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Forget the wrong that I've done

von

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I want to run away

1. I want to run away
 

Gleißend hell schien die Sonne vom Himmel. Ihre wärmenden Strahlen durchdrangen die Frontscheibe des rostigen Fahrzeugs, welches seine besten Zeiten definitiv schon hinter sich hatte. Es war warm, fast schon zu warm für einen Tag im Oktober. Und es war eigentlich viel zu schön dort draußen in Anbetracht dessen, was noch vor kurzem passiert war.

Max schloss die Augen. Doch sie fand keine Ruhe. Schreckliche Bilder verfolgten sie. Ein riesiger Tornado, der unaufhaltsam auf ihre alte Heimat zuraste. Regen auf ihrer Haut, Wind, der ihr diesen ins Gesicht peitschte. Eine Entscheidung, die getroffen werden musste...eine Entscheidung, die alles verändern würde.

„Hey, alles gut bei dir?“ Leicht erschrocken wandte sich die Brünette an die Fahrerin des Wagens, sah blaue Augen, ein vorsichtiges Lächeln, zaghaft nur, verunsichert. Sicherlich war Chloes Gesichtsausdruck dem von Max nicht unähnlich.

Tief holte Max Luft. Was sollte sie darauf sagen? Arcadia Bay war zerstört, der Sturm hatte etliche Menschenleben mit sich gerissen. Wie viele...darüber wollte die Achtzehnjährige gar nicht erst nachdenken.

Trotz der schwermütigen Gedanken, entschloss sie sich zu einer ganz anderen Antwort: „Sicher, schließlich bist du ja da.“ Max bemühte sich um ein Lächeln, doch Chloes Augen war anzusehen, dass sie Max ohne Weiteres durchschaute, wusste, was in ihr vorging.

„Du hast auch schon besser gelogen, Caulfield“, erwiderte sie lapidar. Danach richtete sie den Blick wieder konzentriert auf die Fahrbahn und schwieg. Unmerklich spielte im Radio ein Lied, Max bemerkte es kaum. Aus dem Augenwinkel beobachtete sie Chloe.

Ja, sie hatte eine Entscheidung getroffen. Sie hatte sich für Chloe entschieden, gegen Arcadia Bay. Ein Menschenleben gegen viele. Aber ein Leben ohne Chloe...Max wagte kaum daran zu denken, allein die Vorstellung raubte ihr den Atem, ließ ihr Herz verkrampfen.

Wie lange die beiden jungen Frauen schon unterwegs waren, vermochte die angehende Fotografin nicht zu sagen. Eine Weile waren sie dem Küstenverlauf gefolgt, ehe Chloe den Weg Richtung Inland eingeschlagen hatte. Dichte Wälder umgaben sie, wechselten sich ab mit Dörfern und Kleinstädten. Keine der beiden sah sich in der Lage, die Stille zu brechen.
 

Die Zeit verstrich, die Dämmerung brach herein, die sinkende Sonne tauchte die Landschaft in sanfte Rottöne. Alles wirkte ruhig und friedlich. Erneut wandte Max ihren Blick zu Chloe. Der Sonnenuntergang in seinen kräftigen Farben verlieh ihrer blauhaarigen Freundin scharfe Konturen. Beinahe automatisch griff sie in ihre Tasche, holte die alte Kamera heraus, das Erbstück Chloes Vaters und schon ertönte das altvertraute Knipsen des Fotoapparats.

„Du kommst langsam wieder zu dir, was?“ Chloe schenkte ihr ein warmes Lächeln.

„Die Atmosphäre erinnert mich ein bisschen an unser Wiedersehen.“, antwortete Max vorsichtig.

„Nur dass du da noch nicht wusstest, dass du es mit der zukünftigen Zerstörerin deiner Heimat zu tun hast.“ Bitterkeit klang in Chloes Stimme mit, gepaart mit einem deutlichen Hauch Schwermut.

„Chloe, ich...“, wollte Max einwenden.

„Schon gut, Max...dich trifft keine Schuld. Ich habe dir gesagt, dass ich immer bei dir bleibe, egal, wie du dich entscheidest...also...hier bin ich. Lebe mit den Konsequenzen, du bekommst mich nun nicht mehr so einfach los.“ Die Punkerin versuchte Witz in die Situation zu bringen.

Es war nicht an der Zeit in diesem Moment ein Gespräch über das zerstörte Arcadia Bay zu führen. Daher lenkte Max ein: „Oh nein, wie soll ich das nur überstehen?“ Sie lachte, bemüht.

Wieder Stille...die Situation war verkrampft. Wie sollte man nach einem solchen Erlebnis auch einfach über Nichtigkeiten sprechen? Wie sollte man das Geschehene ausblenden? Eine Wunde kann heilen. Sie verblasst zu einer Narbe, ist nur noch Erinnerung, man lebt mit ihr. Doch eine frische Wunde, die blutet, lässt sich nicht so einfach ignorieren. Und so kämpft man dagegen an, versucht sie Blutung zu stoppen und ist der Situation doch machtlos ausgeliefert.

„Vielleicht sollten wir uns ein Motel suchen und erstmal schlafen. Es wird langsam dunkel und morgen sehen wir dann weiter.“ Diese Worte waren mehr eine Feststellung als eine Frage.

„Du hast sicher Recht“, reagierte Max auf diese Aussage. Auch sie fühlte sich müde und schlapp. Sicherlich war es für Chloe doppelt anstrengend, da sie sich zusätzlich auf das Fahren konzentrieren musste. Die Müdigkeit war ihr regelrecht ins Gesicht geschrieben.

Nach einiger Zeit erreichten die beiden eine Kleinstadt. Das Motel lag an der Hauptstraße. Kurz entschlossen mieteten die beiden ein Zimmer für eine Nacht. Noch immer bewegten sie sich schweigend nebeneinander, ebenso betraten sie ihr Zimmer. Es war klein und schlicht eingerichtet, aber zumindest sauber. Für die Nacht würde es reichen.

„Endlich ausruhen.“ Mit großen Schritten trat die Blauhaarige durch das Zimmer, kickte ihre Schuhe zur Seite und warf sich auf das Doppelbett. Ein Knarzen war zu hören. Ausgestreckt, mit geschlossenen Augen lag Chloe da, ihre Mütze trug sie noch. Gleichmäßig atmete sie.

Still beobachtete Max ihre Freundin. Wie friedlich sie aussah. Max konnte nicht anders. Routiniert griff sie in ihre Tasche und holte die alte Kamera hervor. Noch ehe Chloe sich versah, war ein Klicken und Summen zu hören. Müde blinzelte sie Max entgegen. „Du kannst es wohl immer noch nicht lassen. Aber wenn ich andauernd auf deinen Fotos bin, weißt du schon, dass mir mindestens die Hälfte deines Einkommens gehört, wenn du eines Tages erfolgreich bist.“

Die junge Brünette hatte sich zu ihr auf die Kante des Bettes gesetzt. Keck zwinkerte sie ihr Gegenüber an. „Deal...solange du mein Model bleibst.“ Ein Lächeln umspielte ihre Lippen, etwas herausfordernd sah sie die Punkerin an.

Gerade als Chloe etwas erwidern wollte, durchdrang jedoch ein anderes Geräusch den Raum, ein nur zu deutliches Grummeln.

„Klingt als hätte da jemand Hunger“, stellte Max fest. Ihre Hand schwebte in der Luft. Gedankenverloren war sie darüber her gewesen, diese auf Chloes Bauch zu legen. Doch kurz zuvor hielt sie sich selbst zurück. Nach allem, was geschehen war, schien der jungen Frau ihre Kindheitsfreundin so unheimlich zerbrechlich, dass sie es plötzlich kaum wagte, sie zu berühren. Um der seltsamen Situation schnell zu entgehen, stand sie kurzerhand auf, griff nach ihrer Jacke. Im Vorbeigehen warf sie Chloe noch zu: „Ruh dich erstmal etwas aus von der langen Fahrt. Ich besorg uns mal was Essbares.“

Keinen Augenblick später öffnete und schloss sich die Tür des kleinen Motelzimmers schon wieder und Chloe blieb allein in der Stille zurück.
 

Max lief zielgerichtet los. Nicht weit vom Motel gab es einen Supermarkt, direkt gegenüber ein Diner. Auf dem großen Supermarktparkplatz standen einige LKW. Nur wenige Menschen waren auf den Straßen zu sehen. Die junge Fotografin fühlte sich fremd an diesem Ort. Doch sie wischte den Gedanken davon. Sie hatte sich entschieden, es gab kein Zurück.

Im Supermarkt kaufte sie einige Getränke, Obst, etwas zum Knabbern. Alltäglichkeiten, von denen sie meinte, die beiden Mädchen würden es sicher noch gebrauchen können. Mit einem Einkaufsbeutel in der Hand verließ sie den Laden. Da das Motelzimmer keine Kochmöglichkeiten gab, musste etwas Fertiges her. Ohne lang zu überlegen überquerte sie die Straße und betrat gleich darauf das Diner. Trucker saßen an der Theke und nahmen ihr Abendessen zu sich. Jugendliche saßen an den Tischen, unterhielten sich und lachten laut dabei. In einer Ecke der Räumlichkeiten dudelte im Fernsehen irgendeine Musiksendung.

Nachdem sie die Karte kurz studiert hatte, bestellte Max der Einfachheit halber zwei Burger und Pommes für sich und Chloe. Während das Essen zubereitet wurde, nahm auch sie auf einen der Barhocker am Tresen Platz. Der lange Tag steckte ihr in den Knochen, müde starrte sie vor sich hin, als sie dessen Gewahr wurde, dass die Musik im Hintergrund verschwunden war. Jemand hatte den Kanal gewechselt. Maxine brauchte einen Moment, um sich dessen bewusst zu werden.
 

„...kommen wir nun zu den Top News. Noch immer wissen Experten keine Antwort auf den plötzlich aufgetretenen Tornado, der am heutigen Tag das Küstenstädtchen Arcadia Bay heimgesucht hat. Scheinbar aus dem Nichts war der Sturm aufgetaucht und hat auf seinen Weg zahlreiche Häuser zerstört, Bäume entwurzelt, Menschen verletzt, mitunter getötet. Eine genaue Anzahl ist derzeit nicht bekannt. Wissenschaftler forschen weiter nach der Ursache des Sturms, der eben so plötzlich wieder verschwand, wie er erschien. Ein paar Tage zuvor waren mehrere Buckelwale am Strand der Küstenstadt verendet, Vögel waren überall tot vom Himmel gefallen. Immer wieder werden Stimmen laut, dass dies Vorboten für das Ende der Welt seien. Wissenschaftler meinen jedoch, es sei nur eine Laune der Natur. Wieder andere machen geheime Experimente würden dahinter stecken. Wessen wir uns sicher sein können, ist dem Chaos und der Ausnahmesituation, die derzeit in der Stadt herrschen...“
 

„Furchtbar, was dort passiert ist...“ Die Stimme der Kellnerin riss Max aus ihren Gedanken. Völlig konzentriert hatte sie den Beitrag verfolgt. Mit einem Mal war sie in die Situation zurück geschleudert worden. Ihr war beinahe, als könnte sie den Regen und den Wind im Gesicht spüren, als hörte sie die Schreie... „Ist alles in Ordnung mit dir, Mädchen? Du brauchst keine Angst zu haben. Uns hat hier noch nie ein Sturm heimgesucht.“ Freundlich versuchte die Kellnerin sie aufzumuntern. Max kam es jedoch vor, als käme die Stimme von weit weg und als sie sich ihr zuwandte, glaubte sie für einen Augenblick Joyce vor sich zu haben. Doch schon mit einem Wimpernschlag erlosch das Trugbild.

„A...alles gut...was macht das bitte?“ Hektisch suchte Max ein paar Dollar hervor, gab sie der Kellnerin und verschwand. Die frische Nachtluft umfing sie. Max hielt inne, tief atmete sie ein und aus.

Ein.

Aus.

Ihre Knie zitterten. Nur schwer kam sie auf ihren wackligen Beinen voran. Der Weg zum Motel war kurz, doch in diesem Moment fühlte es sich für Max meilenweit an.

Als sie das Motel endlich erreicht hatte, gelang es ihr mit ihren zitternden Händen kaum aufzuschließen. Im Zimmer war es still. Das Bett war verlassen. Dort, wo Chloe gelegen hatte, war nur noch der Umriss ihres Körpers zu sehen. Suchend sah sich Max um, als sich die Badezimmertür öffnete.

Noch während sie sich die Haare trocknete, meinte Chloe: „Wo warst du denn so lange? Ich bin fast gestorben vor Hunger.“

Auffordernd sah sie ihre Freundin an. Im nächsten Augenblick wurde sie sich dem Anblick der Fotografin bewusst. Ihre Augen weit aufgerissen, ihr schneller Atem.

„Was ist passiert? Du siehst aus, als hättest du einen Geist gesehen.“ Sorge lag in Chloes Stimme.

„Arcadia Bay war in den Nachrichten...es war furchtbar...“



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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Von:  Finnair
2016-08-02T23:12:45+00:00 03.08.2016 01:12
I want more
Von:  y257x
2016-05-02T18:08:59+00:00 02.05.2016 20:08
Ein Interesannter Anfang. Auch die Idee "Was könnte denn danach passieren" finde ich gut umgesetzt.
Bin gespannt wie es weiter geht :D


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