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Ronin

Der gefallene Samurai
von

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Kapitel 7.

Kapitel 7.
 


 

Ein Knirschen ließ Naruto erstarren. Es hörte sich dumpf an, als wäre in weiter Ferne eine Tür aufgeschoben wurden. Sein Körper fühlte sich taub an und jede Faser schmerzte. Ein dunkles Licht ließ ihn nur erahnen wo er war. Die weiche Decke, die sich über seinen Körper gelegt hatte, das sanfte Kissen unter seinem Kopf, das Holz, welches er unter seinen Fingerspitzen spüren konnte. Er war noch nicht tot, auch wenn man es nach einer solchen Wunde hätte erwarten können. Er roch die unterschiedlichsten Kräuter und erst nach einigen Augenblicken bemerkte er, dass er noch auf dem Bauch lag. Sein Oberkörper war frei und er konnte eine Gänsehaut erkennen, die seine Arme und Schultern überzog. Doch er fühlte sie nicht. Er spürte keine Kälte. Hastig schaute er sich in dem Raum um, der so dunkel war, dass seine Augen lange brauchten, sich an dieses schummerige Licht zu gewöhnen. Seine Kehle und der Mund fühlten sich trocken und rau an. Sein Keuchen war kaum zu vernehmen und schmerzte mehr, wie ein Pfeil, der ihm im Arm steckte.
 

Nur nach und nach konnte er sich an den gestrigen Tag erinnern und an das, was Isuma getan hatte. Er hatte ihn verwundet und sein Geld gestohlen. Nur schwerlich kam diese Erkenntnis in ihm hoch. Sie war so niederschmetternd, dass er am liebsten angefangen hätte zu weinen. Das Isuma ihn verriet, wo sie sich doch so sehr aufeinander verlassen hatten, brach ihm sein letztes bisschen Herz, was noch übriggeblieben war. Dieser Verrat war tiefer, als jede Wunde, die man dem Ronin hätte zufügen können. Dieser Hass und die Wut die in ihm aufstiegen reichten aus, um den Schmerz, der erneut von seinem Rücken ausging, zu ignorieren. Er biss die Zähne zusammen und setzte sich keuchend auf. Naurto ballte die Hand zur Faust und versuchte die Kraft zu finden, aufzustehen. Doch sie war nicht da. Ein plötzlicher Lichteinfall ließ ihn Aufsehen.
 

"Was tut ihr denn da?" fragte eine helle Stimme, die so unschuldig klang, dass Naruto kurz die Lust verlor, Isuma weiterhin zu hassen. Er sah zu der Person der diese wunderbare Stimme gehören musste und stockte. Es war eine Frau, die in das Zimmer getreten war. Sie hatte ihre Augenbrauen zusammengekniffen und die Hände in die Hüfte gestemmt. Dennoch war sie das schönste Wesen, das Naruto jemals gesehen hatte. Blonde Strähnen hingen ihr ins Gesicht und einige Haare hatten sich aus dem Haarband, welches den Pferdschwanz zusammenhielt, gelöst. Sie war zierlich und sehr schlank. Kaum mehr als eine Silhouette, die einen kleinen Schatten in den Raum warf. Ihre hellblauen Augen funkelten, teils enttäuscht, teils aufgeregt. Sie war recht ärmlich gekleidet, was Naruto sofort an dem violetten Kleid aus rauer Wolle erkannte, doch es schmiegte sich herrlich an ihren Körper. Zum ersten Mal in seinem Leben blieben ihm die Worte im Mund stecken. Ihr Auftreten, ihre Gestalt und dieser Blick schafften es, dass Naruto Namikaze sprachlos war.
 

"Habt ihr das sprechen verlernt?" fragte sie erneut und brachte den jungen Ronin in die Wirklichkeit zurück. Beschämt schaute er auf den hölzernen Boden. Er spürte ein Kribbeln in seinem Körper und eine unangenehme Stille herrschte in dem Raum.

"Es tut mir Leid. Ich hätte euch nicht anstarren dürfen." entschuldigte sich der blonde Mann und wagte einen Blick in ihr Gesicht. Ihre geschwungenen Lippen hatten sich zu einem wunderschönen Lächeln verzogen, das den Namikaze paralysierte. Er war unfähig sich zu bewegen und guckte sie einfach weiterhin an.
 

"Ihr habt also doch eine Stimme, wie schön. Ihr dürft ruhig weiterstarren, denn anscheinend könnt ihr momentan nicht mehr machen." sagte sie leise und ging einen Schritt auf ihn zu. Das Holz unter ihren nackten Füßen knarrte sanft. Naruto konnte den Duft riechen, der von ihr ausging. Diese unglaubliche Mischung aus Kräutern und frischen Frühlingsblumen betörten ihn und er schaffte es nur noch, zu schlucken.
 

"Wie meint ihr das?" hauchte er und konnte den Blick nicht von ihr abwenden. Zu groß war die Angst, etwas von ihr zu verpassen. Sie kniete sich neben ihn und stellte eine Schüssel aus Ton auf den Boden.

"Eure Verwundung war so schwerwiegend, dass ihr euch eigentlich nicht rühren solltet." meinte sie und drückte ihn mit sanfter Gewalt zurück in das Kissen. Dort, wo ihre Finger seine Haut berührten, finge diese angenehm an zu prickeln. Er ließ es nur zu gerne mit sich machen.
 

"Ihr seid kein Fuchsgeist, oder?" hauchte er und entlockte ihr ein leises Lachen, was sein Herz höher schlagen ließ. Sie streichelte über seinen Rücken und löste den Verband, den er erst jetzt bemerkte.

"Nein. Ich hätte euch dann erst gar nicht geheilt." Sie schaute sich die beiden Schnitte auf seinem Rücken an, die ein unsymmetrisches X ergaben. "Derjenige, der euch das zugefügt hat, muss euch wirklich hassen."

"Was ist mit mir geschehen?" fragte Naruto mit kratzender Stimme. Er überging ihren letzten Kommentar ganz einfach und sah über die Schulter zu ihr hoch.

"Ein Händler hat euch auf der alten Nordstraße gefunden. Er wusste von mir und hat euch zu mir gebracht. Ihr hattet eine schwere Wunde auf dem Rücken. Es schien mir, als hätte jemand mit einem Schwert euch diese Verletzung zugefügt. Doch die Klinge war nicht daran Schuld." Sie beugte sich über ihn und Naruto konnte seinen Blick nicht von ihrem Körper abwenden. Ihr Duft stieg ihm in seine Nase und ließ sein Verstand aussetzen.

"Was meint ihr damit?"
 

"Die Klingen wurden mit dem Gift des blauen Todes versehen, ein Schlangengift, welches nur ihm Reich der Flüsse zu finden ist. Es stand sehr schlecht um euch, doch ich konnte das Gift aus eurem Körper leiten und so konntet ihr überleben." meinte sie und Naruto spürte, wie sie einen feuchten Lappen auf seinen Rücken legte und damit Blut und Eiterreste entfernte.

"Ihr seid also eine Heilerin?" Er genoss das Gefühl des kalten Wassers auf seiner Haut und gab sich ihrem Treiben hin.

"Sieht wohl so aus." murmelte sie und setzte sich dann ruckartig auf. Er war kurzzeitig überrascht und vermisst sofort ihre Nähe. Er wollte, dass sie dort weitermachte, wo sie eben aufgehört hatte. Er wollte wieder ihre Finger auf seiner Haut spüren.

"Ich komme gleich wieder zu euch. Lauft nicht weg." sagte sie leise und fügte den letzten Satz mit einem neckischem Unterton hinzu. Naruto lächelte ein wenig unbeholfen und lehnte seinen Kopf zurück in das Kissen. Erst jetzt spürte er wieder den stechenden Schmerz, der wie verrückt gegen seine Schläfe drückte. Er seufzte kurz und schloss seine Augen.

"Sei nicht so bescheuert, Naruto. Sie ist nur eine Heilerin. Nicht mehr nicht weniger." flüsterte er mehr zu sich selbst und schloss seine Hand um die Decke, um diese ein wenig weiter hochzuziehen.

"Das habe ich gehört, N-a-r-u-t-o. Ich bin keine einfache Heilerin, aber es ist nett, wenn man die Frau, die euch das Leben gerettet hat, so behandelt." Ertönte ihre Stimme von der Tür und er fühlte sich ertappt.

"Verzeiht. Es steht mir nicht zu, über euch zu urteilen. Doch ich habe mir die Heilerinnen immer... anders vorgestellt." murmelte der Ronin verlegen und schaute auf die graue Decke.

"Alt und hässlich? Eine krumme Nase und braune Flecken auf den Wangen? Tut mir Leid, dich enttäuschen zu müssen. Ich gehöre nicht zu dieser Sorte." meinte die blonde Frau energisch.

"Irgendwie bin ich darüber froh." murmelte der Namikaze leise, mehr zu sich selber, als zu ihr. Doch sie hörte es und schenkte ihm dafür ein ehrliches Lächeln.

"Na dann ist ja gut." Sie setzte sich neben ihn auf den Boden und schaute ihn abwartend an.
 

"Was?" ein wenig unhöflich, aber nicht verstehend, was sie von ihm wollte, sah er ihr in die Augen.

"Nun, Naruto, erzähl mir, wer du bist. Ich habe nicht häufig Kundschaft, der es so schlecht geht, dass sie bei mir übernachtet." Sagte sie und ihre Augen funkelten leicht. Naruto biss sich auf die Lippe, doch für ihre Hilfe verdiente sie die Wahrheit.

"Ich komme aus Konohagakure und bin ein…Ronin. Eine Mission führte mich und meinen Begleiter Isuma in ein Dorf. Auf unserer Rückreise, verriet mich mein Kamerad und stahl mir mein Geld." erzählte er ruhig und musterte sie dabei kritisch.

"A-Aus Konoha?" fragte sie, was ihn doch überraschte. Normalerweise, war ein Ronin schon genug, doch sie schien das weniger zu interessieren.

"Kennst du es?" neugierig sah er sie an und überlegte sich, was sie mit dem Dorf zu tun haben könnte. Er hätte sich aber auch ganz bestimmt an sie erinnert, doch dort gesehen, hatte er nie.

"Mein Vater stammte von dort. Er stand lange Zeit im Dienst des Hokagen, doch dann verließ er ihn eines Tages völlig überraschend. Ich wurde während seiner Reise hierher geboren. Ich habe das Dorf nie gesehen, doch mein Vater hat mir viel erzählt." meinte sie aufgeregt und die Worte sprudelten nur so aus ihr heraus.

"Wie heißt dein Vater?" auch Naruto wirkte überrascht und er brauchte einen Moment, um zu verstehen, das eben gehörte, richtig einzuordnen. Einen anderen Menschen aus Konoha zu treffen, in dieser riesigen, weiten Welt, war sehr ungewöhnlich.

"Inoichi Yamanaka." meinte sie leise und seine Augen weiteten sich überrascht.

"Wow." hauchte er, "Dieser Mann ist eine Legende. Ich habe während meiner Ausbildung Geschichten von ihm gehört. Er soll ein begabter Kämpfer gewesen sein."

"Er hat die Drecksarbeit für den Hokagen erledigt." unterbrach sie ihn unfreundlich.

"Was meint ihr damit?" Unschlüssig schaute er sie an. Die Frau schnaubte nur kurz abschätzig, widmete sich aber dann wieder ihrem Patienten.
 

"Er war ein Shinobi..." Es tat ihr mehr weh zu sagen, als Naruto, der schon vor Monaten eingesehen hatte, dass auch sein großes Vorbild, diese Art der Problemlösung gewählt hatte. Keiner gab gerne zu, dass ein Familienmitglied zu dieser Sorte Mensch gehörte, besonders, da ihr Ruf noch schlechter war, als der eines Ronin. Er konnte sie verstehen und sagte daher nichts.

"Wie heißt du?" fragte er nach einer Weile. Sie zuckte zusammen, war wahrscheinlich gerade in Gedanken, und brauchte einige Sekunden um sich zu sammeln.

"Ich bin Ino. Ino Yamanaka." sagte sie und lächelte ihn dabei freundlich an.

"Naruto Namikaze. Doch meinen Clannamen habe ich verloren. Daher reicht einfach nur Naruto. Freut mich dich kennenzulernen und vielen Dank für die Hilfe." erwiderte er strahlend und war einfach nur froh, dass es auch noch nette Menschen in dieser kalten, unfreundlichen Welt gab.

"Also, Naruto. Kann ich dir etwas bringen? Hast du Hunger oder Durst? Ich könnte dir schnell etwas machen." Sie wirkte leicht aufgeregt, doch versteckte es unter einer guten, höflichen Maske.
 

"Hast du Sake da?" die Worte waren eigentlich nur unbewusst gesagt worden, doch jetzt fühlte er sich schuldig. Ihr anklagender, strafender Blick tat ihm mehr weh, als die, in ihm aufkeimende Sucht, nach dem alkoholischen Getränk.

"Du solltest keinen Schnaps während des Heilungsprozesses trinken." meinte sie vorwurfsvoll und ihre Stimme klang bitter. Er wagte es nicht, etwas zu erwidern und schwieg lieber. Sie schien einen Moment mit sich zu hadern, doch schließlich stand sie auf. Naurto war plötzlich unsicher, ob er nicht doch zu unhöflich gewesen war. Ihre Reaktion war nur schwer für ihn verständlich und das Gefühl, etwas Falsches getan zu haben, stieg in ihm auf. Sie verschwand aus dem Raum und der Namikaze ließ sich seufzend in das Kissen fallen. Er fand es immer unheimlich schwierig, mit anderen eine „normale“ Konversation zu betreiben. Er war noch nie geschickt im Umgang mit anderen Menschen, meist ein Einzelgänger, der sich höchstens zwei anderen Personen anvertraute. An ihrer Reaktion konnte er sehen, dass er schon wieder etwas vergeigt hatte und das frustrierte ihn.
 

Doch sie kam wieder. In ihrer Hand hielt sie eine Karaffe aus Ton und der süßliche Geruch von Alkohol verströmte in dem Raum. Naruto zuckte zusammen, besonders als sie ihm einen schäbigen Becher in die Hand drückte, in der eine dunkle Flüssigkeit schimmerte.
 

„Mein Vater ist an seiner Sucht gestorben. Meine Mutter ist beinahe wahnsinnig geworden. Überlege dir gut, ob es dir das wert ist.“ Murmelte sie und hatte einen strengen Blick aufgesetzt. Er nickte schwach und trank gierig das wohlriechende Getränk. Der Schnaps brannte sich seine Kehle herunter und tat unglaublich gut. Obwohl er recht scharf war, beinahe so, als wollte er versuchen, dem Sake aus dem Reisreich Konkurrenz machen, hatte dieser hier eine süßliche Note.

„Vielen Dank. Er ist wirklich gut.“ Murmelte Naruto und stellte den Becher ab, ließ seine Hände aber an dem Gefäß. Sie schnaubte nur verächtlich und verschränkte die Arme vor der Brust.

„Wir geben etwas Honig hinzu. Er ist einzigartig auf der Welt.“ Meinte sie und musterte ihn kritisch. Er fühlte sich so wohl, wie selten. Der Alkohol ließ sein Blut in Wallung bringen und gab ihm neue Kraft. Er spürte, wie die Müdigkeit seine Knochen verließ und der Tatendrang machte sich in ihm breit.

„Wie lange dauert es noch, bis ich wieder losziehen kann?“ fragte er und ließ seine Gelenke an den Fingern knacken. Sie stieß ein erschöpftes Seufzen aus und rieb sich überlegend das Kinn.

„Ich würde dich gerne noch zwei Tage hier behalten, damit ich die Heilung überprüfen kann.“
 

Naruto schwieg. Er konnte diesen Zeitverlust zwar kaum verkraften, doch widersprechen konnte er der Frau auch nicht. Sie brauchte ihn nur mit ihren hellblauen Augen anzusehen und er tat alles, was sie von ihm verlangen würde. Isuma war bestimmt schon über alle Berge, besonders durch die vielen Tage, die er bewusstlos war. Doch Naruto konnte den Ronin nicht mit seiner Tat davonkommen lassen. Er wollte ihn für seinen Verrat bestrafen und ihm zeigen, dass er sich den Falschen ausgesucht hatte, den er bestehlen konnte.
 

„Wer hat euch das angetan?“ fragte sie nach einer Weile. Überrascht huschte sein Blick zu ihr. Sie schob unbewusst eine Strähne hinter ihr Ohr und wirkte dabei so unschuldig, dass Naruto niemals erwartet hätte, dass so eine Frau in der gleichen Welt lebte, wie er es tat.

„Mein Gefährte. Ich habe mit ihm fast ein halbes Jahr verbracht und Aufträge erledigt. Das ist anscheinend seine Dankbarkeit für die harte Arbeit.“ Raunte der blonde Mann und schaute über seine Schulter hinweg.

„Das tut mir Leid.“ Ihre Stimme war kaum mehr als ein Hauch, doch er verstand sie ohne Probleme. So wie sie es sagte, konnte er nicht anders, als sie anzustarren. „Von einem vermeintlichen Freund verraten zu werden, ist die schlimmste Art, zu erfahren, dass es keine Freunde in dieser Welt gibt.“

„Er hat mir beigebracht, niemanden zu vertrauen. Ich habe nicht richtig aufgepasst.“ Murmelte er und rieb sich mit der Hand über seine Bartstoppeln.

„Warum vertraust du mir dann?“ fragte sie ruhig. Naruto schaute sie entsetzt an. Keine ihrer Bewegungen war feindselig, doch sie hatte Recht. Warum vertraute er ihr, wo er doch noch vor so kurzer Zeit verraten wurde? War es, weil sie ihn geheilt hatte? Sie eine Frau war? Oder weil sie einfach nur so süß und unschuldig wirkte, dass man von ihr niemals erwartete, angegriffen zu werden?
 

„Du habt mich gesundgepflegt. Wenn du mir etwas tun wollen würdest, hättest du es getan, wenn ich am verletzlichsten bin.“ Antwortete er und unterdrückte das Gefühl der Scham, sie angelogen zu haben. Er hatte von ihr nichts befürchtet, weil sie eine hübsche Frau war. Sie hatte ihn so leicht um den Finger gewickelt, dass ihm nun so schmerzlich bewusst wurde, wie schwach seine geistige Abwehr war.

„Meine Titten haben dich abgelenkt, oder?“ schnaubte sie verächtlich und schickte ihm einen niederschmetternden Blick zu. Er wurde unweigerlich rot und senkte seinen Kopf. Sie hatte ihn so einfach durchschaut.

„Deine ganze Erscheinung. Ich habe noch nie das Böse in einer Frau gesehen. Ich war naiv genug, zu glauben, dass so ein schönes Wesen wie du, niemals etwas Schlechtes tun würdest.“ Murmelte er demütig und wagte es sie nicht anzusehen.

„Das ist zwar süß von dir, aber auch sehr, sehr dumm. Du bist noch nicht lange genug in dieser Welt, um zu begreifen, dass sie viel bösartiger, viel schrecklicher ist, als du es dir vorstellen kannst.“ Flüsterte sie und stützte sich auf einen Tisch ab, der neben ihr im Raum stand.

„Nein- Nein, ich bin noch nicht lange genug in dieser Welt - und ich glaube ich werde mich nie damit abfinden können.“ murmelte er leise vor sich hin und seufzte. Er schaute ihr in die Augen und erkannte nur Mitleid darin. Sie kniete sich neben ihn und zwang ihn, mit sanfter Gewalt, sie anzusehen.
 

"Ich kann dir helfen, Naruto. Keine Ahnung, wie viel es dir bringen wird, doch du hast mehr verdient, als diese Welt." flüsterte sie und der Namikaze verlor sich kurz in ihren blauen Augen. Die Art, wie sie mit ihm sprach, die Art, wie sie mit ihm umging, war er nicht gewohnt. Sie war so nett und freundlich, dass es beinahe surreal wirkte. Nach einem kurzen, aber intensiven Blick, erhob sie sich. Seine Augen blieben an ihr kleben und er beobachtete, wie sie das Zimmer verließ.

Er war plötzlich wieder alleine. Er spürte, wie seine Wangen rot wurden. Er benahm sich in ihrer Gegenwart wie ein dummer Esel und das Schlimme daran war, dass er es selbst nicht ändern konnte. Sein Verstand war wie ausgeschaltet, seine Handlungen kindisch und naiv, wie die eines kleinen Jungen. Er hatte schon oft mit schönen, jungen Frauen gesprochen, doch keine hatte ihn so sehr in Verlegenheit gebracht, wie sie. Naruto war nie besonders gut darin, die Gefühle der weiblichen Bevölkerung Konohas richtig zu deuten. Die Angst, etwas falsch zu machen, war allgegenwärtig. Hinata war die Einzige, bei der er sich nicht verstellen brauchte, die ihn so kannte, wie er wirklich war. Doch bei ihr hatte er sich niemals so durcheinander, so unbeholfen gefühlt, wie er es bei Ino tat. Sie brauchte ihn nur aus ihren türkisen, großen Augen anzusehen und er war nicht mehr zu gebrauchen. Fast hätte er nicht bemerkt, dass sie wieder da war, so sehr war er in seinen Gedanken vertieft. Er spürte den Druck, den sie auf die Dielen ausübten und wie sie sich neben ihn niederließ.
 

"Ich habe hier etwas für dich." meinte sie und reichte ihm ein kleines, ledernes Buch, "Das ist ein Blutgeldbuch, auch Bingo-Buch genannt. Es wird dir neue Möglichkeiten eröffnen."

Naurto nahm es an sich und fuhr mit seinen rauen Fingern über den braunen Einband. Es wirkte vergilbt und sehr alt. Gebraucht und viel zu oft benutzt. Die Seiten hatten gelbe Flecken und nicht selten waren Spuren der alten Besitzer zwischen den Zeilen zu finden. Bei genauerem Hinsehen, erkannte er Personenbeschreibungen und viele Goldstücke, die auf die Gesuchten ausgeschrieben wurden.

"Ein Bingo-Buch ist für viele Menschen unersetzlich. Die Menschen in den Dörfern hängen Listen auf, die du in dein Buch übertragen kannst. Es sind alles Kopfgeldziele. Du wirst bezahlt, wenn du die Gesuchten tot oder lebendig, je nach Bedarf, bei den Auftraggebern abgibst." erklärte sie ruhig. Naruto hörte ihr Aufmerksam zu, doch einige Fragen blieben ihm unbeantwortet.

"Warum gibst du es mir?"

"Ich dachte, dass dir eine Veränderung gut tun würde. Du bist kein Söldner, der den Dreck von anderen wegschafft. Du bist ein Krieger, ein Mann, der sich seine Mission selber aussuchen sollte." Sie schaute ihn intensiv an und kaute leicht auf ihrer Unterlippe herum. Naruto machte das nervös. Er wusste nicht genau, was dieser Schachzug von ihr sollte.

"Wie unterscheidet sich dieses Leben von meinem jetzigen? Ich töte Menschen für Geld, als Ronin oder als Kopfgeldjäger. Wo ist da der Unterschied?" Er blickte kurz auf das lederne Buch, welches er in seinen Händen hielt.

"Ich habe von deinem Besuch gehört, vor einigen Tagen, in dem kleinen Dorf hinter den Baumspitzen. Ich habe gehört, dass du den Liebhaber einer jungen Frau beinahe getötet hast. Bist das wirklich du? Tötest du für einen fetten Schmied oder suchst du dir aus, für wen du deine Kraft verschwendest, deine Zeit opferst? Wenn du Strauchdieben oder richtigen Verbrechern hinterherjagst... Ich glaube, dass noch immer ein guter Mann in dir steckt. Als Kopfgeldjäger bist du nicht mehr der Abschaum der Gesellschaft... Du bist ein geachteter Mann, der einer harten, ehrlichen Arbeit nachgeht. Dir werden ganz neue Möglichkeiten offen stehen." Sie legte ihre Hand auf die seine und er spürte die Wärme, die von ihr ausging. Sie schaute ihn fast schon flehend an und Naruto konnte dem Blick kaum standhalten.
 

"I-Ich will keine Menschen mehr töten..." flüsterte er und sah auf die Bettdecke, die seine Beine bedeckte.
 

"Du wirst nicht Drumherum kommen, Naruto. Diese Welt braucht Männer wie dich. Männer, die wissen, wie das Leben wirklich funktioniert. Die Daimyos und Kage haben doch keine Ahnung davon, wie der normale Mensch auf der Straße lebt. Sie wohnen in ihren Schlössern und Burgen und entfernen sich immer mehr vom gemeinen Volk. Ich will... das Wissen, die Gewissheit, dass du da draußen bist, die Welt ein wenig besser machst, wenn du diese Bastarde erledigst. Du kannst es dir aussuchen, die Orte dieser Welt besuchen. Du wirst Dinge erleben, wie du sie als einfacher Ronin niemals hättest sehen können. Bitte, Naruto, wenn du weg willst... weg von dem Dasein als Geächteter, dann überlege es dir." Er spürte, wie ihre weichen Lippen seine Stirn berührten. Es war kaum mehr als ein Hauch, doch dieser Augenblick reichte aus, ihn zu überzeugen. Sein Griff um das lederne Buch wurde fester.
 

Entschlossen schlug er das Buch auf und sah mit ihr die Aufzeichnungen des Vorbesitzers an. Er besaß eine fürchterliche Handschrift und die Schriftzeichen waren kaum lesbar. Doch es reichte aus. Es waren viele Menschen, die gesucht wurden. Hauptsächlich Verbrecher und Straftäter, die aus den Dörfern verbannt wurden.

"Wer hat dir dieses Buch gegeben?" fragte nach einer Weile und blätterte um. Sie stockte kurz und sah zu ihm herüber.

"Ein Patient hat es während seiner Behandlung bei mir vergessen. Anscheinend vermisst er es nicht besonders..." murmelte Ino und fuhr mit ihren Augen den Schriftzeichen nach.

"Mhm." brummte er und beließ es dabei. Es war ihre Angelegenheit und eigentlich war es auch unhöflich, sie danach zu fragen.

"Wie hieß den vermeintlicher Kollege, der dir diese Verletzung zugefügt hat?" Überrascht schaute er sie an und seine Augen wanderten zu ihrem Finger, der auf einer Beschreibung ruhte.

"Isuma, warum?" murmelte er und allein der Gedanke an den Ronin, der ihn verraten hatte schmerzte. Besonders, nachdem man so viel Leid, Blut und Schmerz füreinander geopfert hatte.
 

"Weil hier ein Isuma, ein Ronin, gesucht wird." flüsterte sie und schaute ihn verheißungsvoll an.
 

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Vielen Dank fürs lesen und für die netten Reviews unter dem letzten Kapitel. Ich habe noch 7. weitere Kapitel geschrieben, die nach und nach hochgeladen werden.

Viele Grüße

Amogan



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Kommentare zu diesem Kapitel (3)

Kommentar schreiben
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Von:  lula-chan
2019-05-22T06:06:15+00:00 22.05.2019 08:06
Ein tolles Kapitel. Gut geschrieben. Das kommt alles sehr gut rüber. Du beschreibst das echt gut. Ich bin gespannt.

LG
Von:  didiboy
2019-05-21T18:32:01+00:00 21.05.2019 20:32
Hu eine Romanze mit Ino
Na da bin ich gespannt wie es weiter geht und ob es wirklich was mit Ino was wird oder ob irgendwann Tayuya kommt und Naruto was mit ihr anfangen tut
Schreib schnell weiter will wissen wie es weiter geht
Von:  Scorbion1984
2019-05-21T16:34:29+00:00 21.05.2019 18:34
Bin heute erst über diese FFgestolpert ,sehr interresannt finde ich ,!
Gut geschrieben und mal was anderes!


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