Zum Inhalt der Seite

Kingdom Hearts - War of Light and Darkness

Secret Section
von

.
.
.
.
.
.
.
.
.
.

Seite 1 / 1   Schriftgröße:   [xx]   [xx]   [xx]

Badezeit

Knapp eine Stunde später saßen sie zusammen und aßen. Es ging ziemlich schweigsam voran, denn jeder hing seinen eigenen Gedanken nach. Ironischerweise unterschieden sich ihre Gedanken jedoch kaum von denen des jeweils anderen. Beide versuchten irgendwie Ordnung in all das Chaos zu bringen, aber keinen schien es so richtig gelingen zu wollen.

Schließlich stellte Naoko ihre leere Schüssel entnervt zur Seite."Es macht einfach alles keinen Sinn." Verwirrt sah Terra auf. "Wie bitte?" So aus seinen eigenen Gedanken aufgeschreckt, wusste er im ersten Moment nicht was genau sie meinte. Naoko machte eine ausladende Armbewegung, mit der sie auf ihre Umgebung deutete.

"Das alles hier. Nichts von alledem was hier passiert, macht irgendwie Sinn." Terra musste ihr Recht geben. "Ja. Ich weiß.", sagte er leise.

Naoko betrachtete ihn prüfend. "Ist das alles? Mehr hast du dazu nicht zu sagen."

Resignierend schüttelte er den Kopf. "Was sonst soll ich dazu zu sagen haben? Ich bin von alledem genauso genervt wie du. Es beunruhigt mich, dass wir uns ständig im Kreis drehen und dass zu jeder Frage noch weitere Fragen hinzukommen. Aber ich kann es im Moment nicht ändern. Und glaube mir, ich versuche es. Vom vielen Grübeln habe ich schon Kopfschmerzen. Und es macht mich nahezu wahnsinnig, dass ich einfach nicht herausfinde, was mein Traum mit diesem Berg zu tun hat. Oder wie Ami in alledem verstrickt sein soll."

Beschämt sah Naoko zu Boden. "Es tut mir Leid. War nicht so gemeint. Wahrscheinlich machst du dir über all das hier wesentlich mehr Sorgen als ich."

"Schon gut. Mach dir nichts draus.", beschwichtigte Terra sie.

"All das macht mich einfach nur verrückt. Nicht zu wissen was passieren wird, macht mir irgendwie Angst."

Terra schwieg. Er wusste einfach nicht, was er darauf antworten sollte.

Eine Weile sprach keiner ein Wort.

Dann stand Naoko auf und ging zum Brunnen. "Dieses Mal hat´s viel besser geschmeckt.", sagte sie über die Schulter hinweg. "Vielen Dank. Ich bin ja durchaus lernfähig.", sagte Terra und deutete eine Verbeugung an. "Ja, das bist du wohl.", grinste Naoko.

Seufzend massierte sie sich die Schulter. "Ich habe schon lange nicht mehr so hart gekämpft wie heute. Die letzten Herzlosen sind mir vor über einem Jahr begegnet. Seitdem musste ich nie wieder kämpfen. Bin wohl aus der Übung. Meine Schultern merke ich jedenfalls jetzt schon."

Terra horchte auf. Herzlose die vor über einem Jahr schon einmal hier waren? Sagte Luna nicht, dass sie noch nie in dieser Welt aufgetaucht wären?

"Kannst du mir davon erzählen?" Naoko sah ihn verwirrt an. "Wovon?"

"Du sagtest gerade, es hätte in dieser Welt schon einmal Herzlose gegeben. Erzähle mir davon.", bat Terra nachdrücklich. Naoko runzelte fragend die Stirn. "Warum? So ungewöhnlich ist das doch gar nicht. Existieren Herzlose nicht in jeder Welt?"

Bestätigend nickte Terra und sagte: "Ja, eigentlich schon. Aber meinen Informationen zur Folge, sollte es in dieser Welt noch nie gegeben haben."

"Hmm. Dann sind deine Informationen wohl falsch. Wer hat dir das denn erzählt?"

"Eine...Freundin." Nachdenklich betrachtete Naoko sein Gesicht, ging jedoch nicht weiter darauf ein. "Lass mich überlegen. Ich glaube, es war kurz nachdem ich als Schlüsselschwertkriegerin erweckt wurde. Zu der Zeit tauchten die Herzlosen einfach immer und überall auf. Ihnen war kaum Einhalt zu gebieten. Viel zu oft sind diejenigen in Gefahr geraten, die ich am meisten liebe. Irgendwie habe ich es trotzdem geschafft sie jedes Mal zu retten. Aber die Herzlosen wurden immer stärker. Und dann, eines Tages, verschwanden sie einfach."

"Sie verschwanden? Einfach so?" Naoko nickte. Von einem Tag auf den anderen, tauchten sie einfach nicht mehr auf. Damals dachte ich in meiner Naivität, ich hätte die letzten von ihnen besiegt. Leider war das wohl reines Wunschdenken."

Angestrengt dachte Terra nach. Was hatte das zu bedeuten?

"Diese Herzlosen...", fragte er langsam. "Sind sie immer nur in deiner Nähe aufgetaucht? Oder gab es auch Berichte von Angriffen in der Entfernung? Beispielsweise in anderen Städten. Oder sei es nur am anderen Ende der Stadt?"

Kurz überlegte Naoko. "Jetzt wo du es erwähnst: nein! Die Herzlosen sind immer nur dann aufgetaucht, wenn ich in unmittelbarer Nähe war." Fragend sah sie Terra an. "Was könnte das bedeuten?" Sein Gesichtsausdruck war düster und gefiel ihr überhaupt nicht. "Du weißt etwas oder?, fragte sie.

Doch Terra schüttelte den Kopf. "Nein. Ich weiß nichts. Ich ahne nur etwas. So wie du es mir beschreibst, wurden sie vermutlich von jemandem geschickt um dich anzugreifen. Vielleicht um dich zu testen."

Kälte breitete sich in Naoko aus.

"Wie meinst du das?"

"Wie war das noch? Diejenigen die du am meisten liebst, sind öfter in Gefahr geraten? Und die Herzlosen sind immer in deiner Nähe aufgetaucht, wodurch sie überhaupt erst in Gefahr geraten konnten? Herzlose ohne Meister tauchen einfach irgendwo auf wo es ihnen beliebt und stiften Chaos. Verbreiten die Dunkelheit. Scheinbar wurden sie aber in deinem Fall gezielt eingesetzt. Für mich klingt das so, als hätte dich jemand testen wollen." Mittlerweile war Naoko blass geworden. Wie hatte sie nur so blind sein können? So wie er das alles darlegte, klang es ziemlich logisch.

Terra entging nicht was in Naoko vorging. Rasch sagte er: "Ich kann mich auch irren und das alles war reiner Zufall. Entschuldige, vielleicht hätte ich das nicht sagen sollen."

Naoko schüttelte mit dem Kopf. "Nein. Schon gut. Irgendwie hast du ja Recht. Aber wenn es wirklich so war: wer hat dann die Herzlosen geschickt?" Ein Schulterzucken war das einzige was sie als Antwort erhielt. Terra wusste es nicht.

"Oder vielleicht...", dachte Naoko. "...vielleicht will er es nicht sagen" Denn irgendwas in seinen Augen war anders seit sie ihm davon erzählt hatte.

Selbst wenn sie ihn noch einmal gefragt hätte, wäre die Antwort jedoch die Gleiche geblieben. Nein, er wusste es nicht. Aber es klang irgendwie nach etwas, was die Organisation machen würde.

Oder hatte es andere Ursachen? Wenn ja, was ist dann damals passiert, dass die Herzlosen dazu bewogen hatte, diese Welt anzugreifen?

Terra spürte, dass er sich erneut mit seinen Fragen im Kreis zu drehen begann. Und allmählich wurde ihm das zu viel.

Er beschloss erst einmal nicht weiter darüber nachzudenken. Ein Schritt nach dem anderen. Wenn sie herausgefunden hatten, was hier auf dem Berg vor sich ging, konnte er sich mit dem nächsten Problem befassen.

"Ich werde wohl ein Bad in der heißen Quelle nehmen", sagte er plötzlich.

Überrascht sah Naoko ihn an. Damit hatte sie jetzt überhaupt nicht gerechnet.

"Woher so plötzlich?", fragte sie erstaunt.

"Naja, zum einen denke ich, dass ein wenig Entspannung mir ganz gut tun wird. Und was eignet sich besser dafür, als eine heiße Quelle?"

Bestätigend nickte Naoko. "Und des Weiteren?"

"Des Weiteren gehe ich nicht gerne ungewaschen Schlafen. Schon gar nicht wenn ich am Tag viel trainiert habe."

Naoko sah ihn an. Blinzelte. Und lachte laut los.

"Was ist so lustig?", fragte Terra verwirrt.

Immer noch lachend hielt Naoko sich den Bauch und sagte japsend:" Entschuldige. Aber du wirkst immer so ernst und kriegerisch. Wenn man dich ein bisschen kennt, scheint es so, als wenn die Sorgen der Welt auf dir lasten. Daher kam es irgendwie unerwartet, dass jemand wie du sich ernsthaft Gedanken über so banale Sachen wie Baden gehen macht!"

Zögernd grinste Terra. Machte er auf andere wirklich so einen Eindruck?

"Trotz allem bin ich immer noch ein normaler Junge." Als Naoko wieder anfing zu kichern, sagte er: "Ok, na gut. Zugegeben, normal geht anders. Aber nur weil ich etwas merkwürdig bin, heißt das ja nicht, dass mich nicht auch normale Dinge beschäftigen können."

Sich allmählich wieder beruhigend winkte Naoko ab. "Du musst dich nicht verteidigen. Das ist absolut nicht schlimm. Es war nur wie gesagt irgendwie unerwartet. Vor allem in der momentanen Situation." Tief holte sie Luft um einen erneuten Kicheranfall zu verdrängen. "Aber du hast schon Recht. Ich werde mir nachher wohl auch ein Bad gönnen."

"Möchtest du dann zuerst gehen?", fragte Terra. "Hmmm. Wieso gehen wir nicht zusammen?", fragte Naoko schelmisch grinsend.

Terra wurde knallrot im Gesicht. "Das gehört sich wohl nicht denke ich. Außerdem sollte immer jemand beim Tempel bleiben und aufpassen.", stammelte er hervor.

"Langweiler.", seufzte Naoko. "Wobei du wahrscheinlich Recht hast. Es wäre nicht klug, unsere Sachen unbeaufsichtigt zu lassen." Gähnend setzte sie sich wieder auf den Boden und lehnte sich entspannt zurück. "Geh ruhig. Ich übernehme die erste Wache. Allerdings, wenn wir schon damit anfangen, sollten wir wohl auch eine Wache während der Nacht aufstellen."

"Da gebe ich dir Recht. Also dann bis später." Aufatmend machte Terra sich auf den Weg zur Quelle.

Das war knapp. Der männliche Teil in ihm, wäre sehr gerne mit Naoko zusammen baden gegangen. So viel musste er zugestehen. Aber sein Ehrgefühl ließ es nicht zu. Außerdem hatte er das Gefühl sonst Ami zu verraten. War es eigentlich Verrat, wenn man noch nicht einmal zusammen war?

Ach verdammt. Die Welt war noch komplizierter geworden, seit er anfing sich für Mädchen zu interessieren. Besser gesagt für ein bestimmtes Mädchen.

Terra schlug den Gedanken aus seinem Kopf. Nicht weiter drüber nachdenken...

Nach und nach wurde die Umgebung immer verschwommener. Die Dampfschwaden der heißen Quelle verdichteten sich immer mehr und mehr, je näher er ihr kam. Auch die Temperatur nahm immer mehr zu. Schlussendlich stand er vor dem Becken und ließ den Blick schweifen. Niemand war hier. Natürlich nicht. Wen hatte er auch schon erwartet?

Dafür war die Aussicht wie immer eine wahre Augenweide.

Die Sonne war schon fast zur Hälfte hinter dem Horziont verborgen. "Nicht mehr sehr lange und sie legt sich schlafen, damit sie morgen wieder mit aller Kraft scheinen kann.", dachte Terra sich.

Summend begann er seine Kleidung abzustreifen und sie säuberlich auf einem Stein zu positionieren.

Vorsichtig setzte er einen Fuß in das Wasser. Es war wirklich sehr warm, fast schon heiß. Aber immer noch kühl genug, dass er nicht das Gefühl hatte zu verbrühen. Perfekt also.

Langsam ging er immer weiter in das Becken hinein. Irgendwann reichte ihm das Wasser bis zur Hälfte des Oberschenkels. Das war der Moment wo er sich einen kleinen Felsen suchte und mit dem Rücken an ihn gelehnt hinsetzte.

Enstpannt schloss er die Augen, Wohlige Wärme breitete sich in seinem Körper aus. Wärmte ihnsowohl von Innen, sowie von Außen. Linderte den Schmerz seiner Verletzungen und beruhigte seine Glieder.

Das tat wirklich gut.

Für den Moment konnte er sogar seine Sorgen vergessen. Auch wenn sie wieder versuchten Präsenz zu zeigen, schob er sie einfach zur Seite. Ein Bad in einer heißen Quelle war doch wirklich was Feines.

So saß er dort eine ganze Weile, lauschte den Geräuschen des Waldes, spürte den Wind wehen und ließ die Welt Welt sein.

Beinahe wäre er eingedöst. Doch dann ließ ihn ein Geräusch hochschrecken. Das Geräusch von knackenden Zweigen.

Jemand kam her.

Aber die Schritte kamen nicht vom Weg. Sondern aus dem Wald.

Alarmiert stand Terra auf und zog seine Schlüsselschwerter. Mit klopfenden Herzen lauschte er den Schritten. Sie kamen immer näher. Naoko konnte es nicht sein, die bewachte ja den Tempel.

Außerdem hätte sie keinen Grund gehabt in den Wald zu gehen. Mal abgesehen davon, dass sie ja vereinbart hatten, dass sie auf jeden Fall beim Tempel blieb. War es also der Unbekannte?

Schließlich waren die Schritte schon rechte nahe. Eine Gestalt hob sich immer mehr von den Dampfschwaden ab.

Dann blieb die Gestalt stehen. Terra hob kampfbereit die Schwerter.

Wartete.

"Nette Aussicht Terra.", sagte plötzlich eine weibliche Stimme. Die Gestalt trat an den Beckenrand.

"Naoko!", rief Terra und bestürzt zugleich. Schnell ließ er seine Schwerter verschwinden und sich selbst fallen. Hatte sie etwa...?

"Du...du hast doch nichts gesehen oder?", fragte er vorsichtig.

Naoko grinste. "Nicht alles. Aber ein bisschen."

Terra lief erneut knallrot an.

"Vergiss alles was du gesehen hast.", fauchte er.

Naoko lachte erneut. "Beruhige dich. Das wichtigste war durch die Nebelschwaden nicht zu erkennen."

"Das hoffe ich für dich.", brummte er. "Aber wirklich besser macht es das gerade nicht. Wer sagt mir, dass du die Wahrheit sagst?"

"Tja, du wirst dich wohl auf mein Wort verlassen müssen.", neckte Naoko ihn mit vielsagendem Blick.

Hastig vergewisserte sich Terra, dass sie von ihrer Position aus nichts sehen konnte. Zur Vorsicht murmelte er noch einen Zauber, welcher die Dampfschwaden über dem Wasser etwas verdichtete.

Naoko bemerkte es und grinste noch breiter.

"Was tust du hier? Wolltest du nicht den Tempel beaufsichtigen?", murmelte Terra.

"Das ist nicht mehr nötig. Ich hatte einen nahezu genialen Einfall und habe einfach den Tempel mit einem Schutzschild umgeben. Keiner kommt da rein oder raus, ohne dass ich es spüre. Super oder?"

Anerkennend nickte Terra. "Zugegeben ja. Die Idee ist gut. Das erklärt aber immer noch nicht, was du hier machst." Statt zu antworten, griff Naoko in ihre Jackentasche und zog etwas Braunes daraus hervor.

"Ich habe ein paar Pilze gesammelt. Die können wir morgen zubereiten."

"Klasse.", sagte Terra lustlos.

Einen Moment lang schwiegen sie.

Dann fragte Terra: "Und deshalb bist du hier? Um mir die Pilze zu zeigen?"

"Natürlich nicht du Dummerchen. Meine Schritte haben mich rein zufällig hierher geführt. Beim sammeln versteht sich."

Terra sah sie zweifelnd an. Zufällig ja? Sollte er das glauben?

"Schön. Dann kannst du sie ja zu den anderen Sachen in die Tasche tun."

Naoko nickte. "Mache ich. Später."

Mit diesen Worten steckte sie die Pilze wieder in die Tasche. Dann begann sie am Reißverschluss der Jacke zu ziehen. "Was machst du da?", fragte Terra vorsichtig.

"Wenn ich schon mal hier bin, dann nehme ich auch gleich ein Bad.", sagte sie und legte die Jacke auf den Stein neben Terras Sachen. Dann packte sie den Saum ihres Oberteils.

Rasch drehte Terra sich um. "Naoko, das geht nicht. Ich bin doch noch hier drin. Warte doch bitte bis ich gegangen bin."

Hinter sich hörte er unmissverständlich wie sie immer mehr auszog.

"Ach. Nun stell dich mal nicht so an. Ist doch nichts dabei." Plötzlich war es still.

Dann hörte er leises Plätschern. Sie kam wirklich in das Becken!

Terra schluckte.

Sie kam näher, das hörte und spürte er genau.

Schnell murmelte er noch einmal den Zauber um die Dampfschwaden zu verdichten. "Keine Sorge. Ich werde dir schon nicht mehr zumuten, als du ertragen kannst.", sagte sie plötzlich rauchig in sein Ohr. Ohne Zweifel waren mittlerweile auch seine Ohren knallrot.

Er regte sich nicht. Schloss sogar die Augen.

Ein warmer Finger strich über seinen Nacken. Reflexartig zog er den Kopf nach vorne.

Naoko lachte wieder.

"Mann Terra. Beruhige dich mal wieder. Ich werde dich schon nicht auffressen. Ich will dich nur ein bisschen ärgern."

Ein Rauschen sagte ihm, dass sie sich wieder ein Stück entfernte.

Schließlich hörte er, wie sie sich hinsetzte.

"Du kannst jetzt wieder gucken.", sagte sie.

Doch Terra traute sich nicht. Er bewegte keinen Muskel. Die Augen hatte er immer noch geschlossen.

Seufzend sagte sie: "Vertrau mir ruhig. Ich weiß, dass im Gegensatz zu mir, andere Menschen nicht unbedingt so offen eingestellt sind. Und ich werden diesen Menschen niemals meine Offenheit aufzwingen. Ich wollte dich wirklich nur ein bisschen ärgern."

Zögerlich drehte Terra sich um und sah zu ihr hinüber.

Sie hatte sich eine recht tiefe Stelle ausgesucht. Während bei ihm das Wasser in sitzender Position ungefähr zur Bauchgegend reichte, bedeckte es bei ihr fast den ganzen Oberkörer. Der Wasserspiegel ging ihr bis knapp über die Brust. Die Dampfschwaden verschleierten den Rest.

"Zufrieden? Oder eher enttäuscht?", fragte Naoko immer noch grinsend.

Terra entspannte sich wieder. Zwar war er immer noch nicht ganz mit der Situation einverstanden, aber weiter zu protestieren, wo die Gefahr gewissermaßen gebannt war, erschien ihm doch reichlich kindisch.

"Du hast wirklich noch keine Erfahrung mit sowas oder?", fragte Naoko ihn stirnrunzelnd. "Viele Menschen in deinem Alter sind was manche Dinge angeht, schon wesentlich weiter als du."

Terra wich ihrem Blick aus. "Wie ich schon einmal sagte. Das ist alles Neuland für mich. In meiner Vergangenheit gab es nur den Kampf und nichts anderes."

"Hmm. Wer weiß, vielleicht ändert Ami das ja.", sagte Naoko grinsend.

Terra anwortete nicht. "Entschuldige. Das war geschmacklos von mir.", entschuldigte Naoko sich.

"Schon gut.", sagte Terra. Tatsächlich schwieg er eigentlich nur, weil er ihr gegenüber ungerne gestehen wollte, dass Ami bei ihm schon ziemlich viel verändert hatte. Auch in Bezug auf dieses Thema. Bevor er Ami kennen gerlent hatte, beschäftigte ihn die Thematik Liebe nicht eine Sekunde lang. Doch seit ihrem ersten Treffen, war da etwas in ihm erwacht. Ein ganz neues Gefühl. Neue Empfindungen, neue Gedanken. Kampf und Überleben. Licht und Dunkelheit. Diese waren mittlerweile nicht mehr die einzigen Dinge über die er nachdachte.

Wenn er ehrlich war, machte ihm das sogar ein wenig Angst. Terra hatte das Gefühl, als ob seine Krieger-Instinkte von alledem negativ beeinflusst wurden. Viel zu oft war er abgelenkt, seine Gedanken ganz woanders.

Womöglich entgingen ihm dadurch auch einige wichtige Details.

Und doch...es gefiel ihm. Ein Mensch war nicht nur fürs Kämpfen geboren. Das konnte auf Dauer einfach nur schief gehen. Dass er sich für neue Dinge begeistern konnte, war spannend. Vor allem aber war es aufregend. Hätte er die Wahl, wieder zu seinem alten Ich zurück zu kehren, oder den eingeschlagenen Weg weiter zu gehen, wüsste er genau wofür er sich entscheiden würde.

Für den Weg, welcher das Leben wieder lebenswerter machte.

"Du schweifst wohl schon wieder in deinen Gedanken herum, was?", riss ihn Naokos Stimme aus der Grübelei.

"Verzeih. Hattest du etwas gesagt?" Doch Naoko schüttelte den Kopf. "Kein Wort. Aber du sitzt dort schon ein paar Minuten herum und sagst kein Wort. Ziemlich offensichtlich warum. Wenn du nachdenkst, bekommst du immer einen ganz bestimmten Ausdruck im Gesicht. Das ist mir gleich aufgefallen."

"Dann sollte ich wohl mehr an meinem Poker-Face arbeiten was?", fragte Terra.

Naoko lachte. Dann sagte sie jedoch: "Nein, lass mal gut sein. Ich persönlich finde es so viel angenehmer. Menschen denen man im Gesicht absolut Nichts ansehen kann sind gruselig. Man weiß nie was sie denken." Verstehend und gleichzeitig zustimmend nickte Terra. "Ja, das stimmt. Dem kann ich nur zustimmen."

Eine Weile schwiegen sie beide. Jeder genoss für sich die Wärme der Quelle und spürte wie die Anspannung der Tage nach und nach von den Gliedern floss.

Seufzend lehnte Terra sich noch etwas weiter an den Felsen.

"Terra!", rief Naoko plötzlich erschrocken. Terra öffnete die Augen und sah sie alarmiert an. "Was ist?"

"Du blutest!", sagte sie und deutete auf seinen Brustkorb. Terra folgte ihrem Blick und sah, dass sie Recht hatte. Die Verletzung auf seiner Brust, welche von seinem Kampf gegen den Feuerdämon zeugte, war wieder aufgebrochen. In den letzten Tagen hatte der Heilungsprozess endlich Ergebnisse gezeigt, dennoch war er noch weit davon entfernt geheilt zu sein. Vermutlich war der Schorf durch das Wasser aufgeweicht und aufgebrochen.

Plötzlich hörte er Naoko näher kommen. Überrascht sah er auf und dann sofort in die andere Richtung. Mit besorgtem Blick stand sie unmittelbar vor ihm. Instinktiv wollte er hastig hinter den Felsen rutschen, doch sie packte mit ihrer Hand seinen Arm und zwang ihn dort zu bleiben.

"Halt still. Ich will mir das ansehen." Terra grummelte etwas, ließ es aber geschehen.

"Das ist mir vorhin gar nicht aufgefallen.", sagte sie, während sie sich hinunter beugte und seine Verletzung betrachtete. "Sieht schlimm aus. Wie ist das passiert?"

Terra hielt seinen Blick stur nach rechts gerichtet und versuchte angestrengt nicht an etwas zu denken, was er glaubte kurz gesehen zu haben. Ziemlich offensichtlich schob er seinen anderen Arm in eine verdeckende Position. Naoko ignorierte es. Sie hatte andere Sorgen.

"Es ist nichts Ernstes. Vor kurzem hatte ich einen Kampf mit einem Feuerdämon. Dort hat mich einer seiner Angriffe getroffen."

"Autsch. Warum heilst du dich nicht selbst mit Magie?"

"Anfangs hatte ich das vor. Doch der Kampf hatte mir meine gesamte Energie geraubt. Ich hatte nicht genug Kraft über, um den Zauber zu wirken."

"Aber zwischenzeitig hattest du doch wieder Energie? Wenn ich da an unseren Trainingskampf denke." Stirnrunzelnd richtete sie sich auf, verschränkte die Arme unter der Brust und sah ihn argwöhnisch an.

Terra rutschte nun doch ein kleines Stückchen nach rechts. Er versuchte überall hin zu sehen, nur nicht in ihre Richtung. "Zugegeben ja. Ich muss aber gestehen, dass die Geschehnisse hier mich so abgelenkt haben, dass ich es schlicht vergessen hatte."

"Dummkopf.", seufzte Naoko.

"Ähm...könntest du dich wieder dort hinten hin setzen? Bitte? Oder gilt die Sache mit dem Nicht-Aufzwingen nicht mehr?", fragte Terra kleinlaut.

Einen Moment lang schien Naoko nicht zu wissen was er meinte. Dann sah sie an sich hinab.

"Achso. Entschuldige." Er hörte wie sie sich wieder entfernte. "Ich war nur besorgt. War nicht mit Absicht." Fast konnte er ihr Grinsen sehen, als sie dann noch sagte: "Du solltest dich geschmeichelt fühlen. So viel durfte bisher noch kein anderer sehen."

"Ja,wirklich sehr geschmeichelt." murmelte Terra. Dieses Mal meinte er es aber irgendwie nicht mal ironisch.

Als er keine Geräusche mehr vernahm, wagte er es sich umzudrehen.

Naoko war wieder am Ausgangspunkt angekommen. Doch sie hatte sich nicht wieder ins Wasser gesetzt. Stattdessen saß sie nun auf dem Felsen, mit dem Rücken zu ihm.

"Naoko?"

Er sah wie sie ihre Schwerter zog. "Was hast du vor?"

"Dir ein wenig zur Hand gehen. Ich bin spezialisiert auf Heilzauber, hatte ich das noch nicht erwähnt?", sagte Naoko über ihre Schulter hinweg.

"Diesen Zauber habe ich aus einem Buch gelernt. Er ist sehr wirkungsvoll. Auch wenn er ein wenig kompliziert auszuführen ist. Man muss ihn in Form von Musik wirken lassen."

Mit diesen Worten setzte sie ihr Violinenschwert an ihr Kinn an und hob das andere Schwert zum musizieren.

Eine schöne Melodie erklang aus dem Schwert. Fast war es so, als würde die Klinge selbst anfangen zu singen. Im ersten Moment war Terra überrascht. Dass das Schwert aussah wie eine Violine, hätte ihn trotzdem nie vermuten lassen, dass man tatsächlich Musik darauf spielen konnte.

Allerdings wurde seine Überraschung durch die Töne und sanften Schwingungen der Melodie einfach hinfort gewischt. Stattdessen machte sich Frieden in seinem Körper breit. Beide Schwerter glimmten in einem beruhigendem grünem Licht auf. Nicht sehr hell, aber doch vorhanden.

Schon bald breitete sich das Licht auch auf Naoko aus.

Und so saß sie dort und spielte ihr Lied wie eine wunderschöne Wassernixe mit kurzen Haaren. Ihr Körper schwang selbst ein wenig mit der Melodie mit.

Zwar hatte sie sich nicht umgedreht, doch er glaubte zu wissen, dass sie ihre Augen geschlossen hatte und konzentriert der Musik lauschte.

Und so schloss Terra ebenfalls die Augen. Ließ seine Gedanken schweifen. Hinter seinen Augenlidern sah er einen Wald. Er sah die Bäume wachsen. Immer größer und größer werden. Ihre Äste bildeten ein natürliches Dach. Grüne Blätter sprossen und tauchten den Wald in ein grünes Licht.

Dann sah er eine Wiese. Eine Wiese auf der die verschiedensten Blumen blühten. Sanfter Wind strich über das grüne Gras hinweg und brachte die Blüten der Blumen zum tanzen.

Er sah Tiere überall. Kleine, aber auch große. Alle in Harmonie miteinander und mit der Natur um sie herum.

Dann sah er einen Hund, welcher ein verletztes Bein nach sich zog. Kummer breitete sich in seinem Herzen aus, als er das Tier sah. Aber eine weiße Tulpe neigte sich über das Bein des Tieres und ergoss einen kleinen Tropfen einer goldenen Flüssigkeit darüber. In Sekundenschnelle konnte er der Verletzung beim Heilen zusehen.

Ein warmes Gefühl breitete sich in seiner Brust aus. Dann in seinem Arm. Der Hund lief putzmunter davon. Terra sah ihm friedlich nach. Irgendwie hatte er das Gefühl, diesen Hund nicht zum ersten und auch nicht zum letzten Mal gesehen zu haben.

Schließlich bemerkte er, dass alles um ihn herum in einem grünen Licht zu glimmen anfing.

Terra öffnete die Augen. Das Wasser der Quelle hatte ebenfalls begonnen grün zu Leuchten. Noch immer spürte er ein warmes Gefühl in Brust und Arm. Als er seinen Blick senkte, konnte er seiner Verletzung ebenso wie bei dem Hund beim Heilen zu sehen. Nur wenige Sekunden später erinnerte nichts mehr an die Verletzungen. Nun breitete sich das Gefühl in seinem gesamten Körper aus. Kräftigte ihn.

Terra legte entspannt den Kopf in den Nacken und genoss dieses Gefühl.

Obwohl sie selbst nicht verletzt war, spürte auch Naoko den Positiven Effekt ihres Zaubers. Frische Energie durchströmte sie. Jegliche Erschöpfung fiel von ihr ab. Durch ihre Augenlider bemerkte sie, wie das Wasser anfing zu leuchten. Naoko öffnete die Augen. Tatsächlich! Das Wasser leuchtete in einem freundlichen Grün auf.

Das war merkwürdig. Ihr Zauber hatte damit bestimmt nichts zu tun.

In der Mitte der Quelle, entstand eine Art Bewegung. Kleine Wellen breiteten sich von dort aus.

Auch Terra bemerkte es und wandte seinen Blick wachsam in die Richtung. Dann passierte es.

Eine große weiße Schlange schälte ihren gewaltigen Leib aus dem Wasser, stieg hoch hinauf und sah auf Terra und Naoko hinab.

Trotz allem hörte Naoko nicht auf zu spielen. Sie konnte es nicht. Ihre Arme bewegten sich von ganz alleine, während ihre Augen wie gebannt an denen der Schlange hingen.

Sie waren rot. Tiefrot. Doch sie hatten keine Pupillen. Stattdessen spiegelte sich in ihnen Naokos eigenes Gesicht. Noch während Naoko wie träumend der Schlange in die Augen blickte, spürte sie wie in ihrem Geist etwas zerbrach. Eine unsichtbare Barriere, welche ihr beständig im Weg gewesen war, zersprang in eine Million winziger Atome. Sie erinnerte sich...

Terra betrachtete die Schlange neugierig. Irgendwie spürte er, das von ihr keine Gefahr ausging. Diese Schlange war nicht böse. Ganz im Gegenteil. Aber sie war auch keine gewöhnliche Schlange. Abgesehen von ihrer unfassbaren Größe und der Tatsache, dass sie schneeweiß war, ging von ihr eine fast göttliche Aura aus.

Nein. Nicht nur fast göttlich.

Sie wandte sich von Naoko ab und richtete ihren Blick auf Terra. Langsam senkte sie den Kopf bis sie mit ihm auf einer Augenhöhe war.

Zischelnd witterte sie mit ihrer Zunge seine Aura.

Für Terra war es ein Gefühl der wirklichen und wahrhaftigen Nacktheit. Ohne die geringste Mühe konnte die Schlange alles sehen und wittern was in ihm vorging. Alles was er bisher erlebt hatte, alles was ihn je beschäftigt hatte, einfach alles was ihn ausmachte.

Vorsichtig und sehr, sehr langsam hob Terra seine Hand und streckte sie ihr entgegen.

Die Spitzen ihrer Zunge züngelten an seiner Handfläche entlang.

War die Schlange vielleicht sogar in der Lage ein Stückchen der ihm bestimmten Zukunft zu sehen?

"Ich sssssehe, wassssss du bissssst. Auch ssssehe ich, wasss du warsssst. Du denksssssst du wärsssst ein Krieger, geboren für den finalen Kampf der Schlüsssselschwertmeisssster.", erklang eine leise Stimme in seinem Kopf.

"Damit hasssst du Recht. Und liegssst doch sssso unendlich falsch. Dein Vermächtnisss ist wessssentlich älter, als du ahnssst. Fassssst so alt, wie das Vermächtnisss derjenigen, die du zu schützzzzzen ssssuchsssst. Gehe weiter deinen eingeschlagenen Weg und du wirsssst deine Wahrheit finden."

Mit diesen Worten hob die Schlange wieder ihren Kopf. Ein letztes Mal sah sie Naoko und Terra an. Dann öffnete sie weit ihr Maul und von ihren spitzen Zähnen fielen zwei goldene Tropfen in das Wasser.

Gold und Grün vermischten sich zu etwas neuem, etwas mächtigem. Terra und Naoko spürten neue Kräfte in ihnen aufsteigen.

"Enttäuscccchhhhht mich nicht." Dann war die Schlange verschwunden.

Die letzten Töne der Melodie schwebten noch über ihnen, als Terra und Naoko wie aus einer Trance erwachten. Naoko beendete das Lied.

Stille senkte sich über sie. Terra dachte über das nach, was die Schlange ihm gesagt hatte. Doch er konnte sich keinen Reim darauf machen. Was sollte das heißen, sein Vermächtnis war wesentlich älter als er selbst ahnte? Gab es etwa noch etwas in seiner Vergangenheit, woran er sich nicht erinnern konnte? Oder vielleicht sogar...in einem früheren Leben? War das überhaupt möglich?

Rätsel über Rätsel. Das brachte ihn auch nicht sonderlich weiter. Und wer war diejenige die er zu schützen suchte? Konnte es sich dabei um Ami handeln? Doch was hatte sie mit seinem angeblich so altem Vermächtnis zu tun?

Schließlich durchbrach Terra die Stille. „Was war das Gerade? Was haben wir da gesehen?“

Naoko antwortete nicht. Sie sah nur auf ihre Handflächen hinab. Innerlich konnte sie ihre neuen Kräfte pulsieren spüren. Sie war stärker. Viel stärker als noch vor ein paar Minuten. Scheinbar hatte die Schlange ihr eine Art Upgrade gegeben. Und nicht nur ihr. Auch Terra hatte neue Kräfte entwickelt, dass spürte sie. Aber da war noch mehr. Abgesehen davon, was die Schlange zu Terra gesagt hatte, hatte sie ihr noch etwas gegeben. Etwas wichtiges. Ihre Erinnerungen.

„Ich erinnere mich.“, sagte sie an niemand bestimmten gerichtet.

„Was?“, fragte Terra. „Woran erinnerst du dich?“

Naoko holte tief Luft. „Ich erinnere mich wieder an die Geschichte dieses Berges. Daran, welche Geschichte er beherbergt. Und daran...wen wir vermutlich gerade gesehen haben....“



Fanfic-Anzeigeoptionen

Kommentare zu diesem Kapitel (0)

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.

Noch keine Kommentare



Zurück