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The awesome and thrilling journal of Ben Solo

von

Vorwort zu diesem Kapitel:
So. Erst einmal möchte ich mich bei George Lucas für das hier entschuldigen. Ich konnte nichts dafür... Die Macht hatte Besitz von mir ergriffen, als ich das geschrieben habe... oder so.
Allen anderen, die sich nicht von dem bereits in sämtlichen Fandoms ausgelutschten AU abschrecken lassen, wünsche ich viel Spaß! :D Komplett anzeigen

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>>Liebes Tagebuch,

mein Schultag war heute mal wieder ziemlich ätzend. Nicht ganz so ätzend wie der Gestrige, aber doch ätzend genug. Bin eine Viertelstunde zu spät zum Unterricht gekommen, weil die drei Vollhonks aus der Parallelklasse mich schon wieder abgefangen haben. Das machen die jetzt seit drei Tagen regelmäßig, nur weil die so scharf auf die Mohnschnecken sind, die meine Ma mir immer für die Pause mitgibt. Idioten. Noch kein einziges Mal sind die auf die Idee gekommen, mich einfach zu fragen, ob ich ihnen was davon abgebe. Ich will die Dinger sowieso nicht. Als ob ich zwei von diesen Riesenteilen ganz alleine verdrücken würde. Na gut... eigentlich denkt meine Ma ja auch, ich würde sie mir in der Pause mit meinem Freund Cody teilen. Vielleicht sollte ich ihr langsam mal beichten, dass ich mir Cody in der siebten Klasse nur ausgedacht habe und er nie existiert hat. Aber ich glaube, das würde ihr das Herz brechen. Deshalb lasse ich mir auch jeden Morgen brav meine zwei verdammten Mohnschnecken von ihr einpacken, höre es mir jedes Mal geduldig an, wenn sie mir Geschichten aus den Achtzigern erzählt – aus der Zeit, als sie meinen abgewrackten Dad kennengelernt hat, der, wenn er alleine war, ebenfalls immer Mohnschnecken gegessen hat, weil sie ihn an ihre Frisur erinnert haben – und äußere mich gar nicht dazu, wie sehr mich das alles eigentlich ankotzt. Dazu habe ich immerhin in der Schule genug Gelegenheit.

Der Rest der ersten Stunde war noch ganz okay, abgesehen davon, dass ich mittlerweile echt stark an der Kompetenz meiner Lehrerin zweifle. Ich glaube, die kann gar nicht lesen oder braucht dringend eine neue Brille. Zumindest hat sie mich immer noch die ganze Zeit mit meinem langweiligen Geburtsnamen angesprochen, obwohl ich doch extra ein so schönes Namensschild gebastelt und an meinen Platz gestellt habe, auf dem unübersehbar 'Kylo Ren' steht. Vielleicht hat sie es auch einfach ignoriert, aber das fände ich ganz schön gemein von der Alten. Ich meine, ich bin siebzehn! Ich habe ein Recht darauf, mir selbst auszusuchen, wie ich heißen will. Bitch, Mann.

Bevor die nächste Stunde (Politik) angefangen hat, haben die Jungs aus meiner Sitzreihe mir auf einem ihrer Smartphones ihre aktualisierte Facebook-Seite gezeigt. Das Foto, das sie gestern von mir geschossen haben, während sie mein Gesicht in die Kloschüssel gedrückt haben, ist jetzt hochgeladen. Es trägt den kreativen Titel 'Ben drowned' und ist direkt neben der Fotomontage zu finden, auf der ich im goldenen Bikini zu sehen bin. Soll wohl irgendeine bescheuerte Anspielung auf meine Ma sein. Die sind eh nur neidisch, weil sie nicht so eine heiße Mutter haben wie ich. Ich liebe diese dämlichen Trottel aus meiner Sitzreihe. Die denken echt, dass die mich voll dissen, aber irgendwann werden die schon wissen, mit wem sie sich da angelegt haben. Bis dahin habe ich gelernt, wie man mit dunkler Magie umgeht, und werde jeden von denen einzeln in der Luft zerquetschen. Yolo.«
 

„BEN!! Wie oft habe ich dir schon gesagt, dass du dieses fürchterliche Emu-Geschrei leiser machen sollst?! Ich kriege hier noch die Krise, wenn ich mir das eine Minute länger anhören muss!“, unterbrach die ärgerliche Stimme seiner Mutter den Tagebucheintrag, den Kylo Ren konzentriert und in Schönschrift im Schein seiner Lieblingskerze verfasste, so wie er es jeden Tag nach der Schule zu tun pflegte. Genervt drehte er den Ton des Lautsprechers noch ein Stück lauter, sodass sein selbsternannter persönlicher Theme-Song für alle Nachbarn sicher gut hörbar durch die Wohnung schallte.
 

„Wie oft soll ich noch erklären, dass es 'Emo' heißt und nicht 'Emu'?!“, rief er laut genug zurück, dass es die Musik übertönte, und nahm erneut den Stift zur Hand, um mit seiner phänomenalen Autobiographie fortzufahren. „Außerdem sollst du mich nicht immer Ben nennen! Dieser Name ist so lahm!!“
 

Keine Antwort mehr – jedenfalls keine, die durch die Musik zu ihm vordrang.
 


 

»... Immer das Gleiche. „Tu dies, tu das, Ben!“ Ich hasse mein Leben. Meine Ma ist auch nicht besser als meine Lehrer. Ich hasse meine Lehrer. Sollen die doch sterben gehen.
 

Shit, jetzt tut es mir leid, dass ich sie angeschrien habe. Werde die Musik wohl doch leiser machen. Weil ich ein netter Junge bin. Das versteht nur irgendwie keiner.

Egal. Wo war ich stehengeblieben? Ach ja. Politik. Das Lieblingsfach meines Erzfeindes. Jedes Jahr hofft er auf eine gute Note, aber da kann er lange warten. Die Lehrer sind wohl ganz offensichtlich nicht mit seiner politischen Einstellung einverstanden. Ist wahrscheinlich auch der Grund, warum er immer noch nicht zum Klassensprecher ernannt wurde, obwohl er sich seit Jahren so erbärmlich darum bemüht. Was soll man machen. So einen wie den mag halt keiner. Das Problem ist nur, dass Mister Kenobi (unser Sportlehrer) aus diesem Grund immer denkt, der Typ wäre mit mir befreundet. So nach dem Motto „Hm, beides voll die Opfer, also müssen die wohl Freunde sein“. Der denkt bestimmt auch noch, ich treffe mich privat mit dem Spacko, damit wir uns gegenseitig über all die täglichen Ungerechtigkeiten ausheulen können. Lächerlich. Manche Leute haben echt keine Ahnung.

Als wir nach der Pause dann Sport hatten, kam der absolute Höhepunkt. Wir sollten ein paar vollkommen unnötige Turnübungen in Zweiergruppen machen, damit einer Hilfestellung geben konnte. Ginger-Boy und ich waren natürlich die Einzigen, die keinen Partner gefunden haben. Folglich hieß es dann, wir zwei sollten uns zusammentun. Würg. Es dürfte klar sein, dass wir uns da beide geweigert haben. Was hätte das denn auch bitte für eine Hilfestellung werden sollen mit dem?! Das kann ja nicht gut gehen. Und weil keiner von uns nachgeben wollte, mussten wir am Ende beide auf die Bank. Okay, gut. War ein bisschen öde, aber damit hätte ich leben können. Als dann allerdings irgendwann in einem offenbar unbeobachteten Moment so ein Lappen und sein Lakai ankamen und meinten, die komplette Bank, auf der wir saßen, einfach mal umstoßen zu müssen, hatte ich echt keinen Bock mehr. Und dann auch noch so ein dreister Kommentar dazu, von wegen „Upps, das tut mir jetzt aber leid!“. Ja. Mir tut es auch leid, dass ich danach vor Wut die Turnhalle verwüstet habe. Ich verspüre große Reue... nicht. Natürlich war ich dann auch wieder derjenige, der den ganzen Ärger abbekommen hat. Nur wegen der drei billigen Geräte, die jetzt ein paar kleine Kratzer haben, und dem einen Schüler, der zufällig im Weg stand, als ich eine Kiste gegen die Wand geschmissen habe? Dem ist ja nichts passiert. Konnte ja noch ausweichen. Zugegeben, ich war nicht ganz der Einzige, der Ärger bekommen hat... und wenn Mister Kenobi mich nicht offenbar irgendwie ein klein wenig mögen würde, hätte das sicher noch mehr Konsequenzen für mich gehabt. Meine Sachen packen musste ich aber trotzdem. Schön, ist mir auch latte. Bin ich halt nach Hause gegangen, ist mir da eh langsam zu blöd geworden. Der einzige Grund, aus dem ich jeden Tag zur Schule gehe, ist sowieso Rey. Sie in der Pause zu beobachten, wenn sie lachend mit ihren Freunden herumsteht... und dann im Vorbeigehen voller Leidenschaft von ihr angespuckt zu werden... das ist wahre Wonne. Ich weiß, dass sie mich auch liebt. Sie muss sich nur erst noch darüber bewusst werden.
 

Ich muss jetzt aufhören, liebes Tagebuch. Es ist Zeit für mein tägliches Ritual.«
 


 

Gleichmütig brachte Ren mit einem Knopfdruck die Lautsprecher zum Schweigen, ehe er sich von seinem Schreibtischstuhl erhob und auf den eigens errichteten Schrein zuschritt, der die hintere Ecke seines Zimmers zierte. Das Wichtigste und Wertvollste – direkt nach seinem Tagebuch –, das er besaß. Sein persönlicher, kleiner Opa-Schrein.
 

„Opa“, sagte er ruhig, den Blick auf das alte Foto in der Mitte der Konstruktion gerichtet. „Ich grüße dich. Wie war dein Tag im Jenseits heute? Meiner, auf der Erde, war eher deprimierend. Aber es gibt etwas, das mich immer wieder aufheitert, wenn mich alles ankotzt – und zwar dich, Opa. Deshalb werde ich nun etwas vollbringen, das mich Tag und Nacht an dich erinnern und dich in Ehren halten wird.“
 

Bedächtig griff er nach dem langen und spitzen Gebilde, das neben dem Schrein auf seinem Bett lag, und hielt es für sein Gegenüber gut sichtbar in die Höhe.
 

„Mit dieser selbstgebauten Tattoonadel...“, fuhr er ehrfürchtig fort, „... werde ich nun deinen Namen in meinem eigentlich viel zu unwürdigen Arm verewigen. Lebe lang und in Frieden, Opa.“
 

KLOPF KLOPF, wurde die heilige Atmosphäre, die er sich mit so viel Hingabe geschaffen hatte, abrubt gestört, als es unerwartet an seiner Tür hämmerte.
 

„Jetzt nicht, Ma!“, rief er, während er sein mühevoll in der letzten Nacht zusammengebautes Utensil reflexartig unter der Bettdecke verschwinden ließ. Wenn seine Mutter das zu Gesicht bekam, würde sie nur wieder tagelang über den chronischen Herzinfarkt klagen, den er bei ihr angeblich auslöste. Zu seiner Überraschung war es jedoch nicht seine Mutter, die in diesem Moment die Türe öffnete und in sein Zimmer trat – nein, wesentlich schlimmer. „... Hux! Was hast denn ausgerechnet du hier zu suchen? Wenn du meine Zeit verschwenden willst, kannst du gleich wieder abhauen.“
 

„Oh, entschuldigung“, höhnte sein Erzfeind mit hochgezogener Augenbraue. „Habe ich dich vielleicht beim 'Bring-me-to-life-auf-Dauerschleife-hören-und-währenddessen-ein-Bild-von-Rey-anbeten' gestört?“
 

„Was, Dauerschleife? Wie lange stehst du schon vor meiner Tür und belauschst mich?!“
 

Hux rümpfte unbeeindruckt die Nase.
 

„Du hast den gesamten Songtext in deinem Blog gepostet, zusammen mit einer unmissverständlichen Nachricht und einem kitschigen, schlecht gezeichneten Bild von dir und Rey. Ich habe Besseres zu tun als heimlich vor deiner Tür rumzustehen und mir anzuhören, wie du irgendwelche Schweinereien in diesem Saustall veranstaltest.“
 

„Aber die Zeit, dir meinen Blog durchzulesen, hast du wohl trotzdem, was?“ So ein Vollidiot. „Jetzt rück mal raus, was du von mir willst. Ich hoffe, du hast einen guten Grund, hier aufzukreuzen.“
 

„Wenn du deine Augen mal richtig aufmachen würdest, wüsstest du schon längst, warum ich hier bin“, murrte Hux, als er den nur allzu bekannten Rucksack, den er mit sich trug, vor ihm auf dem Boden abstellte. „Dein Ranzen, den du Oberschlaumeier in der Turnhalle vergessen hast. Weswegen ich jetzt dazu genötigt wurde, ihn dir hinterherzutragen. Weil wir uns ja offensichtlich so gut verstehen, dass es mir logischerweise Spaß machen muss, dir mit deinem verschlampten Kram nachzurennen.“
 

Ren betrachtete besagten Ranzen einige Sekunden lang, dann schob er ihn beiläufig und mit einem schmalen Grinsen beiseite.
 

„Gar nicht so übel“, entgegnete er amüsiert. „Wenn es dir solchen Spaß macht, erlaube ich es dir, mir hin und wieder meine Sachen nachzutragen.“
 

„Wie gütig von dir. Ich wette, du hast deinen Siffbeutel mit Absicht da stehen lassen, damit du das morgen als Ausrede für deine nicht erledigten Hausaufgaben benutzen kannst. Aber so läuft das nicht, falls du es immer noch nicht kapiert hast.“
 

„Sonst noch was?“, fragte er gelangweilt. Hux sah ihn an, als sei er tatsächlich beinahe so etwas wie empört.
 

„Ein 'Danke' wäre ganz nett, wenn es dem großen Lord Ren nicht zu viele Umstände macht! 'Kylo Ren'... Wie kommt man überhaupt auf so einen bescheuerten Namen? 'Ren', soll das eine Mischung aus Rey und Ben sein, oder was?“
 

„Weißt du... Geh doch einfach nach Hause und friss Sauerkraut!“, gab Ren zurück, ohne sich die Mühe zu machen, diesem Ignoranten irgendetwas zu erklären. „Mein Name reimt sich wenigstens nicht auf 'sucks', also spiel dich nicht auf, als wärst du irgendwas anderes als ein jämmerlicher Loser.“
 

„Mit 'jämmerlich' kennst du dich ja bestens aus“, erwiderte Hux leise, jedoch nicht leise genug, um überhört zu werden. Selbst die zwei fast schon geflüsterten Wörter, die er – bereits im Begriff, kehrtzumachen und das Zimmer wieder zu verlassen – abfällig hinzufügte, entgingen Ren nicht. Er hatte es ganz genau verstanden. „Heulender Bastard.“
 

Schneller als er hätte darüber nachdenken können, hatte er Hux gepackt und gegen die Wand gedrückt, ausreichend kraftvoll, dass er sich nicht so leicht aus seinem Griff würde befreien können. Hux starrte ihn an, genauso ungnädig wie er es auch sonst immer tat, sagte aber kein Wort mehr. Vermutlich war ihm das Gejammer vergangen.
 

„Du denkst wohl, du kannst hierherkommen und dich wie der letzte Snob aufführen, nur weil meine Mutter so nett war, dich reinzulassen...?“ Immer noch keine Antwort. Nur dieser arrogante Blick. „Wenn du glaubst, du könntest dir alles erlauben... und... einfach zu mir kommen, weil du irgendein... ich... argh, verdammt, ich hasse dich, Hux!!“
 

„Ja, das beruht auf Gegenseitigkeit“, presste Hux augenscheinlich unter ziemlicher Anstrengung hervor. Erst jetzt fiel Ren auf, dass er ihn offenbar so fest in die Mangel genommen hatte, dass sein Gegenüber keine Luft mehr bekam. Eher widerwillig ließ er von ihm ab. Nachher würde man ihn noch des versuchten Mordes beschuldigen, und das musste nun wirklich nicht sein. „Mann... ernsthaft. Schlagfertig wie eh und je...!“
 

„Halt doch den Rand! Du bist selber schuld, du Arsch... Wenn du dich mit mir streiten willst, bitte. Aber lass meine Eltern aus dem Spiel!“
 

„Deine Eltern?“ Hux musterte ihn fragend, so als verstünde er nicht einmal, worum es hier eigentlich ging. „Ich sage nichts gegen deine Eltern. Deine Mutter scheint ganz cool zu sein, und deinen Vater kenne ich nicht. Du bist doch selbst derjenige, der sich dauernd beschwert!“
 

„Mein Vater kann mir gestohlen bleiben!“, zischte Ren, ohne den Anderen weiterhin anzusehen. „Anstatt auch nur ein einziges Mal für länger als eine Nacht am Stück nach Hause zu kommen, hängt er lieber in irgendwelchen Spielhallen rum und geht dann irgendwo klauen, weil er seine ganze Kohle verprasst hat. Und dann, wenn es ihm gerade passt, kommt er einfach mal angekrochen, um sich bei meiner Ma einzuschleimen, die, nach allem, was er inzwischen schon abgezogen hat, offenbar immer noch genug für ihn übrig hat, um ihn nicht in den Wind zu schießen. Das ist einfach alles zum Kotzen! Ich glaube, er ist ihr nicht mal mehr treu. Seinem Browserverlauf nach zu urteilen, steht er mehr auf, ähm... behaartere Exemplare...“
 

„Was?“ Hux' Gesichtsausdruck wirkte wie ein gerade noch unterdrückter Würgereiz. „Naja... Jeder hat so seine Vorlieben, oder? Wenigstens folgt dein Vater dir auf Facebook. Als Einziger, wohlgemerkt, neben diesem verdächtigen Account mit dem albernen Profilbild.“
 

„Das ist nicht albern! Das ist Matt, mein Cousin...!“
 

„Das bist du selbst mit Perücke, du Freak“, spottete Hux, klang dabei jedoch weitaus nicht mehr so arrogant wie er es bis vor Kurzem noch getan hatte. Vielleicht war es Einbildung, aber etwas schien sich in den letzten Sekunden verändert zu haben – wenn auch nur minimal. „Ich verstehe dich nicht, Ben. Jahrelang redest du kein Wort mit irgendjemandem, dann kriegst du plötzlich irgendeinen Spleen und tust so, als wärst du der gefährlichste Rowdy im Land... und dann, kaum dass ich mit dir alleine in einem Raum bin, erzählst du mir deine Lebensgeschichte, als wäre es das Normalste der Welt. Merkst du auch, dass da irgendwas nicht stimmt?“
 

„Lässt du jetzt den Vertrauensschüler raushängen? Du bist nämlich keiner, nur so zur Info“, knurrte er mürrisch, obwohl er zugegebenermaßen überrascht von Hux' ruhigem Tonfall war. Spielte er ihm etwas vor?
 

„Nein, bin ich nicht, das stimmt“, antwortete Hux dünn grinsend. „Mich interessiert nur gerade, was dich eigentlich dazu gebracht hat, zu so einem verkorksten Irren zu werden, falls ich das mal so sagen darf-“
 

„Darfst du nicht!“, unterbrach Ren ihn scharf. „Was bildest du dir eigentlich ein? Als wäre ein beknackter Streber, der in seiner Freizeit wahrscheinlich Marschlieder hört, auch nur ansatzweise in der Position, mich als Irren zu bezeichnen...!“
 

Ginger-Boy bedachte ihn einen Augenblick lang mit einem schwer zu deutenden Blick, dann wandte er sich um – der eiskalte Luftzug, den er dabei verursachte, war beinahe spürbar – und bewegte sich erhobenen Hauptes Richtung Tür.
 

„Auch gut“, sagte er, nicht im Geringsten beeindruckt. „Dann lasse ich dich halt wieder alleine in deiner verwunschenen Dunkelkammer. Wir sehen uns morgen, schätze ich.“
 

„Warte!“
 

Als habe er bereits damit gerechnet, dass Ren ihn nicht ganz so schnell würde abziehen lassen, drehte Hux sich wieder zu ihm um.
 

„Was denn noch?“, fragte er übertrieben selbstsicher. Ein bisschen zu selbstsicher für seinen Geschmack.
 

„Naja, ich... du... ähm“, begann Ren, in dem Versuch, einen vernünftigen Satz zu formulieren, als er dummerweise merkte, dass er sich nicht einmal sicher war, was er ihm überhaupt hatte an den Kopf werfen wollen. „Du bist doch... eigentlich nicht im Geringsten beliebter bei den anderen als ich. Ganz im Gegenteil, du hast auch keine Freunde. Oder Follower.“
 

„Was willst du mir jetzt damit sagen?“, gab Hux ungerührt zurück, was durchaus eine berechtigte Frage war – er selbst hatte leider keine Ahnung, was er mit dieser Feststellung eigentlich bezwecken wollte. Aber das musste er sich ja nicht anmerken lassen.
 

„Ganz einfach“, antwortete Ren. „Du... darfst dich gar nicht aufspielen, als wärst du in irgendeiner Weise was Besseres als ich. Das darfst du sowieso nicht, solange du dich in meinen vier Wänden befindest! Was haben die sich eigentlich gedacht... ausgerechnet dich zu mir nach Hause zu schicken?“
 

„Mister Kenobi denkt, wir kämen gut klar“, erklärte Hux schulterzuckend. „Außerdem... sei doch froh. Wäre es dir lieber gewesen, er hätte irgendeinen anderen geschickt?“
 

„Nein“, sagte er schnell, bevor Hux noch auf die Idee kommen konnte, das Thema auf Rey zu lenken. Mit ihm über sie zu reden – darauf hatte er definitiv keine Lust. „Trotzdem... Können wir dem Typen nicht einfach mal deutlich machen, dass wir eben nicht so gut klarkommen, wie er denkt? Sonst geht das nachher immer so weiter...!“
 

„Das könnte schon sein“, entgegnete Hux zustimmend. „Dann sag es ihm doch einfach morgen. Ich muss ja nicht dabei sein, oder?“
 

„... Musst du nicht, nein.“
 

„Gut. Dann ist ja jetzt alles geklärt.“
 

„Ja, ich glaube auch.“
 

Eine Weile lang – Ren hätte nicht ausmachen können, ob es sich um einige Sekunden oder eher Minuten handelte – sagte keiner von ihnen ein Wort. Es kam ihm unglaublich absurd vor, weil er niemals damit gerechnet hätte, einmal in der Situation sein zu werden, Hux Auge in Auge gegenüberzustehen, ohne dass sie sich etwas zu sagen hatten.
 

„Darf ich dich mal was fragen?“, murmelte Ren, mehr, um diese grauenhafte Stille zu durchbrechen, als alles andere. „Obwohl... Eigentlich brauche ich deine Erlaubnis nicht, ich frage einfach: Gibt es irgendjemanden – egal, ob außerhalb oder innerhalb der Schule –, den du magst? Und ich meine jetzt nicht- Ich meine nur jemanden, mit dem du... redest. Persönliche Gespräche und sowas, du weißt schon.“
 

Hux sah ihn, ganz kurz nur, sichtlich überrascht an. Dann wandte er den Blick emotionslos von ihm ab.
 

„Ich wüsste nicht, was dich das angeht“, erwiderte er knapp. Ren war sich beinahe sicher, die Antwort bereits zu kennen.
 

„Tja... Dich geht es genauso wenig an, warum ich zu so einem 'verkorksten Irren' geworden bin, um dich mal zu zitieren.“ Das stimmte ja auch. Wenn Hux sich herausnahm, sich in seine Privatsachen einzumischen, dann hatte er andersherum ja wohl auch das Recht darauf, etwas über ihn zu erfahren, oder nicht? „Also, sag schon... Hast du... Hast du jemals eine Person verloren, die dir so richtig viel... bedeutet hat?“
 

„Das ist eine andere Frage als die von vorher!“
 

„Wie man's nimmt“, sagte Ren leise. Wenn die anderen sich nur einmal Gedanken darüber machen würden, wie eng diese beiden Fragen miteinander verstrickt waren...
 

Hux musterte ihn mit einem seltsamen Ausdruck in den Augen, bevor er langsam ein paar Schritte auf ihn zumachte.
 

„Du... versuchst nur, von dir selbst abzulenken, oder? In Wirklichkeit geht es dir bei deiner Fragerei gar nicht um mich – sondern um dich. Und du hast nur Angst, wie ein Weichei dazustehen, wenn du von alleine damit anfängst, mir von deinen zerrissenen Gefühlen zu erzählen... ist das nicht so?“
 

„Zerrissene- Ich habe keine zerrissenen Gefühle!“
 

„Nein, ich weiß. Du hast gar keine Gefühle, stimmt's? Darum rastest du auch jedes Mal aus, sobald irgendeiner ein falsches Wort zu dir sagt, und wütest wie Godzilla“, gab Hux hörbar zynisch zurück. „Du langweilst mich, Ben oder Ren oder wie auch immer du jetzt heißt. Weißt du was? Es gäbe bestimmt das eine oder andere Mädchen – abgesehen von Rey! –, das sich für dich interessieren würde, wenn du dich nicht immer aufführen würdest wie ein bockiges Kleinkind. Du kannst von Glück sagen, dass ich geschickt wurde, dir deine Sachen zu bringen, und nicht irgendein x-beliebiger Trottel aus unserer Klasse... Ich bin hier immerhin derjenige, der mit deinen Ausbrüchen von allen am ehesten umgehen kann. Und wenn du es genau wissen willst: Ja, es gibt jemanden, der mir richtig viel bedeutet hat und den ich verloren habe. Und zwar meine Katze. Wenn du mich jetzt auslachen willst, tu dir keinen Zwang an, aber ich habe dir wenigstens geantwortet – im Gegensatz zu dir.“
 

Einen Moment lang starrte Ren sein Gegenüber ungläubig an. Hux hatte gerade nicht wirklich gesagt, dass- Nein. Das war einfach zu absurd.
 

„Warte mal...“, versuchte er zögerlich, zu einer Antwort anzusetzen. „Deine... Deine Katze ist die einzige Person... mit der du redest? Oder wie darf ich das verstehen?“
 

„War ja klar, dass einer wie du das nicht kapiert!“, schleuderte Hux offenbar verärgert zurück, wandte den Blick dann von ihm ab und fixierte irgendeinen unbestimmten Punkt im Raum. „Manchmal... ist es eben besser, mit jemandem zu reden, der einem nicht antwortet, dafür aber die ganze Zeit zuhört. Geduldig und aufmerksam... Und dabei ist es egal, ob es ein Mensch oder ein Tier ist, mit dem man Zeit verbringt.“ Kurz schien er mit den Gedanken abzuschweifen, ehe er sich ihm seufzend wieder zuwandte und fortfuhr. „Tja... Jetzt spielt es sowieso keine Rolle mehr. Um mal meine Mutter zu zitieren: 'Kein Wunder, dass Millie abgehauen ist. Sie hatte einfach keine Lust mehr auf dich. Kann ich verstehen, so geht es mir auch oft. Aber du kannst dir ja eine neue Katze kaufen, die du zu Tode nerven kannst'.“
 

Das hat deine Mutter zu dir gesagt? Kannst du dir das überhaupt so einfach leisten – eine neue Katze, meine ich?“
 

Hux lachte kurz. Er schaffte es sogar, beim Lachen zynisch zu klingen.
 

„Das Argument habe ich auch gebracht“, sagte er. „Sie meinte, ich könnte ja putzen gehen.“
 

„... Wow“, war alles, was Ren irgendwann nach einer seltsam langen Weile des Schweigens hervorbrachte, und das auch nur, weil er sich dumm dabei vorkam, bloß herumzustehen und gar nichts zu sagen. Viel mehr als das fiel ihm bedauerlicherweise nicht ein (außer, dass er die Vorstellung davon, wie Hux irgendwelchen Leuten, um sich ein wenig Geld zu verdienen, spezielle Dienste erwies, recht amüsant fand – auch wenn das in der aktuellen Situation vielleicht nicht ganz angemessen war), weshalb er Hux, in der Hoffnung, dass er vielleicht noch mehr erschütternde Geschichten aus seinem Privatleben preisgeben würde, bloß abwartend ansah. Leider schien auch ihm nichts weiter zu der Sache einfallen zu wollen. „Also...“, fügte er zu seinem einsam im Raum stehenden „Wow“ hinzu, während er überlegte, wie er das eben Gesagte am sinnvollsten kommentieren könnte. „... Das ist ganz schön gemein von deiner Mutter. Ich hätte nicht gedacht, dass... deine Mutter so gemein ist.“ Irgendwie hatte das nicht besonders schlau geklungen, fiel es ihm im Nachhinein auf. „Was ist mit deinem Vater? Hat der auch irgendeine Meinung dazu?“
 

„Mein Vater ist da nicht großartig anders als meine Mutter“, gab Hux mit einem noch immer ziemlich bitteren Lächeln zurück. „Wenn ich eine gute Note nach Hause bringe, tun sie so, als wären sie wahnsinnig stolz, mich als Sohn zu haben, schmeißen mit schleimigen Lobesreden um sich und kommen jedes Mal mit den gleichen Standardsprüchen um die Ecke. Früher habe ich ihnen das noch geglaubt... dass sie das ernst meinen... Aber selbst ein Idiot hätte irgendwann gemerkt, dass Noten und ihr Ruf alles sind, was sie interessiert. Der Rest ist denen egal.“
 

„Hm...“ Ren schaute sich in seinem Zimmer um, halb in der Erwartung, dass ihm das dabei helfen würde, sich eine einigermaßen hilfreiche Antwort einfallen zu lassen, und halb, weil er sich aufdringlich fühlte, wenn er Hux konstant mit diesem penetranten Blick betrachtete. In diesem Augenblick wollte er lieber nichts Taktloses vom Stapel lassen, so wie er es sonst häufig tat. Er wusste nicht, warum, aber er wollte ihm tatsächlich helfen – nur hatte er keine Ahnung, wie. Hatte er möglicherweise Mitleid mit Hux, nachdem er ihm auf eine so ungewohnte Art etwas Persönliches anvertraut hatte? Oder war da noch ein anderer Faktor im Spiel? Bewunderung vielleicht. Ja, wahrscheinlich war es das. Er bewunderte Hux, weil er trotz der Tatsache, dass er niemanden zum Reden hatte und alles mit sich alleine ausmachen musste, immer die Ruhe behielt, immer gefasst war – und es ausnahmslos jeden Tag hinbekam, seine Fassade vor den anderen aufrechtzuerhalten. Und ausgerechnet vor ihm ließ er es zu, dass diese Fassade ein einziges Mal leicht bröckelte. Das war fast zu unwirklich, um wahr zu sein. „Weißt du...“, begann Ren schließlich, weil nun definitiv er an der Reihe war, seinen Teil zu dieser Konversation beizutragen, „... du bist, ähm... nicht der Einzige, dem es so geht. Du hast ja gesagt, manchmal sei es besser, mit jemandem zu reden, der einem nicht antwortet, dafür aber zuhört. Ich mache das auch. Mit meinem Opa.“
 

Jetzt war Hux derjenige, der – wenn auch nur ein kleines bisschen – überrascht aussah.
 

„Du hast nie erwähnt, dass du einen Großvater hast, mit dem du dich gut verstehst“, bemerkte er nach einigen Sekunden.
 

Natürlich habe ich das nicht, entgegnete Ren gedanklich. Wem gegenüber hätte er das denn schon erwähnen sollen? Aussprechen tat er es jedoch nicht.
 

„Warum... antwortet er dir nicht?“, fragte Hux, scheinbar – für ihn untypischerweise – etwas unsicher. „Ist er-“
 

„Er ist tot“, beendete Ren den Satz für ihn. Er wollte mehr sagen als nur das; mehr als diese drei Worte, deren Inhalt ihm viel zu grausam und endgültig schien, um sie einfach so stehenzulassen. Er wollte es erklären, was sich allerdings erübrigte, als Hux' Blick bereits von selbst zu dem Schrein und dem darauf befindlichen Bild schweifte, das er beim Hereinkommen offenbar fälschlicherweise für ein Bild von Rey gehalten hatte.
 

„Dann nehme ich an...“, erwiderte er, während er den Schrein eine Weile lang mit einem undefinierbaren Gesichtsausdruck begutachtete, ohne den Satz jedoch zu Ende zu bringen. Erst einen Moment später, als er den Blick wieder von der Vorrichtung abwandte, begann er von Neuem. „Ich verstehe“, sagte er leise. Es klang beinahe falsch, diese Aussage aus seinem Mund zu hören, doch er schien es ernst zu meinen. „Das erklärt, warum du mir diese Frage gestellt hast, und... vielleicht erklärt es sogar noch mehr.“
 

Ren ging nicht darauf ein. Es gab nichts, was er darauf hätte antworten können.
 

„Du hast ihn sehr gemocht, oder?“, fragte Hux weiter; sein neutraler Tonfall war auf irgendeine Weise gleichzeitig beruhigend und verunsichernd. „Er war deine einzige echte Bezugsperson, stimmt's? Und dann, mit einem Mal-“
 

„Er war viel mehr als nur das“, unterbrach Ren Hux' Mutmaßungen, die erschreckend stark mit der Realität übereinstimmten. „Er war mein bester Freund, mein Idol und mein... Vater. Und das alles zur selben Zeit. Er war einfach der Beste. Alles, was für mich jemals wichtig war, habe ich von ihm gelernt. Er war noch nicht so alt, weißt du? Er hatte plötzlich einen Unfall... Ein Jahr ist das schon her. Aber... ich kann mich einfach nicht daran gewöhnen...“
 

Eine beklemmende Stille hatte sich zwischen ihnen ausgebreitet, nachdem er aufgehört hatte zu sprechen, und kurz darauf war er sich nicht einmal mehr sicher, ob er all das eben wirklich laut gesagt hatte oder ob es nicht doch nur ein Selbstgespräch in seinem Kopf gewesen war, das niemals nach außen dringen würde – schon gar nicht vor einem seiner Mitschüler! –, um ihn bloß nicht wie die herumjammernde Memme dastehen zu lassen, als die ihn früher immer alle betrachtet hatten. Nein, er wollte und durfte jetzt nicht schwach werden! Nicht in Gegenwart eines anderen...
 

Hux stand noch immer wortlos vor ihm, möglicherweise ein klein wenig näher als vorher. Vielleicht bildete er sich das aber auch ein. Er konnte seine Mimik nicht deuten. Das hatte er noch nie gekonnt. Während er selbst für ihn wie ein offenes Buch zu sein schien, hatte er es andersherum nie geschafft, zu durchschauen, was in Hux vorging. Wahrscheinlich war er zu stolz, um andere an seinen Gedanken und Empfindungen teilhaben zu lassen; im Grunde genau wie er selbst – mit dem Unterschied, dass es ihm besser gelang als Ren, sich geschlossen zu halten. Aber ewig konnte er das nicht durchziehen, das wusste er. Wenigstens jetzt, in dieser Situation, würde er nicht konstant so kalt bleiben können.
 

„Ich finde es in Ordnung, dass du mir das erzählt hast“, sagte Hux irgendwann, sichtlich darauf bedacht, nichts Falsches von sich zu geben, und machte eine vage Bewegung, die danach aussah, als wolle er eine Hand nach ihm ausstrecken, habe sich aber gerade noch zurückgehalten, es nicht zu tun. „Jetzt kommst du mir gleich weniger vor wie ein Wesen von einem anderen Planeten.“ Er verzog keine Miene, während er mit ihm redete. Nicht ein bisschen. „Ich werde es nicht weitersagen, was du mir heute verraten hast. Versprochen.“
 

„Danke...“, brachte Ren eher undeutlich heraus, während er darüber nachdachte, ob es nicht irgendeine Möglichkeit gab, Hux' Fassade ein weiteres Mal zum Bröckeln zu bringen, wenn er ihn schon einmal soweit gehabt hatte, dass er persönliche Details über seine Eltern ausplauderte. Bis jetzt hatte er sich sogar nur schwer vorstellen können, dass Hux überhaupt Eltern besaß. Erst seit wenigen Minuten hatte er das Gefühl, jemanden vor sich zu haben, der mit ihm – zumindest einigermaßen – auf Augenhöhe war. Erst seit jetzt – innerhalb der letzten paar Minuten – war Hux wirklich, wirklich interessant geworden. Wie zum Teufel also war aus ihm mehr herauszubekommen als das, was er bisher von ihm gesehen hatte?
 

„Gut“, vernahm er nur verschwommen die Stimme seines Gegenübers. Wahrscheinlich war er zu sehr in Gedanken gewesen, um noch vollständig mitzubekommen, was um ihn herum passierte, aber wenn er es richtig deutete, schien Hux vorzuhaben, sich umzudrehen und wieder zu gehen. Einfach so. Konnte er jetzt wirklich einfach so, nach allem, worüber sie eben gesprochen hatten, ohne Weiteres wieder gehen? Nein, konnte er nicht – denn bevor er die Gelegenheit dazu hatte, irgendetwas zu tun, hatte Ren ihn rasch zu sich gezogen und küsste ihn. Er hatte nicht geplant, das zu tun. Es war nicht einmal ein spontaner Entschluss gewesen sondern vielmehr ein Impuls, dem er folgen musste, weil es in diesem Augenblick das einzig Richtige zu sein schien. Für den Bruchteil einer Sekunde begann er zwar, an der Richtigkeit dieser Handlung zu zweifeln, doch ab dem Moment, in dem er merkte, dass Hux nicht mehr nur stocksteif dastand sondern sich tatsächlich auf seine unüberlegte Aktion einließ, waren diese Zweifel schnell wieder verflogen – allerdings nur solange, bis er ihn, einem weiteren plötzlichen Impuls folgend, genauso rasch, wie er ihn zu sich gezogen hatte, wieder von sich stieß. Der Ausdruck, mit dem Hux ihn nun anstarrte, sah nach irgendetwas zwischen Ungläubigkeit, Entgeisterung und noch etwas anderem aus, das er nicht zuordnen konnte.
 

„Was zum- Sag mal, bist du besoffen?“
 

„Ich... Ich musste... Das war mein Opa!“, stieß Ren nervös aus, in dem Versuch, zu rechtfertigen, was er da eben verzapft hatte, schien jedoch bei Hux leider auf wenig bis gar kein Verständnis zu stoßen. Er konnte es ihm nicht verübeln. Auf ihn musste es den Eindruck machen, als sei er nicht ganz bei Trost.
 

„... Was, bitteschön, hat dein Opa damit zu tun, wenn du- Gott, du bist ja völlig irre!“
 

„Nein, du verstehst das falsch! Er hat gesprochen! Er hat gerade gesagt, wenn ich... wenn ich unsittliche Dinge tun will, soll ich das woanders machen und nicht direkt vor seinen Augen...“ Das war nicht gelogen! Er hatte seine Stimme wirklich gehört... glaubte er zumindest. Wahrscheinlich erzielte diese Erklärung aber nicht eben die Wirkung, dass Hux sich beruhigte und ihn für weniger irre hielt, wenn er dessen Gesichtsausdruck richtig interpretierte. „Sorry...“, schob Ren nachträglich hinterher, „... das gerade war nur... naja... Das kommt nicht wieder vor.“
 

Hux sah ihn an, lange und mit einem fast schon durchbohrenden Blick – sagen tat er aber nichts. Vielleicht war er geistig immer noch damit beschäftigt, das Erlebnis von eben zu verarbeiten. Oder er war vorsichtig geworden, weil er nun wusste, dass ein Dritter in diesem Raum anwesend war, der jede seiner Bewegungen und Worte genauestens verfolgte – wenn es sich dabei auch um einen Toten handelte.
 

„Ähm“, machte Ren, um das unangenehme Schweigen zu brechen, das momentan herrschte. „Tja... Bist du eigentlich schwul?“
 

Anstatt einer Antwort fing Hux plötzlich an zu lachen – jedenfalls angedeutet; richtig gelacht hatte er, zumindest in seiner Gegenwart, noch nie – und wandte den Blick dann scheinbar fassungslos zur Seite.
 

„Du bist echt unglaublich“, sagte er mit einem merkwürdigen Unterton. „Mich erst zu küssen und mich dann sowas zu fragen...“
 

„Dass ich unglaublich bin, weiß ich. Aber du weichst meiner Frage aus“, gab Ren, vielleicht ein wenig zu ungeduldig, zurück. Vorher hatte er keine Zeit gehabt, danach zu fragen – jetzt hatte er genügend davon. Und wenn jemand bei einem derart unerwarteten Kuss von jemandem, den er angeblich nicht leiden kann, nicht einmal abgeneigt schien, war es doch irgendwie logisch, dass er es nun genauer wissen wollte.
 

„Ich weiß es nicht“, entgegnete Hux überraschenderweise, ohne ihn direkt anzuschauen. „Ich habe mir, ehrlich gesagt, noch nie Gedanken darüber gemacht. Und was ist mit dir? Ich dachte, du stehst auf Re-“
 

„Tue ich auch“, warf er ein, bevor Hux den Namen ganz aussprechen konnte. Er wollte diesen Namen jetzt nicht hören. „Ich mag sie, das stimmt. Aber sie ist jetzt nicht hier. Du schon.“ Er merkte selbst, dass es sich irgendwie danach angehört hatte, als habe er ihn bloß als eine Art Ersatz für jemanden benutzt, der nicht zur Verfügung stand, und ärgerte sich darüber, dass er es nie schaffte, Dinge so zu formulieren, wie er sie tatsächlich meinte. Eine Eigenart von ihm, die ihm schon oft Schwierigkeiten bereitet hatte. „Was mich wundert, ist nur... Ich habe dich immer für total spießig und verklemmt gehalten und auch für, wie soll ich sagen, weniger... tolerant.“
 

„Tja... Vielleicht bin ich nicht ganz das, wofür du mich gehalten hast.“ Das war er sogar mit Sicherheit nicht, dachte Ren, denn sonst würde er das, was sie vor wenigen Minuten getan hatten, wesentlich mehr bereuen. Sie beide würden es bereuen und jetzt nicht auf diese spezielle Art und Weise miteinander reden, in der keine Spur mehr von Verachtung oder Arroganz lag sondern in erster Linie Interesse und möglicherweise sogar ein wenig... Sympathie? Bereuen tat er bestenfalls, dass er nicht wenigstens dieses eine Mal auf seinen Opa gepfiffen und den besten Augenblick der letzten Monate, wie er gerade eben feststellte, nicht noch etwas länger hinausgezögert hatte. „Und... was machen wir jetzt?“, fragte Hux irgendwann, nachdem sie sich zum gefühlt zehnten Mal an diesem Tage peinlich angeschwiegen hatten. „Fällt es deiner Mutter nicht auf, wenn ich so lange in deinem Zimmer bleibe? Immerhin war ich vorher noch nie hier, und ich habe ihr vorhin auch gesagt, dass ich mich nicht lange aufhalten würde.“
 

„Meine Mutter ist da ganz locker, aber was ist mit deinen Eltern?“, erwiderte Ren vorsichtig. „Du wirst ihnen ja wahrscheinlich nicht sagen, dass wir... naja-“
 

„Natürlich werde ich das nicht!“, entgegnete Hux hörbar schockiert. „Die würden mich im harmlosesten Fall enterben!“
 

„Im harmlosesten Fall...?“, wiederholte Ren, nun selbst ein wenig schockiert. Wie die nicht-harmlosen Fälle aussehen würden, wollte er sich lieber nicht vorstellen. Erst jetzt fiel ihm auf, wie viel Glück er anscheinend mit seiner eigenen Familie noch gehabt hatte. „Ich... könnte dich ja bei mir aufnehmen, wenn sie dich rausschmeißen. Dann wohnst du eben hier, und deine Eltern können zusehen, wie sie klarkommen.“
 

Wieder dieses zynische Lachen.
 

„Noch vor einer halben Stunde konntest du mich nicht ausstehen und wolltest mich nicht mal in deinem Zimmer haben.“
 

„Ich habe meine Meinung eben geändert“, sagte Ren, hoffentlich nachdrücklich genug, damit Hux ihm glaubte. Noch mehr missverständliche Aussagen herauszuhauen, wollte er lieber vermeiden. „Ich glaube... du bist gar nicht so übel, wie ich dachte. Also... wie wär's? Wollen wir nicht von heute an... naja, zusammen sein?“
 

„Ts“, machte Hux einen Moment später leise; es hatte fast etwas Amüsiertes an sich. „Ich weiß, ich wiederhole mich, aber du bist unglaublich.“
 

„War das ein 'Ja'?“
 

„... Wie du willst. Such es dir einfach aus.“
 

Das war mehr, als er sich erhofft hatte. Deutlich mehr. Eigentlich hätte er keine bessere Antwort von ihm bekommen können. Jahrelang hatten sie entweder überhaupt nicht miteinander gesprochen oder, falls doch, kein gutes Wort füreinander übrig gehabt. Und jetzt, nach einer einzigen kurzen Unterhaltung, konnten sie all das einfach hinter sich lassen, einen Neuanfang starten und hatten sogar die Chance, ein paar Erfahrungen zu sammeln, die ihnen alleine sicherlich verwehrt geblieben wären. Hux schien nichts dagegen zu haben. Trotz der Tatsache, dass diese Idee wirklich absolut hirnrissig war, hatte er nichts dagegen. Ren konnte nicht anders, als ihn dafür zu umarmen – und stieß damit, entgegen seiner Erwartung, bei ihm nicht einmal auf Protest.
 

„Lass uns aber aufpassen, dass in der Schule niemand was davon mitbekommt“, sagte Hux etwas verhalten – vermutlich weil so viel Nähe von einem dermaßen beeindruckenden und temperamentvollen Kerl wie ihm ihn verunsicherte. „Wenn wir schon sowas versuchen, muss es ja nicht jeder wissen... Also reiß dich draußen ein bisschen zusammen, ja?“
 

„Ich werde tun, was ich kann. Aber versprechen kann ich nichts“, grinste Ren, plötzlich sehr froh darüber, dass er seinen Rucksack in der Sporthalle hatte stehen lassen. Dass er es tatsächlich mit Absicht und nur zum Trotz getan und nicht damit gerechnet hatte, dass jemand ihm das Teil hinterhertragen würde, brauchte er ja nicht zu erwähnen. Hux sah ihn nur kurz an, als er sich wieder aus seinem Griff befreit hatte, und wandte sich dann, kaum hörbar seufzend, in Richtung Tür.
 

„Ich muss jetzt langsam nach Hause. Die Hausaufgaben müssen noch erledigt werden. Und deine mit Sicherheit auch“, erinnerte er ihn bedauerlicherweise an die weniger schönen Dinge des Lebens, während er die Klinke ein Stück herunterdrückte und dann bereits halb hinter dem Türrahmen verschwunden war.
 

„Ja, das stimmt... Dann mach's mal gut“, gab Ren zögerlich zurück, obwohl es ihm wie ein ziemlich lausiger Abschied erschien, dafür, dass sie nun ein Paar waren. Das waren sie doch, oder? Natürlich waren sie das, immerhin hatten sie dem gerade eben beide im gegenseitigen Einverständnis zugestimmt – oder zumindest so etwas Ähnliches. „Ach ja, noch was...!“, rief er Hux nachträglich hinterher, der sich mit fragendem Blick noch einmal zu ihm umdrehte. „Deine Millie“, sagte Ren, „wird bestimmt zu dir zurückkommen. Früher oder später wird sie das, da bin ich sicher.“
 

Im ersten Augenblick scheinbar überrascht, wahrscheinlich weil er sich trotz der nur beiläufigen Erwähnung den Namen der Katze gemerkt hatte – er selbst war ganz schön erstaunt darüber –, stand Hux auf der Schwelle zwischen dem Flur und seinem Zimmer, lächelte dann und kehrte ihm wieder den Rücken zu.
 

„Bis morgen!“, war alles, was Ren von ihm zur Antwort bekam, bevor er sich endgültig aus seinem Zimmer und kurz darauf vermutlich auch aus dem Haus entfernt hatte – aber er hatte gelächelt.
 

Am heutigen Tage, einem wirklich überaus durcheinanderen und skurrilen Dienstag, hatte er ihn zum ersten Mal ehrlich lächeln sehen.
 

Ren hörte das klickende Geräusch der einrastenden Haustür von Weitem, blieb noch eine Weile lang an Ort und Stelle stehen und schloss für einen Moment müde die Augen, ehe er sich erneut auf seinem Schreibtischstuhl niederließ, nach seinem Rucksack griff und sich an die Hausaufgaben begab.
 


 


 


 

»Liebes Tagebuch,

gestern ist in sehr kurzer Zeit sehr viel passiert. Wenn ich jetzt alles ausführlich erkläre, bin ich in zwei Stunden noch nicht damit fertig, aber grob zusammenfassen kann ich es ja mal eben:

Nach meinem letzten Eintrag kam Ginger-Boy wie mein persönlicher Diener zu mir nach Hause und brachte mir meine Sachen. Erst ist er mir auf die Nerven gegangen, dann ist er mir nach ein paar Minuten sympathisch geworden und dann haben wir uns geküsst. Jetzt sind wir zusammen. Ich hätte nicht gedacht, dass das so schnell gehen könnte, aber ehrlich gesagt habe ich ja den Verdacht, dass er die ganze Zeit über schon heimlich in mich verknallt war. Darum hat er auch, ohne groß zu überlegen, in meinen Vorschlag eingewilligt. Aber ist auch egal, die Hauptsache ist, dass es jetzt deutlich lustiger ist, zur Schule zu gehen, als vorher! Heute morgen bin ich extra noch etwas früher aufgestanden als sonst, um Hux auf dem Weg zu treffen und mit ihm zusammen weiterzulaufen. Irgendwie hat er ganz schön fertig ausgesehen, wenn ich so drüber nachdenke... Als hätte er entweder die ganze Nacht nicht geschlafen oder als wäre er... keine Ahnung, verkatert gewesen oder so. Zum Glück hat sich das im Laufe des Tages gegeben und wir hatten noch eine Menge Spaß miteinander. Gut, die ersten beiden Stunden waren noch nicht sonderlich spektakulär. Dafür aber die Pause. Hux war ja erst total dagegen, unsere neugeborene Beziehung in der Öffentlichkeit auszuleben, weshalb ich ihn selbst zu ein bisschen Action hinter einem geparkten Auto nur schwerlich überreden konnte. Er meinte, ein Versteck, bei dem man nicht mal eine Tür hinter sich abschließen kann, sei kein richtiges Versteck. Ich muss zugeben, dass er damit wohl nicht ganz falsch lag. Wir wurden wirklich dort erwischt. Von Phasma. Aber auch nur, weil auf diesem geparkten Auto angeblich ein Tauboss saß, das sie unbedingt fangen wollte. Sie hatte tatsächlich ihr Smartphone dabei, aber ich vermute, dass sie das nur als Vorwand benutzt und uns in Wahrheit über den ganzen Schulhof verfolgt hat, um ein Foto von uns zu knipsen, das sie sich zu Hause übers Bett hängen und anschmachten kann. Bestimmt hat sie direkt gemerkt, was zwischen uns läuft, und ist jetzt unser Fangirl. Zuzutrauen wäre es ihr, bei den gewissen Comic-Genres, die sie in der Schule immer liest. Rey dagegen scheint mich jetzt noch abstoßender zu finden als zuvor. Aber das ist mir egal, ich habe meine Meinung über sie geändert. Rey kann mich mal kreuzweise. Nur weil sie hübsch, klug, fleißig, stark, engagiert und beliebt ist, braucht sie sich nichts einzubilden. Hux ist schließlich auch klug, fleißig und engagiert und noch dazu seit gestern nett zu mir... im Gegensatz zu ihr. Naja, was auch immer. Wenn ich genug Zeit habe, werde ich hier mal ein Bild von Rey an einem Galgen hinzeichnen. Rofl.

Nach der Pause hatten wir zwei Stunden Physik und außerdem das Glück, Gruppen mit Leuten bilden zu können, die wir uns selbst aussuchen durften. Für wen ich mich entschieden habe, dürfte klar sein. Außer Hux und mir saß zwar auch noch Phasma mit uns zusammen, aber das hat eigentlich kaum gestört. Sie war ganz unterhaltsam, hatte ein paar nette Geschichten zu erzählen und hat zwischendurch hin und wieder freudig gequiekt, wenn ich Hux unter der Tischplatte ein bisschen geärgert habe. In der Pause sind wir schließlich nicht fertiggeworden, und das kann man ja nicht einfach so stehenlassen. (Unabsichtliches Wortspiel...) Wir haben ganz hinten gesessen, da fällt ja niemandem auf, wo ich meine Hände habe. Nach der zweiten Pause mussten wir dann leider trotzdem zum Direktor, weil Finn uns in der Toiletten-Kabine gehört hat und das natürlich sofort petzen musste, der blöde Verräter. Aber was wäre uns anderes übrig geblieben? Was man anfängt, macht man auch zu Ende, und in der Verfassung hätten wir ja schlecht einfach wieder in den nächsten Unterricht gehen können! Das hat sogar Hux eingesehen, weshalb es diesmal auch nicht allzu schwer war, ihn davon zu überzeugen, mit mir in die Kabine zu kommen. Direktor Snoke war anscheinend weniger begeistert und hat Finn natürlich auch direkt geglaubt, als er ihm das erzählt hat. Mann, hat der uns böse angeguckt. Der soll sich mal nicht so aufspielen, der dämliche Snoke, wo der selber aussieht wie so'n perverser Gollum. Wenigstens hat er es uns hinterher noch halbwegs abgekauft, als wir sagten, Hux wäre plötzlich übel geworden, ich hätte ihn in den WC-Raum begleitet und Finn wär einfach ein Spinner, der sich komische Sachen einbildet. Ein Glück, dass Hux heute sowieso ziemlich kränklich aussieht. Dadurch wirkte das alles noch glaubhafter und er durfte nach Hause gehen. Ich bin einfach mal mitgekommen. Naja, genauer gesagt, sind wir jetzt beide bei mir zu Hause, und Hux versucht gerade, sich einen roten Khajiit zu erstellen, weil ich ihm gesagt habe, er soll sich irgendein PS3-Spiel zum Zocken aussuchen, während ich meinen täglichen Tagebuch-Eintrag verfasse. (Erst mal hat er mich gefragt, ob ich nicht vielleicht 'Tetris' hätte... Ernsthaft? Für PS3??) Nachher muss er zwar noch bei seinen Eltern anrufen und sich irgendeine Ausrede einfallen lassen, warum er nicht da ist, aber bis dahin ist er wenigstens beschäftigt, solange ich noch schreibe. Es kommt mir ja einerseits ein bisschen unwirklich vor, dass er gerade wie selbstverständlich bei mir abhängt, obwohl ich gestern Morgen noch dachte, er wär voll der Lackaffe. Andererseits habe ich aber auch fast das Gefühl, als wär's immer schon irgendwie so gewesen. Hux ist echt korrekt drauf, wenn man ihn näher kennenlernt. Auf dem Weg nach Hause haben wir beschlossen, eine Band zu gründen und uns 'First Order' zu nennen. Das heißt... eigentlich habe nur ich das beschlossen, aber er fand den Vorschlag ganz lustig. Spricht ja auch nichts dagegen, außer dass keiner von uns ein Instrument spielen kann – aber das kann man ja lernen. Wir haben uns ein paar Songs überlegt, die wir für einen YouTube-Channel covern könnten, aber als ich dann von meiner genialen Vision eines Liedes namens 'All the things he said' erzählt und ihm das tolle, provokante Video erklärt habe, das wir im Regen dazu drehen könnten, meinte er nur, ich hätte einen Dachschaden. Kann man nichts machen. Irgendwann kriege ich ihn schon noch dazu!!

Tja, ich glaube, ich sollte diesen Eintrag dann auch langsam mal beenden. Hux wird gerade von einem Drachen angegriffen und ich kann nicht mitansehen, wie er sich anstellt.
 

Auf eine lange und glückliche Partnerschaft!

K. Ren und _________ «
 


 

„... Ich kann nicht fassen, was du da alles über mich in dieses bescheuerte Heft geschrieben hast... und noch weniger, dass du mich das jetzt auch noch unterzeichnen lassen willst!“, murrte Hux, während er das Buch in seiner Hand starr betrachtete, dessen letzten Eintrag er offenbar eben fertiggelesen hatte, und warf dann einen so aussagekräftigen Blick auf ihn, dass es Ren beinahe zum Lachen brachte.
 

„Erstens ist das kein bescheuertes Heft sondern 'The awesome and thrilling journal of Ben Solo' – und der Titel ist Programm! Auch wenn ich den Namen Ben Solo mittlerweile gerne streichen würde... aber das würde den schönen Schriftzug zu sehr verschandeln“, gab er schwelgerisch zurück, während er den besagten, einst von ihm in verschnörkelten schwarzen Buchstaben gemalten Schriftzug auf dem Buchdeckel bewunderte. „Und zweitens... Was ich über dich geschrieben habe, entspricht doch alles der Wahrheit!“
 

„Ja, aber... du hättest manche Formulierungen wirklich- Ich hoffe ernsthaft, dass das niemals irgendwer außer mir findet und sich durchliest! Mein armes Image...!“
 

„Ach, komm, was denn für'n Image?“, grinste Ren und dachte wieder an die Minuten in der Kabine. Das Bild, das er sich dort von seinem augenscheinlich so spießigen Mitschüler hatte machen können, war eigentlich viel zu grandios, um es vor der Außenwelt zu verbergen. „Mecker mal nicht rum, ich hab' ja nicht mal alle Details darüber hier reingeschrieben, wie schön du da vorhin in der zweiten Pause-“
 

„Genug jetzt! Da müssen auch keine Details stehen! Schlimm genug, dass du mich überhaupt dazu kriegst, solche unmöglichen Sachen mitzumachen!“, unterbrach Hux ihn schroff und sah so aus, als würde er gleich vor Verlegenheit im Boden versinken. Rens Mission, seine beherrschte Fassade schonungslos einreißen zu lassen, war offensichtlich geglückt. „Und davon mal abgesehen...“, nörgelte er weiter, „... könntest du wenigstens ein schlechtes Gewissen haben, dass du ein so besonderes Ereignis auf einem verdreckten Schulklo verschwendet hast!“
 

„Hä? Was für ein Ereignis?“
 

„Stell dich nicht dumm! Dir ist schon klar, dass das... Du weißt schon...“
 

„Ach sooo!“, rief Ren amüsiert. „Dein erstes Mal, oder was? Hast du's dir anders vorgestellt?“
 

Eine Antwort bekam er darauf leider nicht. Nur einen bösen Blick, während Hux irgendetwas Unverständliches murmelte – das sagte eigentlich schon genug.
 

„Haha... Du bist ja wirklich so verklemmt, wie ich dachte! Das, was wir da in der Kabine gemacht haben, war doch nicht der Rede wert. Das zählt nicht mal!“, lachte Ren mit einer Extra-Portion Selbstsicherheit, um zu überspielen, dass er selbst noch nie etwas in dieser Richtung erlebt und es sich ebenfalls etwas anders vorgestellt hatte. „Wenn dir das zu unromantisch war, könnten wir das Ganze ja im Laufe des Abends nachholen... Ich zünde dann Kerzen an und verteile Blütenblätter auf dem Boden.“
 

„Sehr witzig. Dein Zimmer ist, ehrlich gesagt, auch keine viel bessere Alternative zu unserem Schulklo. Du könntest hier mal aufräumen.“
 

„Soll das heißen, wenn ich aufgeräumt habe, bist du bereit für noch mehr Action?“
 

„... Mal sehen“, erwiderte Hux, genauso kalt wie sonst. „Ich muss erst schauen, wie lange ich hier bleiben kann. Und unter der Voraussetzung, dass hier den restlichen Tag über noch diese kitschige Musik vor sich hindudelt, mache ich schon mal gar nichts. Da läuft jetzt schon, seit du dich an deinen Schreibtisch gesetzt hast, abwechselnd 'The most beautiful song' und 'Frozen'! Eigentlich kein Wunder, wie du immer drauf bist; wenn ich mich jeden Tag stundenlang mit sowas beschallen würde, hätte ich auch Aggressionen!“
 

„Bist du fertig?“
 

„Ja. Glaube schon.“
 

Beachtlich, dachte Ren, wie Hux die meiste Zeit über so ruhig bleiben, sich aber ebenso leicht derart leidenschaftlich über Kleinigkeiten aufregen konnte. Und da sagte man ihm nach, er sei launisch.
 

„Meine Ma ist heute den ganzen Tag lang nicht zu Hause“, bemerkte Ren nach einer kurzen Weile des Schweigens am Rande. „Sie bleibt bis morgen bei meinem Onkel und feiert mit ihm ihren gemeinsamen Geburtstag. Wenn du dir also irgendeine Lüge für deine Eltern zurechtlegen würdest...“
 

„... könnte ich bei dir schlafen und die Nacht im Bett deiner Eltern verbringen, oder was willst du mir damit sagen?“, beendete Hux seinen Satz mit hochgezogener Augenbraue. Ren konnte sich ein noch breiteres Grinsen nicht verkneifen.
 

„Wir haben bis morgen früh sturmfreie Bude! So eine Gelegenheit darf man doch nicht verstreichen lassen!“, erklärte er vorfreudig. Hux' Gesichtsausdruck schien so etwas zu bedeuten wie „Worauf habe ich mich da nur eingelassen?“.
 

„Wenn du mir versprichst, dass wir erst für den Test übermorgen lernen, bevor wir irgendwas anderes machen, werde ich mir was einfallen lassen“, antwortete er stattdessen erstaunlicherweise. „Aber zuallererst lässt du mich endlich den Kampf mit dem Drachen fertig austragen, und zwar ohne mir dazwischenzufunken!“
 

„Nein. Zuallererst will ich deine Unterschrift auf dieser Seite hier neben meiner eigenen sehen!“, erinnerte Ren ihn an das, wofür er ihn seinen äußerst wichtigen Kampf überhaupt hatte unterbrechen lassen. Das hier war schließlich noch wichtiger. Hux verdrehte zwar genervt die Augen, kam seiner Aufforderung aber letztendlich doch nach, griff nach dem auf dem Schreibtisch liegenden Füller und unterschrieb tatsächlich seinen als Abschluss eines Tagebucheintrages getarnten Partnerschaftsvertrag. Dann ließ er sich ohne ein weiteres Wort wieder vor dem Fernseher nieder und nahm den Controller zur Hand, um mit ungerührter Miene auf den Tasten herumzuhämmern wie ein skrupelloser Psychopath.
 

„Danke“, sagte Ren tonlos und musste sich zusammenreißen, nicht dämlich vor sich hinzukichern, als ihm bewusst wurde, was für ein Glück er doch auf einmal hatte. Jetzt brauchten sie bei Mister Kenobi nichts mehr richtigzustellen. Und heute kümmerte es ihn auch kein Stück, was irgendwelche anderen für eine Meinung über sie beide hatten. Schade nur, dass Phasma das nicht sehen konnte, dachte er belustigt, als er noch einmal genauestens seine letzte beschriebene Tagebuchseite betrachtete. Die obere Hälfte war mit den Zeilen gefüllt, die er vorhin so zügig und gleichzeitig ordentlich wie möglich, ausnahmsweise im Tageslicht anstatt im Kerzenschein, zu Papier gebracht hatte. Darunter stand in etwas auffälligeren, dunkelblauen Buchstaben:
 

» K. Ren und A. Hux «


Nachwort zu diesem Kapitel:
... Sorry an alle Han Solo-Fans! Was ich aus ihm gemacht habe, ist kriminell, ich weiß – aber es hat sich einfach so angeboten! Ansonsten hoffe ich, dass ich die beiden Hauptcharaktere in der Pubertätsversion einigermaßen getroffen habe. XD
Oh, der Song 'Frozen', den Kylo Ren offenbar gerne auf Dauerschleife hört, ist übrigens der von Madonna. Damit war jetzt nicht irgendwas aus dem gleichnamigen Disney-Film gemeint (obwohl ich das irgendwie auch lustig finden würde x'D). Komplett anzeigen

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