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Der letzte Fan

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Der letzte Fan

„Scheiße!“ Sauer versetzte er seinem PC einen Tritt und lehnte sich dann murrend zurück. So hatten sich die Zeiten geändert. Wie war es noch gewesen, als er den großen France French gespielt hatte! Und den fiesen Oberschurken Bould. Oder den liebenswerten Beta Romano Cloud. Er war ein erfolgreicher, hochdotierter Schauspieler gewesen. Sein Gesicht war millionenfach über die Kinoleinwände der Welt geflackert. Er war ein Star! Und jetzt? Schon wieder eine Absage! Heute kannte den Namen <Dwaight Hard> keiner mehr. Er war eben inzwischen ein abgeranzter, alter Sack, der seine besten Jahre einfach hinter sich hatte. Das musste er wohl einsehen.
 

Seufzend, da das böse Anfunkeln den Bildschirm nicht die Bohne beeindruckte, schloss er erst das e-mail-Programm, schaltete den PC ganz aus und stand auf, um sich eine Jacke zu schnappen. Es war schon spät und stockdunkel. Ein guter Abend, um sich mal wieder gehörig zulaufen zu lassen. Also wie fast jeden Abend. Nachdem Schlüssel und Handy in der Hosentasche versunken waren, zog er die Tür seiner kleinen Mietwohnung hinter sich zu und verschwand in der Nacht.
 

„Wirt! Noch´n Whisky!“

„Das ist schon dein achter, Kumpel. Musst du das gute Zeug so sinnlos in deine hohle Rübe saufen? Dafür ist der echt zu schade!“, maulte der Kneiper.

„Halt´s Maul! Solange ich bezahle, kann ich saufen, was ich will.“, entschied Dwaight mit etwas träger Aussprache. „Stell mir erstmal ordentlichen Nusel vor die Fase ... Fusel vor die Nase ... Dann kannst du dich beschweren! Dein billiger, geblendeter Pansch taugt doch nichts.“ Er hickste und lies dann einen unfeinen Rülpser folgen. Zugegeben, so direkt nüchtern war er schon seit einer ganzen Weile nicht mehr. Er sah ein wenig verschwommen und bekam alles nur noch auf halber Spur mit. Aber er fand, daß er noch klar genug denken konnte, um noch ein paar zu vertragen. „Pisser ...“, lallte er dem Wirt hinterher, der sich beleidigt wieder verzog, nachdem er seinem Kunden einen Whisky auf den Tresen geknallt hatte. Sauer wandte sich Dwaight wieder dem Fernseher hinter der Bar zu. Es lief ein echt beschissenes Programm. Irgendwas von einem Reh, das einen Zug entführt hatte, weil ein paar Demonstranten mit ihrem Uran-Müll ... ach, keine Ahnung. Das war gerade zu hoch für seinen Alkoholpegel. Jedenfalls war es stinklangweilig. Er sollte wieder gehen! Hier war es ja nicht auszuhalten, dachte er, während er an seinem Schnaps nippte.
 

Ein junger Kerl mit nettem Lächeln und fingerlangen, wuscheligen Haaren lies sich an der Bar neben ihm nieder. „Wirt, eine Vodka-Cola bitte, wenn das okay ist. Danke!“

Dwaight blinzelte den Schleier vor seinen Augen weg, um ihn besser zu erkennen. Vodka-Cola, wo gab´s denn sowas? „Verpanschte Plörre.“, kommentierte er.

„Man muss sich ja nicht so früh am Abend schon hackenstramm abfüllen.“, erwiderte das Kerlchen grinsend und warf ihm einen Seitenblick zu. Dann wurden seine Augen vor Erstaunen riesengroß, als er seinen Tresennachbarn erkannte. „Mein Gott! Weist du, wer du bist!?“, entfuhr es ihm.

Der in die Jahre gekommene Schauspieler stutzte verwirrt. So verquirlten Fragen konnte sein in Alkohol eingelegtes Gehirn gerade nicht mehr folgen. Wusste er, wer er war? Wer war er denn? Ein ordentlich angetüdelter Versager, zweimal geschieden, von den Kindern gehasst, vom Manager über den Tisch gezogen, von den Fans und der Filmindustrie vergessen, DAS war er!

„Du bist Dwaight Hard! Du bist ein Genie, man!“, half das Kerlchen ihm dann auf die Sprünge. „Ich liebe deine Filme!“

„Öh ... echt?“, machte der verwirrt und kämpfte ein wenig gegen den Whisky-Nebel an, der über seinem Verstand lag.

„Ja, man! Cockain Fred aus <Go to Hell>! Vergiss nicht die Blümchen zu gießen, solange ich weg bin, damit sie groß und kräftig werden!“, zitierte er. „Alter, was habe ich dich in dieser Rolle abgebetet!“

„Ich bin ja echt erstaunt, daß mich heute noch irgendwer kennt.“

„Ich bin dein Fan!“

Dwaight kicherte albern. „Vermutlich der letzte.“

„Ich heiße Billy! Ich habe Filmregie und Kamera studiert. Wegen dir! Du bist schon von je her meine Inspiration gewesen.“

„Ist mir eine Ehre, Junge.“, meinte Dwaight und kippte sich seinen restlichen Whisky auf ex. „Wirt, gib dem jungen Mann einen aus! Und mir auch gleich noch einen, los, her mit dem Fusel!“

Einen Moment saßen die beiden schweigend nebeneinander, während Billy den ausgedienten Schauspieler aufmerksam beäugte. „Schlechten Tag gehabt?“, wollte er irgendwann mit einem Deut auf das Schnapsglas wissen.

„Hm. Absage. Karriere am Arsch. Alles Scheiße.“, gab der nur im knappen Telegramm-Stil und reichlich niveaufrei zurück.

Billy nickte. „Ich suche gerade noch einen Schauspieler für mein nächstes Werk. Willst du nicht mitmachen? Das wird ein Horrorstreifen. Splatter, sehr blutig und so. Du hattest deine größten Rollen ja in Horrorfilmen. Du wärst so perfekt für die Rolle!“

Der Alkohol wirkte. Schlagartig kochte Euphorie hoch. Doch mal wieder eine Rolle. Das wäre so cool. Selbst wenn er damit keinen überragenden Durchbruch mehr machen würde, wäre er doch zumindest mal wieder vor der Kamera. Er vermisste es so! „Bin dabei, egal was es ist!“, legte Dwaight fest und wirkte schlagartig schon wieder eine ganze Ecke nüchterner.

„Lass uns morgen an der alten Turmuhr treffen. Ich nehme dich mit auf´s Set, wir machen ein paar Probeeinstellungen, und wenn wir gut zusammen klarkommen, werden wir uns über das Vertragliche schon einig. Wie findest du das?“, schlug Billy vor.

„Nicht schlecht! Nicht schlecht! Ich werde da sein! 17 Uhr!“

„Hm, 19 Uhr reicht auch. Sonst ist es ja noch zu hell. Da kommt doch keine Gruselstimmung auf.“, grinste der junge Regisseur verschwörerisch. Und bestellte sich dann einen härteren Drink. Rum, 78-prozentig.
 

Am nächsten Nachmittag stand Dwaight vor dem Spiegel und überlegte, was an seinem Aussahen für Handlungsbedarfe bestanden. Er war schon irgendwie heruntergekommen, wurde ihm vom Spiegel vorgeworfen. Eine Rasur gegen die Bartstoppel taten da sicher schonmal Abhilfe. Ob er zum Friseur gehen sollte? Seine Haare waren ja schon ziemlich herausgewachsen, mit zunehmendem Grau durchsetzt und stachelten wüst in der Gegend herum. War vielleicht zu spät. Voller Tatendrang griff der Schauspieler also zur Bürste und striegelte sie selbst nach hinten. Naja, würde schon gehen. Er kramte ein frisches Hemd aus dem Schrank und zog es an. Mit den kneipenverrauchten Sachen von gestern konnte er auf keinen Fall gehen.

Beim Bestücken seiner Taschen warf er einen Blick auf´s Handy. Vier verpasste Anrufe von seinem Vermieter. Okay, ignorierte Anrufe, das war ehrlicher. Es war schon der 07. des Monats. Der Halsabschneider wollte sicher wissen, wo die Miete blieb. Egal. Dwaight schob das Handy in die Brusttasche, suchte eine ganze Weile vergeblich nach dem Wohnungsschlüssel, griff sich schließlich aus dem Kühlschrank noch ein Würstchen und zog dann essend los. Langsam musste er sich sputen.
 

Zur Turmuhr brauchte er eine Dreiviertelstunde mit der U-Bahn. Dwaight Hard hasste die U-Bahn. Hier hingen nur Penner herum. Oder Studenten, das konnte man manchmal nicht so genau unterscheiden. Aber heute konnte seine Laune nichts trüben. Gelassen stieg er über eine schlafende, abgewrackte Frau hinweg in die innen und außen mit Spraypaintings verschmierte Bahn und störte sich ausnahmsweise auch mal nicht an dem ausländischen Rotzlöffel, der ihm gegenüber saß und seinen mp3-player bis auf Anschlag gedreht hatte. Wenn er wenigstens geschmackvolle Musik gehört hätte, aber nein, es war Hip Hop mit geistig sehr fragwürdigem Text, den man auch draußen noch tadellos verstand.

„Zeigen Sie mir Ihren Fahrschein!“, blaffte ihn plötzlich jemand an.

„Zeigen Sie mir erstmal Ihren!“, schoss Dwaight Hard murrend zurück und verzog das Gesicht. „Haben Sie vielleicht nen Kontrolleurs-Ausweis? Irgendwas Hübsches mit nem Bildchen, oder so?“

„Nicht so großfressig, Freundchen!“, verlangte der Kontrolleur bissig und hielt ihm seinen Pass so dicht vor die Nase, daß man auch mit Schielen beim besten Willen nichts mehr lesen konnte.

„Kann ich was dafür, wenn Sie Ihren Job nicht mögen?“, gab Dwaight zurück und hielt ihm nun im Gegenzug auch seine Wochenkarte hin. Maulend zog der Fahrscheinkontrolleur von dannen. Dwaight grinste ihm mit der Arroganz des Siegers hinterher. Hach ja, er liebte diese Stadt. Niveau, komm doch auch mal wieder hierher zu Besuch!
 

„Dwaight! Du bist ja tatsächlich da. Ich war mir nicht sicher, ob du wirklich kommst.“, grinste Billy ihm fröhlich entgegen, der bereits in der Dämmerung auf ihn wartete. Die Turmuhr war nicht gerade zentral gelegen. Draußen in einem aufgegebenen Gewerbegebiet. Dwaight hatte einen gewissen Fußmarsch von der U-Bahn hierher nicht einkalkuliert, daher war er nicht gerade überpünktlich.

„Tut mir leid. Die Bahn hatte Verspätung, sonst wäre ich eher gewesen.“, log er. Ehrlicherweise war er froh, sich überhaupt an die Verabredung erinnert zu haben. Er war gestern sowas von abgefüllt gewesen, daß er es heute früh gar nicht mehr so genau hatte sagen können.

„Macht nix. Ich bin selber gerade erst gekommen.“ Billy schob die Hände in die Hosentaschen und lief los. „Wir drehen in der alten, leeren Lagerhalle am Ende der Straße.“, erzählte er dann und deutete mit dem Kinn voraus. „Lass sie uns mal angucken gehen. Wir haben schon die ersten Requisiten und die Technik da.“

Dwaight warf ihm aus den Augenwinkeln einen Blick zu. Jetzt im nüchternen Zustand betrachtet, sah man einige Dinge ja doch etwas anders. Aber das junge Kerlchen kam ihm immer noch sympathisch und seriös vor. Sicher war es in Ordnung, sich nach Dunkelwerden am Arsch der Stadt mit ihm das Set anschauen zu gehen. „Worum geht es in dem Film denn, den du drehst? Darf ich Leute meucheln?“

„Oh, nein, du wirst selber gemeuchelt.“, lachte Billy und feixte dann breit. „Du spielst einen Privatdetektiv, der einem Killer auf der Spur ist, weil die örtliche Polizei zu dumm dazu ist. Du findest den Killer auch. Aber statt ihn dingfest zu machen, gerätst du in seine Fänge und wirst von ihm abgemurkst. Das wird ne geile Sache. Viel fliegende Eingeweide und alles. Wir werden Spaß haben, ganz sicher.“

Dwaight nickte. Ja, klang lustig. Er war gespannt auf die technische Umsetzung der special effects.

„Mit dem Film bringe ich dich nochmal ganz groß raus! Mein Wort darauf! Ich beschere dir ein Comeback. Der Name <Dwaight Hard> wird wieder in aller Munde sein.“, quasselte der Jung-Regisseur gutgelaunt vor sich hin. Der war hochmotiviert, wie man sah. Das war gut, auch wenn der betagte Schauspieler das nicht so überschwänglich sah. Dwaight arbeitete gern mit Leuten, die noch Spaß an ihrer Sache hatten. In der großen Filmindustrie hatten viele den Spaß längst verloren. Es ging nur noch um leidenschaftslosen Profit und man tat einfach, wofür man bezahlt wurde. Das war zwar okay um seine Lebenshaltungskosten zu finanzieren, hatte aber mit Schauspielerei und Regie mit Leib und Seele nichts mehr zu tun.
 

Inzwischen waren sie in der alten Lagerhalle angekommen. Dwaight sah sich interessiert um. Eine Ecke war mit Scheinwerfern ausgeleuchtet. Da befand sich ein Zahnarzt-Stuhl oder sowas. Die Kamera, die schon in Position stand, war nicht die schlechteste. Hatte durchaus was professionelles, stellte Dwaight mit Kennerblick fest.

„Willst du den Stuhl schonmal probeliegen?“, bot Billy fröhlich an, während er sich aus seinem Mantel schälte und ihn irgendwo auf einer Kiste lagerte. Dann spazierte er zu dem schon anwesenden Kameramann hinüber, einem Rasta-Typen mit geflochtenem Bart, Marijuana-Kiffer-Mütze und tätowierten Schultern in einem ärmellosen Shirt. „Aris, na, alles senkrecht?“, grüßte Billy ihn und begann sich mit ihm über Kameraeinstellungen und Beleuchtungswinkel auszuphilosophieren.
 

Da Dwaight sich zunächst ein wenig ignoriert und überflüssig vorkam, ging er die alte Lagerhalle erkunden. „Was, Dwaight Hard? Nie gehört.“, hörte er den Kamera-Rasta noch sagen, dann verschwand er schmunzelnd durch eine Bürotür. Hier drin standen sogar noch ein alter Schreibtisch und ein alter, offener Aktenschrank herum. Mit einer zentimeterdicken Staubschicht darauf. Sehr atmosphärisch, hier lies es sich bestimmt auch gut drehen, wenn der Mond im Fenster stand. Als er ans Fenster trat, sah er einen Transporter hinter der Lagerhalle stehen, was ihn aber zunächst nicht weiter skeptisch machte. Irgendwie mussten die Jungs ja ihren ganzen Krempel hier hergekriegt haben. Er schnappte sich eine große Glasscherbe aus dem zerbrochenen Fenster und machte sich dann auf den Rückweg zum Set.
 

„Hey, Leute, das Büro da oben ist auch ganz cool, wenn ihr Horror drehen wollt. Habt ihr das schon entdeckt?“

Billy strahlte ihn vergnügt an. Er hatte sich inzwischen umgezogen. Wollte er mit vor die Kamera? „Können wir uns ja nach dem Videodreh mal anschauen gehen.“, schlug er vor und nahm Dwaight die Glasscherbe aus der Hand, um sie interessiert zu mustern. Dann legte er sie zur Seite. „Jetzt hau dich mal auf die Liege, wir wollen anfangen, ja?“

„Okay.“ Dwaight pilgerte relaxed zu dem Zahnarzt-Stuhl hinüber, setzte sich und schwang die Füße mit hinauf. Er lehnte sich zurück und wartete auf weitere Anweisungen.

„Gib mal deine Patschehändchen, ich will dich festketten.“, erklärte Billy in solcher Selbstverständlichkeit, daß Dwaight der Aufforderung sofort und anstandslos nachkam. Der junge Mann mit den hellbraunen Wuschelhaaren fesselte ihm die Hände auf Kopfhöhe, dann landeten auch die Füße in Schellen. „Ist das okay so?“, rückversicherte er sich noch.

„Sicher.“

„Kamera läuft!“, meldete Aris aus dem Hintergrund.

Billy nickte, begann Dwaights Hemd aufzuknöpfen, legte den blanken Oberkörper frei und fuhr mit der Hand prüfend über die Haut. Dwaight verzog etwas das Gesicht. So intim und freizügig hatte er mit dem jungen Kerl, den er gestern Abend erst kennengelernt hatte, nicht werden wollen. Schon gar nicht ohne vorherige Rücksprache. Aber er sagte nichts, sondern nahm es unwillig hin.

Billy holte sich vom Tisch am Rand ein Skalpell und warf nochmal einen Blick auf ein Vorlagenbild.

Langsam wurde der betagte Schauspieler doch skeptisch. „Alter, ist das Ding scharf?“, wollte er unbehaglich wissen und wand sich unwohl in den Ketten, als die Klinge auf ihn zuschwebte.

„Du bist jetzt mal bitte still, damit ich arbeiten kann!“, verlangte Billy, plötzlich gar nicht mehr so immerfröhlich, legte das Skalpell übergangsweise auf Dwaights Bauch ab, griff nach einem dicken Seil mit einem fetten Knoten und schob ihm den Knoten als Knebel zwischen die Zähne, damit er keine Worte mehr artikulieren konnte. Dann nahm er wieder das OP-Messer zur Hand und setzte ungeachtet des erschrockenen Gezappels den ersten Schnitt auf Dwaights Brust. Der Schauspieler schrie in einer Mischung aus Schmerz und Panik auf, als das scharfe Metall ekelhaft spürbar durch seine Haut ging. Der Schmerz war noch viel grausamer als erwartet ...
 

„Korrigier mal die Scheinwerfer nach! Ich habe Bedenken, daß man es auf der Kamera nicht gut sieht.", wies er seinen Kameramann an. „Na schön, dann gehen wir mal tiefer.“, legte Billy fest und lächelte gehässig.

Tiefer? Der Schauspieler versuchte ihn panisch mit seinem verbliebenen Auge anzustarren und begann zu hyperventilieren. Tiefer in den Körper hinein? Oder tiefer Richtung edelste Teile? Beides wollte er nicht.

„Gib dem Kerl ne Ladung Schmerzmittel, sonst kollabiert er uns noch. Er soll ja wach bleiben. Wird langweilig, wenn er uns ohnmächtig zusammendreht.“, fand der Rasta-Kameramann nüchtern.

Billy warf Dwaight einen prüfenden Blick zu. „Du hast Recht. Gib mal die Drogen rüber.“, stimmte er dann zu und wischte erneut das reichlich strömende Blut weg, damit man das Messer-Kunstwerk besser sah. Billy jagte dem Schauspieler eine Spritze in den Bauch und jubelte ihm etwa ein Drittel des Inhalts kompromisslos in den Wanst.

Es kehrte eine gewisse Ruhe ein, als Aris und Billy sich verkrümelten und Pause machten, bis der wie auch immer geartete Drogencocktail Wirkung zeigte. Dwaight zerrte wieder vergeblich an seinen Ketten, kam aber weiterhin nicht frei. Der Film aus Schweiß und Blut auf seiner Haut wurde langsam unangenehm klebendend und kühl. Wieder schossen ihm Tränen in die Augen. Da er von allen Seiten mit Scheinwerfern angestrahlt wurde, die wie Sichtblenden um ihn herum standen, sah er auch nicht, was in der Halle sonst noch vor sich ging. Verzweiflung machte sich breit. Er glaubte nicht, hier lebend wieder rauszukommen. Er bekam langsam einen Verdacht, warum die beiden einen Transporter hier hatten. Entgegen der landläufigen Meinung passte eine Leiche nur schwer in einem Stück in den Kofferraum eines Mittelklasswagens. Während das Keuchen seines eigenen Atems sich furchtbar fremd in seinen Ohren anhörte, war die immer noch laufende Kamera wie ein bedrohliches Auge auf ihn gerichtet, damit er auch ja nichts anstellte. Nur sehr langsam nahmen die Schmerzen in seinem Oberkörper etwas ab, die in seinem ausgeglühten Auge dafür aber kontinuierlich zu. Aber er spürte die Aufputschmittel mehr und mehr. Der dumpfe Taumel des Schockzustands wich fühlbar wieder einem klaren Verstand.

Schneller als gewünscht stand Billy wieder vor ihm. Mit dem bluttriefenden Skalpell in der Hand, das ihm vorhin schon so treue Dienste geleistet hatte. Hygiene war wohl gerade seine geringste Sorge. Dwaight jaulte wieder panisch auf, noch ehe der Kerl überhaupt irgendwas tat. Der junge Mann drückte ihn mit einer Hand grob auf die Liege zurück, damit er nicht mehr ganz so wild zappelte ...
 

Ein knappes Jahr später saß Billy schmunzelnd in seinem Filmstudio und bearbeitete einige Szenen nach, die er gerade gedreht hatte. Hinter ihm stand der Oscar, den er für seinen Erstling erhalten hatte, den Splatterstreifen mit Dwaight Hard. Die special effects seien überragend gewesen, so sagte man. Alles so außergewöhnlich realistisch. Und Dwaight Hards schauspielerische Höchstleistung bei der Darbietung eines Gequälten sei unglaublich authentisch gewesen. Die Tatsache, daß der Star seither spurlos verschwunden war, brachte noch mehr Publicity ein. Sicher nur ein Fake, um die Aufmerksamkeit zu steigern. Sagte man. Der Film war jedenfalls ein voller Erfolg geworden und hatte Billy den großen Durchbruch beschert. Und der Name <Dwaight Hard> war wieder in aller Munde, wie Billy es versprochen hatte.
 

- The End -



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