Zum Inhalt der Seite

Bird On A Wire

von

Vorwort zu diesem Kapitel:
Hallo zusammen,

jetzt geht es endlich richtig los! xD

Es gab ein paar Vermutungen, die ich jetzt nicht vorweggreifen möchte. Darauf werde ich ganz unten eingehen ^^

Ich hoffe, ihr habt weiterhin viel Spaß mit der Geschichte! :3
LG
yezz Komplett anzeigen

.
.
.
.
.
.
.
.
.
.

Seite 1 / 1   Schriftgröße:   [xx]   [xx]   [xx]

Termine

Der Vorteil an seinem Job als Redakteur war eindeutig, dass er jede Menge Manuskripte zu lesen bekam. Der Nachteil hingegen war, dass er jede Menge Manuskripte zu lesen hatte. Manche wollte er sofort wieder auf Seite legen, aber wie sollte er dem Autor eine fundierte Rückmeldung zu seinem Werk geben? Gerade bei Erstlingswerken empfang es Victor als seine Pflicht, diese sorgfältig durchzulesen und dem Autor vielleicht ein paar Tipps zu geben. Und sei es nur, dass er einen Kurs für Storytelling, wie es mittlerweile genannt wurde, empfahl. Das war dann auch gar nicht abwertend von ihm gemeint. Immerhin hatte dann der Verfasser zumindest eine Hürde überwunden: Die Idee hatte unter Umständen genug Potential, nur die Weise, wie sie erzählt wurde, war dann noch nicht so, wie es sein sollte.
 

Diese Fälle waren mit das Schlimmste bei dieser Art von Manuskripten, zumindest in Victors Augen. Es war schon schlimm, wenn die Idee hanebüchen, oberflächlich oder auch einfach nur langweilig war. Aber wenn er ein Thema auf dem Tisch hatte, welches er selbst spannend fand, aber von der Erzählungsweise zerrissen wurde... da hatte ihm schon so manches Mal das Herz geblutet. Er schrieb den Autoren dann immer einen besonders gutgemeinten Brief, aber dennoch war es eine Ablehnung. Noch wartete er darauf, dass sich einer dieser Autoren noch einmal mit der überarbeiteten Fassung an ihn wendete. Doch wenn er ehrlich mit sich selbst war, rechnete er nicht damit. Das war manchmal eine echte Schande.
 

Dieses Manuskript war wieder so etwas. Ein Steampunk-Szenario, in dem die Welt eher eine riesige Art Uhr war. Ihm gefiel die Atmosphäre und auch die bildhafte Sprache des Autors, aber irgendwie fehlte da noch etwas. Dieser Funke, der übersprang und fesselte. Er war zwischenzeitlich von seinem großen Schreibtisch auf die Ledercouch gewechselt, die noch in seinem Büro stand. Er hatte die Schuhe ausgezogen und die Füße überkreuz auf den kleinen Couchtisch abgelegt. Eine Hand war an seine Stirn gelegt, während er eine Passage zum Dritten Mal durchlas. Dann legte er das Manuskript in seinen Schoß und markierte den Teil mit einem blauen Post-It-Streifen, den er an der Seite etwas rausschauen ließ. Er hatte sich da eine spezielle Methode zurecht gelegt. Er verwendete immer blaue, grüne und gelbe Post-Its. Alle hatten eine andere Bedeutung. Nur die Pinken verwendete er äußerst ungern: Das bedeutete, dass für ihn eine Handlung unerklärlich war.
 

Er haderte mit diesem Manuskript. Gerne würde er es den Anderen vorstellen, doch war er sich noch nicht ganz sicher, ob die Geschichte auch bei seinen Kollegen entsprechend ankommen würde. Andererseits hatte er die Befürchtung, dass wenn er um Überarbeitung bat, der Autor das vielleicht in den falschen Hals bekam und die Idee verwarf oder ein anderer Verlag sie dann doch annahm. Natürlich war ihm klar, dass dieses Manuskript nicht zwangsläufig die endgültige Fassung war – wann war das schon einmal so? - aber dennoch blieben da restliche Zweifel, auch nachdem er die Seiten fertig gelesen hatte. Also schnappte er sich den Brief und das Manuskript, schlüpfte wieder in seine dunkelbraunen Lederschuhe und ging aus dem Büro.
 

"Sara? Hast du einen Moment für mich?", fragte er und war mit 4 langen Schritten am Schreibtisch der Sekretärin. "Was gibt es Victor?", sie schaute von ihrem Bildschirm auf. Victor legte das Anschreiben und das Manuskript auf ihren Schreibtisch. "Könntest du bitte mit diesem Autor einen Termin machen? Ich möchte gerne das Manuskript durchgehen. Es hat was, aber mir fehlt noch etwas. Doch bevor man uns das vor der Nase wegschnappt, möchte ich schauen, was sich da noch machen lässt", er zwinkerte ihr verstohlen zu und sie kicherte leise. "Natürlich. Noch diese Woche oder nächste?" "Lieber nächste Woche und dann mittags. Ich dürfte am Mittwoch noch etwas frei haben, oder?", er legte den Kopf schief und einen Finger an die Lippen, während er überlegte. Mit flinken Fingern schaute sie im Terminkalender und nickte. "Ja, da hast du noch einen Puffer von 3 Stunden. Falls das für den Autor nicht funktioniert, biete ich Donnerstag zur gleichen Zeit an, in Ordnung?", sie schaute ihn fragend an. Victor nickte und schaute dann auf die Uhr. "Klingt gut. Ich sollte mich jetzt seelisch und moralisch auf unseren Besucher einstellen."
 

Sara blickte schnell auf die Uhr. "Oh, es ist ja schon so spät!", rief sie verwundert aus, worüber er lachen musste. "Ja, die Zeit verfliegt. Gibt es sonst noch etwas?", sein Blick glitt dabei auf einen Stapel Manuskripte, die er am Morgen dort noch nicht hatte liegen sehen. "Ah! Ja! Die hat Mila eben vorbeigebracht. Die Neuankömmlinge. Ich wollte sie gleich sortieren und verteilen. Für dich wieder nichts mit Außerirdischen?", lachte sie. "Himmel, nein!", erwiderte Victor theatralisch. "Willst du, dass ich heute Nacht nicht schlafe?", er stimmte in ihr Lachen ein, aber es war tatsächlich so. Thriller mit feindlich gesinnten Alien ließ aus irgendeinem Grund Victors Fantasie durchdrehen. Das Thema schien bei ihm irgendwelche Synapsen durchknallen zu lassen. Also hatte er mit Hisashi einen Handel abgeschlossen: Er übernahm die historischen Romane von ihm und er nahm das ganze Alien-Zeugs an sich. Victor war damit durchaus zufrieden. Nur sehr wenige junge Autoren wagten sich an die Genre 'Historisch', also musste sich Victor zumindest nicht mit schlechter Wortwahl und ernsteren Rechtschreibung- sowie Grammatikfehler herumschlagen.
 

Die Tür, welche zum Flur mit dem Aufzug führte, schwang auf und es hallten Schritte durch den großzügigen Vorraum. Victor blickte auf und ging dem Neuankömmling entgegen. "Wenn das nicht unser Besucher des Tages ist", sagte er fröhlich und schenkte ihm ein warmes Lächeln. "Ich freue mich, dass du es heute hattest einrichten können." Er überlegte noch, ob er seinen Bestseller-Autor gleich umarmen oder lieber nur die Hand geben sollte. Bei ihm war das leider immer abhängig von der Tagesform. "Victor, zieh deinen Kopf aus meinem scheiß Arsch und lass uns anfangen. Ich habe nicht ewig Zeit für den Mist", knurrte sein Gegenüber. Gut, die Hand war es also, beschloss Victor und ließ sich nichts anmerken. "Dann lass uns doch gleich mal in mein Büro gehen. Sara? Ich hole die Manuskripte dann später bei dir ab", erklärte er noch überflüssigerweise, als er in Richtung seines Büros ging, um seinem Gast die Tür aufzuhalten.
 

Der trat kommentarlos ein und ließ sich sofort auf den weichen Stuhl gegenüber von Victors Schreibtisch fallen. Doch als Victor an ihm vorbei gehen wollte, drückte er ihm eine Zeitschrift gegen die Brust. Verdattert hielt er in der Bewegung inne und blickte auf das Magazin und die Hand, die es weiter gegen seine Brust drückte. "Du solltest dir mal ein vernünftiges Hobby suchen", erklärte der Mann. Zögernd fasste er nach dem Magazin und hob es von seiner Brust, während er sich an seinem Schreibtisch setzte. "Also...", er war immer noch etwas perplex, als er blinzelnd auf das bunte Titelbild schaute. "Hey, ich hab mir extra Mühe gegeben, ja? Da sind Männer und Frauen drin, da ich ja nicht weiß, worauf du stehst", ein kleines, boshaftes Grinsen schlich sich auf das Gesicht des Autors. "Ich...", begann Victor, doch sofort wurde ihm das Wort abgeschnitten: "Ich will gar nicht wissen, worauf du stehst, Victor! Aber dass du mein erstklassiges Manuskript nicht einfach so durchwinkst, kann ich mir nur damit erklären, dass du sexuell frustriert bist!"
 

Victor seufzte tief und lehnte kurz den Kopf in seine Hand. "Ich habe schon bessere Manuskripte von dir gelesen. Und seitdem hat sich an meinem Sexualleben, welches dich, mit Verlaub, nichts anzugehen hat, nicht sonderlich viel verändert", stellte er klar, doch am Gesicht des Anderen konnte er genau erkennen, dass er ihn genau da hatte, wo er ihn wollte. "Mit anderen Worten: Nicht vorhanden und jämmerlich. Alles klar. Aber wenn sich das Ganze aufstaut, wird das auch nicht besser, mein Junge. Wedelst du dir denn zumindest ab und an mal einen von der Palme? Dabei kann das Heftchen hier auch ganz gut helfen", lachte er hinterlistig, während Victor tief durchatmete und langsam bis fünf zählte. "Alan Aaronovitch, wir sind hier, um dein Manuskript zu besprechen und nicht, damit du deine aufgestaute Frustration ablassen kannst, weil deine Frau dich schon wieder auf dem Sofa hat übernachten lassen", schoss er zurück.
 

Der Autor verzog das Gesicht zu einer Grimasse und hielt sich beide Hände an die Brust. "Oh Victor! Du verletzt mich. Ich, der es doch nur gut mit einem so jungen Mann wie dir meint! Du hast dein ganzes Leben noch vor dir! Versauer nicht hinter angestaubten, zweitklassigen Totschlägern!", rief er theatralisch. "Ich hasse es, wenn du diese Laune hast...", seufzte Victor und kämpfte mit der aufsteigenden Verzweiflung. "Willst du einen Kaffee oder Tee?", fragte er nur, um sich selbst ein wenig zu beschäftigen. "Hast du Genmaicha da?", fragte Alan. Victor nickte knapp. "Wenn du ihn nicht verhunzt, nehme ich einen. Wehe, du schüttest kochendes Wasser darüber", grummelte er. "Was denkst du von mir, Alan?", echauffierte sich Victor gespielt. "Ich, mein Lieber, bin ein Mann mit Geschmack!"
 


 

Yūri kämpfte immer wieder mit der Müdigkeit während seiner Vorlesung. Er hatte bis spät in die Nacht gearbeitet, was er normalerweise unter der Woche nie tat. Er hatte einen geregelten Tagesablauf, er hasste Überraschungen. Phichit war für ihn schon genug Unbeständigkeit in seinem Leben. Immer wechselnde Arbeitszeiten wegen der gleichzeitigen Ausbildung in Krankenhaus und Uni und lautstarke Telefonate mitten in der Nacht mit seinen Eltern in Thailand waren nicht immer das, was sich Yūri unter einem angenehmen WG-Leben vorgestellt hatte. Aber vermutlich konnte Phichit von ihm das Gleiche sagen. Er deckte seine Kosten mit zwei Jobs und hatte Phasen, in denen man ihn zwingen musste, überhaupt aufzustehen. Aber unterm Strich war er zufrieden mit seinem Leben und bereute nicht, von Japan hierher gezogen zu sein. Auch, wenn er manchmal seine Familie vermisste. Doch Phichit machte es erträglich, durch ihn fühlte er sich nicht allzu einsam.
 

„Yūri?“, eine Stimme riss ihn aus seinen Gedanken und er schaute auf. Eine Kommilitonin stand vor ihm und schaute ihn mit schief gelegtem Kopf an. „Die Vorlesung ist vorbei“, kicherte sie und ging zurück zu ihren Freundinnen. Er seufzte. Tagträumerei mitten in der Vorlesung war ungefähr genauso schlimm wie einschlafen. Zumindest schien der Professor nichts mitbekommen zu haben. Scheinbar hatte er doch manchmal noch Glück. Erst jetzt fiel ihm auf, dass sein Handy blickte. Der Bildschirm zeigte ihm 2 Anrufe in Abwesenheit und 6 Nachrichten an. Ein Blick auf den Absender sagte ihm, dass es eine seiner Kundinnen war, deren Rechner er nebenbei aufgesetzt hatte. Als Informatikstudent bot es sich ja immerhin an, anderen Leuten mit ihren Computer-Problemen zu helfen. Und Yūri musste feststellen, dass je wichtiger die Daten auf dem PC waren, die Besitzer auch bereit waren, ihm freiwillig mehr Geld zu geben.
 

Er neigte immer dazu, sich unter Wert zu verkaufen. Gerade bei Fähigkeiten, die er einfach hatte. Es war nichts besonderes für ihn, ein Betriebssystem zu installieren oder eine Festplatte einzubauen. Aber seitdem er den Leuten gesagt hatte, sie sollen geben, was ihnen seine Dienste wert waren, konnte er sich wirklich nicht mehr beschweren. Doch leider reichte es nicht, um alleine damit über die Runden zu kommen. Dafür hatte er einen anderen Job, den er von zu Hause aus erledigen konnte. Es war oftmals anstrengend, aber mit ein bisschen Übung hatte er plötzlich den Dreh raus und der Knoten war geplatzt. Seitdem konnte er davon ziemlich gut leben, auch wenn er lieber weiter den IT-Kram machen würde. Aber das Leben war ja kein Pony schlecken oder so ähnlich halt...
 

Er drückte auf den grünen Hörer und hielt sich sein Handy ans Ohr. Es klingelte nur 2 Mal, dann wurde das Telefonat angenommen. „Gott sei Dank, Yūri! Ich habe wohl einen Virus auf dem Computer! Keine Ahnung, wie das passiert ist, Kenjirō hatte nur Animes im Internet geguckt und jetzt das! Kannst du dir das mal ansehen?", flehte die weibliche Stimme am Ende der Leitung. Er musste sich ein Lachen verkneifen. Mit Sicherheit hatte sich der Junge nur Animes angeschaut. Wo konnte man denn sonst noch auf einen Virus treffen? Vor allem, wenn man ein Junge von 17 Jahren war. "Beruhigen sie sich, Frau Minami. Ich habe ihnen eine gute Viren-Software installiert. Da sollte eigentlich nichts passiert sein, wenn regelmäßige Updates durchgeführt wurden", begann er ihr ruhig zu erklären. "Ich habe da nichts mehr dran geändert, seit du mir den PC überarbeitet hast", warf sie direkt ein. "Aber sie haben doch sicherlich Updates gemacht, wenn das Programm sie danach gefragt hat, oder?", zu diesem Zeitpunkt ahnte Yuri allerdings schon nichts mehr Gutes. "Danach gefragt? Also wenn so ein Fenster aus dem Nichts erscheint, klicke ich immer auf 'Nein'. Woher soll ich denn wissen, dass mir nicht jemand eine Waschmaschine verkauft oder sonst irgendwelche Daten von mir will?"
 

Indem man liest, was in diesem Fenster steht, seufzte Yūri innerlich. Doch warum beschwerte er sich eigentlich? Immerhin würde ihm das Geld einbringen, auch wenn er heute eigentlich anderes vorgehabt hätte, zumal er heute mit dem Kochen dran war. „Alles klar, Frau Minami. Ich bin hier eh fertig und komme gleich vorbei. Fahre nur noch einmal kurz nach Hause und hole ein paar Sachen und muss meinen Mitbewohner sagen, dass er das Kochen heute übernehmen soll“, sagte Yūri und verließ dabei schon das Universitätsgebäude. „Ach, das ist nicht nötig! Ich bin ja froh, dass du so schnell kommst. Ich koche einfach für euch mit. Was hältst du von Chanchan Yaki?“, er hörte die pure Erleichterung aus der Stimme der jungen Mutter. Der Gedanke alleine an gegartem Lachs mit Miso, Pilzen und Kohl ließ Yūri das Wasser im Mund zusammenlaufen. „Das wäre natürlich wunderbar. Ich bin in einer halben Stunde da“, grinste er freudig in den Hörer, während er seine Schritte beschleunigte. Mit gutem Essen konnte man ihn immer Ködern und das wussten leider viel zu viele.


Nachwort zu diesem Kapitel:
Ich denke, die Hauptfrage ist: Warum ist keiner der Yuris der Autor? xD
Yūri: Mit dem habe ich was anderes vor! xD
Yuri: Ich wollte den Altersunterschied der Charaktere weitestgehend erhalten und ich hätte den Altersschnitt doch deutlich anheben müssen, damit Yuri ein öangjähriger Bestseller-Autor werden könnte xD

Warum dann ein OC?
Weil ich da sehr frei bin, was den Charakter angeht. Ich war lange am Überlegen, aber schlussendlich passt das so besser. Aber er wird nur eine sehr untergeordnete Rolle spielen.

Vielleicht erkennt ja jemand, was es mit diesem Namen auf sich hat xD In dem Fall würde ich dieser Person auch wieder einen Platz in dieser FF einräumen xD Komplett anzeigen

Fanfic-Anzeigeoptionen

Kommentare zu diesem Kapitel (0)

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.

Noch keine Kommentare



Zurück