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Slavery - Adiccted to you

von

Vorwort zu diesem Kapitel:
Hey ho,

wir, Hakii und Nana, heißen euch herzlich willkommen zu unserer neuen FanFiktion. Vorab wollen wir dich lieben Leser warnen. Wie der Titel vielleicht schon verlauten lässt, ist dies keine normale Fanfiktion. Dieses Mal wird auch Gewalt und Misshandlung eine große Rolle spielen und damit verbunden auch Ängste. Für wen dies nichts ist, der sollte sich hiervon eher fernhalten. Einen Vorgeschmack bietet hierfür das 1. Kapitel, das von Hakii verfasst worden ist.

Wir werden uns bemühen alle 2 Wochen ein Kapitel hochzuladen, aber, wer uns kennt, weiß, dass das bei uns eher unrealistisch ist ^^"

Nun aber viel Spaß mit dem ersten Kapitel.

LG Nana und Hakii, die verrückten Autorinnen Komplett anzeigen
Vorwort zu diesem Kapitel:
Hallo Welt,
nachdem erneut 2 Wochen rum sind, kann ich Euch das nächste Kapitel präsentieren -^.^-
Diesmal kommen TenTen-Fans auf ihre Kosten und keine Angst, ganz so gewalttätig ist es nicht ... wahrscheinlich ist es auch TenTens Optimismus zu schulden. Who knows :)
Wie dem auch sei! Nana und ich wünschen Euch viel Spaß mit dem Kapitel -^.^-

GLG Hakii und Nana Komplett anzeigen
Vorwort zu diesem Kapitel:
Hey ho,

es tut mir echt leid, dass ihr mal wieder etwas länger warten musstet ... Das Kapitel ist schon seit geraumer Zeit mehr oder weniger fertig. Allerdings war ich ausgesprochen unzufrieden damit, ganz im Gegensatz zu meiner lieben Partnerin. Trotzdem wollte ich es so nicht hochladen. Da es mir aber nicht gefallen hat, hab ich mich immer vor dem Überarbeiten gedrückt ...

Lange Rede, kurzer Sinn. Ich bin jetzt recht zufrieden mit dem Kapitel und hoffe, es gefällt euch.

Viel Spaß beim Lesen.

LG Nana und Hakii Komplett anzeigen
Vorwort zu diesem Kapitel:
Und schon wieder sind wir hier mit einem neuen Kapitel.

Auch ich freue mich, dass diese Geschichte trotz der Brutalität so ein positives Feedback hat.

Hier dieses Chap setzt noch einen drauf finde ich, weil da wirklich WIRKLICH eine Kindheit zerstört wird. Wie genau? Liest selbst.

Wir wünschen Euch viel Spaß!

Eure Hakii und Nana Komplett anzeigen
Vorwort zu diesem Kapitel:
Unter uns: Ich konnte einfach nicht mehr bis morgen aushalten... ich bin einfach schlimm. Sorry Nana, aber HIER ist das neue Kapitel. Mir persönlich gefällt es irgendwie besonders gut. Inspiriert ist ein kleiner Teil (ich gebe es zu) aus Aya Akira's FFs (zu finden auf FanFiktion.de). Falls ihr so TemaxShika verrückt seid wie ich, guckt mal bei ihr rein. Mein Sommer habe ich damit verbracht ihre Geschichten durchzulesen. Fall ihr mehr geile TemaxShika Geschichten kennt, bitte schreibt es doch in den Kommentaren. Nana interessiert es sicherlich genauso wie moi :P
Nun bleibt mir nichts weiter als viel Spaß zu wünschen.

Eure Hakii und Nana Komplett anzeigen
Vorwort zu diesem Kapitel:
Hoi Welt,

Nana drängt mich, mein Chap hochzuladen, also HIER!!!
Schluckt das! :D

Wir wünschen Euch viel Spaß und frohe Adventstage!

Eure Hakii (und Nana) Komplett anzeigen
Vorwort zu diesem Kapitel:
Hallo Welt,
Nana und ich wünschen Frohe Weihnachten.
Ich hoffe ihr wurdet reichlich beschenkt. Falls nicht, hoffen wir, dass wir euch mit diesem Chap eine kleine Freude bereiten dürfen.
Es hat Spaß gemacht für Euch dieses Jahr wieder richtig loszulegen und zu schreiben und ich denke, Nana empfindet es genauso. Wir danken Euch allen wahnsinnig über die zahlreichen Kommis und dass ihr bei Dschungelcamp und Missle Love so eifrig dabei wart. Nächstes Jahr wird ein neues spannendes Jahr und wir hoffen Euch da mit weiteren spannenden Geschichten beglücken zu können.
Nana und ich wünschen Euch bis dahin einen guten Rutsch ins Jahr 2017!
Bis dahin Eure Hakii (und Nana) Komplett anzeigen
Vorwort zu diesem Kapitel:
Hallo ihr lieben,

auch im neuen Jahr sind hier eure Hakii und Nana. Wir hoffen, dass ihr ein paar entspannte Feiertage hattet und gut ins neue Jahr gerutscht seid. Wir waren in der Zwischenzeit auch schon wieder fleißig und haben schön weiter geschrieben. Damit wünschen wir euch also viel Spaß mit unserem neuen Kapitel.

LG Nana und Hakii Komplett anzeigen
Vorwort zu diesem Kapitel:
Sorry, dass ich zu spät bin. Ich habe völlig verpeilt gestern mein Kapitel hochzuladen T___T
Ich bitte um Vergebung T___T
Dieses Mal sind wir wieder bei ShikaxTema angekommen.
Wir wünschen Euch viel Spaß mit dem Kapitel.
Eure Hakii und Nana -^.^- Komplett anzeigen
Vorwort zu diesem Kapitel:
Schon wieder bin es ich, die zu spät dran ist. -.-

Ich sorry T___T Aber dafür war ich heute sehr fleißig und wurde von Nana gelobt *____*

Wir befinden uns schon fast in den Zielgeraden. Sowohl Nana als auch ich dürfen jeweils nur noch einen Kapitel pro Story schreiben, also wird es hiernach nur noch 6 Kapitel geben. Das ging wahnsinnig schnell oO. Aber wir arbeiten schon fleißig an etwas ganz Neues. Ich bin so excited, weil ich die nächste Geschichte aussuchen durfte.  Aber Details dazu gibt es erst später.

Ich wünsche Euch viel Spaß mit Lesen.



GLG Hakii (und Nana) Komplett anzeigen
Vorwort zu diesem Kapitel:
Hey ho ihr Lieben,

da lassen wir unsere Fanfiktion zum Ende hin ja noch mal ganz schon schleifen ... Das tut uns echt leid, aber bei uns beiden ist heute ziemlich viel los... Aber wir versuchen, die letzten drei Kapitel dann wieder pünktlich online zu stellen.

Liebe Grüße eure Nana und Hakii Komplett anzeigen
Vorwort zu diesem Kapitel:
Sou Leute ...
Das ist schon das letzte Kapitel.
Zeitlich lagen wir diesmal ultra gut und ...
Auch unsere neue FF liegt in den Startlöchern. Ich sag nur eins. Wir waren richtig fleißig und sind uns sicher Euch mit der nächsten FF nochmals zu überzeugen.
Es wird wieder was komplett anderes aber ich denke das macht uns auch aus, nicht immer im selben Gewässer zu schwimmen.

Vielen Dank an die Leser. Ich muss zugeben, dafür dass es anders war, also richtig düster und etwas gewalttätig, haben wir richtig viele Favoritenbeiträge. Es hat uns natürlich noch mehr motiviert und wir sind jeden einzelnen von Euch dankbar, dass ihr auf dieser Reise dabei wart.

Na denn ich will nicht mehr so viel reden und das Ende dieser FF auf euch einwirken lassen.
Viel Spaß!

Eure Hakii und Nana <3 <3 <3 Komplett anzeigen

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Mein Name ist ...


 

1. Mein Name ist...

 

Vom Thron blickte ich auf alle hinab. Auf alle, die nichts wussten. Die nichts über mich wussten. Niemand durfte mich sehen, doch ich musste sie sehen. Mit meinen Augen. Alles, worauf ich achtete, waren die verwest aussehenden  Menschen, die uns anbettelten. Sie bettelten, dass es ihnen besser ging. Jedoch ging es uns doch gut. Ich verstand nichts vom Leid. Meine Familie verstand es auch nicht. Und das würde bald unser aller Verhängnis werden.

  „Wachen? Schafft die Familie raus!“, ertönte die strenge Stimme meines Vaters. Ich blinzelte durch ein Loch im Bild, das im Thronsaal hing, während die Frau, die die meisten ihrer Zähne verloren hatte, meinem Vater anflehte.

  „Bitte, Herr! Eure Hoheit! Ich habe Kinder!“

  „Geht arbeiten, anstatt meine Zeit zu verschwenden“, sagte mein Vater mit strenger Stimme, als er aufstand und aus der Hintertür den Saal verließ. Die Frau währenddessen weinte jämmerlich, als sie von den Wachen aus dem Raum gezogen wurde. Doch ich kümmerte mich nicht näher darum. Dass mein Vater aus dem Saal verschwunden war, konnte nur eines bedeuten.

 

Schnell krabbelte ich aus meinem Versteck und schlich durch die Schächte des Schlosses. Hauptsache war für mich, dass ich mein Zimmer erreichte, bevor mein Vater es erreichte. Zum Glück hatte ich Kankuro und Gaara, meine beiden Brüder, die mich als einziges sehen durften. Sie und mein persönliches Dienstmädchen Kiara. Sie alle versuchten mich so gut es ging in sämtlichen Lebenslagen zu beschützen. Auch vor meinem Vater, wenn ich wieder aufsässig war. Noch gerade rechtzeitig erreichte ich mein Zimmer, als ich schon die Stimmen von Gaara und meinem Vater hörte.

 

„Du weißt genau Gaara. Ich habe keine Wahl. Eine Prinzessin muss sich den Begebenheiten fügen. Darf nur von ihrem Mann und dem Adel begehrt und gesehen werden.“

  „Ja, aber Temari ist doch kein Kind mehr, Vater.“

  „Ganz recht. Sie ist zu einer Schönheit herangewachsen und genau als solche hat sie zu spuren und zu gehorchen und dient so dem Volke. Sie hat gut auszusehen und dafür gebe ich viel aus. Und jetzt muss auch sie dafür bereit sein, sich ihrem Schicksal zu fügen.“

Es polterte an der Tür.

Ich schloss schnell den Geheimgang, wischte mir den Staub von meinem Morgenmantel und kniete mich nieder, ehe mein Vater den Raum betrat.

  „Morgen Vater!“

 

„Erhebe dich! Ich habe dir etwas Erfreuliches mitzuteilen.“

  „Was denn? Dass du mich schon wieder versuchst an den Meistbietenden zu verkaufen?“

Mein Vater atmete schwer ein, während mich Gaara mit undefinierbaren Blicken bemusterte.

  „Es dient zu unser aller besten!“

  „Nein! Es dient zu deinem besten. Auf mich wird, wie immer, keine Rücksicht genommen. Was ist mit Liebe? Darf ich so etwas etwa nicht fühlen?“

  „Temari! Hüte deine Zunge. Außerdem kann Liebe nur aus Erfahrungen mit deinem Partner wachsen. Vergiss das nie! Und dieser Prinz, den ich für dich ausgesucht habe, kann dir das geben, was du brauchst!“

  „Was brauche ich denn, Dad?“, zischte ich. Jegliche Höflichkeit.

  „Du wirst es irgendwann herausfinden“, sagte mein Vater im barschen Tonfall.

  „Bitte! Aber ich werde, wen auch immer du ausgesucht hast, nicht heiraten!“

  „Also gut! Aber dann wirst du ewig hier bleiben. Merk dir meine Worte. Deinen Traummann findest du nur in deinen Träumen. Das hier ist die Realität und da muss man für alles, was man tut, bezahlen. Vielleicht verstehst du es irgendwann, wenn du dich nicht mehr so kindisch aufführst.“

Mit einem befehlshaberischen Ton verließ er den Raum.

Mein Bruder warf mir einen tröstenden Blick zu, ehe auch er verschwand.

 

Ich hielt meine Tränen so lange auf, bis alle den Raum verlassen hatten. Dann ließ ich mich auf das Bett fallen und weinte bitterlich. Wie konnte es Vater nur verlangen? Wie konnte er zulassen, dass ich jemanden heiratete, den ich nicht liebte? Ich hatte mein ganzes Leben geträumt, frei zu sein, mit einem Mann an der Seite. Diese Pflichten von Prinzessinnen waren mir zu wider. Ich wollte ein einfaches Mädchen sein. Wohl war selbst dieser Wunsch zu viel verlangt, wie ich feststellte.

  „Kann ich irgendetwas für Euch tun?“, fragte Kiara und kam aus einer Ecke hervor.

  „Nein, danke!“, wimmerte ich. Dann war es wieder ruhig. Diese widerliche Ruhe, die immer herrschte, wenn ich alleine war.

 
 

*~*

 

Es dauerte Tage, bis ich wieder die Gesellschaft meines Vaters genießen durfte. Er ließ sich von einer seiner Mätressen, die wesentlich jünger war als er, den Becher befüllen.

Er trank diesen in einem Zug aus und schickte sie weg.

  „Ich habe den Prinzen aus dem Nachtbarreich deine Ablehnung geschrieben. Ich hoffe du bist zufrieden.“ Ich atmete erleichtert aus. Auch meine Brüder wirkten entspannter, als noch vor ein paar Minuten.

  „Und Schwesterherz? Du hast wohl wieder einen Kandidaten mit deinem Charme verscheucht.“

  „Halt die Klappe, Kankuro, oder ich kille dich!“

  „Genauso Charmant wie eh und je! Als ob du so je einen netten Prinzen abbekommst, der dich mit weißem Ross von deinem Elfenbeintürmchen holt. Vielleicht sollten wir an die Götter beten, dass sie überhaupt mal erwachsen wird.“

  „Klappe, habe ich gesagt!“, zischte ich erneut, als ein Poltern erklang.
 

Kurz dachten wir, es sei Vater, der uns damit zur Ruhe züchtigen wollte, indem er auf den Tisch schlug, als sich das Poltern wiederholte und etwas zu Bruch ging. Klingen waren zu hören, die sich durch die Scheiden schmiegten und das Lodern der Flammen. Ängstlich blickten meine Geschwister und ich zu unserem Vater.

  „Ich hatte schon geahnt, dass so etwas kommen würde. Schafft eure Schwester weg. Ich werde mich um die Eindringlinge kümmern“, sagte er nachgiebig und sah mich eindringlich an.

  „Was hast du geahnt, Vater?“, fragte ich, als mich auch schon Kankuro begann durch die Tür zu schieben. Ich aalte mich mit aller Kraft und löste die Umarmung. Anschließend rannte ich zu meinem Vater an den Tisch und wiederholte meine Frage: „Was hast du geahnt, Vater!“

  „Dass deine Ungezogenheit und dein Egoismus zu solchen Problemen führen würde und jetzt geh!“ Ich riss meine Augen auf, als auch Gaara mich aus dem Zimmer zerrte. Gegen die geballte Kraft meiner beiden Brüder hatte ich keine Chance. Also wehrte ich mich nicht mehr. Zusammen mit ihnen und meinem Dienstmädchen hatten wir uns in meinem Zimmer verschanzt. Wir warteten und warteten, während unzählige Schreie zu hören waren. Dabei wurde es durch die Flammen, die sich im Schloss verteilten immer wärmer und wärmer. Es war fast unerträglich. Ich hoffte nur, dass mein Vater diesen Aufruhr beendete.

 

„Temari! Ich habe es gehört. Sie sind wegen dir hier.“ Ich erstarrte zu einer Salzsäule.

  „Wieso das denn? Ich habe meines Erachtens nichts gemacht“, polterte ich.

  „Du hast doch vor Tagen die Heirat abgelehnt. Diese Hochzeit sollte unserem Reich Frieden bringen. Viele leiden hier unter Hungernot. Viele denken, dass sie keine Rechte bei uns haben. Aus diesem Grund hatte Vater schon einen Aufstand erwartet, wenn du ablehnst.“ Meine Augen weiteten sich. Warum hatten sie es nicht gleich gesagt?

  „Temari! Schwesterherz. Bitte ziehe Kiaras Sachen an!“, sagte Kankuro. Ich sah Kiara an und verzog die Miene zu einer verächtlichen.

  „Warum das denn?“

  „Bitte versteh doch. Es dient nur zu deinem Schutz, falls der Aufstand etwas länger dauert. Du kannst so unbemerkt fliehen, weil sie dich genau wie sie als Opfer sehen.“

  „Du brauchst dir keine Sorgen um uns zu machen, Schwesterherz. Du weißt doch, wie unverwüstlich wir sind“, zwinkerte mir Kankuro noch zu, als ich sorgenvolle Gesichtszüge annahm.

 

Tief sah ich in seine Augen, als ich nickte. Ich vertraute beiden. Wieso nicht? Sie waren meine Brüder. So schnell ich konnte entkleidete ich mich, um die Dienstmädchenkleidung anzuziehen. Kiara zog währenddessen meine Kleidung an. Dann öffnete Gaara den Geheimgang und mir blieb der Mund offen stehen.

  „Woher -“

  „Ich erzähle es dir, wenn wir uns wiedersehen.“

  „Wann wird es sein?“, fragte ich panisch.

  „Bald!“, antwortete Kankuro für Gaara.

  „Und warum kommt ihr nicht mit?“

 

„Schwer von Begriff, wie immer!“, grinste Kankuro. Mittlerweile sah ich ein Fünkchen Furcht in seine Augen. Gaara währenddessen war so emotionslos wie eh und je.

  „Wir können nicht. Sie haben uns alle bei den Versammlungen und Sitzungen bei unserem Vater gesehen und kennen unsere Gesichter. Sie werden schlussfolgern, dass du ihre Prinzessin bist und werden dann ihre ganze Wut auf dich lenken, weil du ihnen ihren Wohlstand verwehrt hast“, erklärte Gaara. Dann fing es auch an in unserer Etage zu poltern. Vater hatte sie wohl nicht aufhalten können. Angst stieg mir bis in die Knochen.

  „Los! Lauf jetzt!“, befahl Kankuro in einen strengeren Tonfall und schubste mich in den Geheimgang, um ihn zu verschließen.

 

Ich konnte nur noch hören wie die Tür aufgeschlagen wurde, dann hielt ich mir die Ohren zu, um die Illusion in meinen Kopf aufrecht zu erhalten, dass sie noch lebten. Sie müssen noch leben. Ich kroch durch die Schächte. Ich wusste, wo ich als Erstes hielt, weil ich wissen wollte, wo mein Vater sich befand. Klar war er nicht der beste Vater der Welt, aber lieben tat ich ihn trotzdem noch. Also machte ich mich auf zu dem Bild mit dem Loch, durch das ich gucken konnte. Der Thronsaal. Er sah schlimmer aus, als in meinem schlimmsten Albtraum. Der ganze Boden war mit leblose Gestalten und einer rötlichen Flüssigkeit verziert. Der miefige Geruch ließ mich schlussfolgern, dass es frisches Blut war. Zudem roch es nach verbranntem Fleisch, was sich als Rauch ausbreitete. Es war das reinste Schlachtfeld. Jedoch konnte ich meinen Vater nicht finden. Da ich mir noch immer nicht die Schuld für die Taten eingestehen konnte, kroch ich weiter. Durch die Schächte in die Dunkelheit. Die Orientierung hatte ich nicht verloren. Es ging von dort aus zum Hinterhof. Von dort hatte ich vor in die Stadt zu fliehen.

 

Es kam mir wie eine Ewigkeit vor, bis ich mein Ziel erreichte. Mein Atem ging nur stoßweise, als ich mit aller Kraft die Geheimtür öffnete und hinaus kroch. Die frische Luft wäre erfüllend für mich gewesen, müsste ich nicht um mein Leben rennen, was ich auch tat. Ich schaute nicht zurück zu meiner ehemaligen Heimat. Das würde mich ablenken, gar lähmen. Ich musste laufen. Für meine Brüder, für meinen Vater und für mich.

 

Ich rannte und rannte, ließ das alte Leben gezwungenermaßen hinter mir und erreichte auch bald erschöpft die Stadt. Dort stank es gewaltig und das war nicht die Freiheit. Sondern Fisch, verdorbenen Fleisch, Kot von dem Vieh, das die Menschen besaßen und verwesenden Obst. Der einzige Gedanke war, wie man nur so leben konnte, als ich auch schon jemanden in die Arme rannte, der mein Leben von Grund auf verändern würde.

  „Guck mal, wen ich da habe!“, sagte eine dunkle Stimme.

  „Uh, eine Schönheit. Haut rein, ohne Narben und sonstige Verletzungen.“

  „Ja, und sie hat Dienstmädchentracht an. Was glaubst du wie viel wir für sie bekommen würden?“

  „Bekommen? Halt! Das geht nicht! Hilfe!“, schrie ich. Dabei wollte ich ihn von mir schlagen, jedoch war ich noch immer erschöpft vom vielen Rennen und selbst wenn ich fit gewesen wäre, hätte ich niemals von ihm weggeschafft

.

„Na, na, na, meine Liebe! Ich denke, nicht so viel, weil sie nicht gelernt hat gehorsam zu sein“, sagte er, während er mein Kinn hochhob und mich zwang ihn anzusehen. Ich war so sauer, dass ich ihn ins Gesicht spuckte. Er ließ vor Schreck los und ich versuchte zu rennen, als ich auch schon etwas Hartes auf meinem Rücken spürte, was mich aufschreien und zu Boden fiel ließ.

  „Ich glaube es jetzt auch nicht mehr! Schade um die schöne makellose Haut!“ Und noch ein Hieb. Es riss mir förmlich den Boden von den Füßen. Schmerzen, wie ich sie noch nicht kannte, durchfuhren meinen Körper. Ich wusste nicht, wie oft sie noch zuschlugen, aber als sie fertig waren, war mein Gesicht Tränen verströmt. Zudem fühlte ich etwas Warmes und Feuchtes auf meinen Rücken. Den Schmerzen nach zu urteilen war es mein Blut, das durch die Hieben über meine Hautoberfläche gelangt war und wodurch meine Kleidung an dieser klebte. Ich fühlte mich wie elend, als sie mich an meinen Haaren hochzogen und meine Hände fesselten.

  „Bitte nicht!“, wisperte ich benommen durch meine Schmerzen.

  „Wieso nicht? Als Dienstmädchen weißt du doch am besten wie es ist, gefangen zu sein und jetzt abmarsch.“ Sie zogen mich wie ein Vieh mit sich an diesem Seil, mit dem sie mich geknebelt hatten. Die Strike waren etwas zu fest an meine Handflächen, wodurch sie scheuerten. Meine Freiheit endete erneut in Gefangenschaft und dabei war ich noch nicht einmal für eine halbe Stunde frei.
 

*~*
 

„Stehen geblieben!“, tadelte der mir übergebene Mann mich und trat vor.

  „Neue Ware zu verkaufen! Kommt näher, kommt näher! Schön und wild und noch zu zähmen, jedoch ist sie unberührt und fit genug um auch schwerere Tätigkeiten auszuführen. Sei es als Mätresse, Sklavin oder einfaches Hauspersonal. Sie passt optimal in jede Art von Haushalt!“

  „Wie viel?“, schrie schon eine.

  „Ab 50 Goldstücke aufwärts!“, hallte es oftmals in meinem Ohren.

 

Sie wollten mich also an den Meistbietenden verkaufen. Mätresse … dies kam einer Prinzessin am nächsten. Schlussendlich wurde sie auch für ihr Volk verkauft und als Schönheit an der Seite des Königs gepriesen. Zudem standen im besten Falle einer Mätresse sämtliche Freiheiten zu, zumindest war es zwischen meinem Vater und seinen so gewesen. Seit dem Tod meiner Mutter hatte er sich immer neue angeschafft. Ob er mit diesen auch verkehrt hatte, wusste ich nicht und ehrlich gesagt wollte ich es auch nicht, jedoch war sie immer Begleitung des Königs gewesen und musste seinen Tag angenehm gestalten.

 

„Ich biete 500 Gold!“, riss mich eine weibliche Stimme aus den Gedanken und alle erstarrten. Ich sah zu ihr hinüber und traute meinen Augen nicht. Sie hatte braune Haare, die gepflegt waren, eisblaue Augen, die mich durchbohrten und eine Robe, die nicht üblich war für das einfache Volk. Kurz gesagt war sie die Schönheit in Person.

  „Eure Hoheit! Für Sie mache ich immer ein Angebot!“ Mein Übergebender rieb sich verschwörerisch mit den Händen, löste mich von den Knebeln und übergab mich der Frau. Sie warf ein Geldsack hin und zog mich hinter sich her. Wehren konnte ich mich nicht, da mein Körper schrecklich schmerzte. Vor lauter Stehen hatten sogar meine Blasen auf meinen Füßen Blasen und zudem pochte mein Rücken wie verrückt, da ich mindestens noch drei Mal, weil ich mich setzen wollte, bestraft wurde. Außerdem überkam mich eine Erschöpfung, die ich noch nie zuvor in dieser Form gespürt hatte und ich sehnte mich nach meinem Bett. In Gefangenschaft verlor ich jetzt schon jegliches Zeitgefühl. Wie würde es werden, wenn ich bei ihr war? Ich sah die Frau vor mir an, sie zog mich ohne Erbarmen mit sich.

 

Erst vor einem prächtigen Palast machten wir halt. Erinnerungen über mein vergangenes Leben kamen in mir hoch und auf einmal hatte mein vermutlich neues zu Hause einen faden Beigeschmack.

  „Eure Majestät! Der König erwartet Euch“, kam schon der erste Diener und verbeugte sich vor ihr.

  „Schön. Sag ihm, ich komme gleich und -“ Auf einmal verspürte ich einen Hieb, der mich vor ihr auf den Boden warf.

  „Richtet sie für meinen Mann her.“

  „Aber Hoheit. Noch jemanden? Was ist mit der anderen Sklavin?“

  „Die sehe ich hoffentlich nicht wieder. Sie hat es gewagt einen Bastard von ihm in sich zu tragen!“ Ich sah sie mit großen Augen an. Bastard? Ich verstand sie nicht.

  „Der Teufel hatte wohl von ihr Besitz ergriffen“, murmelte der Diener, als er sich erhob und die Königin ansah. „Warum wollt Ihr nicht das Bett mit Eure Hoheit teilen?“

  „Weil es genug Sklaven gibt, die diesem Ekel Vergnügen bereiten können und jetzt macht sie her“, schrie sie erbost. Der Diener verbeugte sich ein letztes Mal reuig vor ihr und zog mich mit sich mit.

 

Ich konnte nur sehen, wie die Königin mir einen verächtlichen Blick zuwarf, als ich mitgezogen wurde.

  „Komm Kind! Folge mir!“ Ich spurte, da meine Kraftreserven sich dem Ende neigten. Ich hatte keine andere Wahl. Ich wurde zum Bad gebracht, von dem Dienern entkleidet, was mehr als erniedrigend war und mit kaltem Wasser übergossen, damit sich der Schmutz von den letzten Tagen abspülte. Mit Seifen, die sich in meinen Wunden brannten und Bürsten wurde auch der restliche Schmutz entfernt. Meine vier Zöpfe wurden in Windeseile gelöst und ohne Rücksicht auf Verluste in eine Hochsteckfrisur geflochten. Ein Fetzen, der nur das Nötigste bedeckte, diente als Kleidung. Ich war ansonsten Barfuß. Noch nicht einmal ein Anzeichen von Behutsamkeit, wie ich sie sonst von meinen Untertanen erfahren hatte, wurde mir zuteil.

 

Achtlos zerrte man mich durch die Gänge des Palastes. Dass ich müde von der langen Reise war, schien ihnen allerlei zu sein. Wichtig war wohl nur, dass ich zur rechten Zeit am rechten Platz ankam und das erreichten sie auch, als sie mich in einem großen Saal, den Speisesaal schleusten.

Alle verbeugten sich, bis auf mir, die erstaunt nach unten kam.

  „Das ist mein Geschenk für dich, Schatz! Eine neue Sklavin! Ich denke, dass du mit ihr ziemlich viel Spaß haben wirst!“, lachte die Herrin des Hauses, meine neue Gebieterin, herzhaft.

 

Ich musste mehrmals blinzeln, als ich zu dem Mann am Tisch sah. Er war viel älter als ich, aber keinesfalls hässlich. Im Gegenteil. Ich hatte das Gefühl, dass ihn niemand so einfach von der Bettkante werfen würde, wäre sie nicht seine Untergebene und gezwungen ihm gegenüber gefügig zu sein.

 

Er warf mir einen kurzen Blick zu, wandte sich aber wieder zu meiner Herrin.

  „Ist das jetzt die Entschädigung dafür, dass du neuerdings mit diesem Hofnarren verkehrst?“ Er nahm einen Schluck aus seinem Becher. Die Frau gegenüber schluckte.

  „Ich habe dir gesagt, wäre er nicht ein ausgezeichneter Stratege im Schlachtfeld, hätte ich ihn schon längst erhängt. Und dich Weib gleich mit!“ Sie knirschte die Zähne und sah zu Boden. Mein neuer Herr nahm einen Bissen vom Brot und sah mich mit tödlichem Blick an. Wut stieg in ihm auf.

  „Knie nieder!“, befahl er mir. Ich zögerte. Ich wollte nicht, weil ich ihn noch länger ansehen wollte.

Er stand auf. Kam auf mich zu mit seinen grauen Augen und presste mich an meinen Haaren zu Boden. Dann hauchte er sauer in meinem Ohr: „Ich habe gesagt, du sollst niederknien. Und wehe du schaust mich noch einmal an. Dann glaube mir, bist du deines Lebens nicht mehr sicher!“ Dann stand er auf und ich konnte nur seine Schritte vernehmen, die den Raum verließen. Wimmernd blieb ich am Boden zurück, während meine Herrin einfach weit ihr Essen verspeiste.

 

  „Hey, du!“, meinte sie schließlich. Ich dachte, dass sie mit jemand anderen Reden würde. Als ich dann noch einen Hieb hinter mir spürte, schrie ich vor Schreck auf und fuhr hoch. Sie sah mich an.

  „Mir scheint, als wärst du selbst als Hure nutzlos. Also wirst du im Haushalt eingesetzt. Führt sie ab!“ Schon wurde ich wieder aus dem Raum gezogen. Ich konnte nur sehen, wie meine Herrin nachdenklich wirkte, ich jedoch war erleichtert, dass ich meine Würde noch etwas behalten durfte.

 
 

*~*

 

Wochen waren vergangen, seit ich als Sklavin im Palast lebte. Hier Essen zubereiten, da Putzen. Es war eine unmögliche Aufgabe, weil die Herrin nie zufrieden mit den Taten ihrer Untertarnen war. Vor allem mich hatte sie mit ihrer tyrannischen Herrschaft auf den Kicker, weil ich in ihren Augen nichts richtig zu machen schien.

  „Zu Langsam!“, beschwerte sie sich, als ich erst nach zwei Stunden fertig war den großen Saal zu säubern. Zur Strafe bekam ich fünf Hiebe auf meinem Körper verteilt.

  „Zu Schmutzig!“, schrie sie, als ich die Fenster nicht ordnungsgemäß gesäubert hatte. Noch einmal fünf Hiebe dazu. Es war eine Tortur und sie schien es zu genießen, ihren langweiligen Alltag damit zu verschwenden, mich zu provozieren und zu foltern.

 

Doch eines Tages war es soweit. Ich hatte etwas gegen sie in der Hand. Ich war erneut dabei, alles auf Hochglanz zu wischen und zu polieren, als ich ein mir fremdes Geräusch vernahm. Es waren Keucher und Stöhner, die mir unheimlich waren. Wild. Unkontrolliert. Vorsichtig nahm ich den Krug, der mir am nächsten Stand, um zumindest etwas als Verteidigung zu haben und folgte den Geräuschen. Bald stand ich vor einer großen Tür. Ich schloss noch einmal die Augen, um mich zu vergewissern, dass ich das Richtige tat, als ich langsam die Tür öffnete und durch den Spalt sah. Dort sah ich, was ich nie für möglich hielt. In den Gemächern befand sich ein Mann, der nicht mein Herr war und vergnügte sich mit meiner Herrin. Ich war mir sicher, dass es ihr Geliebter war. Das würde meinem Herrn nicht freuen.

 

Mit ihrem Zucken und spitzen Schrei erschrak ich und lies den Krug fallen. Er fiel zu Boden und zerschmetterte in tausend von Scherben. Ich ahnte, was nun kam und presste mich hinter der mir gegenüberliegenden Wand. Weng später wurde die Tür aufgerissen und meine Herrin mit stand mit ihrem Seidenmorgenmantel vor mir.

  „Du schon wieder!“

  „Bitte! Es tut mir Leid! Das wollte ich nicht!“, bettelte ich. Sie überlegte kurz.

  „Was machen wir nun?“, kam es von der Männerstimme im Raum, als auch schon Schritte zu hören waren.

  „Verschwinde aus dem Fenster. Ich werde sie schon ablenken“, sagte sie schließlich und sah mich emotionslos an.

  „Der Mann hinter ihr nickte, als ob sie es sehen würde und wenig später schloss sich die Tür wieder.
 

Meine Herrin kniete sich neben mich und nahm eine Scherbe.

  „Geh zu Boden!“ Ich zögerte, sie jedoch nicht, als sie mich mit einem Ruck zu Boden schmiss und mich von unten entblößte, damit meine Oberschenkel sichtbar wurden. Schneller als ich gucken konnte bohrte sie die Scherbe in mein Bein. Schmerhaft schrie ich auf. Das interessierte sie aber wenig. Im Gegenteil, es stachelte sie noch weiter an.

  „Halt still! Ich mach dich nur meinem Mann schmackhaft. Vielleicht verstehst du es irgendwann, wenn du liebst!“, zischte sie mich an, als auch schon die Wachen und mein Herr kam und sie in Windeseile aufgestanden war.

  „Du tollpatschiges Ding! Wie kannst du es nur wagen, die Vase zu zerstören!“, schrie sie mich an und rannte zu ihrem Mann.

  „Bitte mach was gegen sie. Ich ertrage ihr Gesicht nicht länger!“ Verächtlich sah sie zu mir hinunter.

 

Mein Herr hatte aber nur Augen für das Mal, das sich am Halse meiner Herrin befand. Diesen Hals, den der Fremde liebgekost hatte. Ich hatte es gesehen und auch mein Herr sah das Resultat. Schnell strich meine Herrin vor Unbehagen ihre Hand am Hals und verschwand. Zurück blieben die Wachen, meinen Herrn und ich.

  „Ich brauche euch nicht mehr!“, sagte er kalt zu seinen Männern um ihn herum, welche schnell von dannen zogen und uns alleine ließen.

 

Eine ungewöhnliche Stille war zu vernehmen und ich sah ihn mit meinem verletzten Bein an. Mein Herr nahm aber keine Rücksicht auf mich.

  „Steh auf!“, befahl er mir. Ich weigerte mich. Wollte wegen meinem schmerzenden Bein einfach nur liegen bleiben.

  „Los! Auf jetzt!“, befahl er nochmal, raste auf mich zu und zog mich an meinen Haaren hoch. Ich schrie erbärmlich, doch niemand hörte mich oder wollte nur ansatzweise meine Schreie hören. Ich stemmte mich gegen die Fensterbank, um stehen zu können, wobei ich ihm hasserfüllt in die Augen sah. Er erwiderte den Blick ebenfalls hasserfüllt.

  „Deine Aufsässigkeit ist mir zuwider. Hab ich nicht gesagt, du sollst mich nicht ansehen?“ Er schlug mir ins Gesicht. Diesmal biss ich meine Zähne zusammen. Diese Genugtuung gab ich ihm nicht mehr.
 

„Wie heißt du?“, fragte er mit einer gewissen Dominanz in seinem Tonfall. Ich schwieg. Ich durfte doch jetzt nicht meinen Namen sagen. Was würde passieren, wenn er wüsste, dass ich eine Prinzessin war? Das verhieß sicherlich nichts Gutes. Zudem hatte ich es meinen Brüdern versprochen.

  „Los sag schon!“ Noch einen Schlag, der fast unerträglich auf meiner Haut aufschlug.

  „Ich habe keinen Namen!“, schrie ich und hoffte, dass er mir glaubte.

  „Ach! Und jetzt noch trotzig wie ein kleines Kind. Langsam fängst du an mir richtig zu gefallen. Gucken wir mal wie viel du aushältst!“, grinste er geheimnisvoll, soweit ich es deuten konnte.

 

Er glaubte mir also nicht. Stattdessen zerrte er mich in das Gemach, wo vorher die Herrin mit ihrem Liebhaber zugange war, indem er die Tür aufriss und mich hinein schmiss. Ich stolperte direkt zum Bett. Keuchend stützte ich mich ab und versuchte aufzustehen. Doch ehe ich es konnte, schloss er die Tür und fiel über mich her.

 
 

*~*

 

Ich wusste nicht, wie lange ich wimmernd in seinem Bett lag, nachdem er mich auf brutalste Art ausgefüllt und sich in mir ergossen hatte. Alles schmerzte in mir. Ich wusste, ich war im Tiefpunkt meines Lebens angekommen. Ganz unten lag ich im Dreck und niemand konnte mir helfen. Und warum? Weil ich mein Königreich ins Verderben gestürzt hatte. Ich konnte es mir endlich eingestehen. Ich war Schuld an allem und das war jetzt meine auferlegte Strafe. Schlimmer als der Tod und was ich bisher kannte. Ich hatte es verdient.

  „Maika ...“, murmelte der Mann neben mir. Ich sah verblüfft zu ihm rüber, als er mein Haar nach hinten strich und mir ein Kuss auf die Stirn gab.

  „Du bist Maika!“, flüsterte er, „Schön und geliebt. Von mir alleine.“ Er strich mir verheißungsvoll mit den Daumen über meine Lippen, als er aufstand und den Raum verließ. Ich blieb atemlos im Bett liegen. Maika hieß ich also …

 
 

*~*

 

Seitdem vergingen zwei Jahre. Immer öfter verging er sich an mir, bis ich mich daran gewöhnt hatte und das Spiel langsam mitspielte. Ich fand sogar, so banal es auch klang, gefallen darin, ihn zu befriedigen, ihn glücklich zu sehen. Unwillkürlich kam mir die Aussage meines Vater in den Sinn: „Die Liebe wächst nur mit den Erfahrungen!“ War das Liebe? War es das, was ich als Teenager ersehnte? Mittlerweile war ich unter seinen Händen wie Butter. Ich spurte und er belohnte mich, indem er mich liebkoste, wie keiner vor ihm. Ich hatte mich sogar an das komische und zugleich gute Gefühl gewöhnt, das ich danach verspüre. Es war nicht groß, jedoch etwas wofür ich die zwei Jahre gelebt hatte. Ansonsten war mein Alltag grauenhaft. Meine Herrin, die Frau von Akira, dessen Namen ich eines Nachts erfuhr, versuchte alles, um mir mein Leben so schwer wie möglich zu machen, was sie auch meisten schaffte, bis mich Akira wieder in seinen Bann zog und mich manchmal für ein paar Minuten und manchmal aber auch für ein paar Stunden von meinen Qualen befreite und mich vergessen ließ. War das Liebe?

 

Ich glaubte fest daran, dass es das war und das machte meine Herrin wütend, weil ihr das Glück nicht mehr vergönnt war, weil sie von den Göttern verflucht wurde und keine Kinder erwarten konnte. Darum berührte er sie nicht mehr, wie ich herausfand und genau dafür begehrte er mich. Und ich lernte auch ihn zu begehren. Ich hatte keine andere Wahl. Schlussendlich konnte ich daraus auch ein paar Vorteile ziehen. Ich hatte gelernt mit meinem Körper umzugehen. Nur ein Blick von mir oder die Entblößung eines meiner Körperteile und er schien regelrecht über mich herzufallen, was ich ausnutzte. Auch wenn ich nur eine Geliebte, ein Spielzeug, von ihm war und mir durch meinen Körper Vorteile verschaffte, war mir die Meinung der anderen egal. Für mich zählte nur er.

 

Irgendwann musste auch das vermeintliche kommen. Ich erbrach ständig. Meine Haare wurden merkwürdig glatt. Meine Haut wurde rein. Mir ging es elend. Auch Akira bemerkte es und ließ einen Doktor in mein Zimmer kommen. Der Schock stand mir ins Gesicht geschrieben, als die Diagnose kam, dass mir die Götter ein Kind geschenkt hatten. Nachdem ich mich wieder gefangen hatte, war ich glücklich über dieses Vorkommnis. Ich bekomme von dem Mann, den ich liebte, ein Kind. Ich war jetzt kein nichts mehr. Ich war die Mutter seines zukünftigen Kindes. Der Doktor ließ mich kurz alleine, um ins Nebenzimmer zu gehen, wo Akira geduldig auf mich wartete, als auf einmal ein Gepolter zu hören war.

 

„Was? Das darf nicht sein. Die Hure darf kein Kind erwarten!“ Es war die Stimme meiner Herrin. Kurz darauf waren Absätze auf den Boden des Schlosses zu hören. Augenblicklich riss sie die Tür auf und kam bedrohlich auf mich zu.

  „Du billige Hure!“, schrie sie erbost und stampfte auf den Boden auf.

  „Wachen! Bringt mir die Gerte!“, schrie sie.

  „Nein! Bitte nicht!“, flehte ich sie an. Ich sah verzweifelt zu Akira, der im Türrahmen stand, jedoch blieb er regungslos, sah nur in die andere Ecke des Zimmers.

  „Bitte!“, flehte ich nochmal, als die Wache mit der Gerte kam und die Herrin es ihm entriss. Augenblick schlug sie zu. Immer fester und fester, ohne eine Spur von Erbarmen. Jeder hieb brannte sich in meiner Haut und verursachte so immer größere Schmerzen. Von den Verletzungen ganz zu schweigen.

 

„Du billige Hure! Wie kannst du es wagen, einfach so schwanger zu werden? Wie?“, schrie sie hysterisch. Verzweifelt schrie ich auf. Ich spürte, dass etwas in mir nicht stimmte. Es schmerzte und ich drohte von innen zu verbluten.

  „Hilfe!“, sagte ich nur, wobei ich immer leiser wurde.

  „Hilfe? Du bekommst nur das, was du verdienst. Du ungezogenes Nichts, was du bist!“ Noch einmal schlug sie auf mich ein. Und ich schrie, bis ich regungslos auf dem Bett liegen blieb und etwas Warmes aus mir ausströmte. Ich weinte stumm. Meine Herrin aber grinste mich zufrieden an, bevor sie sagte: „Das hast du davon. Schafft sie von hier weg, falls sie das überlebt. Ist mir egal wohin. Ich will sie nie wiedersehen.“ Dann verschwand sie aus der Tür.

 

Ich aber weinte weiter, bis ein Schatten über mir hing. Es war Akira.

  „Bitte! Ich liebe dich! Ich liebe dich so sehr!“, wimmerte ich leise. Er aber blieb regungslos stehen. Ich konnte schwören, dass er bei meinen Worten die Nase verzog. Was konnte das bedeuten?

  „Bitte! Sag etwas!“ Doch noch immer blieb er regungslos, bis ein Butler neben ihn trat.

  „Schafft dieses Abschaum von meinem Bett und bezieht es neu“, befahl er, dann verschwand er. Er hatte mich einfach aus seinem Leben radiert. Aus dem Leben aus dem Sinn. Das gab mir den Rest, ließ mein Herz brechen. Es tat so unendlich weh. Es war noch Schlimmer, als ich es mir jemals vorstellen konnte. Ich weinte und weinte, bis ich keine Tränen mehr hatte, dann schrie ich, bis mein Hals vollkommen ausgetrocknet war, dann strampelte ich im Bett, bis ich keine Kraft mehr hatte. Ich tat alles, um nichts mehr zu fühlen, bis mich nur noch die Leere umgab. Die Außenwelt nahm ich nicht mehr war, so nahm ich auch nicht wahr, was mir bald wiederfahren würde ...

Blutige Träume


 

2. Blutige Träume

 

„Itachi? Spielst du mit mir?“, fragte ich ganz aufgeregt und hüfte gespannt vor meinem großen Bruder umher. Er aber sah mich bedauernd an. Er sah mich so bedauernd an, wie er mich schon seit Wochen ansah, wenn ich etwas von ihm wollte. Es war ein Blick, der mir bereits eine Antwort auf meine Frage gab. Das schien auch mein Bruder zu bemerken, denn er beugte sich zu mir herab, sodass wir auf Augenhöhe waren und lächelte mich sanft an, bevor er mir gegen die Stirn tippte.

  „Es tut mir leid, Sasuke, aber Vater möchte, dass ich bei der Kriegsbesprechung dabei bin. Ich verspreche dir, wir spielen das nächste Mal“, versuchte er mich aufzumuntern. Doch das funktionierte nicht. Dieses Mal würde ich mich nicht aufmuntern lassen!

 

„Das sagst du immer, aber nie hast du Zeit für mich. Immer musst du etwas anderes machen“, jammerte ich und verschränkte meine Arme vor der Brust. Itachi ließ sich davon allerdings nicht aus der Ruhe bringen. Er lächelte mich weiter an und strich mir durch die Haare.

  „Es tut mir wirklich leid, Sasuke, aber als zukünftiger König muss ich an diesen Konferenzen teilnehmen, aber ich verspreche dir, dass wir bald wieder spielen“, versprach er mir, bevor er sich von mir abwand und meinen Vater in den großen Saal folgte. Mir blieb nichts anderes übrig als zurück zu bleiben. Doch blieb das nicht lange so.

 

„Sasuke, mein Schatz, komm her“, rief meine Mama mich und bedeutete mir ihr in den Wohnbereich zu folgen. Dort loderte bereits ein Feuer im Kamin und erwärmte den ganzen Raum. Trotzdem war ich froh, als eine Magd mir eine heiße Milch reichte, mit der ich mich neben meine Mama auf die Couch kuschelte. Sie nahm mich natürlich sofort in ihre Arme und legte eine kuschlige Decke um uns beide. Ausnahmsweise ließ ich dies auch zu, denn mein Vater war ja nicht da, um zu sehen, wie schwach ich war …

 

Lange lag ich einfach nur so da neben ihr und hörte ihren Geschichten zu, während wir darauf warteten, dass Itachi und mein Vater aus der Besprechung kamen. Doch sie kamen einfach nicht. Nicht, dass wir es nicht schon gewohnt waren, dass es so lange dauerte, schließlich verbrachten sie seit kurzem immer mehr Zeit in den Besprechungen. Trotzdem hatte ich gehofft noch etwas Zeit mit meinem Bruder verbringen zu können, aber das konnte ich nun vergessen. Ich spürte deutlich wie mir langsam die Augen zu fielen, bis ich schließlich in den Armen meiner Mutter einschlief.

 

~~~

 

Tropf. Tropf. Tropf.

 

Ich wusste nicht, was es war, was dort auf meinen Kopf tropfte, doch es nervte mich und riss mich aus meinem Schlaf. Müde rieb ich mich über die Augen und schlug meine Lider auf. Das erste, was ich sah, war der Kamin, in dem noch immer ein kleines Feuer loderte. Dies sagte mir zwei Dinge. Erstens, ich war noch immer im Wohnzimmer bei meiner Mama. Zweitens, Itachi und mein Vater waren noch immer in dieser Besprechung sonst läge ich schon in meinem Bett.

 

Seufzend wollte ich mich zu meiner Mama umdrehen, als ich bemerkte, wie still es eigentlich war. Normalerweise waren im Schloss immer irgendwelche Geräusche zu hören, wenn es auch nur die Ritter in ihren schweren Rüstungen waren, die patrouillierten. Doch in diesem Moment konnte ich einzig und allein das Knistern des Feuers hören. Was war nur los? Schlief denn das ganze Schloss und es hatte nur keiner mitbekommen, dass meine Mama und ich hier noch lagen? Warum merkte mein Vater nicht, dass seine Frau nicht da war? Warum hatte Itachi nicht bemerkt, dass ich noch nicht im Bett lag? All meine Fragen wurden mir beantwortet, als ich mich ein wenig im Raum umsah.

 

Rot.

Blutrot.

Rotes Blut.

 

Überall im Raum verteilt waren Lachen aus Blut und in diesen Lachen lagen unsere Mägde und Soldaten. Es war so grausam und doch konnte ich meinen Blick nichts von diesen Menschen wenden. Menschen, die mich ein Leben lang bedient und beschützt hatten, die nun hier tot vor mir lagen in ihrem eigenen Blut.

 

Was war nur passiert?

 

„Mama?“, fragte ich ängstlich und drehte mich zu ihr um, aber als ich sie sah, traf mich der Schock nur noch mehr. Meine Mama. Meine liebevolle Mama, die sich immer um mich gesorgt und gekümmert hatte und mich auch jetzt noch fest in ihren Armen hielt, starrte mich mit kalten, leblosen Augen an. Blut floss aus ihrem Hals und tropfte langsam aber stetig auf die Stelle, an der ich bis eben noch gelegen hatte …

 

Eine Träne floss meine Wangen hinunter. Ich konnte es nicht fassen, dass meine Mama, meine geliebte Mama tot war und mit ihr all die Menschen im Wohnbereich. Wie hatte das passieren können? Wie hatte jemand hier eindringen können und all die Menschen umbringen können. Unser Schloss war eines der am besten gesicherten und am besten bewachten. Wie war es also so weit gekommen? Und warum lebte dann noch ich? Warum hatte man mich nicht auch umgebracht, wie all die anderen Menschen?

 

Schritte!

 

Draußen auf dem Flur. Ich konnte sie deutlich hören. Schnelle, laute Schritte, die davon zu jagen schienen.

 

Auch wenn es mir schwer fiel, löste ich mich von meiner Mama und stand mit zittrigen Beinen auf. Ich ballte meine Hände zu Fäusten, um wenigstens ein wenig innere Stärke finden zu können. So schlich ich mich auf leisen Sohlen aus dem Wohnbereich heraus auf den Flur. Auf den Flur, auf dem noch viel mehr Blut zu finden war. Noch mehr Blut und noch mehr tote Menschen, noch mehr Grauen und noch mehr Leid. Trotzdem schluckte ich meine Tränen und meine Angst herunter. Ich war ein Prinz! Ich war stark! Ich musste herausfinden, was hier vor sich ging!

 

Lange musste ich allerdings nicht suchen. Gleich um der nächsten Ecke konnte ich das bekannte Klirren hören, wenn Metall auf Metall traf, bis es genauso schnell, wie es gekommen war, wieder verklang. Ohne lange darüber nachzudenken rannte ich um die Ecke herum, um zu sehen, was dort los war. Was ich sah, war nur noch mehr Tod. Tote und ein paar tapfere Männer, die weiter gegen den Eindringling zu kämpfen schienen. Für mich war es unvorstellbar, dass es nur ein Mann war, der es geschafft hatte, das Schloss zu erobern und so gut wie jeden darin umzubringen.

 

Ich brauchte nicht erst durchs ganze Schloss zu rennen, um dies zu wissen. Ich musste nicht nachsehen, um zu wissen, dass nicht nur meine Mama tot war, sondern auch Itachi und meine Vater und mit ihnen all die Menschen, die bei uns auf dem Schloss gewohnt hatten. Ich könnte es auch gar nicht. Könnte nicht noch mehr tote oder sterbende Menschen sehen. Mit meinen fünf Jahren hatte ich schon viel zu viele tote gesehen, auch wenn der Tod meiner Mutter der schlimmste war.

 

„Prinz Sasuke!“, riss einer der Männer mich aus meinen Gedanken. Panisch und froh sah er mich an, als er mich erblickte. Ich erkannte ihn als meinen Kampftrainer und war prompt überzeugt, dass alles gut werden würde. Er war einer der besten Kämpfer, die wir im Schloss hatten.

  „Prinz Sasuke! Lauft! Bringt Euch in Sicherheit und versteckt Euch, bis das alles vorbei ist!“, schrie er mich an. Aber ich konnte mich nicht bewegen, konnte meinen Blick nicht von ihm wenden, nicht von seinem Angreifer wenden. Sein Angreifer, der diesen Moment der Schwäche nutzte, um mit einem gezielten Hieb sein Leben auf der Stelle beendete. Es auf derselben Art und Weise beendete, wie er es auch schon zuvor bei den anderen Männern und wahrscheinlich auch bei meiner Mama getan hatte.

 

Das zu sehen, beruhigte mich auf absurde Art und Weise. Es beruhigte mich, weil es mir sagte, dass meine gütige Mama keine Schmerzen verspürt hatte, als er sie umbrachte. Keine Schmerzen, nur Angst. Dieselbe Angst, die auch ich verspürte, jetzt da ich meinem Angreifer direkt gegenüber stand. Ich glaubte nicht daran, dass man mich verschont hatte, sondern vielmehr dass es ein Versehen war, dass mein Angreifer nun ändern würde. Trotzdem mischte sich neben meine Angst eine innere Ruhe. Ich hatte keine Angst zu sterben. Nicht mehr. Ich wusste, wenn ich jetzt starb, konnte ich endlich wieder bei meiner Mama, Itachi und meinem Vater sein. Starb ich nicht, war ich alleine auf dieser großen Welt, nicht wissend, was ich tun sollte.

 

Seufzend schloss ich meine Augen und wartete auf mein Schicksal, wartete auf ein Stechen, die Schmerzen, die Kälte. Ich wartete auf das Zeichen, das mir sagte, dass es vorbei war, dass ich starb. Dass ich zusammen mit meiner Familie starb und nicht mehr alleine war. Alleine in einer Welt, ohne die Menschen, die ich liebte. Doch nichts passiert. Ich spürte nichts. Ich stand einfach nur da und wartete …

 

Vielleicht hatte ich mich ja geirrt. Vielleicht hatte der Angreifer mich wirklich nicht töten wollen. Vielleicht hatte er sich davon geschlichen, während ich hier auf mein Ende wartete. Ein Ende, das einfach nicht kommen wollte …

 

Auch wenn ich es nicht wollte, konnte ich nicht verhindern, dass sich meine Augen öffneten und ich direkt in die Irden des Angreifers starrte.

 

Dunkelheit.

 

 

Schreiend schreckte ich hoch. Ein Traum! Alles war nur ein Traum. Oder? Paralysiert sah ich mich um, doch ich konnte meine Umgebung nicht erkennen. Das war nicht mein Zimmer und auch nicht der Wohnbereich. Es war kein Ort, der auf dem Schloss war. Aber wo war ich dann? Was war nur passiert? Was war das für ein seltsamer Traum gewesen?

 

Stöhnend fuhr ich mit meiner Hand über meine Stirn, doch hielt ich schnell inne, denn was ich sah, war rot. Blutrot. Rotes Blut. Es war überall auf meiner Hand, doch es war nicht meins. Es war getrocknet und sagte mir, dass es wahr war. Das war kein Traum, zumindest nicht nur. Es war Realität. Meine Mama war tot. Meine Mama, Itachi und mein Vater. Nur ich war noch am Leben. Ich alleine. Niemand war bei mir. Niemand konnte mich trösten. Niemand sagte mir, wo ich war. Ich war alleine in einer großen Welt, von der ich nichts kannte.

 

Kraftlos sackte ich auf meine Knie und ließ den Tränen, die ich im Schloss noch unterdrückt hatte freien Lauf. Ich weinte um meine geliebte Mutter und ich weinte um meinen tüchtigen Bruder. Ich weinte um meinen strengen Vater und ich weinte um die Menschen auf den Schloss. Ich weinte um jeden, der in dieser Nacht gestorben war. Ich weinte, doch niemand konnte meine Tränen und meine Schreie hören … Ich war einsam und alleine für immer.

 

Unannehmlichkeiten

3. Unannehmlichkeiten

 

 

Wie an jedem Morgen klingelte gegen fünf mein Wecker. Ich war es gewohnt und stellte diesen sofort ab und war hellwach. Das war eine sehr positive Eigenschaft von mir, was auch meine Kolleginnen sehr zu schätzen wussten, denn von ihnen kam keine so früh aus den Federn.

Ohne mich zu beschweren, dass die anderen noch schliefen, riss ich die Fenster auf und ließ die stickige Luft, die wir zu viert die Nacht verursacht hatten, nach draußen.

 

„TenTen, wie schaffst Du es immer so hellwach zu sein!“, fragte Sayuri mich, die vermutlich von den Geräuschen des Fensters wach geworden war …

„Weiß nicht! Wahrscheinlich, weil meine Mom mir beigebracht hatte, immer positiv zu denken. Irgendwie habe ich es heute im Gefühl. Heute wird ein -“

„- guter Tag. Wir wissen es!“, sagte auch Kairi genervt. Diese murrte immer am Anfang des Tages und kam ohne ihren morgendlichen Kaffee gar nicht klar. Also war klar, was meine erste Aufgabe war.

 

„Ich mache uns jetzt das Frühstück!“, strahlte ich, hatte derweil schon meinen Futon beiseite gerollt und rannte, ehe Widersprüche von meinen Kolleginnen kamen, aus dem Zimmer hinaus in die Küche. Dabei pfiff ich ein mir zu Ohren gekommenes Lied aus dem Radio. Wieso sollte ich das nicht tun? Es schien die Sonne und alles war wie immer.

 

In der Küche angekommen strahlte mir eine kalte und sogleich moderne Atmosphäre entgegen. Die Küche war in einen langweiligen weiß und die Geräte nach dem neusten Trend eingerichtet, sodass man sich immer erneut mit diesen auseinandersetzen musste. Zum Glück hatte ich so etwas immer recht schnell raus. Ich setze den Kaffee auf und schob die Brötchen, die die Hyuugas gestern übriggelassen haben in den Ofen, um eine neue Knusprigkeit zu erzielen. Anschließend plünderte ich im Kühlschrank herum und zog den dreitagealten Käse heraus, welcher uns eh bald zum Fraß vorgeworfen wurde, da der Clan immer alles frisch wünschte. Das war, wie ich fand die reinste Geldverschwendung. Das wagte ich niemals offen auszusprechen. Als ich die Verpackung der Brötchen entsorgen wollte, fiel mir auf, dass der Mülleimer proppenvoll war. Also was tun? Was wohl. Ich stopfte noch einmal die Füllung in den Beutel, band die Tüte zu und zog sie aus dem Mülleimer. Danach schritt ich hinaus und da war er wieder.

 

Groß, muskulös, braunhaarig, fliederfarbene Augen. Automatisch schritt ich anders auf den Mülleimer zu. Vielleicht bemerkte er mich ja diesmal, wenn ich so wie die Models die Hüfte schwang. Dabei versuchte ich Augenkontakt herzustellen, jedoch brachte es nichts, da er wahrscheinlich damit beschäftigt war, die Sonne anzubeten. Der Körper angespannt, schweißgebadet aber oberkörperfrei. Die Götter waren wohl heute mit mir.

 

Zumindest bis ich über eine Luftschicht stolperte, was typisch für mich war und unkontrolliert fiel. Ich versuchte panisch das schlimmste Unheil abzuwenden, ließ den Müllsack mit Schwung los, schwang die Handfläche nach vorne und voila, absolvierte einen ungeschickten aber halbwegs stabilen Salto vorwärts und stellte mich auf. Erleichtert atmete ich aus, als platsch, der Müllbeute mitsamt Inhalt auf – ich musste schlucken – den Sonnenanbeter fiel.

„Scheiße!“, flüsterte ich und schlug dabei die Hand gegen den Kopf. Dieser Flirt war wohl richtig in die Hose gegangen oder um es wortwörtlich auszudrücken war eine Aktion für den Müll.

 

Entschuldigend wollte ich mich in seine Richtung begeben, als jemand ihm schockiert entgegen kam. Eine Blondine nur bekleidet mit einem Männerhemd versuchte ihn vom Müll zu befreien. Das war ja so etwas von klar, dass er eine Freundin hatte …
 

Ehe sie mich sahen, rannte ich ins Haus zurück. Hoffentlich hatte er mich nicht gesehen. Das wäre oberpeinlich, aber so etwas von. Ich war so in Gedanken vertieft, als schon das nächste Unheil rief. Meine Augen wurden größer als die Küche sich mit einer schwarzen Wolke überzog.

Ich seufzte. Vielleicht sollte ich den Tag doch nicht immer loben, bevor der Abend kam.

 

*~*

 

Die verbrannten Brötchen hatten meine Kolleginnen ohne Kommentare gegessen, als es schon an die übliche Hausarbeit ging. Kairi kümmerte sich um das Frühstück der Hyuugas. Da sie die Hübscheste war, wurde sie als Vertretung aller Dienstmädchen zu den Gästen der Hyuugas geschickt, weshalb sie mit den Hyuugas gelegentlich sprechen durfte.
 

Sayuri war die Ordentlichste. Sie erledigte daher die Aufgaben, die Betten zu machen und das Zimmer in den gewünschten Zustand zurück zu versetzten. Danach kamen für sie putzen und staubsaugen dran.

 

Ich war die Stärkste und handwerklich Begabteste. Ich übernahm die Arbeiten, die sonst ein Mann übernehmen würde. Regenrinnen reinigen, Holz hacken, die verstopfte Spülen und Toiletten in Gang setzen. Zusammen waren wir einfach ein eingespieltes Team.

Und dann gab es noch -

„Mädels!“

- unseren persönlichen Hausdrachen, von der gemunkelt wurde, dass sie sich bei den Hyuugas hoch geschlafen hatte, um diese Position zu bekommen. Es war aber nur ein Gerücht. Deswegen sagte ich nichts weiter dazu und gesellte mich zu Kairi und Sayuri in die Reihe.

 

„Ihr wisst es vielleicht nicht, jedoch wird heute ein großes Familientreffen der Hyuugas stattfinden. Ich erwarte absolute Perfektion in diesem Haus und …“

Sie hielt inne und sah Kairi an. Sie schien sich ein Bild von ihr zu machen, knöpfte ihre oberste Knöpfe auf und zupfte an ihren kupferroten Haaren, was Kairi die Augen verdrehen ließ.

„… perfekte Mädchen. Hyuuga-sama sollte es an nichts fehlen. Sayuri! Du wirst die Gäste mit empfangen und dich um deren Wohlergehen kümmern und TenTen …“

Schon wieder machte sie eine metaphorische Pause und grinste mich an. Dabei umkreiste sie mich wie ein Geier, blieb angewurzelt vor mir stehen und visierte mich mit einem kalten Blick an, was für mich nichts Gutes verhieß.

„... sorge einfach dafür, dass die Gästetoiletten einwandfrei und tiptop gesäubert sind!“

Schelmisch grinste sie mich an und schrie danach so laut, dass wir alle drei zusammenzuckten.

„HOPP! HOPP!“

Und schon waren wir durch das ganze Haus verstreut.

 

*~*

 

Erst gegen Nachmittag sah ich Sayuri wieder, als sie sich ihr Kostüm anzog, um die Gäste zu empfangen. Ihre schwarzen Augen bemusterten sich im Spiegel. Uns war es nicht erlaubt, uns extrem zu schminken, jedoch sollten diejenigen, die die Gäste empfingen, makellos und perfekt aussehen. Das war wahrscheinlich der Grund, warum sich meine Kollegin wahnsinnige Gedanken machte. Kairi war schon fertig. Von oben bis unten wie eine Lolita gestylt. Es war echt gruselig, dass sie wie Puppen in dem ganzen Getümmel zurecht finden mussten. Irgendwie war ich in dem Moment insgeheim froh, dass ich mich weiterhin versteckt aufhalten durfte.

 

„Sayu! Du siehst gut genug aus!“, kommentierte Kairi.

„Und was ist, wenn ich der Hexe nicht gefalle! Du weißt doch, wie brutal sie sein kann!“, sie drehte sich zur Seite und zupfte ihr Kostüm zurecht.

„Dann bekommt sie es mit mir zu tun!“, grinste ich ihr entgegen und ging auf die beiden zu.

„TenTen! Es tut mir schrecklich leid, dass Du den Abend alleine verbringen musst. Wir versuchen auch so schnell wie möglich fertig zu sein“, zwinkerte mir Kairi zu.

„Du weißt ja! Die drei Muskeltiere und so!“, kicherte auch Sayuri.

Ich lächelte: „Naja, immerhin muss ich mir diese Tortur nicht antun und habe heute Abend frei.“

Ich meinte das tatsächlich ernst. Freiwillig würde ich mich nicht mit Schminke und solch einen Kram vollschmieren wollen.

 

Die anderen beiden lächelten mich dankbar an, als ich unser geheimes Zeichen mit einer flachen Hand begann. Sayuri schlug ihre Hand auf meinen Handrücken und schließlich kam auch Kairi dazu. Danach drehten wir uns einmal um die Position, klatschten die jeweilige andere Hand zeitgleich in die Mitte, drehten uns um die eigene Achse, ehe wir mit einem Hüftschwung unser jeweiliges Gesäß berührten und lachten, während jede von uns ihren Po rieben.

 

„Ich glaub wir brauchen ein neues geheimes Zeichen!“, lachte Sayu.

„Ich nicht, es ist perfekt!“, stimmte ich mit ein, als wir drei zum Lachen anstimmten.

Als dieser Friede vorbei war, zog Kairi Sayuri mit sich.

„Bis später, TenTen!“

„Bis dann!“, sagte ich, als schon unsere Zimmertür zufiel.

 

*~*

 

Es war langweilig, wenn meine Zimmergenossinnen nicht da waren. Leider war es mir auch untersagt, abends rauszugehen. Ich sollte mich vollkommen versteckt halten, so der Hausdrache. Wie immer sah ich aus dem Fenster und betrachtete den Himmel. Dort waren bereits einige Sterne zu sehen. Dann sah ich zur Straße, auf welcher einige Menschen auf das Hyuugaanwesen zuschritten. Das mussten wohl die Gäste sein und das waren nicht wenige. Wie sich wohl Sayu und Kairi schlagen würden? Kairi war es ja gewohnt die Gäste zu empfangen, jedoch war es für Sayu das erste Mal.
 

Nun war die Neugier in mir geweckt. Abgesehen von dem ganzen Geschminke und Gekleide und so weiter wollte ich insgeheim doch wissen, wie es bei diese Treffen vonstattenging. Die Langweile trieb mich einfach dazu. Ich schwor mir, dass der Hausdrache mich sicherlich nicht bemerken würde, wenn ich mich nach unten schlich und mal einen kurzen Blick auf die Gäste und das Essen warf. Ich wollte doch ebenso wie alle, dass alles reibungslos vonstattenging. Schließlich perlten Misserfolge auf mich und meine Freunde ab.

 

Das laufend in mir einredend schlich ich mich also ganz sachte und Schritt für Schritt in den Empfangsaal, in dem Kairi gerade in der Ecke Champagner in teuren Gläser goss und Sayuri sich bemühte diesen von Gast zu Gast zu übergeben. Dafür erntete sie sofort einen Arschgrabscher, was sie aufschrecken ließ, sodass der Champagner zu Boden fiel und das teure Glas zerbrach. Ehe sie etwas sagen konnte, wurde sie vom Hausdrachen beiseitegeschoben und ermahnt. Es war zum verrückt werden. Die Gäste waren es doch, die sich unsittlich benahmen und keiner reagierte darauf. Stattdessen wurden wir wie Sklavinnen bestraft. Ich biss mir auf die Zunge und ermahnte mich selbst, dass ich mich auf keinen Fall einmischen durfte.

 

Derweil kniete sich Sayuri zu Boden und sammelte die Scherben auf, während Kairi neue Champagnergläser den Gästen übergab und souverän und entschuldigend lächelte. Scheinbar versuchte sie Sayuris Unheil abzuwenden und die Situation zu besänftigen. Dabei erntete sie weiteres Gehänsel von zwei der Gäste, die sich nach und nach ins Esszimmer verzogen. Dann half Kairi so schnell sie konnte Sayu beim Scherben aufsammeln.

 

Ich musste schlucken. Kairis Aufgabe hatte ich mir anders vorgestellt, aber nicht mit solchen perversen Idioten. Sayu flüsterte etwas Unverständliches, aber sicherlich nichts Nettes zu Kairi, stand auf und schmiss die Scherben in den nächstliegenden Mülleimer. Danach grölten die Leute schon nach ihnen. Sayu zeigte erbarmen und folgte dem Ruf gefolgt von dem Hausdrachen, die Sayuri spitzäugte. Kairi wischte derweil weiterhin den Boden auf. Das war meine Gelegenheit zu helfen. Ich ging auf Kairi zu und kniete mich neben sie.

 

Sie wiederum schreckte auf, was zeigte, dass sie in ihre Aufgaben ziemlich vertieft war, und lächelte mich anschließend schwach an. Dann stand sie auf und schritt zügig den anderen ins Esszimmer nach. Kurz sah ich auf, was ein Fehler war, denn ich sah die Gestalt des heißen Typen von heute Morgen, als sich die Türe wieder verschloss.
 

Wieder war meine Neugier stärker als meine Achtsamkeit. Ich wischte so schnell ich konnte die Reste auf, schnitt mich natürlich an einer Scherbe, wie sollte es auch anders sein, und schlich mich zur Esszimmertür. Meine Neugier war geweckt, denn bisher hatte ich diesen Typen nur von weitem beobachten können. Und jetzt konnte ich ihn endlich genauer betrachten. Ich öffnete die Tür einen Spalt weit und sah hinein und blickte – au scheiße – in zwei fliederfarbenen Augen, die in meine Richtung starrten. Und diese gehörten die Typen.

 

Schnell zog ich meinen Kopf ein und lief rot an. Dabei atmete ich tief ein und aus und wartete darauf, dass die Hausherrin kam und ich die nächste war, die dran glauben musste. Doch zu meiner Überraschung geschah nichts weiter, was mich wunderte und noch einmal hineinsehen ließ.
 

Der Typ sah zu meinem Meister, Hiashi Hyuuga und seine Töchter Hinata und Hanabi. Dabei gab es keinerlei Emotionen. Gut. Besser ich beobachtete nicht mehr den Typen und konzentrierte mich auf Sayuri. Schließlich wurde sie soeben sexuell belästigt und musste es dulden. Sie servierte gerade den ersten Gästen das Essen und erklärte professionell lächelnd das Gericht. Dabei fiel mein Blick zu dem Kerl, der sie angefasst hatte. Er grinste über beide Ohren, als ob er etwas aushecken wollte und stand auf. Anschließend ging er auf Sayu zu.
 

Meine Augen formten sich zu Schlitzen, als ich die nächste unsittliche Berührung an Sayu vernahm. Er flüsterte ihr etwas ins Ohr, was sie aufschrecken ließ, jedoch servierte sie dann scheinbar unbekümmert weiter das essen. Dieser Mistkerl verzog sich am anderen Ausgang in Richtung der Toilette, wie ich vermutete. Na warte. Das, was er Sayuri antat würde er bald keinen mehr antun. Dafür würde ich sorgen. Bekam ich eben Ärger von dem Hausdrachen. Ich würde schon damit fertig werden. Ich schloss erneut die Tür mit einem kleinen Klicken und schlich ihm hinterher, bis keiner uns mehr hörte.

 

„Hey Perversling!“ Ich setzte einen Schritt vor. Als er sich umdrehte, hatte er von mir eine Ohrfeige im Gesicht kleben. Das hatte er so etwas von verdient und ich war lange nicht fertig. Ich holte erneut aus und wollte ihm in den Bauch schlagen, als dieser meinen Faustschlag aufhielt.

„Wen haben wir denn da? Ein niemand! Glaube mir, Kleine! Du wirst es sichtlich bereuen mich geschlagen zu haben.“ Und schon versuchte er zuzuschlagen. Es war die bekannte Kriegerkralle der Hyuugas, was mich vermuten ließ, dass es einer von Hiashis Schüler war. Das schreckte mich aber nicht ab, denn mein ganzes Leben habe ich Schüler ein- und ausgehen sehen und wusste auszuweichen. Er knirschte mit den Zähnen und schlug zum Treten aus. Der Lotus. Aber das würde mich nicht aufhalten. Im Gegenteil.

 

Ich wich so geschickt aus, dass der verehrte Gast Hiashis Lieblingsvase zu Bruch gehen ließ. Jedoch stolperte ich stattdessen über das umgefallene Tischbein und fiel zu Boden. Der Schleimbeutel ergriff diese Gelegenheit schnell, als er mir in den Bauch trat. Ich schrie kurz auf, sah aber, dass er noch einmal auf mich eintreten wollte. Diesmal ergriff ich seinen Bein brachte ihn durch einen Dreher aus seinem Gleichgewicht, sodass er hinfiel. So schnell ich konnte versuchte ich mich aufzuraffen, als ich unerwartet einen Schlag im Gesicht verspürte, sodass mir meine Oberlippe aufplatzte.

 

„Du elendes Gör! Was fällt Dir ein einen Gast zu treten!“, mischte sich auch der Drache von Haushälterin ein.

„Sie verstehen nicht! Er hat Sayuri an gegrapscht“, konterte ich.

„Das ist ebenso Aufgabe hier. Den Männern sein Vergnügen zu lassen, wie ein damenhaftes Benehmen zu präsentieren. Das ist Dein und ihr Los als …“

„Als was? Sagen Sie schon?“, provozierte ich die Haushälterin.

„… Untertarne!“, beendete sie kalt ihren Satz und sah mich finster an.
 

Jetzt reichte es! Ich ließ doch nicht zu, dass jeder so einfach machen konnte, was er oder sie mit mir und meine Freundinnen wollte. Ich stand auf und holte diesmal gegen die Hausherrin aus, als ich gestoppt wurde. Wer war es jetzt wieder!

„Lass mich los du -“, weiter kam ich nicht, denn, derjenige der seinen Arm sowohl um meine Taille als auch um meine ausschlagende Hand legte, war dieser heiße Typ, über den ich heute Morgen den ganzen Inhalt des Müllbeutels gekippt hatte.

 

Schnell war ich perplex und rührte mich nicht mehr. Meine Aufmerksamkeit galt diesem Typen. Genauso schien es den anderen auch zu gehen, denn jeder hatte seine Aufmerksamkeit auf ihn gerichtet.

„Ich denke, dass diese Auseinandersetzung jetzt beendet ist. Und Kaito-“ Nun visierten fliederfarbenen Augen den Perversling wie ein Insekt an. „Entschuldige dich bei den Dienstmädchen für deine Unannehmlichkeiten vorhin!“ Ich war baff. Hatte er tatsächlich gesehen, dass Sayuri sexuell belästigt worden war?

 

Zu einer weiteren Überlegung kam ich nicht, als schon ein Murmeln in Richtung der eingeschüchterten Sayu kam.

„Sorry …“

„Lauter!“, befahl der Besitzer der Stimme, der mich immer noch fest im Griff hatte.

„Es tut mir Leid!“, kam es deutlich, aber verhasst von Kaito.

 

Sayu sah abwechselnd zu ihm und mir und nickte nur.

„Es ist alles gut!“, lächelte sie kleinlaut.

„Dann ist ja alles geklärt!“, sagte der Typ erneut und ließ mich los, sodass ich zum Boden kippte. Mal wieder. Und ich dachte, der Kerl wäre heiß. Dabei war er so kalt wie ein Eisberg, der die Titanic zum Sinken gebracht hatte. Wütend starrte ich ihn an, der meinen Blick emotionslos erwiderte. Was hatte dieser Typ nur an sich?

 

„Neji, ist alles in Ordnung!“, rief ihm ein Mädchen im lila Cocktailkleid und rannte ihm entgegen. Diesmal hatte sie schwarze Haare und ihre grauen Augen bemusterten den Kerl, der mich eben im Griff hatten, mit voller Sorge. Er wandte den Blick von mir ab und wandte sich um in Richtung des Esszimmers, ohne weiter auf seine Begleitung zu achten.

„Aber Neji! Warte doch!“ Alle anderen folgen Neji. Kaito jedoch konnte sich einen argwöhnischen Blick zu mir nicht verkneifen. Ich erwiderte diesen nur zu gerne.

 

Als es keine Zuschauer mehr gab, rappelte ich mich auf, wischte das Blut von meiner Lippen und torkelte in Richtung meines Zimmers. Das würde am nächsten Tag blaue Flecken geben. Das wusste ich ganz genau. Ehe ich es richtig realisieren konnte, was für ein Schmerz sich an meinen Bein zog, spürte ich schon Eis auf meine Lippen.

„Toller Schlag!“, sagte die Stimme, die ich heute kennenlernen durfte und doch so markant und herrisch war, dass diese mir mein Leben lang im Gedächtnis bleiben würde.

„Danke!“, sagte ich nur und nahm das Eis von Neji entgegen.

 

„Und im Übrigen, an welchen Namen soll ich mein Hemd schicken, das Du mit Müll bekleckert hast!“ Meine Augen rissen sich auf und ich sah Neji schockiert an. Er hatte mich also heute Morgen doch wahrgenommen, ohne es zu erwidern. Scheiße. Ich wurde rot.

„TenTen!“, kommentierte ich nur bitter.

 

„Ich schätze, dass mein Onkel Dir nicht viel zahlt, oder?“, fragte Neji und ich sah ihn nochmals irritiert an.

„O-Onkel? Meister Hiashi ist dein Onkel?“, hakte ich nach. Neji nickte nur stumm.

„Ich bekomme Unterkunft und Essen gegen meine Dienstleistung!“, gestand ich, damit er wusste, dass bei mir nicht so viel zu holen war.

 

„Das ist mal wieder typisch tyrannisch von ihm!“ Diesmal hatte ich das Gefühl, dass Neji eher zu sich sprach als zu mir.

„Treffen wir uns morgen wieder pünktlich zum Sonnenaufgang? Ich muss etwas mit Dir bereden. Es geht um ein Handel. Sieh es als Entschädigung für meine Klamotten!“, schlug Neji vor. Auf eine Antwort von mir wartete er nicht, als er sich wieder zu den anderen begab.
 

Ich brauchte eine Weile, um wieder klare Gedanken zu fassen. Hemd? Er hatte doch heute Morgen kein Hemd an. Was wollte dieser Kerl nur von mir? Ich hatte wohl oder übel keine Gelegenheit nachzufragen, da ich unmöglich in die Verhandlungen im Esszimmer hereinplatzen und um ein persönliches Aufklärungsgespräch mit Neji bitten sollte. Der Drache hatte mich schon auf den Kicker und das wollte ich heute nicht noch mehr überspannen. Also blieb mir nichts anders übrig als auf den morgigen Tag zu warten. Irgendwie hatte ich das Gefühl, dass ich den Schlaf für morgen brauchen würde, weshalb ich dieser Intuition Folge leistete und mich in mein Schlafzimmer verbarrikadierte.

Gebrochen


 

4. Gebrochen

 

In meiner Verzweiflung und der Leere, die mich umgab, bemerkte ich nicht, wie die Wachen mich bei den Armen packten und von dem Bett schleiften, weg von meinem Liebsten, weg von meinem Leben. Auf dem Weg musste ich irgendwann mein Bewusstsein verloren haben, denn als ich wieder zu mir kam, befand sich mein Körper nicht mehr in den starken Armen, der Wachen, die keine Rücksicht auf mich genommen und mich unbarmherzig mit sich gezogen hatten, sondern auf etwas Kaltem.

 

Nur mit Mühe gelang es mir, mich soweit aufzurichten, dass ich mich umsehen konnte. Mein Buch schmerzte und bei jeder weiteren Bewegung fühlte es sich so an, so als würde mir jemand ein Messer in den Unterleib rammen. Doch das war nicht mal der schlimmste Schmerz. Der schlimmste Schmerz war zu wissen, dass die Götter mir sowohl mein Kind als auch meinen Liebsten genommen hatten, dass sie mir erneut alles genommen hatten, was ich besaß. Warum waren die Götter nur nicht mit mir?

 

Der kalte, steinige Kerker, in dem ich mich augenscheinlich befand, macht die Sache nicht besser. Mir war kalt und mein Körper schmerzte an jeder erdenklichen Stelle. Ich hatte Hunger und Durst und fühlte mich so unglaublich schwach. In diesem Moment wünschte ich mir nichts sehnlicher als dass ich zusammen mit meiner Familie an diesem verfluchten Tag gestorben wäre. Nein viel mehr noch wünschte ich mir, dass ich der Heirat mit diesem fremden Mann zugestimmt hätte, denn dann wäre von all dem nichts passiert. Mein Königreich wäre nicht angegriffen worden. Meine Familie wäre nicht gestorben. Ich hätte nicht fliehen müssen. Ich wäre nie an diese gottverdammten Sklavenhändler gekommen und hätte nie hier arbeiten müssen. Dann hätte ich nie diesen Mann getroffen, von dem ich dachte und noch immer denke, dass er meine große liebe war.

 

Mit großer Mühe schleppte ich mich zu einem Bündel Heu, das in der Ecke lag, damit ich nicht vollkommen auf dem kalten Boden liegen musste, wobei ich mir sicher war, dass das auch nicht mehr viel ausmachte. Hier unten wäre es überall kalt, was mir auch den letzten Rest meiner übriggeblieben Kräfte nahm. Ich spürte bereits, wie die Ränder langsam verschwammen. Kleine schwarze Punkte tanzten vor meinen Augen, bevor alles schwarz wurde. Vielleicht war es nun endlich soweit. Vielleicht war endlich der Tag gekommen, an dem ich wieder mit meiner Familie vereint sein konnte …

 
 

~~~

 

Tritte in meinem Unterleid rissen mich aus meinem traumlosen, unruhigen Schlaf. Qualvoll stöhnte ich auf und wand mich schmerzerfüllt. Nur langsam drangen leise Stimmen zu mir durch, die mit verlauf der Zeit immer deutlicher, immer lauter wurden. Flatternd öffnete ich meine Augen, um zu sehen, wer in meine Zelle getreten war und was sie wollten. Es waren zwei Wachen, die mich lüstern betrachteten, womit klar war, was sie wollten.

 

Ich kannte beide. Schon oft war ich ihnen auf der Burg begegnet. Der größere und gleichzeitig auch ältere der beiden war Rasmus. Eigentlich war er immer freundlich und zuvorkommend gewesen, doch nun jagt mir sein Blick und sein Auftreten Angst ein. Der andere hieß Ramires. Er war wesentlich junger als Rasmus, vielleicht sogar in meinem Alter, weshalb ich mir nie Gedanken wegen ihm gemacht hatte, aber nun verunsicherte auch er mich. In meinem Momentanen Zustand würde ich nichts gegen sie ausrichten können. Ich war ihnen hilflos ausgeliefert …

 

„Sieh mal einer an“, lachte Ramires zu Rasmus. „Unsere kleine Hure ist doch noch am Leben.“

  „Was haben wir für ein Glück“, lachte Rasmus, bevor er mich mit seinen eiskalten Augen fixierte. „Steh auf, du dreckige Hure!“, schrie er mich an. Ich zuckte zusammen, bewegte aber ansonsten keinen Muskel. Wie ein verschrecktes Reh saß ich vor ihnen und starte sie an. Erst als Rasmus bedrohlich auf mich zukam, gab ich mein Bestes, um aufzustehen. Doch auch bei der drohenden Gefahr gelang es mir nicht, aufzustehen. Ich war zu schwach. Ich hatte zu viel Blut verloren, zu wenig gegessen und getrunken. Ganz zu schweigen von meinem sinkenden Lebenswillen.

 

Rasmus aber war egal, dass ich keine Kraft mehr hatte, um seinen Befehlen Folge zu leisten. Schnell überbrückte er die letzten Meter, die uns noch voneinander trennten. Mit voller Kraft trat er nach mir, bevor er mich an meinen Haaren hoch zog.

  „Ich habe gesagt, du sollst aufstehen, du Miststück!“, grollte er und verpasste mir eine Ohrfeige, durch die ich sicher zurück gestolpert wäre, hätte er mich nicht so fest an die kalte Steinmauer, deren Steine sich in meinen Rücken bohrten, gepresst. Mit ängstlichem Blick sah ich ihn an und wartete darauf, was er vorhatte. Nein, ich wartete nicht darauf, denn ich konnte mir schon denken, was er wollte. Sein Blick sprach Bände. Ich wartete darauf, dass er fertig war und mich wieder meinem Schicksal überließ. Vielleicht fand ich ja einen schnellen Tod. Da die Götter mir allerdings nicht gnädig gestimmt waren, glaubte ich nicht daran.

 

Mit gierigem Blick riss Rasmus mir meine Kleider vom Leid und schmiss sie unachtsam in eine Ecke. Verlangend ließ er seinen Blick über meinen nackten Körper gleiten und leckte sich dabei lüstern über die Lippen. Aus seinen Augen sprach die reinste Lust. Die Lust nach mir, nach meinem Körper und nach dem was er ihm beschaffen würde …

  „Das können wir nicht machen! Wir haben den Befehl, sie von hier fort zu schaffen“, versuchte Ramires seinen Kollegen aufzuhalten, was mich überraschte. Er aber lachte spöttisch.

  „Wenn du nicht willst, dann nehme ich sie mir alleine vor. Halt sie solange fest, damit sie nicht wegkippt, sonst macht das ganze keinen Spaß“, meckerte Rasmus. Das ließ sich Ramires aber nicht bieten. Auch er trat zu mir heran, meinen Körper nicht aus den Augen lassend, und drückte mich fester an die Wand, bereit sich zusammen mit seinem Partner an mir zu vergehen.

 

Ich atmete tief durch und schloss meine Augen. Wenn ich das schon über mich ergehen lassen musste, wollte ich ihnen wenigstens nicht in ihre Augen sehen, wollte nicht sehen, wie viel Freude und Zufriedenheit ich ihnen unwillig bereitete. Eigentlich wollte ich nichts davon mitbekommen, wie sie mich manchmal gleichzeitig und manchmal alleine nahmen. Eigentlich und doch musste ich diese weitere Qual über mich ergehen lassen. Was blieb mir auch anderes übrig? Ich konnte nur noch zu meinen Göttern betten, die mich scheinbar nie erhörten, und sie anflehen, mich endlich aus dem Leben scheiden zu lassen … Aber auch diese Qual wollten sie mir nicht nehmen, die Qual überhaupt am Leben zu sein, während alle anderen um mich gestorben waren. Vermutlich war dies, diese Qual, dieses Leben die Strafe dafür, dass ich meine Pflicht nicht erfüllt hatte, dass ich nur an mich gedacht hatte, was meinem Volk seine Freiheit und das Leben gekostet hatte.

 
 

~~~

 

„Zieh das an!“, befahl mir Rasmus, nachdem er und Ramires endlich fertig waren und warf ein Stück Lumpen vor meine Füße. Auch wenn mir diese Tortur noch mehr Schmerzen bereitet hatte und ich meinen Körper kaum noch spürte – ich spürte nicht mal die Kälte unter meinem Gesäß – zog ich den Fetzen von Stoff an mich heran und warf ihn über meinen Körper. Ich wusste, sollte ich es nicht machen, würde er mir noch mehr Schmerzen bereiten, gegen die ich nichts hätte, wenn sie mich in den Tod führten, aber soweit würden sie es sicher nicht kommen lassen … Ich war zu lange hier, um zu wissen, wie sehr diese Menschen das Geld liebten. Deshalb würden sie mein Leben nicht vergolden. Leider. Dabei wünschte ich mir so sehr den Tod, dann müsste ich dieses Leid nicht mehr ertragen und ich wäre endlich wieder bei meiner Familie, wobei ich mittlerweile glaubte, dass ich an einen anderen Ort kam als sie. An einen Ort für schlechte Menschen. An einem Ort, an dem ich all die Menschen, die mir Leid zugefügt haben wiedersehen würde …

 

„Steh auf!“, befahl mir Rasmus, wartete aber nicht, bis ich mich aufgerappelt hatte, sondern zog mich gleich wieder an meinen Haaren hoch. Erschrocken schrie ich auf und bekam prompt eine Faust in den Magen gerammt, die mich anwies still zu sein. Zum Glück lehnte ich noch immer an der Wand, die die Wucht seiner Faust abfangen konnte, sonst hätte er mich sicher noch einmal hochziehen müssen. Darauf hatten wohl weder er noch ich Lust, wobei ich mir bei ihm nicht mehr ganz so sicher war, ob er nicht doch darauf stand, mir Schmerzen zuzufügen. Rasmus band meine Hände mit einem Seil zusammen und zog mich an diesem mit sich, sodass ich prompt stolperte und fiel. Rasmus kümmerte das nicht weiter. Er zog mich ungerührt weiter hinter sich her. Ramires folgte uns.

 

Wir verließen den Kerker und traten hinauf in den Hof. Erst dort gelang es mir endlich wieder, aufzustehen. Im Hof standen zwei Pferde bereit, auf die sich die beiden zubewegten, was mir sagte, dass wir auf eine Reise gehen würden. Eine Reise, bei der ich sicher laufen musste. Rasmus band das Seil, mit dem meine Hände gefesselt waren, an dem Geschirr der Pferde, bevor er und Ramires die Rosse bestiegen und losritten. Ich selbst musste zusehen, dass ich ihnen folgen konnte, was mir oft nicht gelang, sodass ich immer wieder stolperte oder mitgeschleift wurde, jedoch ritten sie nie so schnell, dass die Pferde mich überrannten oder ich durch einen anderen Unfall zu Tode kam. Sie waren darauf bedacht, auch noch das letzte bisschen Geld aus mir rausholen zu können, sodass mich später ein anderer Herr für seine Zwecke gebrachen konnte.

 

Erst in der nächsten Stadt an einem nahegelegenen Hafen machten wir halt. Auf einem Podest stand ein wohlgekleideter Mann, der auf die vorbeilaufenden Menschen einsprach. Hinter ihm standen viele Leute in einer Reihe aneinander gekettet. Manche sahen gut genährt aus, andere nicht. Manche trugen gute Kleidung, andere nicht. Manche sahen stark aus, andere nicht. Manche waren jung, andere alt. Manche waren weiblich, andere männlich. Doch sie alle hatten gemeinsam, dass sie kein Leben mehr hatten. Sie waren Sklaven.

 

„Wir haben hier was für Sie“, verkündete Rasmus, als wir vor dem Sklavenhändler zum stehen kamen, und schubste mich nach vorne, sodass ich vor seinen Füßen in den Dreck viel. Als ich nach oben blicken wollte, um genauer zu sehen, welchem Monster ich nun übergeben wurde, stieß er meinen Kopf mit seinem Fuß zu Boden.

  „Sklaven ist es untersagt, in die Augen von Nichtsklaven zu gucken, du dreckige Hure!“, knurrte Rasmus, ohne mich eines Blickes zu würdigen. Sein Blick war geschäftsmäßig auf den Sklavenhändler gerichtet.

 

„Ihr habt sie ja nicht besonders gut gepflegt“, sagte der Mann anklagend, nachdem er mich genauestens gemustert hatte, um meinen Marktwerk in Erfahrung zu bringen. „So bekomme ich nicht mehr viel für sie.“

  „Das dachten wir uns schon, aber unsere Herrin möchte sie unbedingt loswerden. Was können Sie uns also anbieten?“, fragte Rasmus geschäftstüchtig. Dabei hatte er ein Pokerface aufgesetzt. Das konnte ich aus dem Augenwinkel heraus sehen. Er würde sicher nicht mit weniger gehen als ich wirklich wert war. Mit meinen ganzen Wunden und meiner körperlichen Schwäche konnte das sicher nicht mehr viel sein, wobei ich nicht wusste wie viel Wert meine Erfahrung als Mätresse war.

 

Noch einmal begutachtete mich der Mann, zog mich an meinen Fesseln hoch und sah nun auch unter meine spärliche Kleidung, um wirklich alles über meinen Körper, meine Schwächen und Stärken in Erfahrung zu bringen.

  „Wie viel Erfahrung hat sie?“, fragte er und ließ mich wieder unachtsam zu Boden fallen, um sich an Rasmus zu wenden.

  „Sie hat genug Erfahrung“, stellte er klar und grinste dreckig, wobei er seinen Blick auf mich gerichtet hatte.

  „Ich gebe Euch zehn Schilling. Mehr ist sie nicht wert, egal wie gut sie ist“, sagte der Sklavenhändler abfällig und holte ein paar Münzen aus einem Sack, die er Rasmus darbot.

 

Dankend nahm er das Geld an sich und übergab dem Sklavenhändler stattdessen das Seil, mit dem ich noch immer gefesselt war. Damit war der Handel beendet und ich hatte erneut meinen Herren gewechselt. Ein weiterer Mensch, den nicht interessiert, wer ich war, dem nur wichtig war, was er mit mir machen konnte, wie viel er für mich bekam. Für diese Menschen war ich ein nichts und es gab niemanden, der das ändern konnte, denn alle Menschen, denen ich je etwas bedeutet habe, waren tot. Gestorben, um mich zu retten. Und wofür das alles? Damit ich wieder gefangen war? Damit ich all das Leid ertragen musste? Wofür hatten sich meine Brüder geopfert?

 

„Steh auf und stell dich zu den anderen. Präsentiere dich, damit ich dich schnell wieder loswerde. Tust du nicht, was ich dir sage, werde ich dich bestrafen und glaub mir die Bestrafung deines alten Herren ist nichts dagegen“, drohte er mir kalt, bevor er sich wieder einem Kunden zu wand. Ich selbst rappelte mich mühevoll auf und schleifte meinen leeren Körper zu den anderen Sklaven, die mich ebenso mitleidig ansahen wie ich sie. Wir alle wussten, dass es für uns keine Hoffnung mehr geben würde, dass wir verloren waren. Deshalb gelang es mir auch nicht so recht, mich richtig zu präsentieren. War es nicht eigentlich egal, was ich tat? Egal, zu wem ich kam, er würde mich bestrafen. Wenn vielleicht nicht gleich, dann nach einiger Zeit. Das hatte ich bei Akira gelernt. Dies war eine grausame Welt, in der es niemanden gab, der für mich einstehen würde.

 

„Ich nehme die hier“, riss mich eine weiblich wohlklingende Stimme aus meinen Gedanken. Neugierig sah ich auf, um in Erfahrung zu bringen, wen nun das Pech ereilte jemandes Leibeigene zu werden. Doch wie sollte es anders sein, stand die einzige Frau direkt vor mir. Sie trug ein wunderschönes blaues Kleid, eines von der Sorte, die ich früher immer getragen hatte. Um sie herum standen drei Männer, die sie alle zu bewachen schienen. Hinter ihr konnte ich ein weißes Ross erkennen. Das alles sagte mir, dass diese Frau von gutem Stand sein musste, genau wie ich, genau wie meine vorherigen Herren und das machte mir Angst. Ich hatte schließlich gesehen, wozu diese Menschen fähig waren, auch wenn aus ihren Augen eine gewisse Freundlichkeit sprach.

 

„Eure Majestät, seid ihr Euch sicher, dass ihr sie wollt? Ich habe Sklavinnen, die wesentlich hübscher und stärker sind als diese hier. Ich habe sie erst vor ein paar Minuten gekauft und kann Euch nicht versprechen, dass sie hörig ist“, versuchte der Sklavenhändler die Frau von mir abzulenken. Sie aber schüttelte den Kopf, wobei sie mich noch immer mit ihrem Blick fixierte. Ich fragte mich, was ich an mir hatte, dass diese hochrangige Frau mich unbedingt haben wollte. Mit einem Blick in die Runde wusste ich, dass es tatsächlich andere Sklavinnen gab, die geeigneter waren als ich. Sie waren schöner, besser genährt und kräftiger als ich. Warum wollte sie also eine ausgehungerte, gebrochene Sklavin wie mich? War es nicht erstaunlich, wie schnell ich mich mit der Rolle der Sklavin abgefunden hatte …?

 

„Wollen Sie etwa meinen Willen in fragestellen?“, fuhr die Frau den Sklavenhändler eiskalt an, wobei aus ihren Augen Funken zu sprühen schienen.

  „Nein, natürlich nicht, eure Majestät“, sagte er schnell und verneigte sich mehrmals vor ihr. „Wenn es Euer Wunsch ist, könnt Ihr sie natürlich haben. Ich mache Euch sogar ein Sonderangebot, weil ich nicht sicherstellen konnte, dass sie auch gehorcht. Ihr bekommt sie für nur elf Schilling. Was haltet Ihr davon?“

  „Einverstanden“, erwiderte die Frau und sah zu einem ihrer Begleiter, der sofort ein paar Münzen aus einem Geldbeutel holte und diese dem Sklavenhändler überreicht.

 

„Steh auf und geh zu deiner neuen Herrin!“, befahl er mir, hatte aber nur Augen für das Geld, das er gerade für mich bekommen hatte. Wahrscheinlich ärgerte er sich sogar darüber, dass er nicht mehr verlangt hatte. Unsicher erhob ich mich und ging auf wackligen Beinen auf meine neue Herrin zu. Diese wank einen ihrer Begleiter zu sich, der mich sofort von meinen Fesseln befreite und mich hinter sich herzog zu einem weiteren Ross.

  „Mein Name ist Asuma. Du reitest bei mir mit“, sagte er ruhig und half mir auf das Ross zu steigen, bevor er sich hinter mich setzte. „Du hast wirklich Glück, dass die Herren Nara dich gefunden haben.“

Zerbrochene Kindheit

5. Zerbrochene Kindheit

 

Zehn Jahre. Zehn verdammte Jahre war es her, indem sich mein Leben veränderte. Diese Tatsache ließ mich kurz an damals zurückblicken. In Gegensatz zu damals kümmerte es mich nicht mehr. Mich ließ es kalt. Musste es auch, denn nach der Tortur kamen weitere unerträgliche Jahre voller Schmerz, Folter und Qualen, damit ich nichts mehr fühlte. Irgendwie war ich diesem Schicksal dankbar, denn ich wusste nicht, wie ich das sonst überleben würde, wenn ich diesen unerträglichen Schmerzen und die Ängste nicht unterdrücken könnte.

Am besten dachte ich nicht daran. Denn jetzt war es vorbei. Zumindest machte es den Schein. Keine Gefühle für die Sachen, die passiert waren, zu hegen, war bemerkenswert leicht, da der Schmerz unerträglich war.

 

 

 

Ich wusste nicht, wie lange ich da lag und weinte. Rot. Blutrot. Rotes Blut. Das war das einzige, was ich denken konnte. Irgendwann wurde es mir klar. Nie wieder würde ich Itachi fragen können, ob er mit mir spielte. Nie wieder würde er mich stupsen und irgendeine saloppe Ausrede einfallen lassen, warum er das nicht konnte. Nie wieder würde ich verheult zu meiner Mama laufen können, die mich mit den Mägden mit meiner warmen Milch tröstete. Selbst mein Vater, den ich kaum zu Gesicht bekam vermisste ich so, wie es ein Sohn machen sollte.

 

Irgendwann musste ich mich regen. Ich hatte Hunger. Ich brauchte etwas zu essen. Sofort.

Ich zwang mich dazu aufzustehen. Woher bekam ich etwas zu essen her? Normalerweise war immer eine Magd zur Stelle, die ich fragen konnte. Jetzt war dieses nicht der Fall. Ich war allein in einem mir fremden Raum. Ich setzte Schritt für Schritt, bis ich die Tür vor mir sah, die verschlossen war wie mein Herz. Ich kam mir vor wie ein Geist. Mit leeren Augen und blutverschmiert. Traumatisiert. Ich versuchte die Tür zu aufzudrücken, doch nichts geschah. Was? Nochmals versuchte ich es. Der Versuch misslang. Ich bekam Angst. Hatte mich etwa der Typ, der das Schloss gestürmt hatte in seiner Gewalt? Nein! NEIN! NEIN!!!

 

All meine Wut investierte ich darin an der Tür zu pochen. Es geschah nichts, aber endlich konnte ich meinen Gefühlen Ausdruck verleihen. Schlag für Schlag gegen die Tür. Bis meine Fingerknochen blutig geschlagen war. Es hatte keinen Zweck, die Tür zu bewegen. Vielmehr wollte ich alles rauslassen. Ich war in Wahn, voller Adrenalin. Etwas musste büßen. Und das war für mich die Tür.

Auf einmal öffnete sich die Tür mit einer Wucht, die meinen Körper zur Seite schleuderte. Ich war erneut ohnmächtig.

 

*~*

 

Als ich erneut aufwachte, war ich aus dem Zimmer draußen. Es war frustrierend, nicht zu wissen, wo ich war. Und beängstigend. Ich wusste nicht, für welches Gefühl ich mich entscheiden sollte. Ich entschied mich für beängstigend, denn die anderen Kinder, die mich ansahen, waren keinesfalls gut gepflegt und voller Hunger und ich war ein Teil dieser Kinder.

Auf einmal hörte ich eine Stimme, von oben. Ein mir unbekannter sah von oben hinab. Die Augen finster und kalt. Aber es war nicht derjenige, der das Schloss gestürmt hatte.

 

Dann schauen wir mal, wie weit ihr geht, um zu überleben!“, unterbrach dieser Mann meinen Gedankengang.

Dieses Loch wird die letzte Ruhestätte für die Meisten von Euch. Besser gesagt für 99 Prozent. Denn nur einer von Euch Hundert kommt lebend aus diesem Loch raus und darf zu Diensten des Kaisers ausgebildet werden und erhält täglich etwas zu essen. Schöne Vorstellung, nicht wahr? Es gibt keine Regeln. Ich wünsche euch viel Glück!“

Perplex sahen wir alle in das grinsende Gesicht dieses Mannes, als der den Raum verließ. Danach fing der erst an um sich zu schlagen. Er wollte überleben. Das sah man in seinen verzweifelten Augen, jedoch handelte er wahnsinnig unüberlegt, wie wir alle zu dieser Zeit.
 

Ich musste gestehen. Ich wollte auch nicht sterben. Zumindest nicht solange, bis ich den Mörder meiner Familie gerächt hatte. Es tat mir leid, dass ich dafür jemanden umbringen musste. Aber jeder Tod war für einen guten Zweck. Das dachte ich damals, als auch ich begann mich in die Prügelei einzumischen. Wir waren unsere gegenseitigen Feinde gewesen. Es ging Auge um Auge und Zahn um Zahn. Um ein erbärmliches Leben, was einer von uns leben durfte. Der Rest würde sterben. Und das waren meiner Ansicht nach die anderen. So einfach war es und es gab keine andere Option.

 

Drei verbitterte Tage und Nächte vergingen. Dass manche von uns so lange aushielten, war schon banal. Fast undenkbar. Wenn wir dachten, wir hätten vor drei Tagen Hunger und Durst gelitten, war es heute um ein vielfaches schlimmer. Viele der Kinder waren verhungert. Andere wurden gesteinigt und erschlagen von eines der anderen Kinder. Um uns herum erneut rot. Blutrot. Rotes Blut. Das würde wohl mein Schicksal sein für den Rest meines Lebens. Das ging mir damals nur durch den Kopf. Aber ich musste Leben. Leben für meinen Bruder. Für meine Mutter. Für meinen Vater. Mit einem Schrei, der den des Teufels war, erschlug ich einen der drei letzten, der mir den Weg zur Freiheit verhinderten.
 

Wir alle waren außer Atem, unsere Augen waren leer bis auf ein Fünkchen. Dieses Fünkchen wollte nicht erlöschen. Wollte leben. Um jeden Preis. Die zwei Jungs nickten sich zu. Die hatten sich aus dem Eifer des Gefechts wohl entschieden, dass ich als Nächstes dran glauben sollte. Das wusste ich zu verhindern. Ich hob vom Boden einen blutverschmierten großen Stein auf, den ein anderer wohl vorher benutzt hatte und ging bedrohlich langsam auf die beiden zu. Das war mein einsamer Weg als Rächer. Das wurde mir klar, als ich mich ihnen näherte und ausnahm.

Ich werde alle, die in Weg zu meinem Ziel stehen, töten!“, schrie ich wutentbrannt und holte aus …

 

*~*

 

Danach hatte ich einen Blackout. Ich stand da. Blutüberströmt von meinem und die der anderen. Aber ich stand noch. Die anderen lagen. Ich wusste nicht, was es war, was mich aufrechterhielt. Ob es mein Verstand war, der mich dazu berief oder einfach der Trieb, meine Familie zu rächen. Die Tür ging auf. Und danach, als ich wusste, dass nur ich lebte, wurde mir schwarz vor Augen.

 

 

 

Ich atmete leise aus, als ich aus dem geöffneten Fenster sah. Mein Schwert war griffbereit. Ich war bereit. Für den Tag der Rache. Wann dieser kam, wusste ich nicht, aber ich war ausgebildet. Ich hatte 99 Kinderleben auf den Gewissen und hunderte Krieger auf dem Schlachtfeld. Ich …

 

„Sasuke! Da bist du ja!“, quiekte schon eine nervige Stimme, die ich sofort wiedererkannte, weil ich diese seit fünf Jahren hörte.

Das Mädchen mit rosa Haaren und den dazu abgestimmten Kimono stand vor mir und präsentierte es in voller Pracht. Ich sagte nichts, weil sie die Prinzessin war, aber mich nervte sie immens.

Demnach ignorierte ich alles weitere von ihr und schritt in die entgegengesetzte Richtung.
 

Ich konnte schon förmlich sehen, wie sie mich perplex ansah. Wahrscheinlich hatte sie wie immer eine andere Reaktion erzielen wollen, was ich natürlich wusste.

Ich war nicht auf den Kopf gefallen. Sie fand mich anziehend. Durch und durch.

„Sasuke, sei doch nicht immer so mürrisch. Immer ziehst du eine genervte Schnute. So in etwa.“
 

Jetzt war ich gespannt, was sie machte. Deswegen blieb ich stehen und sah ihr ins Gesicht, mit dem sie eine Grimasse schnitt, was wohl mich in mürrisch darstellen sollte.

Meine Mundwinkel zuckten kein bisschen. Was für ein Kindergarten sie wieder anzettelte. Was wollte sie damit erreichen?
 

Ich also machte etwas, was sie nicht erwartete. Ich packte sie an den Armen und zog sie in die Ecke.

Sie schreckte auf, schrie aber nicht. Diese Eigenschaften machten sie schon etwas interessant für mich.

Das musste ich zugeben. Jedoch ließ ich es mir nicht anmerken und sah sie mit kalten Augen an.

„Wie soll ich die Schnute denn nach deiner Meinung ziehen?“

Ich sah, dass Sakura mich erneut überrascht mit ihren grünen Augen ansah. Meine Chance sie etwas zu ärgern.

 

„Ich weiß aber, wie du es schaffen könntest, mich etwas … glücklicher zu stimmen!“

Als Signal, hielt ich ihren Augenkontakt, während ich mit meiner Hand unter ihr Kimono über ihren Oberschenkel fuhr. Sie zitterte am ganzen Leib. Ob sie wohl darauf ansprang. Ein bisschen Spaß schadete keinem und sie brauchte es wahrscheinlich unbedingt.

Das dachte ich zumindest, bis ich etwas Schmerzhaftes auf meiner Wange spürte. Ich glaubte es nicht. Diesmal hat mir die Prinzessin eine Ohrfeige verpasst.

„Du Widerling!“, zischte sie erbost. Schubste mich beiseite und Schritt erhobenen Kopfes davon.

Ich musste diese Ohrfeige erst verarbeiten, als ich in mich lachte.

Diese Frau war einfach nur nervig und hatte keine Ahnung von mir.

 

 

 

Als ich das nächste Mal erwachte, befand ich mich in meiner Ausbildung. Gott verdammter. Ich war noch jung, und lernte als erster, wie man hasste und zu krönender Abschluss wie man Kinder ausschaltete. Ich dachte, es würde nicht schlimmer kommen. Von wegen.

Um uns wenigen noch mehr zu quälen. Wurden wir in einem Raum gefesselt und unter einem tropfenden Felsen abgestellt. Harmlos dachte ich zuerst. Jedoch war es nach Stunden eine Qual, weil die Tropfen immer und immer wieder an die gleiche Stelle meines Kopfes plätscherte und die Stelle sich dadurch entzündete. Es war wahnsinnig schmerzhaft. Ich biss die Zähne zusammen. Diesen Triumph wollte ich diesen Mistkerlen nicht gönnen. Vielleicht hörten sie auf, wenn ich nicht das tat, was sie wollten. Irrtum. Denn sie wollten wissen, wie wir mit Folter umgingen. Ob wir redeten oder unseren Schmerz unterdrücken würden, um keine Informationen an Gegner preisgeben zu können.
 

Es war ein Teufelskreis.

Immer wieder kamen solche Aufgaben auf mich zu, wenn ich nicht gerade in Kampf und Schwerttechnik trainiert wurde, um an der Front für ein Reich zu kämpfen, was nicht mir gehörte.

Es war schlimmer als ich es mir je in meinen kühnsten Träumen ausgemalt hatte.

Und dann kam mein dreizehnter Geburtstag. Der Geburtstag, an dem auch mein letztes Fünkchen Hoffnung auf ein etwas besseres Leben verblasste, als ich mich während eines Traumes ergoss. Das Zeichen dafür, dass man auf dem besten Wege war, ein Mann zu werden. Und ich war doch nur ein Kind, der gezwungen wurde mit den Augen eines Erwachsenen zu sehen. Es fiel natürlich sofort auf, und jemand petzte es unserem Aufseher. Ich wusste nicht wie mir geschah, als er mich aus dem Training riss.
 

Ich dachte mir nichts dabei, als er mich durch die Gänge des Lagers schliff. Ich hatte ihm gegenüber Vertrauen fassen müssen. Schließlich war er derjenige, der mich aufzog und den ich vertrauen musste, damit ich überlebte.

Heute werden wir dich zu einem richtigen Mann erziehen. Und ein Mann ergießt sich nicht im Bett. Du hast Bedürfnisse. Und diese Bedürfnisse musst Du entweder unterdrücken oder Folge leisten, damit du im Kampf nicht an solche banale Gedanken kommst, wie bei der Schlacht um Troja. Eine Frau und diese Gedanken blockieren nur dein Potential, Sasuke. Verstehst du mich?“

Ich verstand es natürlich nicht. Ich war dreizehn. Aber nickte, damit er nicht glaubte, dass ich eine Memme war. Er fuhr fort.

Als Krieger verpflichtest du dich, für dein Land zu kämpfen. Ohne Kompromisse. Dafür aber, können wir uns auch gewisser Vorteile erfreuen.“

 

Er grinste, als er stoppte, rechts neben sich eine Tür. Ich wusste immer noch nicht, was er mir sagen wollte, als er sie mit voller Wucht öffnete und eine Frau beim Bettenmachen inne hielt und uns mit großen Augen ansah. Sie wusste wohl, dass etwas auf sie zukam, was nichts Gutes verhieß.

Sasuke! Das hier wird das Beste sein, was du je erlebt hast. Sieh es als Geburtstagsgeschenk von mir an dich an.“

Bitte! Bitte! Ich will doch nur meine Arbeit machen“, flehte die Frau schockiert und sah uns beide abwechselnd mit schockierten Augen an. „Bitte! Ich habe Mann und Kinder. Er wird mich nicht mehr ansehen!“

Ich konnte mich nur noch daran erinnern, wie mein Aufseher ein schelmisches Grinsen hatte, als er sich entblößte …

 

 

 

Solche Momente konnte ich nur verdrängen. Anders könnte ich damit nicht umgehen. Was da passierte, war abscheulich und ich schwor mir persönlich, nie wieder so etwas mit einer Frau zu machen. Nie wieder.
 

Stattdessen hatte ich das gemacht, wozu mir mein Aufseher riet. Mich aufs Kämpfen konzentrieren. Und das tat ich Schlacht für Schlacht. Hatte in meiner frühen Karriere hunderte von Menschen auf den Gewissen, die vermutlich selbst eine Frau und Kinder hatten und das alles für das Reich, das mich unendlich quälte. Es war ein trostloses Schicksal, aber ich lebte und ich hatte die Chance meine Familie zu rächen.

Sakura interessierte doch nur, wie sie sich an mich heran schmiss. Sie lebte noch in ihrem Wolkenschloss. Ich war von meinem ganz tief gefallen. Genau so sah es aus und genau deswegen konnte ich sie nicht als Gesellschaft ertragen. Ich konnte ihr Glück nicht ertragen. Warum ich aber wieder an sie dachte, wusste ich nicht. Vielleicht aus Abscheu. Vielleicht hatte es auch einen ganz anderen Grund.

 

Wie dem auch sei. Der General ließ uns vor dem Palast ausrufen. Ich seufzte. Wahrscheinlich wurde gleich der nächste Plan zur weiteren Eroberung an uns weitergetragen und wir mussten erneut unser Leben riskieren, um unseren Kaiser ein Stück Land zurückzubringen. So war es in den letzten Jahren immer und so würde es auch dieses Mal sein.

Widerwillig stellte ich mich erneut meinem Schicksal …

Der Deal


 

6. Der Deal

 

Wie jeden Tag war ich die erste, die aufgestanden war, was wohl daran lag, dass ich noch eher aufgestanden war als sonst. Aber wenn ich mit Neji sprechen wollte, ohne dass jemand etwas davon mitbekam und ich zu spät zu meiner Arbeit kam, musste das sein. Ich hatte auch keine Sorge, dass Neji noch nicht wach war, schließlich stand er jeden Morgen auf, um die Sonne anzubeten. Er würde also da sein. Da war ich mir ganz sicher.

 

Ich behielt Recht. Als ich hinaus auf die Terrasse trat, um in den Garten zu kommen, sah ich ihn bereits dort in der Sonne sitzen. Im Schneidersitz saß er auf dem Rasen, die Augen geschlossen, der Oberkörper frei. Es schien so, als würde er mich nicht bemerken, weshalb ich die Chance nutzte, um seinen muskulösen Oberkörper zu betrachten.

 

Plötzlich aber öffnete er seine Augen und sah mich direkt an. Erschrocken zuckte ich zurück, was ihn schmunzeln ließ. Augenblicklich verfärbten sich meine Wangen rötlich. Trotzdem ging ich weiter auf ihn zu und setzte mich vor ihm auf die Stufen der Terrasse, sodass ich ihm direkt gegenüber saß.

 

„Ich wusste, du würdest kommen“, eröffnete er das Gespräch, ohne etwas an seiner Position zu verändern.

  „Du hast mir ja quasi keine andere Wahl gelassen“, erwiderte ich, „obwohl es ja eigentlich ein Trick war, mit dem du mich her gelockt hast.“ Neji zog eine Augenbraue hoch und betrachtete mich fragend.

  „Du hattest gestern kein Hemd an, das gereinigt werden müsste. Ich schulde dir also nichts“, erklärte ich ihm.

 

Wieder schmunzelte er.

  „Warum bist du dann gekommen?“, hakte er nach. Ich zuckte mit den Schultern. Wenn ich ehrlich war, wusste ich das auch nicht so recht. Ich hatte nur so eine Vermutung.

  „Ich wollte wissen, was du vor hast, was du von mir willst“, sagte ich ruhig und legte den Kopf schief, um ihn genauer betrachten zu können.

 

Nun veränderte er doch seine Position, machte es sich auf dem Rasen bequemer. Das alles aber nicht, ohne mich aus den Augen zu lassen. Und auch ich verlagerte mein Gewicht, stützte mich nach hinten mit den Armen ab. Dabei behielt ich immer die Sonne im Auge, um nicht die Zeit aus den Augen zu lassen und eventuell zu spät zu kommen. Ich wollte mich nur ungern mit dem Drachen anlegen, schon wieder.

 

„Ich schlage dir einen Deal vor“, kam er schließlich zur Sache und fixierte mich mit seinem Blick.

  „Was für einen Deal?“, hakte ich neugierig nach und musterte ihn genauer. Seine Körpersprache hatte sich vollkommen verändert. Er war konzentrierter und hatte einen geschäftsmäßigen Blick, den ich schon oft in den Gesichtern der Geschäftspartner meines Herren gesehen hatte, aufgesetzt. Egal, was kam, er meinte es ernst.

 

„Ich schätze mal, du kommst nicht sehr oft hier raus. Ich kenne meinen Onkel. Ihr bekommt weder Geld noch habt ihr viele Freiheiten. Ihr seid seine Sklavinnen, richtig?!“, begann er. TenTen aber schüttelte den Kopf.

  „So würde ich das nicht sagen. Wir arbeiten für ihn und dürfen dafür umsonst hier wohnen und bekommen kostenlose Kost. Ich sehe mich nicht als Sklavin“, erwiderte ich ehrlich.

 

Ich mochte mein Leben wie es war. Klar, es gab Sachen, die nicht ganz so toll waren, aber wessen Leben war schon perfekt? Meines war es nicht und das der anderen auch nicht. Ich aber war mit meinem Leben zufrieden. Ich lebte es schon seit ich denken konnte.

 

Neji aber betrachtete mich stirnrunzelnd, als könnte er nicht glauben, dass mir dieses Leben wirklich gefiel. Schnell hatte er aber wieder sein Pokerface aufgesetzt.

  „Ich würde dir trotzdem gerne ein Angebot machen“, fuhr Neji fort. Ich nickte, um ihm zu bedeuten, dass er mir sein Angebot unterbreiten sollte, schließlich hatte ich nicht mehr viel Zeit, bis ich zur Arbeit antreten sollte.

 

„Ich biete dir Geld dafür, dass du mich auf Firmenevents, Firmenessen und so was begleitest du dich als meine Freundin ausgibst“, erklärte er mir. Verärgert zog ich eine Augenbraue hoch.

  „Du willst, dass ich mich prostituiere?!“, schlussfolgerte ich, wobei ich ihm böse Blicke zuwarf und aufstand. Ich hätte mir doch denken können, dass er nicht anders war als diese Perverslinge von gestern. Nein, eigentlich war er sogar noch schlimmer, er wollte mir dafür Geld geben.

 

Mit so jemanden wollte ich keine Sekunde länger verbringen. Da hatte ich jedoch die Rechnung ohne Neji gemacht. Bevor ich auch nur einen Meter gehen konnte, hielt er mich an meinem Arm zurück.
 

„So meinte ich das nicht. Sieh es eher als Escort als Prostitution. Du sollst mich nur begleiten, mehr nicht“, stellte er klar und sah mich eindringlich an. Es schien ihm wichtig zu sein, dass ich verstand, was er wollte, dass ich tat, was er wollte.

  „Und wieso brauchst du da mich? Gestern hattest du doch auch eine Begleitung“, erwiderte ich provokativ. So schnell würde ich mich sicher nicht für Geld verkaufen. Erst wollte ich wissen, was genau dahinter steckte, auch wenn er nicht unbedingt die schlechteste Begleitung wäre.

 

„Diese Mädchen sind einfach nur nervig und anstrengend. Sie wollen alle nur dasselbe. Sie sind hinter meinem Geld und meinem Namen her. Alle nur billig, nicht besonders intelligent. Das macht auf meine Geschäftspartner keinen guten Eindruck, genauso wenig, dass es jedes Mal eine andere ist. Ich denke, es wäre besser wenn ich dort mit dir auftauchen würde“, erklärte er mir ruhig und sachlich.

 

Sehr lange betrachtete ich ihn danach noch nachdenklich. Ich hatte mich immer damit gerühmt, dass ich eine gute Menschenkenntnis besaß. Doch egal wie lange ich ihn auch musterte, ich konnte keine Anzeichen dafür entdecken, dass er mich anlog, dass er etwas im Schilde führte. Es schien wirklich sein Ernst zu sein.

 

Trotzdem fiel es mir nicht leicht einfach ja zu sagen, wusste ich doch nicht so recht, wohin das führen würde. Diese Geschichte konnte schnell im Desaster enden, wenn ich nicht aufpasste. Ganz zu schweigen davon, was mein Herr sagen würde, wenn er davon Wind bekam.

 

Neji schien meine Zweifel zu bemerken. Er ließ mich wieder los und nahm ein paar Schritte abstand.

  „Wenn du willst, gebe ich dir ein paar Tage Bedenkzeit“, sagte er ruhig und reichte mir ein Handy. „Damit kannst du mir schreiben, wenn du dich entschieden hast.“ Dankend nahm ich das Handy und nickte, wenn auch etwas überrascht darüber, dass er auf einmal zurück ruderte.

 

Woran es genau lag, wusste ich nicht. Vielleicht war es wirklich die Tatsache, dass er zurück gerudert war, doch dieses Mal hielt ich ihn auf, bevor er gehen konnte.

  „Ich mache es!“, sagte ich, ohne weiter darüber nachzudenken, bevor ich es mir anders überlegen konnte.

 

Überrascht drehte Neji sich um und sah mich an. Ein kleines Lächeln umspielte seine Lippen, bevor er nickte.

  „Wenn ich dich brauche, werde ich dich über das Handy anrufen. Ich freu mich schon auf unsere Zusammenarbeit, TenTen“, sagte er und ging davon.

 

Mir blieb nichts anderes übrig, als ihm mit offenen Mund hinterher zu sehen. Dieser Mann war einfach unglaublich …

Sinnfrei

7. Sinnfrei
 

Ich wusste nicht, wie lange wir ritten, aber das interessierte mich auch nicht mehr, weil ich das Schlimmste befürchtete. Schließlich war ich in dem Zustand zu nichts zu gebrauchen. Auch prägten sich meine Schmerzen insoweit aus, dass bei jedem Schritt des Pferdes mein Körper pochte. Ich versuchte krampfhaft auszuhalten und mir nichts von dem anmerken zu lassen. Doch das gelang mir eher schlecht als recht.
 

Asuma konzentrierte sich aufs Reiten. Irgendwie war es ungewohnt, wieder auf einem Pferd zu sitzen. Als Prinzessin hatte ich auch ein eigenes Pferd besessen und konnte daher ziemlich gut reiten. Jedoch hatte ich vergessen, welche Kräfte man aufweisen musste, um auf diesen zu bleiben. Mein Blick glitt zum Asphalt. Alles ging zu schnell. Viel zu schnell. Ich hatte keine Zeit über das vorhin geschehene nachzudenken, als ich auch schon Asumas Stimme hörte: „Halte noch etwas durch. Wir sind bald im Palast!“
 

Sprach er mit mir? Ich wunderte mich, weil seine Stimme kein bisschen abwertend klang. Im Gegenteil. Ich hörte einen völlig anderen Unterton, den ich schon lange nicht mehr gehört hatte. Machte er sich etwa Sorgen um mich?

Ich erwiderte nichts und schwieg vor mich hin. Kurz rutschte ich wegen einer Kurve zur Seite, weil ich es nicht erwartet hatte, aber Asuma reagierte schnell und schob seine Hand so gekonnt um meine Taille, dass ich nicht fallen konnte. Danach bremste er etwas ab. Wahrscheinlich wollte er nicht, dass ich wirklich fiel und entschied sich daher vorsichtiger zu sein.

 „Hoho!“, befahl er seinem Ross und zog an den Zügeln, sodass dieses im Schritt fortfuhr.

 „Geht es?“, fragte der Mann auch schon in meiner Richtung.

Ich antwortete immer noch nicht. Ich konnte einfach nicht glauben, dass ausgerechnet jetzt jemand nett zu jemanden wie mir war. Was wollten er und meine neue Herrin von mir? War das nicht egal?
 

Ich wusste nur eins. Ich würde kein Wort mehr sagen. Ich würde niemanden mehr ansehen. Ich würde nichts essen und nichts trinken, bis ich endgültig starb. Das hatte ich mir fest vorgenommen, weil dieses Leben nicht mehr lebenswert war. Vielleicht würde ich da, wo ich dann hinging meine Brüder und Vater und ja, vielleicht sogar das ungeborene Kind wiedersehen. Oder würden mich die Götter dafür bestrafen, dass ich arrogant und egoistisch gewesen war? Was machte es schon. Die Schmerzen, die ich jetzt mit mir herumtrug, wollte ich nicht mehr ertragen. Ich hatte genug. Das, was ich spürte, wollte ich nie mehr spüren. Und der Tod war der einzige Ausweg, der mir einfiel.
 

Nachdem ich diese Entscheidung getroffen hatte, merkte ich, dass ich müde wurde. So fühlte es sich also an aufzugeben. Das war das, was sich wohl Akzeptanz nannte. Der letzte Schritt bevor man starb. Ich schmunzelte schwach, als sich meine Augen schlossen. Jetzt musste ich nur noch diesen Körper loslassen. Alles loslassen.
 

Kurz bildete ich mir ein, die Stimme meiner Brüder zu hören, die mir zuriefen, dass ich nur noch ein bisschen durchhalten sollte. Nur noch dieses eine Mal sollte ich ihnen vertrauen. Nein. Ich wollte zu ihnen. Ich vermisste sie. Was war so schlimm daran, dass ich zu ihnen wollte? Ich wusste es nicht, als ich die Besinnung verlor …
 

*~*
 

„Mama! Finde mich!“, rief es von irgendwo her.

Die Stimme klang nach einem kleinen Jungen. Sie kam mir irgendwie bekannt vor. Ebenfalls kam mir diese Umgebung bekannt vor. Es war der Garten meines alten Palastes. Konnte das überhaupt sein? Ich sah an mir herunter und – ich glaubte es kaum – trug ein Kleid aus Saum. Das Kleid meiner verstorbenen Mutter. Mein damaliges Lieblingskleid.
 

Noch einmal erklang seine Stimme: „Mama?“

Aus Reflex antwortete ich ihm: „Ich komme!“

Rennend und barfuß lief ich auf dem Grün des Grases entlang. Ich spürte die Halme nicht, die normalerweise meine Füße kitzelten, aber großartig machte ich mir keine Gedanken darum. Ich wollte den Jungen finden. Unbedingt finden. Mein Kind!
 

Ich wusste nicht, warum ich diese Eingebung hatte, dass es mein Sohn war, aber ich wollte es auch nicht herausfinden. Dieses Glück, was sich in mir ausbreitete, musste nach all den Qualen ein Traum sein. Ein wunderschöner Traum.

Schnell rannte ich zum ersten Gebüsch und grub mich hinein. Dort befand sich jedoch niemand. Weiter ging die Suche.
 

„Temari! Wir müssen gleich los?“, flüsterte auf einmal eine mir fremde Stimme im Ohr. Dabei merkte ich, dass ich mich nicht weiter bewegen konnte. Ich schreckte auf und sah an mir herunter. Zwei starke Arme umschlangen meinen Bauch, der von der Sonne geküsst wurden. Irgendwie war mir auch diese Szene vertraut, obwohl ich mich langsam fragte, wie dieser Mann genau aussah, der mich umarmte. Jedoch wollte ich mich auch aus irgendeinem Grund nicht umdrehen.

 „Eine Sekunde noch! Ich muss unseren Sohn einfangen!“, scherzte ich, obwohl ich nicht wissen konnte, dass hinter mir der Vater des Kindes stand.

 „Und Du bist Dir sicher, dass er nicht bei meinen Eltern bleiben soll? Schließlich haben wir drei Tage Fußweg vor uns, um das andere Land zu erreichen“, ein genervter Unterton schlich sich in seine Stimme. Scheinbar war mein Mann nicht so begeistert diesen Ausflug zu unternehmen, obwohl wohl viel davon abhängen musste!
 

„Du weißt doch, wie viel mir daran liegt, dass er mitkommt!“, antwortete ich.

So sehr hatte ich ihn mir gewünscht, da war es für mich selbstverständlich, dass er immer seine Mutter um sich herum haben musste.

 „Du weißt, dass er dann seinen Privatunterricht versäumt und du weißt auch, dass wir dann nicht die Dinge tun können, die wir ohne ihn machen könnten. Zudem sind es nur ein paar Tage“, konterte er.
 

Zugegeben. Seine Argumente waren ziemlich überzeugend, obwohl ich nicht dieses verheißungsvolle Kribbeln im Bauch spürte, wusste ich, dass ich glücklich war.

Um ihn es aber nicht zu zeigen, nickte ich sein Argument nur zögernd ab und sagte: „Na gut! Aber wir beeilen uns auf dem Rückweg!“

 „Versprochen!“, flüsterte er mir ins Ohr. „Na gut! Dann gucken wir mal, wo sich der Sohnemann versteckt!“

Mit diesem Worten ließ er mich los und ich konnte mich endlich umdrehen.
 

Meine Augen wurden Größer! Mein Mann war auf einmal verschwunden! So schnell konnte er doch nicht sein. Ich drehte mich im Kreis und suchte nach jemanden, als ich auf einmal die Stimmen hörte, die mir bekannt vorkamen.

 „Temari! Komm zurück!“

Was? Das konnte nicht sein! Gaara?

 „Kämpfe endlich!“, drang es auch von Kankuro?

 „Aber wieso?“, fragte ich schockiert.
 

So wie es doch jetzt ablief, war es doch perfekt! Ich wurde geliebt von meinem Mann … wie hieß er?

Egal! Ich hatte einen Sohn, der mir mein größtes Glück beschert hatte … Wann war sein Geburtsdatum? Wie sahen beide aus? Alles Fragen, auf die ich keine Antwort wusste. Was ging nur vor sich? Ich als Frau und Mutter sollte das alles doch wissen.
 

„Wenn du nicht loslässt, kannst du nie mehr zurück!“, sagte Gaara und stand auf einmal neben mir.

Zurück? Wieso sollte ich denn bitte zurück in eine Welt, die mich in diese Misere gebracht hatte? Wieso sollte ich mir all diese Qualen und Schmerzen nochmals freiwillig antun? Wieso?

 „Was soll ich einer Welt, die mir nur Schmerz, Leid und Kummer zurückgibt. Egal was ich mache?“, trotzte ich Gaara entgegen und stellte so meine unausgesprochene Frage.

 „Das was wir nicht mehr können! Leben!“, antwortete Kankuro barsch und stand auf der anderen Seite.
 

„Aber ich will hier bleiben! Hier bei Euch, meinen Mann und mein Sohn!“

 „Aber das kannst du nicht, Schatz!“, antwortete eine andere vertraute Stimme. Eine Stimme, die ich schon lange nicht mehr gehört hatte.

 „Mama?“, hauchte ich. Mehr brachte meine Stimme einfach nicht hinaus. So groß war die Emotion in mir.

 „Bitte Temari! Lasse das hier los! Vertraue mir dieses eine Mal!“, sagte sie, jedoch konnte ich sie nicht sehen.
 

„Aber ich will bei Dir, meinen Brüdern und Vater sein!“, antwortete ich noch einmal.

 „Das kannst Du auch, nachdem es Zeit für Dich ist. Jetzt ist sie noch nicht für Dich gekommen. Glaube mir! Du wirst weiterhin verletzt werden, das gehört im Leben leider dazu, aber lass dir nicht die Wunder entgehen, die Dir das Leben schenkt! Einen Mann! Eine Familie! Dieses Geschenk ist wunderbar. Und keine Angst! Wir warten hier alle auf Dich und werden Dich beschützen, egal welche Entscheidungen Du treffen wirst!“
 

Am liebsten würde ich weinen. Ich musste zurück. Zurück in diese kalte finstere Welt. Dort, wo ich nur verabscheut und gehasst wurde. Jedoch wurde es mir aufgetragen. Von Mama. Von meinen Brüdern. Ich musste es tun. Für sie. Diese Erkenntnis trieb mich dazu zurück zu kehren. Zumindest so lange, wie es sein musste …
 

*~*
 

Ich wusste nicht, wie lange ich leblos war. Jedoch spürte ich meine Schmerzen am Unterleib nicht mehr so stark. Die Hiebe, die mir meine vorherige Herrin verpasst hatten, brannten zwar etwas, jedoch fühlte ich mich warm und geborgen. War ich gerade dabei zu sterben? Und was waren das für Geräusche? War das etwa ein Plätschern?
 

Ich fing an zu blinzeln, ehe ich langsam meine Augen öffnete. Jedoch war ich so kraftlos, dass ich sie nach wenigen Augenblicken wieder schließen musste. Dann kam der zweite Versuch, der mir besser gelang. Die Frage, wo ich war, wurde bestärkt, als ich zu der Wanne hinabblickte, in der ich saß. Das Wasser war leicht rötlich. Wahrscheinlich war das das Blut von mir, was an mir die ganze Zeit geklebt hatte. Jedoch fühlte ich mich kurz wieder in meine Vergangenheit als Prinzessin zurückversetzt.
 

Die Umgebung war aber für mich fremd. Die Wände waren mit Verzierungen versehen, die ich nicht kannte und doch recht schlicht und vertraut für mich waren. Die Wanne war in der Mitte des Raumes fixiert, jedoch hatte dieses Bad großzügige Fenster, aus denen ich hinausblicken könnte, wäre es nicht dunkel draußen gewesen … Was mich wohl erwartete, wenn ich aus diesem Fenster blicken würde? Ich wollte aufstehen, jedoch fühlte ich mich dazu zu schwach und nicht in der Lage.
 

Das brachte mich in die Realität zurück. Ich war keine Prinzessin mehr. Ich war eine Sklavin und wahrscheinlich würde ich gleich meine Aufgabe von meinem neuen Herren genannt bekommen. Vielleicht würde ich sogar nochmals bedroht werden. Das kannte ich schon zur Genüge.
 

Ehe ich noch einen weiteren Gedanken fassen konnte, öffnete sich auch schon die Zimmertür und ich presste erschrocken meinen verwundeten Rücken gegen die Marmorwand der Wanne mit der Hoffnung, ich würde Abstand von der Person gewinnen, die rein kam.

Umso überraschter war ich von der hellhäutigen Frau mit goldenem Haaren und blauen Augen, die hinein spazierte, als wäre die Welt in Ordnung. Bei sich hatte sie einen Kasten mit Verbandszeug und diversen Salben. Sie blinzelte mich kurz ungläubig an, als sie lächelte: „Du bist wach! Den Göttern sei Dank! Asuma hatte schon gemeint, Du würdest nicht durchkommen.“
 

Ich blickte die trällernde Frau nunmehr irritiert an, was sie zum Lachen brachte, als sie sich neben der Marmorwanne zu meiner Linken niederließ und neben sich die Sachen ausbreitete.

 „Ich bin Ino. Meine Familie sind Heiler hier im Land. Ich bin mit für Dich verantwortlich, bis Du gesund bist!“

Heiler? Gesund? Ich verstand nur Bahnhof. Ich war doch Sklavin. Und Sklaven wurden nicht geheilt, sondern einfach so lange benutzt und misshandelt, bis sie unnütz waren.
 

Auf einmal spürte ich einen sanften Stoß, was mich langsam nach vorne gleiten ließ und anschließend einen stechenden Schmerz am Rücken. Ino hatte mir eine mysteriöse Salbe auf meine Wunden gerieben. Ich biss die Zähne zusammen. Warum? Weil ich gelernt hatte, dass Schreie mir noch mehr Hiebe und Schmerzen einbrachten.

 „Es tut mir Leid, dass es wehtut. Es ist eine heilende Salbe, die den restlichen Dreck aus den Wunden rauszieht. Wie heißt Du denn überhaupt?“
 

Ich sah sie mit tränenden Augen an. Diese Salbe brannte furchtbar und ließ mich schwach werden. Was passierte nun? Rief sie eine Wache? Erhob sie selbst die Hand gegen mich und verlangte endlich meinen Namen? Es vergingen Sekunden bis ich realisierte, dass Ino mich keinesfalls wütend anvisierte. Es hat eher einen fragenden Ausdruck. Dann bemerkte ich, dass ich direkten Augenkontakt mit ihr hielt. Etwas was mir nie gestattet war, selbst als ich Akria Vergnügen bereiten durfte, blieb mir dieser Augenkontakt verwehrt. Aus Angst, ich würde deswegen eine Strafe erwarten, blickte ich das etwas rötliche Wasser an, indem ich badete. Ein Seufzen drang aus ihr. Sie hatte wohl bemerkt, dass ich nicht antworten würde.
 

„Na gut! Ich werde Dich auf jeden Fall fertig behandeln. Danach bekommst du etwas zu essen. Die anderen müssten auch bald eintreffen!“

Die anderen? Ich wollte wissen, wer die anderen waren, jedoch konnte ich nicht Fragen. Sie aber verstand meine unausgesprochene Frage aus irgendeinen Grund und lächelte: „Yoshino hat deinen Menschenhändler die Leviten gelesen und wegsperren lassen. Die anderen Frauen und Männer, die in Gefangenschaft waren, sind gerade auf dem Weg hier hin. Wie ich gehört habe, haben sie es nicht so schlimm erwischt wie Du. Wahrscheinlich hat Yoshino Dich deswegen vorzeitig in Sicherheit bringen lassen. Es war auch ziemlich knapp gewesen.“

Das war es also, was die Herrin dazu bewegt hatte, mich zu kaufen. Sie hatte mein stilles Leid gesehen und hat umgehend gehandelt. Ich war sicher! Ich glaubte es langsam. Es wurde mir klar. Ich war sicher. Stumm weinte ich, als mich Ino mit einer Milbe verband.
 

„Wie geht es ihr?“, hörte ich auf einmal eine dunkle aber junge Männerstimme hinter der Tür. In dem Moment stockte ich den Atem. Hatte ich mich doch etwa zu früh gefreut? Nochmals blickte ich verwirrt zu Ino, die amüsiert grinste.

 „Komm rein! Dann siehst du es!“, kicherte sie.

Ein genervtes Seufzen war zu hören, als Ino sich zu mir beugte, jedoch noch immer in normaler Lautstärke redete: „Hast du Angst, eure Majestät?“

 „Bah! Das ich nicht lache. Mutter wollte nur ihren Zustand wissen!“, konterte er, als er die Tür öffnete und hineintrat.
 

Leider war der Raum an dieser Seite zu Dunkel, sodass ich von ihm nur die Umrisse wahrnahm. Auch Ino sorgte dafür, dass er nicht alles von mir zu Gesicht bekam. Da der Verband, den Rücken vor Dreck beschützen sollte, hatte sie zwangsweise meine Brust mit umwickelt, sodass dieser Mann nichts Spannendes von mir sehen konnte.

 „Sie hat es ziemlich übel erwischt. Peitschenhiebe am Rücken, starker Blutverlust, da sie vermutlich eine Fehlgeburt hatte, Fieber und offensichtlich unterernährt. Dass sie es überhaupt so lange trotz des Blutverlustes durchgestanden hat, grenzt an einem Wunder. Sie wird sich wohl die nächsten zwei Wochen erholen müssen. Am besten sie erhält in dieser Woche jeden zweiten Tag etwas Fleisch und Linsen. In der nächsten Woche sollte sie an die normalen Essgewohnheiten gewöhnt werden. Das Beste wäre, wenn sie für den Fall der Fälle Obst griffbereit stehen hat.“
 

Der Mann hörte aufmerksam zu, als er aus dem Schatten des Raumes in einen Lichtkegel hervortrat, sodass ich ihn bemustern konnte. Was ich sah, hatte ich nicht bei der dunklen Stimme erwartet. Er sah recht jung aus. Sein Körperbau war eher durchschnittlich, soweit ich es durch sein Gewand erkennen konnte, aber, was mich am meisten irritierte, war sein Blick. Emotionslos und träge zugleich. So als ob ihm alles allerlei wäre. Ich konnte mir aus diesen Mann keinen Reim machen. Er war ein geschlossenes Buch mit sieben Siegeln. Jeder andere würde mich zumindest genauestens ansehen. Aber nicht er. Der Mann sah aus dem Fenster, wie er es wahrscheinlich schon die ganze Zeit tat, seit er den Raum betreten hatte. Ihm war es wohl unangenehm mein Elend anzusehen. Das musste es sein.
 

„Ich werde mich um alles weitere Kümmern. Danke Ino!“, sagte der Dunkelhaarige und fuhr sich mit seiner Hand über die offenen Haare.

 „Shikamaru! Denkst Du wirklich, dass Du dazu in der Lage bist? Du kannst ihr noch nicht Mal in die Augen sehen“, grinste Ino schelmisch.

 „Sie ist nackt!“, kommentierte er.

Ich wusste nicht wieso, denn diese Unterhaltung war ziemlich schwachsinnig, aber ich musste Schmunzeln. Es war einfach so lächerlich, dass es wieder witzig war.

Erneut seufzte er auf, als er Schritte zum Regal setzte, das hinter ihm stand. Dort holte er ein weiße großes Handtuch hervor schlug es auf, ging damit auf mich zu. Neben der Wanne hielt er inne, hielt mir das Handtuch geöffnet entgegen und sah noch immer gekonnt zum Fenster.
 

Ino lachte auf und stammelte die Medizinutensilien wieder ein: „Hach! So witzig wie eh und je.“

Ich jedoch war noch immer etwas verwundert, hatte aber die Kontrolle wieder gefunden keinen von den Beiden anzusehen. So wie es sich für ein Untertan gehörte.

Stattdessen tat ich das, was der Mann stumm befahl, stützte mich an den Wannenrand und versuchte aufzustehen.

Es gelang mir zwar gerade so, aber meine Beine waren so wackelig, dass sie mein Gewicht nicht halten konnten und ich drohte wieder in die Wanne zu fallen. Reflexartig schloss ich verängstigt die Augen und wartete auf den Aufprall und die dazugehörigen Schmerzen, jedoch geschah etwas ganz anderes.
 

Ich spürte einen Druck um meine Brust herum, als würde mich jemand umarmen. Da ich neugierig war, öffnete ich die Augen und sah direkt in seine. Erneut blieb mir die Luft weg, mein Atem wurde reflexartig schneller. Ich bekam Angst. Angst, dass er zuschlug. Jedoch konnte ich auch nicht den Blick abwenden. Dieser Moment schien eine Ewigkeit zu dauern, bis er sich bewegte. Ein Arm von ihm bewegte sich hinab zu meiner Taille während er sich bücken musste, um mit der anderen meine Knie zu umfassen. Er wollte doch nicht …
 

Und ehe ich mich versah, trug er mich in seinen Armen. Reflexartig kämpfte ich darum, dass das Handtuch, mit dem er mich, während er mich umarmte umwickelte, an meinem Körper zu halten und unterdrückte dabei einen spitzen Schrei. Ich wollte es eigentlich nicht, dass jemand mich trug. Es war mir zuwider. Das war es selbst als Prinzessin schon. Jedoch wollte ich auch nichts sagen. Schließlich war es einem Untertan doch nicht erlaubt, etwas zu sagen ohne jedwede Anweisung.
 

Stumm aber widerwillig ließ ich es also zu, dass er mich trug. Ich war froh, dass ich endlich den Blick von seinen Augen abwenden konnte. Irgendwie war es kurios gewesen. Nicht unangenehm, aber als sich die Blicke trafen, hatte es etwas in mir ausgelöst. Und noch etwas kam jetzt dazu. Ich spürte, als er mich trug, seine Körperwärme, wie sich seine Brust auf- und abhob, roch sein Duft, der einem Wald glich. Ich versuchte den Reflex zu unterdrücken, mich an seine Schulter zu lehnen, ums o auch sein Herz schlagen zu hören. Dass er mich überhaupt tragen konnte, verleitete mich dazu meinen ersten Eindruck von ihn zu negieren. Unter seinem Gewand steckte wohl etwas mehr, als ich erwartet hatte.
 

Ich blickte Löcher in mein Handtuch und versuchte mich von diesen Eindrücken abzulenken. Zudem versuchte ich den Drang zu widerstehen seinen Blick aufzusuchen. Immerhin war mir Inos Bemerkung nicht entgangen. Majestät … Er musste der Sohn von Herrin Nana sein. So musste es sein und Herren und auch Söhne der Herren durfte man nicht einfach so ansehen. Das redete ich mir zumindest ein. Ob ich das tat, weil ich Angst hatte, bestraft zu werden, oder weil der Blickkontakt mir doch unangenehm war, wie anfangs gedacht, konnte ich nicht definieren.
 

Ich war wohl so in Gedanken versunken, dass ich erst, als er redete mitbekam, dass wir wohl da waren, wo er mich hinbringen wollte.

 „Bitte bringt ihr Obstmus zweimal täglich ans Bett und bereitet ihr für heute Linsensuppe zu.“

Zwar klang dies nach einem Befehl, aber die Bitte dämpfte es sehr. Ich ahnte, dass er mit seinen Bediensteten sprach, hatte aber noch nie gehört, dass ein Prinz die Bediensteten bat etwas zu tun. Mein Entschluss stand. Shikamaru und auch die Herrin Yoshino waren wohl die kuriosesten Herrscher, die ich je kennen gelernt hatte.
 

„So wir sind da!“, sagte er und ich hörte ein Rascheln. Kurz darauf hielt ich vor Schreck die Luft an, weil er mich meines Erachtens zu schnell hinuntergleiten ließ. Als ich bemerkte, dass Meine Landung leicht war und seine Arme noch immer an dem Platz waren wie noch vor 10 Sekunden, realisierte ich, dass ich auf einem Bett lag. Ehe ich weiteres realisieren konnte, kam mir ein Luftzug entgegen. Ich nahm wahr, dass er mich zudeckte. Ich wagte den Blick gerade so nicht an ihn zu richten, obwohl ich wissen wollte, was er dachte. Irgendwie fiel es mir so schwer wie noch nie, jemanden nicht anzusehen.

 „Dein Essen dauert etwas. Bitte schlafe etwas!“, sagte er mit einem Unterton, der keine Widerrede duldete und doch sanft war. Danach verschwand er aus dem Raum.
 

Beim Knarren der Tür blickte ich ihn noch schnell hinterher. Leider konnte ich nicht mehr so viel sehen, weil ich mich zu einem nicht soweit aufrichten konnte, weil mein Körper sich vom Blutverlust taub anfühlte und ich zudem zu schwach war.

Augenblick fiel mir wieder ein wie Müde ich war. Das mit Ino und Shikamaru war zu aufregend gewesen, dass ich dieses Gefühl verdrängen konnte, jedoch konnte ich es jetzt nicht mehr. Ehe ich die Gelegenheit hatte mir meine Umgebung anzusehen, fielen mir schon die Lider zu.
 

*~*
 

Tagelang konnte ich mich nicht vom Bett bewegen, so erschöpft war ich gewesen. In der Zeit, in der Shikamaru sich nicht um mich kümmern konnte, hatte er stetig Dienstmädchen um mich herum platziert, um mich zu pflegen. Ich würde mir selbst auch nicht helfen wollen meinen Stuhlgang zu erledigen. Er kümmerte sich um den Rest. Mich wunderte, dass er das Essen für mich nicht bringen ließ sondern selbst damit kam, um mich zu füttern. Für angehende Könige war es echt ungewöhnlich. Sie ließen schließlich bedienen.
 

Später stellte sich heraus, warum er das tat. Weil ich lange nichts gegessen hatte, musste ich gezwungen werden, dass ich genug zu mir nahm. Dieses Völlegefühl, was ich in der ersten Zeit nach dem Essen verspürt hatte, brachte mich oft zum Erbrechen. Er ahnte es und sorgte dafür, dass ich mich über einen Eimer übergab. Auch kam schwer hinzu, dass es mit Decke zu warm war, vermutlich wegen meines Fiebers. Shikamaru tupfte lediglich, wenn er vorbeischaute auch den Schweiß von meiner Stirn. Bis auf wenigen Ausnahmen umsorgte er mich Tag und Nacht, was meine Genesung ziemlich beschleunigte. Er bedachte dabei Inos Ratschläge und das mit äußerster Genauigkeit.
 

Bei jeder Gelegenheit, in der er nicht hinsah, beobachtete ich ihn. Seine gleichgültige Art spiegelte sich nicht in seinem Verhalten mir gegenüber wieder. Er war äußerst höflich und zuvorkommend. Den Blick, den ich von den anderen Männern her kannte, war keinesfalls in ihm zu sehen, weswegen ich nicht definieren konnte, was genau ich in diesem sah. Jedoch fühlte ich mich wohl in seiner Anwesenheit. Nichts wurde von mir verlangt. Nichts musste ich nicht gezwungener Maßen verrichten. Ob es daran lag, dass ich kränklich im Bett lag, wusste ich nicht. Jedoch war es der Balsam, den meine Seele brauchte, um endlich wieder zur Ruhe zu kommen.
 

Nach einer weiteren Weile konnte ich mich einigermaßen aufsetzen und das Zimmer begutachten. Mobiliar war nicht sonderlich vorhanden, außer ein Holzschrank mit spärlichen Verzierungen und einer Sitzecke. Dafür war das Bett, auf dem ich lag überdimensional Groß. Der Raum hatte große Fenster und ich glaubte es kaum, wenn ich nach oben blickte ebenso eine gläserne Überdachung, was mich direkt gen Himmel blicken ließ, wenn ich lag. Der Raum war groß, aber nicht übermäßig dekoriert oder bunt. Jedoch reichte es aus um sich wohl zu fühlen. Ob das das Gästezimmer war? Diese Frage beantwortete sich eines Tages von selbst als ich ein Gespräch mitbekam.
 

„Was? Du lässt Untertarnen in Deinem Zimmer übernachten?“, fragte eine weibliche Stimme gehässig.

 „Sie musste ja irgendwo schlafen. Oder soll sie auf dem Boden neben dem Kamin übernachten!“, konterte eine andere Stimme, die ich als Shikamarus identifizieren konnte.

 „Zum Bespiel!“

Mit diesem Ton betrat sie dieses Zimmer und ich tat schnell so, als würde ich schlafen.
 

 „Was? Soll das alles sein?“, fragte sie nach einer Weile und fuchtelte so herum, dass ich ihren blumigen Duft des Parfüms wahrnehmen konnte.

 „Mir reicht es aus, um mich wohl zu fühlen.“

 „Und was ist mit dem Personal? Warum ist hier niemand, der dauernd bereitsteht?“
 

„Sie müssen auch einmal schlafen. Zudem haben sie feste Arbeitszeiten bei uns. Die einzigen, die Schichtarbeit betreiben dürfen, sind unsere Wachen.“

 „Was soll das denn? Ihr seid wohl doch nicht so reich, wie ich gedacht habe!“

Shikamaru schien direkt neben mir zu stehen. Deswegen konnte ich seinen genervten Seufzer hören. Kommentieren tat er dazu nichts.
 

„Die Aussicht ist ganz angenehm, aber hier muss mehr Farbe rein. Wenn wir verheiratet sind, lasse ich sofort Architekten kommen. Das hier ist kein Zustand. Ich werde hier nicht wie eine Bäuerin leben. Das steht fest!“

 „Ich glaube, dass es auch nicht nötig ist. Das Arrangement ist geplatzt!“, sagte Shikamaru trocken.

Kurz war es ruhig, wahrscheinlich weil die Frau keine Worte fand.

 „Was?“

 „Es ist genauso wie ich es sage!“, wiederholte er barsch.

 „Na gut! Dann wünsche ich dir viel Spaß in diesem Suff“, schimpfte die Frau zu guter Letzt und verließ den Raum mit einem gewaltigen Türknall.
 

Shikamaru seufzte auf und ließ sich neben mir auf die Matratze nieder. Ich konnte es zwar nicht sehen, aber ich spürte es, weil die Matratze dabei nachgab, als es sein Gewicht verteilte.

 „Wie nervig“, murmelte er, was mich veranlasste, die Augen zu öffnen und zu ihm zu sehen. Zwar sah ich nur seinen Rücken, aber es genügte mir. Dieses Mal trug er sein Haar zu einem Zopf, als er sich mit seiner Hand an den Nacken fasste und aus dem Fenster starrte.
 

Dann wandte er seinen Kopf in meiner Richtung und sah mir in die Augen. Ich hatte keine Zeit gehabt, die Augen zu schließen, so schockiert war ich von seiner spontanen Bewegung.

 „Du bist wohl wegen dieser Fridatte von Prinzessin wach geworden“, stellte er fest.

Ich aber antwortete nicht.

 „Es tut mir Leid, dass du das mit anhören musstest. Es ist schwer den Verpflichtungen Folge zu leisten.“
 

Wem sagte er das? Ich hatte es am eigenen Leibe erfahren müssen.

 „Leider ist es meine Verpflichtung als zukünftiger König, dem Volke zu dienen. Aber sollte ich wirklich eine Prinzessin heiraten, die so arrogant und hochnäsig ist? Das kann doch nicht dem Wohle des Dorfes dienen?!“

Ich wusste, dass er nicht direkt mit mir redete, was ein weiterer Grund war, nichts zu erwiderten. Verstehen konnte ich ihn mehr als gut. Schließlich war ich damals als Prinzessin in derselben Position. Ich hatte mich dagegen entschieden. Ich hatte alles verloren, was mir wichtig war und das war meine Strafe.
 

So wie ich jedoch eben Shikamaru gehört hatte, wurde er mit ganz anderen Prinzipien groß gezogen. Prinzipien, die unsere Familie nicht kannte. Und das war Respekt und Gleichheit gegenüber allen. Alle waren Menschen. Alle durften Fehler machen. Jeder hatte sein eingenes Päckchen zu tragen, jedoch würde es gemeinsam nur halb so schwer auf einen aufliegen. Jeder durfte Reden oder Schweigen. Und jeder in dem Reich der Naras hatte eine Chance etwas aus seinen Träumen und Sehnsüchten zu machen. Jeder außer …
 

Mein Blick glitt zu Shikamaru, der mich noch immer ansah. Dieser Blick wirkte abwartend auf mich. Wollte er etwa doch meine Meinung hören? Jedoch verflüchtigte sich die Frage, als er aufseufzte.

 „Was rede ich nur? Du hast wahrscheinlich die Hölle durchgemacht und ich beklage mich über so etwas, was eigentlich für mich nicht von Belang sein sollte.“

Er legte eine Pause ein. Dann fühlte er meine Stirn, um vermutlich mein Fieber zu messen.

 „Dein Fieber ist weg. Ich schätze Du bist bald gesund und frei. Hier im Reich bist du sicher und kannst dich verwirklichen. Weißt Du schon, was Du machen willst?“, fragte er mich.
 

Ich riss meine Augen so weit auf, dass ich dachte, meine Augäpfel würden jeden Moment rausspringen. Ich war frei? Ich war tatsächlich frei? Ich glaubte es kaum. Das musste ein Traum sein. Ich konnte mein Glück nicht zurückhalten. Zumindest nicht für diesen Moment. Er erwiderte es mit einem schwachen Lächeln. Er freute sich wohl tatsächlich für mich. Aber …
 

Ich sah ein, dass ich alles, was ich je besessen hatte, leichtsinnig verspielt hatte. Und nun blieb mir nichts mehr. Was war meine Freiheit, wenn ich nicht meinen Sinn im Leben kannte?

Ich war Sklavin gewesen, die willenslos gemacht wurde. Und jetzt war ich zwar so gut wie frei, jedoch war ich noch immer ohne Willen. Die Eingebung, was ich hatte, als ich kurz vorm Sterben war, würde sich nie erfüllen. Andere Träume hatte nicht mehr.

Wo waren nur meine ganzen Träume hin?

Kleine Prinzessin


 

8. Kleine Prinzessin

 

Doch bevor ich zu den anderen Soldaten stoßen konnte, wurde ich von der Nervensäge aufgehalten. Sie packte mich am Handgelenk und hielt mich zurück. Natürlich wäre es mir ein Leichtes gewesen, mich von ihr loszureißen. Trotzdem tat ich es nicht. Hier waren viel zu viele Menschen und ich würde sicher Probleme bekommen, wenn ich jetzt meine Hand gegen sie erhob. Also ließ ich das und auch das kommende einfach über mich ergehen.

 

Die kleine Prinzessin stellte sich auf die Zehenspitzen und umarmte mich herzlich, länger als es angebracht wäre. Ich ließ sie einfach gewähren, während ich selbst nur da stand. Bevor sie sich endlich von mir löste, drückte sie mir noch einen Kuss auf die Wange. Das tat sie immer, wenn es für mich hieß in den Krieg zu ziehen. So kannte ich auch ihre kommenden Worte.

 

Aus traurigen Augen sah sie zu mir auf.

  „Komm bitte heil wieder zurück, ja Sasuke?!“, nahm sie mir ihr übliches Versprechen ab. Ich nickte einfach nur, weil Widerstand so oder so nichts bringen würde. Nur so kam ich schnell von ihr los und zurück zu meiner Einheit …

 

Ein wenig war ich sogar froh, dass ich bald wieder in den Krieg ziehen musste, denn so hatte ich endlich wieder ein wenig Ruhe vor Sakura. Ich wusste, dass mich viele der jüngeren Soldaten darum beneideten, dass ich die Gunst der Prinzessin hatte. Mir war das egal. Ich brauchte ihre Liebe nicht, denn mir ging sie einfach nur auf die Nerven.

 

Ja, es war Liebe, was mir Sakura entgegenbrachte, seit ich ihr das erste Mal wirkliche begegnet war. Ich konnte mich auch noch gut an diesen Tag erinnern, auch wenn ich oft versucht hatte diese Erinnerung mit all den anderen zu verdrängen.

 

 

„Sasuke!“, wurde ich aus meinem Training gerissen. Augenblicklich stoppten mein Kampfpartner und ich in unserem Tun und salutierten vor unserem Hauptmann.

  „Ich habe einen Auftrag für dich. Es ist ausgesprochen wichtig“, verkündete er, drehte sich um und ging. Auch ohne Worte wusste ich, dass ich ihm folgen sollte.

 

„Worum geht es?“, fragte ich, als ich auf seiner Höhe war und blickte ihn von der Seite her an.

  „Du sollst die Tochter des Kaisers begleiten und beschützen, Er hat ihr erlaubt im Wald spazieren zu gehen. Damit es nicht zu sehr auffällt, dass sie die Tochter des Kaisers ist, soll eine gleichaltrige Wache sie begleiten. Zieh zivile Kleidung an und komme dann zum Haupteingang. Die Prinzessin wird dort auf dich warten. Du hast fünf Minuten Zeit“, erklärte er mir.

 

Ich nickte und begab mich augenblicklich in meine Räumlichkeiten, um mich umzuziehen. Als ich schließlich beim Haupteingang ankam, sah ich sie dort bereits auf dem Treppenabsatz sitzen. Anstelle ihrer sonst so imposanten Kleider trug sie das schlichte Gewand einer Magd. Ihre rosa Haare waren unter einer Haube versteckt. Alles, um den Schein zu wahren.

 

Kaum war ich vor sie getreten und hatte mich standesgemäß vor ihr verbeugt, schlang sie auch schon ihre Hände um meinen Oberarm. Ihre Augen funkelten vor Vorfreude und Bewunderung, was beides nicht standesgemäß war. Ich schüttelte darüber nur den Kopf und ging mit dem Klammeraffen im Schlepptau weiter in den Wald hinein.

 

„Ich habe mein Vater gebeten, dass du mich begleiten darfst. Nachdem er dich kämpfen gesehen hat, hat er gleich zugestimmt“, eröffnete sie das Gespräch lachend. Ich nickte einfach nur. Ich hatte keine Lust auf ein Gespräch mit ihr. Meine Aufgabe bestand einfach nur darin, sie zu begleiten und im Notfall sie zu beschützen.

 

„Möchtest du gar nicht wissen, warum ich dich wollte und nicht einen anderen?“, hakte sie überrascht nach, als ich nichts weiter sagte. Ich schüttelte den Kopf.

  „Nein. Kein Interesse“, erwiderte ich barsch, vielleicht ein bisschen zu barsch. Doch Sakura kicherte nur vergnügt.

  „Das mag ich so an dir Sasuke“, lachte sie. „Du bist so anders als all die anderen Leute.“

 

 

Noch sehr lange und sehr viel hatte sie an diesem Tag mit mir gesprochen, obwohl ich eigentlich gar nicht zugehört oder gar geantwortet hatte. Sakura aber hatte sich nicht daran gestört. Sie hatte einfach weiter gemacht, auch noch nachdem wir aus dem Wald zurückgekehrt waren.

 

Immer wieder war sie auf mich zugekommen. Sie hatte mir von ihrem Tag berichtet oder andere belanglose Sachen erzählt, die mich nicht interessierten. Dass ich ihr meistens gar nicht erst zuhörte, schien ihr gar nichts auszumachen. Für sie war es wohl nur wichtig, dass sie an meiner Seite sein konnte. Einfach lächerlich.

 

Meistens versuchte ich ihr deshalb aus dem Weg zu gehen. Ihr ständiges Geplapper ging mir einfach nur auf die Nerven. Ganz davon abgesehen, dass ich keinerlei Interesse an ihr hatte. Ich wollte nur stärker werden, damit ich den Mann fand, der meiner Familie das angetan hatte. Ich würde ihm heimzahlen, was er meiner Familie angetan hatte. Da konnte ich kein kleines Prinzesschen an meiner Seite gebrauchen. Sie wäre nur ein Klotz am Bein.

 

Das hatte sich auch nicht an dem Tag geändert, an dem sie mir ihre Liebe gestanden hatte. Auch daran konnte ich mich noch gut erinnern, obwohl ich krampfhaft versucht hatte dieses Ereignis aus meinem Gedächtnis zu verbannen …

 

 

„Sasuke, da bist du ja“, rief Sakura vergnügt aus, als sie mich oben auf den Ästen eines großen Baumes fand. Dabei war ich der festen Überzeugung, dass sie mich hier nicht finden würde. Das war wohl falsch gewesen.

 

„Sasuke kommst du bitte runter zu mir? Ich muss dir etwas sagen“, verkündete sie und nestelte an dem Saumen ihres Ärmels. Das reichte mir eigentlich schon, um zu wissen, was sie von mir wollte. Trotzdem kletterte ich seufzend von dem Baum und trat ihr Gegenüber.

 

Sakura aber blieb stumm. Sie blickte mich einfach nur nervös an. Das hatte ich mir eigentlich denken können. Ich war schon überrascht, dass sie sich traute, überhaupt mit ihrem Anliegen zu mir zu kommen. Zu mir zu sprechen, traute sie sich dann doch wieder nicht.

 

„Sieh nur! Ist dieses Kleid nicht hübsch?!“, sprach sie nun doch, wenn auch nicht zu dem gedachten Thema, und drehte sich einmal um sich selbst, um sich mir zu präsentieren. Desinteressiert betrachtete ich ihr Kleid. Es war recht hübsch, aber nichts besonderes, wenn man bedacht, was sie sonst immer trug. Was sollte ich also dazu sagen? Nichts, denn egal, was ich gesagt hätte, sie hätte es eh so gedreht, wie sie es gern wollte. Da war Schweigen noch immer die beste Option.

 

„Du weiß, dass ich nicht wegen dem Kleid zu dir gekommen bin, oder?!“, lachte sie nervös und strich sich eine rosa Haarsträhne aus der Stirn. Ich seufzte genervt.

  „Sakura, könntest du mir bitte sagen, was du willst, damit ich wieder zur Arbeit kann?!“, stöhnte ich. Sakura lachte verlegen.

  „Oh, entschuldige, dass ich dich von der Arbeit abhalte, aber ich muss es dir unbedingt sagen, sonst schiebe ich das nur wieder auf und dann sag ich es gar nicht mehr …“, plapperte sie wild drauf los. Ich seufzte. Wenn das so weiter ging, kam sie nie zum Punkt, aber das war auch der Fakt, wenn ich noch etwas sagte, um ihr dabei zu helfen. Das brachte sie nur noch mehr aus dem Konzept.

 

Sakura schloss die Augen und atmete tief durch.

  „Ich weiß, du bist von niederem Stand, aber das ist mir egal, Sasuke. Ich liebe dich. Ich weiß, dass du nicht so empfindest, aber ich musste es dir endlich sagen, sonst wäre ich geplatzt vor Anspannung“, rückte sie schließlich mit der Sprache raus. Dabei hatte sie die ganze Zeit zu Boden gesehen.

 

Auch wenn ich gewusst hatte, was sie wollte, war ich ein wenig überrascht, dass sie sich wirklich getraut hatte, mir ihre Gefühle zu gestehen. An meinem Vorhaben änderte dies jedoch nichts. Trotzdem zollte ich ihr meinen Respekt, in dem ich im Vorbeigehen ihren Kopf tätschelte und „Mach’s gut, Prinzesschen!“, sagte.

 

 

Damals hatte ich mir nichts dabei gedacht, heute wusste ich, dass es ein Fehler war. Durch diese einfache Gesteh hatte ich ihr unnötig Hoffnung gemacht und sie hang nur noch mehr an meinem Rochzipfel. Dass ich zu ihrem Leibwächter ernannt wurde, wenn sie mal das Anwesen verlassen durfte, machte die Sache auch nicht unbedingt leichter …

Anders als vorgestellt

Während meines Arbeitstages bemerkte ich, dass es der Drache vollkommen auf mich abgesehen hatte. Wahrscheinlich war es deswegen, weil ich am vergangenen Tag trotzig war. Vielleicht war es auch, weil sie allgemein etwas gegen mich hatte. Ich wusste es nicht.
 

Es fing damit an, dass sie meinte, dass ich zu spät zur Arbeit angetreten sei. Zur Strafe konnte ich die ganze Entreé zuzüglich aller Gänge im Hause blitz und blank saugen und putzen. Ausdrücklich wurde Kiara und Sayu darauf hingewiesen, dass sie mir nicht helfen durften.
 

Doch irgendwie konnte mir der Drache diesmal nicht die Stimmung verderben. Im Gegenteil. Die Begegnung mit Neji hatte mich so motiviert, dass ich es ihm zeigen wollte. Unbedingt. Er sollte ganz genau sehen, dass ich nicht die Frau war, die er sich vorstellte. Dummerweise klappte mein Vorhaben nicht so, wie ich es mir selber vorstellte. Immer wieder lugte ich auf mein brandneues iPhone 7, welches Neji mir einfach so geschenkt hatte. Wann zum Teufel meldete er sich? Hatte er nur geblufft? Aber dann hätte er mir doch das Handy nicht gegeben. Oder?

 

„TenTen?“, rief mich eine Stimme in der Realität zurück. Ich schreckte auf und sah in die Augen von Kiara.

  „Spinnst Du?“, sagte ich aufgebracht.

 „Entschuldigung. Ich dachte, Du würdest mich sehen, wenn Du in meine Richtung guckst. Verzeih mir, dass ich mich geirrt habe und so erfahren muss, dass meine Freundin erblindet ist.“
 

Unwillkürlich verdrehte ich meine Augen, als ich sie von oben nach unten begutachtete. Wieder hatte sie sich bis aufs äußerste gestylt und wirkte gleichzeitig so, als würde sie so von Natur aus aussehen. Zwar legte ich nicht so ein Wert aufs Aussehen, bei Neji aber konnte ich es mir durchaus vorstellen, dass er eine Begleitung schätzte, die nicht gerade mit Hoddie und Sneakers zu Geschäftsgesprächen ankam und ich war genau dieser Typ Frau.
 

 „TenTen? Was ist heute nur los mit Dir? Warum gaffst Du mich wie ein Spanner an?“

 „Ähm … ich finde nur, dass du gut aussiehst“, antwortete ich ehrlich. Kiara zog eine Augenbraue nach oben und sah mich skeptisch an.

 „Okay! Also TenTen. Ich dachte Du wüsstest, dass ich auf Kerle stehe!“

 „Nein, so meinte ich es auch gar nicht!“, sagte ich hektisch und schlug mit den Händen umher.

 „Und wie dann?“, fragte sie mich erneut.

  „Kiara. Ich brauche Deine Hilfe!“
 

*~*
 

Sobald ich fertig war mit der heutigen Arbeit, von der ich wegen der Schrubberei am Boden Rückenschmerzen davontrug, rannte ich sofort in das gemeinsame Schlafzimmer von Kiara, Sayu und mir, wo Kiara schon einiges für mich bereit stehen hatte – sowohl Schminkzeug als auch hochhackige Schuhe, die Sie oftmals wegen der Arbeit trug – und wartete auf mich.
 

Sayu staunte nicht schlecht, als sie ebenfalls dazu stieß und sah, dass ich mich auf einmal fürs Schminken interessierte.

 „Wer bist Du und was hast Du mit TenTen angestellt?“, fragte sie erstaunt.

  „Ich habe gar nichts angestellt, okay?“

 „Mir hast Du aber heute Mittag etwas ganz anderes erzählt!“, tadelte Kiara mich, die nicht von meiner Spontanität begeistert zu sein schien.

 „Was ist passiert?“, fragte Sayu auf einmal besorgt. Ich verdrehte die Augen.

 „Na gut, die Kurzfassung. Ich hatte heute Morgen mit Neji geredet und er wollte, dass ich seine Begleitung für Geschäftliches bin. Dafür bekomme ich etwas Geld!“, erklärte ich in der Kurzfassung.
 

Sayus Augen wurden groß: „Du willst Dich prostituieren?“

 „Er hat mir versprochen mich nicht weiter anzurühren“, wehrte ich ihre Argumentation ab, obwohl ich innerlich selbst der Überzeugung war, dass Sayus Unterstellung Neji gegenüber stimmte.

  „Okay! Aber was verspricht er sich? Zudem? Was willst Du denn mit dem Geld anstellen?“, fragte Sayu erneut. Ich wusste genau, was ich damit wollte. Meine Mundwinkel zuckten nach unten, als ich wieder daran denken musste.

 „Ich dachte, dass ich vielleicht genug zusammen bekomme, damit ich mich richtig behandeln lassen kann“, gestand ich.
 

Kiara und Sayu sahen sich fragend an und rangen mit Blickkontakt darum, wer als Nächstes etwas sagen sollte. Schlussendlich ging Kiara auf mich zu und hockte sich vor mich hin. Dabei sah sie mich eindringlich an.

 „Es ist aber nicht bewiesen, dass die Art von Krebs, woran deine Mutter starb, vererbbar ist und vor allem, dass Du es hast.“

 „Aber es ist auch nicht bewiesen, dass ich es nicht habe. Zudem habe ich erst letztens ein Bericht gesehen, dass Brustkrebs und Eierstockkrebs ähnliche Symptome haben. Erinnerst Du dich an meine Bauchschmerzen vor ein paar Monaten?“
 

„Ja, aber da hast Du doch gesagt es sei eine Magenverstimmung?“, sagte Sayu nach kurzem Überlegen.

 „Die Magenverstimmung war in Wirklichkeit ein gutartiger Knoten“, berichtigte ich meine Aussage. Um niemanden direkt in die Augen zu schauen, stand ich auf, um aus meiner Nachttischschublade ein paar Augenblicke später meine Tabletten rauszuziehen, die ich zwangsweise einnehmen musste. Kiara und auch Sayu rissen überrascht die Augen auf und sahen mich so an, wie ich nicht angeschaut werden wollte.

 „Bitte guckt nicht so. Es ist schon frustrierend genug!“, sagte ich barsch.
 

„Entschuldigung!“, kam es aus dem Munde der beiden.

 „Also willst Du mit dem Geld den Knoten entfernen?“, fragte Sayu noch einmal.

 „Nicht nur den Knoten. Ich Lass mir sowohl die Brust als auch die Eierstöcke irgendwann amputieren“, sagte ich so emotionslos, dass es mich nicht wunderte, dass die beiden mich mit großen Augen ansahen. Ich wusste jedoch, was ich tat, weil ich mich, wenn keiner es mitbekam, im Internet und bei Arztpraxen darüber informiert hatte. Um diese Art von Krebs zu besiegen, musste man halt zu solchen Maßnahmen greifen.
 

„Und was ist, wenn Du mal Kinder bekommen willst?“, fragte Kiara.

 „Darum werde ich mir Gedanken machen, wenn es soweit ist. Können wir endlich mit dem Unterricht anfangen, MAMA?“ Ich betonte das letzte Wort besonders, sodass beide wussten, dass das Thema für mich beendet war. Sowohl Kiara, als auch Sayu lächelten mich schwach an: „Gerne doch!“
 

*~*
 

Es vergingen Tage und Wochen, bis Neji sich zum ersten Mal meldete. Die Anspannung war so groß, dass mein Magen beinahe rebellierte. Vor allem deswegen, weil ich nicht wusste, wie ich mit dem Druck zu lügen, um mich aus dem Anwesen zu schleichen, umgehen sollte.  Ich war ein ehrliches Individuum, das noch nie wegen so einer großen Sache gelogen hatte.  Schon gar nicht gegenüber meinen Arbeitgeber. Das würde nicht einfach werden.

Selbst die Unterstützung meiner Leidgenossinnen machte die Sache nicht besser. Eher das Gegenteilige war der Fall.
 

Direkt nach der ursprünglichen Arbeit, die sich eine gute Stunde mehr hinzog als üblich, verschwand ich ins Zimmer. Dort griff ich sofort nach dem bereits gepackten Rucksack, öffnete die Fenster, und stieg auf die Fensterbank. Kurz blickte ich nach unten, um sicher zu sein, dass ich mich noch im Erdgeschoss befand, was ich im Nachhinein ziemlich irre fand. Ich formte meine Augen zu Schlitzen, damit ich durch die Dämmerung etwas sehen konnte. Die Luft war rein und der Alarm der Hyuugas würde in 5 Minuten eingeschaltet werden, da der Herr keinen Besuch mehr erwartete. Das war ein eindeutiger Nachteil, denn so musste ich mich, direkt wenn der Alarm ausgeschaltet wurde, ins Haus schleichen. Sayu sagte mir zwar zu, für mich dann morgens den Alarm auszuschalten, aber ich wusste, dass sowohl sie als auch Kiara Morgenmuffel waren, wie es im Buche stand.
 

Darüber machte ich mir aber später Gedanken. Erst einmal stieg ich aus dem Fenster und schlang mich in Schleichschritt um die Hauswand herum. Dabei hatte ich mich leicht gebückt, sodass ich mich unter den Fensterbänken keiner sehen konnte. Irgendwie fühlte ich mich schon etwas wie im Spionagefilmen. Es fehlten nur noch der schwarze Tarnanzug und die Nachtsichtbrille. Da ich wusste, wo die Kameras waren, umging ich diese gekonnt, bis ich beim Hinterausgang, wo die Mülleimer standen, angelangt war und ihn auf den Nachbar Grundstück sah.
 

Er begutachtete mit Adleraugen die Uhr, als er dann zu mir aussah. Ein Lächeln hatte er dabei nicht im Gesicht.

 „Komm TenTen, beeile Dich! Ich habe bereits im Auto Makeup Artist, Friseuse und Stylistin sitzen“, erklärte Neji schnell, was mich innerlich fluchen ließ. Heute Morgen hatte ich mich extra geschminkt, wie es mir Kiara gezeigt hatte. Natürlich und trotzdem elegant. War etwa die ganze Tortur, was mir Kiara und Sayu beigebracht hatten umsonst gewesen. Oder war es deswegen, dass etwas von meinem Makeup verwischt war. Wie dem auch sei. Ich schmollte, als ich Neji hinterhertapste.
 

Er bemerkte meine sinkende Laune und fragte: „Ist was?“ Ich wiederum fühlte mich gerade, als ob ich mich erneut vor ihm zum Affen gemacht hatte, weswegen ich, wenn ich es offen und ehrlich zugeben würde, noch verlegender fühlte als in diesem Moment schon. Deswegen schüttelte ich erst den Kopf. Als mir auffiel, dass er wegen der Dunkelheit wohl ebenfalls nur meine Umrisse sehen konnte, antwortete ich ihm trotzdem: „Nein, nichts!“ Meine Antwort klang etwas barsch, weswegen ich mich nochmals verfluchte. Ich war eben keine gute Lügnerin und man ahnte sofort, wenn mich etwas bedrückte, wenn man mich näher kannte.
 

Kurz hatte es den Anschein, dass auch Neji sah, dass etwas mit mir nicht stimmte. Entweder ignorierte er es oder ich hatte mich geirrt. Jeden Falls sagte er nichts weiter dazu. Stattdessen öffnete er stumm die Tür der Limousine – die übrigens weiß war – und ließ mich zuerst hinein. Ich hatte keine große Zeit die Limousine zu bemustern, weil ich eh schon spät dran war. Zudem zupfte schon die Erste der drei Frauen an mir herum und fing an meinen Pandaknoten auf zu rupfen.
 

„Aua! Das tut weh!“, beschwerte ich mich. Sie hatten jedoch kein Erbarmen.

 „Wer zu spät kommt, den bestraft das Leben!“, grinste die Stylistin, mich begutachtend und mir die ersten Stoffmuster entgegenhaltend.

 „Äh! Ich habe schon etwas!“, kommentierte ich und kramte in meiner Tasche, als schon von ihr kam: „Das ist aber bestimmt zerknüllt. Wir stoppen kurz in meinem Atelier. Dort habe ich genau das passende für Dich. Der knallig rote Overall von Dolce Gabbana oder doch das grüne Cocktailkleid von Visage. Was sagst Du Anna?“ Sie richtete sich an die Blondine neben ihr, die mich ebenfalls mit skeptischen Blicken bemusterte.

„Den Overall. Der kommt in wenigen Wochen auf den Markt und wir bekommen einen Zuschuss, wenn wir diesen vorzeitig promoten. Aber die Augenbrauen von ihr gehen gar nicht!“
 

Ich sah beide sauer an. Diese Hochnäsigkeit und Arroganz konnte ich gar nicht ausstehen. Außerdem-

 „Hallo? Ich sitze direkt vor euch, also redet nicht von mir in der dritten Person. Aua!“, beklagte ich mich erneut, als die dritte, ein kurzhaariges schmales Püppchen nochmals an meine Haaren herumzupfte. War das denn zu fassen?

 „Neji! Das war so nicht abgemacht!“ Er aber grinste schwach: „Was denn? Lehn dich zurück und genieße es einfach!“ Wie soll man so etwas genießen? Das war doch eher zum Heulen und Weglaufen! Die Limousine fuhr los und ich befand mich im schlimmsten Albtraum meines Lebens.
 

*~*
 

Es dauerte geschlagene anderthalb Stunden, bis wir endlich am Ziel angekommen waren. Anna und Mai, so hießen die Make up Artistin und die Stylistin bestanden darauf unbedingt im Atelier anzuhalten, wo ich tatsächlich diesen roten Fummel und High Heels anbekam, die mich fast so groß werden ließen, dass Neji mich nur noch wenige Zentimeter überbrückte. Ich hatte zwar geübt mit High Heels zu gehen, jedoch waren sie nie so hoch gewesen. Ob das gut ging? Ich wagte es schon zu bezweifeln, als ich aus dem Auto stieg und auf den roten Teppich stand. Schon ging das Blitzlichtgewitter los, weswegen ich mit meinen Augen blinzeln musste. Worauf hatte ich mich nur eingelassen?
 

„Sag nichts. Einfach Lächeln und vorbeigehen. Dann sind wir gut aus dem Schneider!“, erklärte mir Neji und hielt meine Hand, während er seine andere lässig in die Tasche seines Smokings steckte. Ich tat wie geheißen und trat langsam voran, weil Neji oft anhielt, um kurz ein paar Leute ein „Hallo!“ zu zuflüstern. Ich konnte kaum glauben, wen ich alles zu Gesicht bekam.

Hideo Ochi, Morihiro Saito und Hiroshi Tada. Alles waren sie Profisportler in Kampfsport. Sind wir etwa – ich blickte nach vorne und sah tatsächlich das Schild über mir: The Dom Stadion.
 

Ich konnte es kaum fassen. Als ich heimlich ferngesehen hatte, hatte ich dieses bei einem Kampf flüchtig gesehen. Und heute stand ich direkt davor. Es war ein überwältigendes Gefühl.

 „Hey Neji!“, kam schon der nächste bekannte Kampfsportler entgegen. Der Weltmeister in Ringen, Schwergewicht, Sato Kaito. Er schlug bei Neji ein, der die Geste schwach grinsend erwiderte.

 „Und? Hast Du etwa wieder eine neue am Start?“, fragte er und bemusterte mich funkelnd.

 „Scheint so“, antwortete Neji knapp und sah ihn mit undefinierbaren Blick an.

„Hey Kleine! Falls Du etwas Spaß braucht, kannst Du Dich gerne bei mir melden!“, zwinkerte er mir zu, was ein Kreischen von hinten entfachte, was mich zusammenzucken ließ.

 „Wir sehen uns doch diesmal beim Aftershow Party. Ich muss mich doch noch erkenntlich zeigen wegen dem Seitenhieb, den Du mir gezeigt hast.“
 

Ich erinnerte mich an den Hieb und bekam große Augen. Hatte Neji etwa den Weltmeister trainiert? Ich glaubte es kaum. Neji ließ alles kalt und nickte nur, als er mit mir weiter ging. Der Eingangsbereich war genauso pompös ausgestattet wie draußen. Kaum befanden wir uns dort, bekam ich schon ein Krabbencocktail und Champagner gereicht. Den Champagner lehnte ich ab, nahm aber den Cocktail gerne an und nippte daraus. Es schmeckte hervorragend.

Dann auch schon zog mich Neji behutsam zu die Stufen nach oben, wo zwei Securityleute standen, die grimmig dreinschauten. Diese Männer wollte ich nicht nachts begegnen. Das war mein Gedanke, als Neji schon den beiden zunickte und stumm mit mir weiterging.
 

„Gut! Wir haben den ersten und nervigsten Teil des Abends überstanden. Wir gehen jetzt hinauf in den VIP-Bereich. Wichtig ist, dass Du dir namentlich zwei Personen behältst, weil sie auf jeden Fall mit Dir reden werden. Ryo Kudo und Ren Tai. Die sind Manager und Trainer in verschiedensten Kampfsportarten. Am besten nickst Du alles ab und bejahst, wenn sie sich wieder aufprotzen wollen. Ich hab dir Bilder und Daten per Handy schicken lassen. Hast Du sie bekommen?“
 

Ich nickte nur und sagte nichts weiter dazu. Ich erinnerte mich bei den Bildern an einen Asiaten, der Jackie Chan erstaunlich ähnelte und einen etwas breiteren, glatzköpfigen Mann mit Brille.

 „Und noch etwas. Egal was passiert. Weiche nicht von meiner Seite!“ Diese Aussage war für mich eher eine Drohung anstatt eine Bitte. Ich hatte jedoch nicht vor heute Abend von Nejis Seite zu weichen, deswegen ließ ich die Anmerkung, die ich äußern wollte im Hinterkopf. Ich wollte genießen, dass ich von lauter Idolen umgeben war und da würde eine Diskussion alles zunichtemachen.
 

Gleich als wir noch etliche Leute begrüßt hatten, kam uns auch schon der Manager Ryo Kudo entgegen, mittleren Alters, der Jackie Chan Doppelgänger. Er schob seine Sonnenbrille zurecht, wahrscheinlich um cool zu wirken und begrüßte Neji: „Hyuuga-Sama! Es freut mich, dass Du meine Einladung angenommen hast.“ Er drehte sich zur Kellnerin an der Bar und schrie, um die Distanz zwischen den beiden überbrücken zu können.

 „Bitte Sake für 4 Personen! Alles geht auf mich!“, schrie er schon. Ich überlegte kurz wer außer mir und Neji noch die vierte Person sein soll, als ich schon einen Arschgrabscher verspürte, was mich aufzucken ließ. Ich drehte mich um, um ihm die Meinung zu geigen, als ich auch den Mann erkannte. Etwas klein geraten, Glatze, Schmolllippen. Das war der Trainer Ren Tai.
 

„Hey Neji. Sato steht schon in den Startlöchern. Hast Du Lust zu wetten?“

  „Ich verzichte!“, antwortete Neji knapp und emotionslos. Unbewusst wohl schlang er seinen Arm um meine Taille. Ich bemühte mich derzeit nicht rot anzulaufen. Ren richtete seinen Blick lüstern auf mich, als er sich auch schon wieder an Neji wand und grinste: „Warum? Schiss?“

 „Ich wette nicht, wo der Sieg nicht zu 100 % feststeht!“, antwortete Neji ehrlich. Dafür erntete er empörte Blicke der beiden anderen Männer – Ryo war mittlerweile mit Sake ausgerüstet – als wir uns in Richtung des Plätzes bewegten.

„Wie kannst Du so etwas sagen. Sato hat hart trainiert?“

  „Das schon, aber er hat immer noch Defizite von seiner Verletzung von vor zwei Jahren, wo Kid ihn am Fußknöchel angegriffen hat! Und der Gegner heute ist nicht ohne!“ Nun schaltete ich mich ein: „Zuzu Tran hat zwar eine wahnsinnige Tretkraft, was Sato Kaito zum Nachteil werden kann, aber dennoch ist er technisch noch etwas unsauber. Wenn man bei den letzten zwei Kämpfe seine leichten Verfehlungen der Schläge sieht, denke ich schon, dass Sato es schaffen kann.“
 

Die anderen drei Männer in der Runde sahen mich undefinierbar an und ich musste ein belustigtes Grinsen unterdrücken. Ich liebte Kampfsport selbst einfach zu sehr und da mein Meister den Kampfsport näher war als so manch anderer hier im Raum, kam auch ich so mit diesem in Kontakt.
 

„Die Kleine hat Recht. Sato macht Zuzu fertig! Und jetzt entschuldigt mich. Ich muss mein Schützling durch den Kampf führen“, sagte Ren und grinste mir noch einmal zu. Ich erwiderte es nicht sondern richtete mich, sobald der Schleimbeutel weg war, gleich an Neji.

 „Er hat mich unsittlich berührt!“, sagte ich empört.

  „Und Du hast Dich angemessen verhalten. Ruhig Blut! Ryo kommt wieder!“ Augenblicklich zauberte ich erneut ein Lächeln ins Gesicht, welches meine Augen nicht erreichten. Ich war schon richtig sauer, dass Neji diese Unverschämtheit einfach absegnete. Unbewusst kam mir sein Kontrollzwang in den Sinn, den er mir schon den ganzen Abend offen zur Show stellte. Lange konnte ich nicht darüber nachdenken, als mir schon Ryu ein Becher mit warmen Sake reichte.
 

„Ah! Ich trinke nicht!“, sagte ich schnell.

  „Oh! Entschuldige, das wusste ich nicht. Aber Sie haben Recht. So eine schöne Frau darf sich nicht mit Alkohol verderben!“  Er lachte, als er Neji das Gesöff reichte, was er stumm annahm. Was sollte diese Aussage? Ich wurde hier offensichtlich darauf hingewiesen, wo mein Platz als Frau zu sein hatte und Neji ließ es einfach zu. Oder verstand er den Wink mit dem Zaunpfahl nicht? Im Augenblick als wir uns setzten und ich versuchte mir einen Reim aus dem Ganzen zu machen, fing der Kampf auch schon an. Ich lehnte mich zurück, soweit ich es konnte, und sah gespannt dem Kampf zu, als auch schon der Kellner mit dem Essen kam - zumindest soweit man es Essen nennen konnte.
 

Ich hatte einen Teller mit ein paar Blättern Salat und einen undefinierbaren Dip erhalten, während die Männer ein saftiges Steak erhalten hatten. Ich wusste nicht, wie es genau im VIP-Bereich dieses Gebäudes vorging, jedoch wurde mir erneut klar, dass Edelrestaurant und Zuschauerriege in einem vereint wurde und dass ich vermutlich wieder in eine Schublade gesteckt wurde.
 

„Ich war mal so frei und habe uns etwas zu essen bestellt“, sagte auch schon Ryo, als ich die Augen zu Schlitzen formte. Ich visierte meinen Blick hilfesuchend zu Neji, jedoch nahm er sich unbekümmert einen Bissen und sah stumm zum Kampf.

 „Neji? Darf ich kurz mit Dir sprechen?“, fragte ich ihn.
 

Er sah mich stumm an, nickte jedoch und entschuldigte sich bei Ryo. Dann standen wir gemeinsam auf und verließen die Riege, damit wir ungestört reden konnten.

 „Neji! Ich kann das nicht!“, sagte ich offen hinaus. Ihm schienen kurz alle Geschichtszüge zu entgleiten, jedoch kam es mir für wenige Sekunden so vor, als er sich wieder gefangen hatte.

 „Wieso denkst du das?“, fragte er schließlich.

  „Ich weiß nicht ob ich die Richtige dafür bin. Andere können das bestimmt besser“, versuchte ich mich von meinen Problem rauszureden, bekam aber zugleich einen Kloß im Hals, da ich das mit meiner Operation abschminken konnte.
 

„Ich glaube aber, dass Du die Richtige dafür bist!“, argumentierte er. Mir entglitten alle Gesichtszüge. Ich dachte er wollte keine Puppe, die sich alles gefallen ließ, aber mir wurde klar, dass er genau das suchte. Eine dumme Marionette, die alles mit sich machen ließ. Diese Erkenntnis traf mich hart. Vor allem, weil ich bei dem Deal gedacht hatte, dass er wirklich nach jemand besonderem suchte.

 „Dann bist du mit dieser Ansicht alleine. Leb wohl!“, sagte ich entschlossen und versuchte die Treppe so elegant wie möglich hinabzuschreiten, jedoch wurde ich von Neji aufgehalten.
 

 „Was kann ich machen, damit Du hier bleibst?“, fragte er besorgt. Diese Sorge ließ mich beinahe weich werden. Um dies jedoch zu unterdrücken, entschied ich mich dazu wütend zu werden.

„Vielleicht könntest Du Eier in der Hosen haben und mich gegen diese Mistkerle verteidigen oder mir nicht dauernd befehlen, was ich zu tun oder zu lassen habe. Du denkst, du brauchst keine Puppe, aber du benötigst genau das, die so dumm ist und diese Form von Sexismus nicht bemerkt. Und mich brauchst du nicht. Und jetzt lass mich los! Ich gehe!"
 

Ich robbte mich von ihm los, was er zuließ. Scheinbar war er gerade sprachlos. Das nutzte ich aus um Distanz zwischen ihn und mir zu schaffen. Ich stürmte aus den VIP-Bereich an die frische Luft, wo ich schon von Fotografen befallen wurde.

 „Wie stehen Sie zu Neji Hyuuga?“

  „Sind Sie zusammen?“

 „Wie lange sind sie schon zusammen?“
 

So hilflos wie ich war, drängte ich mich durch die Menge, jedoch geschah es mir eher schlecht als recht. Ich bekam keine Luft mehr. Panisch suchte ich nach einem Anker. Etwas woran ich mich halten konnte. Jedoch wurde daraus nichts, weil es mir von einer Sekunde auf die nächste schwarz vor Augen wurde.

Spechen ist einfach, Schweigen nicht


 

10. Sprechen ist einfach, Schweigen nicht

 

Im Schneidersitz saß ich auf meinem Bett. Shikamaru lag neben mir. Er hatte die Arme hinter seinen Kopf verschränkt und schlief. Zumindest sah es für mich so aus, denn er hatte die Augen geschlossen. Vielleicht tat er auch nur wieder so, um sich vor der nächsten Heiratskandidatin zu verstecken.

 

Ich konnte ja verstehen, dass er keine Lust hatte eine Fremde zu heiraten, vor allem wenn seine Erzählungen, was diese Geschöpfe angingen, stimmten. Jedoch hatte ich dann immer vor Augen, was die Folgen meiner Entschlossenheit waren. Oft hatte ich deshalb überlegt, ob ich ihn nicht warnen sollte, ob ich ihm sagen sollte, dass er zuerst an sein Volk denken musste. Allerdings befürchtete ich, dass er dann entdecken würde, wer ich war.

 

Zwar war die Familie Nara sehr zuvorkommend und ich war ihnen dankbar, dass sie mich gerettet hatten, trotzdem wollte ich ihnen nicht mein Vertrauen schenken, zumindest nicht so schnell. Ich hatte bei Akira ja gesehen, wohin das führen konnte, schließlich hatte auch er mich herzlich in seinem Heim und seinem Bett aufgenommen, bis ich ihm nicht mehr gefiel. Das würde mir sicher nicht noch einmal passieren.

 

Natürlich war es hier auf dem Schloss ganz anders als anderswo. Ich war mir sicher, dass kein Sklave irgendwo sonst so warm aufgenommen und so herzlich behandelt wurde. Das änderte jedoch nichts daran, was ich war. Eine Prinzessin, zur Sklavin degradiert. Und all das nur wegen einem einzigen Fehler, der mich wohl noch mein ganzes Leben lang verfolgen würde.

 

Abrupt wurde ich aus meinen Gedanken gerissen, als die Tür zu meinem Schlafgemach aufgerissen wurde. Unvermittelt stand Ino in der Tür und fixierte Shikamaru mit ihren blauen Augen. Shikamaru stellte sich weiterhin schlafend. Dass er es nicht wirklich tat hatte ich daran erkannt, dass er beim Knallen der Tür für eine Millisekunde geblinzelt hatte. Kurz genug, damit Ino es nicht bemerkt, doch lang genug für mich.

 

„Hier versteckst du dich also“, wetterte sie gleich drauf los, wie sie es immer tat, wenn sie ihn im Auftrag seiner Mutter suchte. Anfangs war es mir seltsam vorgekommen, doch mittlerweile hatte ich mich ein wenig daran gewöhnt, dass hier alle nicht ganz so förmlich wie es sich normalerweise für Sklaven und Besitzer ziemte. Es passte zu der lockeren Atmosphäre, die hier herrschte und offenbarte ein Gefühl von Zuflucht und Heimat. Ein Gefühl, das ich schon seit sehr langem nicht mehr empfunden hatte. Doch es fühlte sich gut an.

 

„Vielleicht sollte ich dich demnächst gleich hier bei Arcano suchen …“, murmelte Ino mehr zu sich selbst als zu uns, wobei sie langsam und leise auf das Bett zukam. Arcano war der Name, den sie mit gegeben hatten, weil ich, obwohl ich nun schon seit über zwei Monaten hier war, kein Wort gesprochen hatte. Aus diesem Grund wunderte es mich auch ein wenig, dass Ino mit ihrer Aussage völlig richtig lag. Eigentlich war Shikamaru fast die ganze Zeit hier bei mir, obwohl sein Gemach wesentlich größer war, ganz zu schweigen davon, dass er sicherlich auch wesentlich interessantere Gesellschaft als mich haben konnte.

 

„Würdest du nun also die Güte besitzen und aufhören so zu tun als würdest du schlafen, damit du deine neue Heiratskandidatin in Empfang nehmen kannst?! Diese wartet bereits im großen Empfangssaal mit deiner Mutter“, fuhr Ino fort und sah von Oben auf Shikamaru herab. Der aber setzte sein Spielchen fort und rührte sich nicht. Was für ein Idiot!

 

Selbst ich hatte in den letzten Wochen bemerkt, dass das nichts brachte. Ino würde sich davon sicher nicht aufhalten lassen. Selbst wenn er schlafen würde, brächte ihm das nichts. In diesem Punkt war Ino absolut herzlos. So auch dieses Mal. Ohne mit der Wimper zu zucken, zog sie ihren Prinzen am Arm aus seinen Bett heraus, sodass er mit einem lauten Knall und einem tiefen Aufseufzen auf dem Boden landete.

 

Ich hatte dieses Szenario schon ein paar Mal gesehen, doch kam ich noch immer nicht darüber hinweg. Ich verstand ja in gewisser Weise, dass die Naras die Menschen in ihrem Königreich, egal ob Sklave oder Untertan, so sehr schätzten, dass sie einen Großteil der Förmlichkeiten beiseiteließen. Dass es Ino und wenigen anderen erlaubt war so mit ihrem Prinzessen umzugehen wollte einfach nicht in meinen Kopf, schließlich würde sie in anderen Ländern dafür hingerichtet werden oder zumindest für immer im Kerker verweilen müssen.

 

„Ich komme ja schon …“, murrte Shikamaru wenig begeistert, erhob sich aber trotzdem vom Boden. Ob es daran lag, weil er nicht wollte, dass ihm Ino weiter auf die Nerven ging oder weil er erkannte, dass er endlich seiner Pflicht nachgehen musste, wusste ich nicht so recht. Allerdings vermutete ich, dass es ersteres war, zumindest würde ich darauf schließen nachdem, was ich bis jetzt erlebt hatte. Auf mich wirkte er so immer nicht wie der zukünftige König eines riesigen Königreichs, obwohl er dazu sicherlich die Weisheit und Intelligenz besaß. Wenn er diese nur ein bisschen öfter zeigen würde …

 

„Bis später, Arcano“, verabschiedete sich Shikamaru mit einem sanften Lächeln von mir, bevor er mit Ino mein Zimmer verließ. Gleichzeitig versprach er mir, dass er wiederkommen würde. Ich selbst nickte einfach nur. Es wäre so einfach ein bestätigendes Wort zu sagen, mich irgendwie auszudrücken. Trotzdem tat ich es nicht, zeigte ihnen nicht, dass ich auch das Wort beherrschte. Würde ich etwas sagen, ließen sie mich sicherlich nicht mehr in Ruhe. Sie würden mich nach meinen Namen fragen, fragen woher ich kam und was es mit meinen Verletzungen auf sich hatte. Doch über all das wollte ich nicht sprechen. Ich wollte eigentlich nicht mal darüber nachdenken.

 

Aus diesem Grund genoss ich meistens auch die Zeit mit Shikamaru. Wenn er nicht gerade schlief oder sich entspannte, erzählte er mir von den Leuten, die ihn umgaben und von den Geschehnissen in der Stadt. Nie aber stellte er mir eine Frage zu meiner Person. Im Gegensatz zu den anderen forderte er mich auch nicht zum Reden auf. Ino war da ganz anders. Sie löcherte mich mit Fragen, bis ich die Flucht ergriff. In diesen Momenten fiel es mir immer besonders schwer, nichts zu sagen. Trotzdem blieb ich immer hart und hielt meine Lippen verschlossen.

 

 

Neugierig geworden, ob Shikamaru auch die Wahrheit sprach, wenn er mir von den Mädchen erzählte, die seine Frau werden sollten oder er nicht doch übertrieb, erhob ich mich von meinem Bett und verließ das Zimmer, um den Weg in den großen Saal zu folgen. Anfangs war es mir schwer gefallen, mich hier zu orientieren, denn der Palast war noch größer als mein eigener. Doch Ino war nicht müde geworden, mir die wichtigsten Wege so oft zu zeigen, bis ich sie in meinem Kopf hatte. So kannte ich mich zwar nicht im ganzen Palast aus, doch ich kam wenigstens immer da an, wo ich hin wollte und wenn nicht führte mich eine Wache, die aus meinen Augen ablesen konnte, wo ich hin wollte.

 

Nach wenigen Minuten hatte ich den Empfangssaal erreicht. Dort versteckte ich mich hinter einer großen Säule, sodass sie mich nicht sehen konnten, aber ich sie, zumindest hoffte ich, dass es so war. Ich musste auch nicht lange suchen, bis ich sie in dem großen Saal sah. In der Mitte stand sie da in ihren prächtigen Kleidern. Blonde lange Haare, blaue Augen und die Nase und das Kinn weit nach oben gereckt. Es war ihr deutlich anzusehen, dass sie sich für etwas Besseres hielt.

 

So betrachtete sie Shikamaru auch mit abschätzendem Blick. Ich wusste nicht, ob Shikamaru es auch sah, aber für mich war auf dem ersten Blick klar, dass sie nichts von Shikamaru wollte abgesehen von seinem Geld. Durch Ino hatte ich erfahren, dass er später einmal ein unglaubliches Vermögen erben und ein riesiges Reich regieren würde. Aus diesem Grund waren viele Könige daran interessiert, ihre Töchter mit ihm zu verheiraten. Ich wusste ja, dass es in unseren Kreisen so üblich war, dass nicht aus Liebe geheiratet wurde, trotzdem machte sich in mir bei diesem Gedanken noch immer Unmut breit, vor allem wenn ich sah, wie dieses Mädchen Shikamaru betrachtete.

 

„Oh man, hier ist es ja ganz schon war. Gibt es hier denn niemanden, der mir ein Glas Wasser bringen kann? Habt ihr hier keine Bediensteten? Ich habe nämlich noch keine gesehen. Wenigstens ein Sklave müsste doch frei sein, um uns zu umsorgen“, plapperte sie ohne Halt. Von meinem Platz aus konnte ich genau sehen, wie Shikamaru innerlich die Augen verdrehte, sodass ich mir das Lachen verkneifen musste. Doch das verging mir schnell wieder, denn das kleine Biest hatte mich bereits entdeckt.

 

„Was für eine Unverschämtheit! Egal ob Bedienstete oder Sklave, wer hat dir erlaubt, uns zu belauschen und dann stehst du auch noch da und tust nichts, obwohl ich klar einen Befehl gegeben habe“, meckerte sie mich an, ohne zu bemerken, wie sich Shikamarus Blick immer mehr verfinsterte. „Tritt vor und verneige dich vor mir, wenn ich mit dir rede!“, befahl sie mir. Widerwillig trat ich aus meinem Versteck heraus und verneigte mich vor ihr, schließlich könnte es sein, dass sie schon bald meine Herrin wurde, auch wenn Shikamarus Blick eher dagegen sprach.

 

„Name und Stand?!“, verlangte sie zu wissen. Da ich aber nicht mal mit Shikamaru sprach, fiel es mir nicht mal ein, ein Wort ihr gegenüber zu äußern, schon gar nicht, wenn sie so mit mir sprach. Ohne Respekt. So würde sie Shikamaru niemals für sich gewinnen, denn der suchte eine Frau, die dieselben Werte teilte wie er selbst. Doch das würde in einer Welt wie der unseren sehr schwer sein, denn hier bestanden alle auf ihre Position und der Tatsache, dass sie etwas Besseres waren. So auch diese hier.

 

„Hallo! Ich rede mit dir! Hat man dir nicht beigebracht, auf das zu hören, was man dir sagt oder bist du einfach nur so dumm?!“, fuhr sie mich weiter an. Das war der Moment, in dem es Shikamaru endgültig reichte.

  „Ich denke, es ist besser, wenn Ihr nun gehen würdet“, sagte er mit ruhiger Stimme und wand sich von ihr ab und mir zu.

  „Aber was ist mit der Verbindung unserer beiden Königreich?“, fragte die Blondine aufgebracht. Shikamaru drehte sich mit kaltem Blick ihr zu und sagte: „Daraus wird nichts“, bevor er mich bei meinem Arm packte und mit mir zusammen den Saal verließ.

 

Ohne zu stoppen führte er mich durch den großen Palast, so dass ich schnell die Orientierung verlor. Er stoppte erst, als eine kleine versteckte Tür vor uns aufragte. Diese öffnete er und führte mich hindurch. Vor uns erstreckte sich der tiefe dunkle Wald, welcher hinter dem Palast wuchs. Doch auch jetzt stoppte Shikamaru nicht. Er zog mich weiter, immer tiefer in den Wald hinein. Gerne hätte ich etwas gesagt, hätte ihn gefragt, was das sollte und was er vorhatte. Jedoch hatte ich Angst, dass dies den Moment zerstörte. Ganz zu schweigen von meinem Schweigen.

 

Auf einer großen Lichtung, die ich so tief im Wald gar nicht vermutet hatte, blieb er schließlich stehen. Erst da gab er auch wieder meinen Arm frei.

  „Das hier ist mein Lieblingsort“, erklärte er mir wie selbstverständlich und legte sich auf die freie Wiese. Ich setzte mich neben ihn.

  „Hier versteckst du dich also vor Ino, wenn du nicht bei mir bist“, lachte ich wie selbstverständlich. Doch verstummte ich augenblicklich wieder.

 

Shikamaru setzte sich abrupt wieder auf und sah mich aus überraschten Augen an. Ich erwiderte seinen Blick ebenso überrascht. Wie war es so weit gekommen, dass ich so leichtfertig meinen Mund geöffnet hatte. Über die Wochen hinweg hatte ich es geschafft, nichts zu sagen, egal wie groß der Drang auch war und jetzt rutschte mir dieser Satz einfach so heraus. Ich konnte es nicht fassen. All die Mühen der vergangen Wochen waren jetzt vorbei. Ich würde keine Ruhe mehr haben. Sie würden mich ausquetschen, bis sie wussten, was sie wissen wollten.

 

Doch ich irrte mich. Shikamaru lächelte mich sanft an, während er sagt: „Ich wusste immer, dass du irgendwann sprechen wirst, wenn wir dir nur genug Zeit lassen. Ich aber schweig weiter. Es würde mir nicht noch einmal passieren, dass mir ein Wort rausrutschte. Auch wenn es so viel einfacher wäre. Shikamaru schien meine Gedanken zu lesen.

  „Du brauchst keine Angst zu haben, Arcano. Wir alle verstehen, dass du eine schreckliche Vergangenheit hattest und dass du nicht darüber sprechen möchtest. Aber du kannst dir sicher sein, dass du niemals auf eine Frage antworten musst, wenn du es nicht willst“, erklärte Shikamaru, wobei er mir tief in die Augen sah.

 

Erneut ließ ich mich dazu hinreißen, mein Schweigen zu brechen.

  „Versprochen?“, hakte ich unsicher nach. Shikamaru nickte.

  „Du hast das Versprechen eines zukünftigen Königs“, erwiderte er.

  „Dafür musst du erst mal eine Frau finden“, feixte ich. Shikamaru stöhnte und ließ sich zurück ins Gras fallen. Innerlich seufzte ich auf. Na toll, nun hatte ich endlich mein Schweigen gebrochen und das erste, was ich mit meinen Worten anrichtete, war die Stimmung zum Kippen zu bringen … Vielleicht sollte ich doch lieber weiter schweigen.

 

„Wenn es nur so einfach wäre, die richtige zu finden …“, seufzte Shikamaru. „Du hast ja gesehen, wie die Prinzessinnen so sind. Und wenn sie sich so aufführen, wenn sie nur zu Besuch sind, wie soll es dann werden, wenn sie erst Königin sind. So etwas kann ich doch unmöglich auf mein Volk hetzen, oder meinst du nicht?!“ Ich schwieg. Wie oft hatte ich in den letzten Wochen schon darüber nachgedacht? Nun da der Moment da war, gelang es mir nicht, etwas zu sagen. Wie sollte ich ihn auch warnen, ohne mein Geheimnis preiszugeben? Mir fiel absolut keine Lösung ein. Dabei wollte ich dem Mann, dessen Mutter ich es zu verdanken hatte überhaupt noch zu leben, so gerne behilflich sein.

 

„Bitte Arcano, sag mir, was du davon denkst, damit ich mir sicher sein kann, dass ich wirklich auf dem richtigen Weg bin. Du bist die einzige, die ich das fragen kann“, flehte er fast schon. Ich schloss meine Augen und seufzte.

  „Hast du keine Angst, dass es Konsequenzen haben könnte, wenn du all diese Mädchen und ihre Väter abweist?“, fragte ich schließlich. Shikamaru sah mich nachdenklich an.

  „Du spielst auf das Unglück an, was im Reich der Sabakuno passiert ist, nicht wahr?!“, stellte er fest. „Kommst du daher?“

 

Schockiert sah ich ihn an und drehte meinen Kopf sofort wieder weg. Ich hatte doch gewusst, dass er alleine aus meinen Worten herauslesen konnte, wer ich wirklich war, wenn er auch nicht vollkommen wusste, wer ich eigentlich war. Wenn ich ihn anlügen könnte, hätte ich jetzt gesagt, dass ich nur davon gehört hatte, doch ich konnte es nicht, jetzt so oder so nicht mehr, denn meine Reaktion war eindeutig.

 

Shikamaru aber nickte nur verstehend. Vermutlich hatte er viel von den Grausamkeiten gehört, die meinem Land wiederfahren waren und reimte sich nun zusammen, was mir passiert sein könnte. Wahrscheinlich würde er mich auch gleich danach fragen, wie ich das Unglück erlebt hatte … Doch das würde ich ihm sicher nicht sagen, schließlich wünschte ich mir, es endlich vergessen zu können.

 

Doch erneut irrte ich mich.

  „Es muss schrecklich gewesen sein …“, erhob Shikamaru seine Stimme leise und rau. „Ich war mit einem der Prinzen befreundet. Also wir von dem Angriff gehört hatten, war ich sofort mit ein paar Männer aufgebrochen, doch wir waren bereits zu spät. Alle Überlebenden waren fortgeschafft worden und die Stadt angezündet. Es war ein grausames Bild. Vor allem wenn man bedenkt, dass das nur passiert war, weil die Prinzessin keinen fremden Mann heiraten wollte …“

 

Überrascht sah ich ihn an. Ich hatte nicht gewusst, dass einer meiner Brüder so engen Kontakt zu ihm gehabt hatte, auch wenn es zu ihnen passen würde, für gute verbündete zu sorgen. Sicherlich hatte mein Vater sie damit beauftragt. Geholfen hatte es ihm am Ende trotzdem nicht …

 

„Welchen der beiden Prinzen hattest du gekannt“, fragte ich leise. Bei dem Gedanken an meine Brüder fiel es mir schwer, nicht gleich in Tränen auszubrechen. Natürlich hatte ihr Tod mich die ganze Zeit über begleitet, doch erst darüber zu sprechen, ließ es wieder Wirklichkeit werden und brachte so all die vergessenen Gefühle und Erinnerungen zu mir zurück.

 

„Den jüngeren, Gaara. Er kam öfters hierher, um Geschäfte stellvertretend für seinen Vater zu führen. Dabei hatte er mir dann oft von seiner großen Schwester erzählt, wobei es meist eher nach Beschwerden klang. Trotzdem konnte man deutlich heraushören wie gerne er sie hatte und wie leid sie ihm tat, weil sie eine Gefangene in ihrem eigenen Palast war“, erklärte er mir. „Dass du von ihrer Existenz und dem Grund für den Angriff gewusst hast, sagt mir, dass du nah an der Königsfamilie dran warst“, schlussfolgerte Shikamaru, wobei er mich prüfend ansah.

 

Wieder schwieg ich nur und wunderte mich darüber, wie leicht es ihm fiel, mich zu durchschauen und den Sinn hinter meinen Worten zu erkennen. Vielleicht wäre es doch besser, wenn ich weiter schwieg und nichts mehr sagte. Allerdings wusste ich, dass ich das nicht mehr länger aushalten würde. In dieser kurzen Zeit mit Shikamaru hatte ich bemerkt, wie sehr es mir gefehlt hatte mit jemanden zu sprechen und das obwohl unser Thema keineswegs angenehm war.

 

„Du scheinst wirklich nicht gerne über deine Vergangenheit reden zu wollen …“, stellte er schließlich seufzend fest. Ich nickte und wusste sogleich, dass er meinen Wunsch akzeptieren würde.

  „Sagst du mir wenigstens, wie du heißt, damit ich dich nicht mehr Arcano nennen muss?“, fragte er mit bedacht. Doch ich schüttelte den Kopf.

  „Ich würde meine Vergangenheit gerne vergessen. Darum ist Arcano ein schöner Name, den ich gerne weiter tragen möchte“, erwiderte ich. Shikamaru nickte einfach nur und legte sich wieder zurück.

 

 

Lange saßen wir so da und unterhielten uns, unterhielten uns über alles Mögliche, nur nicht über meine Vergangenheit. Es war schön, endlich mal wieder ein intelligentes und angeregtes Gespräch zu führen. Erst dabei fiel mir auf, wie sehr mir das gefehlt hatte, wie sehr mir gefehlt hatte, meine eigene Stimme zu hören. Es war einfach nur ein befreiendes Gefühl. Als ich jedoch wieder im Palast ankam, setzte ich mein Schweigen fort. Es reichte, wenn es eine Person gab, der es gelang hinter meine Fassade zu blicken, würden es mehrere sein, könnte es dazu kommen, dass sie vielleicht hinter mein Geheimnis kamen …

 

Und so schwieg ich, solange es sein konnte, dass jemand anderes uns belauschte. Erst, wenn mich Shikamaru zu dieser Lichtung, unserer Lichtung führte, erhob ich das Wort und führte das ein oder andere angeregte Gespräch mit ihm. Manchmal aber saßen oder lagen wir einfach nur beieinander und genossen die Zeit, zumindest ich genoss sie und hoffte, dass auch er sie genoss. Täte er es nicht, würde es mich jedoch wundern, denn er verbrachte fast seine gesamte Zeit mit mir.

 

 

Drei Wochen später wandelte ich durch den Palast, auf der Suche nach Shikamaru. Es war Nachmittag und er war noch nicht einmal bei mir gewesen. So hatte ich beschlossen, mich auf die Suche nach ihm zu machen und zu sehen, was ihn heute aufhielt. In einem abgelegenen Bereich des Palasts, der die Schlafräume der Wachen beinhaltete, fand ich ihn schließlich. Doch bevor ich den Schlafräum betreten konnte, den sich Asuma mit ein paar anderen Wachen teilte, begann das Gespräch zwischen den beiden interessant zu werden.

 

„Es wird langsam Zeit, dass du eines der Mädchen zu deiner Frau erwählst“, sagte Asuma mit ruhiger Stimme. Shikamaru seufzte.

  „Ich weiß, aber keine von denen ist diejenige, der ich das Wohl meines Volkes in die Hände legen möchte“, erklärte Shikamaru, wie er es auch immer häufiger zu mir sagte, weil seine Mutter ihn drängte endlich eine Wahl zu treffen, schließlich war er bald schon erwachsen.

  „Es wäre nie so weit gekommen, wenn dieser Bastard nicht angegriffen hätte …“, knurrte er, wobei ich deutlich seine unterdrückte Wut heraushören konnte.

  „Glaubst du wirklich, dass es Gaara gelungen wäre, seinen Vater und seine Schwester umzustimmen und einen Deal mit ihrem Verlobten auszumachen?“, erwiderte Asuma nachdenklich.

 

Erschrocken und überrascht hielt ich den Atem an, als mir so langsam dämmerte, was diese Worte zu bedeuten hatten. Niemals hätte ich gedacht, dass Gaara so etwas geplant hatte. Hätte ich es gewusst, wäre vielleicht alles ganz anders gekommen, dann hätte ich diesen Bastard noch ein wenig hingehalten und alles wäre gut geworden. Wobei … Wenn ich so recht darüber nachdachte, hätte ich damals auch nicht Shikamaru heiraten wollen, einfach weil ich ihn nicht kannte. Ob das jetzt anders war, wusste ich nicht so genau. Ich machte mir darum auch nicht wirklich Gedanken, weil es so oder so nicht dazu kommen würde.

 

„Ja, ich glaube, er hätte es geschafft, aber das spielt jetzt so oder so keine Rolle. Sie sind alle tot und ich muss ein Mädchen zur Frau nehmen, das völlig ungeeignet ist und das ich niemals lieben werde“, seufzte Shikamaru schließlich. In seiner Stimme klang dabei so viel Erschöpfung und Leid mit, dass er mir unglaublich leidtat. Am liebsten hätte ich meinen Posten verlassen und ihn in den Arm genommen, um ihm zu zeigen, dass er nicht alleine war. Doch ich blieb, wo ich war und hörte ihnen weiter zu.

 

  „Shikamaru, du weißt, dass das niemals funktionieren wird. Die anderen Länder betrachten euch jetzt schon argwöhnisch wegen eurem Umgang mit den Sklaven und den Bediensteten, aber wenn du jetzt auch noch etwas mit ihr anfangen würdest, brächtest du all die Leute auf. Ein Prinz und eine Bedienstete ist schon ein Skandal, aber ein Prinz und eine Sklavin?! Das kannst du einfach nicht machen, Shikamaru“, sagte Asuma eindringlich.

 

Ich schluckte. Nur langsam und Stück für Stück drangen seine Worte und deren Bedeutung in mein Innerstes vor. Und mit jedem Bisschen wuchs der Schock in mir. Shikamarus und Asumas Worte, wie auch das Verhalten vom ersteren ließen eigentlich nur eine Interpretation zu. Shikamaru liebte mich!

Revierkämpfe

Es hatte zwei Monate und viele Verluste gefordert, als ich wieder zum Palast zurückgekehrt war. Trotz der negativen Seiten des Krieges, hatte es etwas Positives. Wir hatten gewonnen. Und -

„Hey Sasuke! Die Strategie mit der Rakete den Berg in Trümmern zu reißen und die Gegner darin zu begraben war super gewesen!“ - wir hatten durch mich gewonnen.

 

Ich lächelte nur schwach, als ich weiteres Schulterklopfen verspürte.

„Das gibt sicher eine Beförderung.“

„Du bist Klasse, Sasuke!“

„Vielleicht kannst Du, wenn Du so weiter machst als Berater des Königs arbeiten!“

Das Lob bekam ich von den anderen Kriegern und meinen Leidgenossen.

Ich wusste, was ich getan hatte. Daher brachte dieses Lob mir noch nicht einmal ein Lächeln. Durch meine Hand waren erneut Menschen umgekommen und dieses Gefühl konnte mir keiner nehmen.

 

Ich sah mich unbewusst um, weil ich erwartete, dass die Nervensäge mich schon wieder herzlich empfangen würde. Aber dem war diesmal nicht der Fall.

Irgendwie war es merkwürdig. Na, umso besser. Dann musste ich mich nicht mit ihr herumschlagen.

 

Das redete ich mir zumindest über den Tag ein, als ich auf einmal vom König gerufen wurde. Er hatte wohl auch mitbekommen, dass ich für den Sieg verantwortlich war. Umso besser. So konnte ich schnell meine Stufen nach oben erklimmen und hatte einen großen Einfluss meinen Rächer zu begegnen.

 

Ich trat zum Saal, als ich schon mitbekam, dass der König mich anders ansah als sonst. Es kam mir vor, als ob er mich respektierte. Heute musste wohl mein Glückstag sein.

„Sasuke! Ich habe eine Aufgabe für Dich!“

Ich verbeugte mich, um meine Hochachtung zu präsentieren, als er fortfuhr.

„Sakura. Sie hat sich in den letzten Monat verändert, als sie auf einmal diesen Flegel von König kennengelernt hat. Sie verlässt sogar teilweise nicht mehr das Zimmer um …“

Er würgte reflexartig und ich zog eine Augenbraun in die Höhe. Warum sollte ich ihr junges Liebesglück im Wege stehen? Schließlich war es das doch, was ich mir wünschte. Meine Ruhe vor ihr.

 

„Sasuke, ich bitte Dich. Tue alles, dass meine Sakura wieder die Alte wird. Ich sichere Dir dafür die höchste Position zu. Meine Nachfolge als König.“

Ich riss die Augen auf. Was? Ich sollte Nachfolger werden. Ich dachte Thronerbe wurde immer das Kind des Königs – Moment. Hieß das, dass er mir Sakura versprechen wollte, da er keine männlichen Nachfolger hatte? Oh nein. Da hätte ich die Nervensäge für immer an der Backen. Andererseits konnte ich in der Position den Verbrecher finden, der meine Eltern auf den Gewissen hatte und ihn mein zukünftiges Heer auf den Hals hetzen. Jedoch würde dieser den ganzen Schmerz spüren, was ich dank ihm auch spüren musste. Dafür würde ich sorgen. Ein kleines Lächeln huschte über meine Lippen. Das klang so verlockend.

Und wenn man von dieser nervigen Art absah, war Sakura eine sehr schöne Frau. Eine Frau, die mich noch mächtiger machen konnte, wenn man sie richtig einsetzte. Und aus der Hand fressen tat sie mir sowieso schon. Wieso war mir dieser geniale Einfall nicht eher gekommen?
 

Um den König meine Treue vorzugaukeln, verbeugte ich mich vor ihm und verließ den Thronsaal. Wer auch immer der Typ war, er würde schon sehen, was passierte, wenn man sich mir in den Weg stellte.

 

*~*

 

Ich stand vor der Tür von Sakuras Gemach, als ich ansetzte zu klopfen. Auf einmal kamen mir erneute Zweifel. Wollte ich wirklich von Sakura umgarnt werden? Ich atmete durch. Es musste sein. Das diente einem höheren Zweck.

Also klopfte ich. Es dauerte etwas, da hörte ich, dass etwas raschelte, wusste ich, dass sich jemand hinter der Tür verbarg.
 

Bestimmt hatte Sakura noch geschlafen und zog sich noch etwas an.

Als dann auf einmal doch die Tür aufging, blieb ich starr vor Schock. Es konnte nicht sein. Nein! Niemals! Warum? Warum stand er da?

Ich wusste warum …

 

*~*

 

Ich sah rot.

Blutrot.

Rotes Blut.

 

Überall um mich herum lagen tote Menschen, dessen Lippen schon einen blauen Rand zierten. Es roch nach Verwesung.

Ich hielt die Nase zu und rannte weiter. Ich wollte zu meinem Vater. Zu meiner Mutter. Sie waren mein Schutz. Meine Zuflucht. Mein Alles.

 

Im Saal stockte mir den Atem.

Hier lagen auch alle. Inklusive meinem Vater. Meine Mama stand noch mit großen Augen vor dem Peiniger.

 

„Nein! Nicht Schatz! Du weißt, dass wir es tun mussten. Wir lieben Dich doch!“

Tränen strömten über ihre Augen, als sie Schritt für Schritt den Weg zurücksetzte um Abstand von dem Peiniger zu finden.

Dieser überbrückte die Distanz ohne mit den Wimpern zu zucken.

„Tut mir Leid. Ich muss es tun! Ich tue es, um den Namen unserer Familie wieder reinzuwaschen. Aus dem Grund muss ich König werden. Und aus dem Grund stirbst auch Du, Mama!“

Kälte klang aus der Stimme des Peinigers.
 

Ich konnte von dem Peiniger nur den Rücken sehen, jedoch wusste ich ganz genau, wer es war. Ich stand wie angewurzelt, als der Peiniger den letzten Hieb mit dem Schwert setzte und meine Mama leblos zur Boden fiel.
 

Ich konnte meine Tränen nicht zurückhalten, jedoch war ich auch sauer. Was tat ich nun? Heulend zu Boden sinken oder angreifen. Ich entschied mich für letzteres. Ich rannte ohne jegliche Waffe auf meinen Widersacher zu und schrie wie wild.

„Itachi! Das bekommst Du zurück!“

 

Mein Bruder drehte sich um und besah mich mit einem eiskalten Blick, als er mir auch schon, als ich nah genug war, eine verpasste und mir das Bewusstsein raubte …

 

*~*

 

Ich wollte das nicht wahr haben, jedoch sah ich jetzt den Beweis vor mir. Der Beweis, dass er noch lebte. Dass er es war, der unsere Familie fast vollkommen ausgelöscht hatte. Itachi Uchiha.

„Wolltest Du das Essen bringen?“, frage er frech, sah mich aber noch immer emotionslos an.

 

„Du elender Mistkerl! Was bildest Du dir ein?“, schrie ich erbost und zog meine Klinge, die ich sofort auf Itachi zubewegte. Jedoch hatte er bereits gekonnt die Tür geschlossen.

„Du Feigling! Sei endlich ein Mann und stell dich! Gleich! Sofort!“, schrie ich weiter und achtete nicht drauf, was in meiner Umgebung geschah. Ehrlich gesagt war es mir auch egal. Für mich zählte nur, dass dieser Mistkerl starb. Um jeden Preis. Er hatte alles zerstört. Und wofür? Ich wusste es nicht. Ich wollte es auch nicht wissen. Die letzten zehn Jahre habe ich dafür gelebt, um ihn zu töten. Und heute war es so weit.
 

Ich klopfte und klopfte und schrie weiter wie irre.

Ich war besessen. Vom Gedanken. Gedanken ihn umzubringen. Vom Teufel.
 

Auf einmal ging die Tür noch einmal auf, als ich schon die Klinge zum Schlag ansetzte.

„Sasuke nicht!“, schrie eine Frauenstimme. Sakuras Stimme.

Ich hielt noch gerade rechtzeitig inne, als Sakura mich mit großen Augen ansah. Schrecken lag in ihren Augen. Jedoch war mir auch das egal.

„Lass mich durch! Ich bringe ihn um!“, sagte ich und versuchte Sakura beiseite zu schubsen, als dieses schon Itachi tat und mich nochmals ansah.

 

„Du solltest deine Klinge wegstecken. Du befindest Dich, wenn du Sakura verletzt, auf feindlichem Territorium.“

Eindringlich sah mir Itachi in den Augen.

Zuerst wollte ich zum Reden ansetzen, als ich schon die Wachen vom anderen Gang entlang rennen sah. Die hatten wohl meine Schreie gehört.

Ich beruhigte mich und steckte die Klinge weg, als diese vor mir standen.

 

„Was ist los?“, fragte einer von ihnen und sah in die Runde.

„Wir hatten nur geklärt, wer hier das sagen hat. Und jetzt richtet den Mägden aus, dass Prinzessin Sakura auf ihr Frühstück wartet“, sagte Itachi noch einmal zu den anderen und sah mich eindringlich an. Anschließend lächelte er mich an als ob nichts wäre, schob Sakura mit sich hinein und verschloss die Tür.

Ich musste mich am Riemen reißen, um nicht vollends auszuflippen. Das konnte doch einfach nicht wahr sein. Was bildete sich dieser Mistkerl ein, einfach hier aufzutauchen und sich in Sakuras Gemächern breit zu machen?

Vermutlich tat er es, um sich an sie heran zu schmeißen. Oder sich vor mir in Sicherheit zu wiegen. Oder beides. Jedoch war mir das egal. Früher oder später musste er aus der Reserve raus. Und dann würde ich zuschlagen.

 

*~*

 

Jedoch war alles schwieriger, als ich es mir vorgestellt hatte. Itachi verbrachte ebenso in den nächsten Wochen ausgiebig Zeit mit der Prinzessin. Dabei sah sie ihn mit verliebten Augen an. Solche Augen, mit denen sie mich vorher angesehen hatte.

So viel also zu ihren Liebeleien zu mir und das war ja so typisch für Frauen.

Ich sollte aber froh sein, dass sie mich in Ruhe ließ. Oder?

Nein! Es passte mir nicht, dass Itachi näher an der Macht war als ich. Ich wollte die vom König versprochene Macht haben. Und das hieß auch, dass ich Sakura haben musste. Sie musste sich nur für mich entscheiden.

Es war zwar nervig aber mit dieser Strategie schlug ich zwei Fliegen mit einer Klappe. Ich bekam meine mir wohl verdiente Position als zukünftiger König dieses Reiches und durfte nebenbei noch meine Familie rächen.

 

Als der König mich erneut ausrief, um mit Sakura einen Spaziergang zu unternehmen, sah ich meine Chance zumindest das erstere voranzutreiben.

Jedoch hatte es einen Haken. Ich musste freundlich zu der Prinzessin sein.

Diese strahlte über beide Ohren, als sie mich wiedersah. Diesmal tat ich alles, um meine Unlust nicht der Prinzessin zu zeigen. Sie sollte wissen, dass ich mich für sie interessierte. Um jeden Preis.

Ich lächelte sie daher abwartend an, als sie sich schon wie eine Ranke um meinen Arm schlängelte. Ich ließ es zu, während sie mich schon mit neuen Nichtigkeiten bombardierte.
 

Erst, als wir uns im Wald befanden, lockerte sie ihren Griff.

Als ich zu ihr hinuntersah, sah sie mich erwartungsvoll an. Hatte sie etwas gesagt, worauf ich antworten sollte? Ich hatte zu der Zeit nicht zugehört.

„Eh...“

Schon hörte ich von ihr ein unterdrücktes Kreischen, was ich mit einem innerlichen Augenroller kommentierte.

„Wie stehen Du und der Typ da?“, fragte ich stattdessen direkt und ohne Umwege. Auch wollte ich von der Unannehmlichkeit ausweichen, dass ich ihr nicht zugehört hatte.

Und – das war das Wichtigste – wollte ich bezüglich Itachi alles wissen. Seine Stärken, seine Schwachpunkte. Alles. Ich wollte meinen Feind gut kennen, damit ich ihn niederschmettern konnte.

Sakura aber sah mich überrascht an.

„Naja. Wir sind Freunde und so“, meinte sie zögerlich. Dabei sah sie unsicher zur Seite.

 

Ich bemühte mich emotionslos zu wirken. Freunde also. Wer das glaubte.

„Und mit Freunde meinst Du …“, versuchte ich ihr zu helfen.

Sie sich mich nur musternd an. Dann löste sie sich von meinem Arm, was mich wohl doch verwunderte und verschränkte siegessicher die Arme.

„Du bist also tatsächlich eifersüchtig?“

Ich sah sie mit großen Augen an. Was für eine dumme Pute.

„Was? Nein!“, sagte ich.

„Erwischt!“, schrie sie wie am Spieß. Dann strahlte sie auf einmal auf und jubelte.

Was hatte sie nun schon wieder.

 

Ich seufzte und ließ sie in den Glauben. Da sie albern dabei aussah, wie sie um mich herum sprang, musste ich ein belustigtes Lächeln unterdrücken.

„Also hast du was mit ihm?“, fragte ich noch einmal.

„Sag ich nicht!“, flötete sie.

Okay so würde es nichts werden, sie unauffällig über Itachi auszuhorchen. Aber es ging noch anders. Ich musste eben mit den Waffen kämpfen, die ich zur Verfügung hatte.

 

Daher, während sie noch herumsprang, zog ich sie an den Armen zu eines der Gebüsche neben uns, damit uns Spaziergänger nicht beobachten konnten und berührte mit meinen Lippen die ihren. Sie ging tatsächlich drauf ein und erwiderte es. Ich wusste nicht, wie lange das Geknutsche ging, aber es erfüllte seinen Zweck. Sakura wurde langsam offener und ihre Mauern gegen mich fielen in sich zusammen. Es war also die perfekte Gelegenheit, sie noch etwas anzuheizen. Ich strich mit meiner Zunge über ihren Lippen und sie führte meine stille Aufforderung aus. Ich durchforstete ihren Mundraum und ihre Zunge umkreiste meine. Ein Fechtkampf der Zungen entstand, den keiner von uns gewann.

Denn irgendwann ging uns die Luft aus und ich nutze den Moment, mich von ihr zu lösen, um etwas Abstand zu gewinnen und sie verheißungsvoll anzusehen.

Sie erwiderte den Blick mit ihren grünen Augen. Ich hatte sie.

„Weißt Du Sakura. Deine Annäherungsversuche sind mir nicht entgangen.“

 

Sie strahlte. Ein Lächeln zierte ihre Lippen!

„Wirklich?“

„Ja! Und ich werde es erwidern. Dafür musst Du mir aber erst einen Gefallen tun!“

„Was? Ich tue alles! Wirklich!“, sagte Sakura hektisch.

Ich setzte eine theatralische Pause ein und sah sie eindringlich an.

„Bitte erzähle mir, wenn Du jemand anderes hast. Wenn ihr euch auch nur ein Zimmer teilt. Ich teile mein Besitz ungern, aber da Du einen König heiraten musst, will ich alles von ihm wissen.“

Ich sagte ihr nichts über die Abmachung mit ihrem Vater. Schließlich sollte sie mir ja über Itachi erzählen und gleichzeitig sich als mein Besitz betrachten.

Zwar war ich noch immer nicht richtig begeistert, dafür ausgerechnet eine Affäre mit ihr zu beginnen, aber nur so fraß sie mir vollkommen aus der Hand.

Sie ahnte scheinbar über meine Absichten nichts, weil sie mich mit großen Augen ansah. Dabei nickte sie leicht.

Um sie nochmals zu bestärken mir alles zu erzählen, lächelte ich sie schwach an, als sich wieder unsere Lippen näherten. Sie schmolz dahin.

 

Probleme über Probleme


 

12. Probleme über Probleme

 

Schwerfällig öffnete ich meine Augen, jedoch musste ich sie gleich wieder schließen. Das Licht, das sie traf, schmerzte einfach zu sehr. Ganz zu schweigen davon, dass mein Kopf unglaublich dröhnte. Warum war es überhaupt so hell? Mein Wecker hatte noch nicht geklingelt, das hieß, es konnte noch nicht so spät sein. Oder hatte ich gestern Abend vergessen, meinen Wecker einzuschalten? Nein, das konnte nicht sein! Obwohl … ich konnte mich nicht daran erinnern, ihn angemacht zu haben … Eigentlich konnte ich mich an kaum etwas erinnern, was gestern Abend noch passiert war, nachdem ich mich von Neji verabschiedet hatte.

 

„Fraglich ist, wer dieses Mädchen war, die gestern Abend Neji Hyuuga einfach hat stehen lassen hatte“, drang eine Stimme zu mir durch. „Im Netz ist man sich jedoch darüber einig, dass sie jemand besonderes sein muss, schließlich ist Neji ihr extra hinterher gelaufen und hat den Kampf verlassen. Unter den zahlreichen Fans kursieren mittlerweile auch schon unzählige Wetten darüber, wie lange er sie behalten wird. Ich persönlich gebe ihnen nicht mal eine Woche.“

 

Nun doch neugierig geworden, öffnete ich mühselig meine Augen und hielt sie dieses Mal auch geöffnet, um die Quelle der unfreundlichen Stimme zu ergründen. Mir war mittlerweile klar geworden, dass bei dem Gespräch die Rede von mir sein musste, schließlich fiel mir kaum ein anderes Mädchen ein, von dem dort gesprochen werden konnte. In einer Sache hatte ich mich jedoch geirrt. Es war kein Gespräch sondern eine Nachrichtensendung, die im Fernseher lief. Gerade konnte ich noch ein Foto von mir sehen, wie ich gerade vor Neji davon lief, dann wurde auch schon das nächste Thema präsentiert.

 

„Du hast bei der Presse einen bleibenden Eindruck hinterlassen“, erklang plötzlich neben mir eine Stimme. Erschrocken sah ich mich und erblickte Neji. Er saß auf einem Sessel neben meinem Bett. Den Blick starr auf mich gerichtet. Erst in diesem Moment fiel mir auf, dass ich mich nicht im Anwesen befand. Das hier war nicht das Zimmer, das ich mir mit meinen Freundinnen teilte. Das hier war auch nicht mein Futon, auf dem ich immer schlief, sondern ein großes weiches Bett. Was mich jedoch am meisten schockierte, war, dass das auch nicht meine Anziehsachen waren …

 

„Wo bin ich hier und was sind das für Sachen?“, fragte ich sogleich und warf ihm einen misstrauischen Blick zu. Neji schmunzelte.

  „Dir scheint es wieder besser zu gehen. Das freut mich“, erwiderte er, ohne auf meine Fragen zu achten. Mein Blick wurde härter und ich verschränkte meine Arme vor meiner Brust.

  „Du hast meine Frage nicht beantwortet“, sagte ich anklagend. Dieses Mal würde ich ihn nicht so einfach davonkommen lassen! Neji seufzte.

  „Du bist bei mir im Hotelzimmer. Ich habe dich hierher gebracht, nachdem du gestern vor den Kameras zusammengebrochen bist“, erklärte er mir, während er sich in seinem Sessel zurücklehnte.

 

Ich behielt ihn weiter in meinen Augen. Dass ich bei ihm war, erklärte, warum ich hier nichts wiedererkannte, stellte sich jedoch auch als Problem heraus. Ich musste schließlich pünktlich bei meinem Herren zur Arbeit erscheinen, sonst bekam ich wohlmöglich, nein ganz bestimmt, große Probleme. Pünktlichkeit war bei Hiashi mit das Wichtigstes, neben Höflichkeit und Perfektion natürlich.

 

„Was war überhaupt passiert?“, riss mich Neji aus meinen Gedanken. Ich aber schüttelte den Kopf.

  „Du hast meine zweite Frage vergessen“, sagte ich. Ich würde ihm erst antworten, wenn all meine Fragen beantwortet waren, zumindest so lange, wie ich ihm noch wiederstehen konnte, denn wie er da so saß, sah er ziemlich süß aus. Wieder schmunzelte Neji.

  „Ich dachte mir, dass es bestimmt unbequem ist, in dem Kleid zu schlafen, darum habe ich meine Assistentin gebeten, dir etwas anderes anzuziehen“, erklärte er mir. Ich nickte nun doch ein wenig beruhigter. Die Möglichkeit, dass er mich nackt gesehen haben könnte, trieb mir die röte ins Gesicht.

 

„Nun zu meiner Frage: Warum bist du gestern Abend zusammen geklappt?“, fragte er, wobei er mich forschend ansah. Es schien so, als würde er jedes Detail mit ihnen aufnehmen. Ich selbst schluckte bei seiner Frage, versuchte dies jedoch mit einem Schulterzucken zu überspielen.

  „Keine Ahnung. Wahrscheinlich die Masse an Reportern. Das war einfach ein bisschen viel, denke ich“, hielt ich mich wage. Ich hatte so eine Ahnung, wovon mein Schwächeanfall gekommen sein könnte, aber das könnte ich Neji niemals sagen. Entweder er würde es bereuen, dass er mir damals den Job angeboten, oder vielmehr aufgedrängt, hatte oder er würde mich mit diesem mitleidigen Blick betrachten. Keines von beiden wollte ich, auch wenn ich den Job für Neji nicht mehr machen wollte.

 

„Du lügst“, stellte Neji ruhig und sachlich fest. Seine Augen hatten mich dabei noch immer im Blick, in diesem aber lag nichts Anklagendes. Er sah mich einfach nur ruhig und gelassen, aber wissend an. In meinen Augen lag nichts als Panik. Schnell aber hatte ich meinen Blick und meine Gefühle wieder unter Kontrolle.

  „Es geht dich eben nichts an“, erwiderte ich. Jetzt noch zu leugnen, dass ich log, wäre sinnlos gewesen. Dafür war es schon viel zu spät. Neji hatte mich eh schon durchschaut. Weiter zu lügen brachte mich da auch nicht weiter.

 

„Wie spät ist es überhaupt?“, lenkte ich deshalb vom Thema ab. Einen Moment lang sah mich Neji noch an, bevor er es dabei beließ und einen Blick auf seine Uhr warf. Dafür war ich ihm unendlich dankbar. Er hätte schließlich auch genauso gut mich weiter löchern können. Doch selbst dann hätte ich ihm keine ehrliche Antwort gegeben. Darauf hätte er warten können, bis er schwarz wurde. Mein Geheimnis verriet ich ihm sicher nicht!

 

„Es ist kurz nach zehn“, sagte Neji, nachdem er einen Blick auf die Uhr geworfen hatte. Erschrocken stand ich auf.

  „Was so spät schon?“, rief ich und drehte mich suchend im Kreis. Doch ich konnte meine Sachen einfach nirgends finden. Wo waren sie nur hin? Ich musste mich doch schnell fertig machen und zum Anwesen zurück. Ich war jetzt schon viereinhalb Stunden zu spät! Der Drache würde mich umbringen und Meister Hiashi noch mit dazu. Wie hatte mir das nur passieren können? Ich war noch nie zu spät gekommen.

 

Mein Blick fiel auf Neji. Das war alles seine Schuld! Warum hatte ich mich auf ihn eingelassen? Ich hatte es gewusst. Es war ein Fehler gewesen. Ich hätte einfach zu Hause bleiben sollen. Ich hatte ja gesehen, dass dieser Job nichts für mich war. Wobei … es war eigentlich schon cool gewesen, den Dom und all diese bekannten Menschen zu sehen, wenn sie nicht so sexistisch gewesen wären …

 

Aber nein, daran wollte ich jetzt nicht denken. Ich musste meine Sachen finden und endlich nach Hause. Ich musste retten, was noch zu retten war, schließlich konnte ich meine Freundinnen nicht alleine lassen. Ich konnte nur hoffen, dass meine Strafe nicht allzu schlimm ausfiel. Doch solange ich mein Heim behalten konnte, würde ich jede erdenkliche Strafe auf mich nehmen.

 

„Wonach suchst du?“, riss mich Nejis Stimme aus meinen Gedanken heraus. Abrupt drehte ich mich zu ihm um.

  „Nach meinen Sachen natürlich!“, erwiderte ich etwas bissiger als beabsichtigt. Dass ich jemals so mit ihm reden könnte, hätte ich nie im Leben gedacht. Aber das hier war auch eine Notsituation.

  „Ich muss schnell wieder zurück zum Anwesen. Am Ende werfen sie mich noch raus“, erklärte ich ihm, immer noch auf der Suche nach meinen Sachen.

 

„Deine Sachen sind im Badezimmer“, erlöste er mich endlich. „Allerdings kann ich schwer glauben, dass jemand freiwillig zu der Arbeit meines Onkels zurück will …“ Überrascht blieb ich stehen und drehte mich zu ihm um.

  „Warum denn nicht? Ich bekomme kostenloses Essen und kann dort schlafen, außerdem sind meine Freundinnen auch da. Warum sollte ich also nicht zurück wollen?“, erwiderte ich verwirrt, setzte jedoch meinen Weg ins Bad weiter fort, um mich umzuziehen.

  „Aber du bekommst kein Geld und wirst sowohl von ihm als auch von seinen Gästen wie Dreck behandelt. Das kann dir doch nicht gefallen“, versuchte er mich zu verstehen.

 

Schnell zog ich mir meine Sachen an und spritzte mir noch ein bisschen Wasser ins Gesicht, um wenigstens ein bisschen frischer auszusehen. Als ich damit fertig war, trat ich wieder aus dem Bad heraus stellte mich ihm entgegen.

  „Pass auf, ich lebe dort schon mein ganzes Leben. Ich kann eigentlich nichts anderes und es gefällt mir wirklich gut. Ich brauche kein Geld, denn ich habe alles, was ich zum Leben brauche. Natürlich nervt es, wenn wir mal wieder von den Gästen unseres Herren unanständig gegrabscht werden, aber irgendwann gewöhnt man sich daran, zumindest ein bisschen. Aber genau darum brauche ich es auch nicht von deinen Geschäftspartnern genauso behandelt zu werden“, erklärte ich ihm, wobei ich ihn keine Sekunde aus den Augen ließ. Neji tat es mir gleich, dabei hatte er einen nachdenklichen Blick aufgesetzt.

 

„Würdest du mich jetzt bitte zurück zum Anwesen bringen oder muss ich mir etwas organisieren, wie ich von hier weg komme“, fragte ich ihn ganz ruhig und sah ihn abwartend an. Neji erwiderte meinen Blick, erhob sich allerdings von seinem Sessel und sagte schlicht: „Ich fahre dich.“

 

Zusammen mit ihm verließ ich das Hotelzimmer und ging die Treppe hinunter, um in die Garage zu kommen, wo Neji das Auto geparkt hatte. Ganz der Gentleman hielt er mir die Tür auf. Ich versuchte mich davon nicht weiter beeindrucken zu lassen. Das fiel mir aber mehr schlecht als recht … Aber mal ehrlich wer machte das auch noch heutzutage? Dass ein Mann einer Frau die Tür aufhielt ist und war ein Klischee. Trotzdem beeindruckte es mich ein wenig.

 

Auf der Fahrt zum Anwesen schwiegen wir die meiste Zeit. Erst, als es nicht mehr so weit war und ich wusste, wo ich war, erhob Neji seine Stimme.

  „Möchtest du es nicht noch einmal versuchen, meine Begleitung zu sein?“, fragte er und warf mir einen kurzen Blick zu. „Ich bin davon überzeugt, dass du die richtige dafür bist.“ Ich schüttelte den Kopf. Auch wenn er sehr zuvorkommend war, würde ich meine Meinung nicht ändern. Dieses eine Mal hatte mir gereicht.

 

„Du brauchst mich nicht. Das, was du brauchst, ist ein kleines Modepüppchen, dass sich alles gefallen lässt und dass sich gerne in diese Kleider stecken lässt. Ich aber bin ganz anders. Diese Klamotten nerven mich, auch wenn sie mal ziemlich schick aussehen, aber ich kann es nicht leiden, wenn ich einfach nur als kleines Anhängsel, als Accessoire gesehen werde. So bin ich einfach nicht“, erklärte ich ihm. Dieses Mal aber schüttelte Neji den Kopf.

  „So jemanden brauche ich auch. Ich brauche niemanden, der zu allem nur ja und amen sagt. Diese Art von Frauen habe ich schon allzu oft getroffen. Sie sind alle nur auf zwei Dinge aus. Sie wollen mit mir ins Bett und sind auf dem Ruhm aus, mit einer berühmten Persönlichkeit ausgegangen zu sein“, erwiderte er.

 

Fast hätte seine Taktik sogar funktioniert. Fast hätte ich es mir noch einmal anders überlegt, aber eben nur fast.

  „Und warum hast du nichts dagegen gesagt, als deine Partner doch so offensichtlich mich als dein kleines Anhängsel behandelt haben?“, konterte ich.

  „Es tut mir leid, es war für etwas ganz neues, dass ich eine Frau dabei habe, die ihren eigenen Willen hat“, verteidigte er sich. „Ich verspreche dir, wenn du es dir anders überlegst, werde ich das ändern. Ich werde dafür sorgen, dass niemand dich mehr als mein kleines Anhängsel ansieht.“

 

Sein Angebot klang wirklich gut. Trotzdem blieb ich hart. Am Ende würde er es doch nicht halten können, am Ende wäre ihm sein Geschäft lieber, sagte ich mir jedes Mal, um nicht doch einzuknicken. Allerdings fiel es mir ziemlich schwer, schließlich war seine Gesellschaft die meiste Zeit ausgesprochen angenehm gewesen, genauso wie das, was ich hatte sehen können.

 

„Bitte versprich mir, dass du noch einmal darüber nachdenken wirst“, bat er mich, als er vor dem Anwesen hielt.

  „Na gut …“, erwiderte ich schwerfällig und schälte mich aus dem Auto. Ich konnte seine Bitte einfach nicht ablehnen. Nicht nachdem er so nett zu mir gewesen war, nachdem ich meinen Zusammenbruch vor den Kameras hatte. Was war auch schon dabei noch einmal alles durchzugehen. Wahrscheinlich würde das so oder so nichts ändern.

 

So schnell ich konnte, lief ich die Schleichwege über das Anwesen, um zu dem Zimmer zu kommen, dass ich mir mit Sayu und Kiara teilte. Als ich dort ankam, war es leer. Natürlich. Es war mittlerweile um elf. Die beiden waren sicherlich dabei zu arbeiten. Hoffentlich hatten sie nicht allzu großen Stress gehabt, weil ich nicht dagewesen bin. Das würde ich mir niemals verzeihen.

 

Ohne von jemanden bemerkt zu werden, schlich ich durch das Anwesen, auf der Suche nach Sayu oder Kiara. Letztendlich war es Kiara, die mich in der Küche entdeckte und auf mich zu gerannt kam.

  „TenTen, da bist du ja!“, sagte sie überglücklich und schloss mich in ihre Arme. „Wo warst du denn? Wir haben die ganze Zeit auf dich gewartet und haben uns schon Sorgen gemacht, dass etwas passiert sein könnte.“ Vorwurfsvoll sah sie mich dabei an. Dieser vorwurfsvolle Blick wandelte sich allerdings schnell einem besorgten, als ich ihr erzählte, was eigentlich passiert war.

 

„Tut mir leid, dass es nicht so gelaufen ist, wie du es dir vorgestellt hast“, sagte sie, nachdem ich zu Ende erzählt hatte. Ich nickte.

  „Habt ihr großen Ärger bekommen, als sie bemerkt haben, dass ich nicht da war?“, hakte ich vorsichtig nach. Kiara sah mich bedauernd an.

  „Der Drache war ziemlich wütend. Ich glaube, das wird noch ziemlich viel Ärger für dich bringen …“, murmelte sie und senkte den Kopf. Der Drache hatte also seine ganze Wut an den beiden ausgelassen …

 

„In. Der. Tat!“, drang da plötzlich eine penetrante und laute Stimme zu uns durch. Erschrocken drehten wir uns um. Da stand er, unser Drache persönlich ein fettes Grinsen im Gesicht.

  „Kiara, mach dich an die Arbeit!“, wies sie meine Freundin scharf an. Kiara nickte schnell, warf mir einen Blick zu und ging dann wieder an die Arbeit, auch wenn ihr anzusehen war, dass sie mich nur sehr ungerne allein ließ.

 

Nachdem sie gegangen war, wand sich der Drache wieder an mich. Das fiese fette Grinsen hatte sie dabei nicht verloren. Es musste ihr eine unglaubliche Freude bereiten, mich so in der Hand zu haben.

  „Dir ist schon klar, dass du über sechs Stunden zu spät zur Arbeit erschienen bist?!“, sagte sie mit eisiger Stimme und verschränkte die Arme vor der Brust. Ich nickte reumütig. Ihr grinsen wurde nur noch größer.

  „Dann ist dir auch sicher klar, dass dem eine schwere Strafe folgen wird“, fuhr sie fort. Wieder nickte ich, wissend, dass sie das gerade wahrscheinlich unglaublich auskostete. Sie könnte mir auch einfach sagen, was meine Strafe war, aber nein, sie musste mich ja vorführen.

  „Ich würde mir ja nur zu gerne eine Strafe überlegen, aber das hat unser großer Herr bereits übernommen. Er erwartet dich in seinem Arbeitszimmer“, offenbarte sie mir hochnäsig.

 

Nun war mir klar, warum sie die ganze so gegrinst hatte. Ihre Strafen waren nichts gegen die unseres Meisters. Aber was hatte ich bei sechs Stunden Verspätung auch anderes erwartet. Ich konnte nur hoffen, dass er nicht gesehen hatte, wo ich gestern Abend war. Wahrscheinlich wäre ihm das überhaupt nicht recht, schließlich hatte ich mal gehört, dass sich Neji nicht wirklich gut mit seinem Onkel verstand.

 

Nichtsdestotrotz machte ich mich auf den Weg zum Büro meines Herren. Mich zu verstecken hätte so oder so keinen Sinn. Es würde alles nur noch verschlimmern. Hiashi Hyuuga war schließlich kein Mann, der lange wartete. Darum beeilte ich mich auch, zu seinem Büro zu kommen und an die Tür zu klopfen. Nachdem er mir den Eintritt gewährte, öffnete ich die Tür und betrat sein Büro.

 

Mein Herr saß an seinem Schreibtisch. Ein paar Dokumente in der Hand. Ich ging weiter in den Raum rein und blieb schließlich vor seinem Schreibtisch stehen. Es dauerte einen Moment, bis er seine Dokumente an die Seite legte und den Blick auf mich richtete. In seinem Blick lag nichts als eiserne Härte. Ich hatte allerdings auch nichts anderes erwartet.

 

„Schön, dass Sie auch mal zur Arbeit gekommen sind“, sagte er streng, ohne Mitgefühl zu zeigen. Reumütig senkte ich meinen Kopf.

  „Entschuldigen Sie, aber …“, setzte ich an, wurde aber sofort von meinem Herren unterbrochen.

  „Sie müssen sich keine Ausreden ausdenken. Ich weiß genau, wo Sie gewesen sind, genauso wie der Rest der Welt auch. Ihnen dürfte klar sein, dass ich solch einen Verrat in meinem Haus dulde, vor allem wenn ich übergangen werden“, fuhr er mich scharf an. „Darum dürfte es Sie auch nicht überraschen, dass Sie gefeuert sind. Aber ich bin mir sicher, dass das kein Problem für Sie ist, schließlich haben sie bereits einen neuen Job. Ihre Sachen finden Sie bereits zusammengepackt in Ihrem Zimmer. Ich erwarte, dass Sie in binnen zehn Minuten mein Anwesen verlassen haben!“

 

Nachdem er dies gesagt hatte, nahm er wieder seine Dokumente zur Hand und arbeitete weiter. Ich selbst blieb weiter vor seinem Schreibtisch stehen. Der Schock war mir deutlich ins Gesicht geschrieben. Ich hatte ja damit gerechnet, dass er nicht unbedingt milde gestimmt war, aber dass er mich gleich raus warf? Was sollte ich denn jetzt machen? Das hier war mein zu Hause. Ich war hier aufgewachsen. Ich kannte nichts anderes. Und jetzt sollte ich gehen? Einfach so? Ein dicker Kloß bildete sich in meinem Hals. Ich wusste einfach nicht, was ich machen sollte.

 

„Hab ich mich nicht deutlich genug ausgedrückt?! Ich habe gesagt, Sie sollen verschwinden!“, grollte er plötzlich. Erschrocken zuckte ich zusammen, nickte aber und sah zu, dass ich sein Büro wieder verließ. Gerne hätte ich noch einmal versucht, mit ihm zu reden, aber das hätte sicher keinen Sinn mehr … Was hatte ich auch erwartet? Hiashi Hyuuga ließ sich niemals umstimmen. Er würde nur noch mehr herum schreien. Ich hatte keine Wahl. Ich würde das Anwesen verlassen müssen.

 

Mit hängendem Kopf ging ich zu dem Zimmer, dass ich mir mit Kiara und Sayu geteilt hatte. Wie mein Herr gesagt hatte, fand ich dort eine kleine Tasche, in der ich meine Sachen vermutete. Ich nahm den Koffer in die Hand und sah mich um. Wenn ich das Anwesen schon verlassen musste, wollte ich mich wenigstens von meinen Freundinnen verabschieden, schließlich würde ich sie wahrscheinlich nie wieder sehen.

 

Aber auch daraus wurde nichts. Als ich mich zur Tür drehte, entdeckte ich den Hausdrachen. Noch immer hatte sie dieses fette Grinsen im Gesicht. Natürlich hatte sie gewusst, dass ich gefeuert wurde. Warum hatte sie auch sonst so gutgelaunt ausgesehen.

  „Der gnädige Herr hat mir den Auftrag gegeben, dafür zu sorgen, dass du sofort das Anwesen verlässt“, erklärte sie mir ihre Anwesenheit.

  „Aber ich muss mich doch noch von Kiara und Sayu verabschieden“, widersprach ich. Der Drache schüttelte den Kopf.

  „Der gnädige Herr war unmissverständlich. Du sollst sofort gehen. Die anderen Mitarbeiterinnen werden später über deinen Rauswurf informiert“, erklärte sie und packte mich grob am Arm. An diesem zog sie mich aus dem Zimmer heraus und den Flur entlang direkt zur Haustür.

 

Auf dem Weg dahin hatte ich versucht Kiara oder Sayu zu erspähen, aber keine der beiden war zu sehen. So blieb mir nichts anderes übrig zu als zu gehen, ohne meine Freundinnen noch einmal gesehen zu haben. Dem Drachen war das nur recht. Sie schob mich aus der Tür hinaus und ließ sie hinter mir ins Schloss fallen …

Gerüchteküche

 

13. Gerüchteküche

 

Asumas Worte schallten mir auch noch nach Wochen durch den Kopf. Shikamaru liebte mich. Ein Prinz und eine Sklavin. Das ginge niemals gut. Soweit durfte ich es nicht kommen lassen. Vor allem, weil sie mich aus der Hölle befreit hatten, durfte ich ihn, Shikamaru, niemals in Schwierigkeiten bringen. Ich musste es ignorieren. Seine Gefühle ignorieren. Obwohl mein Herz schneller schlug bei dem Gedanken, dass er mich liebte. Schneller als bei Akira damals. Schneller, als es jemals schlug. Als ich in den Spiegel sah, bemerkte ich, dass mein Gesicht rötlich angelaufen war, als ich erneut meinen Gedanken nachgegeben war. Schnell also schüttelte ich diese aus dem Kopf und stellte die Vase mit den frischen Blumen an ihren rechtmäßigen Platz. Und musste zwangsläufig lächeln. Ich mochte Blumen wirklich sehr. Was wäre, wenn Shikamaru mir welche schenken würde? Welche würde er mir schenken? Bestimmt wären es nur Rosen, weil er mit den anderen nichts anfangen konnte, wenn er ein Mädchen überhaupt welche schenken würde. Mein Lächeln wurde etwas breiter, als ich zufällig in Richtung seines Gemachs blickte und merkte, dass seine Tür offen stand.
 

Stirnrunzelnd, weil es ungewöhnlich war, schritt ich also zur Tür und sah durch den Spalt. Was ich sah war ein Bild, was ich so von Shikamaru nie öffentlich sah. Er fuhr sich angestrengt durch die Haare, vor sich unzählige Blätter auf einem Stapel ordentlich sortiert. Eines der Blätter hielt er an seiner Hand. Eines mit einem gemalten Bild verziert. Das Bild einer Prinzessin. Meine Augen wurden größer. Nahm er etwa doch seine Aufgaben und Pflichten als Prinzen ernst und ich hatte es bisher nicht gesehen? Mein Lächeln verschwand, als er seufzend das Blatt auf den Stapel zurücklegte und die Hände vor seinen Augen schlug. Er war verzweifelt.
 

Ich wusste lange nicht, wo mein Platz war und ich wusste es noch immer nicht. Aber ich wusste, dass ich Shikamaru helfen musste, so wie er mir geholfen hatte. Sei es nur, dass ich für ihn da war. Und ich wusste auch schon wie. Ich schloss leise und stumm die Tür und rannte in mein Zimmer. Dort sammelte ich alles Geld ein, was ich im Laufe der letzten Zeit im Palast verdient hatte und beeilte mich, um zum Markt zu kommen, der in wenigen Stunden schließen würde. Es wäre doch gelacht, wenn ich das nicht bekommen würde, an was ich gerade dachte.
 

*~*

 

Ausgelaugt befand ich mich nach Stunden am Abend im Essenssaal, in dem normalerweise die Königsfamilie dinierte. Heute Abend würde es nur Shikamaru sein, da die Eltern zu einer Verhandlung im Nachbarland verreist waren. Ich bereitete für ihn alles vor. Ich legte das Besteck aus feinstem Silber sortiert und bedachtsam auf den Tisch. Dabei stieg meine Vorfreude ihn mit seinem Lieblingsessen zu überraschen. Er würde sich freuen und seine Sorgen für einen Moment vergessen. Das was ich mir für ihn wünschte.
 

Gedankenverloren platzierte ich den Teller, als eine Stimme mich aufschrecken ließ.

 „Was machst Du da, Arcano?“

Ich drehte mich zu der Besitzerin dieser Stimme, Ino. Dann richtete ich den Blick nach unten und bemühte mich zu schweigen.

 „Ich habe gehört, Du hast die anderen Bediensteten weggeschickt und langsam ahne ich auch warum.“

Mit hochgezogenen Augen bewunderte sie mein Werk.

Makrelen hatte ich vor Shikamarus Teller platziert mit frischem Gemüse und Kartoffeln. Das alles hatte mir mein ganzes Geld gekostet, aber das war es für mich Wert gewesen. Ob es das auch Wert war, dass Ino das mitbekam, wusste ich noch nicht.

Ich bekam auch keine Zeit, etwas zu überlegen, schon redete sie weiter: „Arcano! Ich habe es von Asuma gehört. Bitte stelle Dich ihm nicht im Weg. Ich flehe Dich an!“

Meine Augen vergrößerten sich, als ich in Inos Seelenspiegel sah. Ich sah, dass sei besorgt um Shikamaru war und das zurecht. Ich  dachte daran, den Tisch wieder abzudecken, als ich eine Stimme hörte, die ich unter Tausende wiedererkennen würde.
 

 „Wow, womit habe ich das verdient?“

Ich wandte meinen Blick zu Shikamaru, der den Tisch aus Kinderaugen ansah. Er freute sich aus ganzem Herzen über das Essen und ignorierte dabei Ino. Er nahm sofort Platz und platzierte sein Fisch auf den Teller vor ihm. Anschließend nahm er auch von dem Gemüse und den Kartoffeln und fing an es genüsslich zu vertilgen.

Ino sah ihn überrascht an. Dann warf sie mir einen warnenden Blick zu und verließ den Raum. Ich wollte mich an die Ecke begeben, wo ich als Magd hingehörte, als Shikamaru erneut seine  Stimme erhob.

 „Man das war ein Tag. Von den ganzen Beratungen ist mein Rücken angespannt.“

Ich verstand die stille Aufforderung trat hinter ihm und lag meine Hände auf seine Schultern. Dann begann ich ihn sanft zu massieren.
 

Er spannte sich bei meiner Berührung kurz an, was sich aber schnell wieder legte. Er aß stumm weiter und an den Schultern, die zusammensanken, wusste ich, dass er seine Massage genoss.

 „Ich danke Dir, Arcano“, sagte er nach einer Weile der Ruhe.

Ich sagte nichts und machte weiter.

 „Den ganzen Tag Bilder anzustarren und gleichzeitig einen Plan für die Landwirtschaft für die Bauern morgen zu entwickeln ist echt wahnsinnig anstrengend.“

Ich sagte immer noch nichts, hörte ihm aber zu.

 „Morgen werde ich im Palast jedermann empfangen. Leider habe ich noch keine Frau an meiner Seite, die den Thron neben mir besetzt, aber vielleicht, willst Du dort beiwohnen. Aber wirklich nur, wenn Du willst.“

Er sah nicht von seinem Teller auf. Im Gegenteil. Eine weitere Portion fand den Weg in seinen Mund.
 

„Es geht nicht!“, sagte ich.

Jetzt stockte er mit dem Essen und setzte sich gerade auf. Ehe er fragen konnte, kam ich zuvor.

 „Mir wurde gesagt, dass ich Euch ablenke, eure Majestät!“

 „Das tust Du tatsächlich. Aber auf eine ganz angenehme Art!“, gestand Shikamaru, sah aber eher zur Wand, als hinge dort etwas ganz interessantes.

 „Auf eine Art, die Eure Position gefährdet!“, diskutierte ich.

 „Auf eine Art, die mich glücklich macht!“, konterte er.

Fingen wir jetzt tatsächlich an zu streiten. Zu was brachte der Mann mich die ganzen Zeit nur?

 „Auf eine verbotene Art.“

 

Er legte das Besteck auf den Teller, wischte sich den Mund ab, um danach seine Hand auf meine zu legen, die augenblicklich aufhörten ihn zu massieren.

 „Auf eine schöne Art!“

Mit diesen Worten zog er meine Hand vor seine Lippen und küsste sie sanft. Ich riss meine Augen auf. Das durfte so nicht passieren. Ich musste was unternehmen ehe er –

Ehe ich weiterdenken konnte, war er aufgestanden, drehte sich zu mir um und sah mich eindringlich an. Meine Gedanken waren aus meinem Kopf wie weg gepustet.

„Bitte sei an meiner Seite!“, sagte Shikamaru und sah mich eindringlich an.

 „Was habt Ihr davon?“, fragte ich ihn. Er sah mich eindringlich an und strich sanft mit seinen Daumen über meine Lippen. Damit war mir schon die Antwort klar.

 „Ich werde mich Euch nicht in diesem Sinne untergeben“, sagte ich entschlossen und schlug seine Hand weg.
 

Erst war er von meiner Kurzschlussreaktion irritiert, weil er selbst vermutlich in Gedanken war, als er sich, weil er unsicher wurde, mit seiner Hand an den Nacken fuhr.

 „Ich weiß! Ich glaube auch eher, dass ich es bin, der von Euch beherrscht wird!“

Mein Herz setze aus und es entstand kurz eine unangenehme Stille. Dann fing ich mich wieder und begann, damit ich etwas zu tun hatte, den Tisch abzuräumen.

 „Ihr habt ja sicherlich keinen Hunger mehr?“

Mit einem Stapel Teller und Besteck verbeugte ich mich beim Vorbeigehen kurz und verließ den Raum.

In mir verkrampfte sich alles. Selbst wenn ich was für ihn tun wollte, machte ich alles kaputt. Bewusst darüber ließ ich mich, sobald ich in der Küche war, auf den Stuhl nieder und seufzte schwerfällig. Wie konnte ich nur die ganze Zeit alles kaputtmachen, wenn ich für ihn alles besser machen wollte. Am liebsten würde ich im Erdboden versinken und nie wieder auftauchen. Ohne mich wären doch eh alle besser dran.
 

*~*

 

Der Gedanke beschäftigte mich selbst am nächsten Tag, als der Einlass seiner Bürger stattfand und er auf dem Thron saß. Ich konnte es einfach nicht lassen, doch zu erscheinen, jedoch habe ich eine Ecke gesucht, in der er mich nicht bemerkte. Alle Bürger hörten ihm aufmerksam zu und strahlten ihn an. So eine Sympathie hatte das Volk bei meiner Familie nie preisgegeben.
 

„Eure Hoheit! Wir können Eurem Vater nur für die Spende der zwei Ziegen danken. Die Zucht läuft mit dem Training, die der Palast für uns abhält hervorragend“, begann der erste schon fröhlich zu erzählen.

Zustimmung fand sich durch ein zustimmendes Genuschel.

 „Wir konnten die Ernteerträge um ein vielfaches erhöhen. Mehr als ihr Vater hat berechnen lassen. Die Aufstellung errechnen wir Bauern Euch im Kürze.“

Shikamaru nickte.

 „Aber Eure Majestät! Muss unser Kind wirklich zur Schule. Wir brauchen unseren Sohn vor allem für den Herbst auf dem Feld“, beschwerte sich eine Frau.

 „Es ist Pflicht eines jeden Kindes die Schule zu besuchen. Das ist schon zu meinen Großvaterzeiten so gewesen und so wird es auch bei mir sein. Ihr seht doch, was wir dadurch erreicht haben. Niedrigere Krankheitsraten. Saubere Trinkwasserbereitung. Mehr Ärzte dank Bildung. Unser Reich ist reich von Gerste und Weizen. Der Preis dafür zahlt sich also aus“, erklärte Shikamaru ruhig, um sein Volk ins Gewissen zu reden.

Viele stimmten ihm zu und ich war erstaunt über das Ganze.
 

„Auch Mädchen müssen zur Schule?“, fragte ich nicht bewusst darüber, dass ich vor allen redete.

Shikamarus lockere Haltung spannte sich etwas an und auch das Volk hielt den Atem an, als ich hervor kam und Shikamaru gespannt zuhörte.

 „Klar! Jeder hier im Land bekommt eine Chance, sich zu ermöglichen!“, antwortete er, als er mich registriert hatte. Dabei wirkte er entspannt und locker.

 „Ich schätze nicht, dass eine Frau so viel Bildung benötigt, um mir meine Socken zu nähen, finde ich“, lachte ein Bauer. Einige andere stimmten mit ein.

 „Ich denke einen Knoten für den Heuhaufen Zusammenzubinden bekommen sie auch ohne Bildung hin“, sagte ein andere.

 

Alle lachten, bis sich die Frau von eben erneut einmischte: „Das ist doch die Lösung. Wir lassen die Töchter bei uns zu Hause arbeiten und die Jungs gehen zur Schule. Schließlich habe ich hier im Land noch keine Ärztin gesehen. Sondern eher Mägde.“

Ihr Blick viel auf mich und ich sah bescheiden zu Boden. Was hatte ich nur mit meiner Zunge angerichtet. Durch mich verspotteten sie die Regeln von Shikamarus Vater und er musste sich das alles mit anhören, obwohl er sein Land nichts Verderbliches tat. Im Gegenteil. Jeder hatte, wie ich sah, genug zu essen und zu trinken und es war ihnen doch nicht genug. Sie wollten mehr Wohlstand. Mehr Macht. Mehr von allem, was sie entlastete.  Mir langte es. Ich trat zu Shikamarus Seite und sah die Leute an.
 

„Ihr seid wahnsinnig undankbar für das, was ihr hier im Reich erhaltet. Der König verlangt nur von Euch, dass Eure Kinder die Schule besuchen. Genauso wie ihr es getan habt. Nur deswegen könnt ihr doch Bilanzen aufstellen. Ernten und Haushalt kalkulieren. Wisst was zu tun ist, wenn es mal nicht so viel gibt. Klar, es ist wichtig, seinen Lebensunterhalt zu erhalten. Aber was hätte ich dafür gegeben diese Dinge zu lernen, die in meinem Land nur ein Junge lernen durfte. Mit Sicherheit wäre ich mit gerechter Bildung nicht hier, wo ich jetzt stehe. Und ich schätze ihr wollt für Eure Kinder, egal ob Sohn oder Tochter, auch das Beste.“
 

Alle sahen mich schockiert an, als der erste nach einer Weile die Stimme erhob.

 „Sie hat schon Recht. Meine Tochter hatte neulich beim Ausmessen des Feldes geholfen, was sie neulich in der Schule gelernt hat. Da wusste ich, dass sie irgendwann meine Nachfolge antreten wird. Ich war so stolz auf sie.“

 „Meine Tochter will Lehrerin werden und schreibt anständige Noten. Zwar brauche ich jemanden auf dem Feld, aber ich weiß, dass der Verdienst von ihr später so hoch sein wird, dass ihre Kinder und sie damit versorgt sind.“

 „Naja sich um einen Haushalt mit drei Generationen zu kümmern ist auch kein Zuckerschlecken. Ich wundere mich immer, wie meine Frau das schafft, das zu organisieren und das Geld so zusammenzuhalten. Ich schätze ohne sie würden meine Kinder und ich noch immer Hungern.“

 

Eine Diskussion für die Bildung der Mädchen entfacht und ich atmete erleichtert aus, dass sich die Diskussion zum Guten wendete. Ich sah Shikamaru an, der mich vom Thron her beobachtet hatte und sanft lächelte.

Was er wohl dachte? Eigentlich war mir es egal, denn solange er lächelte, musste ich auch lächeln. Es war verrückt, aber diese Bindung war einfach magisch.
 

*~*

 

Jedoch blieb mein Einsatz nicht unbemerkt. Ino hatte meine Rede mitbekommen und seitdem war ihre Neugier nicht zu bremsen. Immer wieder versuchte sie ein Wort aus mir herauszubekommen und ich schwieg erneut. Es wurde unerträglich Ino in meiner Nähe zu haben, aber Shikamaru zu belästigen, der während der Abwesenheit seiner Eltern König war, wollte ich keinesfalls. Deswegen versuchte ich um Ino einen möglichst weiten Bogen zu machen und zeitgleich meine Arbeit zu erledigen. Hier die Blumengestecke erneuert, dort die Fenster geputzt und so oft es ging, kaufte  ich für die Küche ein, damit ich Inos Fragerei los war. Mir kam es vor, als hätte ich Shikamaru von Ino erlöst und dafür bekam ich nun ihre volle Aufmerksamkeit. Es war nicht auszuhalten.
 

Ihren Gipfel erreichte es, wenn Ino es tatsächlich geschafft hat, mich auf dem Weg zu den Gemächern des Königs abzuwimmeln. Breit lächelte sie mich an und ich wusste was kam.

 „Na komm schon. Du brauchst doch sicherlich jemanden, dem du dich öffnen kannst. Arcano. Ich will doch nur mit Dir befreundet sein. Bitte!“
 

Ich sah in ihren Augen, was der eigentliche Grund war. Klar hatte sie ihre Worte so gemeint, wie sie es sagte. Eine Lügnerin war sie schließlich nicht. Jedoch genauso wollte sie alles über mich wissen, damit sie es dem ganzen Palast erzählen konnte und das wollte ich nicht. Denn das blöde an der Sache war, selbst wenn ich nur ein klitzekleines Detail bekannt geben würde, könnte sie die folgerichtigen Schlüsse ziehen und mich als Prinzessin entlarven, denn sie war keinesfalls blöd. Das konnte und durfte ich nicht zulassen. Schon alleine deswegen, welche Gefahren dieses Königshaus ausgesetzt wäre, würden die Feinde erfahren, dass ich noch am Leben war. Das würde ich Shikamaru und den anderen niemals antun.
 

„Tut mir leid, Ino, aber ich kann es nicht. Es ist besser für uns alle so, wie es jetzt ist!“

 „Aber was kannst Du nicht sagen, dass es so schlimm wäre, dass die Welt davon untergehen würde. Dass Du in Shikamaru verliebt bist?“

 „Was?“, sagte ich einen Tick zu schnell, was Ino ein Grinsen entlockte.

  „Na die Zeichen sind doch klar. Immer wenn ich Shikamaru suche, ist er bei Dir. Und dies Lächeln, was Ihr Euch gegenseitig bei der Versammlung neulich geschenkt habt. Gib es zu! Du hast eine Affäre mit ihm! Dann versteht es sich auch, dass er sich nicht vermählen will!“

 „Nein, das stimmt doch gar nicht!“, sagte ich schnell.
 

„Ich war nicht ohne Grund neulich zu Dir gekommen, Arcano und habe Dir gesagt Du solltest es sein lassen!“

Ino schaute in alle Richtungen, dass uns keiner beobachtete. Danach zog sie mich in das Gemach von Shikamarus Eltern und schloss die Tür hinter sich.

 „Arcano. Das Volk munkelt schon darüber, dass Shikamaru für eine Sklavin den Thron abdanken will. Das darf er nicht. In keinem anderen Königreich werden Frauen so behandelt wie hier und in keinem anderen Land können sich die Leute verwirklichen. Shikamaru und seine Eltern herrschen so, dass es selten einen Aufstand gibt. Und wenn, ist es schnell geklärt, da direkt eine Lösung bereit liegt. Mögliche Feinde, werden schnell zu Verbündete, weil hier im Reich zu leben Wohlstand und Aufstieg bedeutet und sie sich dadurch angelockt fühlen. Was würden die Leute sagen, wenn ausgerechnet der mit der höchsten Macht im Reich auf genau diese Werte keine Rücksicht nimmt und mit jemand Niederes verkehrt?

Ich weiß, du bist sehr viel mehr Wert, als das. Das sind wir alle, aber es ist für ihn und für Dich besser, wenn Ihr Euch beide so verwirklicht, wie ihr es verdient. Du mit einem gütigen Mann, der dich auf Händen trägt. Shikamaru mit einer Prinzessin, mit der er die Werte seiner Eltern fortführen kann. Ihr lebt in verschiedenen Welten!“
 

„In welcher Welt ich leben will, entscheide immer noch ich, Ino!“, hörte ich eine Stimme aus dem Königsbads rufen, als ich und Ino in uns zusammenzuckten und uns in der Richtung umdrehten, wo wir die Herkunft der Stimme vermuteten. Shikamaru stand mit einem Handtuch um die Taille gewickelt am Türrahmen gelehnt und sah Ino emotionslos an.

 „Aber Shikamaru. Ich meine es doch nur gut!“, sagte Ino.

  „Dann meine es woanders gut! Ich dulde Deine Nähe bei mir, weil Du eine hochgeschätzte Freundin von mir bist. Aber du lehnst Dich mit Deiner Zunge zu weit aus dem Fenster!“

 „Aber ich wollte doch nur mit Arcano-“

 

„Was ich und Arcano tuen und wie wir zueinander stehen, geht niemanden außer ihr und mir etwas an und wagst Du oder irgendjemand anderes ihr Fragen zu stellen, sie es von ihrer Herkunft oder die Beziehung zwischen unter uns, wird derjenige meine Wut zu spüren bekommen. Und das kannst Du gerne der Welt weitergeben!“

 „Aber-“

  „Das ist ein Befehl!“, sagte er so bestimmt, dass Ino und ich kaum merklich zusammenzuckten und sprachlos waren. Was war nur los mit ihm?

 „Und jetzt Ino, entschuldige mich und Arcano. Wir werden unsere Willen nachgeben.“

Ino fiel die Kinnlade hinunter und ich bekam große Augen, weil ich wirklich dachte, dass er es ernst meinen würde.
 

Sie nickte nur stumm, wohl merklich, dass sie sich sammeln musste. Dann verließ sie den Raum, während Shikamaru mir näher kam und seine Haltung, wieder lockerte. Mein Herz, was kurz aussetzte, erholte sich wieder von dem Schock, als ich bemerkte, dass Shikamaru wieder der alte war.

 „Und? Hat sie dich sehr genervt?“, fragte er mich und grinste mich schwach an, als wir alleine waren.

 „Es ließ sich aushalten!“, antwortete ich und erwiderte sein Lächeln.

Danach sahen wir uns einfach nur in den Augen und es war, als würden wir stumm das Gespräch weiterführen.
 

Dann blinzelte er und grinste.

 „Vielleicht sollten wir tatsächlich mal, damit die Gerüchte der Leute berechtigt sind!“

Ich lachte, als mir eine Idee aufkam.

 „Vielleicht sollten wir genau das tun!“, grinste ich und auf einmal war er es, der mich verblüfft ansah. Ich ließ mich aber nicht davon abhalten ihn aus den Gemächern seiner Eltern raus und in seine reinzuziehen, welche auf der anderen Ecke des Flurs lagen, und die Türen zu schließen.
 

Er war immer noch schockiert, als ich mich ihm und seinem Gesicht verführerisch näherte.

 „Schließt die Augen“, flüsterte ich.

Zögernd sah er mich an, schloss diese aber schließlich.

Ich ergriff, aber die Chance, um genau das zu machen, was er wieder nicht erwartet hatte.

Ich sprang auf sein Bett, nahm ein Kissen, warf es voller Wucht auf ihn und lachte lauthals, während er erschrocken zusammenzuckte und mich erstaunt ansah.

  „Haha, reingelegt! Du hättest Dich sehen sollen. Hast wohl wirklich gedacht wir würden es ma- ahhh!“, kreischte ich, anstatt den Satz zu beenden, als das Kissen, was ich geworfen hatte, mein Gesicht traf. Danach fing die Kissenschlacht an, während Shikamaru ebenfalls auf sein Bett stieg, wir gemeinsam dort herumsprangen. Dabei entlockte er auch mir oft einen spitzen Schrei, wenn er mich um die Taille packte und aufs Bett schmiss. Dabei lachte ich lautstark, was wohl der Palast anders deuten musste. Das war uns aber in dem Moment allerlei. Endlich waren wir sorgenfrei und vergaßen die Welt um uns beide herum. Das, was Shikamaru benötigt hatte. Und das, was ich ebenso brauchte. Zuletzt hatte ich als Prinzessin so einen enormen Spaß gehabt.
 

Bei einem Manöver, was ich machte, knackste der Pfosten des Bettes etwas und ich musste noch mehr lachen. Shikamaru, dem ja das Bett gehörte, schien es jedoch nichts auszumachen. Auch nicht als auf einmal Federn durch den Raum flogen und ich allmählich so aussah, als hätte ich eine Gans gerupft.

Ich wusste auch nicht, ob diese Kissenschlacht nur Minuten oder gar Stunden gedauert hatte. Ich wusste nicht, wie viele Male wir uns gegenseitig mit den Kissen getroffen hatten. Und ich wusste auch nicht wie oft er mich sanft ins Bett gestoßen hatte. Eins stand aber fest. So viel Spaß hatte ich schon lange nicht mehr gehabt.

 

Erschöpft ließ ich mich in sein Bett fallen und sah zur Decke. Er tat es mir gleich. Wir zwei waren außer Atem, waren benebelt von dem Glück, was unsere Adern durchströmte. Es war ein unbeschreibliches Gefühl neben ihm zu liegen und doch zu vertraut. Ich drehte mich zu ihm rüber, als ich bemerkte, dass er mich auch ansah fühlte ich erneut ein Moment der Verbundenheit. Als ob wir alle Antworten auf unsere Fragen in den Augen unseres Gegenübers ablesen konnten. Alles war in diesem Augenblick so eindeutig klar, wo mein Platz lag. Es war ein Gefühl, was wir beide nicht mehr ignorieren konnten. Mein Herz schlug bis ins Unermessliche, als sich unsere Lippen näherten …

Unrewarding

14. Unrewarding

 

Nach dem Kuss begleitete ich Sakura zurück durch den Wald zum Schloss. Dabei hatte sie sich an meinen Arm gehangen und ihren Kopf an meine Schulter gelehnt. Ich ließ es geschehen, schließlich war es für einen guten Zweck.

  „Und was machst du so den ganzen Tag zusammen mit Itachi?“, fragte ich sie irgendwann. Ich musste schließlich die Zeit nutzen, in der wir alleine waren. Sakura aber zuckte mit den Schultern.

  „So dies und das“, blieb sie wag, was mich innerlich aufkochen ließ. Äußerlich aber blieb ich ganz ruhig. Schon die ganze Zeit gab sie mir solche nichts bringenden Antworten. Wenn das so weiter ging, bekam ich nie raus, was hinter Itachis Plänen stand und ich würde auch niemals König werden und mich rächen können.

 

„Weißt du denn, was er hier will?“, hakte ich weiter nach. Vielleicht kam ich ja so weiter und meinem großen Ziel näher.

  „Hmm …“, machte sie und schien zu überlegen. „Das weiß ich eigentlich gar nicht so genau. Er hat mir nichts dazu erzählt. Ich weiß nur, dass er irgendwelche langweiligen Verhandlungen mit meinem Vater führt und dass er super nett und zuvorkommend ist“, schwärmte sie mir vor. Ich sah sie gespielt böse an, was mir nicht unbedingt schwer fiel und erwiderte: „Ich hoffe doch, dass sich das in Zukunft ändert. Du weißt ja, dass ich nicht gerne teile.“ Sie kicherte entzückt und nickte. Es war schon fast zu einfach, wie leicht ich sie beeinflussen konnte, zumindest dachte ich das zu diesem Zeitpunkt noch.

 

Als wir aber aus dem Wald heraus traten, wurden wir bereits erwartet. Kein geringerer als Itachi stand am Rand und grinste uns entgegen. Am liebsten hätte ich ihn an Ort und Stelle die Kehle durchgeschnitten, aber es waren einfach zu viele Leute anwesend. Es ging einfach nicht, wenn ich nicht sofort eingesperrt werden wollte. Und das passte so gar nicht in meine Pläne.

 

Elegant kam er auf uns beide zu, wobei seine Augen ausschließlich auf Sakura lagen. Die ließ bei seinem Anblick sofort meinen Arm los und stellte sich aufrecht vor ihm hin. Itachi deutete eine Verbeugung an und gab ihr einen Handkuss. Ich bekam das Kotzen. Wie konnte Sakura nur auf sein Getue reinfallen? Ja, ich gab es zu, ich war damals auch auf ihn reingefallen, doch das würde mir nie wieder passieren. Ich hatte ihn durchschaut und das würde ihn auf jeden Fall zu Fall bringen.

 

„Danke Sasuke, dass du im Wald auf unsere kleine Prinzessin aufgepasst hast. Ab hier werde ich nun übernehmen“, richtete er das Wort an mich, ohne mich direkt anzusehen. Ich ballte meine Hände zu Fäusten und kniff die Zähne zusammen, um den Drang zu wiederstehen, ihm eine reinzuhauen, vor allem als Sakura seine einladende Hand annahm und mit ihm zusammen in Richtung Schloss weiter ging. Kurz sah sie sich noch einmal um und winkte mir freudestrahlend zu. So viel zu dem Thema, dass sie sich nicht mehr mit ihm abgeben wollte. Unentschlossen blieb ich zurück …

 

 

Auch die nächsten Tage gelang es mir nicht wirklich, Informationen aus Sakura heraus zu kitzeln. Zwar verbrachte ich jeden Tag ein paar Stunden mit ihr zusammen im Wald, doch jedes Mal wenn ich ihr eine Frage stellte, antwortete sie wage oder gar nicht. Es war einfach nichts aus ihr heraus zu bekommen. Schlimmer war allerdings, dass sie die gesamte restliche Zeit mit Itachi verbrachte und ihm einfach alles erzählte. Es schien so als würde er sie immer mehr für sich gewinnen, was meinen gesamten Plan zunichtemachte. Ich konnte einfach nicht glauben, dass mein Bruder schon wieder meine Pläne und Träume zerstörte, obwohl er doch schon seit Jahren Tod sein sollte.

 

Noch weniger aber verstand ich nicht, warum Sakura mehr auf Itachis Wort vertraute als auf das meine. Wie schaffte er es, ihr Herz in so kurzer Zeit zu erobern, obwohl es doch all die Jahre mir gehört hatte. Und warum gelang es mir nicht, es wieder zurück zu bekommen? Es war doch zum verrückt werden! Früher hatte ich immer zu meinem Bruder aufgesehen. Er war etwas ganz besonderes für mich gewesen, mein Held. Heute aber spürte ich nur Hass und Mordlust, wenn ich ihn sah. Er verkörperte alles schlechte, was mir im Leben je passiert war …

 

„Sasuke“, riss mich einer der Soldaten aus meinen Gedanken. Ich blickte zu ihm auf und deutete ihm, fort zu fahren.

  „Der König will dich sehen. Er scheint nicht besonders glücklich zu sein. Ich würde mich also beeilen“, richtete der Soldat mir aus. Ich nickte einfach und ließ ihn stehen. Es konnte nichts Gutes heißen, wenn der König nach mir schicken ließ, schließlich hatte ich seine Aufgabe noch immer nicht erledigt. Wie hätte ich aber auch damit rechnen können, dass sich Sakura so stur anstellte. Wie hätte ich ahnen können, dass sie gar nicht so naiv war, wie sie sich die ganzen Jahre mir gegenüber immer gegeben hatte. Wobei … Vermutlich war das alles nur Itachis Werk. Er war ein Meister darin andere Menschen zu manipulieren.

 

Ich beeilte mich, zum Thronsaal zu gelangen. Als ich dort vor dem König stand, verbeugte ich mich flüchtig.

  „Ihr habt nach mir schicken lassen?“, fragte ich meinen Herren und sah ihm direkt in die Augen, auch wenn es uns Soldaten nicht unbedingt gestattet war. In meiner Position aber dürfte das kein Problem darstellen.

  „Ja, ich habe Neuigkeiten für dich, Sasuke“, teilte er mir ruhig mit, betrachtete mich aber mit argwöhnischen Augen. Ich wartete darauf, was er weiter zu sagen hatte, auch wenn ich bezweifelte, dass es für mich gute Neuigkeiten waren. Warum sollte er sonst auch solch ein Gesicht ziehen.

 

„Itachi hat heute früh um die Hand meiner Tochter angehalten und nach reiflicher Überlegung werde ich seiner Bitte zustimmen. Ich habe dir langgenug Zeit gegeben, mir ein Ergebnis zu liefern und Itachi scheint mir immer mehr ein guter Mann für meine Tochter zu sein. Er ist guterzogen, hat ein beachtliches Vermögen, ist intelligent und gut zu meiner Tochter. Ganz davon abgesehen, dass er meiner Tochter ebenfalls zu gefallen scheint, wohingegen sie das Gefallen an dir verloren zu haben scheint“, erklärte er mir. Ich konnte es kaum fassen.

  „Aber Majestät …“, versuchte ich ihn umzustimmen, doch der König hob nur seine Hand, um mich gleich wieder zu unterbrechen.

  „Mein Entschluss steht fest!“, sagte er mit fester Stimme. „Sakura wird Itachi heiraten und gleich morgen werde ich es dem Land und den angrenzenden Ländern verkünden.“ Damit schickte er mich weg.

 

Aber ich dachte gar nicht daran, die Sache darauf beruhen zu lassen. Ich würde es nicht zulassen, dass mein Bruder mir schon wieder alles nahm, was ich mir so hart aufgebaut habe. Damals war ich noch zu klein, um mich zu wehren, um ihn aufzuhalten. Heute war das anders. Ich musste lernen, alleine zurecht zu kommen, war in vielen Kriegen und bin zu einem hervorragenden Kämpfer geworden. Ich werde meinem Bruder zeigen, was er mir beigebracht hatte. Ich würde ihm denselben Schmerz zufügen, den er mir zugefügt hatte. Ich wusste auch schon genau, wo ich ihn finden würde.

 

Mit eiligen Schritten lief ich die Gänge ab, direkt auf Sakuras Zimmer zu. Dort versteckten sie sich immer, um ihre geheimen Pläne aus zu hecken. Als ich ihre Gemächer erreichte stürmte ich, ohne ein Wort zu sagen durch die Tür. Wie erwartet fand ich sie beide zusammen auf dem Bett sitzend. Sakura dicht an Itachi gelehnt, Itachi sie sanft anlächelnd. Während Sakura mich überrascht ansah, schien Itachi gewusst zu haben, dass ich komme. Ich aber ließ mich davon nicht beirren. Entschlossen griff ich nach meinem Schwert und streckte es Itachi entgegen.

  „Lass es uns ein für alle Mal beenden, Itachi!“, schrie ich ihm voller Hass entgegen.

Nichts zu verlieren

15. Nichts zu verlieren
 

Noch immer sprachlos stand ich da, bis ich realisieren musste, dass Meister Hiashi mich rausgeworfen hatte. Ohne Gnade und Erbarmen. So wie man es von ihm gewohnt war. Er duldete keine Fehler und ich hatte einen ziemlich großen gemacht. Und noch größer war der Fehler Neji zu vertrauen. Er wusste doch genau, wie sein Onkel war. Warum hatte er mich nicht geweckt? Warum ließ er einfach zu, dass ich rausgeschmissen wurde?
 

Eine kleine Stimme rief mir zu, dass er mich von sich abhängig machen wollte, damit ich tat, was er wollte, doch dieser Gedanke verflog schnell wieder. So etwas würde er niemals tun. Sei es drum. Das brachte mir mein Schlafplatz und meine Existenz auch nicht zurück. Gerne würde ich mich von Sayu und Kiara verabschieden, aber es ging nicht. Ich wusste es. Würde ich es versuchen wollen, würde ich direkt erwischt werden und sie würden sich genauso viel Ärger einhandeln. Das durfte ich einfach nicht zulassen.
 

Eine Träne unterdrückend verließ ich das Anwesen und zupfte gedankenverloren an meinem Sweatshirt, bis ich etwas an dessen Tasche bemerkte. Ich kramte es hervor und traute meine Augen nicht. Ich hielt in meiner Hand ein Bündel mit Geld. So viel Geld, dass ich bestimmt für die kommenden zwei Monate auskommen würde. Aber wer …

War es Neji gewesen? Aber wieso? Ich kam damit nicht klar und musste meine Gedanken ordnen. Bis es mir wie Schuppen von den Augen viel. Das war wohl seine Bezahlung dafür, dass ich seine Begleitung war. Aber ich ließ mich nicht kaufen. Nicht so!
 

Meine Verzweiflung schwappte in Wut über, als ich mich endgültig von Hiashis Anwesen entfernte und zu Neji gegenüber rannte und an die Tür so heftig pochte, sodass sie bebte.

Wer öffnete war Neji höchstpersönlich, der erst über mir rüber blickte und dann zu mir herunter starrte. Dabei waren seine Haare von der Dusche noch tropfnass und er hatte ein Handtuch um seine Hüfte gelegt. Wahrscheinlich war er, während mein Leben wie ich es kannte vorbei war, mal eben duschen. Ich blickte bockig zur Seite, um nicht noch vor ihn zu erröten. Ich war sauer verdammt und das sollte er auch spüren.
 

„Äh... hi?”, brachte er nur raus.

 „Das ‘Hi’ kannst du Dir sparen! Ich brauche Dein dämliches Geld nicht!”, fauchte ich und schmiss ihm das Bündel entgegen.

Danach wollte ich mich wieder zum Gehen wenden, er aber hielt mich am Oberarm fest.

 „Warte doch! Lass uns darüber reden! Ich dachte, wir hätten alles geklärt!”, sagte Neji, der offensichtlich verwirrt war, weil ich noch auf dem Heimweg auf das Angebot eingegangen war.
 

„Geklärt? Wir haben geklärt, dass Du mich nicht wie die anderen behandeln sollst. Ich bin doch keine Hure!”

 „Das sagt doch auch keiner. Wir hatten doch trotz dem Zwischenfall ein Deal gehabt. Und ich habe nur meine Schulden beglichen. Damit kannst du deine Arztkosten für die Behandlung zahlen und ...”

Mir fiel die Kinnlade herunter. Was hatte er da gesagt? Hatte er geschnüffelt?

 „Ey? Hast du mir etwa nachspioniert?”
 

Neji, der eigentlich in Erklärungsnot geraten sollte, blieb ruhig und eiskalt.

 „Die Stylistin hat deine Tabletten per Zufall in deinem Pullover gefunden und da war es mir klar, dass Du deswegen zusammengebrochen bist”, gab er ohne mit den Wimpern zu zucken zu.

Na toll. Und was war dann das ganze Szenario von heute Morgen? Weswegen ich wohl umgefallen sei. Das ich nicht lachte.

 „Weißt Du was? Ich komme ohne Dich klar. Ich kam schon mein ganzes Leben ohne Dich klar und werde es jetzt auch. Du wirst über mich nicht dominieren. Und damit ist der Deal endgültig geplatzt! Leb wohl, Neji! Denn hier wirst Du mich nie wieder sehen!”, hauchte ich enttäuscht.
 

Dann robbte ich an meinem Arm, damit Neji losließ, was er auch tat, weil er doch etwas schockiert zu sein schien. Gut so! Denn er sollte wissen, was er falsch gemacht hatte und dass er mich nun endgültig verloren hatte.

Erhobenen Hauptes verließ ich sein Anwesen, ohne zurückzublicken.
 

Nun hatte ich dumme Pute gar nichts mehr, außer mein Stolz. Aber das war mir in dem Moment egal, solange ich von Neji nicht mehr wie ein Objekt behandelt wurde.

Und außerdem war ich davon überzeugt, dass ich einen Job finden würde. Schließlich war ich fleißig.
 

*~*
 

So dachte ich auf jeden Fall. Aber da hatte ich mich geirrt. Als ich in einem Laden ein paar Stunden später höflichst vertröstet wurde, war mir klar, dass jeder nach Arbeitskräfte suchten, die einen Schulabschluss hatten.

Ich wiederum konnte nur mit Mühe lesen und noch weniger schreiben. Rechnen konnte ich nur vage und auf Erstklässler-Niveau. Für diese mir unbekannte Welt zählte nicht, dass ich harte Arbeiten erledigen konnte, sondern nur Zahlen, die auf einem Stück Papier geschrieben standen. Und damit konnte ich nicht dienen.
 

Ich seufzte, als ich in den Himmel starrte. Ich war frei und unabhängig, jedoch half es mir nichts, denn ich hatte kein Zuhause mehr, geschweige denn eine Identität.

Was tat ich nur?

Gedankenverloren setzte ich mich auf die freie Bank und bemerkte, da ich mich nicht mehr bewegte, wie kalt es war. Ich sah gen Himmel und die Dämmerung lachte mir entgegen. Langsam wurde mir bewusster, dass ich heute nichts erreicht hatte und ärgerte mich innerlich darüber, dass ich Nejis Geld doch nicht genommen hatte, um mir zumindest eine Übernachtung zu suchen. Dummheit tat weh und das im wahrsten Sinne des Wortes.
 

Ich hatte wohl keine Wahl, als auf dieser Bank zu übernachten. Ich lehnte mich zurück und merkte dabei erst, wie erschöpft ich vom Tag war. Es war unglaublich viel passiert, was wohl bei manch anderer zwei Jahre ihres Lebens ausschmücken würde. Ich schloss die Augen und ließ die kalte Brise meine verzottelten Haare weiter aufwirbeln.

Dabei fiel ich in einen kurzen Halbschlaf, wurde aber schnell wieder wach, als mich eine bekannte übermütige Stimme weckte.

 „Wen haben wir denn da? Das ist doch die Putze von Hiashi!”
 

Wehmütig öffnete ich die Augen und hoffte, dass ich mich verhört hatte. Dem war leider nicht so.

Frech grinste mich dieser Kaito an.

 „Wieso verschwindest Du nicht einfach?”, fragte ich erschöpft, als ich kurz zu ihm hinauf sah, um mich dann wieder zurückzulehnen und nochmal die Augen zu schließen.
 

Ich hörte jedoch, dass Kaito keine Anstanden machte, um zu verschwinden.

 „Hey, sollte das jetzt nicht der Punkt sein, wo Du mich wie eine Furie anspringst?”, fragte er provozierend. Ich ließ mich aber nicht provozieren. Dafür war ich zu müde, zu hungrig und zu erschöpft. Da sparte ich mir doch besser die Kraft, um diese Nacht ohne größere Schäden im Freien zu überstehen.
 

Dieser jedoch seufzte.

 „Ey. Kätzchen. So macht es keinen Spaß! Was bedrückt Dich? Hat Neji Dir nicht das geben können, was Du wolltest?”

Ich wusste genau, dass er auf den Report im Fernsehen hinaus wollte.

Weiterhin provokant setzte er sich neben mich. Ich antwortete nicht, weswegen er seine eigenen falschen Schlussfolgerungen daraus zog.
 

„Dachte ich mir. Aber hey, Süße. Du bist doch so scharf. Du könntest doch nur die Straße entlang gehen und schon würde jeder Kerl auf Dich anspringen. Vorausgesetzt mit der richtigen Kleidung!”

Ich blickte ihn aus dem Augenwinkel an und sah, wie er lüstern meinen Körper betrachtete.

 „Tust du nur so oder ist dein Gehirn an deinem Teil da verwachsen”, nun war ich es, die provokant auf sein bestes Stück deutete.
 

Er lachte nur.

 „So kenne ich Dich! Aber wieso solltest du denn sonst bedrückt sein? Hat dich Hiashi-sama rausgeschmissen, weil du zu mir nicht nett warst?”, fragte er weiterhin provokant.

Auch wenn sein Grund nicht richtig war, mit dem anderen hatte er Recht, weswegen ich verlegen zur Seite starrte.

 „Na, da hättest Du wohl etwas netter zu mir sein müssen. Aber ich verzeihe dir. Schließlich ist es scheiße, so ohne Überdachung oder so. Aber ich könnte Dir helfen.”
 

„Ach ja? Und wie willst du es anstellen?”, fragte ich eher erschöpft, obwohl ich meine Stimme eher erbost klingen lassen wollte.

 „Ganz einfach! Du bekommst bei mir das Gästezimmer. Wird wohl kein Problem darstellen. Und eine Putze brauche ich auch. Diese Hausarbeit ist einfach lästig, seit dem meine Mom das nicht mehr macht.”

Ich zog meine Augenbraue nach oben und sah ihn verwundert an.

 „Wo ist der Haken?”
 

Kaito grinste: „Also bitte, Kätzchen. Als ob es bei mir irgendwelche Haken geben würde. Ich tue es, weil ich ein gutes Herz habe.”

Mit Hundeblick sah er mich an, weswegen ich tatsächlich über sein Angebot nachdachte.

 „Wie viel kostet mich das Wohnen?”, fragte ich nach.

 „Dafür, dass du die Drecksarbeit bei mir in der Wohnung machst, bekommst Du das Zimmer geschenkt. Allerdings kannst Du bei mir auch Essen und Duschen. Mir macht das nichts aus.”
 

Ich zweifelte immer noch wegen des Angebots, jedoch konnte ich es auch nicht abschlagen, weil ich anders wieder meinen Stolz siegen lassen würde und auf der Straße bleiben würde.

 „Okay, gehen wir zu Dir!”, sagte ich entschlossen und stand auf.
 

Nun war es Kaito, der mich kurz verwundert ansah, als er mit den Schultern zuckte und aufstand.
 

*~*
 

Den ganzen Weg über schwiegen wir, bis wir in einem der teuersten Viertel der Stadt angekommen waren. Dort gab es nur Appartments zu überzogenen Preise, wie ich gehört hatte und dort sollte Kaito leben? Aber andererseits machte es auch Sinn. Anders könnte er die Trainingskosten meines ehemaligen Meisters nicht begleichen.
 

Er merkte, dass ich etwas staunte, weswegen er ein Grinsen auf seinem Gesicht trug.

 „Na? Da staunst Du, was?”, fragte er, als er schon auf das Ziel zusteuerte. Die Tür eines Hotels, das oben vermutlich Apartments auf Dauer vermietete. Noch einmal staunte ich, als ich den roten Teppich, die Vergoldungen und die Drehtür mit dem Pagen sah.

Kaito schenke dem Pagen keine weitere Beachtung und ging ohne zu zögern rein, während der Page ihn höflichst begrüßte und mich abschätzend ansah.
 

Ich versuchte das zu ignorieren und folgte Kaito, der schon in Richtung Fahrstuhl ging. Ich folgte ihm und versuchte die Blicke der Rezeptionsdame zu ignorieren, die mich vermutlich als neue Trophäe für Kaito betrachtete. Sei es so. Sollten die doch von mir denken, was sie wollten. Ich wusste es besser.

Im Fahrstuhl angekommen, drückte Kaito den obersten Knopf, als sich schon die Tür zum Aufzug verschloss. Ich schwieg weiterhin und sah im Aufzugsspiegel, wie er mich ansah. Es schien so, als würde er mich wie ein Spielzeug ansehen, was ich aber ignorierte. Wenn ich herausfinden sollte, dass er Unsittliches mit mir anstellen wollte, würde er seines Lebens nicht mehr glücklich werden. Das schwor ich mir.
 

Ein piependes Geräusch des Aufzuges vermerkte, dass wir dort angekommen waren, wo er hinwollte und als sich die Tür öffnete erschlugen mich die Eindrücke von Kaitos Wohnung. Sie war groß und ziemlich modern eingerichtet. Die Wände waren Gläsern, sodass man von dort aus direkt eine Aussicht auf die Stadt hatte. Jedoch war die offene Küche mit Induktionsherd und neuester High Tech in einem modernen weiß gehalten. Ich wusste, dass es modern war, da Hiashi sich so eine auch erst vor kurzem hatte einrichten lassen. Daneben befand sich das Wohnzimmer, was einen Teppich aus echtem Fell - das Tier konnte ich nicht deuten - hatte, ein Bildschirm und Surroundboxen, die einem Heimkino entsprachen und ein dunkelgraues breites Sofa, von dem ich nicht wissen wollte, wie oft es für unsittliche Sachen benutzt wurde.
 

Ich musste zugeben. Jede Frau wäre erstaunt über diese Wohnung und würde schwach werden. Ich war auch baff.

 „Willst Du etwas trinken?”, zog Kaito mich aus meinen Gedanken.

 „Ja, bitte!”, sagte ich nach einem kurzen Zögern, weil ich diese Art von Manier von dem Kerl nicht erwartet hatte, als ich mich wieder der Wohnung widmete und bei einem Aquarium stehen blieb. Dabei bewunderte ich das türkisblaue Licht und die vielen bunten Fische darin.
 

Erst danach zog mich Kaito aus den Gedanken und hielt mir ein Glas Cola entgegen.

Ich dankte ihm und trank einen guten Schluck aus dem Glas.

 „Eine tolle Wohnung hast du! Aber mir scheint es nicht so, dass Du eine Putzfrau brauchst”, stellte ich fest und deutete auf die aufgeräumte und geputzte Wohnung.

 „Ich hatte bis vor kurzem auch eine Hausfrau. Diese aber hat sich ein Bandscheibenvorfall geholt. War halt nicht mehr die Jüngste”, antwortete er, als ich nickte und noch einen Schluck aus dem Glas trank.
 

„Ich gehe Dir was zum Umziehen holen. So willst Du sicherlich nicht schlafen”, meinte er nett und blickte mich ungewöhnlich gütig an.

 „Ah, Danke!”, sagte ich nur benommen vom Tag, als er schon die Glastreppen zur zweiten Etage hinauf spazierte.

So nett hatte ich Kaito gar nicht eingeschätzt, zumal er ja meine Freunde Sayu und Kiara begrapscht hatte und sich wie der letzte Arsch benommen hatte. Und eigentlich sah er ja auch ziemlich gut aus. Gut trainiert. Blondes Haar, grüne Augen, in denen man verfallen könnte. Wäre er doch immer so.
 

Ich seufzte nahm einen weiteren Nippen aus dem Glas, um etwas zu tun zu haben und setzte mich hin. Dabei merkte ich wieder, dass die Erschöpfung sich durch meine Knochen zog und ich am liebsten schlafen wollte.

 „So, Kätzchen. Hier habe ich etwas zum Anziehen”, rief er, als er die Treppen herunter gepoltert kam. Irgendwie empfing ich die Nachricht von ihm verzögert, machte mir aber keine Gedanken darum. Eher wunderte ich mich, dass die Stimme auf einmal eine ganz andere war.
 

Wieder kamen mir die Bilder von ihm hoch. Frisch geduscht. Mit tropfnassen Haar. Neji sah heute Morgen schon zum Anbeißen aus. Aber was machte er hier. Verwundert sah ich ihn wie eine Fata Morgana an, als er mich schwach und beinahe verlegen angrinste.

 „Du scheinst wohl etwas benommen. Soll ich dich etwa umziehen?”
 

Ich merkte, dass ich rot anlief und schluckte. Dabei dachte ich über seinen Scherz nach. Das Neji so etwas sagen würde, hätte ich nie gedacht. Vielleicht sollte ich einfach mit einem Scherz kontern.

 „Wenn du mich kriegen kannst gerne!”

Ich wollte aufstehen, als ich schon zum Sofa zurück geschubst wurde.

 „Siehst du es nicht. Ich hab dich schon, Süße!”
 

Ich ignorierte, wie er in dieser Geschwindigkeit auf einmal so nah bei mir war und sein Aftershave mir in die Nase stieg. Der Duft war so unglaublich betörend.

 „Nenn mich nicht Süße!”, erwiderte ich.
 

„Was sonst?”, fragte er herausfordernd und wischte mit seinem Daumen über meine Lippen.

 „Dann …”

Ich verspürte auf einmal ein Kribbeln, das durch meinen Körper schoss.

 „... dann …”, brachte ich nur noch raus, als er schon seine Lippen auf meine legte.

 

War das etwa ein Traum? Wenn ja, war es ein guter Traum. Ein ziemlich guter Traum.

Ich erwiderte den Kuss und ignorierte, wie er mit seiner Hand unter mein Sweatshirt fasste, um meinen nackten Körper zu streicheln. Stattdessen erwiderte ich den Kuss. Dabei nahm ich alles verschwommen war.

Das musste ein Traum sein. Wieso sollte mich Neji denn sonst küssen, wenn es kein Traum wäre? Ich schlang meine Arme um seinen Nacken und vertiefte den Kuss.

Dabei gab ich mich ihm vollkommen hin …

Schicksal


 

16. Schicksal

 

Mein Herz schlug bis ins Unermessliche, als sich unsere Lippen näherten … Ich schloss meine Augen in Erwartung seine rauen Lippen auf meinen zu spüren. Eine kleine Stimme in meinem Kopf sagte mir, dass ich mich von ihm lösen sollte, dass es nicht richtig war, weil wir nicht wussten, ob wir je aufhören konnten, wenn wir erst mal eine Grenze überschritten. Doch eine viel lautere Stimme schrie nur so nach der Begierde. Sie schrie nach meinem innersten Wunsch nahe bei Shikamaru zu sein.

 

„Was zum Teufel soll das?!“, schrie jedoch eine laute Stimme, bevor unsere Lippen sich wirklich treffen konnten. Erschrocken fuhren wir auseinander. Während Shikamaru selbstsicher seiner Mutter entgegenblickte, die uns unterbrochen hatte, sah ich peinlich berührt zur Seite und kletterte aus Shikamarus Bett. So langsam drang auch wieder in mein Bewusstsein, was ich eben noch im Begriff war, zu tun und was für Folgen es hätte haben können, wenn meine Herrin Yoshino uns nicht rechtzeitig aufgehalten hatte. Dabei hatte ich mir fest vorgenommen, es nicht zu tun.

 

„Shikamaru, ich fasse es nicht, was ich dort gerade sehen musste! Ist dir nicht klar, was deine Aufgaben sind?! Für das Königreich ist es wichtig, dass du dir endlich eine Prinzessin aussuchst, die du heiraten kannst. Was soll dein Volk, was sollen die anderen Länder denken, wenn sie erfahren, dass du hier mit einer Sklavin rumhurst. Ich bin schwer enttäuscht von dir. Ich dachte wirklich, du wärst schlauer und wüsstest dich zu beherrschen!“, wetterte Yoshino auch gleich drauf los. Ihr Mann stand schweigend hinter ihr und betrachtete uns anklagend.

 

Ich war mir sicher, dass sich meine Herrin, nachdem sie ihren Sohn zurechtgewiesen hatte, mir meine gerechte Strafe zuteilwerden lassen würde. Ich würde jede dieser Strafen annehmen, schließlich hatte ich Shikamarus Königreich durch mein unüberlegtes Handeln in Gefahr gebracht. Das gehörte bestraft. Mal wieder hatte ich einfach nur Mist gebaut. Wann würde das endlich aufhören? Wann machte ich endlich mal etwas richtig? Musste ich in meinem Leben wirklich immer alles falsch machen?!

 

„Wenn du dich nicht bald entscheidest, Shikamaru, werde ich meine Werte vergessen und dir selbst die richtige Frau aussuchen. Ich habe das bis jetzt nur noch nicht gemacht, weil ich wollte, dass du eine glückliche Ehe führst“, fuhr Yoshino ein wenig beschwichtigend fort. „Ich hoffe, wir verstehen uns!“ Mit diesen Worten wand sie sich mir zu. Ich konnte förmlich spüren wie ihr stechender Blick auf mir lag. Dennoch oder gerade deswegen hielt ich meinen Blick weiter gesenkt. Ich traute mich nicht, meiner Retterin in die Augen zu blicken.

 

„Kommen wir nun zu dir, junge Dame. Ich weiß nicht, wie es bei deinen bisherigen Gebietern war, aber es geht absolut gar nicht, dass du dich an meinen Sohn ranschmeißt. Du bist eine Sklavin, im besten Fall eine Magd, aber noch lange nichts, das in derselben Welt wie mein Sohn lebt. Ich habe dich von der Straße geholt, dir ein Zuhause und Arbeit gegeben und wir haben dich immer besonders gut behandelt. Ich habe zwar von den Gerüchten gehört, mir aber nichts bei gedacht, weil ich dachte, mein Sohn wäre intelligent genug, nicht etwas mir einer Magd anzufangen. Nun da ich es besser weiß, werde ich dich einmal warnen, weil ich gutherzig bin. Kommst du meinem Sohn noch einmal näher oder gehst auf seine Annäherungsversuche ein, wirst du mich so richtig kennenlernen“, fuhr sie mich bitterböse an. „Hast du mich verstanden?!“

 

Ich nickte schnell, um sie nicht noch weiter zu verärgern, gleichzeitig wunderte ich mich jedoch, warum sie mich nicht gleich bestrafte, warum sie mich nicht einfach rauswarf. Warum gab mir diese Frau, die mit ihrem Mann über ein gesamtes Königreich herrschte und auf der unglaubliche Verantwortung lastete, noch eine Chance? Ich wusste, dass mein Vater solch eine Magd sofort rausgeworfen hatte, eine Sklavin dagegen hätte er in den Kerker geworfen oder gar umgebracht. Warum also war sie so gütig und bestrafte mich nicht mal? Wobei sich mein Herz bei dem Gedanken, Shikamaru niemals mehr nahe sein zu können, schmerzte. Ich wusste, wie sehr es ihn wollte. Ich wusste aber auch, welchen Schaden ich damit anrichten würde. Ich hatte es selbst gesehen und doch fiel es mir schwer nicht egoistisch zu sein, nicht meinen sehnlichsten Wünschen nachzugeben.

 

„Gut, du kannst jetzt gehen und dir für den Rest des Tages frei nehmen. Ich rate dir mir heute nicht noch einmal unter die Augen zu treten!“, schloss sie ihre Wuttirade und ging. Ich nickte und verbeugte mich mit einem leisen gemurmelten „Danke“, vor Shikamarus Vater, bevor ich Shikamarus Wohnbereich verließ. So schnell ich konnte, lief ich die Flure entlang direkt auf meine eigenen Gemächer zu. Zwar verstand ich, warum meine Herrin mich von Shikamaru fernhalten wollte, trotzdem konnte ich meine Gefühle nicht so einfach abstellen, denn so langsam wurde mir klar, dass Ino Recht hatte. Ich hatte mich schon wieder in meinen Herren verliebt und dieses Mal noch viel stärker als zuvor.

 

Ich spürte, wie meine Sicht verschleierte und wie sich Tränen in meinen Augen sammelten. Tränen, die Ausdruck meines inneren Schmerzes waren, meiner eigenen Dummheit. Doch noch gelang es mir, sie zurück zu halten. Ich wollte nicht, dass eine der anderen Mägde sah, dass ich weinte und daraus ihre Schlüsse zog. Es ging nicht, dass sie noch mehr Gerüchte verbreiteten, die Shikamaru in Schwierigkeiten brachten. Die hatte er nun zur Genüge und all das war meine Schuld.

 

In meinen Gemächern angekommen, schloss ich sofort die Tür hinter mir und sah mich um. Keine der anderen Frauen, mit denen ich mir dieses Zimmer teilte, war hier. Natürlich sie gingen wahrscheinlich ihrer Arbeit im Schloss nach. Das bot mir jedoch die Gelegenheit mich in mein Bett in der hintersten Ecke zu legen und meinen Tränen, die kaum noch aufzuhalten waren, freien Lauf zu lassen. Ich zog die Decke über meinen Kopf und benetzte mein Kissen mit meinen Tränen. Dabei dachte ich daran, wie sehr ich Shikamaru wirklich liebte und wie dumm ich war, dass ich zugelassen hatte, dass er mir mein Herz stahl.

 

Ich wusste nicht genau, wie lange ich dort einfach lag und weinte. Ich nahm kaum noch etwas um mich herum wahr. Erst, als sich mein Bett senkte und sich eine Hand auf meinen Kopf legte, über den beruhigend gestrichen wurde, trat ich aus meiner Trance. Zunächst dachte ich, es sei Shikamaru, der sich seiner Mutter widersetzte, um mich zu trösten. Als ich aber unter der Bettdecke hervor blickte, um ihm zu sagen, dass er gehen sollte, entdeckte ich Ino, die mich mitfühlend ansah. Ich erwiderte ihren Blick überrascht. Bislang hatte ich Ino immer als eine herzlose Tratschtante angesehen, die sich gerne in andere Angelegenheiten einmischte. Sie nun so zu sehen, veränderte meine Sichte auf sie vollkommen.

 

„Ich will ja nicht sagen, ich habe es dir gleich gesagt, aber du hättest dich nicht auf Shikamaru einlassen sollen“, erhob sie schließlich ihre Stimme. Ich wischte meine Tränen weg und nickte. Auch wenn ich solch besserwisserisches Verhalten nicht mochte, musste ich ihr doch Recht geben. Sie hatte mich oft genug gewarnt. Ich war selbst schuld, dass ich nicht auf sie hatte hören wollen …

 

„Da habt ihr beide ja ganz schön Mist gebaut, Arcano …“, seufzte Ino und fuhr sich theatralisch durch die Haare. „Du hast wirklich glück, dass Yoshino so eine herzliche Herrin ist, wobei ich ja glaube, dass sie das nur gemacht hat, um einen Trumpf gegen Shikamaru zu haben oder weil er gar nicht mehr mitgespielt hätte, wenn du weg wärst. Er kann ganz schön stur sein, wenn er das will und er scheint dich wirklich gern zu haben.“ Ein unwillkürliches Lächeln schlich sich bei dem Gedanken, dass Shikamaru mich auch so mögen könnte, wie ich ihn mochte, auf meine Lippen, schnell aber versuchte ich es zu verbergen. Ino hatte es trotzdem gesehen.

 

„Ich weiß, dass es dir schwer fällt, Arcano, aber das ist kein Spiel! Du solltest Shikamaru in nächster Zeit aus dem Weg gehen. Wenn er dich immer wieder sieht, wird es für keinen von euch leichter. So könnt ihr niemanden aus eurem Stand finden. Wenn du dich aber von ihm fern hältst, wird er sicher verstehen, dass er außerhalb deiner Reichweite ist und dann wird er sich eine andere Frau suchen“, rügte sie mich. „Du willst doch auch, dass Shikamaru seiner Pflicht nachkommt und ein guter König wird, oder?!“ Ich nickte.

  „Gut. Ich verlasse mich auf dich, denn ich denke, Shikamaru ist viel zu dumm, das richtige zu tun, aber du schaffst das sicher“, plapperte Ino weiter drauf los, als wäre nie etwas gewesen. „Ich werde mich wieder an die Arbeit machen. Du kannst ja noch hierbleiben, aber du solltest dein Gesicht waschen, sonst sieht man, dass du geweint hast.“ Mit diesen Worten erhob sie sich von meinem Bett und verließ das Gemach.

 

Auch wenn Inos Worte mir nicht wirklich gefielen, hatte sie Recht. Ich musste Shikamaru aus dem Weg gehen. Ich musste dafür sorgen, dass wir uns nie wieder sahen. Ich konnte nicht schon wieder dafür verantwortlich sein, dass ein Königreich ins Chaos gestürzt wurde. Um das zu gewehrleisten, gab es allerdings nur eine Möglichkeit. Entschlossen stand ich auf und wusch mir mein Gesicht, um die Spuren meiner Tränen zu verschleiern. Danach kehrte ich in mein Schlafgemach zurück. Aus einer Schublade zog ich ein Stuck Pergament und Tinte. Auch wenn ich nie die Schule besucht hatte, hatten meine Brüder mich lesen und schreiben gelehrt, zumindest ein bisschen.

 

Ein trauriges Lächeln huschte bei dem Gedanken über mein Gesicht. Ich fragte mich, ob es nicht vielleicht mein Schicksal war, immer alles zu zerstören. Ich hatte meine Familie und mein Königreich zerstört. Ich hatte die Beziehung zu Akira zerstört. Ich hatte das Leben meines ungeborenen Kindes zerstört. Und ich war kurz davor Shikamaru und sein Königreich zu zerstören. Es musste mein Schicksal sein. Vielleicht war ich ein Unglücksbringer. Egal, was es war. Ich musste dafür sorgen, dass es nie wieder passierte. Trotzdem ließ mein Herz es nicht zu, Shikamaru ohne ein Wort zu verlassen. Damit ich aber weder mein Versprechen meiner Herrin gegenüber noch Ino gegenüber brach, schrieb ich den Brief, in dem ich ihm alles erklärte, zumindest soweit wie ich es konnte, ohne zu viel von mir preiszugeben …

 

 

Nachdem ich den Brief fertiggestellt hatte, packte ich meine wenigen Habseligkeiten zusammen und schlich aus dem Schlafgemach. Auf direktem Weg ging ich zu Shikamarus Gemächern. Es war der perfekte Moment den Brief abzugeben und zu verschwinden. Im Thronsaal empfing die Königsfamilie gerade die Bewohner ihres Landes. Das bedeutete, dass Shikamaru sicher nicht da sein würde und die Wachen sich mehr auf den Thronsaal konzentrierten, während die Bediensteten dinierten. Keiner würde sehen, wie ich ging. Keiner würde mich aufhalten. Keiner würde nach mir suchen, schließlich machte ich so oder so nur Probleme. Shikamaru hatte die Chance sich von mir zu entwöhnen und eine Frau auszusuchen, mit der er regieren konnte. Es war der perfekte Plan.

 

Entschlossen legte ich das Pergament vor Shikamarus Tür, auch wenn mein Herz danach schrie, es nicht zu tun und einfach einmal egoistisch zu sein und zu bleiben. Ich aber hörte nicht auf es. Ich war schon zu oft egoistisch gewesen. Ich hatte schon zu viel zerstört. Da konnte ich nicht auch noch Shikamarus Leben zerstören. Schnell entfernte ich mich wieder von der Tür, damit ich nicht doch noch einen Fehler begann. Durch Schleichwege, die mir alle Shikamaru gezeigt hatte, schlich ich mich durchs Schloss und schließlich an den Wachen vorbei.

 

Ich hatte zwar noch keinen Plan, was ich machen sollte, aber zumindest wusste ich schon mal, wo ich hingehen sollte. Wenn ich sicherstellen wollte, dass ich niemandes Leben mehr zerstörte, musste ich davor sorgen, dass ich keiner Person mehr begegnete. Gleichzeitig aber musste ich für meine begannen Fehler büßen. Der einzige Ort, an dem das ging, war mein altes Heimatland. Dort waren nicht mehr allzu viele Menschen, die ich in Gefahr bringen konnte, wenn ich wirklich ein Unglücksbringer war. Natürlich wäre es für mich nicht einfach dort zu leben. Ich hatte kaum bis gar kein Geld, mit dem ich mir Nahrung kaufen konnte, sodass die Wahrscheinlichkeit groß war, dass ich starb. Es könnte aber auch sein, dass jemand erkannt, wer ich war und was ich angerichtet hatte. Auch in diesem Fall würde ich wohl mein Leben verlieren, wenn sie mich nicht vorher folterten.

 

Sollte ich sterben, würde dies mein Schicksal sein und ich würde es dankend annehmen. In dieser Welt gab es nichts mehr, das mich hielt, denn das einzige, was ich begehrte und was ich liebte, war Shikamaru, den ich aber nicht haben konnte. Wenn ich aber starb, konnte ich vielleicht endlich wieder mit meinen geliebten Brüdern zusammen sein, denen ich vielleicht bereits in meiner alten Heimatstadt näher kommen konnte … In der Zeit vor Akira und auch danach hatte die Vorstellung zu sterben niemals so gut geklungen, wie jetzt. Sterben, um all das wieder zu vergessen, um endlich bei meinen Brüdern zu sein. Ja, sterben klang wahrlich nicht so schlecht …

Sturz

1. Sturz

 

„Lass es uns das ein für alle Mal beenden, Itachi!“, schrie ich ihm voller Hass entgegen.

Dabei zog ich mein Schwert aus meiner Klinge und hielt es ihm an die Kehle.

 „Sasuke, hör mit dem Unsinn auf!”, schrie Sakura erbost, aber ich wollte es nicht hören. So lange tanzte mir dieser Mistkerl auf der Nase herum und dafür musste er sterben.

 

„Ja, hör auf Sakura!”, sagte er nur kalt, was mich dazu trieb das kalte Metall fester an seine Kehle zu drücken.

 „Du bestimmst nicht mehr über mein Leben, Bruder. Ich bin nicht mehr das weinerliche Kind und das wirst du ziemlich bald herausfinden”, schrie ich weiter und machte Anstand auszuholen, als Itachi, wie der Wind eine Klinge von einem der Wachen, die wissen wollten, warum wir so einen Lärm machten, entwendete und so feste gegen meine Klinge schlug, dass Funken sprühten.

 

„Also schnell bist Du nicht, Bruder!”, sagte Itachi kalt, um mich weiter zu provozieren, was mehr als wirkte. Ich fletschte mit den Zähnen.

 „Du elender Dreckskerl!”, antwortete ich ihm und holte erneut zum Schlag aus, aber auch diesmal war ich zu langsam, da er geschickt auswich.

 „Du weißt schon, dass man kein zu schweres Material für seine Schwerter nehmen sollte und besser öfters zustechen sollte!”, gab mir Itachi zu bedenken.

Jetzt in diesem Augenblick wusste ich selbst, dass ich zu langsam war. Aber musste er mir das auch noch vorwerfen?
 

Säuerlich und mit Gebrüll setzte ich zum nächsten Schlag an, den auch Itachi kontern konnte.

 „Was wagst Du dich noch so mit mir zu unterhalten. Du bist nicht mein Bruder und wirst auch nie mein Bruder sein!”, schrie ich mich in Rage und kämpfte weiter.

 „Nur durch bloße Wut, Sasuke, wirst du mir nicht was reichen können”, posaunte er weiter.

Er sollte den Mund halten. Endlich! Für immer!

 

„Hört auf! Alle beide!”, nahm ich nur verschwommen von Sakura wahr, doch auch das hielt mich nicht auf. Stattdessen machte ich eine Kehrtwendung, um den nächsten Schlag anzutäuschen. Itachi machte, genau das, was ich erwartet hatte und setzte zum Kontern an, als ich mich nochmals wendete und mit meinem Schwert die Haut seines linken Oberarmes durchbohrte.
 

Blut sprühte nur so aus der Wunde heraus. Es war rot. Rotes Blut. Das Blut des Mörders.

Itachi schien seine Wunde nicht zu interessieren. Im Gegenteil, er stand noch wie eine eins da und wehrte sich nicht. Warum zu Teufel blieb er da, wo er jetzt stand? Wieso schlug er nicht zu. Wollte er sich über mich lustig machen?

 

Er machte mich einfach sauer.

Ich verlor den Sinn für die Wirklichkeit. Alles um mich herum nahm ich wie aus einem Tunnel war. Selbst Sakura, die verzweifelt schrie und die Wachen, die es vermutlich interessant fanden, ignorierte ich gekonnt. Ich wollte von dem Peiniger meiner Eltern noch mehr Blut sehen.

 

Und schon redete der Verräter wieder: „Das hast du also nach all den Jahren gelernt, als du mich hassen gelernt hast? Dass ich nicht lache. So wirst du niemals König werden!”

Schon holte ich erneut zum Schlag aus. Er konterte mit der Hand, sodass er meine Klinge hielt. Dabei tropfte Blut aus der Klinge empor zum Griff an meine Hand, ehe sich ein Tropfen bildete und er auf dem Boden perlte.
 

Ich verstand nicht, warum er nicht angriff. Hatte er was in den Augen? Ich wollte ihn umbringen. Was verstand er daran nicht?

Na gut. Es sollte mir egal sein. Sollte er da stehen und sich von mir aufspießen lassen. Ich hatte nichts dagegen.

Als ich noch einmal an meinem Schwert ziehen wollte, bemerkte ich, dass er noch immer meine Klinge festhielt und grinste.
 

Ehe ich realisieren konnte, was vorging, zog er so fest an der Klinge, dass ich nach vorne auf die Fresse flog und unabsichtlich den Griff losließ. Er drehte das Schwert in der Luft wie ein Spielzeug und hielt mir beide Klingen entgegen.

 

„Halt!”, schrie Sakura endgültig und stellte sich zwischen uns.

Itachi stoppte mit seiner Handlung und auch ich sah zu Sakura auf.

 „Was willst Du denn?”, polterte ich.

Sakura drehte sich herum und sah mich aus verheulten Augen an.

 „Mit Euch reden, du Idiot!”

 „Es gibt nichts zu bereden. Das hier ist nur eine Familienangelegenheit!”, fauchte ich.

 

„Aber…”

 „Jetzt hör mir zu, Prinzessin. Du hast keine Ahnung, wie es ist, wenn keinen Bruder deine Eltern umbringen, weil du eine verwöhnte Hure bist, die nach Aufmerksamkeit der Männer förmlich bettet. Und du denkst wirklich, dass Dich so jemals einer lieben kann? Das ich nicht lache. Dich wird keiner lieben und jetzt schwirr ab!”

Endlich hatte ich das ausgesprochen, was ich schon seit Jahren mit mir herum trug. Noch nie hatte ich mich so befreit gefühlt, wie nach diesen Worten.
 

Jedoch schien Sakura, was ziemlich berechtigt war, nicht glücklich über meinen Ausbruch zu sein.

Enttäuscht sah sie mich an. Den Tränen nah.

 „Weißt Du was. Immer stellte ich mich wegen Dir quer. Ich habe alles für Dich getan. Wie konnte ich nur so dumm sein, um dich zu lieben.”

 

„Hör auf!”, murrte ich.

 „Nein, ich fange gerade erst an. Du hast mir so oft wehgetan. Immer wieder weggestoßen, um mich so zu verletzen. Glaubst du, ich habe es nicht gesehen, wie du dir täglich wehtust!”

 „Hör auf!”, sagte ich etwas lauter und hielt mir die Ohren zu.

 

„Wir können es zusammen überstehen, Sasuke. Du bist nicht mehr alleine. Ich bin da. Und Itachi auch. Bitte lasse uns doch zusammensitzen und reden. Bitte tue es für mich!”

 „Nein, verschwinde hier!”

 

Auf einmal geschah alles in Zeitlupe. Ich verpasste ihr eine Schupps, sodass sie nach hinten stieß. Dabei riss sie ihre smaragdgrünen Augen auf. Mich stets im Blick. Auch ich war schockiert, als ihr Kimono aufriss. Durch diese Wucht stieß sie sich ohne das Gleichgewicht wieder zu finden zurück. Hinter ihr war das Fenster. Zuerst dachte ich, dass sie aus dem Fenster stürzte, jedoch spritze mir schon ihr Blut entgegen. Blut. Rotes Blut.

 

„Sakura!”, schrie ich.

Doch es war zu spät. Die Kante hatte ihren Kopf erwischt und hinterließ eine offene Wunde. Doch das war nicht das Schlimmste. Denn neben diesem Knall gab es ein Knacken, was nichts Gutes verhieß.

Ich rannte auf Sakura zu und ignorierte, dass ich mich mit ihren Blut beschmierte.

„Sakura. Nein! Bitte! Nicht!”, fing ich an zu reden. Dabei schüttelte ich sie. Erst sanft. Dann heftiger.

 „Sakura. Bitte! Wach auf!”, wimmerte ich erneut.

 

„Holt ein Arzt!”, schrie die erste Wache.

 „Die Prinzessin ist gestürzt.”

 „Ja, durch ihn! Nehmt ihn gefangen!”

 

Die Stimmen nahm ich nur verschwommen war, weil ich damit beschäftigt war, nicht glauben zu wollen, was passiert war.

 „Sakura!”

 „Sasuke. Sie ist -”, setzte Itachi an.

Erneut war ich wütend auf Itachi, weil er es aussprechen wollte.

 „Sie ist nicht tot. Sie schläft nur! Bitte wach auf!”

Nochmal schüttelte ich sie. Nein, ich wollte es nicht wahrhaben. Nicht so sollte sie sterben. Nicht durch meine Händen. Ich war ein Mörder. Ein Mörder. Wie Itachi.

 

Ich nahm alles von der dritten Perspektive wahr. Wie sie mich von Sakura losrissen. Wie sie mich rüttelten und schüttelten. Wie sie mich von Sakura wegzerrten. Wie ich mich von ihr entfernte. Wie ich versuchte mich von dem Griff der Wachen zu lösen. Wie sie mich in den Kerker steckten. Wie ich weinte. Die ganzen Qualen, die seit Jahren in mir ruhten einfach raus ließ. Wie ich irgendwann erschöpft war. Wie ich meine Augen schloss und mich in den Schlaf weinte.

 

*~*

 

Als ich erneut aufwachte, befand ich mich in einem Kerker. Kurz musste ich überlegen, was passiert war, als es mir wie Schuppen von den Augen fiel. Ich hatte Sakura ermordet. Ich. Sasuke. War ein Mörder. Wie mein Bruder. Ich wollte es immer noch nicht wahrhaben. Erneut kamen mir die Tränen, als ich eine Stimme hörte.

 

„Du bist wach?”, stellte die mir bekannte Stimme zu meinem Bedauern fest.

 „Was willst Du, Itachi?”, fragte ich und sah mich um, als ich ihn auf der anderen Seite des Gitters sah.  

 „Reden. Und zwar wie Brüder.”

 „Als ob ich Dir zuhören würde”, fauchte ich weiter.

 „Wenn Du das nicht für mich tun willst, dann zumindest für Sakura. Sie hatte dich sehr gemocht, verstehst du?”

 „Na, das hat sie mir auch jeden Tag um die Ohren geworfen. Sie sei ja so verliebt. Und? Was hat es mit mir zu tun?”

 „Sehr viel, denn schließlich hast du sie auf dem Gewissen!”

 

Ich weitete meine Augen weil ich so verwundert war, wegen seiner Kälte. Wie konnte er es nur einfach  so aussprechen.

 „Nein…”, sagte ich aus Reflex, da ich diesen Unfall noch immer nicht verdaut hatte.

Ich setzte mich hin und amtete ein und aus, um mich einigermaßen zu sammeln, als wieder Itachis Stimme erklang.
 

 „Hör zu Sasuke. Denn das ist das Letzte, was ich Dir sagen will, bevor Du enthauptet wirst…”

Gedankenwelt

18. Gedankenwelt

 

Mein Kopf fühlte sich schwer an. Aber nicht nur mein Kopf fühlte sich schwer an, sondern mein gesamter Körper. Krampfhaft versuchte ich mich zu erinnern, was passiert war, doch jedes Mal tat mir nur mein Kopf ein wenig mehr weh. Das letzte, an das ich mich noch erinnern konnte, war, dass mein Meister mich rausgeworfen hatte, dass ich auf dieser Bank eingeschlafen war und dass Kaito mich mit zu sich genommen hatte. Ab diesem Moment war alles nur noch verschwommen. Woran konnte das nur liegen?

 

Ich wollte meine Augen aufmachen, um wenigsten zu sehen, wo ich mich gerade befand, aber auch das funktioniert nicht. Die Welt mich herum war einfach nur schwarz. Schwarz wie Nacht. Wenigstens konnte ich spüren, dass ich in einem Bett lag, einem ziemlich weichen Bett. Es war ausgesprochen bequem, bequemer als alles, was sie kannte, aber nicht nur das Bett war weich und bequem, sondern auch das Kissen und die Decke. Es war so gemütlich, dass ich am liebsten gleich weiter schlafen wollte und dabei völlig vergaß, dass ich mich an nichts mehr erinnern konnte.

 

Plötzlich aber, es traf mich wie ein Schlag, erinnerte ich mich wieder, nicht ganz, nur Stückchenweise, doch es reichte. Ich erinnerte mich daran, wie die Cola komisch schmeckte. Ich erinnerte mich daran, wie Kaito mir immer näher kam. Ich erinnerte mich an Neji und ich erinnerte mich an die Lust, die ich gespürt hatte, als wir uns näher gekommen waren. Doch irgendwas stimmte daran nicht. Irgendwas an dieser Erinnerung stimmte nicht …

 

Was machte Neji in Kaitos Wohnung? Warum verfolgte er mich ständig? Warum war er mein ständiger Begleiter? Warum musste er die ganze Zeit in meinem Kopf sein? Es nervte mich einfach, dass ihn nicht mehr aus meinem Kopf bekam, aber noch mehr nervte mich die Lust, die ich empfand, wenn ich an den Moment in Kaitos Wohnung dachte … Am meisten aber störte mich das Gefühl zu wissen, dass irgendwas nicht stimmte, ich mich aber nicht daran erinnern konnte, was es war.

 

„Warum war Neji in Kaitos Wohnung?“, fragte mich eine leise Stimme in meinem Kopf, als wollte sie mich auf den richtigen Weg lenken, als wollte sie mir das richtige Puzzleteil zeigen, dass ich in meinem wirren Geist nicht finden konnte … Ich brauchte einen Moment, doch plötzlich wurde es klar. Es war nicht Neji, dem ich in Kaitos Wohnung näher gekommen war. Es war Kaito selbst. Ich war mir nicht sicher, doch ich glaubte, er hatte mich mit der Cola unter Drogen gesetzt. Diese hatten mir dann Nejis Bild vor Augen geführt, weil ich in meinem Innersten bei ihm sein wollte. Ja, ich gab es zu, ich wollte bei ihm sein!

 

Mit der Erkenntnis traf mich aber auch die Panik. Panik, nicht zu wissen, was Kaito mit mir angestellt hatte oder wo ich war. Nervös versuchte ich meine Augen zu öffnen, aufzustehen, meinen Körper zu bewegen, ein Glied. Aber nichts passierte. Ich lag einfach weiter still in dem Bett, ohne die Möglichkeit zu haben, zu sehen wo ich war oder vor der Gefahr zu fliehen. Ohne zu wissen, was passiert war, nur ein nerviges Piepen in den Ohren. Ich war hilflos.

 

~~~

 

Eine sanfte, weiche Hand legte sich auf meine, strich führsorglich über meinen Handrücken. Dann spürte ich einen hauchzarten Kuss auf meiner Stirn. Mein erster Impuls war aufzuspringen und zu fliehen. Der zweite sagte mir, dass ich mich nicht bewegen konnte. Trotzdem versuchte ich mich zu bewegen, mich wehren, zu schreien, irgendwie auf mich aufmerksam zu machen. Doch kein Muskel bewegte sich, kein Laut kam über meine Lippen. Ich blieb stumm, bewegungslos, hilflos …

 

Panik stieg in mir auf. Panik, was Kaito nun mit mir vorhatte, da ich so hilflos war. Dann aber fiel mir auf, dass Kaito niemals so sanft, so führsorglich zu mir war, zu keiner von uns. Er war immer nur auf seinen eigenen Vorteil aus. Er war ein Egoist, der sich niemals um andere Leute kümmerte. Er war immer nur auf das eine aus, seit ich ihn kannte. Warum sollte er mich nun als so sanft berühren?

 

Eine ruhige Stimme, die mir sehr bekannt vorkam.

  „Wie geht es ihr?“, fragte er. Neji! Zu wissen, dass er hier war, stürzte mich in ein Gefühlschaos. Es freut mich, dass er hier bei mir, dass er sich um mich sorgte, dass er mich retten wollte. Gleichzeitig aber hasste ich mich dafür, dass ich mich so darüber freute. Ich war es schließlich gewesen, die ihn abserviert hatte. Ich wollte doch nichts mehr von ihm wissen. Ich wollte unabhängig von ihm sein! Und doch konnte ich nicht leugnen, dass ich mich freute, seine Stimme zu hören. Eine Freude, die mir schnell wieder genommen wurde …

 

„Es sieht nicht besonders gut aus“, sagte eine weitere kräftigere Stimme. Sofort war mir klar, dass es bei diesem Gespräch um mich gehen musste und dass ich nicht mehr bei Kaito in der Wohnung war. Die Hand auf meiner Griff ein wenig fester und zeigte mir, dass deren Besitzer besorgt war.

  „Was ist passiert?“, fragte Neji noch immer ganz ruhig, doch ich konnte aus seiner Stimme auch ein wenig Angst hören, was mich glauben ließ, dass er meine Hand hielt.

  „Was genau passiert ist, wissen wir nicht genau. Es ist nur klar, dass sie unter Drogen gesetzt wurde, weshalb wohl ihr Körper versagt hat. Wahrscheinlich sollte sie zu Sex genötigt worden sein. Der Zusammenbruch muss sie davor gerettet haben. Momentan liegt sie im Koma. Uns ist es noch nicht gelungen, sie wieder aufzuwecken. Ganz davon abgesehen, dass sich ihr Zustand langsam aber kontinuierlich verschlechtert“, erklärte der andere.

 

Ja, bei diesem Gespräch musste es um mich gehen. Es würde einfach alles erklären. Es würde erklären, wo ich war und warum ich mich nicht erinnern konnte. Es erklärte, warum ich meinen Körper nicht mehr kontrollieren konnte. Es erklärte, warum Neji hier bei mir war. Es passte zu dem, woran ich mich erinnerte oder eher nicht erinnerte. Es passte zu Kaito, dem armseligen Egoist. Es passte zu mir, meinem Glück und meiner Krankheit.

 

„Ich habe gelesen, dass Menschen, die im Koma liegen, ihre Umwelt wahrnehmen können. Kann sie das auch?“, hörte ich Neji fragen. Dabei spürte ich seine Finger auf meiner Stirn, eine Haarsträhne aus meinem Gesicht streichend. Der andere Mann, ich vermutete, dass er ein Arzt war, räusperte sich.

  „Ja, es ist möglich, ich kann Ihnen aber nicht genau sagen, ob sie Ihre Stimme hören oder Ihre Berührungen fühlen kann. Aber einen Versuch wäre es wert. Ich möchte Ihnen nur nicht zu große Hoffnung machen“, erklärte er ernst.

 

Wie gerne hätte ich in diesem Moment geschrien, gerufen, geflüstert, ja sogar gehaucht, dass ihn klar und deutlich hören konnte, dass ich hier war und dass er mich befreien sollte. Doch nichts geschah. Ich blieb in meinem Bett liegen, bewegte mich nicht, sagte keinen Ton. Egal wie sehr ich es mir auch wünschte, wie sehr ich mich auch anstrengte, es war unmöglich. Ich war eine Gefangene, eine Gefangene meines eigenen Körpers, ohne eine wirkliche Aussicht darauf, je aus ihm befreit zu werden …

Die wahrhafte Königin

19. Die wahrhafte Königin

 
 

Die Sitzung zwischen unserem Volk und meinem Vater. Ich versuchte mir nichts von dem Tag anmerken zu lassen, aber die Wut in mir saß tief. Arcano hatte das Ganze nicht verdient. Sie wollte nur mein Leben etwas schöner gestalten und als dank brachte ich sie in Schwierigkeiten. Sie hatte mir ausdrücklich gesagt, dass sie es nicht wollte, jedoch hatte ich mich wie ein Geier auf sie geschmissen. Ich war es, der sie dazu gebracht hatte schwach zu werden und ich hätte es auch ausgenutzt um ihr nahe zu sein. Bei dem Gedanken, wie nahe unsere Lippen waren, schlug mein Herz Salto.
 

Nie hätte ich gedacht, dass ich den ernüchtersten und sogleich den schönsten Tag zur selben Zeit erleben konnte. Ich wollte öfters einen so schönen Tag erleben und ich wollte es mit Arcano erleben. Um jeden Preis. Mein Entschluss stand fest. Ich würde diese Nacht mit ihr fliehen. Es war mir egal, was meine Eltern sagten und noch mehr pfiff ich auf die Meinung meiner Untertanen.

Ich wusste auch, dass es schwer werden würde, aber ich hatte einen Plan, wie wir, Arcano und ich, uns verwirklichen konnten. Außerhalb unseres ach so geweihten Landes gab es Elend und sie brauchten jemand, der sie daraus befreite. Ich konnte es möglich machen. So oft konnte ich sehen, wie mein Volk durch die Erfahrungen und Ratschläge unsererseits reich an Ernten und Geld wurde und ich konnte es auch woanders. Ein guter Redner war ich immer gewesen und deswegen konnte ich gut als Berater in x-beliebigen Paläste arbeiten. Ich hatte keine Probleme damit. Und für Arcano würde ich alles tun, um sie glücklich zu machen. Ich konnte mir vorstellen mit ihr auf Reisen zu gehen. Die Welt sehen. Ich würde mit ihr all das machen, was sie zuvor im Leben nicht durfte. Was sie als Sklavin nicht durfte. Dafür gab ich die Krone gerne auf und dafür würde ich alles in der Macht stehende tun. Und das erste, was sein musste, ist es dem Volk und meinen Eltern zu sagen.
 

Entschlossen stand ich auf und richtete so die ganze Aufmerksamkeit auf mich.

 „Ich freue mich, dass unser Königreich so einen Aufschwung durch meinen Vater erlebt hat. Alle scheinen glücklich und zufrieden zu sein, sich verwirklichen zu können. Ihr werdet mich jetzt nach dieser Rede als verrückt erklären. Aber mir bleibt diese Möglichkeit verwehrt. Früher hätte ich alles für mein Volk gemacht und meinen Willen für das Wohl aller zurückgestellt. Auch heute, hier und jetzt würde ich sämtliches in meiner Macht stehende dafür tun, jedoch würde mein Herzblut nicht mehr länger dahinter stehen, weil ich dafür auf etwas verzichten müsste, was für mich mein Leben bedeutet. Ein Volk verdient einen König, der mit tausendprozentiger Sicherheit hinter ihnen steht und die Hand über sie legt. Aber so einer werde ich nicht mehr sein. Ich weiß, es ist beängstigend und ich weiß, ihr könnt mich noch nicht verstehen, aber ich lege meine Krone nieder für eines. Um mit meiner wahren Liebe zusammen sein zu können.”
 

Alle redeten in Tumult und im Raum herrschte die reinste Unruhe, als meine Mutter selbst von ihrem Platz aufstand.

 „Bist du eigentlich endgültig verrückt geworden!”

Na, hatte ich es selbst nicht gesagt, dass mich alle für verrückt erklärten?

 „Es mag vielleicht sein, Mutter!”, kalt blickte ich ihr entgegen, als ich mich wieder zu meinem Volk wandte.

 „Meine Beweggründe haben vor allem mit meiner Liebe zu tun. Jedoch habe ich mir schon lange ein Ziel gesetzt. Den Wohlstand, den wir haben, auch andere Länder zukommen zu lassen. Ich weiß es wird kein leichter Weg. Jedoch habt ihr es mir gezeigt, dass es möglich ist. Mein Vater zeigte uns, dass es möglich ist. Aber dazu ist eines wichtig. Vertrauen. Auch wenn ich nicht mehr als König zu euch sprechen werde. Auch wenn ich euch als normaler Mann begegne, wahrscheinlich auch ohne Unterstützung von meinen Eltern, wie ihr bemerkt. In dieser Position werde ich Euch trotzdem die Unterstützung zukommen lassen, die ich Euch als König geben würde. Ich werde Euch die Nähe und mein Ohr geben, wenn ihr in Zukunft nach Rat suchen werdet. Ich werde zu Euch eilen, sollten Probleme aufkommen. Dafür war ich als Prinz schon da, und dafür werde ich auch nach dieser Abdankung da sein. Dafür verlange ich nur weiterhin Eure Unterstützung. Auf Augenhöhe.”
 

„Shikamaru! Du hörst jetzt auf. Ich lasse nicht zu, dass du Dein Leben ruinierst. Das du-”

 „Yoshino es reicht!”, erklang die Stimme meines Vaters, was das Volk verstummen ließ. Im Thronsaal hätte man mittlerweile nur eine Feder fallen gehört, als Vater sich zu Wort meldete: „Shikamaru. Ich, wie unsere Vorfahren, hatte das Glück als König geboren worden zu sein. Jedoch hatte sich keiner von uns auf unsere Lorbeeren ausgeruht. Wir zogen von Land zu Land. Arbeiteten dafür, dass mehr Leute Wohlstand erfuhren. Selbst ich hatte diesen Weg, wie du jetzt eingeschlagen und habe auf Wanderschaft im kalten Ausland erst meine Königin gefunden.” Warm lächelte mein Vater meine Mutter an und diese warf all ihre Etikette vor Sprachlosigkeit ab und setzte sich wegen ihren wackeligen Beinen, auf den Thron meines Vaters.
 

Dieser ging ein paar Schritte auf mich zu und klopfte mir lächelnd auf die Schultern.

 „Auch wenn du die Krone nicht offen tragen wirst, denke daran, mein Sohn. Du wirst im Herzen des Volkes ein König sein. Guck in ihre Gesichter. In diesen siehst du das Vertrauen und die vollkommene Unterstützung, die du suchst. Und auch von deiner Mutter und mir wirst du diese Unterstützung bekommen. Weil du genau dasselbe machen wirst, wie deine Vorfahren. Diese Welt zu einem besseren Platz zu machen und mehr Leute die Möglichkeit geben, sich zu verwirklichen. Das ist es, was ein wahrer König ausmacht.”
 

Mein Vater umarmte mich, während das Volk applaudierte und mich durch ihre Euphorie unterstützte.

Ich flüsterte meinem Vater zu: „Du weißt schon, dass du die Wut von Mutter zu spüren bekommst, sobald die Sitzung vorbei ist!”

 „Du bist es mir Wert, mein Sohn. Und übrigens. Das Mädchen wirkte auf mich adliger, als jede Prinzessin, die dieses Schloss betreten hatte.”

 „Es freut mich, dass du Sie magst!”, flüsterte ich weiter.

 „Das sagte ich nicht, weil ich sie mag, sondern wegen andere Argumente!”
 

Mein Vater löste die Umarmung und lächelte mich warm an.

Ich verstand nicht worauf er hinaus wollte und sah ihn fragend an, als ich seufzte und somit aufgab, ihn zu verstehen.

 „Und ich kann Dich wirklich nicht überreden noch einmal darüber nachzudenken?”

Ich lächelte meine Mutter schwach an: „Meine Entscheidung steht fest. Ich werde mit Arcano erst einmal dort hingehen, wo wir beide gleich behandelt werden. In das Land, indem mein Freund mit seiner Familie gestürzt wurde”, erklärte ich stattdessen, weil das das erste Land war, was mir einfiel, welches seit dem Fall des Königs im Elend lebte und dadurch auch die Frage meines Vaters beantwortete, die er noch nicht ausgesprochen hatte.
 

Mutter wurde hellhörig und sah mich mit spitzen Ohren an.

 „Du wirst da nicht hingehen. Du weißt, wie gefährlich es da ist. In diesem Land herrschen Plagen und Krankheiten, die es in einem Leben nicht zu bewältigen gilt”, argumentierte meine Mutter entsetzt.

 „Ich bin es aber Gaara schuldig. Ich konnte ihn und seine Familie nicht retten, wie ich es versprochen hatte. So habe ich zumindest die Chance seinem Volk, das er liebte, zu helfen. Dort gibt es kein König und somit keine Hierarchie, was mir hier nicht die Möglichkeit gibt, die Frau zu heiraten, die ich liebe.”
 

 „Ich flehe Dich an. Ich verspreche auch mich nicht in die Liebesangelegenheiten von Dir einzumischen!”, versuchte es Mutter erneut, jedoch stand meine Entscheidung fest und das sah auch mein Vater durch den Glanz in meinen Augen.

Ich wusste, dass sie die Worte nur ausgesprochen hatte, damit sie wieder Einfluss auf mein Leben bekommen würde. Aber das würde ich nicht mehr zulassen. Es war mein Leben. Zwar würde ich die Verantwortung des Königs weiter in mir tragen und ausführen, jedoch ließ ich mir nicht mehr vorschreiben, wen ich zu lieben hatte. Das würden Mutter und Vater jetzt lernen müssen.

Mein Vater klopfte mir noch einmal auf die Schultern.

 „Passe auf Dich und deine Königin auf!”, sagte mein Vater schließlich, als ich ihn glücklich anlächelte und den Saal verließ, um zu Arcanos Gemach zu laufen, welches sich auf der anderen Seite des Schlosses befand. Dabei ignorierte ich die verzweifelte Rufe von Mutter.

Auch ignorierte ich die Erschöpfung meiner Beine, was bestimmt davon kam, weil ich sonst nie so rannte. Aber das war mir egal. Ich wollte schnell mit Arcano aus meinen Goldenen Käfig fliehen, ehe es sich Vater anders überlegte.
 

Als ich die Tür öffnete, um Arcano mit Freude zu begrüßen, war sie nicht da. Ich musste stutzen, gab aber nicht auf. Vielleicht befand sie sich mit den anderen Mägden zum Dinner.

Als ich die Tür vom Essenssaal öffnete, fand ich tatsächlich die Untergebenen vor, aber nicht Arcano.

 „Hat jemand von Euch Arcano gesehen?”, fragte ich keuchend.

 „Ist sie nicht im Schlafzimmer?”, fragte Ino und sah mich überrascht an.

Da mir diese Antwort nicht wichtig erschien, weil ich schon da nachgeschaut hatte, rannte ich weiter und öffnete eine Tür nach der anderen. Dabei schrie ich ihren Namen. Fragte jeden, der mir über den Weg rannte, ob derjenige sie gesehen hatte, bis ich alles im Schloss abgesucht hatte außer meine Gemächer, aber da konnte sie doch auch nicht sein.

Eigentlich war ich mir damit sicher, öffnete jedoch dennoch meine Tür, als ich noch das verwüstete Bett von heute Mittag vorfand.
 

Ich fuhr mir besorgt mit einer Hand durch mein Haar und ging im mein Zimmer umher, um nachzudenken, wo Arcano war, als ich ein Zettel auf meinen Nachttisch vorfand, der vorher nicht da war.

Schnell griff ich diesen und erkannte eine krakelige Handschrift. Als ich erkannte, dass Arcano das geschrieben hatte, hielt ich den Atem an. Auch wenn sie das Schreiben nicht perfekt beherrschte, war das mehr, was eine gewöhnliche Magd konnte. Aufmerksam las ich den Brief durch.
 

Liebe Shikamaru,
 

ich wollte nicht gehen, bevor ich dir nicht eines gesagt habe, was ich dir nie ins Gesicht sagen werde. Mir ist klar, dass ich meinen Weg gegangen bin, um dich zu treffen und alleine deine Güte und die Freundlichkeit deiner Familie waren meine Narben wert. War all diesen Schmerz wert. War mein Leben wert. Und Du bist es wert, dass ich nun den Weg beschreite, den ich jetzt gehen muss, um all meine Sünden zu büßen. Um mein Egoismus zu büßen.

Du wirst ein wunderbarer König und wirst immer in meinem Herzen sein.
 

Lebe und liebe besonnen und glücklich mit deiner Königin.
 

Ich liebe Dich aus reinster Seele und Herzen und lasse Dich gehen. Bitte lasse mich auch gehen und suche nicht nach mir.
 

Akano
 

Erneut stutzte ich über ihre Wortwahl. Dass sie ihren Namen falsch schrieb, lag wohl daran, dass sie nicht so hieß. Schließlich hatten wir ihr den Namen geben, aber dafür, dass sie nur eine Sklavin war, drückte sie sich sehr lyrisch aus. Wieder drangen mir die Worte von Vater durch den Kopf, dass sie adliger war, als eine Prinzessin.

Aus diesem Grund durfte ich keine Zeit verlieren, schnell nahm ich etwas zum Verstauen.

Und rannte durch das Schloss, um ein paar Vorräte einzupacken. Schließlich wusste ich nicht, wann ich etwas zu essen bekam, geschweige denn, ob Arcano daran gedacht hatte. Dann begab ich mich in Richtung Ausgang, wo auch schon Ino und Asuma standen und auf mich zu warten schienen.
 

„Deine Entscheidung steht also fest?”

Asumas Frage glich eher einer Feststellung, sodass ich nickte.

Ino kamen die Tränen, weswegen ich wegen heute Mittag nicht mehr Böse auf sie sein konnte. Ich umarmte sie: „Wir werden uns bald wiedersehen. Immerhin wirst du als große Ärztin erfolgreich werden. Und du Asuma-”

Ich löste mich aus der Umarmung und richtete meine volle Aufmerksamkeit auf ihn.

 „Solltest dich auch endlich trauen sie anzusprechen. Du bist auch nicht mehr der Jüngste!”

 „Sei bloß nicht frech, Bürschchen”, lachte Asuma lautstark und klopfte mir auf die Schulter.

Ich lächelte ihn an, als mir wieder einfiel, dass ich Arcano finden sollte.

 „Ich muss los! Lebt wohl!”
 

Mit diesen Worten wollte ich meinen Gemächern für immer den Rücken kehren, als Ino mich noch aufhielt und mich noch einmal umarmte.

 „Ich werde das Orakel befragen, damit du sie findest!”, flüsterte sie.

 „Als ob so ein Orakel helfen könnte”, erwiderte ich, als Asuma sich wieder zu Wort meldete.

 „Aber natürlich! Das Orakel von Delphie. Das hat schon einigen den Weg gezeigt. Es zeigt dir sicherlich, wo du nach ihr Suchen sollst.”

 „Du glaubst auch daran?”, meine Stimme war wegen Verblüffung um zwei Stufen nach oben gerutscht.

 „Wieso denn nicht?”, stellte Asuma mir die Gegenfrage, was mich innerlich den Kopf schütteln ließ. Von außen hin riss ich mich zusammen.

Weil keine Steine jemanden die Zukunft voraussagen konnten. So einfach war es.
 

„Wie dem auch sei. Ich muss los. Vielleicht ist sie ja noch nicht so weit gekommen”, hoffte ich.

 „Aber wie willst du sie finden. Sollen wir dir nicht lieber helfen”, fragte Ino mich und sah mich mit ihren hellblauen Augen verzweifelt an.

Ich wusste, was sie wollte. Wenn sie mitkommen würde, würde sie alles tun, damit ich Thronfolger blieb, aber ihre Angst war völlig unbegründet.  

 „Du bist hier besser aufgehoben und wirst eine wunderbare Ärztin. Okay? Außerdem habe ich schon einen Verdacht, wo Arcano hin will.”

Asuma zog eine Augenbraue in die Höhe und ich verstand sofort seine Frage.

 „Nach Hause!”
 

*~*
 

So schnell ich auch draußen war, hatte ich auch die Stadt hinter mir gelassen und sah vor mich den Wald, der mein Land von der ihrem trennte.

Mittlerweile wurde es dunkel. In meinem Kopf herrschte nur ein Gedanke. Die Angst. Die Angst, sie nicht zu finden. Die Angst sie zu verlieren. Die Angst sie nie wieder sehen zu dürfen.

Das würde ich nicht aushalten. Sie war mein Licht in der Dunkelheit. Früher war alles in meinem Leben ein monotoner Fleck. Sie hatte meine Welt in Farben getaucht. Durch sie war einfach alles im Leben ein bisschen besser. Diesen Gedanken wollte ich nicht missen. Nie wieder würde ich derselbe sein wie vor unserer Begegnung. Und für sie würde ich mittlerweile alles tun. Deswegen hoffte ich, dass ich sie genug kannte, sodass meine Vermutung richtig war.
 

Ein Kloß zog sich in meinen Hals zusammen. Zum ersten Mal seit dem Überfall im Land meines Freundes, Gaara, würde ich es erneut betreten. Wie würde es sich anfühlen? Ich musste zugegeben. Damals hatte mich ein schreckliches Gewissen geplagt, obwohl ich wusste, dass ich nicht Schuld an der ganzen Misere war.

Schließlich hatten wir nachfolgend alles unternommen, was in unsere Macht stand. Wir hatten mit dem Volk zusammen eine neue Struktur und eine neue Hierarchie aufgebaut, in dem das Volk zum größten Teil selbst bestimmen und ihren Rat wählen durfte, da weder mein Vater noch ich bisher dauerhaft unser Land verlassen durften. Unsere Seite hatte sich bereit erklärt, als König gelegentlich eine Hand über das mittlerweile wieder friedliche Land zu halten. Mit unseren besten Beratern und Strategen hatten wir für das Volk ein System errechnet, wie sie aus ihrer Misere, die ER angerichtet hatte, befreien konnten.

Ob man schon das erste Ergebnis sehen konnte?
 

Im Gedanken war mir nicht bewusst, wo ich war. Auf einmal stand nämlich ein alter Mann mit langem Bart vor mir und sah mich mit leeren Augen an.

Vor Schreck zuckte ich kurz zusammen dann erwiderte ich seinen Blick, als er anfing wild zu reden.

 „Wenn du diesen Weg voranschreitest, wird dir eine verfluchte Prinzessin begegnen. Schön und heilig aber durch einen Fluch ihrer Zeit verdorben!”

Ich musste blinzeln. Was wollte dieser Kerl.

 „Ähm okay. Habt Ihr eine Frau gesehen, mit blondem Haar. Sie trägt diese gerne zu Zöpfen und einem Seitenscheitel.”

 „Manchmal muss man noch einmal hinsehen, um zu schauen, welche Person sich verbirgt, eure Hoheit!”

 „Woher -”

 „Durch ihren Gang. Durch ihren Tonfall. Durch ihre Haltung. Versteht ihr? Oft sieht man, wenn man seine Augen schließt, besser, als wenn man diese geöffnet hält!”
 

Langsam verstand ich. Er konnte nichts sehen, weil er erblindet war. Trotzdem verstand ich nicht, was er mit der restlichen Aussagen meinte. Er fuhr jedoch fort.

 „Ihr habt die Gabe, in eine Person zu sehen und doch verweigert Ihr den Blick für das Offensichtliche. Warum Ihr sie nicht findet, ist weil Ihr nicht genau hinsieht, eure Hoheit. Sie hat den Segen der Welt erhalten, alle zu fühlen, und Ihre Schachfiguren zu bewegen. Der Tod hat ihr gezeigt, zu was sie fähig sein könnte. Jedoch hat der Fluch der Welt sie vom Weg abkommen lassen. Ihr Strahlen als wahrhaften Königin wurde überschattet mit Qualen, die ihr zugefügt wurden. Aber diese Qualen werden Euch beiden helfen großes zu Vollbringen.”

Das Strahlen der wahrhaften Königin? Fluch der Welt? Ich wusste nicht, wie der Kautz es schaffte, aber mein Gehirn fing tatsächlich an, über seine Worte nachzudenken, bis mir nur ein Entschluss kam. Arcano … Sie konnte nur an einem Ort sein. Ihr Zuhause. Um ihr Land, was genauso wie sie mit einem Schatten überdeckt wurde, mit Licht füllen zu können …
 

Der alte Mann hatte mir alle Zweifel und Unklarheiten genommen. Sie war es wirklich. Und deswegen musste ich zumindest sie befreien. Endgültig.

 „Danke Eh?”

Als ich erneut zu dem Mann sehen wollte, war er weg. Ich sah mich um und genau in diesem Augenblick bemerkte ich, wo ich stand.

Das Orakel von Delphie. Was für eine Ironie. Innerlich musste ich in mich hinein grinsen, als ich meinen Weg zum Land der Sabakunos beschritt.

Ich wusste genau, wo ich als erstes suchen würde. Da, wo ich vor der Begegnung von Delphie nie gesucht hätte.
 

*~*
 

Ich betrat nach einem weiteren Tag Fußmarsch das Land wieder, über dessen eine düstere Vergangenheit lag. Jedoch.

Nichts sah so aus wie damals. Sämtliche Blumen blühten in voller Pracht. Die Häuser hatten durch die Tipps unserer Ingenieure an Stabilität gewonnen und - was das wichtigste für mich war  -  bei jedem zauberte sich beim Vorbeigehen ein Strahlen ins Gesicht. Kinder spielten draußen, lachten und tanzten. Die Eltern gingen mit Spaß ihren üblichen Pflichten nach. Alles ordnete sich in die richtige Bahn.

Mein erstes Projekt, worum ich mein Vater angefleht hatte, um meinem Freund die letzte Ehre zu erweisen, funktionierte besser als in meine kühnsten Träume.
 

„Eure Majestät! Was macht Ihr hier?”, richtete sich der Bäcker des Dorfes, der gerade seine Brote verkaufte, an mich.

 „Ich suche jemanden!”

 „Wen denn?”, fragte ein Mädchen, was mit dem Seilspringen an der anderen Straßenecke aufgehört hatte und mir entgegen rannte.

 „Meine Königin!”, antwortete ich wahrheitsgemäß.   

 „Oh! Und wie sieht sie aus?”, fragte sie weiter.

 „Mira, jetzt höre auf den König zu belästigen!”, lachte der Bäcker.

 „Aber das ist genau so wie das Märchen, was ich lese. Nur das Pferd fehlt.”

Ich staunte nicht schlecht und beugte mich zu dem Mädchen.

 „Du kannst lesen?”

 „Ja und schon fast das ganze Alphabet”, lachte Mira mich strahlend an und ich musste dieses erwidern.
 

„Eure Hoheit”, verbeugte sich eine Frau. Von der Ähnlichkeit her konnte es nur die Mutter von Mira sein.

 „Ist schon gut. Ich freue mich nur, dass das Dorf viele meiner Wünsche ohne Widerwille angenommen hat!”, gestand ich.

 „Ihr habt uns nach dem tragischen Vorfall mit unserer Königsfamilie den richtigen Weg gezeigt. Dafür sind wir Euch für ewig dankbar. Selbst den Palast haben wir noch einmal restauriert, sodass alte Leute als auch Kinder ohne Eltern und Obdachsuchende ein Dach über dem Kopf haben. Leider haben wir es durch den Mangel an Ressourcen nicht geschafft, alles neu aufzubauen, weswegen auch die Schule vorübergehend im Hofe des Palastes stattfindet. Wenn ihr wollt, richten wir dort gerne für Euch einen Teil des Palastes her, sollte Euer Aufenthalt längerfristig sein und es tut uns leid, dass wir einen Teil belegt haben.”

 „Nein. Es ist okay. Alles soll so bleiben, wie es ist. Ich werde schon zurecht kommen”, lächelte ich.
 

„Das freut uns. Genauso, dass sie unser Land so eine Gutmütigkeit erweisen. Sie sind unser wahrer König und können wir etwas für euch tun -”

 „Ich suche nach jemanden. Einer blonden Frau, die hier beheimatet war. Sie war betreffend des Vorfalls versklavt worden. Ich muss sie unbedingt finden.”

 „Sie war hier beheimatet?”, fragte Mira.

Ich nickte nur, als die Mutter überlegte. Sie wirkte so, als würde sie etwas beschäftigten. Ehe ich etwas sagen konnte, rückte sie auch schon mit der Sprache raus:

„Es gab in den letzten Stunden tatsächlich ein Mädchen, was in unserem Dorf gekommen ist. Sie sah unserer Königin erstaunlich ähnlich. Ihr müsst verstehen. Richtig tyrannisch wurde der König erst durch den Tod unserer Königin. Die Pest hatte sie geholt. Wir wussten von einer Prinzessin, die einmal im Palast gewesen sein sollte, aber wir hatten sie durch den König nie zu Gesicht bekommen.”
 

„Wo ist sie hingegangen?”, fragte ich ohne weitere Umschweifen.

 „Wir haben ihr wie den anderen Zuflucht im Palast gewährt, Eure Hoheit!”

Ich hatte mich, während sie die Situation weiter aufgeklärt hatte, bereits aufgerichtet und hatte mich in Richtung des Palastes begeben. Ich konnte einfach nicht mehr warten. Ich musste sie sehen, um zu wissen, dass es ihr gut ging.

 „Oh! Da kommt bestimmt der Teil, wo der Prinz die Prinzessin findet und sie küsst. Und danach werden sie heiraten!”, strahlt Mira.

Manchmal erstaunte mich die Naivität von Kinder wirklich. Kaum hatte sie es gesagt, hüpfte sie neben mir umher. Auch ihre Mutter folgte mir.

 „Entschuldigt!”, flüsterte sie mir wegen ihre Tochter zu und wirkte leicht verlegen.

 „Kein Problem! Hey, Mira! Willst du auf mir Huckepack reiten?”

Sie strahlte über das ganze Gesicht und nickte. Als ich mich wieder hinunter beugte, sprang sie auf meinen Rücken und umklammerte mich wie ein Äffchen. Ich stütze sie mit meinen Armen, damit sie nicht sofort wieder herunterfiel. Und beugte mich wieder hoch.

 „So und jetzt geht es ab zum Happy End!”, strahlte Mira über mir.

Ich lachte. Und folgte der sanft lächelnde Mutter zum Palast.
 

*~*
 

Der Weg war nur halb so lang, wenn man eine Quasselstrippe wie Mira hatte.

Sie erzählte mir alles, was sie über das Dorf wusste und ich staunte immer neu über die Details, an die sie sich erinnerte.

Sie war besser als jeder Berater. Sie würde sicherlich zu einer intelligenten Frau heranreifen und ließ mich für kurze Zeit vergessen, in welche Situation ich mich gerade begab und ich eigentlich nervös sein müsste.

Schließlich war Arcano weggelaufen, weil sie dachte, sie fiel mir zur Last und wäre nicht die Richtige für mich.

Irgendwie war der Weg zum Palast, in dem ich darüber nachdenken sollte, ziemlich kurz und so stand ich im Hofe des Palastes. Arcano zu suchen war irgendwie auch nicht mehr nötig, denn sie war schon da. Erneut fand im Hofe Unterricht statt, wie es die Bewohnerin berichtet hatte. Arcano saß dabei auf der hintersten Bank und schaute gespannt zu. Dabei umspielte eine sanfte Brise ihre Haare, während die Kinder gespannt etwas auf ihre Schiefertafel malten.
 

Ich blieb ein paar Minuten wie angewurzelt stehen, um sie einfach zu beobachten, dann aber riss mich eine freche Stimme aus den Gedanken: „Los mach schon!”

Die Stimme war so laut, dass alle Schüler sich überrascht zu uns umdrehten und mich ungläubig ansahen.

Dann ging das Geschrei wie im Chore los: „Der König!”

Ich stand wohl etwas perplex da, denn auch Arcano hatte sich zu mir umgedreht und kicherte leicht belustigt, ehe ihr wohl die Situation klar wurde und sie plötzlich aufstand und versuchte unauffällig zu verschwinden.

Ich seufzte unmerklich und beugte mich herunter.

 „So Mira. Ich muss jetzt alleine mit ihr reden. Gehst du von mir runter?”

 „Machen wir das bald wieder?”, fragte sie mich mit großen Augen.

 „Na klar!”, lachte ich, als sie sich von mir löste.
 

In dem Augenblick kam in mir die Nervosität hoch und mein Herz schlug Salto. Irgendwie hatte ich mir noch immer keine Gedanken gemacht, wie ich das Gespräch beginnen sollte, aber darüber Nachzudenken war nun auch zu spät.

Ich musste ihr hinterher, also setzte ich meine Füße in Bewegung und holte sie nach wenigen Augenblicken ein.
 

Sie ließ aber nicht nach und ging weiter. Scheinbar wusste sie genauso wenig wie ich, wie sie mit der Situation gerade umgehen sollte.
 

Aber irgendjemand musste beginnen, also nahm ich all meinen Mut zusammen.

 „Der Garten hier ist wunderschön!”

Damit log ich allerdings nicht. Das Volk hatte gute Arbeit geleistet, und die Anlage schön gestaltet. Viele der Pflanzen wirkten auf mich exotisch, jedoch kannte ich ein paar typische Arten, die wir auch im Palast hatten.

Ebenso Früchte und Gemüse hatten sie an einigen Ecken angepflanzt, um vermutlich den Platz auch sinnvoll für ihre Nahrung zu nutzen.
 

„Ich habe geschrieben, dass du nicht nach mir suchen sollst”, sagte sie direkt, jedoch traute sie sich immer noch nicht mir in die Augen zu schauen.

Vor Nervosität kratzte ich an meinem Hinterkopf. Eine Angewohnheit, die ich irgendwie nicht ablegen konnte und sah ebenfalls weiterhin den Garten an.

 „Jedoch ist da ein Problem, was wir nicht ignorieren dürfen!”, legte ich als Einwand ein.

 „Ach was!” Sarkasmus war in ihrer Stimme zu finden, welchen ich aber ignorierte.

 „Arcano. Mir ist egal was du bist oder was meine Eltern oder andere über dich sagen. Du brauchst einfach nur neben mir zu stehen und in mir prallen tausende von Gedanken aufeinander. Durch dich ist mein Leben anstrengender, aber auch sinnvoller und interessanter. Ich will an deiner Seite sein. Für dich da sein. Dir ein Lächeln ins Gesicht zaubern, wenn du mich siehst, genauso wie du es mit mir anstellst. Ich würde alles dafür tun, um mit Dir aufzuwachen. Mit dir deine Heimat weiter aufzubauen. Dich glücklich zu machen.”
 

„Bitte hör auf. Du weißt genau, dass es nicht geht, wegen deinen Verpflichtungen als König”, wand sie als Einwand ein.

 „Ich habe noch eine ganz andere Verpflichtung, die mir wichtiger ist als eine einfache Krone!”

Nun blieb sie stehen und drehte sich neugierig zu mir um. Scheinbar wartete sie auf meine sogenannte Verpflichtung.

 „Ich hatte damals einen guten Freund, der im Sterben lag, versprochen, dass ich im Namen seiner Familie, seine Schwester und sein Königreich mit allem, was ich habe beschützen werde. Durch dieses Versprechen habe ich zusammen mit dem Volk dieses Land es neu aufgebaut und dabei auf seine Schwester, die unbemerkt durch ihn fliehen konnte, gewartet. Sein anderer Bruder erwähnte, dass ich sie erkennen würde. Sie sei ziemlich eigenwillig und dickköpfig aber auch sehr spontan und leichtsinnig. Um ehrlich zu sein, sie klang für mich mehr als anstrengend, aber ich konnte sie nicht loslassen. Ich hatte so ziemlich jede Prinzessin getroffen und selbst die netteste und klügste und schönste Prinzessin konnte sie nicht aus meinem Kopf jagen. Du musst verstehen. Ich bin auch ziemlich stur und dickköpfig, wenn ich etwas haben will.”
 

Skeptisch sah sie mich an, als sie wieder ins Leere sah und den Weg fortfuhr.

 „Und was ist dann passiert?”, fragte sie schließlich, als ob ich ihr eine Geschichte erzählen würde.

 „Ausgerechnet meine Mutter hat eine Sklavin angeschleppt, die kurz vorm Sterben lag.  Und auf einmal war die mysteriöse Prinzessin vergessen, denn das Mädchen war die aufregendste, bewundernswerteste, charmanteste, durchaus klügste, eleganteste, furchterregendste, geheimnisvollste, humorvollste, intellektuellste, kampflustigste, lebensstärkste, mutigste, naivste…”

 „Hey! Wieso zählst du von mir auch negative Eigenschaften auf?”, sagte sie plötzlich.

Ich lachte: „Weil dich das alles beschreibt!”

 „Du bist mir also gefolgt, um mir das zu sagen, was ich eh schon weiß?”

 „Naja. Alles wusstest du doch nicht!”
 

Sie seufzte. Ich fuhr fort: „Wie dem auch sei. Auf einmal war sie das Zentrum meiner Welt und ich wollte alles tun, um sie für mich zu gewinnen und auf einmal war mir alles egal. Weil ich sie aufrichtig liebte und dafür schließlich alles aufgegeben habe, um ihr zu folgen!”

 „Du hast deine Position als König für mich geopfert?”, fragte sie.

 „Naja, sagen wir ich und meine Eltern haben eine Zusammenkunft geschlossen, womit wir alle leben können, damit ich mit dir zusammen sein kann!”

 „Und das wäre?”

 „Mit Dir das Land der verlorenen Prinzessin zu beziehen und dieses mit Dir aufzubauen. Im Gegenzug werde ich weiterhin mein Land bereisen und bei wichtigen Angelegenheiten für mein Volk da sein. Weißt du! Die Prinzessin ist zwar nicht mehr da, aber ich habe Dich gefunden, eine wahrhaftige Königin. Meine einzige Königin und dafür hatte sich der Deal gelohnt!”
 

Auf einmal hörten wir ein Gekreische hinter uns und wir zuckten zusammen.

Ich hatte nicht bemerkt, dass die ganze Klasse hinter uns stand und uns beobachtete. Vorne mit dabei Mira. Ich musste Grinsen und sah zu Arcano, die es wohl ähnlich belustigend fand.
 

Danach wurde es ruhig. Alle sahen uns gespannt an und Arcano hatte den Blick schließlich auch auf mich gerichtet. Ich fuhr mir erneut durch mein Haar und sah kurz ins Leere.

 „Irgendwann musst du auch was sagen, sonst-”

Fing ich an und schon passierte es. Arcano hatte sich bereits zu mir hochgebeugt und berührte mit ihren Lippen meine. Ich wusste erst nicht, was passierte, als ich schließlich den Kuss erwiderte und meine Arme um ihre Hüfte legte. Leider war der Kuss dann auch so schnell wieder vorbei wie er angefangen hatte, weil die Kinder erneut kreischten und es uns doch etwas unangenehm war, dass wir so viele Beobachter hatten.
 

„Du hattest mich schon bei deiner anderen Verpflichtungen-Stelle!”, lächelte sie schwach.

Ich atmete erleichtert aus: „Also Leben wir ab heute glücklich und zufrieden miteinander?”

 „Nein!”, sagte sie schließlich, was mir wieder die Kinnlade runter riss.

 „Es wird besser! Zwar anstrengend, aber viel besser!”, kicherte sie, als ich wieder erleichtert ausatmete.

 „Tue das nie wieder”, drohte ich eher schlecht als Recht, weil ich so glücklich war.

 „Das verspreche ich nicht. Aber ich bin froh, dass du mich der Prinzessin vorziehst!”

Ein schwaches Lächeln huschte über ihre Lippen. Sie wusste wohl, dass ich ihr Geheimnis wusste, weswegen wir das nicht mehr lange diskutieren.

Dabei fuhr sie über meinen Arm und ihr Lächeln wurde etwas breiter, weil sie sich vermutlich an etwas erinnerte.

 „Ist etwas?”, fragte ich sie.

Sie lächelte mich an und schüttelte weiterhin grinsend den Kopf.

Anschließend küssten sich unsere Lippen erneut und ich wusste, dass es ab heute jeden Tag und für den Rest unseres Lebens passieren würde.

Zum Schluss kommt die Wahrheit

20. Zum Schluss kommt die Wahrheit

 

Es tat weh, meinen Bruder dort durch die Gitterstäbe zu sehen. Meinen kleinen Bruder, den Tod so nah. Es war genau das, was ich nie für ihn gewollt hatte. Ich wollte ihn immer beschützen, ihn in Sicherheit wissen. All das hatte ich doch nur für ihn getan, damit er es einmal besser hatte. Und doch hatte es absolut nichts gebracht. Mein Bruder war dem Tod näher als je zuvor. Vielleicht war es das Schicksal unserer Familie einen grausamen Tod zu sterben …

 

„Was ist nun?! Ich dachte, du wolltest mir etwas erzählen!“, riss mich mein kleiner Bruder aus meinen Gedanken. Sein Blick war nach wie vor hasserfüllt auf mich gerichtet. Es schmerzte in meiner Seele, dass er mich so verabscheute. Eigentlich hatte ich all das auf mich nehmen wollen und ignorieren wollen, aber in diesem Plan war auch enthalten, dass er ein glückliches Leben führte. Dafür hätte ich jeden Schmerz auf mich genommen. Nun, da er dem Tod so nah war, wollte ich ihm wenigstens die Wahrheit sagen.

 

„Gut, wenn du nicht anfängst, fange ich an! Hast du unsere Familie abgeschlachtet?“, riss mich die Stimme meines Bruders erneut aus meinen Gedanken, wofür ich ihm ziemlich dankbar war, denn so ermöglichte er mir einen guten Start in meine Geschichte, unsere Geschichte …

  „Ja“, erwiderte ich schlicht, schließlich wusste ich, dass er es schon seit einiger Zeit vermutete, weshalb ich auf seine Reaktion gespannt war. Zu meiner Überraschung aber blieb er ganz ruhig. Nur in seinen Augen konnte ich die Wut flattern sehen.

  „Warum?“, fragte er schlicht, obwohl ich sehen konnte, wie sehr ihn diese Frage schmerzte. Wahrscheinlich genauso schmerzte wie mich …

 

Ich schloss meine Augen und seufzte. Dies war wohl der härteste und schwerste Teil der Geschichte.

  „Ich habe es für dich getan“, sagte ich, wobei ich sehen konnte, wie er am liebsten aufgeschrien hätte, aber bevor er das tat, fuhr ich in meiner Erzählung fort. „Es gab einen großen Konflikt zwischen unserem Königreich und einem benachbarten, der nicht mehr abzuwenden war. Das andere Königreich wollte unser ganzes Land vernichten. Ich hab mich mit diesem Land zusammengetan. Im Austausch dafür, dass ich mein Königreich vernichte, durftest du weiterleben. Ich habe dich das durchmachen lassen, damit du stärker wirst, damit du ein guter König werden kannst …“

 

Sasuke lachte bitter und sah mich dabei spöttisch an.

  „Den Plan hast du ja ordentlich versaut“, spottete er, wobei sein Blick an Intensität und Hass gewann. Ich verstand, was er sagen wollte, schüttelte aber den Kopf.

  „Das hast du ganz alleine kaputt gemacht, Sasuke“, erwiderte ich und sah ihm tief in die Augen. Sasuke aber lachte nur noch mehr. Es war ein freudloses Lachen.

  „Wie sollte ich es kaputt gemacht haben?! Ich war kurz davor, Sakura für mich zu gewinnen und dann wäre ich endlich König geworden! Aber du musstest ja dazwischen kommen, du musstest ja Sakura ablenken“, meckerte er mich an. Ich konnte darüber nur den Kopf schütteln. Er hatte wirklich absolut gar nichts verstanden …

 

„Manchmal bist du wirklich so ignorant, Sasuke“, sprach ich meine Gedanken laut aus. „Bevor ich kam, hattest du nur die Gunst des Königs und eine Prinzessin, die sich mit dem ersten Blick in dich verliebt hat. Aber deine Ignoranz ihr gegenüber hat dich gar nicht weiter gebracht. Sie hat das arme Mädchen verletzt und den König glauben lassen, dass du nicht der richtige für sie sein kannst. Er hat dich doch erst angesprochen, als ich hier aufgetaucht bin und ihn um Sakuras Hand gebeten hatte.“

  „Ja, und damit hat das Unglück erst angefangen“, knurrte er. „Du hast doch Sakura gegen mich aufgebracht. Wärst du nicht aufgetaucht, würde Sakura noch leben und ich könnte der nächste König dieses Landes werden. Damit stände ich endlich in der Position, dich erledigen zu können.“

 

Eigentlich hatte ich meinen Bruder immer für besonders klug gehalten. Doch in diesem Moment schien es so, als würde die Wut seinen Blick trügen. Wenn er so weiter machte, würde er die Geschichte nicht mehr verstehen, bevor er starb … Vielleicht hatte ich doch einen Fehler gemacht. Vielleicht war es doch der falsche Weg gewesen. Vielleicht hätte ich die Situation noch ein bisschen länger beobachten sollen. Ein vielleicht half uns nun aber nicht mehr weiter. Es ging zu ende. Für uns beide.

 

„So war es nicht Sasuke“, erwiderte ich. Bevor ich aber weitersprechen konnte, erhob er das Wort.

  „Doch, so war es, Itachi! Ich habe euch beide gesehen und gehört“, sagte er kalt, genauso kalt, wie er meinen Namen aussprach. Es bestätigte meine Befürchtung, dass er nicht auf das wesentliche achtete, dass er sich seinem Hass hingab. Ich hoffte, er würde es verstehen, bevor er starb.

 

„Ich habe Sakura alles erzählt, was ich getan habe und was mein Plan war. Ich habe ihr alles erzählt, was ich dir gerade versuch zu sagen. Sie hat eingewilligt, mir zu helfen. Wir haben uns getroffen, um dich zu provozieren und dich anzuspornen, mehr um sie zu kämpfen. Ich wollte, dass du siehst, was für ein tolles Mädchen sie ist und dich bei ihrem Vater bewährst“, erklärte ich ihm ruhig und sachlich. „Vielleicht aber haben wir es ein wenig übertrieben …“ Ich senkte meinen Kopf. Es tat mir leid, dass dieses arme Mädchen sterben musste, nur weil sie uns beiden helfen wollte …

 

Lange blieb es einfach nur ruhig zwischen uns beiden. Ich hielt meinen Blick gesenkt und hing meinen Gedanken nach. Dabei spürte ich jedoch, wie Sasukes Blick auf mich. Allerdings war zwischen uns keine allzu große Spannung zu spüren. Es schien, als würde er sich langsam abkühlen, als würde er seinen Kopf benutzen und die gesamte Situation verstehen.

 

„Warum erzählst du mir das?“, fragte er schließlich nach einer schier endlosen Zeit. Ich hob mein Blick und sah ihn direkt an. In seinen Augen konnte ich Bedauern erkennen. Bedauern für das, was er getan hatte. Für das, was wir getan hatten.

  „Ich wollte, dass du es weißt, bevor du deswegen sterben musst“, erwiderte ich. Sasuke Blick verfinsterte sich.

  „Und die Wahrheit ist?“, hakte er scharf nach. Es war erstaunlich. Schon als er noch ein kleiner Junge war, sah er, wenn ich log. So schien es auch jetzt, zumindest ein wenig.

  „Es ist die Wahrheit“, erwiderte ich, „nur nicht die ganze …“ Ich seufzte. Das war der zweite etwas schwierigere Teil, denn ich musste zugeben, dass ich schon lange nicht mehr sein starker großer Bruder war …

 

„Du wirst nicht der einzige sein, der Sterben wird“, begann ich mit geschlossenen Augen. „Ich bin schon sehr lange krank. Sie schreitet immer weiter voran und ist nicht aufzuhalten. In ein paar Tagen wird es keinen lebenden Uchiha mehr geben.“ Mit diesen Worten erhob ich mich von meinem Platz auf dem Steinboden und verließ den Kerker. Das letzte, was ich von meinem Bruder sah, als ich ihn verließ, war sein geschockter Gesichtsausdruck. Es war das letzte, was ich je von meinem kleinen Bruder sehen würde, denn selbst wenn ich länger auf dieser Erde verweilen durfte als Sasuke, würde ich nicht zu seinem Tod gehen. Ich hatte so viel getan, um ihn am Leben zu halten. Ihn nun sterben zu sehen, würde bedeuten, dass ich alles falsch gemacht hatte, dass es alles umsonst war, was passierte. So aber wollte ich nicht denken. Ich wollte nicht mit dem Wissen sterben, dass wohlmöglich ich es war, der das Leben seines eigenen Bruder ruiniert hatte.

 

Aber vielleicht war es wirklich so. Ich hatte in das Schicksal eingegriffen und es hatte sich zurückgeholt, was es schon vor langer Zeit haben wollte. Nur mit dem Unterschied, dass wir beide durch die Hölle gegangen sind, mein Bruder mehr als ich. Wenn ich aus dieser Geschichte eines lernen konnte und dies nicht war, dass das Schicksal unumkehrbar war, dann, dass aus Hass, Mord, Rache und Sklaverei niemals etwas Gutes entstehen konnte …

Bis zum Ende

Bis zum Ende

 

Tagein, Tagaus verbrachte ich meine Zeit im Hospital, um TenTen zu besuchen. Von außen her schien der Zustand konstant zu sein, aber nach den Ärzten zu urteilen, hatte eine Mischung aus Drogen und ihre Medikamenten einen Kollaps ausgelöst.

Wenn ich diesem Mistkerl jemals zu Gesicht bekommen würde, der ihr das angetan hatte -

 

Jedoch würde meine Rache an ihm warten müssen, bis TenTen aus ihrem Koma erwachen würde. Dafür hatte ich die teuersten Ärzte angeheuert, sie an den besten Maschinen hängen lassen. Was konnte ich denn noch mehr tun? Ich würde es tun! Es war schon erstaunlich, was dieses Mädchen in der kurzen Zeit, seitdem wir uns kannten, mit mir angestellt hatte.

 

Unbewusst streichelte ich erneut ihren Handrücken mit der Hoffnung, sie würde diese Berührung wahrnehmen und aufwachen, aber die Ärzte hatten bereits gesagt, dass es vergeblich war. Selbst wenn sie aus dem Koma erwachen würde. Ihr Herz wäre viel zu schwach, um so fortleben zu können, wie gehabt. Sie würde früher oder später sterben.

Aber…

 

Erneut sah ich ihr wunderschönes Gesicht an. Nein! Ich konnte sie nicht gehen lassen. Nicht jetzt. Und nicht morgen.

Nicht, wo ich sie erst gefunden hatte.

 

Verzweifelt legte ich meine Stirn an ihre, um ihre Nähe zu spüren, und dann hielt ich inne und genoss alles, was ich von ihr wahrnahm. Ihren Duft. Ihr Atem. Ihre Wärme. Ich sog ihre Anwesenheit vollkommen ein.

Nein! Ich ließ meine Liebe nicht sterben. Unter keinen Umständen, denn mit ihr würde mein Herz sterben. Auch wenn ich es jemand Außenstehendes nicht zugeben würde.

 

„Neji-Sama? Wollen Sie nicht nach Hause gehen?”, fragte schließlich eine Krankenschwester, welche in dem Krankenzimmer gerade das Licht eingeschaltet hatte. Was? War es schon so spät?

Aber das war allerlei. Ich ließ TenTen nicht alleine. Von daher schüttelte ich den Kopf, als die Schwester auch schon nickte.

 „Im übrigen. Es hilft vielleicht, wenn sie mit ihrer Freundin reden!”, sie zwinkerte mir zu, als sie aus dem Raum verschwand. Da ich das schon neulich vom Arzt gehört hatte, streichelte ich erneut ihren Handrücken.

 „Sie hat dich meine Freundin genannt! Wärst du jetzt wach, würdest du dich dagegen sträuben.”

Ich seufzte, als ich keine Regung von ihr bemerkte. Ich überlegte kurz, als mir auffiel, dass ich ziemlich ungeduldig war.

 

TenTen kannte mich doch erst seit wenigen Wochen. Da war es klar, dass sie mich erst etwas mehr kennenlernen wollte, ehe sie überhaupt in betracht zog etwas mit mir anzufangen. Ich nahm mir selbst vor, dass ich etwas Geduld aufbringen würde, wenn sie gesund würde. So fest.

Ich musste gähnen.

Wie lange war ich schon wach?

Ich blickte erneut auf die Uhr und wunderte mich, dass es schon Nacht war. Halb zwölf zeigte die Uhr.

Ich lehnte mich im Stuhl zurück, und schloss die Augen, ließ aber TenTens Hand nicht los.

Nicht einmal fünf Minuten später fiel ich in einem traumlosen Schlaf.

 

Erst, als der Arzt am nächsten Morgen reinkam, wachte ich erneut auf. Erst wusste ich nicht, wo ich war, als ich wieder mit dem miefenden Geruch von Desinfektionsmittel konfrontiert wurde, wurde es mir bewusste.

Ich stand auf, um dem Arzt den nötigen Respekt zu erweisen und dadurch huschte ein tröstendes Lächeln über sein Gesicht.

 

„Neji-Sama! Wir haben wirklich alle Möglichkeiten in den letzten zwei Wochen in Betracht gezogen. Sie wird nicht durchkommen. Wir könnten jetzt versuchen das unvermeidliche hinauszuzögern, aber das hat die Patientin bereits bei ihren früheren Untersuchung abgelehnt. Sie müssen sie gehen lassen!”

 

Eindringlich sah mich der Arzt an, als er einen kurzen Blick zu TenTen warf.

 „Wird sie leiden?”, fragte ich ihn, um nicht ganz so hilflos dazustehen, wie ich mich fühlte.

 „Wir werden die Geräte ausschalten und ihr stattdessen das Schmerzmittel Morphium verabreichen. Sie wird irgendwann friedlich einschlafen und wird gar nichts spüren.”

Ich nickte nur, dabei blinzelte ich, um meine Tränen zurückzuhalten.

 „Ich hatte zu wenig Zeit mit ihr!”, sagte ich nur.

 „Es tut mir leid, dass wir nicht mehr tun können.”

 „Bitte machen Sie es so, wie Sie es gesagt haben.

 

*~*

 

Gesagt, getan. Viel zu schnell kam die Zeit, als die Geräte langsam abgestellt und eine Injektion mit Morphium an sie angeschlossen wurde.

 „Darf ich mit ihr noch einmal alleine sein?”, fragte ich den Arzt.

 „Sie können so viel Zeit haben, wie Sie benötigen”, bestätigte er, als er den Raum erneut verließ.
 

Ich wartete noch einen Augenblick, bis die Luft rein war. Danach legte ich mich neben TenTen in ihr Bett.

Hätte ich nur etwas mehr Zeit mit ihr verbringen können. Vielleicht hätte ich es dann sehen können, wie sie neben mir aufwachte.

Fürsorglich streichte ich ihr eine Strähne hinter das Ohr. Danach verschwammen meine Augen erneut.
 

Ich blinzelte, aber eine Träne floss bei dem Gedanken, dass sie niemals wieder aufwachen würde.

Ein paar Atemzüge gab ich mir noch Zeit, bis ich zum Reden ansetzte: „Du bist wirklich etwas ganz besonderes TenTen. Optimistisch, klug, fleißig. Ich muss gestehen, ich kenne dich schon ein bisschen länger, bevor du mich überhaupt bemerkt hattest. Es war eine verschneite Winternacht. Du hattest den Müll rausgebracht. Nur in Schuhen und einem einfachen Nachthemd. Ich dachte du würdest dich bestimmt am nächsten Tag erkälten. Jedoch warst du genügsam. Du hattest sogar gestrahlt. Dich über den Schnee gefreut. Danach sahst du zum Himmel, legtest dich zu Boden und wedeltest mit Händen und Füßen umher, bis um dich herum Flügel entstanden. TenTen, du warst innerlich immer so frei wie in dieser Nacht durch dein Optimismus. Du wirst mich vielleicht für ein Stalker halten, aber ich habe dich seitdem jeden Tag beobachtet. Nie hattest du dich beklagt wegen dem Tyrann von Onkel. Im Gegenteil. Jeder Mensch sollte sich eine Scheibe von Dir abschneiden. Dann wäre die Welt voller optimistischer und offener und friedvoller Menschen.”

 

Ich gab ihr kurz einen Kuss auf die Stirn, bevor ich fortfuhr.

 

„Ich hatte nach einer Gelegenheit gesucht, um dich anzusprechen. Und dann kam der Tag, an dem du mich auch bemerkt hattest. Innerlich war ich stolz gewesen, dass ein Mädchen mit so einer Anmut mich beachtete. Doch dann wollte ich einfach zu viel. Ich wollte Dich vor meinem Onkel retten, aber bemerkte nicht, dass ich genauso schlecht wie er zu dir war, weil ich dich wie ein Objekt behandelt hatte. Und jetzt ist das alles zu spät. Es tut mir so leid!”

 

Ich schloss die Augen und weinte. Eine Träne nach der anderen. So verzweifelt war ich noch nie in meinem Leben gewesen. Ich wollte TenTen halt geben, aber konnte mich gerade selbst nicht halten, weil ich mich so hilflos fühlte.

Doch dann geschah etwas unfassbares.

Ich spürte etwas auf meinen Lippen.

 

Ich öffnete die Augen und bemerkte, dass sich TenTen vorgebeugt hatte und es somit ihre Lippen waren. Wir küssten uns. Am liebsten würde ich es vertiefen, aber ich hatte Angst, dass ich versehentlich die Injektion löste.

Deswegen blieb es bei der Berührung der Lippen.

Ich verlor jedes Zeitgefühl und mein Herz schlug etwas schneller. Es verflog jedoch etwas, als sie sich mit ihrem Kopf langsam zurückzog und mich schwach anlächelte. Die Augen waren immer noch geschlossen.

 

„Das wollte ich seit längerem machen”, sagte sie mit gebrochener Stimme. Dann setzte kurz ihr Atem aus.

Dies hielt aber nur für wenige Sekunden, denn sie öffnete wieder die Augen und sah mich an.

 „Wie geht es unseren Kindern, Neji?”, fragte sie und sah mich schwach lächelnd an.

 

Ich musste mehrmals blinzeln, bis mir klar wurde, dass es das Morphium verursachte, dass sie halluzinierte.

 „Gut!”, sagte ich stattdessen.

Sie lächelte mich schwach an und sah zu ihrem Fingern herunter.

 „Wo ist der Ring?”

Nochmals war ich ratlos, als ich vermutete, dass sie den Hochzeitsring meinte. Oh mein Gott, hätte ich diese Frau gerne geheiratet. Innerlich zog sich mein Herz zusammen, als ich realisieren musste, dass es nie passieren würde.

 

„Du hast ihn ausgezogen, als du dich schlafen gelegt hattest. Ich weiß doch, dass du Schmuck nicht so magst, weswegen ich vollkommen verstehe, dass du das tust.”

TenTen sah mich an und schwieg.

Danach lächelte sie schwach.

 „Du bist einfach der beste Ehemann der Welt!”

 

Mit einem Lächeln schloss sie erneut die Augen, als mir die drei Worte einfach so rausrutschten. Noch eine Weile schallte meine eigene Stimme durch mein Ohr, als ich ihre Antwort hörte, was sich in meinem Gehirn einbrennen würde, für den Rest meines Lebens.

 „Ich liebe dich auch, Neji!”

 

Danach nahm ich wahr, dass ihr Atem langsamer wurde und ihr Herz noch ein paar mal schlug, bis es verstummte.

Ich blieb noch liegen, wollte es nicht wahrhaben, dass TenTen nicht mehr aufwachen würde und das Ganze seit der Injektion nur wenige Stunden gedauert hatte. Dabei hatten wir gerade über unsere nicht vorhandene Zukunft gesprochen. Ich lag einfach nur fassungslos neben ihr und sah in ihr blasses aber wundervolles Gesicht, was nun keine Qualen mehr erleben musste. Nie mehr.
 

Und ich würde es im Herzen tragen, während ich in dieser Welt weiterleben musste. Irgendwie. Tag für Tag.  Bis ich ihr folgen konnte.

Irgendwann.

 


Nachwort zu diesem Kapitel:
Für alle, die wie ich, nicht dem Latein mächtig sind, so wie ich. Arcano bedeutet übersetzt geheimnisvoll. (Wenn Google mich nicht betrogen hat)

LG Nana Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
Soap, damit ist die Reihe der vorletzten Kapitel beendet. Das heißt, es wird zu jedem Paar nur noch ein Kapitel geben. Für diese Kapitel haben wir aber noch eine kleine Vorwarnung. Im Gegensatz zu allen anderen Kapiteln wird die Geschichte zum Ende aus der Sicht einer anderen Person erzählt. Ich bin sicher, ihr werdet ganz leicht erraten, wer das Ende jeweils erzählt.

Bis dahin ein paar schöne Tage.

LG Nana und Hakii Komplett anzeigen

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Kommentare zu dieser Fanfic (45)
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Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von:  Inara
2017-05-16T15:09:39+00:00 16.05.2017 17:09
Das war sehr traurig, aber wirklich schön.
Ich hoffe für die beiden das es ein Leben nach dem Tod gibt.
Natürlich freu ich mich schon auf euer nächstes Werk.
Antwort von:  CrazyAuthors
20.05.2017 02:42
Wir freuen uns dich so mit dieser Geschichte überzeugen zu können.
Es hat uns immer sehr gefreut deinen Kommi zu lesen und wir hoffen es für sie auch, dass es ein Leben nach dem Tod gibt T___T
Wir freuen uns in jedem Falle dich wiederzusehen. Unser nächstes Werk wird nicht ganz sooo dramatisch aber vll ist es doch etwas für dich.

Bis auf ein baldiges wiederseshen.
Deine Hakii und Nana
Von:  Inara
2017-05-16T12:48:17+00:00 16.05.2017 14:48
Ich Hab's geahnt. 😭
Ich hatte gehofft Ita befreit seinen Bruder oder so.
Das ist traurig, aber es kann ja nicht immer gut ausgehen. Hoffentlich geht es wenigstens schnell.
Antwort von:  CrazyAuthors
20.05.2017 21:01
Es tut uns leid Q__Q
Es war ein Unfall... na gut wir haben die Tode schon geplant aber das entstand aus Affekt OO
Äh... Oder so ähnlich :D
Leider können wirnicht sagen ob es schnell geht. Vll. Vll nicht oO
Das bleibt eurer Fantasie überlassen.

Vielen Lieben Dank für Dein Kommi <3
Von:  Inara
2017-05-16T11:39:00+00:00 16.05.2017 13:39
Ein schönes Ende für eine tolle Story.
Die von Neji und Ten hat auch Potential für ein Happy End. Bei Sasu sieht es schlecht aus. Das muss aber auch nicht immer sein. Baubedarf es ist für gestaltet.

Es haben sich ein paar Grammatikfehler eingeschlichen.
Antwort von:  CrazyAuthors
20.05.2017 02:49
Oh wegen den Grammatikfehlern tut es uns leid.
Ich habe einfach wie wild geschrieben und Nana musste es Betan. Da waren sicherlich 10000000 Fehler mehr drinnen. :D
Jap ein Happy End musste sein. Ich hatte sogar darauf bestanden. -^.^-
Wenn wir schon ein Sad Ending verkraften müssen.
Wir freuen uns wahnsinnig, dass dir diese Geschichte gefiel <3

GLG
Hakii und Nana
Antwort von:  Inara
20.05.2017 08:24
Na ja, da meine Fehlerkorrektur da veranstaltet hat war recht schräg. Ich hab's auch nicht nochmal gelesen.
Von:  Inara
2017-05-16T11:02:33+00:00 16.05.2017 13:02
Was für eine besch*** Situation.
Hoffentlich kriegt Kaito sein Fett weg. Ich bin aber optimistisch, dass sie aufwacht.
Antwort von:  CrazyAuthors
20.05.2017 02:47
Jap... das ist es schon.
Die arme Tenten. Ich darf ja nicht in den Kommentaren von einem vorherigen Kapitel über den Rest der Kapitel spoilern oder OO
Nee mach ich sicherlich nicht :DDDD
Vielen Dank für dein Kommentar <3

Hakii und Nana
Von:  Inara
2017-05-16T06:51:18+00:00 16.05.2017 08:51
WAAASS!!!
Das ist jetzt ein Scherz, oder?
Antwort von:  CrazyAuthors
20.05.2017 02:44
Hi,
Ich muss gestehen hier in dieser FF wird leider nicht gescherzt.
Es tut uns leid deine Hoffnungen zu zerstören. :(
Ich glaub das war auch gerade ein richtiger Schockmoment. Nana hatte auch gesessesn und mir erst einmal vor Schreck nicht zurückgeschrieben :D

GLG
Hakii und Nana
Von:  Majaaaa
2017-05-14T20:40:36+00:00 14.05.2017 22:40
Ich muss sagen, dass alle drei Geschichten mir wirklich super gefallen haben. Mal gingen sie gut und mal eher traurig aus. Es war so schön sie zu lesen und ihr könnt wirklich stolz sein. Es gab schon mehrere Stellen an denen ich weinen musste und manchmal war es so ungerecht, dass ich gar nicht weiterlesen wollte. Und trotzdem haben sie much so gefesselt. Wirklich super
Vielleicht begegnen wir uns bei einer anderen Fanfiction nochmal. Wäre super wenn ihr nochmal so etwas ähnliches scheibt. Ihr seid echt ein super Team.
Antwort von:  CrazyAuthors
15.05.2017 15:30
Awww *Taschentuch gibt*
Wir danken dir, dass du so dabei warst und fast bei jedem Chap Kommis hinterlassen hast.
Das hat uns echt ultra motiviert die Geschichte weiter zu schreiben und zu beenden.
Ich glaube diese FF hat darauf fokussiert, dass das Leben nicht Friede Freude Eierkuchen ist und alle in den Sonnenuntergang reiten, sondern dass vieles in der Geschichte, und ja auch heute, ungerecht ist. Wir wären nicht ein bisschen Crazy, wenn wir nicht auch solche Geschichten aufgreifen.
Ich verspreche Dir. Bei der nächsten Geschichte kommt auch wieder etwas Drama aber ganz so drastisch wie ein Autounfall ist es nicht... (höhöhö hat jemand das Wortspiel zur nächsten Geschichte gemerkt?) :D
Vielen Dank für deine Lieben Worte und wir behalten im Hinterkopf, dass du noch mal Drama mögen tuen tust oder so was in der Art :D

GLG

Hakii und Nana (deine Crazy Autoren mit <3)
Von:  Noir776
2017-05-14T17:39:13+00:00 14.05.2017 19:39
Das ist traurig....... Was erwartet man denn bitte von einer ff wo Drama vorprogrammiert ist. Ich musste weinen, als Tenten halluziniert hat und dann stirbt sie. Wie kann man bitte so traurig und realistisch schreiben? Ein Kompliment. Was auch immer die nächste FF ist. Ich werde reinschauen. Das zu lesen wird sich lohnen. Danke für das Kapitel. Ich bin etwas chilliger jetzt. Morgen ist Schularbeit. In Deutsch. Ich hab Angst.
Nun fasse ich zusammen. Temari x Shiamaru Happy End
Sasuke x Sakura Bad End
Neji x Tenten Half Bad end.
Während Neji x Tenten hatte ich gedacht jetzt kommt ein Wunder und dann stirbst sie.
Nach dieser Geschichten Frage ich mich was du jetzt schreiben willst. Ich schreibe ja an einer was wäre wenn Menma in Narutos Welt wäre Story.
Als nächstes kommt eine Songfic. Ja nee ist klar.

Antwort von:  CrazyAuthors
15.05.2017 15:43
Tut mir leid, dass es traurig ist ... und realistisch ... jetzt hab ich ein schlechtes Gewissen ... oO
Danke für das Kompliment!
Und danke, dass du reinschaust. Das macht uns richtig Stolz, dass wie geschafft haben jemanden mit einer Geschichte zu begeistern. Zugegeben am Anfang hatten wir es bei dieser Geschichte nie erhofft oO
Super Zusammenfassung! Mehr ist nicht hinzuzufügen <3
Uh wir wünschen dir auch viel Glück bei deinen FFs. <3 <3 <3 Sie sind sicherlich toll .

Songfic wollte ich auch immer mal schreiben, aber ich denke das würde eine nie endende Geschichte werden.

Ich danke dir wahnsinnig für deine Kommentare und Mutzusprechungen. Wir haben uns sehr gefreut.

GLG

Hakii und Nana <3
Von:  Noir776
2017-05-04T04:34:25+00:00 04.05.2017 06:34
Äääääääääääääääähhhhhhhhhmmmmmmmmmmm......... Erst mal soory dafür, aber was war das. Ich hatte irgendwie ein Happy End erwartet. Nun hat man mir ins Gesicht getreten. Vielleicht geht es noch weiter. Vielleicht. Ich hoffe es. Das Kapitel ist aber eigentlich ziemlich gut, nur mehr als genug Drama
Antwort von:  CrazyAuthors
04.05.2017 14:14
Hey ho,

dann darf ich dir wohl sagen, erwarte steht's das unerwartete. Aber jetzt mal ehrlich, es wäre doch mega langweilig, wenn alle Geschichten gutausgehen würden. Für Itachi und Sasuke ist es vorbei, sowohl in der Geschichte als auch in der gesamten Geschichte, denn das war das letzte Kapitel zu den beiden. Ein gutes Drama ist eben auch nicht zu verachten.
Ich hoffe, es hat dir trotz des Bad Ends für Itachi und Sasuke gefallen.

Danke für dein Kommentar.

LG Nana (und Hakii)
Von:  Tenten04
2017-05-03T14:25:20+00:00 03.05.2017 16:25
Weiter?
lg
. Tenten04
Von:  Tenten04
2017-05-02T16:49:14+00:00 02.05.2017 18:49
I love it
liebe grüße
. Tenten04

Antwort von:  CrazyAuthors
04.05.2017 14:11
Hey ho,

schön, dass es dir gefallen hat. Wenn deine "Weiter?"-Frage darauf abzielt zu wissen, ob es weitergehen wird, nein das war das letzte Kapitel zu Sasuke. Am 14. (wenn ich mich nicht täusche) wird das letzte Kapitel zu dieser Geschichte erscheinen. Es ist das letzte TenTen-Kapitel.

LG Nana (und Hakii)


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