Zum Inhalt der Seite

Lockende Versuchung

von

.
.
.
.
.
.
.
.
.
.

Seite 1 / 1   Schriftgröße:   [xx]   [xx]   [xx]

Kadaj saß im Baum, auf einem Ast dieses ausklingenden Tages, schaute über den Wald hinweg und beobachtete einen weiteren bedeutsamen Sonnenuntergang in seinem Leben, dass nicht mehr das zu sein schien, was es einmal war.

Traurigkeit spiegelte seine Miene wider, den Kopf ließ er gedankenlos hängen, seine Finger tief in den Hosentaschen vergraben, stochernd auf der Suche nach einem neuen Anfang.

Ein Seufzer ließ unschwer erahnen, dass er sich nach jemanden sehnte, mit dem er reden konnte.

Eine Seele, der er sich anvertrauen konnte.

Seine eigene Seele, stark vom Schicksal gepeinigt schien in ihm ein großes Loch hinterlassen zu haben, dass sich nach heilenden Momenten wie diesen nicht mehr zu schließen vermochte.

Wenige Meter hinter ihm schlenderte sein Bruder Yazoo durch den Wald.

Sein langes Haar glitt im leichten Wind hinter ihr her und wenn der Wind einen anderen Weg suchte, legte sich seine Haarpracht über den Rücken.

Seine Blicke galten dem verwegenen Horizont, den er geradewegs eingeschlagen hatte.

Reglos saß Kadaj weiterhin im Baum, wobei die einbrechende Dunkelheit immer mehr zunahm, während die Sonne hinter dem Horizont verschwand und sich einen neuen Anfang suchte.

„Kadaj, geh einkaufen! Wir haben kaum noch was zu essen. Komm also bitte runter und mach dich auf die Socken", kam es von Loz, welcher ihn wohl doch in der Baumkrone entdeckt hatte.

Leise murrend kletterte Kadaj diesen runter, setzte sich auf sein Motorrad und machte sich ohne etwas zu sagen, auf den Weg in die Stadt.
 

Die Dunkelheit hatte sich bereits über die Stadt gelegt, wie ein tiefblaues Tuch aus feinem Samt.
 

Nur vereinzelt glitzerten Sterne.

Irgendwo über seinem Kopf, unerreichbar fern und doch Gegenstand ewiger Träume und Sehnsüchte.

Ein Wind strich über die Dächer hinweg, kroch durch die Straßen und ließ jene erschauern, die noch immer verschwitzt von der Hitze des Tages vor den Schaufenstern standen, die Auslagen betrachteten oder auch auf den Stühlen und Hockern der Eiskaffees saßen, sich einen kleinen Ausklang gönnten.

Es war September und bald würde der Sommer endgültig zu Ende gehen.

Es waren die letzten, wirklich warmen Tage.

Bevor der Herbst kam, mit seinen Stürmen das Laub von den Bäumen fegte und die Welt in Tristes stürzte.

Bevor im Oktober ein Heer von Nikoläusen die Supermärkte erstürmte, Kinderherzen höher schlagen ließ und die Eltern bei jedem Einkauf an den Rand des Nervenzusammenbruchs trieb. Bevor der November kam, mit seinen Laternen und Lichtern, dünnen Stimmchen und einem lodernden Feuer.

Und bevor der Dezember nahte, mit seinen heiligen Tagen.

Erst die Stiefel, artig gefüllt von dem Mann mit der roten Mütze und dem langen, weißen Rauschebart.

Später dann das Christkind mit Nintendo, Chemiekasten und all den Geschenken, welches es gerade noch tragen konnte und jene, welche Amazon, Otto und all die anderen Versender offerierte.

Wie er das doch hasste, huschte deshalb über den Markt und kaufte ein, was er für richtig und notwendig hielt.

Nachdem er alles hatte, schlenderte er noch etwas durch die Stadt, setzte sich auf eine der Bänke hin und fing an wie immer zu träumen an.
 

Plötzlich hörte Kadaj ein Geräusch und schreckte aus seinen Tagträumen auf.
 

In ungefähr 50 Metern Entfernung sah er eine Gestalt am Fenster über sich sitzen.

Die warmen Strahlen der Zimmerlampe beleuchteten diese Person, welche eine verwaschene Bluejeans trug.

Sein blondes und wirres Haare gefiel ihm besonders gut und betonten das zarte Batik Muster auf dem blauen kurzärmeligen Oberteil.

Er sah ihn fasziniert an.

Wer war dieser junge Mann?

Kannte er ihn?

Es waren die schönsten und unschuldigsten blauen Augen, die er je gesehen hatte.

Und sie waren traurig!

Sie strahlten einfach in einem Blauton, der schon fast magisch war. Kadaj spürte, wie sein Herz für ein paar Takte aussetzte.

So etwas hatte er noch nie zuvor gespürt.

Er wusste nicht, wie lange er ihn so angesehen hatte, doch zu seiner Verwunderung bemerkte dieser ihn nicht.

Er sah ihn einfach nur mit seinen giftgrünen Augen weiter an und ihm war, als reiche dieser Blick bis tief in seine Seele hinein.
 

Kalt, es war kalt und der runde Vollmond am dunklen Horizont umhüllte sanft mit seinem Licht die doch recht kühle Septembernacht.
 

Kadaj fror leicht, konnte aber den Blick von diesen Augen nicht nehmen, von der Person, welche oben am Fenster saß und ihn allem Anschein nach nicht sah oder nicht sehen wollte.

Leise seufzte er aus, blickte auf den leichten Rauch, den er beim Ausatmen ausstieß, zog daher den Kopf leicht ein und rieb sich fröstelnd über die Arme.

"Verdammt ist das kalt", murrte er leise auf, doch er wollte und konnte sich von diesen magischen Augen nicht losreißen, lehnte sich daher noch mehr nach hinten und seufzte schwer.
 

Nur langsam und widerwillig erhob er sich, nahm seine Einkäufe und fuhr damit zurück in den Wald, zurück zum Lager, zu seinen wartenden Brüdern.
 

"Mensch Kadaj, da bist du ja endlich", kam es als nette Begrüßung seitens Loz, welcher auf den Jüngsten zu-schritt, ihm die Einkäufe abnahm und in die Tüten schaute.

"Och Mensch ... du hast die Brötchen vergessen. Was soll ich morgen denn essen?" Fragend blickte Loz seinen Bruder an, wurde aber von Yazoo weggeschoben und der sah Kadaj nun ernst an. "Dann geht er eben gleich morgen in der früh zum Bäcker. Das wird ihm sicher eine Lehre sein und er vergisst es nicht mehr." Damit wandte sich der Langhaarige ab, legte sich schlafen und hinterließ einen doch recht verwirrten Kadaj.



Fanfic-Anzeigeoptionen

Kommentare zu diesem Kapitel (0)

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.

Noch keine Kommentare



Zurück