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lonely starlight

von

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lonely starlight

Das Meer lag ruhig und friedlich da, wie eine weite, tiefblaue Decke, die allen Lebewesen darin einen ruhigen und gemütlichen Platz zum Schlafen bot.

Die Sterne waren hier, fernab von Festland und Zivilisation besonders deutlich zu erkennen und schienen miteinander um die Wette zu funkeln.

Allerdings funkelten sie auch nicht ganz so schön, wie die Augen eines Laprasjungen, das zu eben jenem Sternenhimmel aufblickte und stolz darauf war, so lange aufgeblieben zu sein, dass es nun diesen wunderschönen Anblick genießen konnte.

„Entferne dich bloß nicht zu weit von unserem Schlafplatz“, warnte seine Mutter, „Du wärst nicht das erste Lapras, das sich mit dem Kopf in den Wolken verlaufen hat.“

„Wird nicht passieren“, erwiderte das Junge und erfreute sich weiterhin am Anblick der Sterne.

Da jedoch bemerkte es etwas, wofür es keine Erklärung wusste.

„Mama, wieso fällt der Stern da vom Himmel runter?“

„Das ist eine Sternschnuppe, mein Kleines. Wenn du sie siehst, darfst du dir etwas wünschen, und wenn du niemandem von deinem Wunsch erzählt, wird er sich auch erfüllen.“

„Oh, echt? Dann, dann… Hmm…“

Fieberhaft versuchte das Kleine, einen Wunsch zu finden.

„Mama?“

„Ja?“

„Darf ich mir auch wünschen, dass der Stern wieder in den Himmel kommt?“

„Oh… sicher darfst du das, aber wieso das denn?“

„Na ja, wenn er runterfällt, dann tut das doch bestimmt weh und einsam ist er dann auch noch, alle anderen Sterne sind dann ja noch da oben.“

„Als ich so klein war wie du hat mir deine Großmutter eine andere Geschichte über Sternschnuppen erzählt.“

„Eine andere?“

„Ein Stern am Himmel zu sein… das ist sehr einsam. So viele Menschen und auch Pokémon können dich sehen und bewundern, aber jeder Stern hat seinen festen Platz und kann die anderen nicht sehen und auch nicht besuchen oder gar mit ihnen spielen. Deswegen kommt ein Stern auf den Boden – er benutzt seine magische Kraft, um einen Wunsch zu erfüllen, dann kommt er hier her und kann unter denen leben und mit denen spielen, die ihn immer nur aus der Ferne bewundern können. Verstehst du das?“

„Weiß ich nicht“

Das Kleine legte seinen Kopf schief.

Seine Mutter lächelte es warm an.

„Nun gut, das ist ja auch nur ein altes Märchen. Hast du dir jetzt was gewünscht?“

„Was ge-aah, ganz vergessen!“
 

Gedankenverloren blinzelte Lapras noch einmal, ehe sie ihren Blick wieder vom Sternenlicht abwandte. Unvermittelt hatte sie sich an die Geschichte erinnert, die ihre Mutter erzählt hatte, aber im Gegensatz zu damals kam nun keine Sternschnuppe vorbei, die ihr hätte helfen können.

Sie blickte sich um, aber scheinbar würde er noch ein wenig schwimmen müssen, um einen Felsen zu finden, an dessen algenbedeckter Seite sie sich anlehnen konnte, um morgen früh nicht wieder desorientiert nach einem neuen Orientierungspunkt zu suchen. So langsam beschwerten sich ihre Flossen immer lauter und penetranter, dass sie sie überstrapazierte, nur weil der letzte Felsen, an dem sie vorbeigekommen waren, so weit zurücklag, dass sie damals gedacht hatte, sie hätte noch viel Kraft übrig.

„Jetzt würde ich mir ein Lampi recht kommen…“, brummte sie vor sich hin und war gerade dabei, sich doch einen Weg zu suchen, wie sie auch auf dem Meer nächtigen und sich trotzdem morgen nicht verlaufen würde, als doch ein helles Licht am Himmel ihre Aufmerksamkeit erregte.

Es sah genauso aus wie damals, nur strahlte es noch viel heller.

Für einen Moment hielt Lapras inne, dann schloss sie doch schnell ihre Augen und murmelte: „Bitte bring mich wieder zu meiner Familie zurück!“

Sie öffnete die Augen wieder, aber entgegen ihrer Erwartung war die Sternschnuppe nicht verschwunden. Im Gegenteil, sie war viel klarer zu sehen als zuvor.

Es sah beinahe so aus, als ob sie…

Als ob sie…

„Die kommt ja hierher!“, erschrak sich Lapras und duckte sich schnell ins Wasser, um ein paar Meter unterzutauchen.

Das Licht wurde weiter heller, bis die stille Ozeandecke aufbrach und das Licht an Lapras vorbei mit sinkender Geschwindigkeit in Richtung des Meeresbodens sank.

Kurz musste Lapras blinzeln, um wieder etwas sehen zu können, aber dann konnte sie die Silhouette des Lichtes besser erfassen.

„Ist… das ein Pokémon?“

Jetzt, da das Licht verblasste, wurde es einfacher, es zu erkennen.

Lapras schwamm zügig auf das Licht zu und schnappte es mit dem Maul sanft am Arm, um es wieder zur Meeresoberfläche zu bringen.

Es war ein Pokémon, aber eins, das Lapras noch nie in ihrem Leben gesehen hatte. Es war bestimmt kein Wasser-Pokémon, sah aber auch nicht aus, als ob es fliegen konnte. Sein Körper war weiß gefärbt, es trug eine Art sternenförmiges Teil am Kopf und an seinem Rücken hingen lange Bänder, wie Lapras sie sonst eher von Kleidungsstücken der Menschen kannte.

An der Wasseroberfläche angekommen legte Lapras es sanft auf ihren Rücken und wartete ab, was passieren würde. Zu ihrer Erleichterung kam das kleine Pokémon gleich zu sich, hustete kurz ein wenig und sah Lapras dann in die Augen.

„Oh, hoho!“

Seine Stimme war hoch, wie die eines Kindes, aber es versuchte aus irgendeinem Grund, sie dunkler klingen zu lassen.

„Was sehen meine niedlichen Augen hier? Bist du etwa das Pokémon, das mich selbstlos aus dem Wasser gezogen hat?“

„Ah… selbstlos wäre übertrieben, es ist nicht so, dass für mich Gefahr bestanden hätte“

„Ah! Lass mich ausreden!“ das schien das kleine Pokémon ein klein wenig zu sehr aus der Fassung gebracht zu haben.

„Äh-hem… also, das war eine große Tat und ich, Jirachi, Erfüller der Träume aller, bin dir außergewöhnlich dankbar ob dieser außergewöhnliche Tat! Um dir deine gütige Tat zu vergüten, werde ich dir drei Wünsche erfüllen! ..das würde ich jedenfalls sagen, wenn ich das könnte.“

Lapras konnte dem kleinen Pokémon nicht ganz folgen.

„Wünschen… meinst du wie bei einer Sternschnuppe?“

„Ja, genau!“

Wenn es magische Kräfte hatte, musste das Kerlchen wohl ein Psycho-Pokémon sein.

„Allerdings muss ich dich bitten, ein paar kleine Einschränkungen vorzunehmen! Nummer eins: Ich kann dir nur einen Wunsch erfüllen. Nummer zwei: Ich kann dir nicht versprechen, dass er sich sofort erfüllen wird. Oder überhaupt. Aber das ist ja das Spannende bei Sternschnuppen, nicht wahr? Und schließlich, Nummer drei: Wünsch dir bitte nicht, eine andere Farbe zu bekommen oder gar ein anderes Pokémon zu sein. Das ist noch nie gut gegangen. Ist also weniger eine Einschränkung als vielmehr ein persönlicher Tipp. Und dann, Nummer vier: Wünsch dir nicht mehr Wünsche. Das ist albern.“

„Hast du schon viele Wünsche erfüllt?“

„Nein, aber ich bin ja beim Wünsche erfüllen nicht allein. Weißt du, was das für eine Aufgabe wäre? Sich von allen Leuten immer anzuhören, was sie begehren und wie dringend das ist? Es gibt eigentlich zwei Arten von Pokémon und Menschen, die sich was von mir wüschen; Die, die alles haben und für die das hier ein Spaß ist, oder die, für die eine Hilfe von außen die letzte Hoffnung ist. Da müssen sich dann meine Freunde, die das hier schon länger machen, drum kümmern. Aber das ist es ja für dich gar nicht, oder?“

„Ah…“ Kurz musste Lapras atmen, so als wäre sie es, die das alles in einer Geschwindigkeit runtergebetet hatte.

„Nein, nicht direkt… eigentlich hab ich nur einen Wunsch.“

„Ah ja? Mehr könnte ich dir eh nicht erfüllen, also…“

„Bring mich zu meiner Familie.“

Für einen Moment herrschte Stille zwischen Lapras und Jirachi, dann begann es etwas unbeholfen zu sprechen: „Äh… wenn du mir sagst, wo sie sind, kann ich dich sicherlich begleiten, äh…“

„Ich bin vor langer Zeit von ihnen getrennt worden… Wenn ich wüsste, wo sie sind, hätte ich sie auch schon gefunden. Eigentlich folge ich nur den Strömungen und frage jedes Pokémon, dem ich auf meinem Weg begegne.“

Lapras seufzte leise.

„Aber das wäre wahrscheinlich auch ein bisschen zu einfach gewesen.“

Sie schwamm ein Stückchen weiter.

„Ah, der Felsen sieht gemütlich aus.“

„Moment, war es das jetzt?“, fragte Jirachi verwundert.

„Was? Ach so. Na ja, wenn du mir meinen einzigen Wunsch nicht erfüllen kannst, dann hätte es wenig Sinn, dich um etwas anderes zu bitten. Such' dir ruhig ein anderes Pokémon, dessen Wunsch einfacher zu erfüllen ist.“

„Hallo? Das ist fies!“ Jirachi plusterte seine Wangen ein bisschen auf.

„Nur weil ich… nur weil ich noch lerne! Irgendeinen Wunsch muss es doch geben, den ich schnell erfüllen kann! Wünsch dir doch, dass eine Minute vergeht oder sowas!“

„Wozu soll das gut sein?“

„Ganz einfach, durch deinen Wunsch bin ich an dich gebunden, also wünsch dir einfach was anderes.“

Jirachi machte sich mehr und mehr unbeliebt.

„Ich habe keinen anderen Wunsch. Geh doch einfach wieder Nachhause zurück, wenn du mir dabei nicht helfen kannst oder willst.“

„Kann ich aber nicht, bis ich dir nicht deinen Wunsch erfüllt hab!“

Lapras seufzte leise. Eigentlich war sie viel zu müde, um sich das noch länger anhören zu können.

„Wenn du wegen meines Wunsches an mich gebunden bist, dann bringt es doch auch nichts, mir was anderes zu wünschen, oder?“

„Äh… hattest du denn den Wunsch direkt ausgesprochen, als du die Sternschnuppe gesehen hast?“

„Ja, hab ich.“

„Ah… okay, ich geb‘ mich geschlagen…“

Jirachi machte es sich auf Lapras‘ Panzer gemütlich und schloss die Augen.

„Morgen… morgen denk ich drüber nach, was ich tun kann, um dir bei deinem Wunsch zu helfen, okay? Heute… heute bin ich zu müde… ich kann gar nicht mehr…“

Wie ein kleines Kind war Jirachi innerhalb von wenigen Sekunden fest eingeschlafen, also blieb Lapras nichts anderes übrig, als sich auch zur Ruhe zu begeben. Das kleine Pokémon hatte so viele Dinge erklärt, die nicht wirklich Sinn ergaben, aber vielleicht hatte es sich nur verhaspelt, weil es so aufgeregt gewesen war. Morgen würde sicher mehr Klarheit bringen.
 

„Wach auf, Lapras, ein Schwarm Tohaido hat uns umzingelt und ein Trainer zielt mit seinem Pokéball auf uns!“

Lapras schreckte hoch und sah sich schnell um, konnte aber von dem weiten Meer abgesehen nichts Besonderes ausmachen.

„Was…“

„Guten Morgen!“, rief Jirachi freudig.

„Wo… wo soll der Trainer sein? Was ist hier los, Jirachi…“

„Gar nichts. Ich wollte nur, dass du aufwachst.“

„Soll ich dich wieder ins Meer werfen?“

„Was? Das würde ein gütiges Pokémon wie du doch keinem süßen kleinen Ding wie mir antun können!“

„Dann belass es das nächste Mal bei einem guten Morgen!“

So langsam wurde Lapras ein bisschen ärgerlich. Sie hatte eigentlich keine Nerven, auch noch ein kleines Kind mit auf ihre Reise mit ungewissem Ausgang zu nehmen.

Sie sah zum klaren, strahlend blauen Morgenhimmel auf, unter dem einige Wingull ihre Flügel ausstreckten. Sie dürften also nicht weit von einer Insel oder gar dem Festland weg sein. Vielleicht konnte Lapras dort diese oder andere Vogel-Pokémon finden und nach dem Weg fragen.

„Ihr seid schon ein merkwürdiges Paar, ihr zwei.“

Gleichzeitig drehten sich Jirachi und Lapras in die Richtung, aus der diese Bemerkung gekommen war.

Ein Wailmer blickte sie freundlich an.

„Wohin führt euer Weg?“

„Ah… wir suchen meine Familie“, antwortete Lapras, nachdem sie die Überraschung überwunden hatte.

„Dieses kleine Pokémon hier besteht darauf, mich zu begleiten, obwohl ich ihm schon gesagt habe, dass das nicht notwendig ist.“

„Und ob es das ist!“, protestierte Jirachi.

„Ich habe es dir doch gestern erklärt, es ist dein Wunsch, den du an mich gerichtet hast und den muss ich erfüllen!“

„Ich habe noch nie von einem Pokémon gehört, das Wünsche erfüllt“, gestand Wailmer, „Aber wenn ihr gemeinsam reist, dann ist es bestimmt schöner, wenn ihr euch besser versteht. Aber sag mal…“

Er blickte Lapras an.

„Wie lange reist du schon umher?“

„Ich?“

Mit dieser Frage hatte sie nicht gerechnet.

„Ungefähr… ein paar Monate werden es schon sein, ich habe mindestens 10 Vollmonde gezählt und an manchen Nächten war es ja auch bewölkt oder neblig…“

„Heißt das nicht, dass du schon erwachsen bist?“

„Erwachsen?“

„Du könntest versuchen, einen ganz eigenen Weg zu finden. Haben dir deine Eltern gesagt, dass du zu ihnen zurückkehren sollst?“

„Meine Mutter… ich wurde von der Herde getrennt, also hab ich von ihr nichts gehört. Ich war lange bewusstlos und muss von einigen Strömungen getrieben worden sein.“

„Woher willst du dann wissen, ob du richtig liegst? Wieso gehst du den Weg, den du gehst?“

„Hmm… als ich kleiner war, hat mir meine Mutter mal erzählt, dass ich einfach immer den Strömungen folgen soll, wenn ich von ihr getrennt werde.“

„Das wäre dann der Weg deiner Mutter, nicht wahr?“

„Äh… es macht Sinn, dem zu folgen, wenn ich sie finden will, oder?“

„Und was sagt dein Gefühl?“

Lapras hielt inne. Wer war Wailmer? Wieso stellte er so komische Fragen?

„Herr Wailmer?“, meldete ich nun auch Jirachi zu Wort, nachdem er die ganze Zeit über ruhig auf Lapras‘ Panzer verharrt hatte, „Wie alt sind Sie?“

„Alt genug um viel erlebt zu haben“, antwortete Wailmer und lachte kurz auf.

„Aber ich schwimme denn auch mal wieder meines Weges, Kinder. Fräulein Lapras, du wirst deine Eltern wiederfinden. Auf deinem Weg.“

Mit diesen Worten tauchte Wailmer ab und sehr bald lag das Meer wieder so ruhig da wie zuvor.

„Wieso redet der so komisches Zeug?“, wunderte sich Jirachi laut. „Ich meine, du willst wieder zu deiner Familie, ist das nicht normal?“

„Weißt du, Jirachi…“

„Hm?“

„Damals, bevor wir in diesen Sturm geraten sind… hatte ich darüber nachgedacht, die Herde zu verlassen.“

„Waas!? Du wünscht dir so sehr sie wiederzusehen, obwohl du sie eigentlich verlassen wolltest?“

Lapras schwamm in gemächliche Tempo los, sodass sie sich fortbewegen und trotzdem noch genug Atem hatte, sich mit Jirachi zu unterhalten.

„Ich liebe meine Familie.“

Für einen Moment ließ Lapras diese Worte über dem Meer stehen, dann fuhr sie fort.

„Aber ich kann nicht behaupten, dass es immer Spaß gemacht hätte mit ihnen. Ich bin die Jüngste unter uns, viele Lapras aus der Herde sind schon erwachsen, können weder schnell noch ausdauernd schwimmen und außerdem besuchen wir immer nur die sicheren, weiten Strömungen, nicht die schnellen. Ich habe noch nie vor dir ein Pokémon getroffen, das kein Wasser-Pokémon war. Die Welt hat einfach mehr zu bieten.“

Kurz hielt sie inne.

„Aber als ich dann von meiner Familie getrennt wurde… da wollte ich einfach so sehr zu ihnen zurück.“

„Verstehe ich“, meinte Jirachi.

„Meine Familie… oben im Himmel leben ganz viele andere Jirachi und alle sind für mich wie Brüder oder Schwestern. Wir Jirachi werden quasi aus Wünschen geboren und bis es soweit ist, sind wir quasi… Sterne. Wir können mit unseren Brüdern und Schwestern reden, aber das ist nicht ganz einfach.“

„Wenn Jirachi aus Sternen geboren werden, wo kommen Sterne dann her?“

„Oh… das weiß ich gar nicht so genau. Ich erinnere mich nicht.“

Jirachi lehnte sich auf Lapras Panzer zurück und starrte in den Himmel, ganz so, als hielte der die Antworten auf seine Fragen parat.

„Ich vermisse alle anderen.“

Lapras stupste Jirachi kurz zärtlich mit der Schnauze an.

„Ich leg mich eine Weile hin“, gähnte Jirachi auf einmal, um die Stille zu durchbrechen, dann rollte es sich auf die Seite.

„Schon wieder? Es ist vielleicht eine Stunde her, dass du mich geweckt hast.“

„Mag ja sein“, es gähnte erneut, „Aber ich war ja auch davor schon eine Weile lang wach und außerdem bin ich noch ein Kind, ich brauche meinen Schönheitsschlaf. Also bitte schwimm nicht zu schnell und zu wild, ja?“
 

So sehr sie es versuchte, Lapras konnte nicht aufhören, an das zu denken, was Wailmer ihr gesagt hatte. Einen eigenen Weg finden… nicht immer an das denken, was die Familie machte… aber gleichzeitig wünschte sie sich ja so dringend, zu dieser Familie zurückzukommen. Irgendwie komisch.

War es aber nicht normal, das Nest verlassen aber trotzdem irgendwie in Verbindung zu seiner Familie bleiben zu wollen? Aber wie sollte das gehen? Es war nicht so, dass sie eine Möglichkeit hätten, über eine hohe Distanz hinweg zu reden und außerdem war es schwer genug, ihre Familie zu finden, auch wenn sie die Hoenn-Region noch nie verlassen hatten und das wahrscheinlich nicht mehr tun würden.

Nein, das Beste würde sein, ihre Familie wiederzufinden und bei ihnen zu bleiben. Eine andere Möglichkeit gab es nicht.

Allmählich stieg die Sonne immer höher und so langsam aber sicher merkte Lapras, dass sie heute das Frühstück ausgelassen hatte. Zeit also, ein bisschen in Küstennähe nach Seegesang zu suchen.

Außerdem… sie musste ja nicht nur sich selber, sondern jetzt auch noch Jirachi versorgen.

Ob so ein kleines Psycho-Pokémon überhaupt Seegesang mochte? Vielleicht waren ihm Beeren lieber? Aber nach denen konnte sie jetzt auch nicht wirklich suchen… es sei denn, sie würde etwas Hilfe bekommen.

„Heey! Du da! See-Pokémon!“

Lapras blickte ich kurz um, aber es schien, als ob sie gemeint war. Das Pokémon, das sie gerufen hatte, saß am Rande einer niedrigen Klippe.

„Entschuldige, aber ich kenne mich mit Pokémon aus dem Meer nicht so aus, sonst hätte ich dich auch beim Namen genannt.“

„Lapras“, half Lapras aus, „Ein Wasser-Eis-Pokémon, um genau zu sein. Und du?“

„Ich bin Schmerbe. Ich bin auch ein Wasser-Pokémon, aber ich kann auch ein Stückchen ohne Wasser zurücklegen. Und… genau das ist es, was ich jetzt machen muss.“

Lapras schwamm so dicht an die Küste, wie sie es konnte, ohne stecken zu bleiben, dann packte sie Jirachi vorsichtig mit dem Maul und legte ihn in den vom Sonnenlicht erwärmten Sand.

Kurz rollte es sich noch ein wenig um, aber dann schien es eine bequeme Position gefunden zu haben und schlummerte selig weiter.

„Weißt du, ob man hier in der Nähe Beeren finden kann, Schmerbe?“

„Ah ja, in der Nähe des Weihers sollte ich eigentlich ein paar Sinelbeeren und vielleicht sogar Äpfel finden können. Warte kurz hier!“

Als ob Lapras ihm hätte folgen können. Irgendwie wirkte das kleine Pokémon hektisch.

Stattdessen nahm sie die Klippe, an der sie lehnte, etwas näher in Augenschein. Offenbar handelte es sich bei dem Ort um eine Insel, vermutlich eine kleine, auch wenn Lapras von ihrer Position aus unmöglich die gesamte Insel mit ihrem Blick erfassen konnte. Der Hang, der von dem Strand nach oben führte, ging in erdigen, dann sehr schnell in leicht begrasten Untergrund um, der nach einem sehr guten Platz für diverse Pflanzen aussah. Würde es an diesem Ort grasfressende Pokémon geben – sie hätten niemals Hunger zu befürchten.

Hinter dem fruchtbaren Untergrund ragten Bäume und Büsche empor, die sicher Platz für viele Käfer-Pokémon boten. Von ein paar Wingull abgesehen würden außerdem vermutlich nicht viele Flug-Pokémon ihren Weg auf diese Insel finden, also dürfte es nicht nur ein nahrungsreiches, sondern auch ein sicheres Umfeld bieten. Außerdem war das Gras sehr dicht und wirkte, als würden maximal ein paar kleine Pfoten darauf laufen, anstatt von festem Schuhwerk, Trainer dürften diese kleine Insel also auch noch nicht entdeckt haben. Ein kleines Paradies auf Erden.

Lapras schwamm ein wenig dichter an die Insel heran, um einen besseren Blick bekommen zu können, aber das gelang ihr leider nicht, dafür hätte sie wenigstens einen halben Meter größer sein müssen, aber bestimmt wurde das auch noch. Vielleicht könnte sie später Jirachi fragen, ob es sich ein bisschen umsehen wollte… vielleicht…
 

„So, wieder da!“, rief Schmerbe aus und weckte Lapras somit aus einem sehr leichten Nickerchen, das sie an einen Felsen lehnenderweise verbracht haben musste. So genau wusste sie das nicht mehr, irgendwann war sie buchstäblich weggedriftet.

„Ich hab tatsächlich sogar ein paar Äpfel mitbringen können, hier, meine Freundin Flamara hat mir geholfen, alles einzupacken!“

Hinter einem Busch trat wie auf Kommando ein kleines, sehr flauschig aussehendes Pokémon, dessen Fell in warme Farben getaucht im Sonnenlicht glänzte, hervor.

Lapras hatte zuvor schon einmal ein solches Pokémon gesehen, allerdings war es da noch im Besitz eines Trainers gewesen. Ihre Mutter hatte ihr erklärt, dass ein Evoli einen sehr seltenen Stein berühren muss, um sich entwickeln zu können… also waren wilde Flamara sehr selten.

„F-Freut mich“, wisperte Flamara und blickte etwas unsicher auf Lapras.

„Nimm das nicht persönlich, sie hat es nicht so mit Wasser-Pokémon“, erklärte Schmerbe hastig.

„Weißt du, sie hat für ihren Trainer gegen ein Seemon gekämpft, aber er-“

„Sch-Schmerbe!“, rief Flamara auf einmal unerwartet laut aus, „Erzähl doch nicht einfach von so altem Zeug!“

„Ah, richtig, entschuldige.“

„Ah… schon gut.“

Etwas betreten blickte Flamara auf den Sand unter ihren Pfoten.

„Jedenfalls hab ich sie mithergebracht, weil ich…“

Kurz hielt Schmerbe inne.

„Lapras, ich habe eine Bitte an dich.“

„Was denn?“

„Kannst du mich in nach Moosbach bringen? Ich weiß den Weg von hier aus nicht, aber in der Nähe ist eine Höhle.“

„Schmerbe, ich kann doch nochmal mit deinen Eltern reden, bestimmt finden wir einen anderen Weg!“

„Nein, schon gut Flamara. Ich wurde gezogen, also muss ich den Weiher verlassen. Sonst kann irgendwann keiner mehr darin leben, die Nahrung ringsum reicht gerade so für alle. Gut, zugegebenermaßen, hätten sie Goldini oder diese Karpador-Göre genommen, ich hätte mich nicht beschwert… aber es ist, wie es ist.“

Schmerbe hüpfte zu Flamara hin und legte seinen Kopf an ihre Schulter.

„Ich weiß, dass es nicht einfach wird und du wirst mir auch sehr fehlen. Aber ich kann nicht länger auf der Insel bleiben.“

Er wandte sich an Lapras.

„Meine Flossen sind zu schwach, um auf dem Meeresgrund nach Nahrung zu tauchen, deswegen muss ich ein stilles Gewässer zum Leben für mich finden. Ein Seemops, das hier vorbeigekommen ist, hat mir von der Küstenhöhle bei Moosbach erzählt und das klang genau richtig für mich.“

Flamara vergrub ihr Gesicht in ihrem Pelz.

„Es wird alles gut, Flamara, ich komme dich besuchen. Ich weiß ja immer, wo ich dich finden kann.

„P-Pass auf dich auf!“, presste sie noch hervor, dann sprintete sie wieder den Hang hinauf und verschwand zwischen den Büschen.

Unter einem lauten Gähnen setzte sich Jirachi auf, rieb sich ein wenig die Augen und tastete dann mit seinen Händchen und noch geschlossenen Augen im Sand umher. Erst langsam, dann ein bisschen schneller, dann fing es fast schon an, im Sand zu graben - und als es seine Augen öffnete und sein Blick auf Lapras fiel, entspannte es sich gleich wieder ein wenig.

„Ich dachte mir, vielleicht würdest du lieber zur Abwechslung auf einem weichen Untergrund schlafen wollen. Manchmal schlafen andere Pokémon auf meinem Panzer, die beschweren sich dann hinterher über blaue Flecke.“

„Nein, alles gut“, antwortete Jirachi, gähnte dann erneut und stand auf, auch wenn es bei seiner Körpergröße keinen großen Unterscheid machte, ob es stand oder saß. Kurz hielt es inne, dann funkelte etwas in seinen Augen auf und es fing an, fast schon zu schreien.

„Aah, Lapras, wann gibt es was zu essen? Ich habe Hunger! Du kannst doch deinen kleinen Sternschnuppenfreund nicht einfach hungern lassen! Ohne Essen kann ich erst recht keine Wünsche erfüllen! Soll ich deinetwegen in eine Existenzkrise geraten?“

„Ruhig Blut, Schmerbe hier hat dir doch extra was geholt, weil ich nicht wusste, ob du Seetang isst.“

„Seetang? Na ja, zu meinen Leibspeisen gehört es nicht, aber ich bin deswegen kein pingeliges Kind! Ich hätte genommen, was du mir auftischst!“

„Woher weißt du, was deine Leibspeise ist, wenn du noch nie was gegessen hast?“

„Urgh…“

Jirachi ließ seinen kleinen Körper wieder in den Sand plumpsen, dann griff es nach einem der Äpfel, die Schmerbe an seine Seite gelegt hatte.

„Ich… ich hatte genügend Zeit, diese Welt zu beobachten, es hat zumindest gereicht, um sich ein bisschen umzugucken. Und du kannst dir gar nicht vorstellen, wie es ist, endlich einen Apfel in meinen Händen zu halten und ihn essen zu können…“

Das heißt, Lapras‘ Mutter hatte Recht gehabt. Sterne können auf die Erde kommen, wenn sie ich nach dem Leben sehnen.

„Du, Jirachi?“

„Ja?“ Jirachi biss in seinen Apfel und schwelgte für einen kurzen Moment in süßer Verzückung, dann blickte es Lapras an, um zu signalisieren, dass es zuhören würde. Auch Schmerbe machte es sich gemütlich, indem er sich an einer Stelle des Sandes leicht vergrub, an der gelegentlich einige Wellen aufschlugen, die seinem Körper Feuchtigkeit spenden konnten.

„Konntest du dir eigentlich aussuchen, dass du mir an diesem Abend einen Wunsch erfüllen würdest oder nicht?“

Jirachi schluckte kurz runter, dann antwortete es: „Ich konnte mir nicht direkt aussuchen, wem ich einen Wunsch erfüllen würde, schließlich hätte es auch sein können, dass du dir gar nichts wünschst. Ich hab mir einfach nur gedacht, es wäre eine schöne Nacht für einen Geburtstag.“

„Du hast gesagt, alle Jirachi sind quasi Sterne am Himmel, ehe sie geboren werden?“

„Ja, das ist richtig.“

„Heißt das, sobald sie sich dazu entschließen, geboren zu werden, können sie nicht zurück?“

„Nicht direkt.“

Jirachi überlegte kurz, als würde er die Worte in seinem Kopf ordnen, dann fuhr er fort.

„Weißt du, wenn ein Pokémon einen Wunsch erfüllt bekommt, dann reagiert mein Körper praktisch auf sein Glück, ich bekomme einen Magieschub, der ausreichend wäre, um wieder zurück in den Himmel zu fliegen und an der Seite meiner Brüder und Schwestern auf den nächsten Wunsch zu warten. Natürlich kann ich mich auch dazu entscheiden, auf der Erde zu bleiben und die Kraft für etwas anderes zu nutzen. Viele Jirachi entscheiden sich dazu, besonders, wenn sie so wie ich ein Pokémon länger begleiten, um seinen Wunsch erfüllen zu können. Außerdem wächst mein Körper mit jedem Magieschub ein bisschen mit, damit ich beim nächsten Wunsch etwas mehr Energie aufnehmen kann. Wieviel Energie ich bekomme, ist aber auch davon abhängig, wie groß oder klein ein Wunsch ist.“

„Das heißt, ein Jirachi kann solange es will hier unten leben und wieder aufsteigen, solange es genug Magie bei sich hat“, fragte Schmerbe.

„Solange es noch rein ist, ja. Wenn ein Jirachi Schuld auf sich lädt, dann muss es diese aber erst wieder abtragen. Wahrscheinlich, damit wir mit unseren Kräften hier unten kein Chaos stiften."

„Was meinst du mit wahrscheinlich? Wer hat denn diese Regeln bestimmt?“

Jirachi hielt kurz inne, dann blickte es Lapras tief in die Augen.

„Das ist, als ob du fragen würdest, wer den Himmel erschaffen oder wer das Meer mit Wasser gefüllt hat. Es gibt Pokémon da draußen, die stehen weit über uns Jirachi und haben genug Energie, alle Wünsche dieser Welt, egal wie groß oder klein sie sein mögen, zu erfüllen. Sie haben sogar genug Kraft, uns Jirachi in Sternenstaub zurückzuverwandeln und in den Himmel zu holen, sollte uns hier am Land etwas zustoßen.“

„Und was ist dein Plan, Jirachi?“

„Plan?“

„Willst du wieder in den Himmel zurück, wenn du Lapras‘ Wunsch erfüllt hast?“

„Na ja, ich kann schon mal nicht zurück, solange der Wunsch noch aussteht… Aber eins ist sicher.“

Es blickte zum noch immer strahlend blauen Tageshimmel auf.

„Sternenlicht zu sein ist einsam.“

Kurz atmete es durch, dann fuhr es fort.

„Ich kann immer nur beobachten, nie berühren Und obwohl du so viele Leute um dich hast, es bleibt einsam. Das tut manchmal schlimmer weh, als man glauben sollte.“

Dann sprang es auf.

„Aber jetzt zählt erstmal, dass wir zur Küstenhöhle finden, nicht wahr, Schmerbe?“

„Oh ja! Vielen Dank euch beiden!“

„Lapras, kennst du den Weg?“

Jirachi sprang auf Lapras Rücken und legte sich wie gehabt auf eine scheinbar besonders bequeme Stelle ihres Panzers.

„Weißt du, wie an nach Moosbach kommt?“

„Nicht direkt, aber ich weiß, in welche Richtung ich schwimmen muss, um einige Seemops zu treffen, die leben ja in der Nähe der Küstenhöhle und, soweit ich weiß, auch nur da.“

„Na dann los!“, rief Jirachi freudig und deutete in die Ferne, möglichst unbestimmt, sodass Lapras nicht merken würde, dass er eigentlich nicht so genau wusste, wo lang es ging.
 

Je näher die Gruppe Moosbach kam, desto unruhiger wurde Schmerbe auf dem Rücken Lapras‘. Es erzählte aufgeregt, wie es sich endlich zu einem Welsar entwickeln würde, wenn es nur genug mit den Pokémon, die die Höhle bewohnten, trainieren konnte.

„Ich weiß, du bist aufgeregt, aber wir passieren gerade ein Gebiet mit sehr starken Strömungen. Wenn du runterfällst und weggespült wirst, hast du keine Chance mehr, mit Seemops zu trainieren“, seufzte Lapras, „Also halt bitte ein klein wenig stiller.“

„Hm… ich werde mein Bestes geben, Fräulein Lapras, aber endlich ein Welsar sein zu können…. Das ist einfach…“

„Wah!“

Ein leises Platsch ertönte hinter Lapras, und als sie sich umdrehte, konnte sie gerade noch so einen Zipfel von Jirachis Kopf sehen, ehe selbiger unter den reißenden Fluten begraben wurde.

„Jirachi!“, riefen Lapras und Schmerbe gleichzeitig aus.

Sofort kehrte Lapras um und setzte an, das kleine Pokémon zu verfolgen, aber sie verlor es schnell aus den Augen, da sie doch zu oft mit aller Kraft bremsen musste, um nicht gegen einen Felsen geschleudert zu werden.

„Jirachi! Jirachi!“ Die ganze Zeit rief sie nach ihm, obwohl die Strömung an ihrer Kraft und die Zeit an ihrer Stimme zerrte. Das arme kleine Kerlchen!
 

Benommen und mit einem lauten Pochen in seinem kleinen Kopf blinzelte Jirachi dem stechenden Sonnenlicht entgegen. Was war passiert? Es erinnerte sich, dass Schmerbe es mit seiner Schwanzflosse gestoßen hatte und es ins Wasser gefallen war… und dann… na ja, vielleicht hatte es nur geträumt. Immerhin, wie es gleich bemerkte, befand es sich noch immer auf dem Rücken von Lapras.

„Lapras?“, fragte es und rieb sich ein bisschen Schlaf aus den Augen.

„Ah, du bist wach, mein Kleines? Hallo!“

Jirachi befand sich definitiv auf dem Rücken eines Lapras, aber es war nicht Lapras, die ihn absah.

„Ah! W-Wer sind Sie, gute Frau?“

„Die Frage ist, wer bist du? Es werden öfter mal Pokémon hier angeschwemmt, aber die meisten sind gute Schwimmer, weil sich weniger begabte nicht mal in diese Gegend wagen und ruhen sich nur kurz hier aus, ehe sie weitermachen. Was macht ein kleines Pokémon wie du hier?“

„Oh… ich war eigentlich mit meiner Freundin Lapras hier, aber ich muss bin von ihrem Rücken gefallen, nein, das heißt, ich wurde runtergeschmissen. Nur wegen Schmerbe!“

„S-Sagtest du Schmerbe?“

Jirachi blickte auf, direkt in zwei große, ihm sehr bekannt vorkommende dunkle Augen.

„Flamara?“
 

„Und wenn ich diese Strömungen nochmal und nochmal passieren muss, ich schwimme nicht weiter zur Küstenhöhle, bis wir ihn gefunden haben!“

„Lapras! Es tut mir unendlich leid, ehrlich, aber Jirachi hat es doch erzählt! Er wird zu Sternstaub werden und in den Himmel zurückkehren, und wenn du dann nachts auf den Himmel blickst-“

„Schmerbe!“

„Ah! G-gut…“ etwas zerknirscht rollte sich Schmerbe auf Lapras‘ Panzer ein.

Je mehr felsige Abzweigungen Lapras passierte, desto unsicherer wurde sie, ob sie sich überhaupt noch auf dem richtigen Weg befand. Aber sie wusste, sie durfte nicht aufgeben und würde es sich nie verzeihen, wenn sie es doch tat. Sie kannte das Kerlchen zwar erst etwas länger als eine Woche, aber das hieß nicht, dass sie ihn in der Zeit nicht hätte liebgewinnen können. Er war ein bisschen nervig, aber er war eben noch ein Kind und konnte die Welt nicht auf eigene Faust bereisen.

„Lapras! Da vorne!“, rief Schmerbe aus, „Das sieht aus wie eine ruhige Bucht, da kannst du deine Flossen kurz entspannen!“

„Geht nicht, ich muss Jirachi finden!“

„Du wirst ihn nie finden, wenn du vorher gegen einen Felsen stößt und vielleicht sogar ohnmächtig und von den Strömen sonst wohin getragen wirst! Glaubst du, das würde Jirachi wollen?“

„Ruhe, ich muss mich konzentrieren!“

Die schmale Passage zwischen zwei Felsen führte zu der von Schmerbe beschriebenen Bucht und Lapras wusste, dass sie zwar genug Platz hatte, um bequem durchzupassen, dass aber gerade an diesen Stellen Strömungen besonders stark und die von Felsen ausgehende Gefahr besonders hoch war. Schmerbe war zwar für dieses Unglück verantwortlich, aber das hieß nicht, dass sie alles ignorieren sollte, was er zu sagen hatte.

Es stimmte, sie war ziemlich müde und wie vor einer Woche auch, schrien ihre Flossen praktisch vor Schmerz.

„Halt dich gut fest, Schmerbe!“

„U-Uwaaaah!“

Etwas benommen schüttelte sich Lapras, sodass Schmerbe von ihrem Panzer rutschte, aber das Meer war an dieser Stelle wirklich so ruhig, dass er nicht Gefahr lief, weggetrieben zu werden, solange er in ihrer Nähe bleiben würde.

Sie blickte sich kurz nach einer kleinen Sandbank um, auf der sie liegen konnte, da fiel ihr Blick auf ein Büschel flammenroten Fells.

„Flamara?“

„Lapras! Oh, und Schmerbe!“

Gerade noch so konnte sie sich davon abhalten, ins Wasser zu springen, stattdessen scharrte sie ungeduldig im Sand, bis Lapras und Schmerbe das Ufer erreicht hatten.

„Was machst du denn hier, Flamara?“

„Ich hab es nicht lange ausgehalten, immer wieder in den W-Weiher zu gucken und zu sehen, dass Schmerbe nicht da ist… d-da habe ich alle Kraft aufgebracht und ein älteres Wailmer gebeten, mich mitzunehmen udn euch zu folgen...“

„Hey, guckt mal, Wiedervereinigungen. Lasst mich mitmachen! Hey, Lapras!“, rief Jirachi.

„Jirachi! Du bist-“

Jirachi kam auf sie zu – auf dem Kopf von einem großen Lapras sitzend, zu dem Lapras sofort hinschwamm und ihren Kopf an seinen Hals lehnte.

„Mama!“

„Meine Kleine… ich wusste, wir würden uns wiedersehen!“

Lapras löste sich ein wenig von ihrer Mutter und sah zu Jirachi auf.

„Jirachi hast du schon kennengelernt, hm?“

„Ja, aber der Kleine hat nicht viel von sich erzählt. Scheinbar ist er schüchtern.“

Schüchtern? Jirachi das kleine, magische, laute, nervige Kind?

„Weißt du, Lapras…“, wandte sich Jirachi an seine Freundin, „Irgendwie war es komisch, deine Eltern zu treffen, ohne dass du dabei warst. Komisch, oder? Oben im Himmel gibt es keine Eltern, deswegen hab ich die ganze Zeit versucht, mir vorzustellen, wie das ist.“

Er senkte seinen Blick.

„Aber… ich fürchte, ich habe dir hiermit deinen Wunsch erfüllt, nicht wahr?“

„Ja, hast du… Jirachi?“

Die Mütze und die Bänder von Jirachi begannen aufzuleuchten und es begann, zu schweben. Es glitt vom Kopf von Lapras‘ Mutter herunter und schwebte nun in etwa einen Meter über der Wasseroberfläche.

Das Wasser schlug minimale kleine Wellen in alle Richtungen, von Jirachi ausgehend, so als ob ein Teil von ihm das Wasser berühren würde.

„Tja…“ Jirachi blickte Lapras in die Augen, jetzt, da er sich auf ihrer Augenhöhe befand.

„Das… wäre dann wohl unser Abschied, oder? Ich… es war lustig mit dir, Lapras. Auch wenn es kurz war. Puh! So fühlt sich das also an, Magie…“

Er schwebte einen Meter Richtung Himmel auf, dann sprintete er aus der Luft los und flog ein paar Schleifen.

„Juhuuu! Das macht Spaß! Hehe, Fliegen macht Spaß! Und ich brauch nicht mal Flügel dafür!“

Nachdem er einen besonders großen Looping geflogen war, hatte er sich wohl ein bisschen übernommen. Mit der Geschwindigkeit und Grazie einer Feder schwebte er auf Lapras zu, bis er knapp über ihrem Kopf in der Luft inne hielt.

„Irgendwie hab ich mir die Wiedervereinigung mit deinen Eltern etwas herzlicher vorgestellt, weißt du.“

„Wieso?“

Lapras legte den Kopf schief.

„Willst du denn bei ihnen bleiben?“

„Ich…“

Lapras blickte auf ihrer Mutter, die ihr mit einem Lächeln zunickte.

„Es ist mir nicht entgangen, Lapras. Du hattest dich schon länger nach einem eigenen Weg gesehnt, nicht wahr?“

Lapras blickte ihre Mutter an, schluckte ein paar Tränen runter, dann nickte sie.

„Ich… das ist richtig, Mama. Ich… freue mich sehr, euch zu sehen. Aber Jirachi hat Recht. Ich habe gerade angefangen, auf meine eigene Art zu reisen und schon habe ich Schmerbe und Flamara kennengelernt und euch wiedergefunden. Ich glaube… ich kann noch viel mehr kennenlernen und sehen, wenn ich weiterreise. Und… ich hab versprochen, Schmerbe zur Küstenhöhle zu bringen.

„Oh, das würdest du immer noch tun? Ich danke dir!“, bedankte sich Schmerbe etwas überschwänglich. Er hatte wohl wirklich Angst gehabt, er könnte jetzt sehen, wie er zurechtkommen würde.

„Ist… ist auf deinem Rücken v-vielleicht noch ein Platz frei?“, fragte Flamara schüchtern.

„Ich möchte Schmerbe gern begleiten.“

„Aber Flamara, die Küstenhöhle ist voll mit Wasser-Pokémon. Und… Wasser, natürlich.“

„Aber… i-ich werde ja nicht allein sein. Weißt du, Schmerbe… ich kann nicht allein auf der Insel bleiben. Ich kann einfach nicht von Wasser umgeben leben. Ich… ich habe entschieden, dass ich mir wieder einen Trainer suchen werde. Es gibt da draußen Menschen mit guten Herzen, das weiß ich. A-Aber vielleicht habe ich auch Unrecht u-und ich sollte einfach weiterleben wie bisher…“

„Äh-hem“

„Ich kenne dich schon lange, Flamara, aber ich hab dich nie so strahlen sehen!“, frohlockte Schmerbe und trieb ihr damit eine gewisse Röte ins Gesicht.

„J-j-jetzt ü-übertreibst du aber…“

„Äh-hem!“

Alle blickten auf und sahen, wie Jirachi weiter zum Himmel entschwebte.

„Nun, alle Augen auf mir? Gut. Sehr gut. Also dann, liebe Pokémon, gehabt euch wohl! Und habt ihr einen Wunsch, seht in den nächtlichen Sternenhimmel und sucht nach einer Sternschnuppe. Aber das Wichtigste ist, selbst an euren Wünschen zu arbeiten, für die meisten braucht er wenig oder sogar gar keine Magie. Auf Wiedersehen!“

Mit diesen Worten schwebte Jirachi zum Himmel hinauf, bis er nicht mehr zu sehen war.
 


 


 


 


 


 


 


 


 


 

„Das wären so tolle Worte zum Abschied gewesen, und jetzt muss ich noch länger mit euch hier unten bleiben!“

Jirachi thronte auf Lapras‘ Kopf, wie gehabt, Flamara hatte es sich auf ihrem Panzer bequem gemacht und mithilfe von Lapras‘ Flosse schwamm Schmerbe eifrig neben ihr her.

„Aber nein, ich hab euch so lange zugehört, dass auch das letzte bisschen Magie verbraucht war, lange, bevor ich den Himmel erreichen konnte. So was!“

Jirachi lehnte sich beleidigt zurück, bis sich ein Grinsen langsam über sein Gesicht schob.

„Aber eure Wünsche werden mir helfen, dafür sorge ich! Wenn ich erst einmal Schmerbe entwickelt und für Flamara einen Trainer gefunden habe, dann werde ich bestimmt als das stärkste Jirachi in den Himmel zurückkehren und alle werden mich bewundern!“

„Träum weiter“, seufzte Lapras.

Dieses Kind war wirklich nervig und wusste nicht, wann es mal ruhig bleiben sollte.

Aber es war dennoch ein unverzichtbarer Gefährte für sie.



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