsten köstlichen Mahlzeit. Sie wusste, dass so genau, weil er im Schlaf die Namen seiner Lieblingsspeisen nuschelte. Zugegeben bei Ruffy war es jetzt auch nicht das Unwahrscheinlichste, den fast sein ganzer Tagesablauf bestand daraus Nahrung aufzunehmen. Und mal ehrlich, wenn er gerade kein Essen in sich schlang, wartete oder besser gesagt jammerte, bis er wieder Essen auf dem Tisch stand. Es war ihr ein Rätsel, wie dieser Mann nur so viel in sich rein stopfen konnte, ohne ein Gramm zuzunehmen und das bei seiner schlaksigen Figur.
Doch noch ein viel größeres Rätsel war, warum sie ausgerechnet ihm gerade ihre Jungfräulichkeit geschenkt hatte. Vielleicht lag es daran, dass sie sich ihn diesen kindischen Idioten Hals über Kopf verliebt hatte.
Oder es war einfach nur ein ungeplantes Geschenk zu seinem 21. Geburtstag?
Ein Geschenk, welches er wahrscheinlich überhaupt nicht zu würdigen wusste!
Ob sie es bereute, konnte sie zum jetzigen Zeitpunkt nicht sagen.
Sie konnte nicht einmal sagen, ob es gewollt hatte oder nicht.
Er war es gewesen, der sie auf diese Art wollte.
Doch so ganz unschuldig daran war sie auch nicht. Sie hatte ihn den ganzen Tag eigentlich schon richtig scharfgemacht. Sie hätte sich definitiv keinen Spaß daraus machen sollen so heftig mit ihm zu flirten.
Die Quittung hatte sie jetzt: Ihr erstes Mal hatte sie in einem One-Night-Stand an ihrem Käpt'n verschwendet.
Ob es ein Fehler war?
Na, klar!
Ruffy war ihr Kapitän, so gesehen so etwas, wie ihr Chef.
Davon mal ab war er auch ihr bester Freund und beste Freunde schliefen nun mal nicht einfach so miteinander. Sie konnte nur inständig hoffen, dass er sich nicht daran erinnern würde. Es war schon schwer genug für sie das Geschehene zu verarbeiten und zu verdrängen.
Doch wenn er auch noch wusste, was er ihr angetan hatte, mussten sie kurz oder lang darüber reden.
Und es würde ein sehr peinliches Gespräch werden.
Sie war sich sicher, dass er genau wusste, was sie zusammengetan hatten. Dafür hatte er zu genau gewusst, was er und wie er sie wollte.
Er wollte, dass ausgerechnet sie ihm zum Mann machte.
Sie war eigentlich davon ausgegangen, ihm jeden Schritt erklären zu müssen.
Ein Grund, warum sie es anfangs auch überhaupt nicht wollte.
So unwahrscheinlich, wie das auch bei Ruffy klingen mochte, er war die treibende Kraft gewesen. Sie war selber über seine Bestimmtheit und Leidenschaft überrascht gewesen. Zugeben, es hatte ihr auch gefallen, ausnahmsweise Mal von ihm so dominiert zu werden.
Mal ehrlich, sonst war sie es, die ihn den ganzen Tag nach ihrer Pfeife tanzen ließ.
Eine Abwechslung, die ihr definitiv gefiel.
Für einen kurzen Moment kam in ihr der Gedanke auf, mit dem Strohhutträger eine rein körperliche Bindung einzugehen.
Unvorstellbar!!!
So etwas müsste man vor der Crew geheim halten.
Ruffy war nicht gerade der Beste, um ein Geheimnis zu bewahren.
Es war ja nicht so, dass er alles ausposaunte.
Dafür war er nicht der Typ.
Er konnte einfach nicht lügen.
Sobald einer aus der Crew Verdacht schöpfen würde, und das würde bestimmt passieren, würde Ruffy singen wie ein Vogel.
Deswegen hoffte sie ja auch, dass er sich nicht an diese Nacht erinnern würde.
Sie konnte dicht halten und ihre Freunde würden niemals von ihrem Techtelmechtel mit dem kindischen Idioten erfahren.
Es würden sicher nur, dumme Kommentare fallen, gerade weil die Crew auch die schlechten Charakterzüge ihres Kapitäns kannten. Auch ein Grund, warum sie nicht die komplette Nacht mit ihm verbringen wollte.
Er teilte sich das Zimmer mit sieben seiner Mitstreiter.
Zwar waren sie unbemerkt in das Zimmer gelangt, doch ihr nächtlicher Besuch würde, sicher nicht unbemerkt bleiben, sollte sie seine Gastfreundschaft bis zum nächsten Morgen ausreizen.
„Nami, was machst du hier?“, verschlafen war die Stimme des kleinen Elches.
Erschrocken fuhr die Navigatorin zusammen, als sie die leuchtenden Augen in der Dunkelheit erblickte. „Ähm, ich wollte“, fing sie an zu stammeln. „-sehen, ob Ruffy hier ist. Der war ja gut betrunken. Ich hab mir spontan Sorgen gemacht. Aber er liegt ja in seinem Bett. Also ist alles ok. Schlaf weiter. Gute Nacht. Ich geh jetzt auch ins Bett.“
Schnell machte sie einen Schritt nach hinten und verschloss die Tür. Sie wollte keine Reaktion von dem Schiffsarzt mitbekommen und sich nicht weiter in eine Lüge verstricken müssen. Nami war schon froh, dass ihr, dass diese Ausrede so spontan eingefallen war.
Chopper war für sein Alter sehr naiv.
Er glaubte auch noch jede absurde Lüge, die Lysop ihm auftischte, da würde er ihre doch sicher auch schlucken.
Unwahrscheinlich war es nämlich nicht.
Ruffy hatte wirklich zu viel getrunken. Etwas, dass eigentlich ihre Schuld war. Die junge Frau hatte sich eigentlich einen Spaß daraus gemacht, den Strohhutträger abzufüllen.
Das Karma hatte dieses Mal wohl schnell zurückgeschlagen.
Nami schlich in ihr Zimmer und stellte erleichtert fest, dass ihre Zimmergenossin Nico Robin tief und fest schlief.
Zum Glück!
Die junge Navigatorin zog das rote Hemd aus und versteckte es in ihrem Kissen.
Danach tapste sie zum Kleiderschrank, suchte sich ein paar frische Schlafsachen, zog diese an und schlich dann zurück ihn ihr Bett. Sie kuschelte sich an ihr Kissen. Es roch so herrlich nach ihrem besten Freund, in den sie sich so sehr verliebt hatte. Langsam schlummerte sie ein, mit all ihren Gedanken an Ruffy, welche in ihrem Reich der Träume schon auf sie wartete.
„Ob du mir morgen verrätst, warum du mitten in der Nacht in dem Hemd unseres Kapitäns in unserem Zimmer erscheinst?“, flüsterte Robin zu sich selbst.
Die Archäologin konnte sich vorstellen, was Gesehenen war.
Doch wollte sie, dass ihre Freundin von sich aus ihr die Details erzählte und sich nicht genötigt fühlen musste, etwas preiszugeben. Robin schloss ihre Augen und schlief auch sogleich wieder ein.
So endete die Nacht, in der ein Meilenstein für das Schicksal der Strohhutbande gelegt wurde.
