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The Splintered Truth

von

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Das Erwachen VI --- Der Mann in Weiß

[Illan]
 

Ein lautes metallischen Scheppern hallte durch die Gasse. Die Ursache war die umgeworfene Mülltonne.

‚Er macht das schon wieder. Keine Selbstbeherrschung.‘ Illan wandte sich vom Geschehen ab. Ein wenig nervös blickte er zu den Enden der Gassen, um zu schauen, ob das jemand mitbekommen hatte. Mit Sicherheit hatte das jemand mitbekommen.

Ein lautes Ätzen folgte dem Krach hinter Illan. Die Ursache war ein breitgebauter kahlköpfiger Mann mit einer schwarzen Baseballkappe und eingehüllt in einer schweren schwarzen Jacke, der ein arroganter Idiot war und ein Arbeitskollege von Illan. Im Moment hatte er einen Junkie im Griff, den er an eine Ziegelwand drückte. Das Ätzen wurde lauter.

„Wir hatten einen Deal, klar?“

„Arr… aber… ich… doch“

„Verstehst du mich nicht? Ich hatte dir das deutlich erklärt!“

„Aber… arrrr“

Illan ballte seine rechte Hand zu einer Faust. Zu gern würde er Grombar zeigen was er davon hielt hier eine Szene zu machen, nur weil der Junkie zu wenig Geld dabeihatte. Es war nur ein Machtspiel von Grombar um zu zeigen, dass er der Boss der Dealer war. Diese Spielchen nervten Illan, weil es die Aufträge gefährdete. Die Befürchtung war, dass es Leute anlockte, mit denen sie im Moment, nichts zu tun haben wollten.

„Arrghh…“

„DEUTLICH ERKLÄRT!“ Der Hüne drückte den Junkie stärker an die Wand.

‚Grombar hat mit Sicherheit dem Typen nichts erklärt gehabt, sondern wieder nur denselben Scheiß abgezogen. Wenn die Polizei mitbekommt, dass hier Tulbrip vertickt wird, dann wären die rechtlichen Konsequenzen das kleinere Problem.‘

„Mr. S killt uns beide, wenn du hier weiter für Aufsehen sorgst und wird deswegen entdeckt werden.“ Grombar schien die Warnung von Illan zu ignorieren. Grimmig starrte er weiter sein Opfer an.

Herr Kero Sozowanik oder wie er sich gerne vorstellt Mr. S, war Illans Boss. Für die beiden der mächtigste Mann der Insel und der Besitzer der östlichen Bereiche dieser Insel. Ein gefährlicher Zeitgenosse.

‚Klar, dass der Boss ihn zum Torbewachen abgestellt hatte. Zu mehr ist der sowieso nicht fähig.‘

„Argh…“ Mit Kraft drückte Illans Grombar den Junkie an die gegenüberliegende Häuserwand.

„Wo ist also das Geld, hä?“ Seine laute brummende Stimme hallte durch die Gasse.

In Illan stieg weiter Wut auf. Mr. S würde kein Pardon kennen, sollten die beiden nicht einmal fähig zu sein einfach nur zu warten, ohne aufzufallen.

„Verdammt nochmal, du siehst doch, dass er überfordert ist. Vielleicht lässt du ihn runter und fragst ihn dann, ohne zu brüllen.“

Vorbeilaufende Passanten hatten die Szenerie schon längst bemerkt, sie starrten einen Moment in die Gasse, bevor sie weitergingen. Grombar ließ los und der Mann sackte zu Boden. Röchelnd raffte sich dieser wieder auf.

„Arr… ich… habe… doch das Geld dabei.“

„Es ist dir doch klar, dass ich sagte, dass ich jedes Mal 10% mehr haben will. Das Zeug wächst schließlich nicht auf Bäumen.“

‚In gewisser Weise schon, aber Grombar dieser gierige Raffzahn.‘

„Ja… arr… bitte… ich… kann noch Geld...“

„Ja genau! NOCH MEHR GELD! Wenn du bis morgen das Geld nicht beschaffst, komme ich bei dir persönlich vorbei.“ Grombar zertrümmerte mit seiner rechten Faust einer der Ziegelsteine in der Häuserwand neben dem Junkie. Es hatte einen lauten dumpfen Knall verursacht, den Illan weiter erzürnen ließ.

„Woaaahhh.“ Der Junkie zuckte zusammen. Er zitterte.

‚Grombar kapiert das einfach nicht! Kein Respekt von Mr. S. Befehlen.‘

„Ah… ich…“

„Gut…, du hast wohl verstanden, dann sage ich dir, dass du genau einen Tag Zeit hast, sonst zertrümmere ich dich mit samt deinen ganzen Besitz…, du weißt ja als Exempel.“ Grinste Grombar überlegen, während er weiter auf den Junkie herabblickte. Mit Sicherheit war ihm dieses Mal auch nicht sicher, was er genau damit ausdrücken wollte. Der Hüne liebte es einfach große Töne zu spucken.

„Ah… alles klar.“

Panisch rannte der Mann aus der Gasse hinaus, dabei stieß er ein paar Mülltonnen um, die scheppernd auf den Boden aufkamen. Illan hatte schon längst aufgegeben, dass diese Warterei unbemerkt blieb.

Grombar fing an das erhaltene Geld zu zählen, daraufhin steckte er es zufrieden unter seine schwarze Lederjacke.

„Und du hältst nächstes Mal die Klappe, ja? Oder ich sorge dafür.“ Mürrisch blickte er zu Illan. Die beiden waren keine Freunde.
 

Mr. S hatte angekündigt sich heute mit dem Bürgermeister zu treffen. Er würde kurz nach Mittag von seiner Geschäftsreise zurückkehren und in der Hauptstraße vor dem Rathaus auftauchen. Grombar und Illan, zwei der sechs Angestellten sollten in der Nähe warten.

‚Es sollte bald soweit sein, die Dämmerung beginnt schon.‘ Es war die Lieblingstageszeit seines Bosses.

Teile, des zerbrochenen Ziegelsteins, fielen heraus und prallten auf die umgeworfene Tonne. Jeder Knall war für den Angestellten eine Qual. Sie waren der Beweis für die Unfähigkeit seines Kollegen.

„Musstest du eigentlich unbedingt heute wieder so eskalieren? Der Boss tötet uns beide, wenn die Polizei uns erwischt. Die haben bestimmte auch schon kapiert, dass das Zeug immer wieder von jemanden in der Stadt vertickt wird.“ Tulbrip war zumindest in dieser Gegend die meistverbreitete Droge. Eine Droge, die für wenige Minuten die Sinne erweitert und sämtliche deprimierende Gefühle von einen nimmt, aber so wie alle Drogen, zerstört es den Körper, zuerst jedoch den Verstand und lässt Leute wahnsinnig werden.

„Sag mir noch einmal was ich tun soll und ich töte dich“

Durch ignorante Drohung seines Kollegen wurde Illan zornig. Es hasste es mit Leuten zu reden, die überhaupt nicht fähig waren eine sinnvolle Konversation zu führen oder immer für Chaos sorgten.

„Bevor du nicht kapierst, wie man sich unterhält, wirst du…“ Grombar blickte ihn nicht an, aber er ließ seinen Nacken knacken. Er machte das immer, wenn er bereit war für einen Angriff. Illan interessierte das nicht, er hatte keine Angst vor dem Hünen:

„…das irgendwann mal am eigenen Leib spüren. Das letzte Mal wollte er dir schon die Kehle rausreißen, weil er das mit den Drogen herausgefunden hat. Er hatte deine Unachtsamkeit kritisiert und dir das letzte Mal Gnade erwiesen.“ Bedrohlich stellte sich Grombar vor dem zwei Kopf kleineren jungen Mann auf. Für einen Moment blieb er still, bis sich sein rechter muskulöser Arm erhob und seine rechte Hand Illan seitlich gegen den Kopf treffen sollte, aber der junge Mann wich rechtzeitig zurück.

„Wir sind die Könige auf dieser verdammten Insel. Was will denn hier jemand tun? Wenn unser Boss schnippt, dann verschwindet diese Stadt von der Wildfläche. Er braucht also keine Angst vor irgendeiner dummen Polizei haben.“

Illan seufzte energisch.

„Du bist so ein Idiot. Du checkst einfach nichts.“ Blitzschnell schnellte auf Illans‘ Gesicht eine große Faust zu. In letzter Sekunde wich dieser zur Seite aus. Durch den Schwung stolperte Grombar nach vorn. Der Zorn, der dabei in ihn aufflammte, ließ ihn lautstark knurren.

Bevor einer der beiden weiter auf den fehlgeschlagenen Angriff reagierte, durchzog eine eisige Atmosphäre die Gasse. Illan erkannte die Ursache sofort, die ihm im Moment einen Schauder über den Rücken jagte.

Nur eine Ursache, mit der er öfters zu tun hatte, strahlte unterbewusst eine so machtvolle und beängstigende Präsenz aus. Er musste dabei nicht einmal im Blickfeld sein, seine Nähe reichte dabei völlig aus.

‚Er ist da.‘
 

Grombar und Illan liefen aus der Gasse auf die Hauptstraße. Sie schauten in die gegenüberliegende Richtung vom Rathaus, nach Osten in Richtung des Waldes. In einige Metern entfernt, konnte der junge Mann seinen Boss erkennen.

Strahlend weiße Kleidung, ein weißer Hut, der ihn vor der Sonne schützte. Der Mantel so lang, dass dieser beinahe den Boden streifte. Die schwarzen Schuhe makellos, die Oberseite glänzte im Sonnenlicht. Die Hände verborgen unter dem Mantel. Seine Bewegungen waren langsam und bedacht. Der Gesichtsausdruck geheimnisvoll. Würde Illan nicht für ihn arbeiten, hätte er jetzt das Weite gesucht. Jeder, der mit dieser Art von Präsenz umzugehen weiß, würde sofort den Platz verlassen, denn seine Mordlust unterdrückte er nicht.

Schweißperlen liefen dem jungen Mann den Nacken hinab, auch wenn er das schon gewohnt war. Es war eine Eigenheit seines Körpers, die er nur schwer unterdrücke konnte. Sein Kollege dagegen wirkte unbeeindruckt, zwar ehrfürchtig, aber nicht eingeschüchtert. Für einen neutralen Betrachter wirkte Grombar gegenüber dieser einschüchterten Präsenz unbeeindruckt.

Die Stadtbewohner um Mr. S herum schienen diese aber nicht zu bemerken. Seelenruhig ignorierten sie den Mann in Weiß und setzten ihren Alltag fort. Vereinzelt warf ein Bewohner auf diese unnatürliche Bekleidung, aber mit einem kurzen mürrischen oder skeptischen Blick war dies wohl dann erledigt. Für Illan waren das glückliche Unwissende. Sie würden nicht neben diesem Mann spazieren gehen und ihn dabei nicht ein einziges Mal ehrfürchtig ansehen.
 

Die beiden Untergebenen machten ihrem Boss Platz, während er ohne anzuhalten an den beiden vorbeischritt.

„Hue Teweb.“ Die tiefe Stimme seines Chefs hallte Illan an das Ohr. In einer Sprache, die nicht mehr auf dieser Insel gesprochen wurde. Eine alte und kryptische Sprache. Jeder Angestellte musste sie verstehen lernen, denn der Boss sprach oft in dieser, ohne Rücksicht auf andere.

Für Illan hatte es mehrere Monate gedauert, bis er diese Sprache teilweise verstand. Er musste sie sich selbst beibringen oder von anderen Angestellten lernen.

Schweigend befolgten die beiden den Befehl. Sie schritten zu dritt zum Vorplatz des Rathauses.

Mr. S blieb stehen, als sie ihr Ziel erreichten. Seine Untergebenen taten dies auch.

Vor dem Eingang des Rathauses stand ein älterer Mann in einem gepflegten Anzug und einem zuversichtlichen Schmunzeln. Er schien die drei zu erwarten.

Illan erkannte ihn. In seiner Tätigkeit als Wachpersonal hatte er diesen Mann schon mehrmals unerlaubt im östlichen Teil der Insel herumstreunen sehen. Meistens aber am selben Fleck. Illan hatte das seinem Boss berichtet, aber dieser meinte, dass es in Ordnung sei.

‚Vermutlich, weil er eine wichtige Persönlichkeit in dieser Stadt ist.‘ Illan begutachtete den Kerl, aber an ihm war nichts besonders.

Mr. S unterhielt sich mit ihm, aber nur kurze knappe Sätze fielen. Illan war desinteressiert an dem Gespräch, deshalb beobachtete er die Umgebung. Es war nichts Auffälliges zu entdecken. Grombar starrte währenddessen die Stadtbewohner an, die den Platz kreuzten. Er verschränkte seine Arme und der Mann schnitt angsteinflößende Grimassen. Die Bewohner fingen an einen Bogen um die drei zu laufen. Grombar schien dabei seine einschüchternde Aura zu genießen.

‚Ein weiterer Grund warum er nicht mehr als das Tor bewachen darf.‘
 

Die Sonne strahle weiterhin unentwegt auf den Platz herab.

Illan bemerkte wie sein Kollege langsam anfing zu schwitzen und blasser zu werden. Er war nun mal nicht mehr so resistent wie Illan.

‚Selber schuld. Da hätte er daran denken können.‘

„Warm…, stehen wir hier noch eine Weile? Es ist ein bisschen nervig hier.“ Fragte Grombar ungeduldig, er strich sich mit seinem rechten Arm den Schweiß von der Stirn. Der Holzkopf merkte nicht einmal, dass ihn der Boss bestrafend anblickte. Die rote Pupillen fixierten den Hünen an. Illan spürte, dass die Aura von seinem Boss belastend wurde und ihn lieber davontreiben ließ. Nervös blieb er standhaft.

‚Grombar du Idiot! Niemals etwas vom Boss fordern…‘

Grombar hatte erst wenig später bemerkte, dass er Mr. S angestarrt wurde. In dem Moment, als sich die Blicke trafen, nahm die Schwere in der Luft zu. Plötzlich war es schwer zu atmen oder gar auf den Beinen zu bleiben. Der dürre Mann im Anzug nahe Mr. S ging ein paar Schritte zurück und ein nervöses Lächeln zierte sein Gesicht. Illan musste gegen den Druck ankämpfen, um nicht auf die Knie zu fallen.

„Ahhhh, tut mir leid Boss…, tut mir leid…, kommt nicht wieder vor, wirklich… versprochen!“ Der temperamentvolle und arrogante Hüne wirkte nicht mehr so selbstsicher. Nervös wich er nach hinten.

Die Aura verschwand und das beklemmende Gefühl löste sich. Illan schnaufte leise.

‚Deshalb… nie etwas tun was ihn erzürnt.‘ Hätte er gern Grombar an den Kopf geworfen.

„Verstanden, Boss.“ Grombar lief zur Hauswand des Rathauses und hielt sich dort im Schatten. Illan hatte nicht mitbekommen, was sein Boss noch zu ihm gesagt hatte. Jedoch wirkte der Hüne nun erleichtert. Seine Hände blieben jedoch noch verkrampft. Grombar hatte wohl deutlich gespürt, dass Mr. S kurz davor gewesen war zu töten. Selbst jetzt, selbst an diesem Ort.

„Herr Sozowanik, der Herr Bürgermeister erwartet Sie in seinem Büro.“ Der ältere Mann im Anzug sprach wieder lauter. Seine zitternde Stimme hatte der Mann schnell wieder im Griff. Erstaunlich ruhig blieb er für einen Außenstehenden, der diese gewaltige Mordlust zu spüren bekommen hatte, auch wenn er nicht das Ziel gewesen war. Das Lächeln wirkte dabei jedoch unecht.

„Folgt den Gang, nehmt die Treppe links und geht in den ersten Stock. Folgt dann den Gang nach rechts. Die letzte Türe ist die richtige.“ Der Mann verwies mit seiner linken Hand zur Eingangstüre. Mr. S trat wortlos an ihm vorbei. Sein Blick auf den Weg vor sich fixiert. Illan folgte ihm schweigend.

„Rei Tetraw Ud.“ Grombar nickte ehrfurchtsvoll und mit entschlossenem Blick beobachtete er den Platz. Die Schweißtropfen, die sich von ihm perlten, konnte er nicht überspielen.

Illan öffnete die Eingangstür und ließ seinen Chef eintreten. Wortlos zog dieser in den Gang.
 

Zwar entsprach das Rathaus der Größe des Anwesens von Mr. S, aber von dem Ambiente und der Darstellung von prachtvollen Gütern, wirkte dieses Gebäude langweilig und inspirationslos. Sowohl der lange schmale Gang im Erdgeschoss, der geradeaus bis zum anderen Ende des Gebäude führte und rechts und links Türen zu verschiedenen Ämter bot, als auch der darüberliegende Flur, der zur Versammlungsräume oder Büros führte, wurden nur schlicht gestaltet. Ein roter Teppich auf dem Boden, nichts an den Wänden, nicht einmal Pflanzen schmückten den Anblick. Es war durch und durch ein Arbeitsgebäude.

Zielstrebig bewegte Mr. S sich zum Büro des Bürgermeisters fort. Er tat dies auch in seinem Anwesen. Es erweckte immer den Eindruck, als hätte dieser Mann alles unter Kontrolle. Illan folgte ihm schweigend. Den beiden begegnete keine Person auf den Gängen. Das Rathaus wirkte geruhsam. Für Illan eine angenehme Atmosphäre.

Die Türen zum Büro des Bürgermeisters standen offen. Der Durchgang führte in einen größeren Raum dahinter. Zur rechten Seite stand ein großer hölzerner Schreibtisch vor einer größeren Fensterfront. Ein großer schlanker Mann erhob sich aus einem schwarzen Lederstuhl. Ebenfalls trug dieser einen schwarzen Anzug, jedoch kombiniert mit einer roten Krawatte und einer goldenen Kette um den Hals. Seine schwarze Frisur war nach hinten gekämpft und es glänzte im Licht der Abendsonne, die durch das Fenster hinter ihm den Raum erstrahlen ließ. Mit einem zufriedenen Schmunzeln schien dieser Mann die Gäste zu erwarten.

„Herr Karstoll Lehm, der Bürgermeister von dieser Stadt.“ Der ältere Mann von zuvor, war den beiden gefolgt und verneigte sich ehrfürchtig vor dem Bürgermeister. Anschließend schloss der ältere Mann die Doppeltür hinter sich, während er zurück auf den Gang lief.

Während Mr. S zum Bürgermeister schritt, begutachtete Illan den Raum.

An der Wand hingen verschiedene Portrait von Personen, die Illan teilweise schon einmal gesehen hatte. Das äußerte von rechts zeigte den aktuellen Bürgermeister. Das Bild glich dem Mann, der vor Sozowanik stand. Die nachfolgenden Portraits zeigte ältere Herrschaften, die teilweise seine Vorgänger waren. Es verwunderte den jungen Mann nicht, dass die letzten drei Bürgermeister den Nachnamen Lehm trugen.

‚Als würden sie ihre Macht an einen Fremden abgeben wollen. Die Stadt ist durch und durch schlecht.‘

Der Bürgermeister räusperte sich.

„Hoch erfreut Herr Sozowanik oder darf ich sie Mr. S nennen.“ Der Mann machte eine kurze Pause, aber er bemerkte wohl schnell, dass sein Gegenüber keine sehr gesprächige Person war:

„Vergessen Sie meine törichte Bitte. Es erfreut mich sehr, dass Sie heute Zeit gefunden haben vorbeizukommen und das sogar zu einer so frühen Stunde.“ Der Abend brach an und die Sonne verschwand am Horizont.

Der Bürgermeister schmunzelte. Der Mann schien keine Furcht zu zeigen, auch wenn dies seine Worte so kommunizieren sollten.

‚Diese Lügner sind alle gleich.‘
 

„Verschwendet nicht meine Zeit. Wo sind die Kristalle?“ Die tiefe bedrohliche Stimme fegte durch den Raum und ließ den Bürgermeister für wenige Sekunden verstummen.

Der Mann nickte anschließend, ohne demütig zu wirken, dann wandte er sich zu einem hölzernen Schrank, der neben seinem Bürotisch stand. Er öffnete diesen, dahinter war ein Safe zu erkennen. Er schien etwas auf einem Display einzutippen und die schwere metallische Tür, des zwei Meter hohen Safes, öffnete sich. Der Mann holte eine metallische Truhe heraus und stellte diese vorsichtig vor dem Schreibtisch auf dem Boden. Zwei Zahlenschlösser mussten geöffnet werden, dann konnte der Deckel aufgeklappt werden. Darin lag in Schaumstoff eingehüllt ein weißer und ein grauer Kristall. Vorsichtig hob der Bürgermeister die Kristalle mit seinen Händen in die Luft. Er überreichte diese Mr. S.

Illan konnte einen kurzen Blick darauf werfen. Von diesen Objekten hatte der junge Mann schon etwas gehört, aber nie welche gesehen. Wie sollte das auch passieren, wenn er doch nie die Insel verlassen durfte. Beide Kristalle hatten eine längliche zylindrische Form, an den Enden verliefen sie zu Spitzen, und besaßen dieselbe Beschaffenheit. Sie wirkten ein wenig matt, dennoch fiel das Licht zum Teil hindurch. Im Inneren der Kristalle schien etwas zu sein, jedoch konnte Illan nicht erkennen was es war.

„Bisher wurde noch kein Träger gefunden, aber ich versichere Ihnen, dass diese Exemplare echter Natur sind.“

‚Das zu versuchen wäre auch eine törichte Idee.‘ Illan wurde nervös. Er hoffte, dass dieser Mann die Wahrheit sagte. Er beobachtete den Bürgermeister genau. Er vertraute ihm nicht, denn Karstoll war ein boshafter Mensch, der von nachtragender Natur war. Auch wenn es schon Jahre her war, so würde dieser Mann mit Sicherheit nie verzeihen, was damals passierte.

„Dein Teil des Handels ist erfüllt.“ Illan atmete innerlich erleichtert auf. Scheinbar hatte Karstoll die Wahrheit gesagt.

Der Bürgermeister nickte zufrieden und er legte die Kristalle zurück in den Koffer und schloss diesen ab. Die Hände ineinandergelegt wandte er sich wieder seinem Geschäftspartner zu:

„Dann kommen wir zu meinem Wunsch. Es gibt da etwas in Ihrem Besitz, was ich gerne hätte. Ich möchte mit Ihnen die vertraglichen Angelegenheiten klären und zusätzlich biete ich Ihnen noch einen weiteren Vorteil an, sozusagen als Zeichnen unserer guten Geschäftsbeziehungen.“ Er verstummte und sein Blick harrte für einen Moment auf Illan.

„Suar Heg!“ Die tiefe Stimme von Illans Boss hallte durch den Raum. Der junge Mann verstand sofort. Er verließ zügig den Raum.

‚Alles nur für ein Stückchen Land? Ich schätze nicht, dass es hier einfach nur um Besitz an sich geht. Um was könnte es sich in Wirklichkeit handeln?‘ Illan blieb misstrauisch, er konnte seine Zweifel jedoch noch nicht begründen.
 

Als der junge Mann in den Gang getreten war, bemerkte er im Augenwinkel, bei den Treppen, dass der ältere Herr von zuvor mit einer anderen fremden Person diese hinunterstieg. Der ältere Mann hielt dabei der fremden Person, die vor ihm die Stufen der Treppe hinabstieg, eine Schusswaffe in den Rücken.

‚Also doch nicht alles so lupenrein, wie es hier den Anschein macht. Ich habe es doch gewusst!‘

Illans Interesse wurde geweckt.



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