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Schicksal eines Engels

Gefühlvolle Geschichte über den Engel Rai
von

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Schattenmagie

P

lötzlich war es taghell in dem keinen Raum, als ich die Vorhänge aufzog. Der Tag war gerade erst richtig angebrochen und ich war schon munter. Barfuß ging ich auf den Balkon. Och wollte nichts riskieren und unterlies es, hinunter in den Garten zu fliegen. Stattdessen lehnte ich mich an das Geländer und lies mir die Sonne ins Gesicht scheinen. Die Luft war wunderbar frisch und der Garten glitzerte vom Morgentau. Es war keine Wolke am Himmel zu sehen.

'Wie es jetzt wohl Mai und den anderen oben im Himmelreich geht?!' ich sehnte mich eigentlich zurück nach Hause, aber hier hatten ich auch ein Heim gefunden. Ich war wie zerrissen, konnte mich nicht recht entscheiden wo ich lieber sein wollte.

"Wie kannst du nur immer schon so früh wach sein?!" Dimion trat neben mich. Er rieb sich verschlafen die Augen und Gähnte sogar noch. Ich musste lachen. Dann fiel ich ihm um den Hals und sah in sein verschlafenes Gesicht und in seine blinzelnden Augen.

"Bist du aufgeregt?!" Seine Stimme war wie immer ohne Gefühl darin und früher hätte mich so eine kaltherzige Frage sicher abgeschreckt, doch nun wusste ich ja genau, was in ihm vorging.

"Nein, ich weiß ja was ich zu tun habe.

Aber dir schein es nicht geheuer zu sein, habe ich recht?!" Widerwillig nickte er. Er schien sich Sorgen zu machen, warum auch immer.

Dabei war es ausgeschlossen, das uns während des Paktschlusses etwas passieren konnte. Nur danach würden wir geschwächt sein, uns erst an die neue Kraft in uns gewöhnen müssen.

Sanft küsste Dimion mich auf die Stirn. Er lächelte.

"Lass uns runter gehen, Neo möchte sicher noch etwas mit Nira und dir besprechen."
 

Dimion hatte recht gehabt, denn Neo hatte noch etwas Wichtiges zu sagen. Wir saßen alle um den flachen Tisch herum und während jeder frühstückte, teilte Neo uns diese Wichtigkeit mit.

"Heute Abend wird also das über die Bühne gehen, auf das wir eigentlich die ganze Zeit gewartet hatten. Ich möchte nur noch einmal klarstellen, wie es abläuft:

Eine Stunde bevor die Sonne hinter dem Horizont verschwunden ist, müssen Nira und Rai ihre Anhänger und ihre Magie teilen. Ist das vollbracht, kehrt jede wieder in ihre Welt zurück und übernimmt ihre spezielle Aufgabe dort.

Alles klar?!"

Schweigsames Nicken. Es wurde zwar nicht ausgesprochen, doch keiner, am wenigsten Nira und ich, waren so ruhig wie es aussah. In uns herrschte ein heilloses Durcheinander und jeder hoffte, das alles gut verlaufen würde.
 

Nira und ich räumten auf, wuschen das Geschirr ab und stellten es in die Schränke und Regale zurück. Plötzlich fing Nira an zu sprechen:

"Ich halte es nicht mehr aus!"

"Was ist denn?!" Ich war zusammen gefahren und hätte fast eine der Tassen fallen lassen. Im letzten Moment konnte ich sie aber noch festhalten. Ich sah Nira mit großen Augen an.

"Ich frage mich schon die ganze Zeit über, wie es sich wohl anfühlen wird, wenn wir unsere Kraft teilen! Ich würde zu gern wissen, wie sich unser Aussehen ändert ..." Ich schmunzelte.

"Ich weiß es nicht, aber heute Abend wird es ja wohl auch so weit sein.

mach dir mal da keine großartigen Gedanken darüber, es wird schon alles glatt gehen!!" Sie nickte unmerklich, als ich mich umdrehte und die Tasse wegräumte.

Als wir fertig waren und alles an seinem angestammten Platz stand, gingen wir hinaus in den Garten. Und erst da sah ich was mit ihm in meiner Abwesenheit geschehen war. Manche der Blumen waren welk und ließen ihre schönen Blüten hängen. Der Kirschbaum hatte fast seine ganzen Blätter verloren und alles in allem sah es nicht gut um die Pflanzen aus.

"Als du weg warst haben sie auf einmal ihre Köpfe hängen lassen. Fast so als hätten sie getrauert, das du sie nicht mehr gießt und ihnen mit deiner besonderen Aura Kraft spendest." Nira saß im Schatten der Terrasse und schaute mir zu, wie ich langsam durch das Gras ging, auf die welken Pflänzchen zu. Vorsichtig kniete ich mich vor sie hin und als ich sie sanft mit den Fingerspitzen berührte, schoss schlagartig wieder Leben in ihre feinen Adern. Wie schon bei dem Blumentopf in der Küche lies nichts mehr darauf hindeuten, das sie welk waren. Sie blühten jetzt sogar noch viel schöner als zuvor. Auch als ich meine flache Hand auf die glatte Rinde des Baumes legte, ging von meinen Fingern eine unsichtbare Welle durch das Holz, das es sofort heilte. Man konnte dabei zusehen, wie neue Knospen aus der Rinde sprießten und sich grüne zarte Blätter entfalteten. Daneben wuchsen in Windeseile hellrosane Blüten, die einen süßlichen Duft verbreiteten, den der Wind mit sich trug.

Nira schüttelte nur den Kopf, sie kannte es schon, was Engel alles bei Pflanzen und anderen Lebewesen bewirken können. Sie waren einfach anders als Dämonen, die Schatten lebendig werden lassen konnten.

"Rai, meinst du das ich dann auch so etwas mache?!" Sie schaute wie hypnotisiert auf den Boden vor sich. Ich wusste nicht recht was ich ihr antworten soll, schließlich wusste ich nicht, in wie weit sich unsere Auren vermischen würden. Ich sah hinauf in den Himmel. Er war strahlend blau und keine einzige Wolke trübte den Tag. Die Sonnenstrahlen wärmten meine Haut, man konnte ihr Schattenspiel auf dem Wasser tanzen sehen, als der Wind die frischerblühten Zweige des Baumes wiegte.

"Ich weiß es nicht, vielleicht ja. Aber vielleicht auch wieder nicht.

Möchtest du es denn?!" ich sah zu ihr hinüber. Immer noch schaute sie auf den Boden, doch jetzt wurde ihr blasser Mund von einem Lächeln umspielt.

"Natürlich nicht!! Ich bin schließlich ein Dämon, eine Ausgeburt der Hölle und in mir fließt das Blut Satans!!!" Auch wenn sie versuchte das noch so furchteinflössend zu sagen und das mit einer Stimme, die mir unter anderen umständen das Blut in den Adern gefrieren lassen würde. Ich kannte sie zu gut, ich wusste zu genau was in ihrem Herzen vorging. Und auch wenn sie es niemals zugeben würde, tief in sich war sie ein gutes Geschöpft.

Ich musste lachen.

"Tu doch nicht so unnahbar!! Wir werden es alles noch herausfinden, da bin ich mir sicher. Du musst dich nur ein bisschen gedulden, das wird schon werden ..." Ich lächelte immer noch in mich hinein, als ich mich zu ihr setzte.

Nira sah in auf die dunkle Seite der Terrasse. Die Sonne wurde von dem Dach davon abgehalten, auch diesen teil des Holzbodens zu erhellen. Plötzlich glühte etwas auf Niras Brust, es strahlte ein dunkles schwarzes Licht aus, das wie Nebelschwaden um sie herum waberte. Ich sah ihr verwirrt in die Augen. Doch sie hatten nicht mehr ihre fast weiße Farbe, sie waren blau, ein unheimliches schwarzes Blau. Dann, in dem dunklen Schatten neben uns, bewegte sich etwas, es stieg aus dem Boden, formte sich aus schwarzem Fleisch. Seine Konturen waren unklar, waberten und wurden dann immer fester, nahmen glatte Züge an.

In mir stieg ein leichter Anflug von Panik auf. Doch als ich endlich einmal nachdachte und nicht nur auf das achtete, was sich da vor mir abspielte, verstand ich es. Nira konnte mit ihrer Magie die Schatten formen. Erst jetzt wurde mir bewusst, das ich sie noch nie sah, wenn sie ihre Magie gebrauchte.

Das Schattenfleisch waberte nicht länger, war nicht länger körperlos. Es bewegte sich, fand eine tierische Gestalt und schlüpfte vollkommen in sie hinein. Es war eine Katze, eine Katze gemacht aus Schatten, geformt von einer der mächtigsten Dämonen die es gab. In ihrem Kopf blitzen zwei dunkelrote Augen auf, die Nira fixierten. Mit einem unnatürlichen Miauen setzte sich das schwarze Tier in Bewegung. Unterwürfig setzte es sich auf Niras Schoß. Schlagartig verflog das nebelhafte dunkle Licht um sie und auch ihre Augen waren wieder fast schneeweiß. Mit ihren zerbrechlichen, bleichen Händen kraulte sie die Katze, die ein wohliges Schnurren von sich gab.

Ich war beeindruckt. Noch nie zuvor hatte ich gesehen, wie ein Schatten von einem Dämon gewandelt wurde.

"Siehst du, das kann jeder Dämon." Seelenruhig streichelte sie die Katze weiter über ihr samtschwarzes Fell, das seidig glänzte.



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