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The Splintered Truth

von

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Das Erwachen IV --- Die Stellungnahme

Walerij

 

‚Unfreundlich wie eh und je Punkt.‘ Zum Abschluss unterstrich er seinen Abschlusssatz. Den Kugelschreiber ließ er in seiner Tasche verschwinden, dann den Notizblock in der anderen Tasche.

Zwischen den Augen am Nasenrücken reibend dachte der Mann nach. In dem langen Mantel war es warm, aber ohne diesen Mantel hatte er keinen Plan wie er die ganzen Sachen mitschleppen sollte. Feuerzeug, Zigaretten, Geldbeutel, Handy, Stift und Notizblock. Eine Tasche wollte er nicht.

 

Das Gespräch mit den Polizisten brachte nichts. Immer wieder dieselben Aussagen. Alles würde bei der Stellungnahme des Bürgermeisters offenbart.

‚Da bleibt mir keine Wahl mir vorerst diese bescheuerte Stellungnahme anzuschauen.‘

 Also wartete er bei seinen Kollegen vor dem Rathaus. Im Vergleich auf Festa waren hier wesentlich weniger Leute. Eventuell waren hier ein Dutzend Journalisten. Vereinzelt war auch ein kräftiger Kerl dabei, der eine Kamera trug. Meistens waren es Journalisten von Sendern die Walerij nicht einmal kannte. Die großen Sender fehlten.

‚Anscheinend sind verschwundene Leute, ein Mord und heruntergefallene Meteoriten nicht so interessant.‘ Mit verschränkten Armen wartete er im hinteren Teil der Gruppe.

Vor dem Rathaus gab es einen kleinen Versammlungsplatz. Die Ordnungshüter, die am Eingang positioniert waren, baten die Journalisten nicht die wenigen Stufen hinauf zum Eingang zu steigen.

‚Bestimmt wird noch schnell irgendeine Geschichte zusammengeschustert. Ich verstehe nicht wie die anderen das nicht kapieren.‘ Walerij vermied es mit seinen Kollegen zu reden. Sie schienen alle schwer beschäftigt zu sein. Entweder waren sie panisch und übten irgendeinen Text oder hantierten an den Kameras herum.

‚Sind das etwa lauter Amateure hier?‘

 

Die nächste Stunde vertrieb Walerij die Zeit mit Surfen im Internet.

Über die sozialen Netzwerke kam noch nichts Interessantes über das Thema. Manch einer hatte eine Diskussion deswegen angefangen, aber es folgten kaum relevante Antworten. Nur ein Haufen Scherze und missmutige Kommentare. Die öffentlichen Kanäle dagegen behauptete nur, dass Splitter eines Meteoriten, der nahe dem Planeten vorbeiflog, auf die Oberfläche aufgeprallt seien.

Der Mord schien noch weniger interessant zu sein.

Tatsächlich war dies auch nicht der Grund warum Walerij auf dieser Insel war. Ihm ging es um die Vermissten der letzten Monate. Ein guter Bekannter war darunter und seine Leiche wurde noch nicht gefunden.

 

Die hölzerne Doppeltür zum Rathaus öffnete sich und ein älterer Mann mit weißgrauem Haar und einen längeren nach innen gekämmtem Kinnbart, stellte sich vor den Journalisten auf. Sie hörten auf zu reden und ihr Mikrophone schwangen sich in die Höhe. Der Mann blieb auf seiner erhöhten Position.

Allein aus dieser Tatsache konnte Walerij die Person schon gut einschätzen.

‚Arroganter Schnösel.‘

Es war nicht einmal Karstoll Lehm, der amtierende Bürgermeister, sondern nur einer seiner Stadträte. In einem maßgeschneiderten Anzug und einer stilvollen dunkelroten Krawatte präsentierte sich der Verwalter, ohne nahe an die Journalisten heranzutreten.

Walerij kannte das Gesicht, aber seinen Namen wusste er nicht. Das war ihm auch egal. Namen waren für ihn nur Schall und Rauch.

„Ich bedanke mich für eure Geduld und ich entschuldige mich, dass nicht der Bürgermeister heute vor euch tritt. Er steckt noch tief in wichtige Besprechungen und Planungen wegen den heutigen Ereignissen.“ Er blickte durch die Menge, dabei bemühte der Mann sich nicht einmal glaubhaft zu lächeln. Es wirkte eher wie herablassendes Schmunzeln.

„Ihr könnt gerne Fragen stellen. Eine halbe Stunde habe ich mir Zeit genommen.“

„Was ist mit dem Mord? Hat man den Mörder schon?“ Rief der erste Mann aus der Menge.

„Er ist nicht mehr auf der Insel. Die Marine ist ihm auf die Fersen. Die Bewohner und auch die Touristen sind wieder sicher auf Ranger Island.“

‚Also mit anderen Worten. Der Mörder ist noch auf der Flucht.‘

„Wieso hat man die Leiche so schnell gefunden, aber nicht den Mörder? Anscheinend war man der Person schon auf den Fersen. Hätte man also den Mord nicht verhindern können?“ Der Stadtrat sah Walerij finster an. In seinem geduldigen Blick war für einen Moment ein grimmiger Ausdruck zu erkennen, als hätte der Journalist in ein Wespennest gestochen.

„Die Person hatte unterwegs die Polizei attackiert. Zur Sicherheit verfolgten die übrigen Männer die Person, um dann auf Verstärkung zu warten. Als dieser wegen dem Opfer in den Wald flüchtete, warteten die Männer ab. Der Mörder hatte im Wald einen Vorteil, aber er war dort auch eingesperrt. So eine gefährliche Person muss mit einer Strategie eingefangen werden ohne dabei Verluste zu generieren. Unser Plan ging auf, denn er flüchtete zunächst ziellos. Wir haben keine weiteren Verletzte zu beklagen und auf dem Gewässer ist dieser der Marine schutzlos ausgeliefert. Das Boot war nämlich von uns präferiert. Es wird bald keinen Tank mehr haben.“

„Es war also bekannt wie gefährlich der Mörder war. War es ein Auftragskiller? Einer mit Namen? Welche Verbindung hatte das Opfer zum Mörder? Weiß man schon den Auftraggeber, falls es ein beauftragter Killer war?“ Der Stadtrat ignorierte die nächste Frage von Walerij. Er schaute fragend zu den anderen Journalisten, die sich teilweise verunsichert zu ihrem Kollegen umsahen.

„Ja… ähm… was weiß man über den Mörder? War es ein Raubmord?“ Der junge Mann, der die Frage stellte, zitterte ein wenig, als hätte er Angst.

‚Was ist denn das? Man muss da mit mehr Aggressivität rangehen!‘

„Die Polizei geht von einem Raubmord aus. Der Mörder hatte im Anschluss auf den Überfall der Polizei Wertgegenstände gestohlen. Das Opfer im Wald hatte ebenfalls keine Wertgegenstände bei sich.“

‚Ist das hier abgesprochen?‘ Ein anderer junger Journalist meldete sich zu Wort. Die Situation wirkte seltsam. Es hatte den Anschein, als hätte der junge Mann auf ein Stichwort gewartet.

„Ja! Was weiß man über das Opfer?“

„Die Untersuchungen laufen noch. Er war kein Bewohner dieser Stadt. Die Polizei vermutet ein reicher Tourist, der zur falschen Zeit am falschen Ort war.“

„Entspricht das wirklich dem Umstand? Soweit ich gehört habe trug der Mann nur einfache Kleidung. Hieß es nicht zunächst, dass er anreiste und dem Wachmann am Hafen widersprüchliche Angaben machte. Zudem war außerdem bekannt, dass er komische Gerätschaften mit sich trug. In seiner rechten Hand soll sich die ganze Zeit so ein Radargerät befunden haben, wo ist das jetzt?“

„Was? Woher wissen sie das?“ Der Sprecher wirkte für einen Moment sprachlos, dann setzte er schnell wieder sein falsches Lächeln auf.

Walerij war kein Amateur. Er hatte sich mit über ein Dutzend Personen, inklusive der Hafenarbeiter, unterhalten, bevor er hierherkam.

„Was für ein Schwachsinn. Ich weiß nicht woher sie diese Fakten haben, aber das ist nicht das was die Polizei herausgefunden hat. Wenn sie hier also nur provozieren wollen, dann verlassen sie diesen Ort. Die Polizei stellt ausreichende Nachforschungen an und ist verknüpft mit andere Netzwerken weltweit. Zudem… nur weil ein Mann einfache Kleidung trägt, muss er nicht arm sein.“

„Das beantwortet meine Frage nicht. Ich hätte gerne…“

„Sie sind ruhig! Wenn sie nicht still bleiben, dann zwinge ich sie dazu den Ort zu verlassen.“

‚Jetzt schon Erpressung? Ich habe wohl keine Wahl.‘ Genervt verschränkte Walerij seine Arme ineinander. Nur widerwillig befolgte er der Anweisung. Er hoffte zumindest noch irgendwelche Informationen zu erhalten, die durch die Fragen der anderen Journalisten ans Licht kamen.

Die übrigen Fragen der anderen Journalisten richteten sich an trivialere Dinge. Welche Kleidung der Mörder trug. Welche Waffe es war. Ob wieder so ein Mord passieren könnte. Wie die Kriminalitätsrate hier war. Das Thema mit dem Meteorit wurde kurz angesprochen, aber nachdem der Stadtrat etwas in die Luft hielt und behauptete, dies wäre vom Himmel gefallen, schien es keinen mehr zu interessieren. Keiner der Journalisten fragte nach dem Thema, dass Personen auf dieser Insel verschwanden.

Am Ende platzte Walerij der Kragen und er beschwerte sich lautstark. Er wurde vom Platz verwiesen.

 

Am Abend hatte sich der Journalist vor einer Kneipe, nahe der Stadtmitte, auf die davorstehende Holzbank gesetzt. Verärgert über sein nicht funktionierendes Feuerzeug, versuchte er gestresst seine Zigarette anzumachen.

„Ha… leer? So geht es mir immer, wenn ich vergesse mein Handy zu laden.“ Es war eine raue tiefe männliche Stimme. Neben Walerij stand ein großer durchtrainierter Mann, der im Vergleich zu den Bewohnern einen dunkleren Farbton hatte. Seine Kleidung hingen war sehr sommerlich. Ein gelbfarbiges Hemd mit weißen Blüten darauf, dazu eine kurze schwarze Hose. Walerij vermutete dennoch, dass er nicht von dieser Insel stammte, nach einem Touristen sah er aber nicht aus.

Der Mann setzte sich neben ihm auf die Bank, dabei reichte er ihm ein Feuerzeug.

„Oh… ähm… vielen Dank.“ Walerij nutzte die Chance seine Zigarette anzuzünden, daraufhin tat er dies auch für den Fremden, bevor er ihm wieder das Feuerzeug gab.

„Ich schätze du bist wohl auch neu in dieser Stadt?“ Fragte der Fremde.

Der Journalist gab sich ein wenig erstaunt:

‚Aufmerksam ist er ja.‘

„Ja, das ist korrekt. Ich bin Journalist und ich recherchiere. Für heute mache ich aber eine Pause.“ Walerij zog an seiner Zigarette:

„Ich schätze mal, du bist kein Tourist. Bist du geschäftlich hier?“

„Oh… nein, weder noch. Ich bin auf der Suche nach jemanden, aber in dieser Stadt ist das nicht so einfach. Ich suche das Gildenhauptquartier der ortansässigen Gilde.“ Der Fremde hat einen leichten Akzent, den Walerij nur schwer zuordnen konnte. Der Mann stammte womöglich von den südlichen Kontinenten.

„Ich dachte es befindet sich hier… in der Stadtmitte, aber das ist es anscheinend nicht.“

Verwundert schaute Walerij den Fremden an, dann verwies mit seiner linken Hand in östliche Richtung.

„Nach der Ausschilderung müsste es sich im Osten der Stadt befinden. Vom Rathaus gerade aus nach Osten. Vielleicht stimmt die Beschilderung nicht mehr, aber die Ranger Guild steht da, wo noch früher die Gold Guild stand.“

„Ach die Gold Guild existiert nicht mehr? Mh… jetzt macht das alles Sinn.“ Der Fremde strich sich durch sein Haar, während er leer auf den Boden vor sich starrte, dann zog er lang an seine Zigarette.

‚Das wissen wohl noch nicht viele. War seltsamerweise auch nur einen kleinen Artikel in der FNN wert. Gold Guild…, ich frage mich warum die sich überhaupt aufgelöst haben. So schlecht ging es denen doch gar nicht, oder?‘ Walerij zog seinen Notizblock hervor. Auf einer neuen Seite schrieb er die Frage auf:

‚Warum löste sich die Gold Guild auf, unbedingt nachfassen! Womöglich mit der Gildenleitung reden. Wichtig!‘

„Etwas interessantes?“

„Nur Erinnerungen, damit ich das nicht vergesse.“

„Ah…, natürlich.“ Der Fremde lachte freudig.

„Weißt du darüber noch mehr?“

„Ich habe nur etwas in der FNN erfahren, dass es Streitereien gab. Finanzielle Aspekte spielten wohl eine Rolle. Die Gilde wurde aufgelöst, aber nicht einmal einen Tag später existierte schon die neue. Nahezu alle Mitglieder sind aber ausgewandert.“

„So? Und wer ist jetzt Gildenmeister?“ Das Lächeln des Fremden wurde schmaler.

„Linda Westallya.“

Der Fremde verschränkte seine Arme, und sein Blick wurde ernster, als hätte ihm etwas bei der Aussage nicht gepasst:

„Kennst du sie oder irgendjemand von der Gilde?“ Walerij wurde neugierig, ob sein Gesprächspartner nicht ein paar interessante Geheimnisse über die Gilde ausplaudern könnte.

„Nein, aber ich kannte jemand, der mit ihnen zu tun hatte. Ihn suche ich auch.“

‚Kannte? Könnte er zu den Verschwundenen gehören? Interessant. Ich sollte mir das notieren. Jetzt brauche ich nur noch Namen.‘

„Ach ich versteh. Du suchst sie auf, damit sie helfen können. Ich habe gehört, dass sie Ausnahmegenehmigungen beschaffen können, wenn es um den östlichen Teil der Insel geht. Mh… ich könnte auch helfen, wenn ich ein paar Namen hätte.“

Der eiskalte Blick des Fremden schüchterte Walerij ein. Sein Körper zitterte plötzlich und das Herz raste. Der Journalist verstand, dass seine letzte Frage unbeantwortet blieb. Dieser Mann war gefährlicher, als er zunächst wirkte.

Der Fremde drückte energisch seine Zigarette aus und ließ diese im nächsten Mülleimer verschwinden, dann stand er auf.

„Helfen ist das falsche Wort.“ Daraufhin zog er los.

Unzufrieden und immer noch ein wenig eingeschüchtert, notierte Walerij das neue Thema in seinen Notizblock:

‚Seltsamer Kerl. Mein Gefühl sagt mir, dass sich da irgendetwas zusammenbraut. Wenn es um die Vermissten geht, dann sollte ich da dranbleiben, aber meine Priorität ist zurzeit der Bürgermeister. Ich denke…, es wird Zeit, dass ich ernstmache.‘ Auch Walerij drückte seine Zigarette aus, dann ging er zurück in das Hotel. Es waren Vorbereitungen zu treffen.



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