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Gutenachtgeschichten

Wichtelgeschichte für Erenya
von

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Schwarze Rosen

24 Juli 2010, 16:00 Uhr am Friedhof

 

Stumm kullern die Tränen über ihre Wangen. Aus den matten dunkelgrauen Augen füllt sich ein Bild von Traurigkeit. Vor dem Termin des ewigen Abschieds herrscht in ihren Augen nur Trockenheit, sowie das Gefühl des Verlustes. Neben den traurigen Erscheinungsbild umhüllt ihren Körper ein schwarzes Kleid, passend zum Ort des letzten Moments einer geliebten Person. Das lange schwarze Haar ist zu einem Pferdeschwanz zusammen gebunden und eine schwarze Rose steckt seitlich hinter dem Pony. Zum Schluss umklammert sie fest den Blumenstrauß mit den weißen Rosen.Selbst ihr Lieblingslied summt sie nicht, obwohl es sie in traurigen Situationen stets aufmuntert. Als ihr Vater neben ihr steht, nimmt sie automatisch seine Hand und lehnt ihren Kopf gegen sein Bein. Den heutigen Tag wird sie niemals vergessen, genau wie die Ursache der Tragödie.
 

Thomas, ihr Vater, streichelt seine Tochter Mikasa liebevoll über das Haar. Auch in seinen meerblauen, mit Schmerz gefüllten Augen schimmern kleine Tränen. Sie hebt ihren Kopf und lächelt den blonden Mann herzlich an. Beide haben eine enge Bindung als Vater und Tochter, darauf ist Mikasas Mutter Misaki auch sehr stolz.
 

Freunde und Verwandte stehen um das Grab, welches mit einem kunstvollen Grabstein und vielen Blumen geschmückt ist. Alle in schwarzer Kleidung, ein Symbol ihrer Trauer. Sie richten ihre Blicke auf den Punkt, wo Mikasa einen Schritt auf das Grab zu macht. Noch einmal guckt sie zu ihrer Mutter, die ihrer Tochter ermutigend zu nickt. Mikasa grinst ihre Mutter unschuldig an und widmet sich wieder dem Grab, wo sie die Rosen vorsichtig auf die Erde legt. Die weißen Blumen stammen aus dem kleinen Garten von Mikasas Familie.
 

"Ich habe dich lieb … Lebe wohl", verabschiedet sich das Mädchen leise. Dann kommt ihr Vater dazu, legt auch eine weiße Rose auf das Grab und gibt Mikasa einen Kuss auf die Stirn. Er hütet Mikasa wie einen Schatz, den er mit seiner Frau über alles liebt. Bei den Gedanken senkt er seinen Kopf und erinnert sich an alte, schöne Zeiten, sowohl mit Familie, als auch mit Freunden. Nachdem alle Blumen und Abschiede verteilt haben, spricht der Priester noch eine paar Worte von Asche zu Asche und Staub zu Staub. Ein erdrückendes Schweigen herrscht unter den Trauernden. Niemand wagt es, noch ein Wort zu sagen oder den Blick vom Grab abzuwenden. Minuten, die sich wie Stunden anfühlen, vergehen nach der Rede und langsam leert sich der Platz um das Grab. Zum Schluss bleiben nur noch wenige Personen, es handelt sich um die engsten Angehörigen.
 

Am Horizont über der Baumgruppe des Friedhofs sinkt die Sonne wie ein blutroter Ball. Der Himmel verfärbt sich in kraftvollen Farben des Feuers, knalliges Rot und sonniges Gelb. Eine Hitzewelle streift über das Gebiet von Tod und Abschied. Eine geheimnisvolle, orange klare Atmosphäre schwebt durch die schwüle Luft und die ruhige Gegend,wie eine Botschaft aus einer anderen Welt. Mikasa mustert das Naturschauspiel mit neugierigen Augen.
 

"Wunderschön … oder Mikasa? Eine himmlische Botschaft von Menschen, die über uns wachen“, meint Misaki schmunzelnd und zwinkert ihre Tochter zu. Zuerst sieht sie ihre Mutter nachdenklich an, bevor sie antwortet.
 

"Ich finde so was unheimlich“, nuschelt das Mädchen ängstlich, wobei sie ihren Vater am Oberschenkel umarmt. Misaki seufzt schwer. Die liebevolle Mutter betrachtet den Sonnenuntergang.
 

Der Abend naht mit der Dämmerung. Zusammen mit Mikasa auf dem Arm, die schon seelenruhig schläft, verlässt er den Friedhof und läuft nach Hause. Keine Menschenseele befindet sich noch beim Grab. Raben krächzen laut. Die Vögel sitzen auf Ästen und Grabsteinen und das schwarze Federkleid vermischt sich mit der Dunkelheit. Später taucht ein alter Gärtner auf. Sein weißes, lockiges Haar reicht bis zu den Schultern und er trägt die typische dunkelgrüne Gärtnerlatzhose mit schwarzen Gummistiefeln. Er hält mit der Schubkarre voller Gartengeräte an, schnappt sich die Hacke und bearbeitet sorgfältig das Grab. Zu seinem Glück beleuchtet eine Laterne den Bereich, weshalb er auch besser arbeiten kann. Die Stille macht ihm schon seit vielen Jahren nichts mehr aus. Er selbst lebt alleine und genießt eher ruhige Moment in seinem Leben, wie seine sanfte Einsamkeit.
 

Während er seiner Arbeit nach geht, tummeln sich immer mehr Raben um das Grab, jedoch bleiben sie ganz still. Besonnenes Blätterrascheln, durch Windrauschen hervor gerufen, füllt die Stille mit einem zarten meerähnlichen Rauschen. Niemand verdächtigt die ruhige Zeit als die Ruhe vor dem Sturm. Als der Gärtner fertig ist, seine Geräte weg räumt und zufrieden seine Arbeit betrachtet, geht er zum nächsten Grab, bis er plötzlich stehen bleibt. Das sonst so entspannte, alte Gesicht hinterlässt eine Spur von Angst. Die bernsteinfarbenen Augen starren direkt auf die Dame zwischen den Gräbern. Kein Lebenszeichen umgibt sie und statt perfekter Schönheit prägen Schattenmale ihren Körper. Mit leicht verkrümmter Haltung steht sie da und schaut den alten Mann an, obwohl sie nicht mal Augen besitzt, vor allem auch kein Herz und keine Seele.
 

Wegen seines Aberglaubens will der Gärtner fliehen, doch seine Beine rühren sich kein bisschen, wie vereist stecken sie in der kalten Aura des Wesens fest. Die gesunde Hautfarbe verliert an samtigem Beige, bis nur noch eine kränkliche Blässe übrig bleibt. Aus seinem Mund erklingen raue kratzige Töne, welche als verzweifelte Hilferufe erkannt werden könnten. Schrittweise nähert sich die Gestalt ihrem Opfer. Mit aller Kraft versucht der Mann sich zu befreien, doch es funktioniert nicht. Wie in Zeitlupe streckt sie ihre Hände aus und legt diese an die faltigen Wangen des Mannes. Im Spiegelbild seiner Augen kommt die Dame mit weit aufgerissenen Mund auf ihn zu und saugt die Lebenseinenergie des Menschen mit einem Zug aus. Die goldige Augenfarbe verschwindet hinter einen Schleier des Todes und die Haut schrumpft zu einer gräulichen Masse zusammen.
 

Nach dem dämonischen Mord sackt die Leiche wie ein Kartoffelsack zusammen. Die weibliche Gestalt grinst diabolisch und beugt sich über ihr Werk. Langsam verlängert sie ihre Armhaltung zur Beute, spießt ihre Schattenhand in die Brust und reißt das Herz bei lebendigem Leib heraus, da sie Seele des Mannes noch in Takt ist. In ihrer Hand verfärbt es sich schwarz und zerfällt zu Staub. Bevor sie in der Dunkelheit verschwindet, blickt sie in den Himmel, wo die Sterne wie Diamanten funkeln. An diesem Abend entsteht ein Hass, ohne einen wahrhaftigen Grund natürlichen Geschehens. Jahrelang wandert die verdorbene Seele mit Verlust und Furcht durch den Friedhof, bis sie ihren Weg zur Erlösung findet, doch der Weg wird mit Angst beflügelt. Keiner kann seine Probleme zwischen Leben und Tod entscheiden, eher entsteht etwas, was in der Seele zerbricht.

 

Die wunderschönen weißen Rosen am Grab verwelken zu der Farbe der Trauer. Tiefes Schwarz verziert die zarten Blütenblätter. Schwarze Rosen.



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