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Bird On A Wire

von

Vorwort zu diesem Kapitel:
Hallo zusammen!

Die Abstände werden kürzer! (Hoffe ich zumindest...)

An dieser Stelle einmal: Vielen, vielen Dank! Ich habe mich total über den Zuspruch gefreut und dass diese Geschichte trotz allem noch so viele Leser hat. Fühlt euch gedrückt!

Viel Spaß beim Lesen und bleibt (oder werdet schnell) gesund!
Liebe Grüße
eure yezz Komplett anzeigen

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Trümmerhaufen

Aber wie sollte er das anstellen? Er selbst hatte von Anfang an mit den großen Gesten aufgewartet. Schlussendlich hatte er ihm sogar Flugtickets nach Japan gekauft. Gut, den Flug sah er auch irgendwie als Geschenk an sich selbst an, aber das würde Yūri ihm natürlich nicht durchgehen lassen. Ihm wurde klar, dass er nun schon viel zu lange schwieg und Yūri anstarrte. Es war sichtbar, dass er sich unwohl fühlte und vor allem verwirrt war. Aber sein Mund war plötzlich so trocken.
 

Er räusperte sich und holte noch einmal tief Luft. „Es ist so, Любимый“, begann er. Seine eigene Stimme klang fremd und kratzig in seinen Ohren. „Ich glaube, da gibt es keine Art und Weise, das gut rüberzubringen… Ich habe heute Geburtstag“, gestand er dann. Yūris Augen weiteten sich, doch bevor er etwas sagen konnte, fuhr er fort: „Mir ist das heute erst richtig aufgefallen. Mein Geburtstag war nie eine große Sache bei meiner Tante. Sie ist der Meinung, dass an Weihnachten nur ein Geburtstag gefeiert werden darf. Vielleicht fand sie es auch einfach nur praktisch, weil sie mir dann kein Geschenk besorgen und eine Feier ausrichten musste.“ Er fuhr sich mit einer Hand durch die Haare und ließ den Blick zu seinem Bein fallen, das angewinkelt auf dem Sofa ruhte, seitdem er sich zu Yūri gedreht hatte. „Jedenfalls war es bisher nie wie ein Geburtstag für mich und daher tendiere ich dazu, es einfach zu vergessen. Ich… Es ist einfach schwer zu erklären. Es tut mir leid. Ich hätte dir das sagen sollen“, er stammelte weiter vor sich hin und hätte vermutlich noch weiter einen Monolog gehalten, wenn er nicht doch den Mut gehabt hätte, wieder aufzublicken.
 

Yūri guckte ihn weiter aus großen Augen an, aber er erkannte eindeutig keinen Ärger darin. Eher Mitleid. Das gefiel ihm auch nicht wirklich, aber es war allemal besser, als ihn verärgert zu haben. Für einen Moment war es still in Victors Wohnung, bis auf ein herzhaftes Gähnen von Makkachin. Ein bisschen wurde im Übel und die Ente schien furchtbar schwer in seinem Magen zu liegen. Er war rastlos und wusste nicht, was er mit seinen Händen tun sollte. Sollte er nach Yūris Händen greifen oder war das in diesem Moment zu viel? Das letzte Mal, als er sich so unsicher gefühlt hatte war, als er beschloss, das Eiskunstlaufen zugunsten seines Studiums aufzugeben. Als er plötzlich in seiner Zukunft nur noch dieses dunkle Nichts gesehen hatte. Er zwang sich zurück in die Gegenwart und blickte Yūri an. Sein Herz schlug ihm bis zum Hals. Was würde Yūri nun sagen oder machen?
 


 

Yūri brauchte ein bisschen, um Victors Worte zu verarbeiten. Zuerst war er natürlich etwas sauer gewesen, dass ihm Victor solch eine wichtige Information vorenthalten hat. Aber nach der Erklärung war es für ihn zumindest etwas verständlicher. Und mit einem Mal war er froh, dass er sich tatsächlich für die Anfertigung eines personalisierten Makkachin-Stofftiers entschieden hatte. Er atmete tief durch, rutschte zu Victor und schlang seine Arme um dessen Hals. Bevor er ihn küsste, flüsterte er „Alles Gute zum Geburtstag, Vitya“ gegen seine Lippen.
 

Es begann als unschuldiger Kuss, doch je länger er dauerte, desto verlangender wurde er. Einen Moment lang rang Yūri mit sich, denn immerhin wollte er auch, dass Victor sein Geschenk auspackte. Etwas widerwillig löste er sich daher von ihm. Um die aufgeladene Stimmung etwas aufzulockern, sagte er: „Ich hoffe, du machst das wieder gut bei mir. Du hast mir einen riesigen Schreck eingejagt.“ Das war auch nicht ganz verkehrt. Immerhin hatte er keine Ahnung gehabt, was Yurios überstürzten Aufbruch ausgelöst hatte. Victor hob die Augenbrauen und ein verschmitztes Grinsen stahl sich auf seine Lippen. Ein Anblick von dem Yūri nicht genug bekommen konnte. „Ich mache heute alles, was du möchtest, Любимый“, sagte er und seine Tonlage ließ wenig Interpretationsspielraum. Aber so einfach würde Yūri es ihm nicht machen.
 

„Gut. Dann kannst du ja erst einmal dein Geschenk auspacken.“ Damit drückte Yūri Victor das Geschenk in die Hand. Ungeduldig beobachtete er, wie Victor ganz langsam seine Finger über das blaue Geschenkpapier mit glänzenden Schneekristallen darauf gleiten ließ. Als ob er Gewicht und Beschaffenheit abschätzen wollte, wog er es in der Hand hin und her und drückte vorsichtig an ein paar Stellen das Päckchen zusammen. Dabei zuzuschauen machte Yūri wahnsinnig. Er selbst gehörte eher zu der Sorte, die in Windeseile und mit sehr viel Papierfetzen ein Geschenk auspackten.
 

Vorsichtig hob Victor das Geschenk zu seinem Ohr und schüttelte es ganz zaghaft. Yūri konnte ein Schnauben nicht unterdrücken. Wieder zuckten Victors Mundwinkel und Yūri ging ein Licht auf. „Das machst du mit Absicht, um mich zappeln zu lassen!“, stellte er leicht empört fest. Yūri konnte sehen, wie Victor darum kämpfte, nicht zu grinsen. „Wir könnten jetzt im Schlafzimmer sein und ich könnte mein anderes Geschenk auspacken“, gab Victor mit einem verführerischen Grinsen zurück. „Ja, könnten wir. Aber du hast dir das noch nicht wirklich verdient“, jetzt kämpfte Yūri gegen das Grinsen an. „Waaaas?“, echauffierte sich Victor übertrieben. „Habe ich dir nicht ein Festmahl gekocht?“, schob er dann noch hinterher.
 

„Das ist der Ausgleich dafür, dass du vergessen hast mir zu sagen, dass du Geburtstag hast. Und ich mitansehen durfte, wie sogar dein Bruder die großen Gesten auffährt und ich, als dein Freund mit leeren Händen dasteht“, Yūri versuchte möglichst, Victors Tonfall von eben zu imitieren. Victor lachte bei dem Versuch und seine Augen leuchteten. „Warum macht das so einen Spaß?“, fragte er dann. „Wir flirten. Flirten macht immer Spaß“, Yūri zuckte mit den Achseln. „Nein. Flirten mit dir macht immer Spaß“, gab Victor zurück. „Und schon wieder“, seufzte Yūri.
 

„Was meinst du damit?“, Victor blinzelte ihn fragend an. Vielleicht lag auch ein bisschen Sorge mit in seinem Blick. „Du schaffst es regelmäßig, kitschige Dinge gut klingen zu lassen. Ich glaube, das schaffst du sogar mit dem plumpsten Spruch überhaupt“, erklärte Yūri. „Bist du sicher?“, fragte Victor und legte den Kopf schief und gleichzeitig einen Finger an seine Lippe. Wie immer, wenn er nachdachte. Eine Geste, die Yūri in kürzester Zeit so liebgewonnen hatte, dass er unwillkürlich lächeln musste. „Schließ die Augen, Любимый“, forderte Victor und riss Yūri damit ein wenig aus den Gedanken. Als Yūri die Augen geschlossen hatte, fragte Victor: „Was siehst du?“
 

„Ähm… Nichts?“, antwortete Yūri irritiert. „Das ist meine Welt ohne dich“, erklärte Victor im Brustton der Überzeugung. Yūri spürte ein wenig, wie die Röte in seine Wangen kroch und boxte Victor leicht gegen den Arm. „Das war so schlecht“, beschwerte er sich lachend. „Und machst du jetzt bitte endlich dein Geschenk auf?!“
 


 

Grinsend fokussierte sich Victor wieder auf das Päckchen in seinen Händen. Es stimmte, diese liebevollen und auch frotzelnden Schlagabtausche mit Yūri machten ihm unglaublich Spaß. Kurz überlegte er, ob er sich noch mehr Zeit mit dem Geschenk lassen sollte, aber seine eigene Neugierde brachte ihn fast um. Kurzentschlossen drehte er das Päckchen um, damit sein Finger unter den Klebestreifen gleiten konnte, der das Ende des Geschenkpapiers fixierte. Schnell hatte er das leichte, aber recht große Geschenk aufgewickelt und blickte in zwei Augen. Für einen Moment konnte er einfach nur starren. Auf die Augen. Die Nase. Die leicht heraushängende Zunge. Die flauschigen Ohren. Das war das perfekte Abbild von Makkachin. Nur am Rande hörte er, wie Yūri sich räusperte, vermutlich konnte er nicht deuten, was Victor von seinem Geschenk hielt.
 

„Es ist perfekt“, hauchte Victor, nachdem er einige Male hatte schlucken müssen. Dann zog er Yūri zu einem leidenschaftlichen Kuss an sich. „Ich werde wohl doch gleich über dich herfallen müssen, Любимый“, flüsterte er nachdem er sich gelöst hatte. „Noch ein Grund mehr, dich zappeln zu lassen. Du sagtest doch, du würdest heute alles tun. Nicht wahr?“, Yūri grinste schelmisch, in seinen Augen funkelte der pure Übermut. Seufzend ergab sich Victor seinem Schicksal und ließ die Hände sinken. „Und was hast du dir vorgestellt?“, fragte er dann ergeben. Yūri deutete auf die Spielekonsole von Yurio. „Also schön. Golf, Air Hockey oder irgendein Jump-and-Run-Spiel?“, wollte Victor wissen. „Ich würde Mortal Kombat sagen“, damit deutete auf ein Spiel, das auf der Konsole lag. „Aber ich befürchte, dass ich dich damit zum Weinen bringe“, grinste ihn Yūri frech an. „Ist das eine Herausforderung?“, grinste Victor. Immerhin hatte er das Spiel ein paar Mal mit Yurio gespielt und fand, dass er gar nicht mal so schlecht darin war. Yūri blickte ihn nun unschuldig an, doch grinste dann breit. „Ich glaube nicht, dass das eine Herausforderung sein wird. Eher ein Blutbad.“
 

Ein paar Stunden später hatte Yūri jedes einzelne Spiel gewonnen, das sie gespielt hatten. „Mein Leben ist ein Trümmerhaufen“, jammerte Victor theatralisch und ließ sich vom Sofa auf den Boden rutschen. Dabei wischte er sich imaginäre Tränen mit dem Ärmel aus den Augen. Yūri blickte ihn mit einem leicht triumphierenden Blick von oben an. „Hätte ich ein Herz, es würde brechen“, lachte Yūri dann. „Ich bin kein Organspender, aber dir schenke ich mein Herz“, antwortete er mit einem Lachen. Yūri verdrehte die Augen, musste aber auch grinsen. „Vitya. Hör bitte auf damit.“
 

Hand in Hand gingen sie durch den beleuchteten Park, ihr Atem war sichtbar, so kalt war es mittlerweile geworden. Doch leider ließ der Schnee auf sich warten. Yūri wusste nicht, ob er sich darüber freuen oder sogar ein wenig enttäuscht sein sollte. Schnee an Weihnachten war einfach magisch. Andererseits wäre er in der nassen Kälte sicherlich bald durchgefroren, auch wenn Makkachin bestimmt Spaß gehabt hätte, im Schnee zu wühlen. So trottete Victors Hund vor ihnen her, schnüffelte hier und da, aber sichtlich ohne größeren Elan. Victor deutete auf eine Parkbank, auf der sie schon das ein oder andere Mal Platz genommen hatten, wenn sie mit Makkachin rausgegangen waren. Es war ein schöner Fleck. Weit genug weg vom Spielplatz, sodass man tagsüber ein bisschen Ruhe hatte, aber nah genug am Fluss, um das leise, beruhigende Plätschern zu hören. Es gab nur wenige Bänke im Park, da es mehr ein Wald mit sich windenden Waldwegen war, als ein getrimmter und gepflegter Park. Doch irgendwie war es genau das, was Yūri daran liebte.
 

Makkachin schnüffelte im Gras und an den Bäumen. Das leuchtende Halsband hüpfte im Dunkeln mit den Bewegungen auf und ab. Wie ein riesiges, zugegebenermaßen sehr längliches, Glühwürmchen. „Danke, dass du heute da warst. Und auch, dass du mir das mit meinem Geburtstag verziehen hast“, sagte Victor plötzlich in die Dunkelheit hinein. Yūri schaute ihn von der Seite an. In diesem Moment fand er es schwer, Victors Emotionen zu lesen. Er konnte sich vorstellen, dass es trotz allem nicht schön für ihn war, getrennt von der Familie zu sein. Jedoch sah er trotzdem glücklich aus. „Wer sagt, dass ich dir das schon verziehen habe, Vitya?“, fragte er schmunzelnd und hoffte, nicht auf zu dünnem Eis unterwegs zu sein.
 

Nun wandte Victor sein Gesicht zu ihm und schaute ihn flehend an. Makkachin hätte keinen besseren Hundeblick hinbekommen können. Da war sich Yūri sicher. „Aber ich habe mich doch schon von dir windelweich prügeln lassen!“, empörte sich Victor nun. Mit einem kleinen Entsetzen blickte sich Yūri um und hoffte inständig, dass sie alleine waren. Doch keine Menschenseele war in Sicht. Zum Glück! „Warum klingt das jetzt aus deinem Mund so, als hättest du dich mit Absicht dämlich angestellt?“, Yūri hob fragend eine Augenbraue. „Dumm angestellt?“, keuchte Victor und legte sich eine Hand auf die Brust. „Moment! Du hast nicht ernsthaft geglaubt, mich damit schlagen zu können?“, Yūri war jetzt wirklich überrascht. Phichit war schon besoffen und kopfüber eine größere Herausforderung gewesen.
 

Victor schob schmollend die Unterlippe etwas vor. „Was kann ich dafür, dass mein Freund ganz offensichtlich ein Pro-Gamer ist? Was kommt als Nächstes? Machst du an Elvis-Lookalike-Wettbewerben mit? Oder bist du Stripper?“, jammerte Victor gespielt. Yūri spürte, wie ein bisschen die Röte in seine Wangen schoss. Kurz hatte ihn diese Behauptung aus dem Konzept gebracht, denn an einer Stange konnte er durchaus tanzen. Dafür brauchte er nur eine nicht zu unterschätzende Menge an Alkohol. Zum Glück rettete Makkachin ihn vor einer Antwort, denn er kam fröhlich bellend aus dem Waldstück gelaufen. „Hast du genug? Sollen wir nach Hause?“, fragte ihn Victor während er Makkachins Kopf kraulte. Dann stand er auf, streckte sich ein wenig und gähnte. Yūri ertappte sich bei dem Gedanken, dass er den Winter mit den Jacken und der dicken Kleidung verfluchte. Er sah gerne mehr von Victor.
 

Bevor seine Gedanken ihn noch weiter in diese Richtung trieben, stand er ebenfalls auf und unterdrückte ein Gähnen. Victor hielt ihm wieder die Hand hin, die Yūri natürlich gerne nahm. „Bleibst du über Nacht, Любимый?“, fragte Victor ihn dann. Yūri grinste ein wenig. Nicht, dass er damit nicht schon gerechnet hätte. „Natürlich. Wenn ich darf?“, wollte Yūri nun wissen. Victor schaute ihn mit seinen durchdringenden, blauen Augen an, die durch die kleine Laterne neben der Bank einen ganz besonderen Glanz hatten. „Ich bitte darum. Immerhin gibt es da noch ein weiteres Geschenk, das ich auspacken möchte“, grinste er breit und leckte sich leicht über die Unterlippe. Sofort spürte Yūri die Hitze in seinen Wangen, die definitiv nicht von der Kälte kam. Fieberhaft versuchte er, eine schlagfertige Antwort zu finden, doch sein Kopf blieb leer. Stattdessen zog ihn nun Victor hinter sich her, der über die Schulter noch rief: „Komm Makkachin, ab nach Hause. Ich habe da noch was vor.“ Bellend setze Makkachin zum Sprint an und auch Victors Schritte beschleunigten sich.



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