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Meeresflüstern

von
Koautor:  Puppenspieler

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One-Shot

Der Plan war wasserdicht. Kaneo hatte ihn innerhalb der letzten zwei Wochen dreiundzwanzig Mal ausprobiert, damit er sich ganz sicher sein konnte, dass es funktionierte. Er wusste genau, wie weit er die Flasche ins Meer werfen durfte, damit sie bei Flut wieder zurück an den Strand gespült wurde. Er wusste genau, wo das ruhigste Fleckchen Sand war. Er wusste inzwischen auch genau, um welche Uhrzeiten ungefähr Ebbe und Flut einsetzten.

Er hatte alles perfekt genau durchgeplant.

Trotzdem raste sein Herz mit schmerzhafter Intensität, als er zusah, wie die Flasche mit leisem Platschen im Wasser landete, ungefähr zehn Minuten, bevor er sich mit Heisuke an der Bahnstation in der Nähe des Strandes treffen würde. Er sah der Flasche einen langen Moment nach, wie sie durchs Wasser eierte, dann riss er sich krampfhaft von dem Anblick los. Stapfte den Strand hinauf zurück zur Haltestelle. Versuchte, nicht zehnmal öfter als nötig aufs Handy zu gucken. Steckte die Hände in die Hosentaschen und ballte sie zu nervösen Fäusten.

 

Eigentlich war es für Strandausflüge viel zu kalt. Die frische Brise vom Meer ließ Kaneo erschaudern, die Schultern hochziehen. Eigentlich war es aber egal, weil es trotzdem funktionierte. Sie hatten im letzten  Jahr auch Spaß gehabt, als sie zu fast gleicher Zeit hier gewesen waren. Als Gruppe. Sandburgenbauen. Er erinnerte sich sehr, sehr gut daran, wie sie sich eine erbitterte Schlacht architektonischer Meisterwerke geliefert hatten – um nichts.

Die Erinnerung daran trieb ihm Tränen in die Augen.

Er wusste, wo die anderen gerade waren. Was sie trieben. Wusste, dass Motomu gerade ein Date mit seiner Freundin hatte. Wusste, dass Takahiro und Issei sich demnächst treffen würden, um demonstrativ ihr Single-Dasein zu feiern.

Er schniefte, unabsichtlich, spürte eine erst warme, dann kalte Spur, wo eine Träne Nässe auf seiner Wange hinterließ. Er vermisste sie so sehr! Klar, die Uni war super, und in Koushi hatte er einen tollen neuen Freund gefunden, aber trotzdem schmerzte es, wie viel er dafür hatte zurücklassen müssen.

Es war ein Trost, dass sie immer noch Freunde waren. Dass sie sich ab und zu trafen.

 

Es dauerte viel zu lange, bis Heisuke endlich kam. Sein Gesicht war gerötet, weil er hatte rennen müssen, um die U-Bahn zu bekommen, er strahlte, und Kaneo strahlte automatisch mit.

„Du hast dich gar nicht verändert“, platzte er unabsichtlich heraus, als sie Hand in Hand zum Strand hinunterspazierten. Heisuke neben ihm stutzte, sah ihn mit hochgezogenen Augenbrauen an. Kaneo grinste schief.

„Alles. Die Art, wie du grinst. Du hast dich doch auf der Uni beim Vorstellen schon wieder verhaspelt.“

Er lachte unabsichtlich auf, als Heisuke wie auf Kommando knallrot anlief.

„Du wirst immer noch genauso schnell rot.“

„Und du wirst immer noch viel zu schnell sentimental“, schoss er zurück. Er versuchte, mahnend dabei zu klingen, aber er scheiterte hoffnungslos daran, dass er gleichzeitig versuchte, die Nase krauszuziehen und die Tränen wegzublinzeln.

 

Kaneo machte sich die Mühe gar nicht; er wusste, er würde scheitern.

 

„Es ist deine Schuld“, murmelte er rau.

Es war wirklich Heisukes Schuld. Das Fotoalbum, das sein Valentinsgeschenk gewesen war, war schuld, um genau zu sein. Kaneo hatte nicht gewusst, wie viele wunderbare Fotos von ihrem Team Heisuke in den drei Jahren gemeinsamer Schulzeit angehäuft hatte, und er hatte Stunden um Stunden damit verbracht, es durchzublättern, sich an jede Kleinigkeit, die mit den Fotos verknüpft war, zu erinnern, und Rotz und Wasser zu heulen, bis er keine Tränen mehr hatte. Er war furchtbar sentimental seitdem.

Es war wunderschön gewesen.

Und natürlich hatte er das Heisuke irgendwie zurückgeben wollen.

 

Ein bisschen erschien ihm sein Geschenk lahm. Im Vergleich. Andererseits… Er schluckte. Je näher sie den ersten Ausläufern des Meeres kamen, desto nervöser wurde er. Er bildete sich ein, die Flasche zwischen den Wellen sehen zu können.

Vielleicht war es zu wenig. Vielleicht war es zu platt. Heisuke neben ihm sah glücklich aus. Ein Tag am Meer. Als Kaneo ihm verkündet hatte, er solle gefälligst Uni schwänzen dafür, hatte er gestrahlt, dass er es durchs Telefon hören konnte. War es nicht doch genug, solange Heisuke glücklich war? Solange sie beide glücklich waren? Motomu machte sicher doch nichts krass Ausgefallenes mit seiner Freundin. Kaneo wusste, dass er ihr nur einen großen Strauß Rosen und Schokolade schenken würde.

Das Rauschen des Meeres begann, seine Gedanken zu übertönen. Inzwischen sah er die Flasche wirklich. Es war nur eine Frage der Zeit, bis Heisuke sie auch sehen würde. Kaneo schluckte den dicken Kloß in seinem Hals panisch herunter. Er wollte ihn darauf aufmerksam machen.

Aber das wäre… nicht gut genug.

 

Und es war nicht nötig.

 

„Da ist was im Wasser!“

Mit einem Mal klang Heisuke aufgeregt wie ein kleines Kind. Er rannte los, so schnell, dass er Kaneos Hand dabei verlor, aber er merkte es gar nicht. Merkte es genauso wenig wie es ihn kümmerte, dass er knietief ins Wasser waten musste, um an seinen Schatz zu kommen. Er hielt die kleine, extra hübsche Flasche, die dicht mit einem Korken verschlossen war, beinahe andächtig in den Händen. So vorsichtig, als könne sie zerbrechen.

„Kaneo, das ist eine Flaschenpost!!!“

Kaneo nickte. Tränen brannten in seinen Augen, während Heisuke einfach nur strahlte. Die Nachricht, die sie letztes Jahr ins Meer geworfen hatten, würde Kaneo niemals vergessen können. Es war großartig gewesen, noch großartiger, weil Heisuke irgendwann viel später angerufen hatte und sich beinahe dabei überschlagen hatte, zu erzählen, dass er Antwort per Postkarte bekommen hatte.

Kaneo war sich sicher gewesen, Heisuke würde überglücklich sein, wenn er auch eine Flaschenpost bekam, nicht nur verschickte.
 

Er hatte sich nicht getäuscht.

 

Schweigend sah er zu, wie sein Freund die Flasche entkorkte und dann den kleinen Zettel herausholte. Er war eingerollt. Kaneo wusste, was darauf stand. Er sah, wie Heisuke die viel zu kurze Nachricht las, sah, wie seine Augen sich nach einem Augenblick in Erkenntnis weiteten. Dann verzog sich sein ganzes Gesicht. Kaneos Lachen wurde vom Wind weggetragen, ehe es allzu laut werden konnte.

„Ich mag es“, gestand er leise. Heisuke sah ihn nur kurz an, ehe er die Augen rollte und dann zukniff, als würde das wirklich helfen. Noch. Aber sicher nicht mehr lange.

„Deine Grimassen. Wenn du versuchst, die Tränen zu unterdrücken.“

Heisuke sah ihn entrückt an. Dann sah er hinunter auf die Nachricht, und dann tropften die ersten Tränen auf das Papier. Kaneo hatte überlegt, extra schön zu schreiben, es dann aber verworfen, weil er wollte, dass Heisuke sofort erkannte, wer ihm da geschrieben hatte. Eine Botschaft, die bisher unausgesprochen immer da gewesen war, aber eben… ja. Unausgesprochen. Und jetzt hatte Heisuke sie schwarz auf weiß.

 

„Kaneo?“

„Hm?“

 

„Ich liebe dich auch.“



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Kommentare zu diesem Kapitel (3)

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Von:  Starplayer24
2018-01-17T09:46:58+00:00 17.01.2018 10:46
omann wie süß ist das denn eh ich liebe es du bist ein echter Romanticker lol super echt der Hammer wie nidlich süß zucker
ich lass es und war begeistert oh schön lg Starplayer24
Von:  Jeon_Jungkook
2017-04-17T16:54:58+00:00 17.04.2017 18:54
!!!!
noinöämööl!!!
 
Ich habe Pipi in den Augen! 
 
Okay... Das mag daran liegen, dass ich die eine ff erst eben gelesen habe! Aber diese Fortsetzung war einfach so zuckersüß und herzzerreißend und ich mag es einfach wie du den beiden nun ein glückliches Miteinander geschenkt hast! 
 
Und nun bin ich iwie sprachlos. Ich kann dir nur sagen, dass mir dieser gemeinsame Moment der Beiden an diesem besonderen Tag unbeschreiblich gut gefallen hat!
Von:  Kim_Seokjin
2017-03-16T12:20:55+00:00 16.03.2017 13:20
Ich hab mich total gefreut, als sich die Yuda/Shido FF bei euch gesehen habe. Ehrlich! Du hattest zwar schon gesagt, dass du sie schreiben wollen würdest, aber du hattest ebenso in Nürnberg gesagt, dass so viele gute Sachen dabei waren und na ja, da war dann eben ein kleiner Restzweifel. <3
Wie oft war Kaneo am Meer, dass er das alles weiß? Ich finde es mega süß und auch ausdauernd von ihm.
Es ist nie zu kalt für einen Strandausflug! Auch wenn ich gerade mal schauen war, wie kalt es da so ist. Vielleicht ein bisschen kalt. Es ist schön und traurig zugleich, wenn man an Fork erinnert wird und sie wirklich alle so verstreut sind. Aber er hätte auch nichts daran ändern können, außer er würde die Uni wechseln, um näher bei Heisuke oder jemand anderen zu sein. Aber alle wieder so nah beisammen zu bekommen. Es wäre ein Mammutprojekt.
Sehr schön, dass du die Anderen erwähnt hast. Issei und Hiro haben sicher sehr viel Spaß dabei ihr Singledasein zu feiern und Motomu und seine Freundin. <3
Die erste Szene zwischen den Beiden ist sehr knuffig. Ich stelle mir das Fotoalbum toll vor. Mir würde es auch nicht anders ergehen wie Kaneo. Ich würde auch weinen und total sentimental werden.
Sein Geschenk ist gar nicht platt. Heisuke ist doch sehr, sehr glücklich und natürlich zählt nur das! Er ist wie ein kleines Kind, also in meiner Vorstellung, sobald er die Flaschenpost gesehen. So niedlich!
Ich finde es auch gut, dass da kein ewig langer Text steht, sondern nur so ein kleiner.
Ach, es ist so schön. <3
Vielen, vielen Dank!!!!!! (auch dafür, dass du erst das Interesse an den Jungs so geweckt hast. ;3)


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