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undone

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Undone
 

Kapitel 24
 

Das beschwingte Gefühl der Vortage, fand heute auf Arbeit ein jähes Ende. Kaum, dass er im Büro angekommen war, gab es einen Anschiss vom Boss. Aber einen, der sich gewaschen hatte.

„Wo sind sie mit ihren Gedanken, Matsumoto? So einen Schund kann ich nicht einreichen! Da mach ich mich ja lächerlich! Konzentrieren sie sich gefälligst auf ihre Arbeit!“, hatte er ihm laut um die Ohren gehauen, sodass es jeder im Büro mitbekommen hatte. Die verschämten Blicke waren vorprogrammiert, als mit einem lauten Knall die dazugehörige Mappe auf seinen Schreibtisch gedonnert wurde. Dabei hatte er noch nicht einmal ne Ahnung, was denn falsch war. Normalerweise war er immer pingelig genau mit seinen Projekten.

„Tut mir leid. Verzeihen sie.“ Das hatte er wie ein Mantra mit gesenktem Kopf vor sich hin genuschelt. Er war sich sicher, dass einige Kollegen hinter vorgehaltener Hand lachten. Immerhin war er hier nicht besonders beliebt, gab sich aber auch nicht sonderlich viel Mühe, sich mit den anderen Kollegen gut zu stellen. Das hier war Arbeit und keine Veranstaltung, um sich Freunde zu machen. Jedenfalls hatte er das immer so verstanden. War nur zu offensichtlich, dass seine Einstellung nicht bei jedermann auf Zustimmung traf. Trotzdem hatte er es bisher auf den Neid geschoben, den seine Kollegen ihm gegenüber empfinden mussten, da seine Arbeit durchweg seit seines Einstiegs bei NG gelobt worden war. Aber vielleicht lag die Missgunst doch einfach in ihm als Person begründet.

„Die ganzen Werte müssen angepasst werden! Mittag hab ich das wieder auf meinem Tisch! Und keine Minute später!“, herrschte sein Vorgesetzter ihn an und Taka nickte nur.

Zwar war er es gewohnt, dass zu stressigen Zeiten ein rauer Ton angeschlagen wurde oder er auch unliebsame Sachen zu erledigen hatte, aber bisweilen war er nie die Person gewesen, die für Fehler verantwortlich gemacht worden war. Das war eine ganz neue Erfahrung – eine, auf die er hätte verzichten können.

„Selbstverständlich…“

Hatte er denn wirklich irgendwas nicht bedacht oder falsch abgegeben? Klar hatte er in den letzten Tagen öfters auf sein Handy gestarrt wenn die Pause näher rückte, in der Hoffnung dort Akiras Namen lesen zu können, aber er hing doch nicht durchgehend mit dem Kopf in den Wolken, sodass er seine Arbeit nicht mehr ordentlich erledigte.

Unsicher sank er auf seinen Bürostuhl und öffnete er die Mappe. Die verschiedenen Post-it’s, die sein Chef an unzählige Stellen geklebt hatte, sprangen ihn sofort ins Auge. Unleserlich waren Hinweise notiert, die es zu entziffern galt und dann stutzte er. Hektisch blätterte er zu besagten Seiten und Verwirrung legte sich auf seine Züge.

„Aber ich hatte doch… oder hatte ich nicht? Häh?“ Taka blätterte hin und her, überprüfte einige Angaben, die er gemacht hatte. Die ergaben keinen Sinn. Hektisch kramte er in seinen Unterlagen, die er noch auf seinem Schreibtisch liegen hatte und checkte seine Notizen dazu. Zum Glück hatte er diese noch nicht weggehauen. Da stimmte irgendwas definitiv nicht. Das sah doch ein Blinder mit Krückstock! Das waren nicht die Sachen, die er dort notiert hatte.

Nachdenklich sah er in die Runde, aber niemand sah auch nur in seine Richtung. Trotzdem war er sich sicher, dass irgendwer an seiner Arbeit nochmal etwas geändert hatte. Er würde seine Hand dafür ins Feuer legen. Das hatte er nicht so abgegeben. Weitere Bestätigung fand er, als er mitbekam, dass einige Teile unvollständig waren und sogar Seiten fehlten. Kein Wunder, dass sein Boss da so ausgerastet war. Das hätte sich nicht mal ein Anfänger getraut so nen Schund zu verzapfen.

Gestresst massierte er seinen Nacken. Aber wer konnte so missgünstig sein und manipulierte hier seine Arbeit? Oder lag es daran, dass er sich nach einer anderen Abteilung erkundigt hatte? Normalerweise war es doch so, dass derartige Gespräche diskret behandelt wurden. Was, wenn das nicht der Fall war und sein Boss wusste, dass er hier weg wollte. Dann brach ihm natürlich ein fähiger Mitarbeiter weg und das konnte für ihn zu weiteren Engpässen führen. Oder er fühlte sich gekränkt und nicht in seiner Position als Leiter ihrer Abteilung ernst genommen. Schließlich erwartete er immer ein Maximum an Respekt, Loyalität und so nen Kram. Wenn er nun aber sagte, dass er hier unzufrieden war, dann fiel das natürlich auf seinen unmittelbaren Vorgesetzten zurück. Schwierig, wenn man erstmal als Verräter gehandelt wurde, da war mal schnell weg vom Fenster. Immerhin galt nach wie vor in diesem Land die Treue zur Firma, auch wenn er davon nicht allzu viel hielt. Hatte er doch in seinem Leben schon oftmals Begegnungen der Untreue miterleben dürfen. Langsam leckte sich Takanori über die trockenen Lippen. Ihn beschlich nichts Gutes. Direkt krampfte sich sein Magen schmerzlich zusammen.

Taka schüttelte seinen Kopf. Besser er machte sich keine Gedanken darüber und kümmerte sich um die Mappe. Das war jetzt wichtiger. Noch dazu würde es locker bis Mittag dauern, bis er die Fehler korrigiert und die fehlenden Seiten ersetzt hatte. Welch ein Spaß!
 

-*-*-
 

Entsprechend kam es dazu, dass der junge Designer seine Mittagspause zum Wohle seiner Arbeit einfach so skippte. Es war zwar nicht so, dass er keinen Hunger hatte, aber der Druck, der auf ihm lastete, wog schwerer als das Loch in seinem Magen. Noch dazu blieb ein bitterer Beigeschmack während der gesamten Zeit, in der er die Verbesserungen seines Projektes vornahm. Er glaubte nicht daran, dass er sich so grobe Schnitzer geleistet hatte. Beim besten Willen nicht. Aber er musste sie ausbügeln und das unter enormen Zeitdruck. Wie er sowas doch liebte, wo er immer haarklein plante, um bloß nicht in solche Situationen zu rutschen, in denen einem die Deadline im Nacken saß.

Letztendlich war er fast in der vorgeschriebenen Zeit fertig geworden und so nahm er die Unterlagen, um sie im separaten Büro seines Vorgesetzten abzugeben. Der rief ihn nach kurzem Anklopfen auch direkt ins Zimmer.

„Ah, Matsumoto! Gut, dass sie gerade hier sind. Ich wollte sowieso noch mit ihnen reden!“

Der Tonfall gefiel Taka nicht.

„Ich habe die Mappe dabei. Entschuldigen sie die… meine Unachtsamkeit!“ Gehorsam verbeugte er sich etwas und überreichte die Dokumente mit beiden ausgestreckten Armen. Sein Boss nahm sie lapidar entgegen und legte sie bei Seite, als wären sie unwichtig.

„Ich erwarte einwandfreie Arbeit von ihnen. Ich hoffe, sie haben sich keine weiteren Fehler erlaubt. Ich habe den Uniqlo-Auftrag an Kobayashi-san neu verteilt. Ich nehme an, das ist kein Problem?“

Takas Augen weiteten sich kurz, doch dann senkte er seinen Kopf.

„Nein, das ist natürlich kein Problem.“ Super. Nun war ihm auch noch der einzige Auftrag entzogen worden, der für ein namenhaftes Unternehmen war. Mal davon abgesehen, dass er bereits daran mehrere Tage gearbeitet hatte.

„Sie können ihre bisherigen Unterlagen auf ihren Schreibtisch legen. Sie ist informiert.“

„Ich habe verstanden. Das erledige ich umgehend.“ Es fraß an ihm. Wenn er schon Kindermode machen musste, dann wollte er sie wenigstens gut platziert wissen. Aber nein, nun durfte er sich wieder mit minderwertigen Aufträgen befassen. Das war doch ein eindeutiges Zeichen.

„Darf ich nun zurück an die Arbeit?“, erkundigte er sich dennoch. Dieser fortschreitende Albtraum musste doch irgendwann ein Ende haben.

„Nein. Bitte setzen sie sich. Da gibt es noch eine Sache.“ Was kam jetzt?

Taka sah auf, ging dann aber doch um den Stuhl herum, der vor dem Schreibtisch stand, und setzte sich in diesen. Das war ein Fehler. Sein Unbehagen wuchs. Sofort fühlte er sich wie auf der Anklagebank und der durchdringende Blick des bereits ergrauten Herren ihm gegenüber machte es nicht besser. Der verschränkte auch noch so komisch seine Finger miteinander und verlagerte sein Gewicht etwas nach vorn. Was sollte das werden? Eine Belehrung? Wollte er ihm ins Gewissen reden? Diese Sache erinnerte ihn furchtbar an den Tag damals in der Schule, als er zum Schuldirektor musste, nachdem er in seinem jugendlichen Übermut einen Mülleimer in Brand gesteckt hatte. Mutproben gab es eben auch noch zu seiner Zeit. Aber genau so folgte die Schelte danach.

„Nun, Matsumoto-san, sie sind ja bereits eine ganze Weile hier in unserer Abteilung.“

Der junge Designer nickte. Typisch. Der neutrale Einstieg. Dieser wurde nur zu gern genutzt, um nochmal richtig auszuholen, ehe man zum Punkt kam. Und dann wurde es meist unangenehm.

„Bisher haben sie gute Arbeit für unsere Abteilung geleistet und wir waren sehr zufrieden mit ihnen.“

Okay. Was kam nun? Der Typ ritt so sehr auf der Abteilungs-Sache herum. Ob der große Chef doch etwas gesagt hatte? Takanori schluckte trocken und suchte sich einen neutralen Punkt auf dem Schreibtisch aus, den er anstarren konnte. Zuerst die positiven Aspekte, dann die Negativen. Bekanntes Schema.

„Jedoch ist mir da etwas zu Ohren gekommen. Natürlich geht es mich nichts an, was sie in ihrer freien Zeit treiben, aber wenn es den Ruf der Firma schadet, ist es meine Aufgabe, dies frühestmöglich zu unterbinden.“

Nun verstand Taka gar nichts mehr. Er hob seinen Kopf etwas an und sah zu seinem Vorgesetzten.

„Entschuldigen sie, aber ich… verstehe nicht so ganz…“, räumte er unsicher ein.

„Sie sind gesehen worden, als sie sich in einem Stadtteil aufgehalten haben, mit dem unsere Firma nicht unmittelbar in Verbindung gebracht werden möchte. Daher bitte ich sie, im Namen von NG, dass sie ihren Aufenthaltsort mit Bedacht auswählen. Selbstverständlich stellt das kein Verbot dar, jedoch sollten sie darauf achten, dass niemand der Konkurrenz sie dabei sieht, wie sie… nun, sagen wir es mal so: gewisse Etablissements besuchen.“

Takanoris Blick wurde immer unverständlicher. Wurde ihm hier gerade gesagt, dass er im Puff war?

„Ich zähle auf sie, Matsumoto! Das war’s vorerst!“ Der Mann ihm gegenüber nickte in Richtung der Tür, was Taka auch sofort zum Anlass nahm und fluchtartig das Büro verließ. In seinem Kopf ratterte es. Wann war er bitte an einem solchen Ort gewesen? Es konnte sich bei der Anspielung nur um Kabuki-chou handeln…

Gut, letzte Woche, Takerus Party, aber das war etwas anderes. Das war in einem Hotel, selbst wenn drum herum diverse Host-Clubs und andere, wie hatte es sein Boss bezeichnet – Etablissements – verteilt waren. Er war ja nur in dem Hotel und nirgendwo anders. Und alle Anwesenden behandelten die Sache diskret. Außerdem war sein Gewissen rein. Er war nicht einmal mit in den Hinterzimmern gewesen. Das, was dort passierte, war nochmal etwas anderes. Und selbst wenn, es galt höchste Geheimhaltung. Top Secret eben. Noch dazu würden die sich doch in ihr eigenes Fleisch schneiden, sollte er herausfinden, wer gelabert hatte. Da hingen schließlich noch mehr Leute dran. Fakt war, irgendwer hatte ihn angeschwärzt. Nur wer? Wem brachte es etwas, wenn er auf der Arbeit Ärger bekam, gegebenenfalls seinen Job verlor? Das Gespräch jedenfalls konnte er schon regelrecht als freundliche Abmahnung verstehen. Klar ging der Ruf der Firma über alles. Würde rauskommen, dass er bei Sexorgien zugegen war, dann würde es mächtig Stress geben. Privat konnte er machen, was er wollte. Ungesehen. Das war das ungeschriebene Gesetz und das galt. Aber sollte je herauskommen, was… Nein! Er wollte daran gar nicht denken!

Total durch den Wind schnappte er sich sein Handy und seine Schachtel Zigaretten von seinem Platz und verschwand umgehend in den hinteren Bereich, der ihn nach draußen zu dem Raucherbalkon führte. Innerlich war er total aufgewühlt. Wieso war sein Nervengerüst zur Zeit nur so labil? Er wollte doch gar nicht mehr rauchen, aber das Gefühl des Filters zwischen seinen Lippen, beruhigte ihn. Das brauchte er nach diesem Anschiss definitiv. Taka fühlte sich regelrecht wie auf einem Minenfeld. Er musste sich vorsichtig bewegen, sonst ging die nächste Bombe hoch. Aber dafür musste er sich erstmal wieder beruhigen und das fiel ihm schwer.

Hoffnungsvoll sah er auf das Display seines Smartphones und seine Laune hellte sich ein wenig auf, als er sah, dass er eine Nachricht von Akira hatte. Direkt wieder mit einem Foto im Anhang.

>Sind gerade in der Stadt unterwegs. Koron wollte Shoppen! Wann hast du Schluss? Wir könnten dich abholen, bringen dir auch einen Kaffee mit.<, las er die Zeilen, die ihn der andere geschrieben hatte. Dann besah er sich das Foto von Koron, der mit aufgerichteten Ohren an der Leine über den Gehweg lief. Süß war das ja, auch das Angebot mit dem Kaffee, aber er fühlte sich gerade nicht in der Lage, Nettigkeiten anzunehmen. Erstmal musste er mit sich selbst und der Situation klarkommen. Das hatte ihm schon wieder den Boden unter den Füßen weggezogen. Warum passierten solche Sachen immer ohne Vorwarnung? Wobei, auch mit Warnung hätte er nicht gewusst, wie er damit hätte umgehen sollten. Man bekam schließlich nicht alle Tage von seinem Chef durch die Blume mitgeteilt, dass man gefälligst nicht herumhuren sollte, da das dem Ansehen der Firma schadete. Na gut, vielleicht auch eher nur, dass er sich körperliche Liebe bitte diskreter erkaufen sollte und möglichst dann auch nicht mit dem gleichen Geschlecht. Argh… Das machte ihn kirre. Sein Privatleben sollte gefälligst privat bleiben!Dabei hatte es doch angefangen, wieder besser zu laufen. Zumindest ein kleines Bisschen.

>Sorry, heute ist schlecht. Stress auf Arbeit. Kann sein, dass ich länger mache. Wart ihr beim Shoppen wenigstens erfolgreich?< Die kleine Notlüge sei ihm verziehen. Er wollte garantiert keine Überstunden machen. Sein Fluchtreflex war hoch wie nie, doch er konnte nicht einfach abhauen. Die weiteren zwei Stunden würde er schon irgendwie überstehen. Musste halt. Trotzdem war die Situation unangenehm. Immerhin hatte er keinen Schimmer, was sein Boss nun wirklich wusste und von wem. Eigentlich interessierte ihn das „von wem“ mehr als alles andere. War nun ja nicht so, dass er hier den supergeilen Job hatte, der total gut bezahlt wurde, sodass man ihn beneiden musste. Daran konnte es nicht liegen.

Ob Takeru mal wieder der Schlüssel zu allem war? Der liebte es doch, seine Macht und seinen Einfluss zu demonstrieren. Ähnlich sehen würde es ihm.

Takanori hielt inne und inhalierte den Rauch seiner Zigarette tief.

Kloe. Unter Umständen hatte der gesungen und Takeru erzählt, dass was zwischen ihnen gelaufen war und Takeru fühlte sich nun gekränkt, weil er ihn angelogen hatte? Das wäre auch möglich. Und er hatte Kontakte. Es wäre ein Leichtes für ihn, Firmen zu kontaktieren und Gerüchte zu streuen. Ihm konnte es ja egal sein, was mit ihm war oder wenn er seinem Ruf schadete. Es fiel dann ja nicht auf ihn zurück. Murrig wuschelte sich Taka durch die blonden Haare. Von dieser Grübelei bekam er noch Kopfschmerzen. Hier war jedenfalls irgendwas im Busch und er wusste nicht, wie er die Sache wieder kitten sollte. Sein Problem war, dass er keinen blassen Schimmer hatte, wo der Riss überhaupt war. Aber irgendwo sickerten Infos über ihn durch, die hier nichts zu suchen hatten und definitiv wollte man ihn damit schaden. So paranoid konnte er nicht sein, dass er sich das einbildete.

„Fuck, ey…“ Konnte ja nicht mal einigermaßen gut laufen ohne dass die nächste Katastrophe um der nächsten Ecke auf ihn wartete.

Das Vibrieren seines Telefons kündigte eine erneute Nachricht an. Sofort rief er diese ab. Sein kleiner Lichtblick in der aufziehenden Dunkelheit. Man musste sich ja irgendwie motivieren, wenn es schon wieder steil bergab ging.

>Schade, Koron wollte dir doch sein neues Halsband vorführen. Dann ein anderes Mal. Überarbeite dich nicht.<Diesmal war ein Foto angehängt, auf dem Koron zu seinem Besitzer nach oben schaute und der hielt sehr unfähig eine Papiertüte mit einer aufgedruckten Krone und dem Emblem des Shops darauf ins Bild. Natürlich war das Bild auch etwas verwackelt.

>Mach aus Koron ja keine Tussi! Ich überprüfe das!< Die Krone sah schon recht verdächtig aus. Wer weiß, wo Akira einkaufen war.

Späßchen bei Seite. Taka drückte seinen Zigarettenstummel aus und ging zurück ins Gebäude. Besser er machte nicht zu lange Pause. Wer wusste schon, ob er nun nicht unter Beobachtung stand und wie schnell er die Nerven seines Chefs überstrapazieren konnte. Herausfinden wollte er das heute definitiv nicht. Morgen war ja auch noch ein Tag. Er seufzte kellertief.
 

-*-*-
 

Drei Kreuze, wenn dieser vermaledeite Tag endlich vorüber war. Natürlich ging ihm diese Sache auf Arbeit nicht aus dem Kopf. Theoretisch konnte jeder sein Judas sein. Aber je länger er darüber nachdachte, desto weniger kam er zu einem Schluss. Es machte schlichtweg alles keinen Sinn.

Endlich bei seinem Wohnblock angekommen, rollte er mal wieder mit den Augen, da die Tür sofort nachgab, als er dagegen drückte. Klar, wozu auch einen Sicherheitscode eingeben. Ging doch so viel schneller ins Haus zu gelangen. Aber darüber wollte er sich heute nicht noch gesondert aufregen. Daher schlug er den Weg zu seinem Briefkasten ein, nur um festzustellen, dass seine Post auf dem Boden zerstreut war.

„Super. Macht nur alle so weiter!“, knurrte er. Als war er heute nicht eh schon gesaubeutelt genug. Alles gegen ihn!

Also hockte er sich hin und kehrte seine drei Briefe und eine Postkarte mit seinen Händen zusammen.

Grob checkte er die Absender der Briefe.

„Werbung… hn… auch Werbung… Vermietung? Was wollen die denn?“, murmelte er und rupfte das Schreiben noch auf dem Weg zum Fahrstuhl auf. In diesem betätigte er den Etagenknopf und zog dann das Papier aus dem Umschlag. Gleich verzog er sein Gesicht, als er sah, um was es sich handelte. Natürlich die Nebenkosten. Er blickte zum fett gedruckten Betrag und seine Laune sank noch etwas mehr. Selbstverständlich durfte er nachzahlen und im gleichen Zug erhöhte sich seine Miete. Taka schnaubte. Es war unglaublich, wie viel man pro Monat blechen musste, nur damit man ein Dach über den Kopf hatte. Da stellte man sich echt wieder die Frage, wie viel wert so eine kleine menschliche Existenz doch eigentlich war. Es kotzte ihn an, dass man überall einfach nur zahlen musste, weil man atmete. Oh, darauf konnten sie auch noch eine Steuer erheben. Luftsteuer oder sowas. Takanoris Zynismus sprudelte mal wieder über.

Noch missmutiger verließ er den Fahrstuhl und ging auf seine Wohnungstür zu. Er zog seinen Schlüssen aus seiner Jackentasche, stutzte dann aber unmittelbar, als er sah, dass seine Wohnungstür angelehnt war.

Taka blinzelte. Moment mal. Er hatte heute Morgen doch abgeschlossen. Ganz sicher. Total sicher! Warum stand seine Tür jetzt einen Spalt offen? Wer hatte alles noch einen Schlüssel? Seine Mutter und eventuell noch der Hausmeister für Notfälle. Den von Takeru hatte er damals unter einem Vorwand wieder zurückverlangt, hieß aber noch lange nicht, dass er nicht eine weitere Kopie hätte anfertigen lassen können. Trotzdem ließ man doch dann nicht die Tür offen, wenn man in die Wohnung ging oder diese verließ?!

Ob es klug war, in die Wohnung zu gehen? Taka biss sich auf die Unterlippe. Er wollte ja nicht unmittelbar etwas Schlimmes denken. So spitzte er seine Ohren, konnte aber keine Geräusche aus der Wohnung hören.

Sein Blick fiel auf das Schloss an seiner Tür. Am Rahmen waren Einkerbungen? Das sah ihm schon nach einem Einbruch aus. Aber warum bei ihm? Warum so weit oben? Was würde ihn wohl erwarten? Das wollte er nicht! Verdammt, hier war sein privater Bereich! Sein Rückzugsort und niemand durfte den ohne sein Wissen entweihen! Er unterdrückte die Tränen, die ihn aus lauter Verzweiflung in die Augen schossen. Unglauben über diesen Tag machte sich bei ihm breit. Das konnte alles nicht wahr sein! Wollte ihn jemand so richtig fertig machen, oder was?

In einer Kurzschlussreaktion schubste er seine Wohnungstür einfach mit dem Unterarm auf. Nun gab es kein Zurück mehr. Sein Flur sah schon mal normal aus. Keine Unordnung oder dergleichen. Aber alle Türen standen offen. Das war ungewöhnlich, denn die Badezimmertür hatte er meist geschlossen und die anderen waren zumindest angelehnt. Er schluckte und sein Herz wummerte wie wild in seiner Brust. Nicht, dass ihm hier eine böse Überraschung erwartete. Darauf konnte er definitiv verzichten.

Wieder lauschte er, ob er etwas hören konnte, aber Fehlanzeige. Ein Blick zur Seite aber ließ ihn stutzen. Sein Ersatzschlüssel war nicht da. Aber der lag doch neulich noch hier herum. Kouyou hatte den doch auch gehabt. Häh? Nicht, dass der Einbrecher den einfach mitgenommen hatte.

Vorsichtig traute er sich weiter vor in seine Wohnung. Er sah nach rechts und links, checkte somit seine Küche und das Wohnzimmer. Also hier war niemand. Das war schon mal gut. Und es traf ihm auch kein Herzschlag, dass irgendwie großartig Chaos herrschte. Einen Raub aus Geldgier konnte er demnach ausschließen. Taka verzog dennoch sein Gesicht und schlich durch sein Wohnzimmer. Die CDs im Regal waren umgekippt und aus seinem kleinen Beistellschrank waren ein paar Sachen gefallen. Jedenfalls lagen ein paar alte Fotos vor diesem. Fotos mit Uruha und Akira. Vorsichtig hob er sie auf und legte sie erstmal wieder auf den Schrank. Dann aber fiel ihm ein, dass die doch immer im Schrank in einem Album waren. Vorsichtig öffnete er die Schranktür und guckte skeptisch. Okay, hier hatte definitiv jemand drin herumgewühlt. So unordentlich hatte er das definitiv nicht hinterlassen. War ja fast so, als hatte hier jemand nach etwas gesucht. Aber was? Und wieso nur hier?

Mit gemischten Gefühlen wanderte er weiter durch seine Wohnung und versuchte sich zu entsinnen, wie er die Sachen hier hinterlassen hatte. Bei seinem Schmuck blieb er wieder stehen. Okay, es war nicht so, dass er die Sachen fein säuberlich ordnete, aber seine Lieblingskette war weg. Das sah er auf den ersten Blick! Die mit dem Kreuz und dem Totenkopf, die er schon Ewigkeiten hatte. Aber sie lag nicht hier. Nicht mehr zumindest! Sofort griff er sich an den Hals, aber auch da war sie nicht. Weg!

Er drehte sich um, sah, dass sein Laptop auch auf dem Wohnzimmertisch lag - unangetastet. Wenn es jemanden um Wertgegenstände gegangen wäre, der hätte doch zuerst Elektronik mitgehen lassen.

„Ey… ich versteh das nicht…“, wisperte er und schluckte wieder. Bei seinem Bett sah alles aus wie heute Morgen. Glaubte er zumindest. Nicht, dass er dem viel Beachtung beiwohnte, wenn er total verschlafen aus dem Bett krabbelte und sich den Weg ins Badezimmer erstastete. Seine Kissen lagen zumindest noch so da, wie er sie hinterlassen hatte - vermutlich.

Takanori schlich weiter, sah sich nach weiteren Ungereimtheiten um. Alles wirkte wie immer. Nur der Haufen mit den dreckigen Klamotten war durcheinander gebracht worden. Sah aus, als hatte… jemand darin herumgewühlt und seine Sachen flächendeckend zwischen Bett und Tür zum Kleiderschrank verteilt! Wer war so bekloppt und…

Da machte es Klick bei Taka. Sein Stalker!

„Scheiße!“, wisperte er. Das hatte er total verdrängt wegen all dem Stress. Der Typ mit dem Motorrad. Seine Post. Neulich hatte er doch auch das Gefühl, dass er beobachtet worden war. Als er mit Kloe aus war. Nur so ein unterschwelliges Gefühl, aber gerade jetzt war es allgegenwärtig.

Geräuschvoll atmete er aus. Wie konnte er das nur vergessen? Seine Post war doch schon mal zerwühlt worden. Was, wenn ihn jemand beobachtete? Gerade jetzt? Suchend sah er sich im Raum um. Ob hier Kameras installiert worden waren? Er presste seine Lippen aufeinander. Er musste die Polizei rufen! Definitiv! …Aber was sollte er ihnen denn erzählen? Hey, ich hab nen Stalker, zwar keine Ahnung wer es ist, aber der ist bei mir eingebrochen und hat meine dreckige Wäsche durchwühlt. Gut, mit den Einbruchsspuren würde er noch durchkommen, aber wollte er sich die Blöße geben? Er, als Mann?

Mit gemischten Gefühlen sah Takanori auf seine Dreckwäsche am Boden. Absurd, ey!

„…das weiße Shirt fehlt…“, nuschelte er vor sich hin. Kurz schloss er seine Augen. Ihm war total flau im Magen. Wie krank war das? Man brach doch nicht bei jemanden ein, um…

Er schlug seine Hände vor’s Gesicht und massierte schließlich seine Schläfen.

„Ruhig, Taka, gibt ne Erklärung. Sicher… Du reagierst bestimmt nur über…“

Der junge Designer atmete tief durch. Mit dem Fuß schob er seine getragene Wäsche wieder auf einen Haufen und setzte sich wieder in Bewegung. Er musste sich einen Überblick darüber verschaffen, was hier nun Sache war. Seine Küche wirkte unauffällig. Doch dann sah er, dass neben seiner Hasi-Tasse eine weitere Tasse zum Abtropfen neben der Spüle stand.

„…die hab ich heute nicht abgewaschen…“, traf ihm die Erkenntnis wie ein Schlag ins Gesicht.

Hart biss er sich auf die Unterlippe. Und er hatte auch definitiv keine zweite Tasse benutzt. Sein Magen krampfte sich zusammen. Irgendwer erlaubte sich doch echt einen Spaß mit ihm.

„Kommt her und trinkt in meiner Wohnung gemütlich Kaffee? Hakt’s?“, knurrte er und sah zum Mülleimer. Da lag tatsächlich ein Sachet mit Instantkaffeepulver drin. Auch noch seine Lieblingssorte!

War er hier in einem schlechten Film oder was?

Murrend stiefelte Taka weiter zu seinem Bad. Jemand vergriff sich an seinen Bilden, an seinen Klamotten, an seinem Kaffee! Und? Was erwartete ihn hier? Sauer patschte er seine Hand auf den Lichtschalter, doch dann stoppte er in seiner Bewegung.

Für einen kurzen Moment fühlte er sich wie in einem schlechten Horrorfilm.

„Nicht sein Ernst!“, zischte er, als er die rot geschriebenen Buchstaben auf seinem Spiegel sah. Schnaubend ging er auf diesen zu und sah sein Spiegelbild an. Seine Augen verengten sich wütend und die pure Abscheu glänzte in ihnen auf.

„KILL – MY – PAST“, spuckte er die für ihn bestimmte Nachricht regelrecht aus. Dem ersten Impuls folgend wischte er wütend mit seiner Hand über die Schrift, verteilte dadurch den ölhaltigen Lipgloss auf der spiegelnden Oberfläche. Diese Sache konnte er nicht so einfach hinnehmen. Damit war definitiv eine Grenze überschritten worden.

„Fick dich! Fick dich! GOTTVERDAMMT, FICK DICH EINFACH NUR!!!“ Total angespannt vergrub er seine Fingernägel in seiner Handfläche, als er seine Hände zu Fäusten ballte. Er wollte jemandem wehtun. Er wollte demjenigen wehtun, der ihm das antat!

„Was ist das nur für ein absurdes Spiel?“

Wie ein Bulle schnaubte er und sank schließlich zu Boden. Auf dem Vorleger vor seinem Waschbecken ließ er sich auf den Hintern plumpsen und lehnte seinen Rücken gegen das kleine Schränkchen hinter sich. Unweigerlich starrte er seine rote Handfläche an.

„Das war mein guter Lipgloss…“, murmelte er. Das konnte nur ein schlechter Scherz sein. Rache von Takeru für was auch immer.

„Past…“, murmelte Takanori und sah nach oben zu den verwischten Worten. Hatte er irgendwelche nicht beglichenen Rechnungen aus der Vergangenheit? Ihm fiel nichts ein. Beziehungen hatte er sauber und einvernehmlich beendet. Na ja, bis auf die Sache mit Kloe, aber das war selbsterklärend.

„Ich lass mir mein Leben nicht kaputt machen!“, stellte er trotzig klar. Wenn hier jemand Krieg haben wollte, dann konnte der diesen auch bekommen. Keiner legte sich mit Matsumoto Takanori an! So nicht! Das Maß war nun echt voll. Er hatte keinen Bock mehr, sich herum schubsen zu lassen und der Spielball von allen zu sein. Mit so ner miesen Show bekam man ihn nicht klein. Auf gar keinen Fall!

Hinfallen, Krone richten und wieder aufstehen! Seinen Stolz würde er sich nicht nehmen lassen.

Dann würde er sich wohl mal daran machen und seine Wohnung wieder auf Vordermann bringen. Und das große Küchenmesser legte er am besten auch in den Flur und das etwas Kleinere neben das Bett. Und dann durchsuchte er noch jeden Winkel nach Kameras. Und einen Strick würde er von der Haustür zur Wohnzimmertür spannen, sodass niemand reinkommen konnte!

Voller Tatendrang stützte er sich auf dem Boden neben sich auf, wunderte sich aber, als er gegen etwas stieß. Seine Zahnpasta lag neben ihm auf den Boden. Verwirrt nahm er die Tube in die Hand, um sie wieder an ihren Platz zu befördern, doch da fielen ihm kleine Einstiche auf. Die zogen sich auf beiden Seiten der Tube entlang und an einigen Stellen gingen sie sogar durch die Verpackung durch, sodass etwas der Paste herausquoll. Merkwürdig. Die landete dann also besser im Müll!



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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Von:  ManaRu
2018-06-03T14:46:31+00:00 03.06.2018 16:46
Aaaaalter falter xD
Du hast es mal wieder so mega geil geschrieben! Ich hatte die ganze Zeit das Gefühl, mit dabei zu sein...
Das mit der Mappe bei der Arbeit ist komisch, aber für einen Streich irgendwie zu hart. Und auch, was der Chef da behauptet... Ich dachte auch erst so Takeru oder Kloe, aber es ist echt nicht sinnvoll. Aber wer hätte da seinen Nutzen bei? Hmm, gut, das Mysterium muss noch geklärt werden xDD
Und dann kommt auch noch das Chaos zu ihm nach Hause. Ich hatte zwar an diesen Stalker gedacht, aber... Neee geht nicht! Ich wette, es war jemand anderes ;D aber diese nachricht am spiegel... Creepy T.T ich hab echt das gefühl gehabt, selber davor zu stehen. Da lief es mir kalt den rücken runter.
Aber wie gesagt, ich ahne was... <.<"
Auf jeden Fall, alles in allem: zwar ein chaotisches aber wieder super tolles kapi, das sich echt gut lesen ließ x3 ich freu mich schon, wenn es weiter geht und bin dann mal gespannt, wer das war *^* hauptsache taka lässt sich nicht unter kriegen *fahne schwenk*
Mach weiter so <3
LG

Mana
Antwort von:  Daisuke_Andou
03.06.2018 19:13
Mittendrin statt nur dabei, hn? ^.~ Freut mich jedenfalls immer, wenn alle mit Taka mitleiden.
Und ich sehe, wir haben mehrere Tatverdächtige XDDD Na, mal gucken, ob sich demnächst ein bisschen was aufklärt ^^°
Deine Vermutung kenn ich ja schon. Aber ob der wahre Täter damit überführt wird? Schwierig >DDD
Ich hoffe, es war nur für Taka chaotisch, weil ihm so viel widerfahren ist ^^° Geb mir auch Mühe, dass ich bald update und.... keine einzige der gestellten Fragen aufklären werde >P XDDDDD
*winkz*
Von:  Goesha
2018-06-02T23:12:31+00:00 03.06.2018 01:12
Wow... dieses Kapitel hat es in sich. Voll so - DAMDAMDAAAAM. XD

Erst dachte ich, da mobbt ihn einfach nur jemand von der Arbeit. Ich hab mich aber gefragt, warum jetzt auf einmal? Ergibt doch keinen Sinn!
Kurz dachte ich auch an Takeru aber der hätte es auch einfacher haben können.
Aber was war mit Reita? Der hat auch ein Motiv! Der will Ruki etwas Angst machen, damit Ruki mit geht nach Amerika.
Allerdings ist das durchwühlen der Post und der Einbruch und vor allem die Nachricht am Spiegel mehr als Psycho.
Würde auf ihn hinweisen aber... nee, ich kann und will es mir nicht vorstellen!
Und der Stalker (Ich muss zugeben, den hatte ich auch wie Ruki vergessen)... ich wüsste nicht, wer das noch sein könnte.
Ich bin verwirrt, total ratlos und vor allem neugierig. Aber ich hab da ein ungutes Gefühl. Nicht, das der Stalker Rukis "Waffen" gegen ihn einsetzt. o_O"
Antwort von:  Daisuke_Andou
03.06.2018 19:07
Es bisschen Spannung muss eben sein ^^ Sonst wird dem kleinen Taka doch langweilig und das wollen wir alle doch nicht >DDD

Ergibt alles keinen Sinn, was? ó.ò Müssen wir doch Conan fragen - es gibt nur eine Wahrheit! XDDD
Aber gut, dass ich wieder ein bisschen Verwirrung stiften konnte. Ich bin auf weitere Theorien gespannt >D
Und was für "Waffen" o.O" Check ich gerade nicht >.<
Antwort von:  Goesha
03.06.2018 21:20
Conan kann immerhin alles! XD

Und Messer sind Waffen! Stell dir vor, der maskierte Bösewicht kommt rein, wenn Ruki anwesend ist! Ruki will dann nach dem Messer greifen aber der Bösewicht ist schneller. Dann gibt's aber Rukigeschnetzeltes! O_O


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