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Slice of Life

von

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Der Tag nachdem wir Welt gerettet haben

Yuuma drehte sich ihm Schlaf und fiel mit lautem RUMMS aus der Hängematte. „Au!“ Er rieb sich den Hinterkopf, während er sich aufsetzte. Yuuma blinzelte verschlafen und gähnte. Sein Blick fiel auf die Uhr vor ihm an der Wand. Es dauerte eine Weile bis er die Uhrzeit wirklich realisierte.

„Ich komm zu spät!“ Er sprang hastig auf und griff nach seiner Schuluniform, die unordentlich auf dem Boden verteilt lag. Gleichzeitig versuchte er sich auszuziehen, was dazu führte, dass er noch einmal auf die Nase fiel. Yuuma warf seine Schlafsachen zur Seite und sammelte seine Schuluniform zusammen.

Er fiel fast die Leiter nach unten, während er hastig seine Hose zumachte. Sein Hemd hing nur an einem Arm. „Akari, warum hast du mich nicht geweckt?“ Er hüpfte durch das Wohnzimmer bei dem Versuch seinen Arm in den zweiten Ärmel zu bekommen.

Akari sah nicht mal auf. „Du bist alt genug um dir einen Wecker zu stellen.“

Yuuma grummelte und richtete sich die Krawatte. Er prüfte, ob sein Deck in seiner Schultasche war, bevor er sie sich über die Schulter warf. „Ich bin weg.“

„Jaja.“ Akari griff nach ihrer Kaffeetasse.
 

Yuuma sprang die Stufen nach unten. „Guten Morgen, Grandma. Bis später, Grandma.“

„Yuuma, hast du dein Mittagessen?“

„Keine Zeit. Ich komm zu spät!“ Doch wie schon viele Male zuvor, schaffte es seine Großmutter ihn aufzuhalten. Sie packte ihn mit dem Besenstiel am Kragen und Yuuma hatte keine Wahl als stehen zu bleiben.

„Du brauchst was zu essen. Obomi!“

Der Roboter kam mit einer Lunchbox aus dem Haus. „Idiot-Yuuma. Idiot-Yuuma“, wiederhole sie.

„Ich bin kein Idiot!“, rief Yuuma, bedankte sich aber schließlich doch bei Obomi und setzte eilig seinen Weg fort. Er rannte die Straße entlang und wich dabei den Menschen aus, die ihm entgegen kamen. Der Emperor Key baumelte beim Laufen. Yuuma griff danach und hielt ihn fest. Er hatte so viel erlebt in den letzten Monaten und neue Freunde gewonnen, alles dank diesem Anhänger. Er grinste. Es war nicht immer leicht gewesen, doch am Ende war doch alles gut geworden. Sie hatten nicht nur die Erde gerettet, sondern auch die Astral und Barian Welt. Auch wenn diese inzwischen verschmolzen waren.

Astral war nicht mehr bei ihm, sondern war in die Astral Welt zurückgekehrt. Trotzdem trug Yuuma den Anhänger immer noch, immerhin war er auch ein Geschenk seines Vaters gewesen. Außerdem auch sein Glücksbringer. Nach einem kurzen Wiedersehen, waren seine Eltern jedoch schon wieder auf großer Weltreise.
 

„Kattobingu!“, rief Yuuma, als er eine Treppe hinuntersprang. Doch es wäre nicht Yuuma, wenn er dabei nicht sein Gleichgewicht verloren hätte und ungebremst in eine andere Person gefallen wäre. „Tut mir Le...“ Doch der Rest des Wortes blieb ihm im Hals stecken, als er sah, wer da vor ihm auf dem Boden hockte und sich das Steißbein rieb.

Er starrte Vector an, als würde er ihn gerade das erste Mal sehen. Er trug wieder die Schuluniform. Yuuma hatte ein Déjà-vu von ihrer ersten Begegnung, die ganz ähnlich abgelaufen war. Diesmal jedoch mied Vector Yuumas Blick und war weniger begeistert.

„Hey Yuuma.“ Sie standen beide auf. Eine eher peinliche Stille entstand zwischen den beiden Jungen, während Yuuma noch nach den richtigen Worten suchte. Es kam nicht oft vor, dass Yuuma sprachlos war, doch zwischen ihm und Vector war viel vorgefallen. Er wusste, dass die sieben Barians nun wieder Menschen waren, doch er hatte nicht damit gerechnet Vector so schnell wieder zu sehen; wenn auch gehofft.

„Shingetsu“, war schließlich das erste, das er herausbrachte.

Vector sah überrascht auf. Er hatte nicht erwartet, dass Yuuma ihn mit diesem Namen ansprechen würde. Nicht nach allem, was er getan hatte.

Ein breites Lächeln legte sich auf Yuumas Lippen. Ein typisches Yuuma-Lächeln. „Schön, dass du wieder da bist!“

„Ja.“ Vector atmete tief durch. „Yuuma, ich...“

„Wir kommen zu spät!“ Yuuma hakte sich bei Vector unter und zerrte ihn mit sich. „Diesmal zeig ich dir eine Abkürzung!“
 

Der Unterricht hatte bereits angefangen, als Yuuma mit einem lauten „Guten Morgen!“ das Klassenzimmer betrat.

Ihr Lehrer rückte sich die Brille zurecht. „Zu spät.“

Yuuma fasste sich an den Hinterkopf und lachte verlegen. „Sorry.“ Er setzte sich auf seinen Platz neben Kotori, doch anstatt Yuuma zu tadeln starrte sie Vector an, der nach Yuuma in die Klasse kam.

Die, die Vector kannten, begannen zu tuscheln und ihr Lehrer musste mehrmals um Ruhe bitten.

„Das ist Vector“, flüsterte Kotori aufgeregt.

„Nein“, widersprach Yuuma mit einem breiten Grinsen, „das ist Shingetsu.“

„Yuuma...“ Sie sah Yuuma besorgt an, doch wusste, egal was sie sagte, sie würde seine Ansicht sowieso nicht ändern können.

Sie hatte mitangesehen, wie er versucht hatte Vector zu retten, daher war es jetzt keine Überraschung, dass er ihn einfach so wieder als seinen Freund ansah. Trotzdem...

Kotori warf einen Blick in Vectors Richtung. Konnten sie ihm wirklich vertrauen? Ihr Blick kreuzte den von Tetsuo, der missmutig dreinblickte. Kotori zuckte mit den Schultern. Yuuma würde darauf bestehen, dass er wieder ihr Freund war, ob es ihnen gefiel oder nicht, das wusste Tetsuo genauso gut wie sie selbst.
 

„Endlich essen!“, rief Yuuma und streckte sich. Er hob seine Tasche auf, doch als er sich wieder aufrichtete, hatte sich Tetsuo vor ihm aufgebaut.

„Yuuma!“

Yuuma registrierte nicht mal, das Tetsuo wütend war. „Was ist?“ Gutgelaunt packte er die Lunchbox aus.

„Das fragst du noch? Da ist Vector!“ Er sprach eindringlich, aber auch leise um zu vermeiden, dass Vector ihn hörte.
 

Vector schloss die Augen. Er war nicht davon ausgegangen, dass man ihn mit offenen Armen empfangen würde, aber Yuuma hatte ihn akzeptiert, dass reichte völlig. Was interessierten ihn schon die anderen? Sie waren völlig unwichtig. Shingetsu; Yuuma nannte ihn sogar wieder bei diesem Namen.

Aber das war es ja auch, was er gesagt hatte, kurz bevor er ihn losgelassen hatte, dass er als Shingetsu noch einmal von vorne anfangen konnte.

Vector warf einen verstohlenen Blick zu Yuuma und seufzte dann genervt. Diese verfluchten menschlichen Gefühle hatte er sicher nicht vermisst...
 

Yuumas Blick wurde ernst. „Egal, was er getan hat, er ist mein Freund.“

„Er hat uns getötet und wollte die Welt zerstören.“

„Bist du auch so wütend auf Shark? Oder Sharks Schwester? Ihr habt euch doch duelliert, nicht wahr?“

Tetsuos Augen weiteten sich überrascht. Schließlich senkte er den Blick und auch die anderen kamen ins Grübeln. Vector war nicht der einzige Freund, der sich als Feind herausgestellt hatte.

„Sie sind alle meine Freunde. Wir haben uns duelliert, also sind wir Freunde! Und jetzt lasst uns endlich essen, ich bin am verhungern!“

Seine Freunde sahen sich gegenseitig an und zuckten schließlich mit den Schultern. Das war einfach Yuuma.

„Hey Shingetsu, komm mit!“

Vector sah überrascht auf. Yuuma strahlte ihn an, während die anderen immer noch misstrauisch dreinblickten. Vector stand auf und gesellte sich zu der Gruppe. Etwas zu essen hatte er nicht dabei. „Hey“, begrüßte er sie und bekam nur zurückhaltende Erwiderungen zurück. Kümmerte ihn immer noch nicht.
 

„YUUUUUUMAAAA!“, tönte es durch den Flur, kaum hatten sie das Klassenzimmer verlassen.

Anna wedelte mit den Armen und hatte ein breites Grinsen im Gesicht, als sie auf sie zukam. Sie trug eine Schuluniform und den Farben nach zu schließen, war sie in der Parallelklasse.

„Anna!“, rief Yuuma freudig. Alle anderen sahen eher überrascht aus.

„Anna, wem hast du diesmal die Schuluniform gestohlen?“, fragte Cathy mit leichtem Spott in der Stimme.

„Niemandem!“, erwiderte Anna stolz und zupfte an der Uniform. „Das ist meine! Ich geh jetzt auch auf diese Schule.“

„Das ist ja großartig!“ Yuuma strahlte über das ganze Gesicht.

Vector versuchte seinen Missmut zu verbergen. Gab es irgendetwas, das Yuuma nicht total begeisterte? Wer war dieses Mädchen überhaupt? Sie kam ihm bekannt vor. War sie bei den letzten Duellen dabei gewesen?

Unwichtig!

Doch wie war ihr Verhältnis zu Yuuma? Und vor allen Dingen, wie war Yuumas Verhältnis zu ihr? Vector beobachtete die Szene genau und während Annas Augen leuchteten, während sie Yuuma betrachtete, schien Yuuma sie nur als einfache Freundin anzusehen.

Gut.

Trotzdem störte sich Vector an ihrer Existenz.

„Kommst du mit uns essen?“

„Ich gehe hin, wo du hingehst.“ Sie wollte sich bei ihm einhaken, doch das wurde von Alit verhindert, der mit Schwung seine Arme um Vector und Yuuma legte. Sie wurden beide nach vorne gerissen.

„Yuuma, mein Engel! Und Vector, du Bastard.“

„Ich geb dir gleich Bastard“, grummelte Vector und löste sich aus Alits Griff. Alit war ihm schon immer etwas zu touchy gewesen, besonders was Yuuma anging. Und was hatte es mit dieser ganzen Engel-Sache auf sich? Vector knirschte mit den Zähnen, während Alit seinen Arm immer noch um Yuuma gelegt hatte. Konnte er ihn endlich loslassen?

„Hey Vector.“ Eine Pranke legte sich auf Vectors Schulter. Er sah hoch, über ihm ragte Gilag. „Du planst doch nicht wieder irgendwas?“

Vector schüttelte Gilags Hand ab und grinste. „Ich doch nicht.“

Gilag kniff die Augen zusammen, doch plötzlich begann er zu grinsen und schlug Vector auf den Rücken. Vector stolperte nach vorn und konnte gerade noch so sein Gleichgewicht halten.

Gilag lachte. „Du kannst schon ganz in Ordnung sein... manchmal.“

„Ich nehm das mal als Kompliment.“ Vector strich sich sein Hemd glatt.

„Wir wollten gerade zusammen Mittagessen“, erklärte Yuuma und sah von Alit und Gilag und wieder zurück. „Kommt doch mit!“

Vector knirschte wieder mit den Zähnen. Yuuma war einfach zu best friends mit allen. Er ging hinter Yuuma, während dieser mit Alit sprach. Das Mädchen namens Anna hing inzwischen ebenfalls an ihm, was nicht nur Vector störte, sondern auch bei Kotori und Cathy für säuerliche Mienen sorgte.
 

Sie gingen über den Schulhof und kaum entdeckte Yuuma Nasch begann er aufgeregt zu winken. „SHARK!“

Vector verdrehte die Augen. Der hatte ihm gerade noch gefehlt.

„Willst du auch mit uns essen?“

Oh, bitte nicht...

Vielleicht sollte er wieder ein Punktesystem starten. Beim ersten Mal hatte das immerhin auch wunderbar geklappt, auch wenn er sich am Ende selbst die Klippe runtergestürzt hatte. Zumindest hatte er ein paar Jahre Ruhe vor ihm gehabt. Wobei er ihm diesmal schon eine Millionen Punkte für jede Interaktion mit Yuuma verdiente.

Doch zu Vectors Erleichterung wandte sich Nasch mit einem abfälligen Schnauben von ihnen ab.

„Ryouga!“ Merag gab ihm einen Klaps. „Sei doch nicht so.“

Nasch schob nur seine Hände in die Hosentaschen und murmelte etwas Unverständliches. Schließlich entdeckte er Vector und seine Augen verengten sich.

Vector begann ganz von selbst zu grinsen. Er wollte es nicht mal, aber er konnte einfach nicht anders. Es war befriedigend zu sehen, wie sich Naschs Körper wegen ihm anspannte.

Kurz schien Nasch darüber nachzudenken doch mitzukommen, doch am Ende stampfte er davon, doch nicht ohne mit seiner Schulter gegen Vector zu laufen. Vectors Grinsen wurde breiter. Ihre Abneigung füreinander war für die Ewigkeit. Sie konnten noch so oft wiedergeboren werden, sie würden sich einfach in jeder Inkarnation hassen.
 

„Nasch!“ Durbe rannte an ihnen vorbei und Shark hinterher.

Natürlich, wo Nasch war, konnte auch sein Fanboy nicht weit sein. Er beobachtete sie spöttisch. Durbe hatte sich auch nicht verändert. Er war immer noch erbärmlich. Aber gut, sollte er doch Naschs Aufmerksamkeit auf sich ziehen, dann ließ dieser wenigstens Yuuma in Ruhe. Durbe war ja doch zu etwas gut.

Vector drehte sich wieder um, nur um Mizael vor sich stehen zu haben. Er hatte die Arme vor der Brust verschränkt. „Was?“, fragte Vector genervt.

„Ich hab dich im Auge.“

„Sorry, bist nicht mein Typ.“

„Vector...“ Mizael presste die Lippen zu einer schmalen Linie zusammen.

Ah, es war so leicht Mizael wütend zu machen.

„Hast du nicht irgendeinen Drachen mit dem du rummachen musst?“

„Vector...“ Sein Tonfall war bedrohlich geworden.

„Shingetsu, kommst du?“, rief Yuuma ihm zu.

Mit einem übertriebenen Lächeln ging Vector an Mizael vorbei und holte zu Yuuma auf. Er drängte Alit beiseite um neben Yuuma gehen zu können.

„Schade, dass sie nicht mit uns essen wollen.“

„Ja, wirklich sehr schade.“

Yuuma entging der Sarkasmus in Vectors Stimme.
 

Als sie das Dach erreichten, waren sie dort nicht allein. Vector kannte die beiden. Sie hatten sich gegen die Barians duelliert. Wie waren gleich wieder ihre Namen? III und IV? Dumme Namen.

„Ah, Yuuma!“, begrüßte sie III.

„Hey, du bist aus meiner Klasse!“, sagte Anna bevor Yuuma reagieren konnte.

„Ja, Anna, richtig?“ Er lächelte und Anna wurde leicht rot.

Vector hob die Augenbrauen. Gut, sollte sie doch anfangen sich für diesen Knirps zu interessieren. Ein Störenfried weniger.

„III! IV! Ihr seid auch da.“ Yuuma ließ sich neben III fallen.

„Ja, Vater hat beschlossen, dass wir in Heartland City bleiben.“

Vector setzte sich an Yuumas andere Seite, bevor irgendjemand anderes die Chance ergreifen konnte.

„Wo ist Ryouga?“, wollte IV wissen.

„Er wollte nicht mitkommen. Er ist im Schulhof mit Durbe und Mizael.“

„Hmpf.“ Und schon war IV weg.
 

Yuuma öffnete seine Lunchbox. „Endlich!“ Er holte ein Reisbällchen heraus und öffnete seinen Mund. Mitten in der Bewegung hielt er inne. „Was ist, Shingetsu? Hast du nichts?“

„Äh, nein.“

„Hier.“ Mit breitem Grinsen hielt Yuuma ihm das Reisbällchen hin, das er gerade selbst hatte essen wollen.

„Yuuma...“ Zögernd nahm ihm Vector das Reisbällchen ab. „Danke.“ Dieses dumme Herzklopfen...

„Oho.“ Alit stieß ihn mit dem Ellenbogen an. „Vector hat Danke gesagt!“

„Sei still“, fauchte Vector, doch Alit grinste ihn nur an. Vector drehte den Kopf weg und aß das Reisbällchen.

Er beteiligte sich wenig an den Gesprächen und ignorierte die Seitenhiebe in seine Richtung. Was er nicht ignorieren konnte, war das Herzklopfen jedes Mal, wenn sich Yuuma für ihn einsetzte. Das hatte er nach allem was passiert war nicht wirklich verdient.

„Willst du den Rest?“

Vector hob überrascht die Augenbrauen, als Yuuma ihm seine Lunchbox unter die Nase hielt. Ein Reisbällchen war noch übrig. Wortlos nahm er die Lunchbox entgegen.

„Ich hätte mein Mittagessen heute auch fast vergessen.“

„Haru musste dich bestimmt wieder mit dem Besen aufhalten.“ Kotori klang leicht vorwurfsvoll.

Yuumas Grinsen ließ es fast so wirken, als wäre er stolz darauf.

„Also solltest du morgen an dein eigenes Mittagessen denken“, wandte sie sich an Vector. „Yuuma hat nicht immer eins zum teilen dabei und dann schmarotzt er wieder bei mir!“

„Sei doch nicht so, Kotori“, jammerte Yuuma. Die anderen lachten und Yuuma stimmte schließlich mit ein. „Außerdem“, er legte einen Arm um Vector und der ließ fast das Reisbällchen fallen, „würde mir Shingetsu bestimmt was abgeben.“

„Klar, wäre ja nicht das erste Mal.“

„Jetzt fang du nicht auch noch an!“

Vector aß schmunzelnd sein Reisbällchen.
 

„Hey Shingetsu, wollen wir zusammen nach Hause gehen?“ Yuuma stand vor Vectors Tisch, seine Schultasche über der Schulter.

„Klar.“ Er nahm seine Schultasche hoch und erwartete, dass der Rest von Yuumas Freunden sie begleitete, doch sie waren allein. Auch als sie das Klassenzimmer und das Schulgebäude verließen, kam niemand winkend und Yuumas Namen brüllend auf sie zugerannt. Nur Yuuma und er.

Heute Morgen waren sie zu beschäftigt gewesen pünktlich zu kommen um sich zu unterhalten. Was sollte er jetzt sagen? Als Shingetsu war das irgendwie einfacher gewesen...

Yuuma nahm ihm das Problem ab, indem er das Gespräch startete: „Hast du dein Deck dabei?“

„Nein.“

Yuuma schien ernsthaft entsetzt zu sein. „Aber ich wollte mich mit dir duellieren!“

„Morgen, okay?“

„Heh, klar.“ Yuuma grinste. Er sah Vector an, achtete nicht auf den Weg und wäre dadurch fast in Nasch gelaufen.

Nasch sah Vector missbilligend an. Sein Blick änderte sich nicht, als er ihn auf Yuuma richtete. „Du bist immer noch zu naiv.“

Yuuma sah Nasch verständnislos an. „Was meinst du?“

Nasch verdrehte die Augen. Er schien zu einer Erklärung ansetzen zu wollen, doch ließ es am Ende bleiben. „Vergiss es einfach.“ Als er an ihnen vorbeiging rempelte er erneut Vector an.

„Hey Shark!“, rief Yuuma ihm hinterher. „Wir müssen uns bald wieder duellieren!“ Yuuma wandte seine Aufmerksamkeit wieder Vector zu und das breite Lächeln wurde etwas sanfter. „Nimm’s nicht so schwer“, Vector konnte gerade noch verhindern, dass seine Hand wegzuckte, als Yuuma nach ihr griff, „die gewöhnen sich schon wieder an dich.“

Vector zuckte mit den Schultern. „Ist nicht so wichtig.“

Yuuma griff seine Hand fester. „Du bist mein Freund und die anderen sind meine Freunde. Es ist mir wichtig, dass ihr euch alle versteht.“

„Yuuma...“

„Also, versteh dich wieder gut mit den anderen, ja?“

Was war nur mit diesem Jungen? Und warum sah er ihn so an?

Vector nickte. „Klar, wenn’s dir so viel bedeutet.“

Yuuma ließ seine Hand los und strahlte glücklich. „Und morgen Duell, nicht vergessen!“
 

Vector schloss die Tür hinter sich und rutschte daran herunter. Er seufzte und vergrub seine Hände in den Haaren. Er war in Yuuma verliebt. Na ganz toll!
 

Yuuma lag in seiner Hängematte, die Hände hinter dem Kopf verschränkt und sah nach oben in den Nachthimmel. Es war ein guter Tag gewesen, auch wenn er sich mit niemandem duelliert hatte. Er war froh zu sehen, dass sich die Barians gut eingefügt hatten, auch wenn es mit Shingetsu etwas holprig lief.

Yuuma lächelte, als er an ihn dachte. Doch das würde auch noch werden. Er hatte immer gewusst, dass Shingetsu nicht wirklich böse war.

Yuuma schloss die Augen. Er konnte sich glücklich schätzen, dass er so viele tolle Freunde hatte.

Vergib ihm, denn er weiß nicht was er singt

„988, 989, 990“, zählte Alit atemlos, während er im Wohnzimmer Liegestütze machte. Es war schon sein zweites Set, die er immer vor und nach der Schule machte. In Form zu bleiben, war ihm teils wichtiger als duellieren. Besonders seit Yuuma einmal seine Muskeln bewundert hatte. Er grinste und kam dadurch fast aus seinem Rhythmus. Alit konzentrierte sich. Er durfte sich nicht ablenken lassen, auch wenn er gerne mal wieder etwas mehr Zeit mit Yuuma verbringen würde. Zurzeit sahen sie sich nur in der Schule. Selbst Vector schien einen besseren Draht zu Yuuma zu haben. Vector war nie weit von Yuuma weg.

Gilag saß vor dem Fernseher und sah sich eine Show über Idols an. „Sanagi“, schwärmte er und rutschte bis an die Kante der Couch. Seine Wangen waren gerötet und seine Augen strahlten. Er konnte mit seinem schnell schlagenden Herzen und dem Kribbeln im Bauch nichts anfangen, aber er konnte Sanagi stundenlang anschauen. „So süß...“ Er hatte zuvor noch mit Alit trainiert, doch im Gegensatz zu ihm, war er nicht so versessen darauf. Sein Körper war gut so, wie er war.

„1000!“ Alit drehte sich keuchend auf den Rücken. Er schloss die Augen und nahm mehrere tiefe Atemzüge. Erst als sich sein Atem wieder beruhigt hatte, stand er auf und ließ sich neben Gilag auf die Couch fallen. Er rieb sich mit dem Handtuch übers Gesicht und die Brust, griff nach der Wasserflasche und nahm einen tiefen Schluck. „Hey Gilag, lass mal was unternehmen.“

„Sanagi...“ Gilag hörte ihm nicht zu, sondern grinste nur den Fernseher an.

„Gilag, hey Gilag!“ Doch Gilag reagierte immer noch nicht auf ihn. Seufzend wischte sich Alit über den Nacken. Er sah von Gilag zum Fernseher und wieder zurück. Was fand er nur an diesen Idols, dass er ihm gar nicht zuhörte?

„Sie singt wie ein ganzer Chor Engel“, seufzte Gilag verträumt.

„Engel? Singen?“, wiederholte Alit murmelnd. Er musste unweigerlich an Yuuma denken. Seit dem Duell war Yuuma sein Engel; er hatte damit sein Herz gewonnen. „Singen...“ Seine Augen weiteten sich. Das war die Idee! „Singen!“ Er legte seine Hände auf Gilags Wangen und drehte seinen Kopf zu sich. „Gilag, du bist ein Genie!“
 

„Hey III.“

„Guten Morgen, Alit.“

Alit und III waren in derselben Klasse und hatten sich schnell aufgrund ihrer ähnlichen Interessen angefreundet. Genauer gesagt: IIIs großem Interesse an Geschichte und Alit, der die Geschichte gelebt hatte. Sie hatten bereits Stunden damit verbracht über das römische Imperium, sowie die alten Griechen zu reden. Obwohl Alit damals nicht sehr alt geworden war, konnte er doch einiges erzählen. Manchmal war es für Alit jedoch komisch darüber zu reden. An manche Sachen erinnerte er sich, als wäre es erst gestern gewesen. An andere Sachen wollte er sich gar nicht erinnern, wie seine Hinrichtung. Auch, wenn er jetzt wusste, dass hinter allem Don Thousand gesteckt hatte, so war der Gedanke an den Prinzen doch mit bitteren Gefühlen verbunden.

„Hast du morgen Abend Zeit?“

III runzelte nachdenklich die Stirn. „Ich denke schon.“

„Bock auf Karaoke?“

„Karaoke?“, wiederholte III unsicher. Er war erst einmal beim Karaoke gewesen und es war eine der schlimmsten Erfahrungen seines Lebens gewesen.

„Ja!“ Alit strahlte über das ganze Gesicht.

Eigentlich hatte er sich geschworen, nie wieder zum Karaoke zu gehen, aber mit Alit würde es sicher lustig werden. „Okay, bin dabei.“

„Hab ich grad Karaoke gehört?“

III erstarrte. Das konnte doch nicht wahr sein! IV stand wie von Geisterhand plötzlich neben ihnen. „Thomas, was machst du hier?“

„Du hast deine Lunchbox vergessen.“ IV stellte die Box auf den Tisch vor III. „Also, was ist das mit Karaoke? Morgen?“

„Es ist nicht...“

Doch III bekam seinen Satz nicht fertig, da Alit ihn unterbrach: „Willst du mitkommen?“

III starrte Alit an und versuchte unauffällig den Kopf zu schütteln. Leider sah Alit nicht zu ihm, daher entging ihm IIIs entsetzter Gesichtsausdruck.

„Natürlich“, antwortete IV sofort. „Ich werde euch mit meiner Fanservice-Stimme zum Schmelzen bringen.“

III sah seinem Bruder hinterher und seufzte. Oh bitte, nicht schon wieder. Er überlegte für einen Moment abzusagen, doch Alit schien sich so zu freuen, dass er es nicht übers Herz brachte. Das konnte ja heiter werden...
 

In der Pause und zwischen den Stunden versuchte Alit Yuuma allein zu erwischen, doch Vector war einfach immer in der Nähe. Er war wie ein Schatten, nur schlimmer. Schließlich gab Alit auf. Er hätte gern Yuuma etwas für sich gehabt, aber bald war der Tag rum und er hatte immer noch nicht gefragt.

Er fing Yuuma und Vector nach der Schule ab. „Hey, ihr zwei!“

„Alit, hast du Lust auf ein Duell?“

„Klar, aber nur, wenn du mit mir morgen Abend zum Karaoke gehst.“

„Karaoke?“ Yuuma ließ die Hand mit dem D-Gazer sinken.

„Jupp, Gilag, ich, III und IV sind schon dabei.“

„Klingt nach Spaß. Ich komme!“

„Ich auch“, sagte Vector sofort. Er hatte keine große Lust auf Karaoke, doch wenn Yuuma dabei war, war „Nein“ keine Option. Als ob er Yuuma auch nur fünf Minuten mit Alit allein lassen würde.

„Super, aber jetzt lass uns endlich duellieren. D-Gazer set!“

Vector ging zur Seite und setzte seinen eigenen D-Gazer auf um das Duell verfolgen zu können. Yuumas Stil hatte sich kaum geändert: mit dem Kopf voran ohne viel nachzudenken. Alit war da ganz ähnlich. Vector verzog das Gesicht. Er mochte es nicht, dass die beiden eine Gemeinsamkeit hatten.

Yuuma beschwor Hope. Er war keine Numbers mehr, so wie alle Numbers nur noch gewöhnliche XYZ-Monster waren.
 

„Ich verwende eine Overlay Unit und stoppe damit Hope Angriff!“, rief Yuuma. „Dann aktiviere ich die Schnellzauberkarte Doppelt oder Nichts von meiner Hand, verdopple damit Hopes Angriffspunkte und lasse ihn noch einmal angreifen.“

Die 5000 Angriffspunkte fegten sowohl Alits Monster weg, als auch Alit selbst als seine Lebenspunkte auf null sanken.

Yuuma nahm seinen D-Gazer ab, lief zu Alit und half ihm wieder auf die Beine. „Das war ein klasse Duell.“

„Nächstes Mal gewinne ich!“

„Das werden wir ja sehen.“

Sie grinsten sich an und Vector verdrehte die Augen. „Wartet deine Schwester nicht auf dich?“, fragte er beiläufig.

Yuumas Gesichtsausdruck wurde leicht panisch. „Das hab ich ganz vergessen!“ Er schob sein Deck zurück in seine Box. „Wir sehen uns dann beim Karaoke“, rief er Alit noch zu und war schon verschwunden.

Vector wandte sich Alit zu. „Wen willst du noch so einladen?“

„Oh, ich dachte Nasch und...“ Doch Alit verstummte, als Vector ihm einen Arm um die Schultern legte.

„Wenn du Nasch einlädst, dann bring ich dich um“, flüsterte er. „Mal wieder.“

„Aber...“

Vector verstärkte seinen Griff. „Kein Aber“, fauchte er. „Du willst doch auch nicht, dass Nasch dir in die Quere kommt.“

„In die Quere?“, wiederholte Alit. „Oh... oh!“ Er sah Vector überrascht an. „Du und Yuuma, du...“

„Wenn du weiter redest, dann bring ich dich auch um, verstanden?“ Alit nickte und Vector ließ los. „Wir sehen uns dann morgen.“

Alit sah ihm hinterher. Eigentlich hatte er gedacht, Vector würde nur so sehr an Yuuma hängen, weil Yuuma der einzige war, der ihn normal behandelte, aber Vector stand auf Yuuma. Und Nasch scheinbar auch. Alit biss sich auf die Lippen. Jetzt musste er sich noch mehr anstrengen.
 

„Der Raum gehört uns den ganzen Abend“, sagte Alit und streckte die Hände aus.

„Klasse!“ Yuuma ließ sich auf die Couch fallen und griff als erstes nach der Karte mit den Getränken. „Was will ich nur?“

Vector setzte sich neben ihn und sah über Yuumas Schulter hinweg auf die Karte. Yuuma schob sie ein Stück in seine Richtung, damit er sie besser lesen konnte.
 

„Ich sing als erster“, erklärte Alit und griff nach einem der Mikrofone, sowie der Fernbedienung für die Karaoke-Maschine.

„Erstmal bestellen“, erwiderte Gilag und nahm die zweite Karte aus dem Ständer.

„Bestell mir einfach irgendwas.“ Alit wandte den Blick nicht vom Bildschirm ab, während er durch die Liedliste blätterte.

„Alit!“

Alit seufzte und legte sowohl Mikrofon, als auch Fernbedienung zur Seite. „Dann gib her.“ Er nahm Gilag die Karte weg, was dieser mit zusammen gepressten Lippen quittierte.
 

Als sie endlich ihre Getränke bestellt hatten, konnte Alit auch endlich loslegen. Vector verdrehte die Augen, als er seine Liedwahl sah. Er hätte es ja gleich wissen müssen. Immer dieser Kitsch...

Vector lehnte sich zurück und verschränkte die Arme vor der Brust, während Yuuma am Rand saß und Alit beobachtete. Vectors Gesichtsausdruck verdunkelte sich. Am Ende musste er doch noch singen, um von Yuuma beachtet zu werden und das gefiel ihm nicht.
 

Alit räusperte sich und summte die Melodie mit bis der Text begann:

Ti Amo, du sagtest Ti Amo, das heißt ich lieb dich so.

Was ist geblieben, von deinem mich lieben,

von hundert Mal Ti Amo, sagest du das nur so,

weil es dazu gehört. Worte sind billig,

sind manchmal so billig.
 

Vector imitierte lautloses würgen, sodass Yuuma es nicht mitbekam. Gilag dagegen sah ihn missbilligend an, während IV und III ihn nicht wirklich beachteten. Der kleinere Arclight wirkte schon seit sie sich am Eingang getroffen hatten ungewöhnlich nervös. Er zuckte gedanklich mit den Schultern und richtete seine Aufmerksamkeit wieder auf Alits Gesinge.

Alits Stimme war Durchschnitt. Nicht schlecht, aber auch nicht besonders herausragend, doch er sang mit Leidenschaft und davon hatte er ausreichend. Yuumas Oberkörper schwankte leicht mit der Melodie. Ihm schien es zu gefallen. Vector tippte unruhig auf seinen Oberschenkel und fragte sich, wann ihre Getränke kommen würden. Er wünschte sich, dass er Alkohol hätte bestellen können, um das alles besser durchstehen zu können, aber solchen bekam er hier nicht. Warum war er gleich wieder hier? Ach ja - er sah zu Yuuma - wegen ihm.

Erst jetzt bemerkte er, dass Alit Yuuma ansah und in seine Richtung sang. Vector verengte die Augen. Was sollte das werden? Noch dazu, weil er ein Lied übers Schlussmachen sang, dann sollte er gefälligst auch damit Schluss machen Yuuma anzusingen. Vector knirschte mit den Zähnen. Yuuma schien es noch nicht einmal zu bemerken, sondern viel mehr Gefallen daran zu haben. Vector war kurz davor Alit das Mikrofon aus der Hand zu reißen und es ihm in den...
 

Yuuma klatschte, als das Lied zu Ende war und sich Alit übertrieben verbeugte. „Das war echt gut!“

„Danke, mein Engel.“ Alit lächelte Yuuma an und bemerkte deswegen nicht, wie Vector ihm ein Bein stellte, als er an ihm vorbeiging. Alit fiel nach vorne und landete halb auf der Couch.

„Ist dir was passiert?“, fragte Yuuma besorgt und war aufgestanden.

Alit winkte ab. „Alles okay, bin nur gestolpert.“ Er sah zu Vector, der ihn angrinste. Yuuma setzte sich wieder hin, sah jedoch immer noch besorgt aus.

Vector machte sich eine gedankliche Notiz sowas nicht noch einmal zu tun, es würde nur Yuumas Aufmerksamkeit auf jemand anderes lenken.

„Ich zei...“, fing IV an und beugte sich vor um nach dem Mikrofon zu greifen, doch in dem Moment klopfte es an der Tür. III, der der Tür am nächsten saß, sprang auf und öffnete sie. Ihre Getränke wurden gebracht und Vector griff sofort nach seinem. Er zog am Strohhalm und verfluchte seine Minderjährigkeit. Als er noch ein König gewesen war, hatte ihm niemand vorschreiben können, was er zu trinken hatte.

Nachdem der Angestellte wieder gegangen war, wollte IV erneut nach dem Mikrofon greifen, doch Gilag hatte es sich bereits unter den Nagel gerissen. IV warf ihm einen wütenden Blick zu und ließ sich wieder zurückfallen. III tätschelte seinen Arm, froh, dass es noch etwas dauern würde bis IV an der Reihe war.
 

Gilag räusperte sich hörbar ins Mikrofon und verursachte damit ein unangenehmes Pfeifen. Vector hielt sich die Ohren zu. Nicht, das er bei Gilags Gejaule irgendwas verpassen würde.

Die fröhliche Melodie sorgte dafür, dass Vector seine Hände wieder sinken ließ und mit einem „What the fuck“-Gesichtsausdruck zu Gilag sah. War das sein ernst? Noch unpassender ging es wohl kaum. Aber was war er überrascht? Natürlich wählte er so einen bescheuerten Idol-Song.

Er sah zu Alit, der nur mit den Schultern zuckte. III und IV sahen ebenfalls zweifelnd aus, nur Yuuma schien Gilags Wahl nicht in Frage zu stellen.

Das große Staunen kam jedoch erst, als Gilag anfing zu singen. Vector klappte der Mund auf und er war nicht der einzige. Die sanfte, wohlklingende Stimme passte so gar nicht zu Gilags bulligem Aussehen. Er traf jeden Ton und seine tiefe Stimme fügte sich perfekt in die Melodie ein.

„Er ist wirklich gut“, flüsterte Yuuma Vector zu. Vector nickte nur. Wer hätte gedacht, dass in Gilag so ein Talent steckte?

Gilag hatte die Augen geschlossen. Er musste den Text nicht sehen um das Lied singen zu können. Er kannte jedes Wort auswendig und das von jedem von Sanagis Lieder. Er konzentrierte sich ganz auf die Melodie und steckte all die Bewunderung, die er für Sanagi hatte, in seinen Gesang.
 

Als das Lied zu Ende ging, klatschte Yuuma begeistert in die Hände. „Das war großartig!“

Gilag errötete und fasste sich verlegen an den Hinterkopf. Er setzte neben Alit, der ihm auf den Rücken klopfte. „Ich hatte keine Ahnung, dass du so ne tolle Stimme hast! Vielleicht solltest du Idol werden.“

„Oh ja, Gilag in einem süßen Kleidchen“, spottete Vector.

„Ach, sei doch still, du fandest es auch voll gut.“

Vector zuckte mit den Schultern. „War ganz okay.“

„Hör nicht auf ihn“, wandte sich Alit wieder an Gilag. „Ich hab genau gesehen, wie ihm der Mund offen stand.“

Vector trat nach Alit, doch dieser rutschte von ihm weg.
 

„Ich will als nächstes!“ Yuuma schnappte sich das Mikrofon und hüpfte nach vorne. Vector verlor das Interesse an Alit und Gilag und rutschte auf Yuumas Platz. „Ich brauch ein richtig tolles Lied!“

„Kattobingu“, sagte Vector leise und Yuuma sah ihn an.

„Genau! Ein Kattobingu-Lied!“ Er grinste breit und wurde auch kurz darauf fündig: Hakuna Matata.

Vector zog die Augenbrauen hoch. Ja, das Lied passte wirklich gut zu Yuuma.

Es war eher als Duett aufgelistet, doch Yuuma störte sich nicht daran. Er sang beide Stimmen inbrünstig. Zumindest, wenn man das, was er tat als singen bezeichnen konnte. Es klang furchtbar. Vector versuchte keine Miene zu verziehen, während Yuuma keinen einzigen Ton traf.

IV hielt sich nicht ganz so zurück, sondern lachte über Yuumas schlechten Gesang. „Das klingt so grausam! Wie kann man so scheiße singen?“ Er sagte es laut genug, dass sie am Tisch es hören konnten, aber nicht laut genug für Yuuma. „Wenn man einer Katze auf den Schwanz steigt, klingt das immer noch besser als das Gejaule.“

„Thomas, bitte, sei nicht so“, tadelte III seinen Bruder, doch der ließ sich davon nicht von seinen Lästereien abhalten. Er machte fröhlich weiter.

Vector knirschte mit den Zähnen, umfasste sein Glas fester und widerstand dem Drang es IV ins Gesicht zu werfen. In Gedanken schnitt er ihm genüsslich die Augen mit einer Scherbe aus ihren Höhlen. Seine Schmerzensschreie wären sicher zuckersüß. Aber nein, er war jetzt einer von den guten Jungs, kein Quälen mehr. Langweilig. Vielleicht sollte er sich das doch nochmal überlegen. Andererseits war er jetzt auch kein Barian mehr. Und hätte Yuuma wieder gegen sich. Das würde den anderen nur in die Hände spielen, also nein. Er würde etwas anderes finden, etwas das weniger... Tod und Qualen beinhaltete.
 

Hakuna Matata klang aus und Vector klopfte Yuuma auf die Schulter. „Gut gemacht!“

„Es klang furchtbar, nicht wahr?“

Vector nickte. Er konnte nicht lügen.

Yuuma lachte jedoch nur und ließ sich wieder auf die Couch fallen. „Aber lustig war’s trotzdem!“ Er griff nach seinem Glas und leerte es in einem Zug.

„Jetzt bin aber endlich ich dran!“ IV griff nach dem Mikro bevor es jemand anderes tun konnte. III verzog leidend das Gesicht. „Ich zeig euch mal, wie man das richtig macht.“ Er brauchte nicht lange um das Lied zu finden, dass genau passend für ihn wahr. „Macht euch bereit für meinen Fanservice!“

III schlug die Hand vor’s Gesicht. Er überlegte den Raum zu verlassen um das Elend nicht mit ansehen zu müssen. Er schämte sich schon jetzt, besonders nachdem IV so über Yuuma hergezogen hatte.
 

Hell is gone and heaven's here

There's nothing left for you to fear

Shake your ass come over here

Now scream.
 

Zu spät.

Wenn Yuuma schlecht gesungen hatte, dann war IV unterirdisch. Selbst Yuuma überkam das Bedürfnis sich die Ohren zuzuhalten. Vector tat es einfach. Er hätte ihm doch das Glas ins Gesicht schmeißen und ihnen allen die Qual ersparen sollen.

III wollte im Boden versinken. Er hatte versucht IV auszureden mitzukommen, aber sein Bruder liebte Karaoke. Leider konnte er einfach nicht singen und wollte auch nicht einsehen, dass er es nicht konnte. Es war so von sich und seinem Fanservice überzeugt. III seufzte.

So come on let me entertain you.

„Er ist noch schlechter als Yuuma“, flüsterte Gilag.

Alit nickte mit einem erzwungenen Lächeln auf den Lippen. Bei Yuuma war das noch irgendwie süß gewesen, aber bei IV einfach nur eine Katastrophe. Aber es ging ja nur um den Spaß, nicht wahr? Alit drückte seinen Zeigefinger gegen ein Ohr um das „Gejaule“ etwas zu dämpfen. Er sah zu Yuuma, der nah bei Vector saß, und biss sich auf die Unterlippe. Irgendwie war er ihm bisher auch nicht näher gekommen. Er musste etwas dagegen tun, nur was?

Fast hätte er sich gegen die Stirn geschlagen. Natürlich! Ein Duett! Sie waren immerhin beim Karaoke! Wie konnte er nur so blöd sein und nicht an das offensichtlichste denken?
 

Grausame vier Minuten und zehn Sekunden später war IV endlich fertig. „Wuhu! Na, da staunt ihr, was? Wollt ihr mehr?“

III stand auf und nahm seinem Bruder das Mikro ab. „Lass uns erstmal Pause machen. Unsere Getränke sind fast leer und es sollten alle mal singen, bevor wir eine zweite Runde starten.“ Er lächelte. Er würde dafür sorgen, das IV dieses Mikro nie wieder anfasste.

„Hmpf.“ IV war nicht willig schon aufzuhören. Er hatte sich doch gerade erst warm gesungen. „Ich kann ja noch eins singen, während wir bestellen.“

„Das ist unhöflich“, erwiderte III und entwand das Mikro IVs Fingern.

Mit leicht angesäuertem Gesichtsausdruck setzte sich IV wieder hin und III atmete für’s erste erleichtert aus.
 

Sie bestellten eine neue Runde Getränke und nachdem sie alle versorgt waren, stand III, der die ganze Zeit das Mikro festgehalten hatte, auf. Er war vielleicht nicht so gut wie Gilag, doch besser als sein Bruder war er allemal. III wählte jedoch denselben Künstler, wenn auch ein anderes Lied. Er hatte es gern etwas ruhiger.
 

I sit and wait

Does an angel contemplate my fate

And do they know

The places where we go

When we're grey and old.
 

Es wurde still im Raum, als III anfing zu singen. Selbst Vector hörte auf den Strohhalm zu bewegen und die Eiswürfel gegen das Glas klirren zu lassen. Im Gegensatz zu IV hatte III Talent und seine Stimme war wie für das Lied gemacht.

Yuuma stupste ihn an. „Ich hab leichte Gänsehaut“, flüsterte er. Vector hob die Augenbrauen. „Du etwa nicht?“ Er zuckte nur mit den Schultern. Yuuma stieß leicht seine Schulter gegen Vectors. „Du bist so furchtbar manchmal.“ Yuuma grinste ihn an und Vector wusste nicht so recht, was er davon halten sollte. Hatte Yuuma ihn gerade furchtbar genannt oder hatte er es anders gemeint? Menschsein war schon irgendwie kompliziert und diese Gefühle, die ihn überkamen, wenn er Yuuma ansah oder nur an ihn dachte, machte es nicht gerade einfacher.

Wie Yuuma ihn gerade ansah... Vector wollte ihn küssen. Er riss seinen Blick los und sah wieder zu III, der fast das Ende des Lieds erreicht hatte.

Noch immer lehnte sich Yuuma leicht gegen seine Schulter. Vector wagte einen Blick, doch Yuuma sah inzwischen auch wieder zu III. Vector hatte auch eine Gänsehaut, aber nicht wegen dem Lied.
 

Erst als III fertig war, setzte sich Yuuma wieder normal hin. Er klatschte. „Das war richtig toll!“

IV verschränkte missmutig die Arme vor der Brust. Wieso hatte bei ihm eigentlich niemand geklatscht?

„Shingetsu, du bist dran!“

„Wie? Was?“ Vector hatte verdrängt, dass man erwartete, dass er auch sang. „Ah, lieber nicht.“ Als ob er sich da vorne zum Affen machen würde.

Yuuma klopfte ihm einmal auf die Schulter. „Komm schon, sei kein Spielverderber.“

„Nein, wirklich, ich würde lieber...“

„Vector! Vector!“, begann Alit zu rufen. Gilag stimmte mit ein. Er würde die zwei umbringen!

„Oder traust du dich nicht allein?“ Vector wollte schon widersprechen, doch Yuuma sprach weiter: „Soll ich mit dir singen?“

Wie sollte er jetzt noch Nein sagen? Das war die Chance ein paar Punkte bei Yuuma zu machen.

„Okay.“

„Super!“ Yuuma nahm ihn bei der Hand und zog ihn hoch. Vector war zu überrascht um zu reagieren, er spürte nur die warme Hand um seine. Er war jedoch nicht überrascht genug um nicht den Moment zu nutzen um, ganz zufällig natürlich und ohne böse Absicht, IVs Glas umzustoßen. Dessen Getränk ergoss sich auf seinen Schoß und IV sprang fluchend auf. Vector grinste, was glücklicherweise niemand sah. Er hatte den anderen den Rücken zugewandt und Yuuma war zu beschäftigt damit ein Lied für sie zu finden.

Während IV wütend den Raum verließ und III versuchte die Sauerei zu beseitigen, schmollte Alit leicht. Er hatte doch ein Duett mit Yuuma singen wollen und wieder war ihm Vector zuvor gekommen. Er seufzte. Na gut, diese Runde hatte Vector gewonnen, aber er war noch nicht geschlagen.
 

„Ist zwar kein Duett, aber trotzdem ein tolles Lied.“ Vector nahm das zweite Mikro von Yuuma entgegen. Er kannte das Lied nicht, aber es war etwas Poppiges und klang nach guter Laune. Außerdem ging es scheinbar um Spiele. Passend für Yuuma.

Zumindest war das Vectors erster Eindruck, bis sie zum Refrain kamen:
 

Baby, grab a hold of the joystick

Take control of the motion

I can feel it when you huh-huh.
 

Vector hätte fast aufgehört zu singen. Was, bei Don Thousand, sangen sie da? Er sah zu Yuuma. Wusste er überhaupt um was es hier wirklich ging? Höchstwahrscheinlich nicht.

Alit lachte. Er konnte nicht anders. Vectors Gesichtsausdruck war einfach zu köstlich. Gilag neben ihm sah jedoch eher so aus, als wollte er im Boden versinken. Sein Kopf war hochrot und er nestelte nervös am Saum seines Shirts. Ihm waren solche Liedtexte peinlich und Alit machte es mit seinem Lachen nicht besser.

Nur III saß da und war verwirrt. Er verstand weder warum Alit lachte, noch warum Gilag plötzlich so peinlich berührt aussah.
 

I don't want you thinking

That I'm trying to apply pressure

But the pressure makes it better

Pushing harder makes it wetter.
 

Vector war done. Yuuma hatte keine Ahnung, was er da eigentlich sang. Wie konnte dieser Junge nur so keine Ahnung von Nichts haben? Er würde es ihm nur zu gerne zeigen, dann konnte er mit seinem Joystick spielen.

Vector musste seine Gedanken zügeln. Das war nicht die richtige Zeit dafür.
 

Vector atmete erleichtert aus, als das Lied zu Ende war. Er hatte gern mit Yuuma gesungen, aber nicht sowas und auch nicht, wenn Yuuma den Text nicht kapierte. Das machte die Situation etwas seltsam.

„Das hat riesigen Spaß gemacht! Siehst du, war gar nicht so schlimm.“

„Äh ja“, murmelte Vector und legte das Mikrofon zu Seite, doch Yuuma hielt ihn am Handgelenk fest.

„Nicht so schnell! Du musst immer noch alleine singen!“

„Was?“

„Hehe.“ Yuuma sah aus, als wäre ihm ein Streich gelungen. „Du bist jetzt wirklich an der Reihe.“

Vector seufzte. „Ich hab keine Wahl, was?“

„Nein.“ Yuumas Grinsen wurde noch breiter.

„Na gut.“

„Yeah!“ Yuuma ließ Vectors Handgelenk los und setzte sich wieder. Er trank einen Schluck, dann richtete er seinen Blick wieder auf Vector, der durch die Liederliste scrollte.

Vector biss sich auf die Unterlippe. Er hatte die Auswahl zwischen zwei Arten von Liedern: kannte er nicht und mochte er nicht. Er hatte schon fast aufgegeben als er schließlich doch noch eine Kategorie fand, die ihm zusagte. Er grinste leicht. Die Auswahl war ja doch nicht so schlecht. Yuuma würde es aber trotzdem immer noch nicht verstehen. Wahrscheinlich könnte er Neon-Schilder aufstellen, die sagten, dass er ihn mochte und Yuuma wäre immer noch ahnungslos.
 

So come and taste the reason

I’m nothing like the rest.

I kiss you in a way you’ll never forget about me.
 

That chick can eat her heart out!

Love bites, but so do I, so do I.

Love bites, but so do I, so do I, so do I!
 

Obwohl er das Lied nicht so gut kannte, hatte er keine Schwierigkeiten dem Text zu folgen. Das Lied passte zu ihm, auch wenn Yuuma keinen Freund bzw. keine Freundin hatte.

Vector ließ Yuuma nicht aus den Augen, während er sang und auch IVs Rückkehr brachte ihn nicht aus dem Konzept. Yuumas Körper bewegte sich leicht zur Musik.
 

„LOVE BITES!“, endete Vector das Lied. Er hatte die ganze Zeit nicht mal darüber nachgedacht, wie seine Stimme überhaupt klang. Zumindest hatte sich keiner die Ohren zugehalten.

„Das war klasse.“ Yuuma klatschte. „Du singst echt gut.“

„Ja, Vector, wusste gar nicht, dass du so ein Talent hast“, stimmte Gilag zu.

Vector zuckte mit den Schultern und verscheuchte Alit, der näher an Yuuma gerutscht war, von seinem Platz. „Ich stecke voller Überraschungen.“

„Aber es hat wirklich Spaß gemacht mit dir zu singen, das sollten wir später unbedingt noch mal machen.“

Sowohl Vector als auch Alit war der Zusatz „mit dir“ nicht entgangen. Alit ließ die Schultern hängen. Diese Schlacht hatte er wirklich verloren.

„Erstmal singe ich jetzt wieder!“, bestimmte IV und bevor ihn jemand aufhalten konnte, hatte er sich schon das Mikrofon geschnappt.

„Wollen wir nicht lieber nach Hause gehen?“, warf III ein. „Du solltest den Fleck lieber vernünftig einweichen, sonst geht der nie wieder raus.“

IV zuckte nur mit den Schultern. „Dann kauf ich mir eben neue Sachen.“

„Und wenn uns draußen Fans begegnen? Die können dich unmöglich so sehen.“

Das brachte IV ins Grübeln. Für einen Moment schien er es wirklich in Betracht zu ziehen nach Hause zu gehen, doch dann schüttelte er den Kopf. „Ob sie mich jetzt sehen oder später ist doch auch egal.“

III seufzte. Er war so nah dran gewesen.

„Ich geh gleich nach Hause, wenn ich dem nochmal zuhören muss“, brummte Vector.

„Aber wir wollten doch nochmal singen?“

„War nur ein Scherz“, beruhigte Vector Yuuma, als er die Enttäuschung in seiner Stimme hörte. Er musste solange bleiben, wie Yuuma auch blieb. Er konnte Alit das Feld nicht einfach überlassen.

Also quälten sie sich durch zwei weitere Lieder von IV und fanden Erholung als Gilag und III noch einmal sangen.

Vector gähnte.

„Bist du müde?“, fragte Yuuma sofort.

„Etwas“, antwortete Vector. Er war nicht müde, doch das Rumsitzen langweilte ihn, der einzige Vorteil war, dass er neben Yuuma sitzen konnte und sich ihre Knie und Hände hin und wieder streiften, weil Yuuma nicht ruhig sitzen konnte.

„Dann sollten wir als nächstes singen, dann können wir auch langsam gehen, wenn du müde bist.“

Vector bemerkte, dass Yuuma „wir“ gesagt hatte. Sehr schön. „Klingt gut.“
 

Ihr Lied war ein fröhliches, ganz nach Yuumas Geschmack, und diesmal ganz ohne zweideutigen Text. Vector kannte es nicht, aber der Text war einfach genug, sodass er keine Schwierigkeiten hatte beim Mitsingen. Yuuma hängte sich voll rein. Dass er nicht singen konnte, störte ihn wirklich nicht.

„Wuhuu!“, rief Yuuma ins Mikro, als das Lied zu Ende ging. „Das war wieder toll!“ Seine Augen strahlten und Vector musste lächeln. Schnell drehte er den Kopf weg, damit niemand es sah. Yuuma trank mit einem großen Schluck sein Glas leer. „Das war echt ein toller Abend.“ Er grinste Alit an. „Das war ne super Idee, wir müssen das unbedingt nochmal machen. Vielleicht auch mal mit Shark.“

Das Lächeln auf Vectors Lippen erstarb und seine Laune sackte in den Keller. Hatte er jetzt wirklich Nasch erwähnen müssen? Vector knirschte mit den Zähnen. Er leerte ebenfalls sein Glas und griff nach seiner Jacke.

„Gehst du etwa schon?“, fragte Alit mit etwas Hoffnung in der Stimme.

„Wir gehen beide“, erklärte Yuuma.

„Oh.“ Da ging seine Hoffnung dahin.

„Viel Spaß euch noch“, verabschiedete sich Yuuma. Vector hob nur kurz die Hand.
 

„Ist das schon in Ordnung für dich?“, fragte Vector nachdem sie draußen auf die Straße getreten waren.

„Was?“

„So früh zu gehen nur wegen mir?“

„Ach, das ist schon in Ordnung. Will dich nicht allein gehen lassen. Außerdem singt IV echt furchtbar.“ Er lachte leise und Vector stimmte mit ein. Sie gingen nebeneinander und bei jedem Schritt streiften sich ihre Hände.

Wie gut brennt Polyester?

Vector schlug eine Mücke tot, die gerade dabei gewesen war ihn zu stechen. Er hasste es hier. Er hasste es so sehr. Alit hatte einfach so dumme Ideen; warum hörten sie überhaupt auf ihn? Sollten sie es nach all diesen Jahren nicht besser wissen?

Wobei er ja nicht wegen Alit hier war. Er sah Yuuma an, der vor ihm ging und wie immer bester Laune war. Vector seufzte. Alles mal wieder nur wegen ihm.

„Diese Scheißviecher!“, fluchte Vector und schlug erneut nach einer Mücke. Sie hatten es regelrecht auf ihn abgesehen. Wenn er wieder zuhause war, dann war er bestimmt mit Stichen übersät.

„Hast halt süßes Blut“, sagte Alit mit einem breiten Grinsen.

„Halt’s Maul“, murrte Vector.

„Das ist so sowieso nicht ganz richtig“, Durbe richtete sich die Brille, „das hat nichts mit süßem Blut zu tun. So was wie süßes Blut gibt es auch gar nicht. Studien haben ergeben, dass Menschen mit der Blutgruppe 0 häufiger gestochen werden als andere. Auch hängt es mit den Bakterien auf deiner Haut und Schweiß zusammen.“

„Willst du damit sagen, ich stinke?“, knurrte Vector.

Alit kam näher und schnüffelte an ihm. Vector schubste ihn weg. „Lass das!“

Durbe fing an, das Thema Mücken zu vertiefen und spielte ganz den Klugscheißer. Vector verdrehte die Augen. Wieso war Durbe überhaupt dabei? Wer hatte ihn eingeladen?

Und wer hatte Mizael eingeladen? Und wieso hatte Mizael auch noch zugesagt? Er wirkte fehl am Platz und man sah ihm regelrecht an, wie sehr er es bereute.

Nicht, dass er es selbst genießen würde hier zu sein. Er hasste campen. Es war unbequem und egal, wie warm es im Moment war, er würde bestimmt frieren. Und Insekten! Zahllose Insekten! Er unterdrückte ein Schaudern. Er hasste alles, was diesen Trip anging.

Naja, nicht alles. Er hat kein eigenes Zelt, deshalb würde er bei Yuuma schlafen und das entschädigte schon fast alles andere.

Nur fast, weil leider auch Nasch in Yuumas Zelt schlafen würde. Vector knirschte mit den Zähnen. Warum hatte Nasch nicht mit seiner nervigen Schwester mitgehen können? Merag veranstaltete irgendeinen „Mädelsabend“, da hätte Nasch auch gut reingepasst, und er hätte Yuuma für sich gehabt.

Es passte ihm sowieso nicht, dass Yuuma und Nasch nebeneinander gingen und sich Yuuma so lebhaft mit ihm unterhielt. Ihm fiel aber auch nichts ein, mit dem er Yuumas Aufmerksamkeit auf sich lenken konnte. Vector murrte. Er hasste diesen Trip.
 

Sie erreichten die Campingstelle. Es war eine Lichtung im Wald, eine von vielen, die den Eindruck erwecken sollte, dass man alleine im Wald war. Auf dem Boden sah man die Abdrücke von Zelten und die Reste eines Lagerfeuers.

Vector ließ seinen Rucksack fallen und streckte sich. Ihm taten die Beine weh von dem langen Marsch.

„Shingetsu!“ Er sah zu Yuuma. „Hilfst du uns beim Zeltaufbau?“

Vector nickte nur. Lust hatte er keine, aber so hatte er zumindest Gelegenheit etwas mit Yuuma zu machen... und Nasch, aber es war besser, wenn er ihn ignorierte.

Sie breiteten das Zelt auf dem Boden aus, während Nasch die Stangen und Heringe bereitlegte.

„Gibt’s hierfür eine Anleitung?“, wollte Vector wissen und sah Yuuma fragend an.

„Es gab mal eine, aber... naja, ich weiß nicht, wo sie ist.“ Er lachte und Vector seufzte. Wieso war er nicht überrascht?

Zusammen mit Yuuma schob er die großen Stäbe in die Öffnungen. „Shark, kannst du die Stäbe in die Schlaufen machen?“

„Klar!“

Vector äffte Shark nach ohne dass dieser es mitbekam. Als Shark sich um den vorderen Teil kümmerte, betrachtete Vector die sorgfältig in die Schlaufen geschobenen Stäbe. Er grinste, bückte sich und zog die Stäbe wieder heraus. Das Zelt knickte leicht ein. Er gesellte sich zu Yuuma bevor jemand Verdacht schöpfen konnte.

Yuuma hielt die Heringe in den Händen. „Nur noch die und wir sind fertig.“ Er legte zwei neben Shark und kümmerte sich selbst um den hinteren Teil des Zelts. „Hey, Shark, ich dachte, du hast das hinten schon erledigt?“

„Hab ich“, erwiderte Shark und zog die Stirn kraus. Er trat den Hering im Boden fest und ging zu Yuuma.

Vector zog in der Zwischenzeit die Heringe wieder aus dem Boden. Er zuckte zusammen, als sich eine Hand auf seine Schulter legte.

„Es ist besser, wenn du mit mir Feuerholz holst“, sagte Gilag.

„Muss das sein?“ Der Griff an seiner Schulter festigte sich.

„Ja, bevor du hier noch mehr Ärger machst.“

Das Zelt flatterte etwas im Wind.
 

Sie waren kaum zwischen den Bäumen verschwunden, als ein lautes „VECTOR!“ durch den Wald schallte. Vector grinste zufrieden. Er hob einen Ast vom Boden auf und ließ ihn durch die Luft zischen. Er hatte keine Lust Holz zu sammeln, sollte Gilag das doch machen. Er blickte zurück. Hoffentlich nutzte Nasch die Gelegenheit nicht um sich an Yuuma ranzumachen. Vector knirschte mit den Zähnen und schlug den Ast so fest gegen den nächsten Baum, dass er zerbrach. Er warf die Reste weg.

Irgendwie musste er Nasch los werden... mal wieder. Sie waren in einem Wald, da war es leichter jemanden „verschwinden“ zu lassen. Es könnte ihm ein tragischer Unfall passieren. Von einem Bär gefressen, in den Fluss gefallen und ertrunken, einen Abhang hinunterfallen und sich dabei den Schädel spalten; es gab so viele Möglichkeiten! Er könnte ihn auch ganz einfach abstechen und dann irgendwo verscharren oder, noch besser, zum Verrotten liegen lassen.

Damit könnte er auch zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen: er musste nie wieder Naschs hässliche Fresse ertragen und Yuuma würde bestimmt bei ihm Trost suchen. Und wie er ihn trösten würde. Vector grinste.

„Vector!“

Vector zuckte zusammen und drehte sich zu Gilag um. Er hatte die Arme voller Äste. „Ja?“

„Du sollst auch Holz sammeln.“

„Hab noch keins gefunden“, erwiderte Vector genervt. Was war Gilags verdammtes Problem? Er hatte keinen Bock auf diesen Mist! Wer wusste, was Nasch in der Zwischenzeit mit Yuuma tat.

„Dann trag das zurück.“ Gilag drückte ihm die Äste gegen die Brust und Vector verlor fast das Gleichgewicht. Er festigte seinen Griff um das Holz und murrte. Zumindest konnte er jetzt zurückgehen.
 

Vector ließ das Feuerholz neben der Feuerstelle fallen und strich sich sein Shirt sauber. Er zupfte gerade ein Blatt weg, als Nasch ihn plötzlich am Shirt packte.

„Wegen dir wäre fast das Zelt zusammengebrochen“, fauchte er ihn an. „Wie immer machst du nur Ärger!“

Vector hob die Augenbrauen und setzte eine Unschuldsmiene auf. „Ich weiß nicht, was du meinst.“

„Tu nicht so! Du hast die Heringe wieder rausgezogen!“ Er schubste Vector und dieser stolperte über den Holzstapel und fiel zu Boden. Bevor Nasch aber auf ihn losgehen konnte, wurde er von Yuuma aufgehalten, der sich zwischen sie stellte.

„Beruhig dich, Shark.“

„Aber er...“

Yuuma schüttelte den Kopf. „Shingetsu hat gesagt, er war es nicht und ich glaube ihm. Er war mit Gilag beim Holz sammeln.“

Nasch schnaubte. Er murmelte etwas Unverständliches, drehte sich um und ging.

Yuuma half Vector wieder auf die Beine. „Hast du dir wehgetan?“ Vector schüttelte den Kopf und Yuuma atmete erleichtert aus. „Lass dich von Shark nicht ärgern.“

„Ich versuch’s.“ In seinem Kopf zog er in der Zwischenzeit langsam die Haut von Naschs Gesicht. „Aber ich bin froh, dass du dich für mich eingesetzt hast.“ Er schenkte Yuuma ein Lächeln.

Yuuma hielt eine von Vectors Händen mit seinen. „Aber natürlich, du bist doch mein Freund.“

„Das bedeutet mir sehr viel.“ Zumindest konnte er einen Vorteil aus der ganzen Situation ziehen. Yuuma schenkte ihm sein breitestes Lächeln und Vector schluckte. Am liebsten hätte er ihn zu sich gezogen und geküsst. Er entwand seine Hand aus Yuumas Griff und sah schon fast verlegen zur Seite. „Kann ich dir noch mit irgendwas helfen?“
 

Curry köchelte über dem Lagerfeuer und Vector trommelte ungeduldig mit dem Plastikbesteck auf seinen Papierteller. „Ist es endlich fertig?“

Mizael verdrehte die Augen. Er hatte seine Haare zusammen gebunden und hatte fast im Alleingang das Curry für sie vorbereitet. „Gleich“, antwortete Mizael knapp und rührte um.

„Das hast du vorhin auch schon gesagt.“

„Du hast mich auch dasselbe erst vor einer Minute gefragt.“ Mizael hatte sichtlich Schwierigkeiten ruhig zu bleiben.

„Ich bin eben am Verhungern.“

„Oh bitte, tu mir den Gefallen“, zischte Mizael.

Vector hob abwehrend die Hände und stand auf. Er ließ sein Geschirr liegen und streifte über den Platz. Es gab drei Zelte, eins davon gehörte Gilag und Alit, die öfters campen gingen um im Wald zu trainieren. Vector schüttelte den Kopf. Man konnte es auch übertreiben.

Mizael und Durbe teilten sich ebenfalls ein Zelt. Woher auch immer die beiden ein Zelt hatten. Durbe hatte auch erst gehofft, er und Nasch würden sich eins teilen, doch Yuuma war schneller mit seinem Angebot gewesen. Vector knirschte mit den Zähnen. Nicht, dass er scharf darauf gewesen wäre, mit Mizael in einem Zelt zu schlafen, doch es wäre tausendmal besser als Nasch gewesen. Bei Mizael musste er sich wenigstens keine Sorgen machen, dass er plötzlich Yuuma anmachte.

Er wollte in Yuumas Zelt krabbeln und wäre dabei fast mit eben diesen zusammengestoßen. „Was machst du hier?“ Vector warf einen Blick ins Zelt, schon fast panisch, dass er Nasch sehen würde, doch das Zelt war leer.

Yuuma hielt eine Tüte Marshmallows hoch. „Für später“, sagte er mit einem Grinsen.

„Essen ist fertig!“, rief Mizael und Vector beeilte sich zurück zum Feuer zu kommen.
 

Er saß neben Yuuma, während sie aßen und zu seinem Leidwesen saß Nasch an Yuumas anderer Seite. Der Typ war so aufdringlich, es war zum Kotzen. Wütend schob er sich einen Löffel Curry in den Mund und verschluckte sich prompt. Er hustete und Yuuma klopfte ihm auf den Rücken.

„Alles okay?“

Vector röchelte und er wischte sich über die Augen. Heute war nicht sein Tag. Langsam beruhigte er sich wieder.

„Geht’s?“, fragte Yuuma besorgt. Vector nickte. „Gut.“ Es mochte peinlich gewesen sein, doch das Lächeln, das Yuuma ihm gerade schenkte, machte das alles nur nebensächlich.

Schnell richtete Vector seinen Blick wieder auf seinen Teller. Was hatte dieser Junge nur an sich?
 

Vector prüfte den Marshmallow an seinem Stock.

„Ist das nicht schön?“, fragte Yuuma leise.

„Was?“, fragte Vector und hielt den Stock zurück ins Feuer.

Yuuma lehnte sich leicht gegen ihn und zeigte nach oben. Vectors Blick folgte seinem Fingerzeig. Über ihnen funkelten zahllose Sterne. Der Mond war nirgends zu sehen. Vectors Blick ging jedoch wieder nach unten, weil Yuuma immer noch an ihm lehnte. Vector schlug das Herz bis zum Hals.

„Vector. Vector. VECTOR!“

Nur schwer konnte Vector seinen Blick von Yuuma lösen. „Was?“, fauchte er Durbe an.

„Dein Marshmallow brennt.“

Panisch riss Vector den Stock aus dem Feuer und versuchte den Minibrand zu löschen. Sein Marshmallow war schwarz. Vector seufzte.

„Hier.“ Lächelnd hielt ihm Yuuma seinen hin.

„Aber das ist deiner“, murmelte Vector verlegen. Er wollte Yuuma ja näher kommen, aber im Moment war er wirklich etwas überfordert. Er sah kurz an Yuuma vorbei. Nasch spießte ihn mit seinen Blicken auf. Vector unterdrückte das triumphierende Grinsen.

Er nahm Yuumas Marshmallow, weil dieser darauf bestand und weil es Nasch noch wütender machte.
 

„Hey, wisst wir was noch zum Campen gehört?“ Alle Blicke richteten sich auf Alit. „Gruselgeschichten!“

Vector schnaubte. Sowas lächerliches. Er merkte, dass alle ihn ansahen. „Was?“

„Du weißt doch bestimmt eine“, sagte Alit mit einem Schulterzucken.

„Wieso ich?“

„Weil dein Gesicht schon zum Gruseln ist.“ Mizael lachte leise über seinen eigenen Witz.

Vector verengte die Augen. „Ja, ich weiß eine, über einen Jungen und seinen toten Drachen.“ Mizaels Lachen erstarb und er presste die Lippen aufeinander. Vector grinste zufrieden. „Aber gut, ich weiß wirklich eine.“ Er ließ sich nur darauf ein, weil er hoffte, dass Yuuma sich erstrecken würde. „Also“, er beugte sich nach vorne und sah durch die Runde, „es ist vor ein paar Jahren in Heartland passiert. Eine Mutter geht mit ihrem kleinen Mädchen an einem Spielzeugladen vorbei und im Schaufenster liegt ne Puppe, aber die Puppe hat nur noch drei Finger. Das Mädchen will sie trotzdem haben und bettelte bis Mama sie kauft. Der Verkäufer warnt die Mutter, das Mädchen niemals mit der Puppe allein zu lassen.“ Vector merkte, wie Yuuma etwas näher an ihn rutschte. „Eine Woche vergeht und die Mutter muss kurz weg, sie erinnert sich aber daran, was der Verkäufer gesagt hat. Sie nimmt ihrer Tochter die Puppe weg und legt sie auf den Schrank. Nach ner Weile kommt die Mutter wieder und hört ein komisches Geräusch. Sie ruft nach ihrer Tochter, aber die antwortet nicht, also geht sie ins Zimmer.“ Er machte eine kurze Pause und genoss die angespannten Gesichter der anderen. „Das Mädchen lag auf dem Boden, tot, und nur noch drei Finger an der Hand. Daneben saß die Puppe, grinsend, mit fünf Fingern.“
 

Gilags Schrei hallte durch die Nacht und war wohl der Hauptgrund dafür, dass sich alle erschreckten. Gilag presste dich die Hand auf den Mund und war ganz blass im Gesicht.

„So gruselig war die Geschichte auch wieder nicht.“ Vector rieb sich den Nacken.

„Ich fand sie schon ziemlich unheimlich.“

Vector sah Yuuma an. Und warum hatte er sich dann nicht panisch an ihn geklammert? Das war doch eigentlich seine Absicht gewesen. Er seufzte. „Wird’s nicht langsam Zeit zum Schlafen?“

„Nein“, widersprach Gilag mit ungewöhnlich hoher Stimme. Alit saß neben ihm und strich ihm beruhigend über den Arm.

„Shark, du hast doch deine Gitarre dabei, spiel doch was für uns.“

Das war jetzt nicht Yuumas Ernst? Vector sah Nasch hinterher, wie er seine Gitarre aus dem Zelt holte. Womit hatte er das verdient? „Ich leg mich lieber hin“, sagte er, doch Yuuma hielt ihn am Ärmel fest.

„Bleib doch noch etwas.“

Wie sollte er diesem Lächeln widerstehen? Er blieb sitzen und verfluchte sich selbst dafür, dass er so schwach war.
 

Als Nasch jedoch anfing zu spielen und Yuuma nur noch ihm seine Aufmerksamkeit schenkte, hätte Vector am liebsten die Gitarre gepackt und damit solange auf Nasch eingedroschen bis sein Gesicht nur noch eine blutige Masse war. Und es war ja nicht nur die Gesichtsaggro, nein, dann gab es da ja auch noch diese unglaublich hässliche Jacke. Aus was für einem Stoff war die überhaupt? Polyester? Billig und hässlich.

Vector sah ins Feuer. Wie gut Polyester wohl brannte? Er sah wieder zu Nasch und überlegte, wie er das am unauffälligsten herausfinden konnte. Er ertrug dieses Gejaule nicht mehr. Und es gefiel ihm auch gar nicht, wie Yuuma Nasch ansah. Er schnaubte und spielte mit dem Stock auf den er seine Marshmallows aufgespießt gehabt hatte.

Er beobachtete, wie die Spitze glühte und begann zu grinsen. Vector sah sich um, doch alle saßen bei Nasch und achteten nur auf ihn. Nur Mizael wirkte so unbegeistert wie Vector selbst. Er spielte mit seinem Handy und Vector wusste, dass er innerlich wieder darüber fluchte, dass er keinen Empfang hatte. Er hatte sich nachmittags schon ein paar Mal darüber beschwert.

Gut, Vector hielt wieder den Stock ins Feuer, niemand achtete auf ihn. Als er ausreichend glühte schob er ihn vorsichtig an Yuuma vorbei, damit dieser nichts mitkriegte. Vector lehnte sich leicht zurück und hielt den Stock an Naschs hässliche Jacke. Er wartete, doch nichts passierte.

Missbilligend presste Vector die Lippen aufeinander. Wieso ging der Bastard nicht in Flammen auf? Das wäre mal ein Lagerfeuer, das er wirklich genießen würde.

Er hielt den Stock wieder in die Flammen. Er brauchte irgendwas, das leichter brannte. Die trockenen Blätter, die überall auf den Boden verstreut lagen, kamen ihm gerade recht. Es war, als wollte die Natur, dass er Nasch anzündete.

Mit dem Fuß schob er die Blätter zusammen. Aber wie sollte er sie hinter Nasch bekommen? Vector lehnte sich wieder zurück um zu sehen, ob nicht schon Blätter hinter ihm lagen, doch so viel Glück hatte er nicht. Er schnaubte leise und knüllte die Blätter zusammen. Wenn er sie warf, würde das auffallen und sonst wusste er keine Möglichkeit. Er kaute auf seiner Unterlippe und trommelte mit dem Fuß auf den Boden. Damit hörte er jedoch auf, als er merkte, dass er es im Takt der Musik tat. Wie lange wollte dieser Idiot noch singen und auf seiner blöden Gitarre rumklimpern? Er hielt das einfach nicht mehr aus!

Vector stand auf. Es war nicht wirklich geplant gewesen, aber jetzt war es schon zu spät.

Yuuma sah zu ihm hoch. „Wo gehst du hin?“

„Nur kurz pissen“, murmelte Vector. Er hatte immer noch die Blätter in der Hand und versteckte sie etwas hinter seinem Rücken. Als er an Nasch vorbeiging, stieß er nicht nur gegen seine Schulter und brachte ihn damit aus dem Spielfluss, sondern ließ auch die Blätter hinter ihm fallen.

Okay, damit war er schon mal einen Schritt weiter. Er ging zwischen die Bäume und lehnte sich gegen einen Baumstamm. Wenn er es jetzt noch schaffte das Ganze anzuzünden, dann war sein Tag gerettet. Schöner wäre es gewesen, wenn er eine Hetzjagd durch diesen Wald hätte veranstalten können. Das hätte ihm wirklich Spaß gemacht, aber man konnte ja nicht alles haben.

Vector holte die Streichhölzer aus seiner Hosentasche, die er zuvor dafür benutzt hatte das Lagerfeuer anzuzünden.
 

Schon auf dem Weg zurück zündete Vector eins der Streichhölzer an und schirmte die Flamme mit der Hand ab. Er biss die Zähne zusammen, als das Feuer seine Haut erhitzte.

Wie schon zuvor die Blätter ließ er das Streichholz fallen und setzte sich wieder neben Yuuma, der ihm kurz einen Blick zuwarf. Vector drückte seine Hand in das kühle Gras hinter ihm. Er hoffte, dass sein Plan jetzt auch funktionierte. Vector grinste, als er die kleine Flamme sah, die hinter Nasch heranwuchs.
 

Der Polyesterstoff fing nur langsam Feuer. Die Flamme kroch nach oben und schmolz den Stoff eher, als dass er ihn komplett in Brand steckte. Vector war enttäuscht. Diese verdammte Polyesterjacke! Sie war nicht nur hässlich, sondern auch komplett nutzlos.

Mizael sah von seinem Handy auf. „Riecht’s hier nicht irgendwie ekelhaft?“

„Shark, du brennst!“, rief Yuuma plötzlich panisch.

Vector hatte Schwierigkeiten sich das Lachen zu verkneifen, während er das Spektakel beobachtete. Hektisch zog sich Nasch die Jacke aus und zündete dabei fast das Shirt an, das er trug. Die untere Hälfte der Jacke war zum Teil zusammengeschmolzen. Nasch warf die Jacke auf den Boden und trat das Feuer aus.

„Bist du verletzt?“, wollte Yuuma wissen, doch Nasch achtete gar nicht auf ihn, sondern sah mit grimmigem Gesicht zu Vector, der inzwischen breit grinste.

„Jetzt reicht’s mir.“ Er ging an Yuuma vorbei und packte Vector am Kragen. „Ich sollte dir jeden Knochen im Leib brechen!“

„Was hält dich auf?“, fragte Vector provozierend. Er bemerkte, wie sich Naschs Körper anspannte.

„Hör auf, hört auf.“ Yuuma schob sich zwischen sie. „Nicht streiten.“

„Er hat mich angezündet!“

„Ich weiß nicht, wovon er redet.“

„Hier sind die Reste eines Streichholz“, sagte Durbe, der die Feuerstelle untersuchte. „Vector hat doch immer noch die Streichhölzer.“

Alle Blicke richteten sich auf Vector. „Hast du ihn angezündet, Shingetsu?“, fragte Yuuma leise.

„Nein“, antwortete Vector ohne mit der Wimper zu zucken.

Yuumas Gesichtszüge entspannten sich. „Gut.“

„Wie kannst du ihm nur glauben?“, rief Nasch und wollte wieder auf Vector losgehen. „Er ist der einzige mit Streichhölzern!“

„Ich hab keine Streichhölzer“, widersprach Vector und zeigte seine Hosentaschen. Sie waren leer. Er hatte die Packung fallen lassen, als er das eine Streichholz angezündet hatte. Als ob er so blöd wäre und Beweismittel mit sich rumschleppte.

„Siehst du, Shark. Er kann es gar nicht gewesen sein.“

Nasch verengte die Augen und wandte sich schließlich ab. Er griff nach seiner Gitarre und verschwand im Zelt.
 

Als Vector nach Yuuma ins Zelt kam, warf Nasch ihm einen hasserfüllten Blick zu. Vector genoss ihn. Es machte solchen Spaß Nasch auf die Nerven zu gehen und das Beste an der Sache war, Yuuma glaubte ihm.

Vector schlüpfte in seinen Schlafsack. Er lag neben Yuuma, Nasch, wie schon zuvor am Feuer, auf der anderen Seite.

„Ihr solltet euch wirklich vertragen“, flüsterte Yuuma.

Nasch schnaubte und Vector bevorzugte es nicht zu antworten. Er würde sich niemals mit Nasch vertragen. Eher würde die Hölle zufrieren.

„Wir sind doch alle Freunde“, redete Yuuma weiter. Er ließ sich nicht davon beirren das ihm niemand antwortete, sondern redete munter weiter darüber, dass sie Freunde waren, bis man schließlich nur noch regelmäßige Atemzüge von ihm hörte.

Vector lächelte. Ihm war nicht nach schlafen. Als ob er auch nur ein Auge zumachen würde, wenn Nasch in der Nähe war. Außerdem brannte seine Hand immer noch unangenehm. Vielleicht war das doch keine so gute Idee gewesen... ach quatsch, das war die beste Idee seit langem gewesen! Er grinste.
 

Als Vector am nächsten Tag die Augen aufschlug, fühlte er sich wie gerädert. Irgendwann war er dann doch eingeschlafen. Nicht, dass es einen Unterschied machte, er war trotzdem völlig fertig.

Er drehte den Kopf und bekam Herzrasen, als er direkt in Yuumas Gesicht sah. Er lag so nah, dass er seinen Atem auf seiner Haut spüren konnte. Nur ein bisschen und er könnte ihn küssen.

Doch eine Sache störte ihn, und das war Naschs Arm, der um Yuuma lag. Er knirschte mit den Zähnen. Dieser Bastard brauchte seinen Yuuma gar nicht antatschten. Vector setzte sich leicht auf und legte vorsichtig seine Finger um Naschs Handgelenk. Er hob den Arm langsam hoch, darauf bedacht ihn nicht aufzuwecken. Er grinste, als er Naschs Arm genau über dessen Gesicht fallen ließ. Schnell stellte sich Vector wieder schlafend, als sich Nasch überrascht aufsetzte.

Nasch rieb sich die Nase. „Vector!“, fauchte er.

Vector japste überrascht, als Nasch sich plötzlich auf ihn stürzte. Er versuchte sich aus seinem Schlafsack zu befreien und nebenbei zu verhindern, das Nasch ihm ins Gesicht schlug.

„Bist du total irre?!“

„Ich hab genug von deinem Scheiß!“ Nasch holte aus, doch bevor er zuschlagen konnte, rollte sich Vector samt Nasch zur Seite. Sie knallten gegen die Zeltwand. Vector schaffte es den Schlafsack zum Teil zu öffnen, doch es dauerte nicht lange bis er Nasch wieder an der Gurgel hatte.

„Was macht ihr?“ Yuuma setzte sich verschlafen auf, gerade als Vector Nasch von sich stieß.

Nasch prallte gegen eine der Stangen und riss das Zelt auf einer Seite aus seiner Halterung. Das hielt ihn jedoch nicht davon ab, sich nochmal auf Vector zu stürzen.

„Shark! Singetsu!“ Doch niemand achtete auf Yuuma.

„Du Bastard!“, fauchte Nasch und erwischte Vectors Nase. Vector, der inzwischen endlich seinen Schlafsack los war, trat Nasch in den Magen. Sie rollten durch das Zelt und ließen sich von dessen Wand nicht stören. Sie rissen das Zelt endgültig aus seiner Halterung und als Vector mit dem Rücken gegen eine der Stangen prallte, brach alles über ihnen zusammen.

Nur schwerfällig kamen die drei aus dem Zelt gekrochen.

Nasch spuckte Blut, während Vector es sich von der Nase wischte.

Er hasste campen.

Weit aufmachen, das wird dir gut tun

Aggressiv kratzte Vector an dem Mückenstich an seiner Hand bis dieser anfing zu bluten. Diese scheiß Mücken hatten ihn total zerstochen und er hatte ein blaues Auge von der Schlägerei mit Nasch. Die Heimfahrt war super amüsant gewesen... nicht.

Vector schnaubte. Und heute Morgen war Yuuma nicht aufgetaucht. Auch ganz toll. Wenn er jetzt irgendwie sauer auf ihn war... Vector ballte die Hände zu Fäusten. Zu spät war er auch noch dran, aber das kümmerte ihn weniger. Warum tat er sich die Schule überhaupt an? Ach ja, Yuuma. Alles nur wegen Yuuma, der nichts raffte. Vector knirschte mit den Zähnen. Es war so frustrierend.

Wobei er etwas Fortschritt gemacht hatte. Inwiefern die Schlägerei das wieder zunichte gemacht hatte, wusste er auch nicht.
 

Ohne Erklärung ließ sich Vector mitten in der Stunde auf seinen Platz fallen und ignorierte alles Weitere. Bis auf Yuuma beziehungsweise dessen Abwesenheit. Vector zog die Stirn kraus. Wo war Yuuma? Hätte er doch länger auf ihn warten sollen? Vector biss sich auf die Unterlippe. Na toll, am Ende hatte er Yuuma auch noch stehen lassen.

Der Unterricht bis zur Pause zog sich und Vector rutschte unruhig auf seinem Platz. Sein Tischnachbar warf ihm mehrmals genervte Blicke zu, doch Vector ignorierte ihn. Wenn er ihm blöd kam, dann würde er ihm eine reinhauen. Yuuma war nicht da, also musste er sich auch nicht wie Shingetsu benehmen.
 

„Kotori.“

Kotori zuckte zusammen, als Vector plötzlich vor ihr stand. „Ja?“, fragte sie unsicher.

„Wo ist Yuuma?“

„Oh, er ist krank.“

„Krank?“, wiederholte Vector.

„Ja, hat sich wohl bei eurem Campingausflug erkältet. Ich wollte nach der Schule...“ Doch Vector hörte ihr gar nicht weiter zu. Er schnappte sich seine Tasche und ging. Wenn Yuuma nicht da war, dann konnte ihm die Schule auch gestohlen bleiben.

Er wollte wissen, wie es Yuuma ging und vielleicht konnte er damit auch wieder ein paar Pluspunkte sammeln. Solange jeder in der Schule war, hatte er zumindest freie Bahn. Von Yuumas Familie mal abgesehen.
 

Vector klingelte, doch niemand reagierte darauf. Noch nicht einmal der Roboter Obomi schien da zu sein. Vector klingelte noch einmal und klopfte gegen die Tür. Keine Reaktion.

Er drückte die Klinke nach unten. Die Tür war offen.

„Yuuma?“, fragte er, als er eintrat. Immer noch erhielt er keine Antwort. War Yuuma vielleicht beim Arzt? Er schloss die Tür hinter sich und ging in Yuumas Zimmer.

Yuuma lag in seinem Bett. Ausnahmsweise, wenn man bedachte, dass er sonst die Hängematte als Schlafplatz bevorzugte. Er hatte die Augen geschlossen und schien zu schlafen.

Sein Gesicht war gerötet und seine Haut glänzte. Vector schluckte, als sein Blick auf das nur halb zugeknöpfte Pyjama-Oberteil und die dadurch freigelegte Haut fiel. Er streckte die Hand aus, doch anstatt Yuuma anzufassen, zog er nur die Decke höher. Konnte sich der Junge nicht mal anständig zudecken? Von anziehen ganz zu schweigen.

„Shingetsu?“ Yuumas Stimme war leise und kratzig.

„Hey, Kotori hat mir gesagt, du bist krank. Ich wollte nur nach dir sehen.“

Ein schwaches Lächeln legte sich auf Yuumas Lippen. „Das ist lieb von dir.“ Er hustete.

Vector legte ihm eine Hand auf die Stirn. Yuumas Gesicht brannte regelrecht. „Wo ist Akari?“ Yuuma zuckte mit den Schultern. „Und deine Oma?“

„Auch weg“, krächzte Yuuma.

„Sie haben dich einfach allein gelassen?“ Das war irgendwie untypisch, doch so hatte er Gelegenheit richtig Pluspunkte zu sammeln. Das würde Yuuma und ihn bestimmt näher bringen. Zumindest wenn Yuuma irgendwas kapieren würde. „Hast du nichts zu trinken?“

Yuuma schüttelte den Kopf und Vector seufzte. Man konnte ihn wirklich nicht alleine lassen. „Ich mach dir einen Tee und etwas Suppe.“

„Danke.“ Yuuma lächelte und Vector wandte sich ab, damit Yuuma nicht mitbekam, dass er rot wurde. Nicht, dass er das verstanden hätte.
 

Vector öffnete sämtliche Küchenschränke bis er alles gefunden hatte, was er brauchte. Er schaltete den Wasserkocher ein, hing den Teebeutel in die Tasse und stellte einen Topf auf den Herd. Er hatte noch nie Suppe gemacht, aber das konnte ja nicht so schwer sein. Vor allen Dingen, da es nur Dosensuppe war. Er schüttete die Suppe in den Topf, machte den Deckel drauf und schaltete den Herd an.

Anschließend schüttete er das Wasser in die Teetasse, nahm Honig und trug alles zu Yuuma. Dieser döste wieder, doch machte die Augen wieder auf, als Vector die Tasse auf dem Nachtkästchen abstellte. Yuuma setzte sich auf, als sich Vector an den Bettrand setzte. Die Decke rutschte nach unten und entblößte damit seinen teilweise nackten Oberkörper. Vector leckte sich über die Lippen.

„Kannst du dich nicht mal anständig anziehen?“

Yuuma sah nach unten. „Oh.“ Er lachte verlegen und nestelte an den Knöpfen herum.

Vector verdrehte die Augen. „Lass mich.“

Yuuma nahm die Hände weg und Vector schluckte, als er langsam die Knöpfe zumachte. Yuumas Haut war heiß und verschwitzt unter seinen Fingern. Es wäre ihm jedoch lieber, wenn sie das aus einem anderen Grund wäre. Der oberste Knopf saß locker und hing nur noch an einem Faden, doch für’s erste hielt er.

„Danke“, flüsterte Yuuma.

„Trink lieber deinen Tee.“ Vector nahm den Teebeutel heraus, mischte Honig hinein und gab die Tasse Yuuma. „Aber vorsichtig, ist hei...“

„Au!“

Vector verdrehte die Augen. „Hör doch auf mich.“

„Tschuldigung“, nuschelte Yuuma und grinste leicht. „Tut das sehr weh?“

„Was?“ Vector sah Yuuma verwirrt an und zuckte zusammen, als dieser vorsichtig sein Auge berührte. Vectors Herz raste und er spürte, wie ihm erneut die Hitze ins Gesicht stieg.

„Das hier.“

„Ist nicht so schlimm.“

Yuuma seufzte und nippte an seinem Tee. „Shark und du solltet wirklich versuchen Freunde zu werden.“

Vector zuckte nur mit den Schultern. Nicht in tausend Jahren würde er sich mit Nasch anfreunden, da konnte Yuuma noch so oft darum bitten.
 

Es klingelte an der Tür und Vector stand vom Bett aus. „Ich kümmere mich schon darum. Trink du deinen Tee.“

Wer wollte denn jetzt was? Sie waren sich gerade so schön nahe gekommen. Genervt öffnete Vector die Tür und blickte in die überraschten Gesichter von Kotori, Cathy und Anna.

„Vector!“

„Was?“

„Wir wollten Yuuma besuchen. Was machst du hier?“

„Mich um ihn kümmern und es ist grad schlecht mit Besuch.“

„Wie geht’s ihm? Lass uns doch rein.“

„Verschwindet“, fauchte Vector. Das war seine Zeit mit Yuuma. Er brauchte keine Horde Mädchen, die seine Aufmerksamkeit auf sich zogen. „Yuuma braucht Ruhe!“

Es gab einen lauten Knall und Vector riss die Augen auf.

„Was war das?“

„Geht!“ Und damit schlug Vector die Tür wieder zu.

Er rannte in die Küche und die Suppe für Yuuma war praktisch überall, nur nicht mehr im Topf. Der Deckel lag einige Meter weiter auf dem Boden.

„Scheiße!“ Hektisch drehte er den Ofen ab. „Scheiße! Scheiße! Scheiße!“

Er versuchte die Sauerei irgendwie aufzuwischen. Zumindest das Gröbste. Die Suppe konnte er jetzt auch vergessen. Wie konnte er nur so blöd sein? Er knirschte mit den Zähnen und ärgerte sich über sich selbst. Zumindest hatte das niemand mitgekriegt.

Er schüttete die restliche Suppe in den Abfluss und wusch sich die Hände.
 

„Wer war an der Tür?“, fragte Yuuma, als Vector zurückkam.

„Niemand wichtiges.“ Vector zuckte nur mit den Schultern und setzte sich wieder an den Bettrand.

„Und was war das für ein Lärm?“

„Ich weiß nicht, was du meinst.“

„Na, dieser laute Knall?“ Yuuma zog die Stirn kraus und wirkte noch verwirrter, als Vector den Kopf schüttelte.

Er würde alles abstreiten, was mit diesem Fiasko zu tun hatte.

Yuuma nahm einen großen Schluck aus seiner Tasse. „Leer“, erklärte er anschließend.

„Gut.“ Vector nahm sie ihm ab. „Wie fühlst du dich?“

„Mir ist viel zu heiß“, murmelte Yuuma.

Vector legte ihm nochmal die Hand auf die Stirn. „Du glühst ja auch förmlich.“ Er stand auf. „Ich hol dir was zur Abkühlung.“

Sein Weg führte ihn zuerst ins Badezimmer auf der Suche nach einem Waschlappen, nachdem er den gefunden hatte, ging er erneut in die Küche. Es hing immer noch der Geruch der Suppe in der Luft.

Er holte eine Schüssel und füllte sie fast bis zum Rand mit kaltem Wasser. Langsam, das Wasser steht’s im Blick, sodass er nichts verschüttete, ging er zu Yuuma zurück.

„Das wird dir hoffentlich etwas helfen“, sagte er, als er zu Yuuma zurückkehrte, den Blick immer noch auf das Wasser gerichtet.

Vector hatte das Bett fast erreicht, bereit die Schüssel auf den Boden zu stellen, doch er stolperte.

Die Schüssel rutschte ihm aus den Händen und ein Schwall aus kaltem Wasser ergoss sich über Yuuma.

Vector wäre am liebsten aus dem Fenster gesprungen. Was lief heute denn noch alles schief? „Es tut mir so leid.“

Yuuma zitterte leicht. „Zumindest bin ich jetzt abgekühlt.“ Er schlug die Decke zurück. Wie durch ein Wunder hatte die Matratze kaum etwas abbekommen. „Ich sollte mich aber lieber umziehen.“

„Ich hol dir in der Zwischenzeit eine neue Decke von oben.“ Vector zog die Nasse vom Bett und wollte gerade nach oben klettern, als er in der Bewegung inne hielt und Yuuma anstarrte.

Einen halbnackten Yuuma.

Yuuma hatte das Schlafanzugoberteil ausgezogen und rieb sich damit die Haare trocken. Vector starrte seinen Rücken an. Es war nicht das erste Mal, dass er Yuuma so sah, doch das erste Mal, dass er etwas dabei... fühlte. Vector schluckte, als Yuuma auch die Hose auszog. Diesmal wanderte die Hitze nicht in Vectors Gesicht. Er versuchte den Blick abzuwenden, doch er konnte einfach nicht. Und ehrlich gesagt, wollte er auch nicht. Wer wusste, wann er das nächste Mal die Gelegenheit dazu bekam.

Wäre Yuuma nicht krank, hätte er vielleicht etwas versucht. Er lachte bei dem Gedanken innerlich. Davon abgesehen, dass Yuuma null verstanden hätte, was abging. Er seufzte leise und stieg nach oben, als sich Yuuma wieder eine Hose anzog.
 

Kurze Zeit später lag Yuuma wieder ins Bett gekuschelt. Diesmal fehlte der oberste Knopf seines Oberteils. „Hast du auch was, das nicht kaputt ist?“ Vector zog an den Fäden, wo der Knopf einmal gewesen war. Nicht, dass es ihn störte, so hatte er zumindest einen guten Blick auf Yuumas Brust.

Yuuma lachte verlegen. „Nein, glaube nicht.“

Vector schüttelte schmunzelnd den Kopf. Er wollte etwas sagen, doch sehr zu seinem Leidwesen klingelte es wieder.

Seufzend machte Vector sich auf, den nächsten Störenfried zu vertreiben. Es war Alit.

„Jo, Vector.“ Er schien wenig überrascht, Vector bei Yuuma vorzufinden. „Wie geht’s?“

„Was willst du?“

„Freundlich wie eh und je, was?“ Alit grinste.

„Was willst du?“, wiederholte Vector etwas schärfer.

„Ich wollte nach Yuuma sehen. Wie geht’s ihm?“

„Er ist krank und braucht Ruhe, also husch.“ Vector machte eine scheuchende Handbewegung.

„Komm schon, lass mich kurz rein.“

„Verschwinde!“

„Immer willst du Yuuma nur für dich.“ Alit verschränkte die Arme vor der Brust.

„Und?“, fragte Vector kühl. Konnte Alit endlich gehen? Er musste sich um Yuuma kümmern.

Das Grinsen auf Alits Gesicht wurde etwas breiter. „Ich hätte echt nicht gedacht, dass du auf Yuuma stehst.“

„Red keinen Scheiß!“, fauchte Vector und knallte Alit die Tür vor der Nase zu. Er hatte keinen Bock mehr seine hässliche Visage zu sehen.
 

Yuuma saß aufrecht im Bett, als Vector zurückkam. „Du solltest dich hinlegen“, tadelte ihn Vector und Yuuma schob leicht die Unterlippe vor.

„Das ist langweilig.“

„Willst du was spielen?“

„Duel Monsters“, antwortete Yuuma sofort und Vector schmunzelte.

„Dafür brauchst du zu viel Kraft. Hast du nicht irgendwelche Brettspiele?“

Yuuma sah nicht begeistert aus, sagte Vector aber trotzdem, wo er die Brettspiele fand. „Wer war eigentlich an der Tür?“

„Nur so ein lästiger Vertreter“, antwortete Vector und holte Mensch-ärger-dich-nicht aus der Schublade. Zumindest mit „lästig“ hatte er nicht gelogen.

Er setzte sich im Schneidersitz gegenüber von Yuuma auf die Matratze und holte das Spiel aus der Packung.

„Ich will blau“, erklärte Yuuma sofort und griff nach den Hütchen.

„Wie du willst, ich mach dich trotzdem fertig“, erklärte Vector und griff nach rot.

„Niemals!“ Yuuma begann zu husten und brauchte eine Weile, bis er sich wieder beruhigt hatte.

„Sicher, dass du dich nicht lieber hinlegen willst?“

„Ganz sicher.“ Yuuma machte ein ernstes Gesicht und Vector schmunzelte. Es tat wirklich gut, Yuuma ganz für sich zu haben und er war erleichtert, dass dieser nicht sauer auf ihn zu sein schien.
 

„Weißt du“, fing Yuuma nach den ersten paar Runden an, „ich fand das Camping im Großen und Ganzen echt schön. Es gab ein paar Ausnahmen“, er grinste leicht, „aber abends am Feuer sitzen war toll.“

Vector erinnerte sich daran, wie sich Yuuma gegen ihn gelehnt und auf den Sternenhimmel aufmerksam gemacht hatte. Er spürte wieder das inzwischen wohlbekannte Kribbeln in seinem Bauch. Er wollte es ihm sagen.

„Yuuma...“ Doch es ging in einem erneuten Hustenanfall seitens Yuuma unter.

Yuuma wischte sich über die Augen. „Hast du was gesagt?“

Doch Vector schüttelte den Kopf. Es wäre besser, wenn er einfach nichts sagte.

Yuuma hustete wieder.

„Willst du nicht was dagegen nehmen?“

Doch Yuuma winkte nur ab. „Ist doch nicht so schlimm.“

„Deine Stimme hat ein paar Mal versagt und du hustest bestimmt schon seit einer Stunde.“ Dass Yuumas kratzige Stimme auch irgendwie heiß klang, verschwieg er lieber.

Yuuma wedelte nur unwirsch mit der Hand in der Luft. Er öffnete den Mund um wieder etwas zu sagen, doch hustete nur. Vector strich ihm über den Rücken. „Nimm zumindest Hustensaft.“ Er stand vom Bett auf und griff nach der Flasche, die auf dem Tisch stand.

„Aber der schmeckt total widerlich!“, murrte Yuuma und rutschte zurück ins Kissen.

„Keine Widerrede. Frische Luft wird dir auch gut tun.“ Er öffnete das Fenster, dann setzte er sich wieder an den Bettrand.
 

Nasch setzte den Helm ab und sah die Stufen nach oben zu Yuumas Haus. Er vergrub die Hände in den Hosentaschen, während er auf die Haustür zuging.

„Mach den Mund auf.“ Nasch erstarrte, als er Vectors Stimme hörte. Er sah nach oben zum geöffneten Fenster und knirschte mit den Zähnen.

„Es ist zu viel.“

„Sei ein braver Junge und mach den Mund auf. Tu’s für mich.“

„Shingetsu...“

Nasch riss die Augen auf. Yuumas Tonfall war schon ein halbes Stöhnen gewesen.

„Weit aufmachen, das wird dir gut tun.“

Nasch ballte seine Hände zu Fäusten. Was tat dieser Bastard mit Yuuma?

„So ist’s gut. Und schön schlucken.“

Das konnte er sich nicht länger anhören!

Yuuma hustete.

„Nicht so gierig.“

Nasch sah Rot bei Vectors amüsiertem Tonfall. Diesmal würde er ihn wirklich umbringen!

„Es ist bitter“, beschwerte sich Yuuma.

Wie konnte er es wagen, Yuuma zu so etwas zu zwingen?
 

„VECTOR!“ Nasch war durchs Dachfenster geklettert und durch die Bodenluke in Yuumas Zimmer gesprungen.

Sowohl Vector als auch Yuuma zuckten zusammen.

„Shark, was machst du denn hier?“

Ja, was machte er hier, das war eine gute Frage. Allein sein Anblick pisste Vector schon wieder an. Ihm fiel die Hustensaftflasche aus der Hand, als Nasch ihn am Kragen packte und hochriss.

„Was tust du mit Yuuma?“

Vector hob eine Augenbraue. „Mich um ihn kümmern“, war seine knappe Antwort. Konnte er sich wieder verpissen? Er hatte keinen Bock, dass Yuuma ihm auch nur eine Sekunde Aufmerksamkeit schenkte.

„Lass deinen dreckigen Schwa...“ Doch Nasch unterbrach sich, als er merkte, dass Vector seine Hose noch anhatte und auch sonst nichts den Eindruck machte, dass er sich irgendwie an Yuuma vergangen hatte. Sein Blick fiel auf den Löffel in Vectors Hand.

„Meinen dreckigen was?“, hakte Vector grinsend nach.

„Tse.“ Nasch ließ Vector wieder los und dieser hob die Hustensaftfalsche wieder auf.

„Yuuma ist krank, also kümmere ich mich um ihn.“

„Ja, das stimmt“, pflichtete Yuuma bei. Er sah nicht besonders begeistert aus, als er Nasch ansah. „Was sollte das denn? Shingetsu hat gar nichts getan.“

Vector grinste zufrieden, während er beobachtete wie Nasch um Worte rang. Es war schön zu sehen, wie er sich diesmal von ganz allein ins Abseits befördert hatte. Er wusste nicht mal, was diesmal der Auslöser gewesen war, doch es war ihm auch egal.

„Es ist besser, wenn du jetzt gehst.“ Yuuma sah Nasch an. „Ich bin krank und brauch Ruhe.“

Vector feierte innerlich, während Nasch regelrecht entsetzt aussah. Er starrte Yuuma noch einen Moment an, doch Yuuma hatte sich wieder Vector zugewandt, sodass Nasch schließlich an ihnen vorbei stapfte und diesmal durch die Tür verschwand. Vector genoss seinen angepissten Blick.
 

Yuuma seufzte, nachdem Nasch weg war. „Ich weiß echt nicht, was mit ihm los ist.“

Vector setzte sich wieder an den Bettrand. „Er mag mich nicht sonderlich, das ist alles.“ Er zuckte mit den Schultern. Die Mitleidsmasche zog immer, besonders bei Yuuma.

„Er ist so ein Sturkopf. Wenn er sich nicht so anstellen würde, dann würde er sehen, was für ein toller Freund du bist. Das ist so nett von dir, dass du dich um mich kümmerst.“ Er streichelte Vector über den Arm.

„Danke, Yuuma.“ Vector setzte sein Shingetsu-Lächeln auf.

„Würdest du mir nochmal was zu trinken holen?“

„Klar.“
 

Vector setzte erneut Tee auf. Heute war ein verdammt guter Tag. Er hatte viel Zeit mit Yuuma verbracht und Nasch hatte sich wie ein Idiot aufgeführt ohne dass er es provoziert hatte. Yuuma hatte Nasch sogar rausgeschmissen! Bester Tag seines Lebens.

Er kehrte zu Yuuma zurück und stellte die Tasse auf den Nachttisch. Yuuma hatte die Augen geschlossen. „Yuuma?“, fragte Vector leise, doch die Antwort waren nur gleichmäßige Atemzüge.

Vorsichtig strich er ihm über die Wange. Sein Blick fiel auf die nackte Brust und er leckte sich über die Lippen. Er hatte heute schon sehr schöne Sachen gesehen. Vector beugte sich nach unten. Er wollte ihn küssen. Er spürte Yuumas Atem auf seinen Lippen. Sein Herz raste. Nur ein Kuss, ganz kurz...

Doch Vector richtete sich wieder auf. Er konnte es nicht.

„Schlaf gut“, flüsterte er und strich Yuuma mit dem Daumen über die Wange. „Und werd schnell wieder gesund.“

1.000.000:2

Vector hustete. Das Kratzen im Hals hatte ihn schon die ganze Nacht wach gehalten. Außerdem war ihm arschkalt. Wieso gab es zu dieser Schuluniform keine Jacke? Er erfror hier. Vector rieb sich die Arme und hustete noch einmal. Er fühlte sich beschissen, als hätte ihn Black Mist die ganze Nacht durchgefickt. Vector schnaubte. Wieso musste er jetzt ausgerechnet an den wieder denken? Er hustete wieder. Irgendwann würde seine Lunge mit rauskommen.

„Shingetsu!“

„Morgen Yuuma.“ Vector hustete gegen seine Hand und wischte sie anschließend an seiner Hose ab. „Geht’s dir wieder besser?“

„Japp, wieder fit und bereit für kattobingu!“

„Das freut“, er hustete, „mich.“

„Sag nicht, du hast dich angesteckt?“

„Ach Quatsch. Wir sollten uns...“ Doch Vector verstummte, als Yuuma ihm seine Hand auf die Stirn legte.

„Du hast Fieber! Du solltest nicht in die Schule gehen.“

„Halb so wild.“ Er wedelte unwirsch mit der Hand. „Wir kommen noch zu spät, wenn wir uns nicht beeilen.“

„Shingetsu!“ Yuuma hielt ihn fest und sah ihn vorwurfsvoll an, doch dann wurde sein Blick besorgt.

Vector seufzte. „Na gut, ich geh nach Hause.“ Er hatte sowieso keine Lust in dem Zustand in der Schule zu sein, aber er wollte auch nicht Yuuma allein lassen. Wobei der mit Nasch momentan eh auf keinem guten Fuß stand. Also, was sollte schon passieren?
 

Vectors Augenbrauen zuckten nach oben, als er Nasch mit Yuuma reden sah und wie Yuuma lächelte. Wie war das jetzt wieder passiert? Er war zwei Tage nicht dagewesen und das war das Resultat. Ganz große Klasse. Er hasste alles.

„Jo Vector.“

„Was?“, schnauzte er Alit an. Wieso musste ihn dieser Typ jetzt auch noch nerven?

„Die zwei waren ganz dicke, als du nicht da warst.“ Er nickte in Yuumas und Naschs Richtung.

„Wen interessiert’s?“ Das war also der Grund, warum Yuuma ihn nur einmal kurz besuchen gewesen war am ersten Tag. Großartig, und er hatte sich so um ihn gekümmert und für was? Kaum war er nicht da, hing Yuuma ja sowieso wieder bei Nasch. Vector trat gegen die Sitzbank. Wie ihn das alles ankotzte!

„Vector...“

„Verpiss dich endlich!“, fuhr er Alit an. Er brauchte auch dessen mitleidigen Blick nicht. Warum musste Alit nur gemerkt haben, dass er auf Yuuma stand? Genervt setzte sich Vector auf seinen Platz und war froh, als sich Alit endlich verzog.
 

„Shingetsu.“

Oh wow, Yuuma hatte ihn endlich bemerkt.

„Geht’s dir wieder besser?“

Vector setzte seine Shingetsu-Miene auf, auch wenn ihm eher danach war zum Barian zu werden und Nasch seine Hand durch den Körper zu rammen. Leider waren diese Zeiten vorbei. Schade. „Bin wieder gesund.“

„Das freut mich.“

Dieses verdammte Lächeln! Er war doch wütend, aber dieses verdammte Lächeln. Wie sollte er wütend sein, wenn Yuuma ihn so anlächelte? Verdammt!

„Dann kannst du nächste Woche mit uns auf den Rummel gehen!“

Vector hob eine Augenbraue. „Rummel?“, hakte er skeptisch nach.

„Ja!“ Yuuma wirkte total begeistert. „Das wird voll lustig.“

„Ich weiß nicht...“

„Shingetsu.“ Er zog das ‚u‘ lang. „Ohne dich ist das nicht dasselbe.“

Konnte er nicht aufhören ihn so anzusehen und ihm Hoffnungen zu machen? Vector seufzte. „Na gut...“
 

Warum war er hier? Warum war Nasch hier? Ach ja, weil er und Yuuma ja so dicke waren. Vector knirschte mit den Zähnen. Dabei mochte er Rummel eigentlich gerne. Er sah über die Schulter. So gut wie alle von Yuumas Freunden waren mit von der Partie. Selbst Merag. Und Mizael, der aber wieder an seinem Handy hing. Wem schrieb er eigentlich die ganze Zeit? Bestimmt Kaito. Wem auch sonst?

„Was wollen wir als erstes machen?“, fragte Yuuma in die Runde. Er strahlte und die bunten Lichter spiegelten sich in seinen Augen. Vector schluckte. Verdammt, warum konnten sie nicht alleine hier sein?

„Schießbuden!“, rief Ali begeistert.

„Ich will erstmal ein paar Lose kaufen.“ Durbe rückte seine Brille zurecht und ging, Mizael folgte, den Blick immer noch aufs Handy gerichtet, während seine Finger eilig über den Bildschirm huschten.

„Ich bin für Autoscooter“, sagte Tetsuo und Takashi schloss sich ihm an.

„Ich hätte so gern was Süßes.“

„Ja, ich auch. Erstmal was essen.“

Und schon waren auch die Mädchen verschwunden.

Zurück blieben Yuuma, Vector, Nasch, IV und III.

„Wir sind schnell ne kleine Gruppe geworden.“ Yuuma lachte. Vector konnte ihm nicht zustimmen. Es waren immer noch zu viele Leute. Besonders Nasch. Nasch war immer zu viel. „Aber wir sehen die anderen schon wieder. Wollen wir auch was Süßes essen? Ich hab Lust auf Zuckerwatte!“

„Nicht, wenn wir noch Achterbahn fahren wollen. Dir wird bestimmt schlecht“, warf Vector ein.

Yuuma grinste. „Wahrscheinlich. Wollen wir mit der Achterbahn anfangen?“

„Bin dabei.“ Achterbahn war für Vector das einzig interessante hier und wenn Nasch auch nur im Ansatz daran dachte neben Yuuma zu sitzen, dann würde er ihn aus der Achterbahn schmeißen. Wobei er das auch einfach so tun würde.

„Ich weiß nicht.“ III sah zur Achterbahn und trat nervös von einem Fuß auf den anderen.

IV lachte und klopfte ihm auf den Rücken. „Immer noch Höhenangst?“ III sah verlegen aus und murmelte etwas. IV lachte wieder. „Tja, dann musst du wohl am Boden bleiben.“

„Ich geh zu den Autoscootern oder Alit.“

Yuuma sah ihm hinterher. „Na gut, dann eben nur wir vier. Los geht’s!“
 

Sie mischten sich unter die Menschenmenge. Vector hielt sich dabei nah an Yuuma. Zum einen, weil er davon ausging ihn sonst zu verlieren und zum anderen, weil er immer wieder gegen ihn gedrückt wurde. Außerdem fand er es plötzlich gar nicht mehr so schlimm, dass auch IV mit dabei war. Der beanspruchte zumindest Naschs Aufmerksamkeit.

Die Schlange vor der Achterbahn war kürzer als erwartet. Yuuma trat unruhig von einem Fuß auf den anderen. „Was ist los?“

„Ich freu mich so, dass wir hier sind! Ich liebe den Rummel.“ Er sprang auf und ab.

Vector schmunzelte. Wieso war dieser Junge so süß? Und warum nervte ihn das nicht? Es nervte ihn, dass ihn das nicht nervte, sondern nur sein Herz so schnell schlug.

Nasch verschränkte die Arme vor der Brust und sah genervt aus. Vector genoss es, auch wenn er diesmal nicht der Grund war. Er mochte IV... irgendwie zumindest. Ihm war jeder ein bisschen sympathisch der Nasch nervte.

Dadurch das Nasch von IV zugelabert wurde, schenkte Yuuma seine ganze Aufmerksamkeit Vector. Er fühlte sich schon fast entschädigt für die Zeit wo er krank war. Fast.

Sie waren schon fast an der Reihe, als Vector seine Hand auf Yuumas Kopf legte. „Sieht so aus, als dürftest du nicht mit“, erklärte Vector grinsend und deutete auf ein Schild knapp vor ihnen, dass eine Mindestgröße vorschrieb. Natürlich war Yuuma größer, aber Vector hatte sich die Gelegenheit ihn ein bisschen aufzuziehen nicht entgehen lassen wollen.

Yuuma blies die Backen auf. „Du bist auch nicht viel größer.“

„Aber ich bin größer.“

„Das sind alles nur die Haare.“

„Nichts gegen die Haare, die sind toll!“

Yuuma lachte. „Ja, sind sie.“

Für einen Moment blieb für Vector die Welt stehen. Hatte Yuuma ihm gerade ein Kompliment gemacht? Fand Yuuma wirklich seine Haare toll? Wurde er gerade rot? Scheiße! Selbst Nasch hatte IV die Hand auf den Mund gedrückt und starrte sie an.

„Oh, wir sind dran!“

Nur Yuuma verstand natürlich wieder nichts. Vector seufzte und ließ sich neben Yuuma in den Wagen fallen. Das war so hart.

Yuuma rutschte aufgeregt hin und her. Sie saßen ganz vorne.

„Sitz still oder du fällst raus.“

„Man fällt hier nicht raus“, widersprach Yuuma sofort.

„Wenn du meinst.“

Yuuma boxte ihn leicht gegen die Schulter und grinste. „Manchmal bist du echt doof.“

Vector lachte. „Sagst du mir?“

Yuuma streckte ihm die Zunge raus und sah nach vorne, als sie sich in Bewegung setzten. „Das ist so aufregend! Fast wie beim World Duel Carnival, nur ohne die Duelle.“

„Was?“ Vector wurde in den Sitz gedrückt, als sie nach oben fuhren.

„Oh, du warst da ja noch gar nicht da. Also, das Finale war auf einer Achterbahn, das war so coooo... aaaaaaah!“ Der Rest ging in einem Schrei unter, als sie rasant nach unten sausten.

Vector grinste. Adrenalin rauschte durch seinen Körper. Was für ein tolles Gefühl! Sie wurden durchgeschüttelt, während es scharf um Kurven ging und sie im Looping kopfüber hingen. Yuuma neben ihm schrie freudig, während Vector nur lachte.
 

Lachend stieg Yuuma aus dem Wagen aus. „Das war so toll!“

IV dagegen schien es nicht so toll gefunden zu haben. Er war blass um die Nase, seine Haare waren komplett durcheinander und er war sehr still.

Yuuma sah Vector an und lachte nur noch mehr. „Jetzt sehen deine Haare nicht mehr so toll aus.“ Er streckte sich etwas und machte sich an Vectors Haaren zu schaffen. Vectors Knie fühlten sich weich an und das kam nicht von der Fahrt.

Jemand rempelte ihn an und Vector stolperte nach vorne. Er hielt sich an Yuuma fest, als könnte ihn das vor einem Sturz bewahren. In gewisser Weise tat es das auch, denn er konnte sein Gleichgewicht halten.

Yuumas und sein Gesicht waren sich nah. Sehr nah. Ihre Nasenspitzen berührten sich und Vector spürte seinen Atem auf seinen Lippen. Sein Herz überschlug sich fast. Fuck. Röte kroch ihm in die Wangen. Er ließ Yuuma los und wandte den Blick ab, nur um Nasch zu sehen, der ein Stück entfernt stand und die Hände zu Fäusten ballte.

Vector grinste. Jetzt war er wirklich entschädigt.
 

„Zuckerwatte!“, rief Yuuma begeistert und kramte schon nach seinem Geld.

Vector verzog nur das Gesicht. Zu süß.

„Hier.“ Nasch hielt Yuuma Zuckerwatte hin und Yuuma hätte fast das Geld in seiner Hand fallen lassen. Eilig stopfte er es zurück in seine Hosentasche. „Shark, du bist echt der Beste!“ Er strahlte Nasch an, während er die Zuckerwatte entgegen nahm.

Vector knirschte mit den Zähnen. Das konnte doch jetzt wirklich nicht wahr sein! Nasch grinste triumphierend und Vector überkam das Bedürfnis seinen Kopf in die Zuckerwattemaschine zu drücken. Aber gut, sie würden schon sehen, wer an diesem Tag als Sieger hervorgehen würde.

„Shingetsu, willst du auch etwas?“, fragte Yuuma und hielt ihm die Zuckerwatte hin.

Vector war kurz davor abzulehnen, überlegte es sich dann doch anders. Wie sehr würde es Nasch aufregen, wenn er sich etwas mit Yuuma teilte, dass er bezahlt hatte? Sehr.

„Gerne.“ Er riss ein Stück ab und aß es genüsslich, während Nasch vor Wut regelrecht kochte.

2:1.
 

„Oh, da sind Tetsuo und die anderen.“ Yuuma warf das Zuckerwattestäbchen in den Müll und rannte auf seine Freunde zu. Vector schlenderte hinterher. Sie hatten IV an einige Fans verloren und Vector war eher wenig begeistert davon. Wer lenkte jetzt Nasch von Yuuma ab?

„Hey Yuuma, fährst du eine Runde mit?“, fragte Tetsuo.

„Klar!“ Er drehte sich zu Vector und Nasch um. „Und ihr auch.“

Vector zuckte mit den Schultern. Solange er Nasch reinfahren konnte, war er dabei.

„Hey Yuuma, willst du bei mir mitfahren?“, fragte Nasch, als Vector sich gerade Chips besorgte.

„Gerne!“

Vector verdrehte die Augen. War klar. Am liebsten würde er Nasch auf die Fahrfläche binden und drüberfahren. Vector ließ sich in eins der Autos fallen und steckte den Chip in den Schlitz, drückte ihn aber noch nicht rein. Nasch und Yuuma saßen ein paar Wagen weiter. Tetsuo und Takashi waren auf der anderen Seite, Vector gegenüber. Die interessierten ihn aber nicht. Er würde sich Nasch vornehmen, egal, ob Yuuma bei ihm im Wagen saß.

Vector drückte den Chip nach unten, als das Startsignal ertönte. Er lenkte scharf um die Kurve, streifte Nasch jedoch nur leicht. Vector biss die Zähne zusammen und steuerte gegen als ihn jemand anderes rammte. Er setzte seine Jagd auf Nasch fort, erwischte ihn hinten. Vector lachte leise, fuhr rückwärts und rammte dabei Tetsuo. Er wurde leicht nach vorne geschleudert, aber kümmerte sich nicht viel darum. Er beschleunigte wieder und rammte Nasch seitlich.

„Vector!“, fauchte Nasch, während Yuuma neben ihm nur lachte.

Und der fuhr Motorrad? Was für ein Verlierer! Er erwischte sie noch zweimal bevor die Autos erstarben und er Seite an Seite zu Naschs Wagen stand.

„Willst du nicht lieber bei mir mitfahren?“, fragte er Yuuma.

Yuuma nickte und kletterte in Vectors Wagen. Zufrieden beobachtete Vector, wie Nasch seine Hände um das Lenkrad krallte und die Lippen aufeinander presste.

3:2.
 

In der zweiten Runde war Vector weniger auf Nasch fixiert, auch wenn er trotzdem keine Chance ausließ ihm reinzufahren.

„Du machst das richtig gut!“ Yuuma rutschte begeistert auf seinem Sitz hin und her.

„Mein besonderes Talent“, erwiderte Vector schmunzelnd. Er lenkte zur Seite um Nasch auszuweichen und fuhr anschließend rückwärts um ihn stattdessen zu rammen.

Yuuma lachte und sah über die Schulter zu Nasch. „Er sieht richtig angepisst aus.“

„Sieht er so nicht immer aus?“

„Du ärgerst ihn auch immer.“

„Ich mach doch gar nichts“, erwiderte Vector grinsend. Das Auto erstarb und Vector streckte sich. „Das war’s, mehr Chips hab ich nicht.“

„Das ist riesigen Spaß gemacht!“ Sie stiegen aus. „Findest du nicht auch, Shark?“

„Tse“, war Naschs einzige Antwort.

„Was wollen wir als nächstes tun?“ Yuuma sah sich mit großen Augen um, während Vector nur die Hände in die Hosentaschen schob. „Oh, da ist IV wieder!“ Yuuma winkte und Vector hörte Nasch genervt seufzen. IV hing auch sofort wieder an ihm. Er war Vector wirklich sympathisch.

Yuuma hakte sich bei ihm unter. „Die zwei verstehen sich wirklich gut.“

Vector unterdrückte es laut loszulachen. „Ja, wir sollten ihnen ein bisschen Zeit füreinander geben.“

„Du hast recht.“

Oh, hatte er das? Eigentlich war es nur ein Scherz gewesen, aber gut, das Yuuma das nicht verstand. „Wollen wir in die Geisterbahn?“

„Oh ja!“

Sie ließen Nasch bei IV zurück und stellten sich in die Schlange bei der Geisterbahn. Endlich hatte er Yuuma für sich und musste nicht mehr Naschs Gesicht ertragen.

„Ich bin so froh, dass du mitgekommen bist.“ Es lag ein leichtes Lächeln auf Yuumas Lippen, als er das sagte.

Vector presste die Lippen aufeinander. Wusste Yuuma überhaupt wie das klang, was er gerade sagte? Nein, natürlich nicht. Das würde diese ganze Situation am Ende noch einfach machen und das ging ja gar nicht.
 

Langsam fuhren sie in die Dunkelheit und Vector merkte, wie Yuuma etwas näher rutschte. „Hast du Angst?“

„Neiiin!“ Doch Vector hörte die Unsicherheit in seiner Stimme. Eine Weile fuhren sie nur durch die Dunkelheit, als plötzlich ein Zombie angeleuchtet wurde, der seitlich aus der Wand kam.

Vector zuckte noch nicht einmal mit der Wimper, doch Yuuma sprang ein Stück auf seinem Sitz und klammerte sich anschließend an Vectors Arm.

„Doch Angst?“

Yuuma lachte verlegen und ließ Vectors Arm wieder los. „Ich doch ni... aaaah!“ Er erschrak erneut und klammerte sich wieder an Vectors Arm. Vector sah ihn an. Yuuma hatte die Augen fest zugepresst und schien keine Anstalten machen zu wollen, sie wieder aufzumachen.

Vector langweilte sich in der Geisterbahn. Die Effekte und Monster waren billig und das Kreischen aus den Lautsprechern machte ihm höchstens Kopfweh. Doch Yuuma klammerte sich an ihn, das war eine gute Entschädigung.
 

Vector blinzelte, als sie wieder nach draußen kamen. Es war dunkel, doch die grellen Lichter der anderen Fahrgeschäfte blendeten ihn. Erst als der Wagen zum Stehen kam ließ Yuuma ihn los. „Das war so toll!“

„Du hattest die meiste Zeit die Augen zu.“

Yuuma kratzte sich an der Wange und lachte. „Vielleicht sind Geisterbahnen nichts für mich.“

„Was willst du als nächstes machen?“

„Hm, nochmal was Süßes!“
 

Doch bis zum Süßigkeitenstand kamen sie gar nicht, denn Yuuma entdeckte Alit und vergaß damit seine Lust auf Süßes. Sehr zu Vectors Leidwesen waren jedoch nicht nur Alit, III und Gilag an der Schießbude, sondern auch Nasch, IV, Durbe und Mizael. Wobei Mizael abseits stand und seinen Blick nicht einmal vom Handy nahm. Wahnsinn, der hielt es wirklich keine zwei Sekunden ohne Kaito aus. Dabei hatte Vector immer gedacht, er würde auf Durbe stehen. Vielleicht ging ihm dessen Nasch-Fanboy-Verhalten aber inzwischen auch auf den Geist. Durbe hielt eine kleine Tüte in der Hand. Vermutlich seine Losgewinne.

Nasch spießte Vector mit seinen Blicken auf und dieser grinste nur. Er hatte einen ziemlichen Vorsprung bei Yuuma, da musste sich Nasch schon sehr anstrengen um den wieder einzuholen.

Yuuma hatte Nasch einfach stehen lassen: 4:2

Yuuma hatte sich an ihn geklammert (und das war mindestens zwei Punkte wert): 6:2.

Trotzdem ließ er Nasch nicht aus den Augen und beobachtete ihn genau. Er würde nicht zulassen, dass er am Ende noch mit Yuuma abhaute.

„Wolltest du grad schießen?“, fragte Yuuma und deutete auf das Gewehr in Naschs Hand.

Nasch nickte knapp und verengte die Augen. Vector wusste genau, dass er am liebsten auf ihn schießen würde. Schließlich wandte Nasch den Blick ab und richtete ihn auf die eigentlichen Ziele.

Er traf... einmal. Die restlichen Schuss verballerte er irgendwo ins Nichts.

Vector gluckste und drehte sich weg. Wenn Yuuma ihn dabei sah, wie er Nasch auslachte, würde er nur Minuspunkte kassieren. Zumindest musste er sich keine Sorgen mache, je von Nasch erschossen zu werden, er würde ihn eh nicht treffen.

Nasch hatte die Lippen zu einer dünnen Linie zusammen gepresst, als er seinen Trostpreis, eine Packung Taschentücher, entgegen nahm.

„Jetzt will ich!“

Vector lehnte sich neben Yuuma an die Ablage. „Tu dir aber nicht weh dabei.“

Yuuma sah ihn gespielt beleidigt an. „Ich kann das.“ Er legte das Gewehr etwas umständlich an und Alit korrigierte seine Haltung. Yuuma traf immerhin zweimal, womit er besser war als Nasch. Für mehr als Taschentücher reichte es trotzdem nicht.

„Immerhin hast du dir nicht wehgetan“, sagte Vector schmunzelnd.

„Mach’s besser!“ Yuuma hielt ihm das Gewehr hin.

Vector nahm es ihm ab und legte an. Sein erster Schuss traf, genau wie die nachfolgenden.

„Triffst du auch den Hauptpreis?“, fragte Nasch herausfordernd.

Vector knirschte mit den Zähnen. Nasch wollte ihn also provozieren? Sie würden schon sehen, wer am Ende lachte.

Vector atmete tief durch. Die Scheibe für den Hauptpreis war winzig, nur leicht größer als die Kugel selbst. Sie zu treffen war fast unmöglich, aber eben nur fast...
 

Es klingelte und Lichter leuchteten auf, als Vectors Kugel die kleine, goldene Scheibe traf. Einen Moment schwiegen die anderen jedoch und Vector legte das Gewehr beiseite. Er hatte fast selbst nicht damit gerechnet, dass er auch wirklich traf. Er war erleichtert und befriedigt, weil Nasch jetzt noch pissiger war, als zuvor schon.

„Das war so cool!“, rief Yuuma und fiel Vector um den Hals.

Musste er immer so überraschend touchy sein?

Alit klopfte ihm auf die Schulter. „Ich wusste gar nicht, dass du so ein Talent hast.“

Er hatte sich vorgestellt auf Nasch zu schießen, das hatte vieles erleichtert.

Sein Preis war ein übergroßes Baby Tragon Plüschtier. Skeptisch sah Vector es an. Was sollte er damit jetzt machen?

„Hier.“ Er hielt es Yuuma hin, der es freudig entgegen nahm.

„Du schenkst es mir?“

Vector nickte und Yuuma drückte das Plüschtier an sich. Fuck, war das süß. Er wurde rot und war damit nicht der einzige. Der Junge war süßer, als es gut für ihn war. Das machte alles nur viel frustrierender.

Aber wie viele Punkte waren das jetzt? 10:2? Mindestens.

Aus den Augenwinkeln heraus sah er, dass Nasch ging, IV und Durbe im Schlepptau. Gut, immerhin sah er ein, dass er verloren hatte. Yuuma gehörte den Rest des Abends ihm, auch wenn ihre Möglichkeiten Dank des unnötig großen Plüschtiers sehr eingeschränkt waren.

„Hey Shingetsu...“

„Hm?“ Er sah Yuuma an, der das Plüschtier mit beiden Armen festhielt.

„Hast du Lust mit mir Riesenrad zu fahren?“

Vector sah zum Riesenrad, das nur ein Stück weiter stand. Gut, dass er keine Höhenangst hatte.

Als sie gingen, hörte er Mizael nach Durbe fragen. Wow, er hatte von seinem Handy aufgesehen!
 

Vector kam sich wie in einem kitschigen Klischee-Liebesfilm vor, als er sich gegenüber von Yuuma in die Gondel setzte. Nur das Yuuma das als tolle Beschäftigung zwischen Freunden sah. Er schnaubte. Das war so frustrierend, er könnte kotzen.

Langsam fuhren sie nach oben und Yuuma hatte sein Gesicht gegen die Scheibe gedrückt. Baby Tragon saß auf den Platz neben ihm. „Woaaah! Schau dir die Lichter an.“

Vector warf nur einen kurzen Blick nach draußen und sah dann wieder Yuuma an. Warum war er nur so begeistert von solchen Kleinigkeiten? Es verwunderte ihn immer wieder. Vielleicht machte ihn das aber auch so anziehend.

„Das war so ein schöner Abend.“ Yuuma lächelte ihn an und Vector hatte das Gefühl, sein Herz wollte aus seiner Brust springen. Seine Wangen brannten. Yuuma schaffte es wirklich immer wieder ihn aus dem Konzept zu bringen.

Als sie stehen blieben, drückte Yuuma wieder sein Gesicht an die Scheibe, während Vector ihn ansah. Vielleicht sollte er es ihm doch sagen... und anschließend aus dieser Gondel springen. Guter Plan.

Sie setzten sich wieder in Bewegung. „Shingetsu?“ Yuuma sah ihn an. „Lass uns das nochmal machen.“

Fuck. Fuck. Fuck! Wieso tat er ihm das an? Er war bereit ihm sein Herz auf dem Silbertablett zu servieren und Yuuma sah in ihm nur einen Freund.

„Gern.“ Er lächelte sein Shingetsu-Lächeln und Yuumas Lächeln wurde noch breiter.

War das die Strafe für all die Scheiße, die er gebaut hatte?
 

„Jetzt aber was Süßes!“, erklärte Yuuma, nachdem sie ausgestiegen waren. Er kramte nach seinem Geld, doch hatte einige Probleme, da er Baby Tragon auch noch festhalten musste. Vector fing das Plüschtier auf bevor es zu Boden fiel.

„Kauf du dir was, ich trag es.“

„Danke.“

Vector kam sich dumm vor mit dem Plüschtier auf dem Arm und trat unruhig von einem Bein auf das andere. Wobei es niemanden mehr gab, der ihn deswegen auslachen konnte.

Yuuma kam mit einem kandierten Apfel zurück und mampfte zufrieden.

„Willst du noch was machen?“

Yuuma zuckte mit den Schultern, schluckte und schüttelte dann den Kopf. „Ich hatte viel Spaß, aber es war ein langer Tag. Lass uns nach Hause gehen.“ Er lächelte wieder und Vector war kurz davor sein Gesicht in das Plüschtier zu drücken. Wieso wurde er immer gleich rot, wenn Yuuma ihn anlächelte?

Sie gingen nebeneinander Richtung Ausgang. Aber wie viele Punkte waren das jetzt? 1.000.000:2? Ja, das klang richtig.

Trinkspiele, die keine sind und Erpressungsmaterial

„Ferien!“, rief Yuuma und warf die Arme in die Luft.

„Es sind nur ein paar Tage frei“, korrigierte ihn Vector.

„Ist doch egaaaaal.“ Yuuma legte sich vor Vector auf seinen Tisch. Vector hätte auch große Lust ihn auf den Tisch zu legen und ihn mal so richtig... „Hast du schon was vor?“, riss ihn Yuuma aus seinen Gedanken.

„Nein.“

„Sehr gut.“ Yuuma stellte sich wieder normal hin. „Wir fahren in die Berge zu Rokujuro und du kommst mit!“

Vector hob die Augenbrauen. „Und was machen wir da?“

„Duellieren“, war die sofortige Antwort. Natürlich, was hatte er erwartet? „Und außerdem einfach mal ein paar Tage raus aus der Stadt.“

„Wer ist noch dabei?“ Bitte nicht Nasch. Bitte nicht Nasch. Bitte nicht Nasch.

„Alit, Gilag“, Yuuma zählte sie an den Fingern ab, „Durbe...“ Oh nein. „...Mizael...“ Der sich wieder über den fehlenden Handyempfang beschweren würde. „...Shark...“ Überraschung! „...ich hab III und IV gefragt, aber die haben schon was vor und Tetsuo und die anderen machen auch was. Und Rio hat die Mädels wieder eingeladen, also sind es nur wir Jungs!“ Er grinste.

„Kann’s kaum abwarten.“ Der Sarkasmus in seiner Stimme entging Yuuma.
 

Vector ächzte und ließ sich auf den Boden sinken. Diese Stufen waren ja Mord. Er lüftete sein Shirt und fächelte sich Luft zu. Obwohl sie mitten im Herbst steckten, war es unnötig warm. Besonders, wenn man gerade diese fünf Millionen Stufen hochgestiegen war. Wer hatte gedacht, das sei ne gute Idee? Er brauchte ne Dusche und das sofort!

Durbe sah auch etwas mitgenommen aus und die Brille rutschte ihm die ganze Zeit von der Nase. Nasch sah sowieso immer angepisst aus und Mizael war ebenfalls wütend, weil ihm Durbe das Handy abgenommen hatte. Nur Yuuma, Alit und Gilag schien das alles nichts auszumachen.

„Ah, da seid ihr ja endlich!“

Vector machte sich nicht die Mühe sich umzudrehen.

„Rokujuro!“ Yuuma begrüßte den alten Mann fröhlich.

„Kommt doch alle rein, ich hab euer Zimmer schon vorbereitet.“

Vector hievte sich hoch. Zumindest musste er nicht wieder auf einer verdammten Luftmatratze in einem blöden Zelt schlafen. Vector sah sich um. Der alte Tempel sah jedoch nicht so aus, als würde es richtige Betten geben. Er stellte sich schon mal mental auf Nächte im Futon ein. Zumindest immer noch besser als eine Luftmatratze.
 

Vector behielt recht. Er stellte seine Tasche auf dem Boden aus Tatami-Matten ab und betrachtete die ausgebreiteten Futons. Der Raum war nicht lang genug, dass sie in eine Reihe passten, daher waren sie in einem Quadrat angeordnet, mit einer Matte an der Seite, weil es eine ungerade Zahl war.

Yuuma stürzte sich sofort auf einen in der Mitte, woraufhin sich Shark den links von ihm schnappte. Vector hatte gar keine Wahl als den rechten zu nehmen. Vector wusste nicht, ob er erleichtert oder genervt sein sollte, dass Alit den einzelnen Futon neben ihm wählte. Besser als Durbe oder Mizael war er jedoch auf alle Fälle.

„Prügelt euch diesmal aber nicht“, sagte Yuuma grinsend und sah von Nasch zu Vector.

Vector erwiderte nichts. Wenn er seine dreckigen Finger von Yuuma ließ, dann würde er Nasch auch nicht schlagen... vielleicht.

„Was machen wir jetzt hier?“

„Duellieren!

„Ich hätte lieber erstmal was zu essen.“

„Nein, duellieren ist wichtiger!“ Doch Yuumas knurrender Magen strafte seiner Worte Lügen. Er lachte. „Na gut, vielleicht doch erstmal was essen.“
 

Kurze Zeit später saß Vector auf dem Boden des Duell-Dojos, zumindest hatte Yuuma das so genannt, ein Onigiri in der Hand und sah Yuuma und Alit dabei zu, wie sie sich duellierten.

Ein Stück entfernt taten Mizael und Durbe dasselbe und, wie Vector mitgekriegt hatte, ging es dabei um Mizaels Handy. Der Junge hatte wirklich ein Suchtproblem.

Nasch lehnte an der Wand gegenüber und tat so als wäre er cool. Gilag redete mit dem alten Mann, als würden sie sich kennen.
 

Und so verbrachten sie den ganzen Tag bis es Zeit zum Abendessen wurde. Mizael hatte sein Handy nicht zurückgewonnen, weshalb er noch angepisster als zuvor war. Vector hatte nicht erwartet, dass Durbe wirklich so ein guter Duellant war.

Vector seufzte, als sich heißes Wasser auf ihn ergoss. Er hatte sich extra mit dem Essen beeilt, damit er als erster unter die Dusche konnte. Der Tag war okay gewesen. Yuuma hatte sich die ganze Zeit duelliert, da hatte er weder ihm noch Nasch besonders viel Aufmerksamkeit geschenkt. Duellieren war halt die Nummer 1 für Yuuma. Der hatte auch ein Suchtproblem.

Vector strich sich über den Nacken. Mal sehen, was der restliche Abend noch bringen würde. Nicht viel, wenn er die Möglichkeiten betrachtete. Warum war er gleich wieder hier? Ach ja, derselbe Grund wie immer: Yuuma. Und er konnte Yuuma nicht mit Nasch allein lassen.
 

Als Vector aus dem Bad kam, verlief er sich erstmal. Er hatte sich nicht darum gekümmert Licht anzumachen, weshalb er in die falsche Richtung gelaufen war und sich in einem Vorratsraum wiederfand. Nicht, dass das schlecht war. Vector grinste, als er zwei Sakeflaschen aus dem Regal nahm. Damit konnte der Abend ja doch noch lustig werden. Er stellte sie wieder zurück. Aber noch war es ein bisschen zu früh. Am Ende würde sie ihm der alte Sack wieder abnehmen, das wollte er dann doch nicht.
 

„Schön, dass du auch mal fertig bist“, fauchte Mizael ihn an, als er zurück ins Zimmer kam. Wow, der war ja voll auf Entzug. Warum war er überhaupt mitgekommen? Bestimmt hatte Durbe rumgenölt. Er konnte sich das gut vorstellen.

Vector ließ sich auf seinen Futon fallen. Yuuma hatte sein Deck auf seinem Futon ausgebreitet und schien zu überlegen, was er daran verbessern konnte, Nasch beobachtete ihn dabei und warf hin und wieder einen Vorschlag ein. Durbe las ein Buch und Alit machte Liegestützen, während Gilag Musik hörte. Vector streckte sich auf seinem Futon aus. Richtige Party-Stimmung!
 

„Hey, lasst uns was spielen“, schlug Alit vor, nachdem jeder geduscht hatte.

Vector hob den Kopf. Gut, er war kurz davor einzuschlafen, so langweilig war es. „Bin für Flaschendrehen.“

„Das ist so ein Kinderspiel“, maulte Mizael.

Vector stand auf und grinste. „Dann peppen wir es eben ein bisschen auf.“

Mizael hob die Augenbrauen und auch die anderen sahen Vector jetzt interessiert an. „Bin gleich wieder da.“

Vector schlich erst in die Küche und holte Gläser, bevor er die Sakeflaschen schnappte und zurück zu den andere ging.

„Alkohol?“, fragte Durbe skeptisch und rückte seine Brille zurecht. „Das ist nicht dein ernst?!“

„Jetzt stellt euch nicht so an.“ Er stellte ein Glas vor jeden. „Folgende Regeln: der, auf den die Flasche zeigt, muss das tun, was der, der die Flasche gedreht hat will. Wer sich weigert, muss trinken. Klar soweit?“

„Irgendwelche Verbote?“, fragte Alit, der als einziges begeistert aussah.

„Keine.“

Nasch schnaubte und Vector konnte sich vorstellen, wie er sich ausmalte, wie er Vector sagte, dass er vom Dach springen sollte, oder sowas ähnlich.

„Ich fang an!“ Alit griff nach der leeren Cola-Flasche und drehte sie mit Schwung. Sie blieb bei Nasch stehen und Alit kniff nachdenklich die Augen zusammen. „Hmmm... tausch dein Shirt mit Vector!“

Nasch verengte die Augen und presste die Lippen aufeinander. Er sah aus, als wollte er Alit jeden Moment an die Gurgel gehen. Vector konnte es ihm ausnahmsweise nicht verübeln. Wenn er den Rest des Abends in Sharks Shirt hier sitzen musste, dann würde er die ganze verdammte Flasche leeren.

Ohne auch nur ein Wort zu sagen, griff Nasch nach der Sakeflasche, öffnete sie und füllte sein Glas. Er verzog keine Miene, als er es mit einem Schluck leerte.

Vector war erleichtert. Er wollte nichts auf seiner Haut, was Nasch gehörte. Am Ende hätte er noch Ausschlag davon bekommen. Außerdem hätte er dann den ganzen Abend seinen Geruch in der Nase gehabt. Widerlich!

Die Flasche zeigte auf Durbe. „Gib Mizael endlich sein Handy zurück.“

Oh wow, Nasch war wirklich eine Partykanone. Vector verdrehte die Augen. Wie langweilig.

Durbes Blick zuckte kurz zur Sakeflasche, doch dann zog er das Handy aus der Hosentasche und hielt es mit einem Seufzen Mizael hin, der es sofort packte und seine Nachrichten prüfte. Mizaels Miene verfinsterte sich jedoch wieder, als er merkte, dass er keinen Empfang hatte. Welch Überraschung!

Durbe drehte die Flasche und es war Yuuma, der als nächstes dran war. „Hm, wie wär’s, wenn du... hm... eine Minute lang still sitzt, nicht bewegen, nicht reden.“

„Und wenn du’s nicht schaffst, dann musst du zwei trinken“, fügte Vector hinzu.

„Okay!“ Yuuma atmete tief durch und saß schließlich ganz still.

Vector streckte die Hand aus und kitzelte seinen Fuß. Yuuma presste die Lippen aufeinander und kämpfte deutlich darum nicht loszulachen.

Am Ende prustete Yuuma doch. „Das war nicht fair!“

„Niemand hat gesagt, dass es fair ist“, erwiderte Vector grinsend und füllte Yuumas Glas.

Yuuma kniff die Augen zusammen, als er trank und verzog anschließend das Gesicht. „Das ist voll eklig.“ Er streckte die Zunge raus.

„Noch ein Glas“, sagte Vector nur gutgelaunt. Ob er es schaffte Yuuma betrunken zu machen? Das wäre doch mal ein Erlebnis.

Widerwillig trank Yuuma auch das zweite Glas und nahm dankbar die Flasche Cola an, die Durbe ihm reichte.
 

Yuuma verlangte von Gilag, dass er auf einem Bein durch den Raum hüpfte, das sah zwar lustig aus, aber für Vectors Geschmack war es zu harmlos. Von Yuuma war aber auch nichts anderes zu erwarten. Gilag ließ Alit einen Handstand für eine Minute machen, was für Alit sowieso ein Klacks war. Vector war sich sogar sicher, dass er es gerne tat um ein bisschen anzugeben, wie trainiert er war. Damit konnte er aber gerade mal Yuuma beeindrucken, was schon schlimm genug war.

Als Alit die Flasche drehte (wieder mit viel zu viel Schwung, sodass sie ewig in Bewegung blieb), blieb sie auf Vector stehen.

Alit grinste und Vector hatte ein ganz mieses Gefühl. Er würde ihn umbringen, wenn er was Dummes sagte. „Du kannst es dir aussuchen, entweder du küsst Nasch oder Yuuma.“

Rest in fucking pieces, Alit.

Den Teufel würde er tun und Nasch küssen. Eher würde er sich die Haut von den Lippen ziehen. Aber Yuuma? Verdammt, er wollte Yuuma küssen, aber nicht in so einer dummen Situation.

Vector sah die Sakeflasche an. Er musste nur trinken und die Sache hatte sich erledigt, aber fuck, Yuuma. Allein beim Gedanken wurde ihm heiß.

Er gab Yuuma einen kurzen Kuss auf die Schläfe und starrte auf den Boden. Fuck! Seine Wangen brannten. Wieso wurde er nur rot? Konnte man das irgendwie abstellen? Er wagte es nicht mal Yuuma anzusehen. Fuck!

„Das zählt nicht!“, beschwerte sich Alit.

„Du hast nicht gesagt wohin ich ihn küssen soll, also sei still“, fauchte Vector.

„Aber...“

Vector legte einen Arm um Alit und zog ihn an sich. „Wenn du noch ein Wort sagst, vergrab ich dich auf den Friedhof draußen. Lebendig.“

„Wollte nur helfen“, murmelte Alit und grinste.

Vector ließ ihn los. Er brauchte Alits „Hilfe“ nicht. Seine Hand zitterte, als er sie nach der Flasche ausstreckte und er ballte sie kurz zur Faust. Was Yuuma jetzt wohl dachte? Er traute sich immer noch nicht ihn anzusehen und war froh, als er dadurch abgelenkt wurde, dass die Flasche auf Mizael zeigte.

Vector wusste schon, was Mizaels Aufgabe sein würde. „Lies uns die versauteste Nachricht vor, die du an Kaito geschickt hast.“

Mizael erdolchte ihn mit seinem Blick, dann griff er zur Flasche, füllte sein Glas und trank es.

Schade. Das wäre doch mal interessant gewesen. Wobei da bestimmt irgendwas von Drachen gestanden hätte und das wollte er dann doch nicht wissen. Verdammt, warum hatte er jetzt daran gedacht? Bilder in seinem Kopf.
 

Das Grinsen auf Mizaels Lippen verhieß nichts Gutes, das wusste Vector, als die Flasche bei ihm stehen blieb. „Zieh dich aus und geh nackt über den Friedhof.“

Oh, wenn’s weiter nichts war. „Sag doch einfach, wenn du mich nackt sehen willst““, sagte Vector grinsend und warf Mizael seine Shorts ins Gesicht. Mizael machte ein angewidertes Gesicht und benahm sich, als wären die Shorts giftig. „Darf ich Schuhe anziehen?“

„Nein“, fauchte Mizael.

Sie folgten Vector nach draußen.

Scheiße, war das kalt. Vector ging an den ersten Gräbern vorbei. „Wie weit?“

„Bis zum Ende.“

Na ganz toll, wie groß war dieser Scheiß Friedhof? Im Sommer wäre das sicher angenehmer gewesen. Vector schlang seine Arme um sich und klapperte mit den Zähnen. Damit musste er wieder aufhören, wenn er zurück war. Er konnte vor den anderen keine Schwäche zeigen.
 

„Na Vector, kalt?“, fragte Nasch grinsend, als er zurückkam.

Vector legte ihm die Hand auf die Schulter und beugte sich zu seinem Ohr. „Immer noch größer als deiner.“ Nasch knirschte mit den Zähnen und Vector grinste. Nasch zu ärgern machte so viel Spaß. Mehr freute er sich jetzt aber auf seine Klamotten und Wärme.
 

Vector strich sich über die Arme. Wieso war ihm immer noch so kalt? Jemand legte ihm eine Decke über die Schultern und Vector sah überrascht auf. Yuuma lächelte ihn an. „Damit dir schneller wieder warm wird.“

„Danke“, murmelte Vector. Sah so aus, als hätte sich Yuuma nichts beim Kuss gedacht. Irgendwie auch keine Überraschung. Wobei es ja auch kein richtiger Kuss gewesen war. Verdammt, er hätte ihn richtig küssen sollen, das wäre wahrscheinlich die einzige Chance in seinem ganzen Leben gewesen. Er ärgerte sich über sich selbst.

„Du bist dran, Vector.“

„Jaja.“ Vector drehte die Flasche eher lustlos. Sie blieb bei Gilag stehen. Er würde Gilag noch ein bisschen ärgern, dann hatte er nicht mehr viel Lust auf das Spiel. Er hätte den Alkohol besser mit einbinden sollen. Zu spät. „Erzähl uns deine verdorbenste Fantasie mit diesem Idol, auf das du stehst.“

Zu sehen wie Gilag hochrot anlief, war herrlich. Er stammelte wie verrückt und schien komplett vergessen zu haben, dass er auch die Option hatte zu trinken. Jetzt war Vector gespannt.

„Also ähm... äh... also... Händchenhalten“, sagte Gilag schnell und Vector hätte am liebsten seinen Kopf gegen die Wand geschlagen. „Und k-k-kü... küssen.“

Das war’s? Wirklich? War das sein ernst? Vector ließ sich rückwärts auf den Futon fallen. Er kam sich vor wie im falschen Film. Er brauchte einen neuen „Freundeskreis“. Dringend!

„Ist alles in Ordnung, Shingetsu?“

„Ja“, seufzte Vector, „alles ist absolut fabelhaft.“
 

Irgendwo schlug eine Uhr Mitternacht. „Wollen wir eine Mutprobe auf dem Friedhof machen?“, fragte Yuuma begeistert in die Runde.

Mizaels skeptisches „Mutprobe?“ ging in Alits freudigem „Ja!“ unter. Manchmal passten die beiden wirklich gut zusammen.
 

Kurz darauf standen sie wieder draußen und zogen Papierfetzen aus Alits Hand. Da sie eine ungerade Zahl waren, würde einer leer ausgehen und in diesem Fall war Vector der Glückliche. Störte ihn nicht, erstens war er sowieso schon allein über den Friedhof gewandert und zweitens hatte er so wenigstens Zeit die anderen ein bisschen zu erschrecken. Besonders das Team Gilag und Yuuma war dafür sehr anfällig.

Und er konnte damit leben, dass er nicht mit Yuuma ein Pärchen bildete, immerhin war Nasch mit Alit gestraft.

„Lass uns das hinter uns bringen“, murrte Mizael. „Es ist kalt.“ Er packte Durbe am Arm und zog ihn mit sich.

„Ich geh aufs Klo“, erklärte Vector, ging Richtung Tempel, bog vorher jedoch ab. So eine Mutprobe war doch nicht spannend, wenn nichts passierte. Er grinste. Mal sehen, ob er die beiden erschrecken konnte.

Vector schlich zwischen den Gräbern hindurch auf der Suche nach Mizael und Durbe. Wie schnell gingen die zwei? Bestimmt zog Mizael Durbe die ganze Strecke, damit sie schnell durch waren.
 

Fast wäre Vector an ihnen vorbeigegangen. Er duckte sich hinter einen Grabstein und lugte darüber hervor. Mizael hatte Durbe gegen eine Statue gedrückt und hielt ihn an seinem lächerlichen Hipster-Schal fest.

Oho, was war denn das? Reichte Kaito allein etwa nicht? Und was war mit Nasch? Hatte Durbe etwa eingesehen, dass er ihm noch so lange nachlaufen konnte und doch keine Chance hatte? Vector grinste. Mizael zog Durbe an seinem Schal zu sich und küsste ihn. Das war ja interessant.

Vector zog sein Handy aus der Jackentasche. Hoffentlich reichte das Licht. Er fotografierte über den Grabstein hinweg. Das Foto war zwar etwas verschwommen, aber man konnte trotzdem erkennen, was vor sich ging. Es war nie schlecht für Erpressung vorbereitet zu sein.

Und da hatte Vector gedacht auf einem Friedhof rummachen war nur etwas auf das er stand. Wobei der Friedhof eher ein Massengrab unter einer Ruine war und rummachen auch eher ziemlich heißer Tentakelsex. Hm, manchmal vermisste er Black Mist. Vector gluckste.

„Hast du das gehört?“, fragte Durbe. Die Beiden lauschten und Vector verhielt sich still. „Wir sollten zurückgehen, sonst wird’s auffällig.“
 

Vector blieb hinter dem Grabstein sitzen. Er hoffte, das Yuuma und Gilag die nächsten waren, auch wenn er nichts dagegen hätte, hinter Alit aufzutauchen und seine Drohung von vorher wahrzumachen. Aber Nasch war bei ihm und der würde ihm wahrscheinlich eine reinhauen.

Vector seufzte. Wo blieben sie denn? Er sah wieder über den Grabstein auf den leeren Weg. Oder hatten es sich die beiden anders überlegt? Wohl kaum, immerhin war es Yuumas Vorschlag gewesen.

Er wollte sich gerade wieder hinsetzen, als er Gilags Stimme hörte: „Das ist nur ein Friedhof. Hier ist gar nichts.“ Er schien sich selbst gut zuzureden.

Vector schlich sich näher und schaffte es nur schwer ein Kichern zu unterdrücken.

Plötzlich blieb Gilag stehen, seine Augen hatten sich panisch geweitet. „Hast du das gehört?“

„Das war bestimmt nur eine Eule“, erklärte Yuuma und tätschelte seinen Arm. „Hier ist nichts.“

Vector grinste. Er hielt sich hinter der Statue versteckt an der Durbe und Mizael rumgemacht hatten.

„Bist du sicher?“ Gilag sah sich nervös um. „Das waren doch Schritte, ich hab’s genau gehört!“

„Das hast du dir nur eingebildet.“

Als sie auf der Höhe der Statue waren, sprang Vector mit einem einfach „Buh“ aus seinem Versteck. Mehr brauchte es nicht um die beiden zu erschrecken. Sowohl Yuuma als auch Gilag schrien auf, doch während Yuuma nur überrascht auf seinen Hintern fiel, schlug Gilag zu und traf Vector mitten ins Gesicht.

Vector fiel zu Boden und hielt sich die Nase, während er lauthals fluchte. So war das nicht geplant gewesen.

„Shingetsu!“

„Vector?“

Yuuma kniete neben ihm. „Was machst du denn?“

Vector fühlte sich so benommen, dass er noch nicht einmal antworten konnte. Fuck, es fühlte sich an als hätte ihm der Schlag den Nasenrücken ins Gehirn geschoben.

„Erschreck uns doch nicht so! Oh man, wie das blutet. Kannst du stehen?“ Yuuma half ihm auf die Beine und der Friedhof begann sich um Vector zu drehen. Er krallte sich an Yuuma fest. „Gilag, hilf mal.“

Gilag legte einen Arm um Vector und hielt ihn auf den Beinen. „Das tut mir voll Leid, aber ich dachte, du wärst ein Zombie.“

Vector murrte nur. Ihm war schwindelig und schlecht. Er würde nie wieder Gilag erschrecken. Außer er hatte fünfzig Meter Sicherheitsabstand.
 

„Was ist passiert?“, fragte Durbe, als sie zurückkamen und sein Blick auf den blutverschmierten Vector fiel.

„Er hat uns erschreckt“, murmelte Gilag und schien sich wirklich schuldig zu fühlen seinem Gesichtsausdruck nach.

„Und Gilag hat zugeschlagen“, vervollständigte Yuuma. Nasch begann zu lachen und auch Mizael grinste breit. „Das ist nicht lustig!“

Naschs Lachen verstarb, doch das Grinsen blieb. Mizaels Grinsen war nur noch breiter geworden.

„Steht dir.“

Vector zog eine Grimasse, war aber nicht in der Lage etwas zu erwidern.

Sie brachten ihn nach drinnen und Yuuma drückte ihm ein Taschentuch gegen die Nase, damit er nicht alles vollblutete.

„Sie scheint nicht gebrochen zu sein“, erklärte er. „Tut es sehr weh?“ Vector nickte. „Ich frag Rokujuro ob er eine Schmerztablette hat.“

Kaum hatte Yuuma den Raum verlassen, begannen Nasch und Mizael schallend zu lachen. Vector warf ihnen einen bösen Blick zu. Er hasste die beiden. Er griff nach der Sakeflasche und trank einige Schlucke daraus. Zumindest Mizael würde das Lachen gleich vergehen.

Vector zog sein Handy aus der Tasche und winkte Mizael zu sich.

„Ich komm dir nicht zu nahe. Am Ende spuckst du mich an und ich fang mir irgendeine Krankheit ein.“

Vector verdrehte die Augen, öffnete seine Fotos und hielt das Handy in Mizaels Richtung. Neugierig kam er schließlich doch näher. Wut zeichnete sich in seinem Gesicht ab und er wollte nach dem Handy greifen, doch Vector schob es zurück in seine Tasche.

„Du Bastard“, zischte Mizael.

Vector grinste ihn an. Das blutverschmierte Gesicht ließ es nicht weniger Psycho wirken. „Schön brav oder ich schick es an Kaito“, flüsterte er.

Mizael drehte sich auf dem Absatz um und stapfte aus dem Raum, dabei rannte er fast Yuuma über den Haufen.

„Was ist denn mit dem los?“

Vector zuckte nur mit den Schultern und nahm die Tablette und das Glas, das Yuuma ihm reichte. So schlimm tat es nicht mehr weh, doch er schluckte die Tablette trotzdem.
 

Kurz darauf lagen sie alle im Dunkeln in ihren Futons und versuchten zu schlafen. Vector starrte jedoch nur an die Decke, seine Nase pochte dumpf. Das war nicht unbedingt ein glorreicher Abschluss gewesen, aber zumindest hatte sich Yuuma um ihn gekümmert und er hatte Mizael anpissen können. Und er hatte Yuuma geküsst. Er berührte seine Lippen. Irgendwie zumindest.

„Shingetsu?“ Vector drehte sich zur Seite um Yuuma ansehen zu können. „Wie geht’s deiner Nase?“

„Besser“, erwiderte Vector ebenfalls flüstern.

„Das freut mich.“ In der Dunkelheit konnte er Yuumas Lächeln nur erahnen. „Das war ein aufregender Tag, nicht wahr?“

Doch bevor Vector antworten konnte, kam ein aggressives „Sh!“ von Mizael.

Yuuma kicherte. „Gute Nacht.“

„Nacht.“

Sein Herz schlug so schnell, das Vector dachte, gleich würde ihm wieder Blut aus der Nase spritzen. Und kam es ihm nur so vor, oder war Yuuma wirklich ein Stück näher gerutscht?

Hilfe, es brennt... nicht nur der Weihnachtsbaum

„Weihnachten!“

Vector verdrehte die Augen. „Das ist nicht dein Klassenzimmer hier.“

„Ist doch egal. Morgen ist Weihnachten!“

„Und?“ Alit legte Grünzeug auf Vectors Tisch. „Was ist das?“

„Ein Mistelzweig! Weißt du denn gar nichts?“ Alit hielt den Zeig über seinen Kopf. „Du und Yuuma, ihr steht darunter und...“ Er spitzte die Lippen und simulierte einen Kuss.

Vector schlug ihm mit dem Handrücken gegen den Bauch und Alit zuckte leicht zusammen. Verdammt waren seine Bauchmuskeln hart. Er war fast ein bisschen neidisch.

„Weil du dich damals beim Flaschendrehen auch so angestellt hast.“

„Ich brauch deine Hilfe nicht“, murrte Vector. Wann ging der Unterricht weiter, damit Alit endlich ging?

„Ich könnte Yuuma fragen...?“

Vector zog Alit in den Schwitzkasten. „Ich hack dich in kleine Stücke, wenn du das tust.“ Nicht, das Yuuma irgendwas verstehen würde. Nicht, dass er die Antwort nicht sowieso schon kannte. „Shingetsu ist ein guter Freund für mich!“ und dazu dieses typische Yuuma-Lächeln. Vector knirschte mit den Zähnen und ließ Alit los. „Misch dich nicht ein.“
 

„Shingetsuuu?“

„Hm?“ Vector räumte weiter seine Tasche ein ohne Yuuma anzusehen.

„Du machst doch an Weihnachten nichts, oder?“ Wie schön, dass Yuuma inzwischen gleich davon ausging, dass er nichts vorhatte, hatte er also langsam kapiert, dass die anderen nicht so gut auf ihn zu sprechen waren. „Hat zumindest Alit gesagt.“

Oh, dann nahm er alles zurück. „Hat er das, ja?“, murmelte Vector. Er würde ihn umbringen. Konnte sich Alit nicht in irgendein anderes Leben einmischen? Warum seins? So scheiße war er doch in der Vergangenheit gar nicht gewesen um das jetzt zu verdienen.

„Hast du was vor?“, hakte Yuuma nach und klang dabei leicht enttäuscht.

„Nein.“ Außer man nannte „allein in der Wohnung hocken und Videospiele spielen“ etwas vorhaben.

„Hast du Lust zu mir zu kommen?“ Vector hob die Augenbrauen. War Weihnachten hier nicht so etwas wie ein Tag für Pärchen? Und Yuuma lud ihn ein? Sollte er sich etwas darauf einbilden? „Oma macht das beste Weihnachtsessen der Stadt.“

Nein, sollte er nicht. Er unterdrückte das Seufzen. War klar. Warum machte er sich gleich wieder Hoffnungen? „Klar, ich komm gern.“ Er fragte gar nicht erst, wer noch alles dabei sein würde. Nasch würde da sein, das verstand sich inzwischen sowieso schon von selbst.
 

„Jo, Vector!“ Alit hatte die Hand zum Gruß erhoben und grinste breit.

„Was machst du denn hier?“

„Naja, Gilag verbringt den Abend auf einem Konzert von diesem Idol, also dachte ich, ich komm hier vorbei.“

„Du hast dich selbst eingeladen.“ Das war keine Frage, sondern eine Feststellung.

Das Haus der Tsukumos war festlich mit Lichtern und Girlanden geschmückt. Selbst ein Weihnachtsbaum stand im Wohnzimmer. Es roch auch schon überall nach Essen und Vectors Magen knurrte.

„Ein bisschen dauert es noch“, sagte Akari. Sie half in der Küche mit.

„Ich bin am Verhungern“, jammerte Yuuma.
 

„Hey Vector“, flüsterte Alit und Vector drehte sich erst zu ihm um und blickte dann nach oben. Alit hielt einen Mistelzweig über ihn und Yuuma. Vector rammte seinen Ellenbogen gegen Alits Brust. Alit zuckte zusammen und rieb sich die getroffene Stelle. „Das tat weh.“

„Sollte es auch“, zischte Vector. „Und jetzt lass den Scheiß.“

Enttäuscht ließ Alit den Arm sinken.

„YUUMA!“ Vector drehte den Kopf und sah wie Yuuma von Akari mit erhobenem Kochlöffel aus der Küche gescheucht wurde. „Steh nicht im Weg rum! Geht nach oben, bis das Essen fertig ist.“

„Aber...“

Akari hob nur wieder ein Kochlöffel und Yuuma zog Vector und Alit in sein Zimmer.
 

Seufzend ließ sich Yuuma auf sein Bett fallen. „Ich stand gar nicht im Weg“, rechtfertigte er sich.

„Wann kommen die anderen?“, fragte Vector und ließ sich ebenfalls auf das Bett sinken. Es war eine Überraschung, das Nasch noch gar nicht da war. Wahrscheinlich tauchte er viel später auf, machte einen auf cool und versuchte damit Yuuma zu beeindrucken. Leider schien das meistens auch zu funktionieren.

„Die anderen?“ Yuuma sah ihn fragend an. „Ich hab nur dich eingeladen, weil ich dachte, du bist bestimmt allein an Weihnachten und das ist doch blöd. Naja, und dann stand plötzlich Alit vor der Tür.“ Er grinste und Alit grinste ebenfalls breit.

„Ach... ja.“ Vector erdolchte Alit mit seinen Blicken. Alits Anwesenheit hatte ihn nicht so sehr gestört, weil er gedacht hatte, die anderen würden ebenfalls noch kommen, aber im Moment war Alit der größte Störfaktor des Abends.

Alit grinste breit. „Ich wollte auch nicht allein sein an Weihnachten.“

„Dafür sind ja Freunde da!“

Ah ja, da ging es hin, das Fünkchen Hoffnung, das Yuuma mehr in ihm sah als nur einen Freund.
 

Sie quatschten eine Weile bis Alit plötzlich wieder den Mistelzweig hervorzog. Wo versteckte er das Ding?

„Weißt du, was das ist?“

„Ein Mistelzweig“, antwortete Yuuma, unsicher worauf Alit hinaus wollte.

„Weißt du für was er da ist?“

Yuuma zögerte mit der Antwort, wirkte sogar ein bisschen verlegen. „Man küsst sich, wenn man darunter steht“, sagte er schließlich.

Überrascht hob Vector die Augenbrauen. Das wusste er? Wirklich? Das kam unerwartet. War Yuuma also doch nicht ganz so weltfremd, wie er größtenteils wirkte. Nicht, dass ihm das irgendwas brachte, denn er könnte leuchtende Neonschilder hochhalten und Yuuma würde trotzdem nicht kapieren, dass er auf ihn stand.

„Warum hast du einen dabei?“

Doch Alit wich der Frage aus. „Ich war noch nie da oben. Darf ich?“

„Sicher.“

Und schon war Alit nach oben verschwunden.

„Warum hast du die anderen nicht eingeladen?“, wollte Vector wissen.

„Akari wäre wohl durchgedreht, wenn ich ihr so viele Leute ins Haus geholt hätte.“ Er lachte. „Außerdem hat Alit gesagt, dass du allein bist an Weihnachten, das fand ich irgendwie traurig.“

Wenn Alit jetzt nur nicht selbst aufgetaucht wäre... „Danke Yuuma.“ Vector bemerkte eine Bewegung aus den Augenwinkeln und sah nach oben. Alit hielt sich an der Leiter fest und streckte sich über sie, den Mistelzweig in der Hand. Yuuma hatte noch nichts bemerkt, sondern lamentierte inzwischen darüber, dass er am Verhungern war.

Akari rief nach ihnen und Yuuma sprang abrupt auf. Alit erschrak dadurch und fiel die Leiter nach unten.

„Alit!“

„Autsch.“

Vector unterdrückte das Lachen.
 

Vector trat Alit unter dem Tisch und Alit verzog das Gesicht. „Für was war das?“, fragte er leise.

„Weißt du genau“, zischte Vector.

„Lass mich dir doch helfen.“

„Helfen bei was?“, wollte Yuuma wissen.

„Nichts“, antworten Vector und Alit gleichzeitig. Das restliche Gespräch wurde vom Essen erstickt bzw. Yuuma redete hauptsächlich und wurde von Akari getadelt, weil er dabei mit offenem Mund aß.

Vector beobachtete nur und ließ es sich schmecken. So gut hatte er schon lange nicht mehr gegessen. Aber so war das halt, wenn man sich hauptsächlich von Fertigfraß ernährte. Als ob er kochen würde. Man hatte ja gesehen, was dabei rauskam, wenn er versuchte simple Suppe zu machen. Zu seiner Verteidigung war er da aber abgelenkt gewesen.

Vector lehnte sich zurück, als sein Teller leer war.

„Möchtest du noch einen Nachschlag?“, fragte Yuumas Großmutter.

Vector schüttelte nur den Kopf. Er war mehr als vollgefressen. Wohingegen Alit und Yuuma noch kräftig zulangten. Vector schmunzelte. Irgendwie fühlte er sich wohl. Die Stimmung, die Deko und bunten Lichter. Shit, er wurde doch nicht etwa sentimental wegen ein paar Lichtern?

„Hey Shingetsu“, Yuuma legte seine Hand auf die von Vector, „wollen wir uns später noch duellieren?“

„Du hast auch nur Duelle im Kopf, was?“, sagte Vector mit einem Grinsen.

„So ziemlich! Und Essen!“

„Keine Duelle im Haus!“, widersprach Akari.

„Aber draußen ist es so kalt.“

„Keine Duelle“, wiederholte Akari und Yuuma zog einen Schmollmund.

„Wir können wieder Mensch ärgere dich nicht spielen“, schlug Vector vor.

„Weil du dich das letzte Mal ja nicht geärgert hast.“ Yuuma streckte ihm die Zunge raus.

Okay, Vector musste zugeben, dass er das letzte Mal ein ziemlich schlechter Verlierer gewesen war. Brettspiele waren nicht so seins.

„Aber ja, lasst du das spielen, das ist witzig. Ich hol’s.“

Während Yuuma in sein Zimmer rannte, ließen sich Vector und Alit auf die Couch sinken.

„Wenn du mir wirklich helfen willst, dann geh nach Hause“, zischte Vector.

„Aber da bin ich ganz allein.“

„Dann nerv jemand anderen.“

Alit kam nicht mehr dazu zu antworten, denn Yuuma kehrte zurück und breitete das Spiel auf dem Tisch aus, ließ sich anschließend neben Vector auf die Couch fallen.

Vector spannte sich kurz an, als sich ihre Schenkel berührten.
 

„Hey Vector, sieht schlecht für dich aus.“ Alit lachte.

Vector ballte eine Hand zur Faust. „Ich brech dir gleich die Nase, wenn du nicht still bist.“

„Shingetsu, das Spiel heißt Mensch ärgere dich nicht.“ Yuuma schmunzelte und zog mit seiner letzten Figur in sein Haus.

„Dummer Name!“, fauchte Vector und schnipste seine Figuren vom Feld. Er hatte verloren. Schon wieder. Und wieso ärgerte ihn das so? Selbst bei Duel Monsters war er nicht so wütend wenn er verlor.

„Ich weiß was, das dich aufheitert!“ Alit zwinkerte, stand auf und streckte den Mistelzweig über Vector und Yuuma.

Vector knurrte und schlug den Zweig beiseite. Er konnte nicht mehr genau sagen, wie es dazu kam, doch Alit verlor sein Gleichgewicht und stolperte rückwärts... direkt in den Weihnachtsbaum. Dabei riss er die echten Kerzen, die darauf brannten um und es dauerte nicht lange bis alles lichterloh brannte. Alit sprang zurück und landete dabei fast auf Vectors Schoß.

„Alle raus!“, rief Akari und schob die drei Jungen nach draußen.

„Feuer! Feuer!“ Obomi fuhr aufgeregt hin und her.

Vector stolperte in die Kälte und legte seine Arme um sich. Hätte er nicht wenigstens noch seine Jacke mitnehmen können? Sie gingen ein paar Schritte vom Haus weg und Vector gab Alit einen Klaps auf den Hinterkopf.

„Du Idiot.“

„Ich bin ausgerutscht!“, verteidigte sich Alit. „Das ist nur passiert weil...“ Doch seine Erklärung wurde abgewürgt, als Akari ihn in den Schwitzkasten nahm.

„Junge, willst du uns alle abfackeln?“

Alit ächzte und Vector war sich nicht sicher, ob ihm das nicht sogar ein bisschen gefiel. Alit hatte komische Vorlieben. Wobei er selbst wohl lieber still sein sollte.

„Hey, ihr zwei!“, fuhr Akari Vector und Yuuma an. Beide strafften sich etwas. „Wenn ihr schon unter dem Mistelzweig steht, dann küsst euch gefälligst auch!“

Vector sah nach oben. Über ihnen hing tatsächlich ein Mistelzweig. Er biss sich auf die Unterlippe. Großartig. Er sah Yuuma an, der ebenfalls nach oben gesehen hatte und jetzt seinerseits Vector ansah. Sollten sie wirklich...?

„Naja“, Yuuma lächelte, „das ist der Brauch, nicht wahr?“

Vector schluckte. Das konnte nicht sein Ernst sein! Oder doch? Passierte das gerade wirklich? Verdammt! Yuuma kam etwas näher und Vector war sich sicher, dass seine Wangen mehr brannten als der Weihnachtsbaum. Sein Herz raste, seine Hände zitterten.

Er beugte sich vor, schloss die Augen und ließ seine Lippen auf Yuumas sinken. Das war’s, er küsste Yuuma. Er küsste diese wundervollen weichen Lippen. Vector widerstand dem Drang seine Arme um Yuuma zu legen und ihn an sich zu drücken, besonders als Yuuma auch noch anfing seine Lippen zu bewegen.
 

Doch der Kuss endete früher als Vector lieb war. Es lag inzwischen auch ein Rotschimmer auf Yuumas Wangen und er sah verlegen zur Seite. „War das okay so?“

Vector nickte. Okay? Das war der beste Kuss seines bisherigen Lebens gewesen und er wollte verdammt nochmal mehr davon. Am liebsten sofort.

Akari hatte inzwischen Alit losgelassen und dieser grinste etwas bedröppelt. Vector erwartete jeden Moment einen dummen Spruch, doch alles was Alit sagte, war: „Ich glaub, ich bin ein bisschen verliebt.“
 

Während Vector zum Schrein ging, dachte er über den Kuss nach. Wie er es schon die ganze Zeit in den letzten Tagen getan hatte. Er berührte seine Lippen, konnte immer noch nicht fassen, dass das wirklich passiert war. Was sollte er davon halten? War da mehr oder doch nur Wunschdenken? Es machte ihn verrückt.

Als Vector den Schrein erreichte, fiel sein Blick sofort auf Yuuma. Er trug einen Kimono und sah verdammt süß darin aus. Das machte es nicht viel leichter. Was es leichter machte, war das er mit Nasch redete und scheinbar jede Menge Spaß dabei hatte. Er schob seine Hände in die Jackentaschen und machte ein grimmiges Gesicht. Er brauchte Nasch nur ansehen und seine Laune verschlechterte sich automatisch.

Nasch trug ebenfalls einen Kimono und stand neben Merag, dahinter Durbe und Mizael, der, Vector traute seinen Augen kaum, kein Handy in der Hand hielt. Hatte Durbe es ihm wieder abgenommen? Doch die Antwort stand nur ein paar Meter weiter: Kaito hatte die Arme vor der Brust verschränkt, Haruto stand neben ihm.

Waren heute denn wirklich alle da?

„Jo“, mehr sagte Vector nicht zur Begrüßung und Yuuma war auch so ziemlich der einzige, der froh zu sein schien ihn zu sehen. Immerhin erwiderte aber auch Kotori seine Begrüßung.

„Jetzt fehlen nur noch Alit und Gilag und wir sind vollständig.“ Yuuma lächelte breit. „Ich bin so froh, dass wir alle zusammen das neue Jahr feiern!“

Oh ja, Vector war auch so froh, dass er Zeit mit Nasch verbringen konnte. Welche Freude!

Keine fünf Minuten später tauchten auch Gilag und Alit auf. Gilag trug ebenfalls einen Kimono während Alit, wie Vector auch Alltagsklamotten trug.

„Ihr hättet auch Kimonos anziehen sollen, hätte euch bestimmt super gestanden.“

„Ist mir zu unpraktisch.“ Alit grinste. „Muss mich immer richtig bewegen können.“

„Hab keinen“, erwiderte Vector mit einem Schulterzucken. Er legte nicht viel Wert auf solche Traditionen. Davon abgesehen, dass es auch viel zu kalt war.

„Hättest du was gesagt, dann hätte ich dir einen von meinen geliehen.“

Okay, vielleicht hätte er in diesem Fall doch Wert darauf gelegt. „Nächstes Mal.“ Er lächelte und Yuuma erwiderte das Lächeln. Es war, als hätte es den Kuss vor ein paar Tagen gar nicht gegeben. Zumindest schien sich Yuuma nichts dabei gedacht zu haben. War ja klar.

„Lasst uns endlich gehen“, murrte Nasch.

Natürlich drängelte er. Es gefiel ihm ja nicht, dass er mit Yuuma redete. Das Nasch immer noch nicht eingesehen hatte, dass er verloren hatte. Tse. Er sollte ihm das mit dem Kuss baldmöglichst unter die Nase reiben. Oh, er freute sich schon darauf sein dummes Gesicht zu sehen. Vector konnte das Grinsen nicht unterdrücken und erntete dafür einen misstrauischen Blick von Nasch.

Sie stiegen die Stufen zum Schrein nach oben und Vector ächzte. Warum musste es vor jedem Tempel und Schrein eine dumme Treppe geben? Hätten sie nicht einen nehmen können der keine hatte?

Sie stellten sich an und Nasch hatte es wieder geschafft Yuuma in ein Gespräch zu verwickeln. Vector knirschte mit den Zähnen. Seit wann war der eigentlich so gesprächig? Aber gut, sollte er ruhig sein kleines Erfolgserlebnis haben, dann war der Ärger nur noch größer, wenn er ihm erzählte, dass er Yuuma geküsst hatte.

Als er an der Reihe war verbeugte Vector sich zweimal, klatschte zweimal und verbeugte sich noch ein weiteres Mal. Er hatte nur einen simplen Wunsch: „Bitte lass Yuuma endlich verstehen, dass ich ihn mag.“ Er wünschte sich nicht, dass Yuuma seine Gefühle erwiderte, er wollte nur, dass er es endlich verstand. Allein das wäre eine Erleichterung.
 

Als Vector zu den anderen zurückging, waren in der Ferne Glockenschläge zu hören. Es zischte und ein Feuerwerk erhellte den Nachthimmel. „Frohes neues Jahr!“

„Vector“, Alit boxte ihm leicht in die Seite, „wie wär’s mit einem Neujahrskuss?“

„Ich küss dich ganz sicher nicht.“

Alit verdrehte die Augen. „Nicht mich! Yuuma!“

Vectors Blick wanderte ganz automatisch zu Yuuma, der gerade überschwänglich allen ein frohes neues Jahr wünschte. Nur zu gern, aber er hatte wohl kaum das Glück von Weihnachten. Vector seufzte und schüttelte den Kopf.

„Frohes neues Jahr, Shingetsu!“ Die Umarmung kam überraschend. Hatte er die anderen auch umarmt? Er hatte nicht aufgepasst.

„Frohes neues“, murmelte er etwas perplex und erwiderte die Umarmung. Yuuma drückte sich an ihn, zumindest glaubte Vector das für einen Moment, bevor sich Yuuma wieder von ihm löste und ihn anstrahlte. Am liebsten hätte Vector ihn wirklich geküsst.

Yuuma blieb neben ihm stehen um das Feuerwerk zu beobachten. „Ist das nicht schön?“, fragte Yuuma lächelnd, den Blick dabei in den Himmel gerichtet.

„Ja“, antwortete Vector, doch sein Blick galt nicht dem Feuerwerk. Fuck, aus der Sache kam er wirklich nicht mehr raus. Er mochte Yuuma zu sehr.

Alit stieß ihm leicht in die Seite und Vector wandte seinen Blick von Yuuma ab. Alit zog einen Kussmund. Vector legte ihm die Hand aufs Gesicht und schob ihn weg. Als ob das so einfach wäre. Er seufzte lautlos.
 

Vector schob wieder seine Hände in die Jackentasche und wandte sich zum Gehen, doch Yuuma hielt ihn auf. „Hast du Lust noch zu mir zu kommen?“

„Ist es nicht ein bisschen spät?“ War er jetzt ein Idiot? Warum hatte er nicht gleich Ja gesagt? Und bildete er es sich ein oder war Yuuma verlegen? Die immer noch andauernden Feuerwerke machten es schwer das zu sagen.

„Ich dachte, du hast vielleicht Lust den ersten Sonnenaufgang vom neuen Jahr zusammen zu sehen.“

Shit. „Solang kannst du doch gar nicht wach bleiben“, erwiderte Vector schmunzelnd.

Yuuma blies die Wangen auf. „Du bist so gemein.“

„So bin ich“, stimmte Vector vergnügt zu.

„Also, willst du?“

Und wie er wollte! Aber nicht unbedingt das, was Yuuma im Sinn hatte. „Klar.“ Sie machten sich zusammen auf den Weg, doch Vector warf noch einmal einen Blick zurück nur um Nasch säuerlichen Gesichtsausdruck zu sehen. Er grinste ihn an, dann zwinkerte er. Nasch schien kurz davor zu explodieren und Merag legte ihn beruhigend eine Hand auf den Arm. Vector war bester Laune.
 

Vector warf sich in die Hängematte, als sie bei Yuuma angekommen waren. „Akari hat Snacks für uns vorbereitet, ich hol sie schnell.“

Vector hob überrascht die Augenbrauen. Yuuma hatte also geplant, dass er zu ihm kam? Schenkte er ihm in letzter Zeit nicht besonders viel Aufmerksamkeit? Langsam wurde es seltsam. Vector verschränkte die Arme hinter dem Kopf und sah durch das große Dachfenster nach draußen. Der Mond war fast voll und schien direkt ins Zimmer.

„So“, Yuuma stellte ein Tablett auf einer Kiste ab, „bedien dich, wenn du Hunger hast.“

Vector setzte sich auf und sprang aus der Hängematte. „Was machen wir jetzt, während wir warten?“, fragte er, während er nach einem Sandwisch griff.

„Duellieren!“

Warum hatte er überhaupt gefragt? „Ich dachte, Akari will das nicht?“

„Lass es uns ganz klassisch machen, ohne Duel Disk und D-Gazer.“

„Aber ich hab mein Deck nicht dabei.“

Yuuma sah regelrecht geschockt aus. Natürlich, er schleppte sein Deck ja überall mit. Wobei er ja ständig die Welt retten musste. Es war überraschend, dass sich Astral noch nicht wieder hatte blicken lassen.

„Keine Sorge, ich hab so viele Karten, da kannst du dir noch eins zusammen stellen.“ Yuuma öffnete eine Truhe und Vector staunte nicht schlecht, sie war über und über mit Karten gefüllt. Der Junge hatte definitiv ein Suchtproblem. „Oder wir spielen Mensch ärgere dich nicht.“

„Nein“, sagte Vector sofort und Yuuma lachte. „Hast du nicht noch andere Kartenspiele?“

Yuuma machte ein nachdenkliches Gesicht. „Irgendwo glaub ich schon.“ Draußen explodierte wieder ein Feuerwerk und lenkte Yuumas Aufmerksamkeit auf sich. Seine Miene hellte sich sofort auf und er riss das Fenster auf.

Vector fragte sich nur, wie lange sie noch schießen wollten, trat trotzdem näher ans Fenster und legte die Arme um sich. Es war kalt und er hatte nur einen leichten Pullover an.

Yuuma setzte sich auf die Hängematte. „Lass uns noch ein bisschen das Feuerwerk anschauen.“

Vector ließ sich neben ihn sinken. Die Hängematte wackelte gefährlich. Stumm saßen sie nebeneinander und beobachteten das Feuerwerk.

Vector schielte immer wieder zu Yuuma. Sollte er ihn fragen? Er schluckte. Wieso machte ihn das so nervös? Was war es nur, dass ihn so zu Yuuma zog? Vector leckte sich über die trockenen Lippen. „Yuuma, hör mal“, fing er an und verstummte gleich wieder. Wie sollte er es formulieren?

Yuumas Kopf sank gegen Vectors Schulter und Vector sah ihn überrascht an. Yuumas Augen waren geschlossen und er atmete ruhig. „Yuuma?“ Doch Yuuma war eingeschlafen. Vector seufzte. Das war ja so klar.

Vorsichtig legte Vector Yuuma auf der Hängematte ab und schloss das Fenster. Er hätte ihn gern ins Bett gelegt, aber ohne ihn aufzuwecken bekam er ihn niemals die Leiter hinunter. Vector setzte sich im Schneidersitz auf die Kiste, die unter dem Fenster stand. Der Emperor Key lag neben dem Foto von Yuumas Eltern. Und was machte er jetzt die ganze Nacht? Vector lehnte seinen Kopf gegen das Fenster. Großartig. Vector beobachtete Yuuma. Er sah so süß aus, er wollte ihn fressen... und ficken. Vector wandte den Blick ab. Er konnte sich solche Gedanken jetzt wirklich nicht leisten.

Er rutschte von der Kiste und stieg nach unten. Wenn Yuuma schlief konnte er das auch tun. Er stellte einfach einen Wecker und weckte Yuuma dann vor Sonnenaufgang.

Vector zog seine Hose und seinen Pullover aus und schlüpfte unter Yuumas Decke. Es war lächerlich wie schnell sein Herz klopfte, nur weil er in Yuumas Bett lag. Es wäre schöner, wenn Yuuma auch hier wäre. Vielleicht sollte er ihn doch kurz wecken...

Vector vergrub sein Gesicht im Kissen. Er durfte jetzt nicht an Sex denken. Er atmete tief durch. Alles roch nach Yuuma. Er wollte nie wieder aus diesem Bett.
 

Vector schreckte hoch und warf fast sein Handy auf dem Boden, als dieses plötzlich anfing Musik zu spielen. Murrend schaltete er es ab. Es war viel zu früh. Vector gähnte und quälte sich aus dem Bett. Er schauderte. Zu kalt.

Er zog sich an und stieg die Leiter nach oben. Yuuma schlief immer noch tief und fest.

„Yuuma! Yuuma, hey!“ Vector rüttelte an Yuumas Schulter, doch der drehte sich nur auf die Seite, wäre dabei fast aus der Hängematte gefallen, wenn Vector ihn nicht festgehalten hätte. „Aufwachen!“

„Was is ‘os?“, nuschelte Yuuma und sah Vector verschlafen an.

„Die Sonne geht gleich auf.“

Es dauerte eine Weile bis Yuuma die Worte verarbeitet hatte, doch dann weiteten sich seine Augen. „Ja!“ Er verhedderte sich in der Hängematte, als er raussteigen wollte und Vector musste ihm helfen. „Danke.“ Mit einem Mal wirkte Yuuma hellwach. „Wollen wir aufs Dach?“

Vector schauderte, als sie aus dem Fenster kletterten. Immer noch zu kalt. Wieso hatte er nicht an seine Jacke gedacht? Auch Yuuma zitterte. „Willst du dir noch eine Jacke holen?“

Doch Yuuma schüttelte nur den Kopf. „Geht schon.“ Trotzdem rutschte er näher und drückte sich an Vector. Wenn sein Herz weiter so schnell schlug, dann würde er noch einen Herzinfarkt bekommen. „Schau da!“ Yuuma deutete zum Horizont, wo sie schon die ersten Sonnenstrahlen zeigten. „Das wollte ich schon immer mal machen.“ Yuuma lächelte glücklich.

Vector wollte ihn fragen, ob mehr zwischen ihnen war, doch er brachte kein Wort über die Lippen. Frustriert legte er nur einen Arm um Yuuma und beobachtete den Sonnenaufgang, während er immer wieder zu Yuuma sah. Zumindest war er glücklich. Das war das wichtigste, nicht wahr?

Heiße Quellen, heißer Vector

Vector schlug gegen Alits Boxsack und verzog das Gesicht vor Schmerz. Er rieb sich die Hand. Er hatte nicht gedacht, dass die Dinger so hart wären. Kein Wunder, das Alit Muskeln aus Stahl hatte. Vector notierte sich im Hinterkopf nie eine richtige Schlägerei mit Alit anzufangen, dabei würde er nur den Kürzeren ziehen.

„Also...“, find Alit an und Vector sah ihn an. Seit er hier war, hatte er kaum etwas gesagt. Er wusste auch nicht so recht was er sagen sollte oder warum er überhaupt hier war. Er war frustriert wegen Yuuma und hatte das Bedürfnis mit irgendwem darüber zu reden. Alit war der einzige mit dem er reden konnte. Andererseits hatte er aber auch keinen Bock darauf.

Er ließ sich auf Alits Bett fallen. „Ich bin frustriert.“

„Sexuell?“

Mit einem Ruck setzte sich Vector wieder auf. „Komm nicht auf dumme Gedanken“, zischte er. Wobei Alit recht hatte. Er war sexuell frustriert. Er vermisste Black Mist. Irgendwie zumindest.

Alit grinste. „Ich doch nicht. Geht’s um Yuuma?“

Vector seufzte. „Um wen sonst?“

„Vielleicht solltest du es ihm sagen?“

„Tse, klar, der kapiert doch nichts.“ Vector biss sich auf die Unterlippe. „Außerdem sieht er mich doch eh nur als Freund.“ Wobei es in letzter Zeit einen anderen Eindruck machte. Wahrscheinlich war er aber nur so frustriert, dass er irgendwas reininterpretierte, was gar nicht da war.

„Dann küss ihn endlich.“ Alit betonte jede Silbe.

Vector konnte immer noch nicht fassen, dass Alit ihren Kuss nicht mitbekommen hatte. Er erwägte kurz es zu erwähnen, entschied sich dann aber dagegen. Er hatte Yuuma ja schon geküsst und es hatte sich nichts verändert. Frustrierend hoch zehn. Und jetzt heulte er sich auch noch bei Alit darüber aus. Wie tief war er gesunken?

„Ich geh wieder“, murrte Vector.

„Warte doch, wir haben gar nicht richtig darüber geredet.“

Er hatte schon viel zu viel gesagt. Er hätte nie herkommen sollen. Vector schlug die Haustür hinter sich zu. Er war wirklich tief gesunken.
 

Vector hörte nicht wirklich zu, während Kotori redete. Als Yuuma ihn eingeladen hatte, hatte er gedacht, sie würden alleine was unternehmen, aber jetzt sah er auf dem Boden in Yuumas Zimmer zwischen Yuuma und diesem kleinen Typen mit Brille und versuchte interessiert auszusehen. Und bald waren auch noch die Ferien zu Ende. Er hatte keinen Bock wieder zur Schule zu gehen, aber dann würde er zumindest Yuuma wieder jeden Tag sehen.

„Das klingt super. Findest du nicht auch, Shingetsu?“

Shit, was? Er hatte nicht zugehört, um was ging es? „Ja klar.“

Yuuma grinste und wandte sich wieder Kotori zu. „Dann fragen wir die anderen noch und dann fahren wir Freitag.“

Wo fuhren sie hin? Verdammt, wieso hatte er nicht zugehört? Zu was hatte er jetzt wieder zugesagt?
 

Freitagvormittag saß Vector in einem Bus neben Alit und sie fuhren in die Berge. Mal wieder. Mizael und Durbe waren dieses Mal nicht dabei, dafür aber III und IV und die vier Mädels.

Nasch war auch dabei. Natürlich, was auch sonst? Zumindest war IV schon wieder damit beschäftigt Nasch zuzulabern.

Diesmal ging es aber weder zum campen, noch zu einem komischen Duell-Wochenende, sondern sie würden sich in heißen Quellen entspannen. Der Vorschlag war immerhin von Kotori gekommen, denn scheinbar hatte ihre Mutter irgendwelche Gutscheine und Vergünstigungen geschenkt bekommen, wie er am Ende doch noch herausgefunden hatte, nachdem er schon nicht zugehört hatte. Vector sollte es recht sein, solange er nichts zahlen musste.

Aber es nervte ihn, dass er nicht neben Yuuma sitzen konnte. Da saß nämlich III und redete die ganze Zeit mit Alit. Da hätten sie sich auch nebeneinander setzen können. Vector drehte sich leicht und lehnte sich gegen die Scheibe. Zumindest saß er vor Yuuma und konnte trotzdem mit ihm reden. Auch wenn er dabei Naschs Anblick ertragen musste, weil der hinter Yuuma saß.

„Ich find’s immer so klasse, wenn wir was zusammen unternehmen können.“

Und wer sagte ihm jetzt, ob sich Yuuma dabei spezifisch nur auf ihn bezog, oder ob er die ganze Gruppe meinte? Wieso war das nur so schwierig? Vector knirschte mit den Zähnen, setzte für Yuuma aber dann ein Lächeln auf. „Find ich auch.“
 

„Ich will das Bett oben!“, rief Yuuma und war auch schon die Leiter des zweistöckigen Betts nach oben geklettert.

Vector verdrehte die Augen. Nicht wegen Yuuma, sondern weil Nasch das Bett unter Yuuma wählte bevor er das tun konnte. Vector warf seine Tasche auf das Bett gegenüber. Zumindest konnte er Yuuma so sehen. Wer über ihm schlief war ihm egal, solange es nicht Gilag oder Tetsuo war. Da musste er ja Angst haben, dass das Bett zusammenbrach und er zerquetscht wurde. Die Dinger hatten ihre besten Zeiten auch schon hinter sich.

Sehr zu Vectors Freude und Naschs Leidwesen (was der Hauptgrund für Vectors Freude war), war es IV, der noch ins Zimmer kam. IV sah sich skeptisch um.

„Lass mich unten liegen“, sagte er ihm Befehlston zu Vector.

Vector grinste. „Bei mir liegt sowieso jeder unten.“ Der anzügliche Tonfall war nicht mal so sehr Absicht gewesen. Selbst aus den Augenwinkeln heraus sah er, wie Nasch die Augen verdrehte. IV presste die Lippen aufeinander, drehte sich auf dem Absatz um und verließ das Zimmer.

Vector streckte sich auf dem Bett aus, als III ins Zimmer kam und ziemlich verwirrt aussah. Er nahm das freie Bett ohne irgendwelche Ansprüche zu stellen.
 

Zufrieden seufzend ließ sich Vector in das warme Wasser gleiten. Natürlich abseits von den anderen. Er hatte keine Lust auch nur einen von denen nackt zu sehen. Abgesehen davon, dass er auch mit keinem reden wollte. Der Nachmittag hatte ihm schon gereicht. Vector legte sein Handtuch auf die Seite und schloss die Augen. Er hörte die Stimmen der Mädchen auf der anderen Seite der Mauer.

Es war das erste Mal, dass er in einer heißen Quelle war und es tat wirklich gut. Das hätten sie gleich statt Camping und dem Duell-Wochenende machen sollen.

„Yuuma, jetzt beeil dich mal!“

„Komm ja schon!“

Vector öffnete die Augen und sah zu Yuuma, gerade als dieser sich das Handtuch von den Hüften zog.

Fuck.

Vector biss sich auf die Unterlippe. Ihm wurde heiß und das hatte nichts mit dem Wasser zu tun. Das ihn ein nackter Yuuma so schnell anturnte, war schon leicht lächerlich. Wie nötig hatte er es eigentlich? Er beobachtete, wie sich Yuuma ins Wasser sinken ließ und schluckte, als er sich in seine Richtung bewegte.

Nein, nein, er musste wegbleiben. Das war das erste Mal, dass er sich wünschte, dass Yuuma nicht zu ihm kam. Er durfte nicht merken, in was für einem Zustand er war. Vector hob das Bein leicht an und hoffte, dass es seine Härte einigermaßen verdeckte. Er musste an irgendetwas abturnendes denken. Nasch! Ja, nackter Nasch, gute Idee! Nein, das war widerlich und er konnte auch den Gedanken nicht aufrecht erhalten, denn Yuuma hatte ihn inzwischen erreicht und lächelte ihn breit an.

„Was bist du denn so abseits von den anderen?“

Damit er Nasch nicht nackt sehen musste. Davon abgesehen, dass er Nasch hasste. Das konnte er Yuuma natürlich nicht sagen, daher zuckte er nur mit den Schultern. Im Moment fühlte er sich nicht so sehr in der Lage sich eine Lüge auszudenken. Er versuchte viel mehr seine Fantasien unter Kontrolle zu halten und nicht ins Wasser zu starren. Konnte Yuuma nicht einfach zu den anderen gehen, damit er in Ruhe darüber fantasieren konnte, wie er auf ihm ritt?

„Komm mit.“ Und schon hatte Yuuma sein Handgelenk gepackt und zog ihn mit sich. Na großartig. Hoffentlich bemerkte niemand irgendwas. Ein Blick ins Wasser wäre schon zu viel. Wenn auch nur einer was sagte, er würde denjenigen umbringen.

Yuuma setzte sich –natürlich- neben Nasch. So nah hatte er eigentlich nicht an Nasch setzen wollen, aber welche andere Wahl hatte er schon, wenn er neben Yuuma sitzen wollte? Vector seufzte lautlos. Und konnte sich sein Sextrieb mal wieder einkriegen? Er hatte nur Yuuma nackt gesehen, da war doch wirklich nichts Besonderes dran. Er könnte versuchen Nasch anzustarren, das würde sicher helfen, das seine Erregung abflaute. Andererseits konnte er auch nichts anderes denken, als das Yuuma nackt neben ihm war und was für schöne Dinge sie zusammen machen könnten.

Vector linste ins Wasser. Fuck. Er ließ sich ein bisschen tiefer ins Wasser sinken bis er es mit dem Kinn berührte. Wieso passierte ausgerechnet ihm das? Er konnte nicht mal gehen, weil es einem regelrecht ins Gesicht sprang, wenn er aufstand. Das hatte er nicht verdient.

„Ist alles in Ordnung, Shingetsu?“

Vector wäre fast aufgesprungen, als Yuuma ihm die Hand auf den Oberschenkel legte. Noch ein Stück höher und er hätte... fuck, konnte er ihm nicht einfach einen runterholen? War ihm egal wer zusah. „Ja, sicher“, krächzte Vector und räusperte sich. Verdammt.

„Aber du bist so rot im Gesicht...“ Yuuma sah ihn besorgt an.

„Mir geht’s gut“, erwiderte Vector schnell. Konnte Yuuma bitte endlich seine Hand wegnehmen? Das machte seine Situation nicht gerade besser.

„Sicher? Nicht das du noch zu lange im Wasser bleibst, oder so.“

„Ach Quatsch.“ Vector winkte ab.

Yuumas Hand lag immer noch auf seinem Schenkel, während er ihn besorgt ansah. Warum war dieser Junge nur so süß? Und heiß? Und überhaupt? Er wollte ihn fressen. Yuuma übte leichten Druck auf seinen Schenkel aus, dann nahm er die Hand weg und widmete sich wieder seinem Gespräch mit Tetsuo.

Vector legte den Kopf zurück. Lalala, er war so geil. Gerade vermisste er Black Mist wirklich.
 

„Lasst uns eine Runde Tischtennis spielen“, schlug Tetsuo vor und sein Vorschlag wurde auch bereitwillig angenommen. Vector atmete erleichtert aus, als alle zum Gehen aufbrachen. Endlich. Vector wäre fast durchgedreht. Innerlich war er das auch, besonders immer dann, wenn Yuumas Hand seinen Schenkel gestreift oder er mit seinem eigenen Schenkel gegen Vectors gestoßen hatte.

Vector ließ sich Zeit dabei sein Handtuch zu holen, welches immer noch am seitlichen Rand lag. Er vermied es aufzusehen und Yuuma nochmal nackt zu sehen, auch wenn es Verschwendung war.

Vector zuckte zusammen, als Yuuma plötzlich hinter ihm stand. „Was ist?“

„Die anderen sind schon gegangen, aber ich wollte auf dich warten.“

„Musst du nicht“, murmelte Vector.

„Am Ende kippst du noch um.“ Yuuma grinste leicht.

„Ich hab doch gesagt, dass es mir gut geht.“ Es war das erste Mal, dass er sich wirklich wünschte Yuuma würde gehen. Er sah sich um. Sie waren inzwischen allein. Er biss sich auf die Unterlippe. Die Sachen, die er jetzt gerne mit Yuuma anstellen würde...

„Also, gehen wir?“

Vector nickte nur, griff nach seinem Handtuch und legte es sich um den Nacken. Was hatte er auch für eine andere Wahl? Wenn er schnell war, dann würde Yuuma vielleicht gar nichts merken.

Yuuma stieg als erstes aus dem Wasser und Vector schluckte. Was würde er alles dafür geben, Yuuma gegen die Wand zu drücken.

Vector legte sich sein Handtuch um die Hüften, kaum hatte er das Wasser verlassen. Vielleicht kam er doch ungesehen aus der Sache raus. Glück gehabt.

Yuuma drehte sich um, auch er hatte inzwischen wieder ein Handtuch um die Hüften. „Du kommst doch auch mit zum Tischtennis spielen, ja?“ Er ging rückwärts, während er redete.

„Pass lieber auf, wo du hingehst.“

„Ach waaaa...“ Yuuma rutschte auf dem nassen Boden aus. Vector bekam Yuuma am Handgelenk zu fassen, doch wurde mit ihm zu Boden gerissen. „Au!“

Vector stemmte sich hoch. Sein Herz schlug heftig gegen seine Brust. Yuumas Bein war genau zwischen seinen. Er berührte ihn. Shit!

Vector starrte ihn an. Er wusste, dass er aufstehen musste. Aufstehen und so tun als wäre nichts gewesen, doch er konnte nicht. Yuuma rührte sich ebenfalls nicht.

„Jo, wo bleibt...?“ Vector sah auf und Yuuma legte den Kopf in den Nacken. Alit stand an der Tür und starrte sie grinsend an. „Stör ich?“

Vector rappelte sich auf. „Wir sind nur hingefallen“, zischte er.

„Jaaa“, er starrte Vector an und sein Grinsen wurde noch breiter, „siiicheeer.“

Vector sah an sich hinunter. Verfluchte Scheiße! Er hob sein Handtuch auf und wickelte es sich wieder um. Er hätte doch tot bleiben sollen.
 

Es herrschte ein betretenes Schweigen zwischen Vector und Yuuma, als sie ihre Yutakas anzogen und zu den anderen gingen.

Vectors Erregung war inzwischen abgeflaut. Endlich. Hatte sich ja lange genug hingezogen.

„Hey, Vector, wie geht’s, wie ste... auauauaua.“ Vector hatte Alit am Ohr gepackt und zog ihn aus dem Raum. Er schubste ihn gegen die Wand und drückte ihn dagegen.

„Wem hast du’s gesagt?“, flüsterte Vector mit einem bedrohlichen Unterton.

„Niemandem!“

„Gut. Wenn du auch nur noch ein Wort darüber verlierst, dann bist du tot, haben wir uns verstanden?“

„Schon gut, ja, ist in Ordnung.“

Vector trat von Alit weg und ging zurück in den Tischtennisraum. Er ließ sich auf einen Platz möglichst weit abseits sinken und verschränkte die Arme vor der Brust.

Doch seine Ruhe währte nicht lange.

„Vector.“

Oh ja, der hatte ihm gerade noch gefehlt. „Was?“, fauchte er Nasch an.

„Lass uns spielen.“ Er hielt ihm einen Tischtennisschläger mit einem Grinsen hin. Vector verengte die Augen. Er traute der Sache nicht, doch er griff trotzdem nach dem Schläger.

Während Nasch den Ball in der Hand drehte, band sich Vector den Yutaka etwas fester. Wenn Nasch glaubte, dass er hier gewinnen könnte, dann hatte er sich aber geschnitten.

„Bereit?“

„Immer.“

Der Aufschlag war härter als erwartet und Vector hatte Mühe ihn zurückzuschlagen. Verdammt, er hatte Nasch wirklich unterschätzt. Vector kam ins Schwitzen während er versuchte gegen Nasch zu bestehen. Leider landete Nasch mehr Treffer gegen ihn, als Vector lieb war und gewann auch noch den ersten Satz.

Vector knirschte mit den Zähnen, während Nasch triumphierend grinste. Am liebsten hätte er ihm den Schläger ins Gesicht geworfen und anschließend in den Rachen geschoben, bis er daran erstickt wäre. Er hätte auch gerne alles hingeschmissen, aber die Blöße würde er sich nicht geben. Er sah kurz zu Yuuma, der seinen Blick jedoch mied. Der Tag war schon beschissen genug.
 

Vector legte all seinen Frust in den Aufschlag und fühlte sich etwas besser, als er sah, das Nasch Schwierigkeiten hatte den Ball zu treffen. Gut. Dieser arrogante Bastard sollte nicht glauben, dass er eine Chance gegen ihn hatte. Er würde ihn in Grund und Boden stampfen.

Vector schlug jeden Ball so hart zurück, das Nasch Probleme hatte mitzuhalten. Diesmal war Nasch es, der ins Schwitzen kam und Vector derjenige, der den Satz gewann.

Nasch sah aus, als wollte er jeden Moment den Schläger zerbrechen oder seinerseits Vector damit den Schädel einschlagen.

„Letzter Satz“, erklärte Vector und warf Nasch den Ball zu. „Zeig, was du drauf hast.“

Sie schenkten sich nichts. Jeder wollte den anderen als Verlierer sehen. Vectors Unterlippe blutete, so fest biss er sich darauf und seine Finger waren kurz davor zu krampfen. Er würde nicht verlieren.
 

Es krachte laut, als Nasch seinen Schläger gegen die Wand warf. Vector stützte sich auf der Platte ab und wischte sich den Schweiß von der Stirn. Ein Grinsen lag auf seinen Lippen. Er hatte gewonnen. Es war nur ein Punkt, doch er hatte gewonnen.

Erschöpft ließ er sich auf den Stuhl sinken. Sein Yutaka saß inzwischen so locker, dass er ihm von einer Schulter rutschte. Vector zog den Stoff wieder hoch und band den Gürtel neu.

„Ich wusste gar nicht, dass du so ein guter Spieler bist.“

Vector schenkte Alit nur einen kurzen Blick, während er seine Hand mehrmals zu einer Faust ballte und wieder öffnete. „Ich stecke voller Talente.“ Als er zu Yuuma sah, wandte dieser den Blick ab, obwohl er ihn zuvor noch angestarrt hatte. Vector seufzte frustriert. Er hatte zwar Nasch geschlagen, aber er freute sich nicht wirklich drüber. „Ich geh ins Bett“, murmelte er. Nicht, dass es irgendwen interessierte.
 

Anstatt jedoch ins Zimmer zu gehen, schlich sich Vector in die Küche und den Vorratsraum. Niemand würde eine Flasche Sake vermissen.

Vector ließ sich auf ihrem Balkon nieder. Es war zwar kalt, doch der Boden war trotzdem warm, weil fast genau darunter die heiße Quelle lag. Vector sah die Dämpfe aufsteigen. Er saß im Schatten neben der Tür, schenkte sich Sake ein und trank es mit wenigen Schlucken leer. Das Zeug schmeckte scheußlich, aber er musste nehmen, was er kriegen konnte. Er versuchte nicht darüber nachzudenken, was heute passiert war.

Als er sich ein zweites Glas einschenken wollte, hörte er wie die Zimmertür geöffnet wurde. Er füllte das Glas bis zum Rand und stellte die Flasche ab, gerade als Yuuma auf den Balkon trat und sich neben ihn setzte.

„Krieg ich einen Schluck?“

Wortlos hielt Vector ihm das Glas hin.

Yuuma trank, verzog das Gesicht und schauderte, dann gab er das Glas an Vector zurück, welcher ebenfalls einen Schluck daraus nahm.

Yuuma nestelte am Saum seines Yutaka. „Wegen vorhin...“

Vector nahm noch einen Schluck. Sake war einfach nicht hart genug für die momentane Situation.

„Das muss dir nicht peinlich sein.“ Vector verschluckte sich fast. „Das passiert jedem mal.“ Er starrte Yuuma an. „Ist mir auch schon passiert.“ Yuuma lachte verlegen und kratzte sich an der Wange.

Vector war sprachlos. Er hatte nicht die geringste Ahnung, was er dazu sagen sollte, deshalb trank er das Glas leer und schenkte nochmal nach.

„Ich erzähl’s auch keinem und ich bin sicher, Alit sagt auch nichts.“

Vector schnaubte. „Dafür hab ich schon gesorgt.“

„Das bleibt unser Geheimnis.“ Yuuma grinste und beugte sich leicht vor. Sein Yutaka rutschte von einer Schulter und Vector schluckte. Nicht schon wieder.

Yuuma zog sich den Stoff wieder hoch. „Die Dinger sitzen aber auch immer zu locker.“

„Das ist nur, weil du keine vernünftigen Knoten binden kannst.“

„Verleumdung!“

„Ach, und warum hast du dann nur Schuhe mit Klettverschluss?“ Vector grinste und trank einen Schluck.

Yuuma blies die Backen auf und drehte beleidigt den Kopf weg.

Vector lachte leise. Er war erleichtert, dass Yuuma ihn doch nicht mied. Glück gehabt.

„Gib mir auch noch was ab.“ Yuuma streckte die Hand nach dem Glas ab.

„Das schmeckt dir doch gar nicht.“

„Dir auch nicht“, erwiderte Yuuma und trank das Glas mit drei kurzen Schlucken leer. Er schüttelte sich und verzog das Gesicht.

„Aber ich stell mich zumindest nicht so an.“ Vector tippte Yuuma gegen die Nase und der grinste wieder.

„Heute ist gar kein Mond da“, stellte Yuuma fest.

„Dafür sieht man die Sterne besser.“

„Stimmt.“ Yuuma richtete seinen Blick nach oben.

„Wir schauen ziemlich oft zusammen die Sterne an.“ Vector stellte das leere Glas zur Seite. Sie hatten genug Alkohol für heute gehabt.

Yuuma sah ihn wieder an. „Ist das schlimm?“

„Nein.“ Vector schüttelte den Kopf um seine Worte zu unterstreichen. „Ich mach das gerne mit dir.“

Yuuma lächelte. „Ich auch!“ Er legte seine Hand auf Vectors.

Vectors Herz schlug hart gegen seine Brust. War jetzt der richtige Zeitpunkt für ein Geständnis? Er öffnete den Mund, doch genau in diesem Moment wurde die Zimmertür geöffnet und Nasch, IV und III kamen herein. IV redete dabei ohne Punkt und Komma. Yuuma nahm schnell seine Hand weg und Vector verdrehte die Augen. Es wäre auch zu schön gewesen.

This ain’t a scene, it’s a goddamn paintball game

Vector verdrehte die Augen, als sich Alit auf den freien Platz neben ihm fallen ließ. Das konnte ja nichts Gutes bedeuten. Er ahnte auch schon worum es ging. Vector sah kurz zu Yuuma, doch der war damit beschäftigt mit Tetsuo über die neu veröffentlichten Karten zu diskutieren. Außerdem ging das Gerücht um, dass es einen neuen World Duel Carnival geben würde und Yuuma war deswegen komplett aus dem Häuschen.

„Also, dann erzähl mal.“ Alit grinste breit.

Es wunderte Vector sowieso, dass er so lange damit gewartet hatte ihn zu fragen. Er glaubte kaum, dass er ihn damals so sehr eingeschüchtert hatte, dass er es erst jetzt wagte.

„Ich weiß nicht, was du meinst.“

„Ach komm schon, Vector.“ Alit stieß seine Schulter gegen Vectors. „Du und Yuuma, was läuft zwischen euch?“

„Wir sind Freunde“, antwortete Vector wahrheitsgemäß. Seit ihrem Besuch an den heißen Quellen hatte sich nichts verändert. Yuuma behandelte ihn wie einen normalen Freund und Vector war frustriert.

„Unmöglich! Nach der Sache? Und ihr wart danach ewig allein!“

Vector zuckte nur mit den Schultern. Es wäre ihm selbst auch lieber, wenn es anders gelaufen wäre.

„Ob das noch je was wird mit euch zwei?“

Vector schnaubte. Im Leben nicht.
 

Vector sah nach oben und schirmte seine Augen mit der Hand ab. Endlich war dieser verdammte Winter vorbei und es wurde wieder warm.

„Puuuuh.“ Yuuma zog seine Jacke aus und hängte sie sich über die Schulter. „Ist das warm.“

„Verkühl dich nicht, es ist immer noch frisch.“

„Du klingst schon wie Kotori.“

„Dann muss ich ja recht haben“, erwiderte Vector schmunzelnd.

Yuuma streckte ihm die Zunge raus. Es hatte sich nicht viel verändert in den letzten Wochen. Yuuma und er waren immer noch nur Freunde, sie unternahmen Sachen mit den anderen und beobachteten die Sterne, wenn es sich ergab. In diesen Situationen schaffte es Yuuma immer wieder, das Vector fast das Herz aus der Brust sprang und er an der ganzen Freundschaftsgeschichte zweifelte, doch gestanden hatte er Yuuma immer noch nicht, dass er in ihn verliebt war.
 

„Denkst du, sie werden bald den neuen WDC ankündigen?“, fragte Yuuma, als die das Schulgebäude betraten.

Ah, sein Lieblingsthema. Vector zuckte mit den Schultern. „Ich weiß nicht, es deutet aber auch nichts drauf hin, dass es wieder einen geben wird.“

Yuuma sah enttäuscht aus. „Aber es gab so lange kein neues Turnier!“

„Letztes Jahr?“

„Sieht du! Viel zu lange her! Außerdem“, er grinste und straffte die Schultern, „muss ich doch meinen Titel verteidigen.“

„Gegen dich hat doch sowieso niemand eine Chance.“

Yuuma kniff die Augen zusammen. „Machst du dich über mich lustig?“

Vector hob abwehrend die Hände. „Ich doch nicht.“ Er grinste.
 

Yuuma hatte sich gerade auf seinen Platz gesetzt und redete immer noch über einen neuen World Duel Carnival, als ihre Mitschüler anfingen zu murmeln. Vector sah auf. Merag stand für einen Moment an der Tür und kam anschließend auf sie zu. Jeder wich ihr ehrfürchtig aus und Vector verdrehte die Augen. Sie war sowas wie die Königin der Schule und er fand das mehr als nur lächerlich. Um das Geschwisterpaar wurde einfach zu viel Trara gemacht.

Sie drückte Vector fast einen Flyer ins Gesicht, sodass der einen Schritt zurücktreten musste. „Paintball!“, sagte sie herrisch.

Vector hob die Augenbrauen. „Was?“

Sie knallte den Flyer vor Yuuma auf den Tisch und wiederholte ihr „Paintball“.

„Was ist das?“, fragte Yuuma und sah sich den Flyer genauer an.

„Man schießt mit Farbpatronen auf andere Menschen“, erklärte Takashi.

„Häh?“

„So was wie Duelle nur mit Gewehren.“

„Oh!“

„Und warum kommst du damit zu uns?“, wollte Vector wissen.

„Weil ich spielen will, aber Ryouga nicht mitkommen will.“

„Ist das überhaupt was für dich?“ Das Grinsen verging Vector, als Merag ihn am Kragen packte.

„Sei still, Freundchen oder du wirst es bereuen.“

„Ich zittere.“

Merag ließ ihn wieder los. „Ich will, dass du mitspielst.“

Überrascht hob Vector die Augenbrauen. „Ich?“

„Ja du! Weil wenn du mitspielst, dann wird Ryouga es auch tun.“

„Wieso sollte ich?“

„Das klingt doch lustig!“, mischte sich Yuuma ein. Konnte er endlich aufhören von allem immer so begeistert zu sein? „Und wir haben schon seit ner Weile nichts mehr zusammen gemacht.“

Merag sah von Yuuma wieder zu Vector.

Vector seufzte. „Na gut, okay, lasst uns Paintball spielen.“
 

Vector musterte Merag, die in kompletter Tarnkluft vor ihnen stand. Ihre Haare waren zu einem Zopf gebunden. Er hatte sich zwar selbst auch etwas bedeckter angezogen, aber sie übertrieb es völlig. Nasch stand etwas abseits und sah wenig begeistert aus, was allgemein ja nichts Neues war. Er war ja sowieso nur hier, weil er sich darauf freute Vector abknallen zu können.

„Also gut“, Merag sah durch die Runde, „wir bilden zwei Teams.“

„Ich will in Vectors Team“, sagte Yuuma, zur Überraschung aller, sofort.

„Ich auch“, schloss dich Alit an und hob die Hand.

Auch Gilag und III zögerten nicht lange. Vector grinste. Seine Schießkünste auf dem Rummel hatten wohl ziemlichen Eindruck hinterlassen.

„Gut, dann wäre das auch geklärt.“

„Was?“, fauchte Nasch. „Du bist mit den Teams einverstanden?“ Natürlich passte es ihm nicht, dass Yuuma in Vectors Team war.

„Es macht keinen Unterschied.“ Merag zuckte mit den Schultern. „Ihr seid sowieso alle schlechter als ich.“

„Sie ist ziemlich von sich überzeugt“, flüsterte Mizael und Durbe nickte zustimmend.

Merag überging Mizaels Kommentar. „Dann los. Wir nehmen diese Base, ihr könnt die auf der anderen Seite haben.“ Sie sah auf die Uhr. „Wir fangen um Punkt eins an.“
 

„Ich bin so aufgeregt“, sagte Yuuma, als sie sich auf den Weg zu ihrem Startpunkt machten.

„Versuch auf keinen von uns zu schießen.“

„Mach ich doch gar nicht!“, erwiderte Yuuma empört. „Immer denkst du schlecht von mir.“

„Ich doch nicht.“ Vector grinste und rückte sich das rote Band um seinen Arm zurecht. „Kommt jeder mit seiner Waffe klar?“

Einstimmiges „Ja“ war die Antwort.

Während Alit, Gilag und er selbst Waffen im Maschinengewehrstil hatten, hatten Yuuma und III Pistolen.

„Kurze Taktikbesprechung...“

„Brauchen wir so was?“, fragte Alit und prüfte die Munition in seiner Tasche.

„Du nicht, ich weiß, du rennst Kopfvoran rein und lässt sich abknallen, weil du nicht aufpasst.“

Alit lachte. „Ja, so ungefähr.“

„Gut, dann wäre deine Aufgabe schon mal geklärt. Gilag“, Vector sah ihn an, „dich sehen sie wahrscheinlich eh sofort, weil du so groß bist.“

„Hmpf.“ Gilag verschränkte die Arme vor der Brust.

Vector sah zu Yuuma und III. „Ihr zwei haltet euch zurück. Die Pistolen haben eine kürzere Reichweite, deshalb ist es besser, wenn ihr aus dem Hinterhalt zuschlagt.“ Er schulterte sein Gewehr neu, als es ein Stück nach unten gerutscht war. „Merag ist wahrscheinlich am gefährlichsten. Sie scheint die ganze Sache ziemlich ernst zu nehmen, deshalb passt gut auf. Nasch könnt ihr ignorieren, der hat’s sowieso nur auf mich abgesehen.“ Und er auf ihn. Oh, wie sehr er sich darauf freute ihn wieder als Verlierer dastehen zu lassen.

„Was ist mit den anderen?“, wollte Yuuma wissen und spielte mit seiner Schutzbrille.

Vector zuckte nur mit den Schultern. „Camper wahrscheinlich, außer IV, den kann ich nicht einschätzen.“

„Was sind Camper?“

„Leute, die versteckt an einer Stelle auf der Lauer liegen und dann hinterhältig auf dich schießen“, erklärte Vector. „III, wie ist dein Bruder so?“

„Ich denke, er ist eher so Kopf voran, immerhin ist er sehr von sich überzeugt.“

Vector nickte. „Hab ich mir gedacht.“ Er sah auf die Uhr. „Gleich ist es eins, macht euch bereit. Yuuma, setz deine Brille auf.“

Ein Schuss war zu hören und Vector starrte auf den roten Fleck am Boden neben sich. Er drehte sich zu Yuuma um, der verlegen grinste.

„Sorry.“

„Ich hab’s dir gesagt, schieß nicht auf uns.“

„Es tut mir leiiiiiid.“

„Jaja, wir gehen rein! Passt auf euch auf und macht mir keine Schande.“
 

Vector trennte sich von den anderen und unterdrückte das Bedürfnis ein Auge auf Yuuma zu haben. Erst musste er Nasch aus dem Weg räumen, dann konnte er zurück zu Yuuma, falls der dann überhaupt noch im Spiel war.

Vector bewegte sich langsam über das Spielfeld und nutzte jede Deckung aus. Rechts von sich hörte er schon Schüsse fallen, also ging er nach links. Er wusste, das Nasch ihn suchte und er ging davon aus, dass er nicht campen würde. Das war nicht Naschs Stil. Er wollte ihn von Angesicht zu Angesicht erledigen.

Vector sah eine Bewegung aus den Augenwinkeln und ging hinter einem Fass in Deckung. Mizael hatte inzwischen seine Haare auch zusammengebunden, bewegte sich aber von Vector weg. Vector blieb noch einen Moment in seiner Deckung, dann schlich er weiter. Wo war Nasch?

Ein Schuss färbte den Baumstamm neben ihm blau. Vector hechtete zur Seite und fand Schutz hinter einem breiten Baum. Er linste aus seinem Versteck und ein Schuss knallte in den Boden vor ihm.

Vector knirschte mit den Zähnen. Durbe hockte auf einem Baum. Scheiß Camper. Machte er sich die Mühe und versuchte ihn runterzubekommen oder zog er sich lieber zurück?

Er suchte Nasch, er hatte keine Zeit für Durbe. Vector trat den Rückzug an, doch er kam nur ein paar Meter, als er Naschs Stimme hörte.

„Er gehört mir!“

Showtime!

Vector sorgte dafür, dass er aus Durbes Schussreichweite war bevor er sich Nasch stellte.

Er grinste. „Du und ich mal wieder.“

„Diesmal bist du dran!“, brüllte Nasch.

Vector ging hinter einem Baum in Deckung, als Nasch begann auf ihn zu schießen. Blaue Farbpatronen zerplatzten links und rechts neben Vector auf dem Boden. Vector wartete einfach ab. Es würde nicht mehr lange dauern, bis Nasch die Munition ausging, wenn er weiter wie so ein Idiot in den Boden schoss.

Als die Schüsse erstarben, kam Vector aus der Deckung und bereute es, als er das Grinsen auf Naschs Gesicht sah.

Shit.

Nasch schoss wieder auf ihn und Vector warf sich zur Seite. Er ächzte, als er gegen eine Wurzel prallte. Hastig krabbelte er hinter ein Fass. Das war ein schlauer Zug von Nasch gewesen, das musste Vector zugeben. So zu tun, als hätte er keine Munition mehr, gar nicht schlecht.

„Das kannst du ja am besten, nicht wahr Vector? Dich verstecken, wie ein feiger Hund.“

Vector biss sich auf die Unterlippe. Er durfte sich nicht von Nasch provozieren lassen.

„Aber Yuuma steht nicht auf Feiglinge.“

„Ach ja? Und warum hat er dann mich geküsst und nicht dich?“

„Was?“

Vector nutzte Naschs Überraschung und sprang auf, über das Fass hinweg und riss Nasch zu Boden. Der verlor dabei seine Waffe und bevor er wieder danach greifen konnte, wurde er schon von Vector festgenagelt.

Vector drückte ihm den Lauf seiner Waffe gegen die Stirn. Oh, wie schön wäre es, wenn das ein echtes Gewehr wäre. „Richtig gehört“, sagte er grinsend. „Ein Kuss auf die Lippen.“

„Lügner“, zischte Nasch.

„Es war an Weihnachten unter dem Mistelzweig. Sorry, aber du hast verloren.“

„Bastard!“ Nasch packte Vectors Fuß und zog daran, sodass dieser sein Gleichgewicht verlor. Vector schlug hart auf dem Rücken auf. Er keuchte.

Nasch zog seine Waffe wieder an sich und zielte auf Vector, bevor sich dieser von seinem Sturz erholt hatte.

„Shit“, fluchte Vector.

Nasch drückte ab... und nichts passierte.

Vector begann zu lachen. „Keine Munition mehr? Was für ein Pech.“ Vector drückte ab und traf Nasch mitten auf der Brust. Die Farbe spritzte ihm bis ins Gesicht.

Vector richtete sich auf und rieb sich das Steißbein. Das würde blaue Flecken geben. „Verloren“, flüsterte Vector. Er war sich bewusst, dass er gerade nur durch Glück gewonnen hatte, aber er konnte nicht wählerisch sein.

Nasch sah so aus, als würde er jeden Moment auf ihn losgehen wollen. „Das ist noch nicht vorbei“, grollte er.

„Es ist nie vorbei“, stimmte Vector zu.

„NASCH!“ Durbe kam angerannt und Vector verdrehte die Augen. Was für ein Idiot. Er traf Durbe an der Schulter und dieser blieb verwirrt stehen.

„Ihr seid solche Verlierer.“ Kopfschüttelnd ging Vector zurück.

„VECTOOOOOOR!“, rief Nasch ihm hinterher, doch Vector hatte keine Zeit mehr für ihn. Er musste Yuuma finden.
 

Er bewegte sich vorsichtig weiter. Noch wusste er nicht, wer von den anderen noch im Spiel war. Er hatte nicht viel Hoffnung in sein Team, wobei zumindest Alit noch der vielversprechendste war.

Vector entdeckte Yuuma hinter einem Busch sitzend, oder eher gesagt, er sah die Spikes seiner Haare zwischen den kleinen Ästen. Sehr gut, immerhin war er noch im Spiel. III oder einen der anderen konnte er nicht entdecken.

Er bog um die aufgestellten Holzplatten, die als zusätzliche Deckung dienten und trat damit in Yuumas Sichtfeld.

Ein roter Farbklecks zierte kurz darauf Vectors Bauch.

„Shingetsu!“, rief Yuuma überrascht, sah ihn an und dann auf die Waffe in seiner Hand.

„Yuuma...“

„Tut mir leid.“ Er blieb mit einem Fuß an einem Ast hängen und stolperte Vector entgegen. „Ich dachte, du wärst ein Feind.“

„Das hab ich gemerkt.“ Vector seufzte. Gut, das friendly fire nicht zählte. „Wo sind die anderen?“

„III und IV sind draußen, Alit und Gilag hab ich vo...“ Doch Yuuma kam nicht dazu seinen Satz zu Ende zu sprechen, denn Vector riss ihn zu Boden. Sie lagen im Gestrüpp des Buschs, Vector auf Yuuma, eine Hand auf dessen Mund gedrückt. Vector spähte durch die Blätter. Merag stand direkt über ihnen, doch sah in die andere Richtung. Vector hielt den Atem an. Wenn er doch nur an seine Waffe käme, doch er lag ungünstig. Wenn er sich bewegte, würde er am Ende nur Merag auf sie aufmerksam machen.

Schließlich ging Merag weiter, doch Vector wagte es erst nach ein paar Minuten sich wieder zu bewegen und das auch hauptsächlich nur, weil Yuuma es tat. Er nahm die Hand von Yuumas Mund und sah auf ihn hinunter, wurde sich jetzt erst bewusst, in was für einer Situation sie sich befanden. Yuumas Wangen waren gerötet und Vector merkte, wie seine eigenen zu brennen anfingen.

„Sorry“, murmelte er, richtete sich und half Yuuma wieder auf die Beine. „Also, was ist mit Alit und Gilag?“

„Die hab ich vorhin erst noch gesehen. Hast du Nasch gefunden?“

Vector nickte. „Hab ihn und Durbe ausgeschaltet.“

„Super!“, rief Yuuma und Vector legte ihm wieder die Hand auf den Mund.

„Leise. Merag könnte noch in der Nähe sein. Hast du noch genug Munition?“

„Jupp.“

„Gut, wir...“

Vector wurde von Alit unterbrochen, der auf sie zu rannte. „LAUFT!“, brüllte er bevor eine blaue Farbpatrone auf seinem Rücken zerplatzte. Alit fiel hin und streckte einen Arm nach ihnen aus. „Lauft...“

Vector nahm sich nicht mal die Zeit über Alits dramatischen Auftritt die Augen zu verdrehen, sondern packte Yuuma am Handgelenk und zog ihn mit sich. Verdammt, er war zu unvorsichtig geworden.

Ein Blick zurück verriet Vector, das ihr Gegner Mizael war. Gut, der sollte ja wohl zu schaffen sein. Hoffte er zumindest.
 

„Geh da in Deckung“, befahl er Yuuma und verschanzte sich mit ihm hinter einer Bretterwand. Vector lugte dahinter hervor, doch Mizael war nirgends zu sehen. Vector zog die Stirn kraus. Verdammt, wo war er? Hatten sie ihn abgeschüttelt?

Unwahrscheinlich.

„Bleib hier und pass auf.“ Vector wagte sich aus der Deckung. Wo war Mizael? Holte er Merag zur Verstärkung? Wenn Alit ausgeschaltet war, dann war es sicher auch Gilag, damit waren nur noch Yuuma und er im Spiel gegen Mizael und Merag. Na das konnte ja spaßig werden.

Adrenalin wurde durch Vectors Körper gepumpt und sein Herz raste, wie sonst nur in Yuumas Nähe. Er grinste. Er mochte dieses Gefühl von Nervenkitzel.

Vector hörte ein Geräusch rechts von sich und schoss, während er selbst hinter einem Baum Deckung suchte. Seine Patrone verpuffte jedoch im Nichts. Vector verengte die Augen. Irgendwas stimmte nicht...
 

„Shingetsu, Vorsicht!“ Bevor Vector reagieren konnte, stieß Yuuma ihn zur Seite und kassierte den Treffer für ihn. Vector riss seine Waffe herum und zielt auf Mizael, der bereit für den nächsten Schuss war.

Mit einem lauten Brüllen brach plötzlich Gilag zwischen den Bäumen hervor und sorgte dafür, dass Mizael sich umdrehte. Gilag und Mizael schossen aufeinander, doch nur Mizael traf. Vector nutzte die Gelegenheit und feuerte ebenfalls einen Schuss ab.

Die Farbe zerplatzte in Mizaels Haaren. Ups...

„VECTOOOR!“

Vector grinste schief. „Das war wirklich keine Absicht.“

„Ich bring dich um.“

„Hinten anstellen.“

„Vector...“

„Das lässt sich ganz leicht wieder auswaschen... denk ich.“ Er kniete sich neben Yuuma. „Bist du verletzt?“

„Ich bin getroffen“, antwortete Yuuma schmunzelnd.

„Ich weiß. Warum hast du das gemacht?“

Yuuma zuckte mit den Schultern. „Du bist doch der Beste von uns.“ Vector seufzte und wuschelte Yuuma durch die Haare. „Viel Glück noch.“ Für einen Moment dachte Vector Yuuma wollte ihn auf die Wange küssen, doch dann wandte dieser sich ab und ging mit Mizael und Gilag Richtung Ausgang. Mizael warf Vector noch einen letzten wütenden Blick zu, während er versuchte mit den Fingern die Farbe aus den Haaren zu bekommen, was jedoch nur dazu führte, dass er sie noch mehr verteilte.

„Nur noch du und ich, Merag“, rief Vector. „Nur noch du und ich“, wiederholte er etwas leiser und grinste.
 

Vectors Anspannung stieg, während er über das Spielfeld schlich. Er hatte die Waffe im Anschlag, bereit zu schießen, wenn er auch nur das kleinste Zeichen von Merag sah. War sie wirklich so gut, wie sie behauptete? Es fiel ihm schwer das zu glauben, aber er hielt ja auch grundsätzlich nicht viel von ihr.

Ein Schuss ging knapp an seinem Kopf vorbei und die Farbpatrone zerplatzte an einem Baum. Vector warf sich zur Seite, ging hinter einem Baum in Deckung. Er strich sich über die Wange. Das war verdammt knapp.

Er spähte aus seiner Deckung hervor, versuchte Merag zu entdecken. Vector kniff die Augen zusammen. Wo versteckte sie sich? Saß sie auf einem Baum? Das traute er ihr nicht zu.

Ein weiterer Schuss zischte knapp an Vectors Kopf vorbei und schlug im Boden ein. Vector sah nach links. Wie...?

Doch er hatte keine Zeit darüber nachzudenken, denn weitere Schüssen knallten ihm um die Ohren. Zumindest traf Merag nicht sonderlich gut.

Vector rannte im Zickzack zwischen den Bäumen hindurch bis er hinter einer Bretterwand Schutz fand. Er atmete schwer. Er hätte nicht gedacht, dass ihn Merag so ins Schwitzen bringen würde.

Er spähte um die Wand, das Gewehr bereit zum Schuss. Er lauerte. Irgendwann musste sie sich zeigen.

Die Farbpatrone zerplatzte an der Bretterwand direkt über seinem Kopf. Vector sah nach oben.

„Fuck!“

Er wechselte die Seite, schoss zweimal ohne wirklich ein Ziel zu haben. Wie macht sie das? Wie schnell konnte sie die Seiten wechseln? Und das ohne auch nur das geringste Geräusch zu machen? Vector knirschte mit den Zähnen. Er musste sie in offenes Gelände locken, sonst würde er die ganze Zeit nur weglaufen. Leider hatte das Spielfeld keine offene Fläche. Er sah zu den Bäumen. Es war nicht sein Stil auf Bäume zu klettern, aber anders würde er Merag wohl nie aus ihrer Deckung kriegen.

Vector setzte sich wieder in Bewegung. Erstmal musste er Abstand zwischen sie bringen, sonst würde er am Ende wie ein Tier in der Falle sitzen. Er biss sich auf die Unterlippe. Es gefiel ihm nicht der Gejagte zu sein.
 

Vector griff nach einem Ast, doch hielt in der Bewegung inne, als sich ein Messer gegen seine Kehler drückte. Was zum Teufel lief bei diesem Weib falsch?

„Hab ich dich“, flüsterte Merag und Vector lief es eiskalt den Rücken runter.

„Ich bin ziemlich sicher Messer sind nicht erlaubt.“

„Ist nur Plastik.“ Sie drückte es etwas stärker an Vectors Kehle und lachte.

Jetzt war sie komplett durchgedreht. Vector wurde herumgedreht und gegen den Baumstamm geschubst. Merag drückte ihm ihr Gewehr gegen die Brust. Da konnte selbst sie nicht verfehlen.

„Lass fallen.“ Vectors Gewehr fiel auf den Boden. „Braver Junge.“ Sie grinste und das Funkeln in ihren Augen beunruhigte sogar Vector. Sie wanderte mit dem Lauf der Waffe nach oben bis unter Vectors Kinn. Vector legte den Kopf zurück. „Was soll ich jetzt nur mit dir machen?“

„Wie wär’s, wenn du abdrückst, damit wir gehen können?“, murrte Vector. Seine Situation gefiel ihm ganz und gar nicht. Wenn sie das auch noch Nasch erzählte... Er knurrte.

„Aber das wär doch langweilig.“ Ihr zuckersüßes Lächeln war noch unheimlicher als das Grinsen zuvor. Der Waffenlauf wanderte wieder nach unten, über seine Brust und seinen Bauch, bis sie knapp über dem Hüftknochen Druck darauf ausübte und ihn gegen Vectors Körper presste. Vector presste die Lippen aufeinander, doch trotzdem entkam ihm ein gequältes Wimmern als Merag abdrückte. Scheiße, tat das weh auf die kurze Entfernung. Er kassierte einen weiteren Treffer auf der anderen Seite und presste die Augenlider zusammen. Merag schoss ihm noch zweimal an derselben Stelle gegen die Rippen.

Vector ging in die Knie und weigerte sich beharrlich auch nur einen Laut von sich zu geben. Mit dem Fuß stieß Merag ihn zu Boden und stellte ihn dann auf seinen Kopf.

„Das ist dafür, dass du so ein Bastard bist“, zischte sie und schoss noch zweimal gegen seine Rippen. Erst dann ließ sich von ihm ab. „Verlierer.“

Vector setzte sich auf und lehnte sich gegen den Baumstamm. „Das war nicht schlecht, meinen Respekt.“

Merag drehte sich noch mal zu ihm um. „Damit sind wir Quitt.“ Sie schulterte das Gewehr.

Vector hievte sich hoch und hob das Gewehr auf. Er zuckte zusammen, als sich Schmerz durch seinen Oberkörper zog. Das würde Blutergüsse geben.
 

Er folgte Merag mit ein paar Metern Abstand. Er hatte zwar verloren, aber es war irgendwie okay. Merag war ein guter Gegner gewesen, die ihm ganz deutlich überlegen war. Damit konnte er umgehen.

„Da seid ihr ja endlich!“ Yuuma kam ihnen entgegen. „Oh Shingetsu, du bist ja voller Farbe.“

Vector seufzte. „Ja, ich hab verloren.“ Er zuckte mit den Schultern.

„Nein“, widersprach Yuuma. „Wir haben verloren.“ Er grinste, doch plötzlich verfinsterte sich seine Miene. „Du blutest ja!“

„Was?“

„Am Hals.“

Vector berührte seinen Hals und spürte das getrocknete Blut und einen kleinen Schnitt. Er sah zu Merag. „Ich dachte, es war aus Plastik!“

Mit einem breiten Grinsen zog Merag das Messer aus der Tasche. Das Plastik war scharf geschliffen.

Vector starrte sie an. Und man nannte ihn einen Psychopathen.

Yuumawittchen und die sieben Barian

Vector schob sein Shirt nach oben und betrachtete den dunklen Fleck über seinen Rippen. „Fuck, au“, murrte er, als er drauf drückte. Hatte sie wirklich viermal auf dieselbe Stelle schießen müssen? Merag war wirklich komplett durchgeknallt. Er sah aus, als hätte er innere Blutungen. In einer anderen Situation hätte er das vielleicht genossen, aber so eher nicht. Er konnte sich kaum nach links beugen, ohne dass es wehtat.

Grummelnd zog Vector das Shirt wieder nach unten. Er rechnete Merag aber an, dass sie Nasch nichts erzählt hatte. Zumindest hatte er ihn bisher nicht damit aufgezogen. Er hatte noch nicht einmal einen dummen Spruch bekommen, weil er gegen Merag verloren hatte. Wahrscheinlich hatte Nasch immer noch nicht verarbeitet, dass er ihm gesagt hatte, dass Yuuma ihn geküsst hatte. Darüber würde er niemals hinwegkommen.

Vector grinste. Und er würde niemals den Ausdruck auf Naschs Gesicht vergessen. Unbezahlbar.

Vector streckte sich auf der Matratze aus und seufzte zufrieden. Es tat gut, einfach mal nichts zu tun, wobei er auch nichts dagegen hätte, etwas Gesellschaft zu haben.

Es klingelte an der Tür und Vector setzte sich wieder auf. Wirklich? Wer kam ihn denn besuchen?
 

Es war Merag, die vor der Tür stand. Mit Gesellschaft hatte er eigentlich Yuuma gemeint. Woher wusste sie überhaupt, wo er wohnte?

„Was willst du?“

„So begrüßt man keine Gäste.“

Vector hatte das Bedürfnis ihr einfach die Tür vor der Nase zuzuschlagen. „Du bist nicht mein Gast.“

„Ich brauche deine Hilfe.“

„Das letzte Mal, als ich dir geholfen hab, hat mir dass das hier eingebracht.“ Er zog sein Shirt nach oben.

„Oh, sehr hübsche Farbe. Darf ich anfassen?“ Sie streckte schon ihren Finger aus, doch Vector zog sein Shirt wieder nach unten und drehte sich leicht von ihr weg. Was lief falsch bei ihr?

„Also, was willst du?“

„Wie du weißt, bin ich im Theaterclub.“ Vector zuckte mit den Schultern. Woher sollte er das wissen und wieso sollte es ihn interessieren? „Wir wollen ein Stück aufführen, doch mit den kommenden Abschlussprüfungen fallen uns jede Menge Leute weg, also such ich Ersatz.“

„Und?“

„Du sollst in dem Stück mitspielen.“

Vector prustete. „Sicher nicht.“

„Du stehst doch auf Yuuma, nicht wahr?“

Vectors Lachen erstarb. „Wer sagt das?“ Wenn Alit auch nur ein Wort gesagt hatte, dann würde er ihn umbringen. Langsam und schmerzvoll. Wer wusste noch davon? Durbe? Mizael? Wahrscheinlich jeder außer Yuuma.

„Jetzt lass mich endlich rein.“ Sie schob Vector zur Seite und sah sich um. „Nicht sehr einladend.“

„Dann verpiss dich wieder“, knurrte Vector, doch als Merag keine Anstalten machte wieder zu gehen, schloss er die Haustür. Womit hatte er das verdient?

„Sei doch nicht gleich so griesgrämig, nur weil ich gesagt hab, dass du auf Yuuma stehst.“ Sie schien darüber nachzudenken sich hinzusetzen, ließ es dann aber doch bleiben. „Es ist ziemlich offensichtlich. Außerdem beschwert sich Ryouga alle fünf Sekunden darüber. Er kennt nur zwei Themen: dich und Yuuma und meistens ist das auch nur ein Thema.“ Sie seufzte dramatisch. „Aber um auf das Theaterstück zurück zu kommen“, sie sah Vector an, „Yuuma hat schon zugesagt und wenn du es auch tust, dann sorg ich dafür, dass du ihn küssen kannst.“

Vector hob die Augenbrauen. Er war ganz Ohr. „Ach?“

„Wir spielen Schneewittchen und in einer Szene küsst der Prinz Schneewittchen.“

„Und Yuuma spielt Schneewittchen?“

„Ja!“

„Weiß er das schon??“

„Details, Details.“ Merag wedelte unwirsch mit der Hand in der Luft.

„Also nein.“

„Bist du jetzt dabei, oder nicht? Sonst geb ich Ryouga die Rolle des Prinzen.“

Vector seufzte. Er wusste jetzt schon, dass er das bereuen würde. So sehr. Aber er konnte nicht zulassen, dass Nasch auch nur in die Nähe von Yuumas Lippen kam. „Ja, gut, okay, bin dabei.“ Er bereute es jetzt schon.
 

„Hat jeder ein Drehbuch? Gut.“

Vector blätterte lustlos durch das Drehbuch. Wenn er wirklich den Prinz spielte, dann hatte er sowieso nicht viel zu sagen. Er sah sich um. Merag hatte wirklich wieder jeden irgendwie rumgekriegt bei ihrem Unsinn mitzumachen.

„Nun zur Rollenverteilung, Yuuma ist Schneewittchen.“

„Waaaas? Wieso ich?“

„Weil du einfach der Süßeste von uns bist.“

„Ich bin sicher III ist süßer!“

„Aber Schneewittchens Haaren waren schwarz, nicht rosa!“

„Aber meine sind Blau!“, widersprach Yuuma. „Und warum macht das kein Mädchen?“

„Siehst du hier irgendwelche Mädchen?“

Yuuma starrte Merag an, erwiderte nichts, sondern starrte sie einfach nur an. Vector schmunzelte. Es war zu köstlich den beiden zuzusehen.

„Dich?“, sagte Yuuma nach einer Weile.

Merag warf ihre Haare zurück. „Ich spiele die böse Königin.“

Vector prustete.

„Hast du irgendwas zu sagen?“, fauchte Merag ihn an.

„Nein, nein.“ Er grinste jedoch weiter. Ja, die Rolle passte wirklich zu ihr.

„Gut, dann haben wir das ja geklärt.“

„Aber...“ Yuuma begann weiter sich über seine Rolle zu beschweren, aber Merag ignorierte ihn einfach.

„Vector spielt den Prinzen.“

Yuuma verstummte, dafür begann jeder andere sich zu beschweren.

„VECTOR?“

„Wieso Vector?

„Ich mach einen viel besseren Prinzen!“

Jeder redete durcheinander. Merag drehte das Drehbuch zusammen und ließ es auf den Tisch krachen. „Fresse halten!“

Sofort verstummten alle. „Mein Stück, meine Entscheidung.“

„Ich bin dein Bruder“, zischte Nasch, „und du gibst IHM die Rolle?!“ Er zeigte auf Vector, seine Hand zitterte dabei.

„Ja“, war Merags knappe Antwort.

„Wie kannst du nur?“

„Es ist mein Stück. Du kannst dafür der Jäger sein.“

Nasch bebte vor Wut. Er sah Vector an, als gab er ihm die Schuld an allem. Ausnahmsweise war er nicht schuld. Es war alles Merags‘ Idee gewesen. Er verstand selbst immer noch nicht, warum sie das tat und nicht ihren Bruder unterstützte. Aber beschweren würde er sich auch nicht.

„Ich mach einen viel besseren Prinzen!“, mischte sich jetzt auch Alit ein und hatte von-wo-auch-immer eine Rose herbeigezaubert. Er kniete sich vor Yuuma und hielt ihm die Rose hin. „Findest du nicht auch Yuuma, mein Engel?“

„Nein!“, fuhr Merag ihn an.

„Und wieso sollte ich nicht der Prinz sein?“ IV trat vor. „Ich bin ja wohl der Eleganteste von allen.“

„Du bist ein Zwerg.“

IV presste die Lippen aufeinander.

„Also, ich habe gerade wirklich keine Lust mehr auf das Stück.“ Mizael strich sich die Haare zurück. „Wir sollten uns wirklich für die Prüfungen vorbereiten. Komm Durbe.“ Sie wandten sich zu gehen.

„Okay, okay.“ Merag sah mehr als nur genervt aus. „Wenn wir den Zufall entscheiden lassen, wer welche Rolle bekommt, sind dann alle zufrieden?“

Einen Moment herrschte Stille.

„Na gut okay.“

„Bin einverstanden.“

„Klingt fair.“

„Gut, gebt mir einen Moment.“
 

Als Merag zurückkam hatte sie Holzstäbchen in der Hand. „Drei der Stäbe sind farblich markiert. Rot ist Schneewittchen, blau ist der Prinz und grün ist der Jäger. Die ohne Farbe stehen für Zwerge. Ich will kein Murren und Meckern hören. Jeder hat sich mit seiner Rolle abzufinden, verstanden?“

Allgemeine Zustimmung.

„Ich will als erstes!“, rief Yuuma und hatte auch schon seine Finger an den Stäbchen. Er zog eins davon schwungvoll heraus. Rot.

„Herzlichen Glückwunsch, du bist Schneewittchen“, trällerte Merag gut gelaunt.

Yuuma seufzte und ließ den Kopf hängen. Vector spannte sich an. Jetzt konnte jeder der Prinz werden, selbst Nasch. Er knirschte mit den Zähnen. So war das nicht abgemacht gewesen.

Alit, Gilag, III und IV zogen Stäbchen ohne Farbe. Vector kaute auf seiner Unterlippe. Er musste ziehen. Ob Merag ihm einen Hinweis gab, wenn er es tat? Aber woher sollte sie wissen, welcher der blaue war, wo inzwischen schon alle mehrmals verrutscht waren?

Vector stand auf, doch Nasch kam ihm zuvor. Er konnte wohl auch nicht länger warten. Shit. Wenn er jetzt den Prinzen zog, würde Vector ihn umbringen. Er würde nicht zulassen, dass er Yuuma küsste.

Doch Naschs Stäbchen war grün. Er warf es frustriert auf den Boden und verschränkte die Arme vor der Brust. Vector atmete erleichtert aus. Alle, nur nicht Nasch.

Als auch Durbe, Mizael und Tetsuo gezogen hatten, schnipste Merag das letzte Stäbchen in Vectors Richtung. Der fing es eher aus Reflex. Er starrte die blaue Spitze an.

Er war der Prinz!

„Hättet ihr gleich auf mich gehört, hätten wir uns den ganzen Zirkus sparen können.“ Merag sah auf die Uhr. „Jetzt ist es zu spät noch anzufangen. Wir treffen uns morgen nach dem Unterricht hier. Wehe, ihr kommt nicht!“
 

„Wie hast du das gemacht?“, fragte Vector, als die anderen weg waren.

Merag lächelte. „Ich weiß nicht, was du meinst.“

„Du hast doch geschummelt.“

„Ich halte nur meine Versprechen.“ Sie zuckte mit den Schultern.

„Warum hilfst du mir?“

„Ich helf nicht dir, versteh mich nicht falsch“, begann Merag zu erklären. „Ich helfe einem Freund und das kann ich nicht, solange Ryouga von Yuuma besessen ist.“

Vector hob die Augenbrauen. Oho, also war an der Sache Durbe und Nasch doch noch was dran. Ob er Merag die Fotos mit Mizael zeigen sollte? Lieber nicht, am Ende überlegte sie es sich noch anders.

„Außerdem geht er mir wirklich auf die Nerven. Yuuma hier, Yuuma da. Buhu Vector ist so doof.“ Sie verdrehte die Augen. „Er braucht einfach mal einen guten Fick, das würde ihn entspannen.“

Vector starrte sie an. Hatte sie das grad wirklich gesagt? „Ich... muss gehen.“ Das war mehr, als er je wissen wollte und jetzt hatte er auch noch Bilder im Kopf. Danke, Merag.
 

Vector gähnte und rutschte tiefer in seinen Stuhl. Es war schon der zweite Tag an dem er nichts tat, außer den anderen dabei zuzusehen, wie sie ihren Text vergaßen oder anderweitig versagten. Er hatte nichts zu tun, aber Merag bestand darauf, dass er bei den Proben dabei war. Was für eine tolle Zeitverschwendung. Und wenn er noch einem „Cut“ hörte...

„Cut!“

Vector verdrehte die Augen. Das schien ihr Lieblingswort zu sein. Er konnte es nicht mehr hören.

„Als nächstes die Szene mit dem Prinzen.“

Der Prinz, oh su... er war der Prinz! Vector sprang von seinem Platz auf und fiel fast wieder hin, weil ihm das Bein eingeschlafen war. Etwas schwerfällig kam er die Bühne hoch.

„Endlich“, murrte er.

„Yuuma, leg dich auf den Tisch und stell dich tot. Vector, du daneben, los, los!“, wies sie die beiden an. „Und Action!“
 

„Lasst mir den Sarg, ich will euch geben, was ihr dafür haben wollt“, sagte Vector seinen Text eher gelangweilt auf.“

„CUT!“

„Was?“

„Streng dich gefälligst an!“

„Jaja.“

„Action!“

Vector räusperte sich. „Lasst mir den Sarg, ich will euch geben, was ihr dafür haben wollt.“ Diesmal unterbrach Merag ihn nicht.

Es war Gilag, der sprach: „Wir geben ihn nicht um alles Gold in der Welt.“

Vector fand es lächerlich, das Gilag als „Zwerg“ ungefähr doppelt so groß war wie er selbst. „So schenkt mir ihn, denn ich kann nicht leben, ohne Schneewittchen zu sehen, ich will es ehren und hochachten wie mein Liebstes.“

Wer hatte diesen hochgestochenen Text geschrieben? Das klang ja zum Kotzen.

„Sobald wir die Requisiten haben, nimmst du an der Stelle den Deckel vom Sarg.“

„Erstick ich da nicht?“, fragte Yuuma entsetzt und setzte sich mit einem Ruck auf, dabei stieß er fast mit Vector zusammen.

„Nein, und jetzt leg dich wieder hin, du bist tot! Kussszene!“

„Muss das sein?“, knurrte Nasch, doch Merag ignorierte ihn.

„Action!“

Vector sah auf Yuuma hinunter und schluckte. Das war’s. Er würde ihn küssen. Nochmal. Shit, er sollte nicht so nervös sein. Langsam beugte sich Vector nach unten. Sein Herz raste. Gleich...

„Ist das nicht total nekrophil?“, fragte Vector und richtete sich wieder auf.

„Cut!“, rief Merag total genervt. „Yuuma lebt doch.“

„Ich meine auch das Märchen. Die ist doch tot, verrottet schon seit ein paar Tagen und dann kommt so ein Kerl und küsst sie? Klingt ziemlich nekro für mich.“

Merag verdrehte die Augen. „Ja, ist es, zufrieden? Nochmal! Action!“

Langsam näherte sich Vector Yuumas Lippen und begann die Augen zu schließen. Doch Yuuma begann zu kichern und Vector richtete sich wieder auf.

„Cut!“

„Tut mir leid“, lachte Yuuma. „Das ist voll anstrengend so lange ruhig zu liegen.“

„Nochmal!“

Yuuma legte sich wieder hin und Vector beugte sich erneut über ihn. Wieso war er nur so nervös? Es war ein Kuss. Nur ein Kuss. Er würde Yuuma küssen. Und jeder sah dabei zu. Er stoppte vor Yuumas Lippen und richtete sich wieder auf. „Müsst ihr alle zuschauen?“

„Vector!“ Merag drückte das Drehbuch zusammen. „Dir werden hunderte Menschen dabei zuschauen.“ Sie seufzte und sah auf die Uhr. „Na gut, es ist spät, wir machen übermorgen weiter. Mit dem Kuss!“ Sie zeigte mit dem Drehbuch auf Vector. „Und dann würgt Yuuma das Apfelstück wieder raus.“

„Ich würd auch kotzen, wenn Vector mich küsst“, murmelte Nasch.
 

Es war schon dunkel, als Vector nach draußen ging. Er ärgerte sich über sich selbst. Warum hatte er Yuuma nicht geküsst? Warum war er nur so dumm? Warum stellte er sich so an? Aber irgendwie konnte er Yuuma nicht küssen, wenn alle sie anstarrten, das war irgendwie... er konnte es nicht erklären. Und vielleicht könnte er vernünftig darüber nachdenken, wenn sein Herz nicht so schnell schlagen würde.

„Shingetsu?“

Vector sah auf und sein Herzschlag wurde nicht langsamer, als er Yuumas Lächeln sah.

„Hast du auf mich gewartet?“

Yuuma nickte. „Bist du nervös?“

„Wegen was?“

„Na, dem Stück!“

„Nicht wirklich.“ Nur der Kuss machte ihn nervös. Das reichte schon.

„Ich schon. Ich vergess bestimmt meinen Text, oder so.“ Er lachte.

„Wahrscheinlich.“

„Danke, dass du an mich glaubst.“ Yuuma streckte ihm die Zunge raus.

Vector schmunzelte und sie schwiegen eine Weile, bis Yuuma wieder das Wort ergriff: „Bist du nervös wegen des Kusses?“

Hatte er ihn das gerade wirklich gefragt? Ausgerechnet Yuuma sprach ihn darauf an?

„Musst du nicht“, redete Yuuma weiter, nachdem Vector stumm blieb. „Ist ganz leicht, einfach...“ Er küsste seine Hand. „Oder so wie an Weihnachten.“

„Ich werd’s versuchen.“ Gut, dass es dunkel war und Yuuma nicht sehen konnte, wie hochrot sein Kopf war. Es war nicht fair, dass er so schnell rot wurde.

„Wir können üben.“

Vector blieb stehen. „Was?“

Yuuma drehte sich zu ihm um. „Den Kuss.“ Er verschränkte die Arme hinter dem Kopf. „Vielleicht bist du dann nicht mehr so nervös.“

„Okay.“ Hätte er jetzt Nein gesagt, dann hätte er sich vom Heartland Tower geworfen. Passierte das gerade wirklich? Innerlich flippte er aus. Yuuma würde noch sein Tod sein. Und dieses Lächeln.
 

Vector schluckte. Er war bei Yuuma Zuhause und dieser saß vor ihm auf dem Bett, das Drehbuch an der Stelle aufgeschlagen, an der sie sich küssen würden.

„Am besten sagst du einfach deine Sätze auf, dann kriegst du ein besseres Gefühl dafür.“ Er lächelte und legte sich dann hin. „Ich les den Zwergenteil.“

„Lasst mir den Sarg, ich will euch geben, was ihr dafür haben wollt.“

Yuuma setzte sich auf. „Merag hätte jetzt wieder ‚Cut‘ geschrien.“

„Sie mag das Wort.“

Yuuma lachte. „Ja, hab ich mir auch schon gedacht. Also, jetzt nochmal vernünftig.“ Er legte sich wieder hin und Vector wiederholte seinen Satz. Sie spielten die kurze Szene durch bis der Kuss kam.

Vector leckte sich über die Lippen. Yuuma erlaubte ihm wirklich, dass er ihn küsste. War er wirklich so naiv oder war es doch mehr? Er schloss die Augen, als er Yuuma küsste. Er ballte die Hände zu Fäusten um das Zittern zu unterdrücken. Wie lange sollte er Yuuma küssen? Denn er wollte nie wieder damit aufhören.
 

Nur langsam löste sich Vector wieder von Yuuma. Sein Herz schlug so heftig gegen seine Brust, dass er sicher war, dass man es sehen konnte. Sein Kopf war wie leer gefegt.

„Siehst du, das war doch gar nicht so schwer.“ Yuuma lächelte ihn an. „Jetzt hat zwar niemand zugesehen, aber wenn wir das noch ein paar Mal machen, dann kommt das ganz von selbst. Oder du stellst dir einfach vor, wir sind bei mir.“

Vector nickte nur. Sein Hals war wie ausgetrocknet. Noch ein paar Mal machen? Yuuma noch öfter küssen? Shit, er kam sich vor wie ein Vollidiot. Er war nicht mal in der Lage noch vernünftig zu denken.

„Also, nochmal, bis du dich sicher genug fühlst.“ Yuuma legte sich wieder hin und sie wiederholten ihre Sätze. Vector küsste Yuuma erneut. Sein ganzer Körper kribbelte und sein Magen zog sich angenehm zusammen. Er musste sich wirklich zusammenreißen, dass der Kuss nicht zu lange dauerte. Wenn er nur nicht so zittern würde...

Vector ließ sich zurücksinken und atmete tief durch.

„Alles in Ordnung?“

Vector nickte. „Ja, ja, mir geht’s gut.“ Auch wenn sein Herz gleich platzte und er sich vor Glück übergab. Er stand für immer in Merags Schuld.

„Willst du aufhören?“

„Nein“, sagte Vector schnell, etwas zu schnell. „Ich mein“, er setzte ein Lächeln auf, „einmal noch, okay?“

„Klar.“

Als Vector Yuuma diesmal küsste, strich er ihm nebenbei über die Wange und langsam hinunter zu seinem Hals. Er tat es nicht bewusst, es passierte einfach. Der Kuss dauerte auch länger, als die beiden davor. Er wollte nicht aufhören. Wieso konnten sie nicht zusammen sein? Es frustrierte ihn so sehr.

Widerwillig löste sich Vector von Yuuma, doch nur ein Stück. Yuumas Lippen waren leicht geöffnet. Er wollte ihn wieder küssen. Er wollte mit ihm auf diesem Bett liegen und den ganzen Tag nichts anderes tun als ihn zu küssen. Kein Sex, nichts, nur Yuuma an sich drücken und küssen.

„Shingetsu“, flüsterte Yuuma, „du zittertest.“ Vector nickte langsam und ließ sich zurückfallen. „Geht’s dir nicht gut?“

„Doch, doch, mach dir keine Sorgen.“ Vector nahm mehrere tiefe Atemzüge. Das war so lächerlich.

„Wirklich?“

„Sag mal, Yuuma, magst du mich?“

Es dauerte einen Moment bis Yuuma antwortete. „Klar“, er lächelte, „du bist doch mein Freund.“

Vector lächelte ebenfalls, auch wenn ihm im Moment eher zum Heulen war. Natürlich, was hatte er für eine andere Antwort erwartet? Yuuma war eben doch nur naiv. „Danke, Yuuma.“ Er stand auf, auch wenn er noch etwas zittrig auf den Beinen war. „Du hast mir heute echt geholfen.“

Yuumas strahlte ihn an. „Immer gern.“

„So wird das Stück ja doch noch was.“

Yuumas Miene verfinsterte sich etwas. „Aber ich muss ein Kleid anziehen.“

Vector schmunzelte. „Siehst bestimmt wundervoll darin aus.“

Yuuma warf ein Kissen nach ihm.
 

„Wundervoll, sag ich doch“, sagte Vector grinsend und musterte Yuuma.

„Du bist so gemein!“ Yuuma verschränkte die Arme vor der Brust. Er trug das klassische Sehneewittchenkleid, das man auch im Disney-Film sah. Merag hatte ihm sogar eine Schleife ins Haar gebunden. „Ich komm mir so lächerlich vor.“

„Ach was, du siehst wirklich süß aus“, sagte Merag und zupfte an den Ärmeln von Yuumas Kleid.

„Ich bin nicht süß!“

„Jaja.“ Merag tätschelte seinen Kopf und Yuuma blies die Backen auf.

Vector beobachtete alles grinsend, doch dann fiel sein Blick auf Nasch, der mit verschränkten Armen an eine Wand gelehnt stand und finster dreinblickte. Er war nicht bei der Probe gewesen, als Yuuma und er sich geküsst hatten und auch bei der Generalprobe war er gegangen, nachdem er seinen Teil gespielt hatte.

Vector schmunzelte. Diesmal konnte er nicht weglaufen.

„Warum muss ich so einen blöden Bart tragen?“ Gilag kam aus der Umkleide. „Er juckt.“ Er zog an seinem falschen Bart.

Vector prustete und erntete einen bösen Blick von Gilag. Vector wandte sich ab und unterdrückte das Lachen. Gilag sah so lächerlich aus. Wer hatte nur die glorreiche Idee gehabt ihn einen Zwerg spielen zu lassen? Es war die beste Idee von allen gewesen.

„Ich bin ein bisschen aufgeregt“, flüsterte Yuuma und lehnte sich neben Vector an eine Kiste.

„Du schaffst das schon.“

„Aber was, wenn ich meinen Text vergesse? Rio bringt mich um.“

„Ich beschütz dich vor ihr.“

Zweifelnd sah Yuuma ihn an. „Beim Paintball hat sie dich ziemlich fertig gemacht.“

„Das ist wahr. Tja, dann bist du wohl auf dich allein gestellt. Viel Glück.“

„Shingetsu!“

Vector lachte. „Das klappt. Mach dir keine Sorgen.“

„Bist du noch nervös wegen dem Kuss?“

„Ein bisschen“, gab Vector zu. Zumindest hatte er das Zittern inzwischen unter Kontrolle.

„Ich auch“, sagte Yuuma so leise, das es Vector fast entgangen wäre.

„Wieso? Du liegst doch nur da.“

Yuuma zuckte mit den Schultern. Er schien noch etwas sagen zu wollen, doch da rief Merag nach ihm. Vector sah ihm hinterher. Heute würde das letzte Mal sein, dass er Yuuma küsste. Er fasste sich an die Lippen. Er musste diesen letzten Kuss richtig genießen, aber durfte es auch nicht übertreiben. Vector seufzte. Außer sie standen vielleicht noch einmal gemeinsam unter einem Mistelzweig.
 

Vector beobachtete das Stück vom Rand aus. Es lief gut und Yuuma hatte sich bisher nur einmal kurz mit dem Text verhaspelt. Gilag und Tetsuo sahen einfach zum schießen aus. Eine unpassendere Rolle als die von Zwergen hätte man ihnen nicht geben können.

Yuuma erstickte dramatisch an seinem Apfelstück und Vector straffte die Schultern. Gleich war er an der Reihe. Er zog seinen Umhang zurecht.

Wo kam das plötzliche Lampenfieber her?

„Vector“, flüsterte Merag, „du bist dran.“

Vector trat auf die Bühne und wurde im ersten Moment von den Scheinwerfern geblendet.

„Lasst mir den Sarg, ich will euch geben, was ihr dafür haben wollt“, sagte er seinen Text auf.

„Wir geben ihn nicht um alles Gold in der Welt“, erwiderte Gilag mit grimmiger Miene.

„So schenkt mir ihn, denn ich kann nicht leben, ohne Schneewittchen zu sehen, ich will es ehren und hochachten wie mein Liebstes.“

Er nahm den Deckel von Sarg ab und stellte ihn auf den Boden. Sein Herz schlug aufgeregt. Gut, dass er Dank den Scheinwerfern die Menge nicht sehen konnte. Das würde ihr letzter Kuss sein.

Sanft legte er seine Lippen auf Yuumas, genoss die Gefühle, die ihn durchströmten. Er liebte ihn so sehr, dass es wehtat, doch mehr als das, würde er nie von Yuuma bekommen. Er bewegte seine Lippen leicht, doch nicht für lange. Vector richtete sich wieder auf.

Das einzige gute war noch, dass er Yuuma für den Rest des Stücks im Arm halten konnte, doch Vector vermisste jetzt schon das Gefühl seiner Lippen.
 

„Das war so toll!“ Vector schloss seine Arme um Yuuma, als dieser ihm nach dem Stück um den Hals fiel. Er drückte dabei auf den blauen Fleck an seinen Rippen, doch Vector ließ sich nichts anmerken. „Ich hab mich nur einmal versprochen.“ Er strahlte über das ganze Gesicht.

„Ich bin so stolz auf dich.“ Vector grinste leicht. Warum war Yuuma nur so süß?

Yuuma ließ ihn los. „Hast du vielleicht noch Lust auf ne Pizza bei mir?“

„Willst du so rausgehen?“

Yuuma trug immer noch das Kleid. „Nein!“, erwiderte er entsetzt. „Ich geh mich gleich umziehen.“ Und schon rannte er zur Umkleide.

Vector setzte sich auf eine Kiste, während er wartete. Hoffentlich lud Yuuma nicht auch noch den Rest ein. Vector trommelte mit den Händen auf die Kiste und grinste, als er Nasch sah. Nasch sah aus, als wollte er ihm den Schädel einschlagen.

„Grins nicht so dumm“, fuhr Nasch ihn an und Vectors Grinsen wurde noch breiter.

„Sonst was?“, fragte er. Nasch antwortete nichts. Keine Überraschung. „Wie hat dir mein Kuss mit Yuuma gefallen?“

Nasch packte ihm am Kragen und holte mit der Faust aus. „Ich sollte dir die Fresse polieren.“

Vector sah zur Seite Richtung Umkleide. „Wie hoch ist die Chance das Yuuma rauskommt und sieht wie du mich schlägst? Und das ohne Grund? Der arme Shingetsu.“ Er setzte eine leidende Miene auf. „Vielleicht küsst er mich, damit’s besser wird.“

Naschs Hände zitterten, doch er ließ die Faust sinken und begnügte sich damit Vector zu schubsen.

Vector fiel fast von der Kiste. Er lachte leise. „Du bist und bleibst ein Verlierer.“

Wütend stampfte Nasch davon. Kurz darauf kam Yuuma aus der Umkleide.

„Fertig?“, fragte Vector und rutschte von der Kiste.

„Fertig und einen Riesenhunger auf Pizza.“

Vector war frustriert, das Yuuma in ihm nur einen Freund sah, doch sein breites Grinsen und seine gute Laune waren einfach ansteckend. Er lächelte. Außerdem hatten sie sich ein paar Mal geküsst und Nasch hasste ihn nur noch mehr. Alles in allem doch ein ziemlicher Erfolg.

Er ist in meine Tentakel gelaufen!

[Dieses Kapitel ist nur Volljährigen zugänglich]

Lass uns wieder Sterne schauen

Seufzend ließ Vector seinen Kopf auf den Tisch sinken. Diesmal saß er wirklich ganz tief in der Scheiße. Seit einer Woche hatte er nicht mehr mit Yuuma geredet, der ging ihm aus dem Weg und mied sämtlichen Blickkontakt. Black Mist hatte am Anfang noch versucht ihn „aufzuheitern“, doch er hatte jedes Mal abgeblockt. Er war wirklich nicht mehr in der Stimmung dafür. Black Mist hatte er jetzt auch schon seit zwei Tagen nicht mehr gesehen. Wenigstens waren bald Sommerferien und er konnte sechs Wochen lang in seiner Wohnung verrotten.

Vector ließ sich Zeit damit seine Tasche zu packen, dann war Yuuma schon weg, wenn er sich endlich auf den Weg machte. Er hatte sich in seinem ganzen Leben noch nie so miserabel gefühlt. Warum hatte Yuuma nur reinkommen müssen? Er ließ den Kopf hängen. Noch schlimmer wäre es wohl gewesen, wenn er noch früher aufgetaucht wäre und gehört hätte, wie er seinen Namen gestöhnt hatte. Das wär wirklich seltsam gewesen. Dann hätte er sich gleich vom Heartland Tower stürzen können.

Irgendwie wünschte er sich doch wieder, dass Black Mist zurückkam. Dann könnte er sich von ihm bis zur Besinnungslosigkeit ficken lassen und er musste nicht mehr über Yuuma nachdenken. Dann könnte er auch endlich etwas schlafen und sich nicht nur von einer Seite auf die andere rollen, während er sich Vorwürfe machte.

Das war wohl die Rache dafür, dass er vor Nasch so angegeben hatte.

„Hey Vector!“

Vector verdrehte die Augen. Wenn man von Teufel sprach...

„Was?“ Wie sehr er doch das Bedürfnis hatte, ihm dieses dumme Grinsen aus seiner hässlichen Fresse zu schneiden.

Nasch kam ihm näher, als ihm lieb war. „Ich weiß nicht, was du gemacht hast, aber ich sollte dir wohl dankbar sein.“

Vector knirschte mit den Zähnen. Das war ja so klar. Er presste die Lippen aufeinander und erwiderte nichts.

„Yuuma ist nämlich zu mir gekommen um sich auszuheulen.“

„Muss ja toll sein ihm dabei zuzuhören, wie er sich bei dir über einen anderen Kerl ausheult.“

Für einen Moment erstarb das Grinsen auf Naschs Gesicht, doch er fing sich schnell wieder. „Egal.“ Er zuckte mit den Schultern. „Yuuma war die letzten Tage nach der Schule immer bei mir. Du bist draußen, Vector.“

Vector ballte seine Hände zu Fäusten.

„Du kannst dir die paar Küsse sonst wo hinstecken.“ Er beugte sich nah an Vectors Ohr. „Ficken werd ich ihn.“

Vector schlug zu ohne weiter darüber nachzudenken. Nasch stolperte zurück, doch ein Schlag war für Vector nicht genug. Er schlug ihm ein zweites Mal ins Gesicht.

„Ich bring dich um“, sagte er leise, packte Nasch an den Haaren und zog ihn zu sich. „Ich brech dir jeden Knochen im Leib.“ Er stieß Nasch zu Boden und war sofort wieder über ihm. Er setzte sich auf seinen Bauch, eine Hand an seiner Kehle, während er ihm mit der anderen immer wieder ins Gesicht schlug. Er war bei Yuuma schon unten durch, was machte es da schon für einen Unterscheid, wenn er jetzt auch noch Nasch totprügelte? Zumindest würde er Yuuma dann nicht kriegen.

Nasch versuchte sich zu verteidigen, doch er konnte nicht gleichzeitig sein Gesicht schützen und Vector davon abhalten ihn zu erwürgen.
 

„Vector!!!“ Alit riss Vector von Nasch herunter, doch nicht ohne das Vector Nasch noch einmal gegen die Rippen trat.

„Lass mich los!“, schrie er Alit an. „Ich bring ihn um! Diesmal tu ich’s wirklich!“ Er stemmte sich gegen Alits Griff, doch der war wie ein Schraubstock. Seine Muskeln waren nicht nur Show.

„Gilag, bring Nasch hier weg.“

Gilag half Nasch wieder auf die Beine und führte ihn weg. Erst als die beiden außer Sicht waren, beruhigte sich Vector wieder. Er wurde nun seinerseits von Alit gegen die Wand geschubst und festgenagelt.

„Was soll der Scheiß?“

„Fick dich, Alit!“

„Bist du komplett durchgeknallt?“

Vector begann zu lachen. „Natürlich bin ich das. Wo warst du die letzten hundert Jahre?“

„Denkst du, so redet Yuuma wieder mit dir?“ Vector presste die Lippen aufeinander. „Das war das Dümmste, was du hättest machen können!“

„Nein“, fuhr Vector ihn an. „Das Dümmste war, dass Yuuma reingekommen ist, als...“ Er biss sich selbst auf die Zunge. Nein, er würde ganz sicher nicht Alit erzählen was passiert war. „Ich geh nach Hause.“ Er schob Alit von sich.

„Vector!“

Vector ignorierte ihn.
 

Vector hielt seine Hand unter den Wasserhahn um sich das Blut abzuwaschen. Seine Knöchel waren aufgeschürft. Er hatte immer gedacht, er würde sich besser fühlen, wenn er endlich Nasch verprügelte, aber er fühlte sich noch beschissener. Und warum? Weil Alit recht hatte. Jetzt hatte er es sich wirklich komplett bei Yuuma versaut.

Vector trat gegen den nächstgelegenen Stuhl und ließ sich anschließend auf seine Matratze fallen. Wieso war Black Mist nie da, wenn man ihn brauchte? Er brauchte Ablenkung...
 

Vector kam erst zwei Tage später wieder zur Schule und das erste, was er sah, war Yuuma, der Naschs Hand hielt und sich um ihn kümmerte. Vector knurrte. Ja, das hatte er wirklich gut gemacht. Er hatte Yuuma genau in Naschs Arme getrieben.

Der Anblick machte ihn rasend und gleichzeitig war ihm wirklich zum Heulen zumute. Er hatte keinen Bock auf diesen Scheiß. Vector machte auf den Absatz kehrt.

„Shingetsu.“

Vector schloss die Augen. Nein. Er blieb stehen.

„Warum hast du das getan?“

„Was? Mit Black Mist gefickt und Nasch verprügelt?“ Er biss sich auf die Unterlippe. Er hatte Yuuma nicht so anfauchen wollen.

„Shark...“

Vector drehte sich um und bereute es, als er Yuumas verletzten Blick sah. Es war das erste Mal seit über einer Woche, dass er ihm wieder in die Augen sah. „Weil er’s verdient hat.“

„Aber ihr seid doch Freunde.“

Vector lachte trocken. „Ja, klar.“ Yuuma presste die Lippen zusammen. Den Sarkasmus hatte selbst er verstanden. „Wir waren, sind und werden nie Freunde sein.“

„Aber warum?“

„Weil wir uns hassen.“ Vector zuckte mit den Schultern. Und weil sie beide auf Yuuma standen, was ihre Beziehung zueinander noch angespannter machte.

„Warum hast du ihn geschlagen?“

„Weil er Scheiße gelabert hat, noch mehr als sonst.“

„Aber...“

Doch Vector ließ ihn nicht ausreden: „Lustig, wie du nach der Sache mit Black Mist nicht mit mir geredet hast, aber kaum geht’s um Shark-baby...“ Er ließ den Satz offen.

„Das... das ist nur...“ Yuuma wandte den Blick zur Seite. Scheiße, tat das weh. „Warum bist du so?“ Yuuma sah ihn wieder an. Fuck, er heulte schon wieder fast.

„Vergiss es, Yuuma. Du würdest es eh nicht verstehen.“ Er drehte sich um und ging, ignorierte dabei Yuumas Rufen. Sollte er doch mit Nasch glücklich werden, wenn er ihm so viel bedeutete.
 

„Shit, shit, shit“, fluchte Vector, während er sich über die Augen wischte bei dem kläglichen Versuch die Tränen zu stoppen. Er wusste nicht mal, ob er vor Wut, aus Frust oder vor Trauer heulte. Er wusste nur, dass er wieder damit aufhören wollte.

„Das ist echt erbärmlich.“

„Halt’s Maul.“ Vector warf ein Kissen nach Black Mist. „Was willst du überhaupt hier?“ Es war schon schlimm genug, dass er heulte, da brauchte er nicht auch noch einen Zuschauer.

„Ich wollte sehen, ob du dich wieder beruhigt hast, aber wie’s aussieht wohl nicht. Soll ich dir die Hand halten oder so?“

„Verpiss dich!“

„Ich kann dir auch nen richtigen Grund zum Heulen geben.“

„VERPISS DICH!“ Er wollte noch ein Kissen nach ihm werfen, doch er hatte keins mehr. Als er nochmal aufsah, war Black Mist verschwunden. „Fuck“, murmelte Vector und fuhr sich durch die Haare. Die ganze Woche hatte er sich Ablenkung gewünscht, aber Black Mist musste ja genau dann auftauchen, wenn er flennte wie ein kleines Kind. Er war echt erbärmlich.
 

„Yuuma? Yuuma?“

Yuuma schreckte hoch. „Was?“

Kotori sah von Vectors leeren Platz zu Yuuma. „Hast du mir zugehört?“

„Ja, sicher.“

„Du hörst mir nicht mal jetzt zu.“

„Ja“, antwortete Yuuma abwesend und nickte.

Kotori seufzte. Sie wusste nicht, was zwischen Yuuma und Vector vorgefallen war oder wieso er Nasch verprügelt hatte. Yuuma schwieg beharrlich, wenn es darum ging, doch auch sonst war er niedergeschlagen und seine gute Laune wirkte aufgesetzt. Das letzte Mal, als sie Yuuma so erlebt hatte, hatte Nasch den Emperor Key zerbrochen. „Du machst dir Sorgen um Shingetsu“, sprach sie das offensichtliche aus. Erst jetzt hatte sie Yuumas Aufmerksamkeit.

„Er war seit letzter Woche nicht mehr in der Schule.“

„Geh doch zu ihm.“

Yuuma senkte den Blick. „Ich glaub nicht, dass er mich sehen will.“

Kotori nahm seine Hand. „Geh zu ihm“, wiederholte sie sanft. „Ich bin sicher, er will dich sehen.“

„Okay“, Yuuma lächelte schwach, „ich schau, wie es ihm geht.“
 

Vector schreckte aus einem unruhigen Schlaf. Shit, wie spät war es? Er sah auf die Uhr. Erst nachmittags. Er ließ sich zurück ins Kissen fallen und wollte gerade die Decke über sich ziehen, als es an der Tür klingelte. Ach ja, das hatte ihn ja aufgeweckt.

Vector zog sich schnell ein Shirt über und schlurfte zur Tür. Wer würde ihn denn besuchen? Er hatte auch keinen Bock irgendwen zu sehen.

Als er jedoch die Tür aufmachte, stockte ihm der Atem. Yuuma. Toll, und er sah aus, wie der letzte Penner.

„Hey“, begrüßte Yuuma ihn und spielte nervös am Saum seiner Schuluniform.

„Hey“, murmelte Vector. Was machte Yuuma hier? Er war der letzte mit dem er vor seiner Tür gerechnet hätte. Selbst Mizael hätte er noch eher erwartet um zu schauen, ob er schon tot war.

„Ich wollte nur mal sehen, wie’s dir geht, weil du schon so lange nicht mehr in der Schule warst.“

Vector zuckte mit den Schultern. „Ich lebe noch.“

„Das ist schön.“ Er lächelte und Vector war erleichtert zu sehen, dass es ein echtes Lächeln war. „Darf ich vielleicht reinkommen?“

Vector trat zur Seite und schloss die Tür hinter Yuuma. „Sorry, hab nicht aufgeräumt.“

„Ist okay, ich bin auch immer ziemlich chaotisch.“ Er versuchte normal zu klingen, aber Vector entging die Nervosität nicht. Besonders da er sein Hemd inzwischen richtig durchknetete. „Bist du noch wütend auf mich?“

Vector zog die Stirn kraus. Wie kam Yuuma denn auf die Idee? „Ich war nie wütend auf dich.“

Yuumas Augen weiteten sich überrascht. „Oh, ich dachte nur... wegen der Sache mit Shark...“ Musste er seinen Namen erwähnen? „Kommst du bald wieder zur Schule?“

„Wohl eher nicht.“

„Oh, okay. Hast du dann vielleicht Lust, ich meine... ich mach mit den anderen eine Party nächste Woche am Freitag. Wir grillen und quatschen und duellieren uns und so Sachen. Magst du kommen?“

„Ich denke nicht, dass die anderen mich sehen wollen.“

„Ach, Alit und Gilag schon. Alit hat mal nach dir gefragt. Und Kotori und Tetsuo...“

„Kommt Nasch?“

Yuuma knüllte den Stoff fest zusammen. „Ja, aber du kannst dich ja auf die andere Seite setzen.“ Er sah ihn hoffnungsvoll an.

„Ich verzichte lieber.“

„Oh.“ Yuuma senkte den Blick und ließ sein Hemd los, das inzwischen schon ganz zerknittert war. „Aber wenn du’s dir anders überlegst, dann kannst du jederzeit vorbeikommen.“ Sein Lächeln brachte fast Vectors Herz zum Platzen.
 

Vector starrte auf die Uhr und biss auf seinem Daumennagel herum. Heute war Yuumas Party, aber inzwischen war es schon neun. Es war bestimmt zu spät jetzt noch aufzutauchen. Andererseits hatte Yuuma gesagt, dass er jederzeit kommen konnte.

Vector biss sich den Nagel ab. Ach scheiße, er würde einfach hingehen, vielleicht war sie auch schon wieder vorbei.
 

Schon von Weitem hörte er Yuumas Stimme und danach gleich Naschs. Er hatte gehofft, Nasch wäre vielleicht schon weg. Der Wunsch wieder umzudrehen wuchs.

Vector blieb außerhalb des Lichtscheins stehen und beobachtete, wie Yuuma mit Händen und Füßen vom letzten WDC erzählte. Ach ja, inzwischen war ja offiziell ein zweiter angekündigt worden. Yuuma verstummte, als sein Blick auf Vector fiel. Auch die anderen drehten die Köpfe. Naschs Miene verfinsterte sich sofort. Die Spuren ihrer Prügelei waren kaum noch zu sehen. Schade, er hatte gehofft, er hätte ihm wenigstens die Nase gebrochen.

„Shingetsu!“ Yuuma sprang auf und rannte auf ihn zu. Er strahlte über das ganze Gesicht. „Ich freu mich so, dass du doch noch gekommen bist.“ Vector war ein bisschen mit der Fröhlichkeit überfordert. „Komm, ich hab dir noch was aufgehoben. Wir müssen es nur noch warm machen.“ Er nahm ihn bei der Hand und zog ihn zum Tisch.

„Du musst dir keine Umstände machen.“

„Ach was!“ Yuuma führte ihn zu dem Platz, der am weitesten von Nasch weg war.

Vector kam sich dumm vor, weil alle ihn anstarrten, aber das Yuuma seine Hand hielt war ein netter Ausgleich dafür.

Bevor Vector nochmal sagen konnte, dass sich Yuuma keine Umstände machen brauchte und er sowieso keinen Hunger hatte, hatte er schon den Grill angeworfen. Vector war erleichtert, als Gilag übernahm. Yuuma hätte sich nur wieder wehgetan.

Yuuma ließ sich neben Vector auf einen Stuhl sinken und Vector hob kurz die Augenbrauen. Als er angekommen war, hatte Yuuma neben Nasch am anderen Ende des Tisches gesessen. Dass er sich jetzt neben ihn setzte, brachte das Kribbeln in seinen Körper zurück. Yuuma griff nach einem Glas und einer Flasche Saft. „Hier.“

„Danke.“

„Oh, ich muss meins noch holen.“

Er sprang auf, rannte zu seinem vorherigen Platz und kam mit seinem Glas zurück. „Machst du auch beim WDC mit?“

Vector zuckte mit den Schultern. „Eher nicht.“

„Ach komm schon. Jeder macht mit! Du musst auch!“

„Vielleicht.“

„Du musst!“ Yuuma bestand wirklich darauf und Vector musste lächeln.

„Na gut.“

„Yeah!“ Yuuma stieß fast sein Glas um. „Oh, wo hab ich vorhin aufgehört. Also...“ Yuuma setzte seine Geschichte von zuvor fort, während Vector von Gilag etwas zu essen bekam.

Vector vermied es Nasch anzusehen, auch wenn er nur zu gerne den Ausdruck auf seinem Gesicht gesehen hätte. War wohl doch nicht so gut zwischen ihnen gelaufen, wenn Yuuma ihn jetzt einfach so sitzen ließ. Er starrte in seinen Teller, weil er grinsen musste. Vielleicht war es doch nicht so schlecht, dass er hergekommen war.

Als Vector mit dem Essen fertig war, verabschiedeten sich schon die ersten, sodass am Ende nur noch Alit, Gilag, Kotori, Cathy, Merag und natürlich Nasch übrig blieben. Alit hypte zusammen mit Yuuma immer noch den WDC.

Vector lehnte sich zurück und hörte ihnen zu. Ihm war nicht danach sich an dem Gespräch zu beteiligen. Sein Blick fiel auf Nasch, der ihn mit Blicken erdolchte. Vector presste die Lippen aufeinander um sein Grinsen zu unterdrücken. Er richtete seinen Blick wieder auf Yuuma, der gerade einen großen Schluck trank.

„Puh.“ Seufzend stellte er sein Glas ab und sah Vector an. „Ich bin wirklich froh, dass du hier bist.“ Er begann wieder nervös mit dem Saum seines Shirts zu spielen. „Erst hab ich gedacht, du kommst nicht.“ Seine Stimme war immer leiser geworden und er senkte den Blick.

„Aber ich bin ja da.“

Sofort hob Yuuma den Blick wieder und strahlte über das ganze Gesicht. „Ja!“

Warum war er nur so süß? Er konnte damit nicht umgehen. Besonders weil er die ganze Zeit nur daran gedacht hatte, was Yuuma und Nasch machen könnten. All der Stress umsonst. Trotzdem stand immer noch die Sache mit Black Mist zwischen ihnen. Vector biss sich auf die Unterlippe.

„Tut mir leid“, sagte Yuuma leise, wieder den Saum zwischen seinen Fingern. „Ich hätte dir nicht aus dem Weg gehen sollen.“

„Yuuma...“

„Hast du Lust wieder Sterne zu schauen?“

„Was?“ Vectors Blick wanderte automatisch nach oben.

Yuuma lachte leise. „Nein, nicht hier. Komm mit.“

Er folgte Yuuma nach drinnen und dann wieder nach draußen aufs Dach. Über ihnen strahlten die Sterne. Vectors Herz raste.
 

Yuuma sah nach oben. „So viele.“

Vector ließ sich neben ihn sinken. „Jupp.“ Er wusste nicht wirklich was er sagen sollte und es machte ihn unerwartet nervös allein mit Yuuma zu sein. Warum waren sie hier, wenn seine Freunde unten saßen?

„Das ist vielleicht nicht der richtige Zeitpunkt, aber“, er sah Vector kurz an und dann wieder nach oben, „vielleicht gibt’s auch keinen richtigen Zeitpunkt dafür.“ Doch anstatt weiter zu reden, starrte Yuuma nur in den Himmel und krallte sich an den unteren Teil seines Shirts.

Vector wartete ab, war jedoch zum zerreißen gespannt. Sein Herz schlug so hart gegen seine Brust, als wollte es ihm die Rippen brechen.

Schließlich räusperte Yuuma sich. „Ich wusste nicht, dass du auf sowas stehst.“

Vector wäre fast vom Dach gerutscht. „Auf... sowas?“

„Naja“, Yuuma wurde rot, „Black Mist.“

„Ich steh da nicht drauf“, erklärte Vector. „Also, nicht direkt. Ich meine, ich muss das nicht haben und naja...“ Besprach er das gerade wirklich mit Yuuma? Gut, dass sie schon auf einem Dach saßen von dem er sich stürzen konnte.

„Wirklich?“ Yuuma sah in seine Richtung, ihn aber nicht direkt an.

„Ja, das war nur so zwischendurch und nichts von Bedeutung und auch nichts auf das ich nicht verzichten könnte.“

„Gut, damit hätte ich nämlich nicht mithalten können.“

Warte... was? „Du hast damals auch schon sowas gesagt, was meinst du damit?“ Meinte er das, was Vector meinte, dass er meinte?

Yuuma rieb unruhig seine Hände aneinander. „Ich bin nicht sehr gut in sowas.“ Zur Abwechslung knete er den Stoff seiner Hose durch. „Aber ich... ich hab dich echt gern!“ Er sah Vector an, sein Kopf hochrot.

„Als... Freund?“, hakte Vector nach. Er wollte nicht wieder etwas Falsches reininterpretieren.

Doch Yuuma schüttelte den Kopf. „Mehr“, sagte er leise.

Mit einem Mal blieb für Vector die Welt stehen. Hatte er das gerade wirklich gesagt? Das war kein Traum? Oder war er in seiner Bude verreckt und das war das Paradies? Aber wieso sollte er ins Paradies kommen?

„Und als ich dich mit Black Mist gesehen hab, da war ich einfach so... so... traurig und ich wusste nicht, was ich machen sollte und ich konnte es dir die ganze Zeit nicht sagen, weil wir doch so gute Freunde sind und...“ Die Worte sprudelten aus ihm heraus, doch Yuuma verstummte, als Vector ihn in seine Arme zog.

„Ich war so blöd“, flüsterte Vector.

„Shingetsu?“

„So blöd.“ Vector drückte Yuuma an sich. Die Anzeichen waren dagewesen und er hatte sie immer als Einbildung abgetan. So naiv konnte nicht einmal Yuuma sein.

„Du bist nicht blöd“, widersprach Yuuma.

„Doch ziemlich.“ Vector grinste. Er löste ihre Umarmung etwas um Yuuma anschauen zu können. „Ich mag dich auch... sehr.“

Yuuma lächelte schon fast schüchtern. „Das ist schön.“

„Ist es okay, wenn ich dich küsse?“

„Naja“, Yuuma grinste etwas, „wir haben ja schon geübt.“

„Stimmt.“ Vector beugte sich vor und legte seine Lippen auf Yuumas. Yuuma schlang die Arme um ihn und drückte sich an ihn. Der ganze Stress der letzten Wochen fiel von seinen Schultern, zusammen mit dem Frust, den er die ganzen Monate über angestaut hatte. Yuuma war Sein!

Vector wollte sich abstützen, doch er hatte vergessen, dass sie auf dem Dach waren und fasste ins Leere. Er verlor das Gleichgewicht und fast wären sie beide vom Dach gerutscht.

„Das war knapp“, keuchte Vector. Das wäre doch irgendwie tragisch gewesen, wenn er jetzt vom Dach gefallen wäre.

„Und ich dachte, ich bin der Tollpatsch.“ Yuuma lächelte. Vector setzte sich wieder vernünftig hin und sofort schmiegte sich Yuuma an ihn. Er sah hoch in den Sternenhimmel. „Ich will noch ganz oft die Sterne mit dir anschauen.“

Vector legte einen Arm um Yuuma. „Sooft du willst.“ Er zog ihn näher an sich. „Sooft du willst.“

Obligatorische Strand-OVA – He had it coming

Vector hätte nie gedacht, dass er einmal eine von Alits Ideen gut finden würde, aber wer konnte zu Strand schon Nein sagen? Es wehte ein leichter Wind, der die Hitze erträglich machte. Vector atmete tief durch.

„Steh nicht so blöd im Weg rum.“

Vector verdrehte die Augen. Auf Nasch hätte er aber verzichten können. Musste der eigentlich immer dabei sein?

„Ich bin der Erste!“, rief Yuuma, ließ seine Sachen einfach auf den Boden fallen und zog sich in Windeseile aus.

„Kannst du überhaupt schwimmen?“, rief Vector ihm hinterher, als sich Yuuma in die Fluten stürzte.

Grinsend schüttelte Vector den Kopf und breitete sein Badetuch neben Yuumas Tasche aus. Er hob seine Klamotten vom Sand auf und legte sie auf die Tasche. Dass er aber auch immer hinter Yuuma herräumen musste.

Und natürlich musste Nasch sein Badetuch ebenfalls in unmittelbarer Nähe ausbreiten. Natürlich, was auch sonst? Vector knirschte mit den Zähnen. Vielleicht schaffte er es ihn zu ertränken und es wie einen Unfall aussehen zu lassen. Einen Versuch wäre es wert.

Vector schlenderte Richtung Wasser, in dem sich Yuuma und Alit schon eine Wasserschlacht lieferten. Vector ließ sich das Wasser erstmal um die Füße fließen. Nach dem heißen Sand war das eine angenehme Abkühlung.

Er ging langsam weiter hinein bis ihm das Wasser bis zu den Knien stand. Er schauderte. Es war doch kälter als erwartet.

„Shingetsu!“

Bevor Vector reagieren konnte, bekam er eine Ladung Wasser ins Gesicht. Vector wischte sich die nassen Haare aus dem Gesicht.

„Yuuma...“ Vector stürzte sich nach vorne und auf Yuuma. Er packte eine Schulter und seinen Kopf und drückte ihn unter Wasser. Yuuma strampelte.

Vector ließ ihn kurz wieder Luft holen, bevor er ihn ein zweites Mal unter Wasser drückte. Er wiederholte die Prozedur ein drittes Mal, bis er von Yuuma abließ. Yuuma schlang seine Arme um Vectors Hals und nutzte ihn als Stütze während er wieder zu Atem kam.

Vector spürte, wie ihm die Röte ins Gesicht kroch. Yuuma drückte sich an ihn. Vector schluckte. So war das zwar nicht geplant gewesen, aber er würde sich nicht beschweren.

„Alles okay?“, fragte er leise.

Yuuma nickte und lächelte ihn an. „Das hat Spaß gemacht!“ Er löste sich von Vector.

Yuuma hatte eine sehr interessante Definition von Spaß, wenn er halb ertränkt werden dazu zählte.

„Hey, ihr zwei Turteltauben!“ Alit spritzte sie mit einer Ladung Wasser voll. „Steht da nicht nur so rum!“

Vector knirschte mit den Zähnen. Alit hatte wohl das Bedürfnis auf dem Grund des Meeres zu landen. „Schnappen wir ihn uns?“

„Ja!“

Sie stürzten sich beide auf Alit. Ein wahrer Krieg entbrannte zwischen den Dreien. Sie tauchten sich gegenseitig, wobei sich Yuuma eher schwer tat und Vector sich nur aus Mitleid untertauchen ließ.
 

Vectors Blick fiel auf Durbe, der, wie er zuvor schon, bis zu den Knien im Wasser stand. Er hatte die Arme um sich geschlungen und schien eher weniger begeistert von dem Gedanken sich in die Fluten zu stürzen.

Vector grinste. Na da würde er doch gleich etwas nachhelfen. Er tauchte unter und von Yuuma und Alit weg.

Vector packte Durbes Beine und zog daran. Mit einem Aufschrei fiel Durbe ins Wasser und Vector tauchte lachend auf.

„Vectoooor“, knurrte Durbe.

„Vector!“ Alit warf sich gegen Vector, was diesen das Gleichgewicht verlieren ließ. Vector fiel nach vorne, halb auf Durbe und tauchte unter. Alit drückte ihn nach unten und Vector fand sich viel zu nah an Durbes Schritt wieder. Nicht unbedingt der Schoß in den er sich beugen wollte.

Vector rang nach Luft, als er wieder hoch kam. Alit lachte, während selbst Durbe irgendwie amüsiert aussah. Bei seiner sonst so ernsten Miene war das immer schwer zu sagen.
 

Vector schleppte sich an den Strand, sodass er nur noch ein bisschen im Wasser saß. Er rieb sich den Nacken und strich sich seine Haare zurück. Er beobachtete, wie sich Alit an Gilag hängte und nebenbei mit Kotori redete.

Irgendwas an dem Bild stimmte nicht.

Wo war Yuuma?

„Shingetsu!“

Vector drehte sich um und bekam einen Wasserstrahl mitten auf die Brust. Da war Yuuma also. Er hielt eine riesige Wasserpistole in der Hand und grinste breit. „Wenn du eins kannst, dann mich abknallen“, sagte Vector amüsiert.

„Lass uns spielen!“

„Ich will auch!“, rief plötzlich Alit.

Vector verdrehte die Augen. Dafür, dass er ihm immer „helfen“ wollte, mischte er sich ganz schön oft ein.

„Jeder gegen jeder“, erklärte Vector und füllte seinen Tank mit Wasser. Yuuma spritzte ihn an und Vector wandte langsam seinen Kopf in seine Richtung. „Yuuma...“

Yuuma lachte. „Wenn du mich kriegst, kannst du dich ja rächen.“ Und schon rannte Yuuma los.

Vector sprang auf und ihm hinterher, ignorierte dabei Alit, der immer noch dabei war seine Wasserpistole aufzufüllen.

Yuuma schlug Haken, sodass Vector ihn immer wieder verfehlte. Plötzlich machte Yuuma kehrt und rannte direkt auf Vector zu. Vector wollte schießen, doch sein Tank war leer. „Scheiße!“

Lachend schoss Yuuma auf Vector bis dessen Tank ebenfalls leer war.

Vector hob die Hände. „Okay, du hast gewonnen!“

„Yeah!“ Yuuma sprang mit gestrecktem Arm in die Luft.

Doch sie hatten beide Alit vergessen, der inzwischen zu ihnen aufgeholt hatte und wenig begeistert davon war, dass man ihn zurückgelassen hatte.

„Nehmt das!“, rief er und schoss auf Yuuma und Vector bis er kein Wasser mehr hatte.

„Schnappen wir ihn uns wieder?“

Yuuma nickte. Sie füllten beide ihre Tanks auf, während Alit die Beine in die Hand nahm und um sein Leben rannte.

Vector und Yuuma verfolgten ihn, doch diesmal rannte Vector schneller als Yuuma. Er schoss mehrmals auf Alit, verfehlte ihn aber jedes Mal um Haaresbreite.

Vector knirschte mit den Zähnen. „Hab ich dich!“ Er schoss, doch Alit wich wieder aus und das Wasser traf Mizael mitten ins Gesicht.

„Ups...“

„VECTOR!“

„Das war keine Absicht.“

„Vector...“ Mizael erhob sich.

Vector trat einen Schritt zurück. „Wäre Alit nicht ausgewichen...“

„Ich flöss dir Salzwasser ein, bis du austrocknest, dann ertränk ich dich und werf dich den Krabben zum Fraß vor!“

Vector drehte hastig um, stolperte dabei fast über seine eigenen Füße und rannte. Mit Mizael war nicht zu scherzen, wenn er wirklich angepisst war, und er hatte ihm die Sache mit der Farbpatrone in den Haaren immer noch nicht verziehen. Die Farbe war für eine Weile nicht rausgegangen, sodass er rosa Strähnen gehabt hatte.

Mizael entriss Alit seine Wasserpistole und jagte Vector hinterher.

Vector warf einen Blick über die Schulter. Shit, wie schnell konnte Mizael rennen? Er beschleunigte, aber der weiche Untergrund machte es schwierig und er war noch von zuvor ausgelaugt.

Vector rannte zwischen die Felsen, die den Strand abgrenzten und suchte dort Deckung. Er versuchte seine Atmung zu beruhigen und lauschte auf Schritte, doch das Wasser war zu laut. Er schlich tiefer zwischen die Felsen. Er würde hier einfach eine Weile warten, bis sich Mizael wieder beruhigt hatte.

Seine Aufmerksamkeit wurde auf etwas Helles zwischen den Felsen gelenkt. Lag da jemand? Vector kam näher und hob überrascht die Augenbrauen, als er feststellte, dass es einer von Yuumas Freunden war. Tot. Wie war sein Name noch gleich? To... To... ach, er hatte keine Ahnung. Er war eine nervige Made.

Vector betrachtete sich die Leiche näher. Nirgends war Blut, also war er nicht ausgerutscht oder runtergefallen.

Vector beugte sich über ihn. Rote Striemen an seinem Hals und die Verfärbung deuteten auf Erwürgen hin. Vector sah sich um. Mit einem Mal fühlte er sich beobachtet. Es war wohl besser, wenn er verschwand. Bei seinem Ruf sollte man ihn nicht neben einer Leiche finden.
 

Vector schlenderte zurück, hatte Mizael schon vergessen, seine Gedanken waren immer noch bei der Leiche, die er gefunden hatte. Gleichmäßige Würgemale, und dann dieses Gefühl beobachtet zu werden. Vector schauderte für einen Moment, fasste sich selbst an den Hals. Fast wie bei... nein, unwahrscheinlich.

„Shingetsu!“ Fast wäre er an ihrem Platz vorbeigelaufen. „Hat Mizael dich erwischt?“

Ach ja, Mizael, da war ja was.

„Ist er noch nicht zurück?“

„Nein.“ Yuuma schüttelte den Kopf. „Hast du Lust auf ein Eis?“
 

Yuuma setzte sich zu Vector auf das Handtuch und streckte die Beine aus, sodass sie auf seinem eigenen lagen.

Vector wollte gerade sein Eis auspacken, als endlich Mizael wieder auftauchte. Vector hatte sich schon fast Sorgen gemacht, dass der Killer ihn auch erwischt hatte. Betonung auf fast.

Vector bekam eine Ladung Wasser ins Gesicht.

„Bastard“, fluchte Mizael außer Puste. Er sah etwas mitgenommen aus, als wäre er über den ganzen Strand gerannt um ihn zu finden.

„Geht’s dir jetzt besser?“, fragte Vector, während er sich das Gesicht wieder trocken wischte. Gerade als er zu Mizael aufsehen wollte, bekam er wieder Wasser ab.

„Etwas, ja.“ Mizael ließ die Wasserpistole fallen und streckte sich auf seinem Handtuch aus.

Yuuma lachte leise.

„Hör auf zu lachen und iss dein Eis.“

„Mach ich doch“, erwiderte Yuuma grinsend. Im Gegensatz zu Vector hatte er seins schon ausgepackt.

Mit dem Fuß schob Vector die Wasserpistole beiseite, damit niemand noch auf blöde Ideen kam, und riss nebenbei die Verpackung ab. Ob irgendwem schon aufgefallen war, dass die nervige Ratte fehlte? Er sah sich um, doch alle anderen waren in Sichtweite und niemand schien ihn zu vermissen. In Wahrheit waren sie bestimmt alle froh, dass er weg war. Auch Mizael schien ihn nicht gefunden zu haben, sonst hätte er bestimmt etwas gesagt. Wobei... eher nicht. Mizael war es wahrscheinlich noch egaler als ihm selbst.

Vectors Blick fiel wieder auf Yuuma und er biss vor Überraschung ein viel zu großes Stück Eis ab. Sein Mund brannte vor Kälte und er war kurz davor es wieder auszuspucken.

Fuck. Musste Yuuma das Eis wirklich SO lecken?

Er beobachtete, wie Yuumas Zunge langsam daran entlang glitt, über die Spitze leckte und anschließend wieder nach unten wanderte.

Fuck. Konnte er aufhören dabei an etwas anderes zu denken?

Mit Müh und Not schluckte er das Stück Eis in seinem Mund, den Blick hatte er immer noch auf Yuuma gerichtet. Yuuma hatte sich den oberen Teil des Eis inzwischen in den Mund geschoben und Vector war sich ziemlich sicher, so leckte man ganz sicher kein Eis. Aber Yuuma durfte gern an ihm so rumlecken.

Vector wollte den Blick abwenden, aber er konnte nicht. Er wollte keine Sekunde davon verpassen, auch wenn er es bald nötig hatte sein eigenes Eis in seine Badehose zu schieben. Das war nicht okay.

Etwas Eis tropfte nach unten und landete auf Yuumas Brust. Yuuma zuckte zusammen, lachte, wischte es mit dem Finger weg und leckte ihn ab.

Vector schluckte. Shit. Er musste an irgendwas anderes denken. Wo war Nasch? Nur widerwillig wandte er den Blick ab. Nasch saß ein Stück vor ihm und starrte Yuuma ebenfalls mit leicht geöffnetem Mund an.

Vector knirschte mit den Zähnen. Er konnte nicht mal rutschen um Nasch die Sicht zu versperren, da sie genau in seine Blickrichtung saßen. Nasch brauchte Yuuma gar nicht so gierig ansehen. Wütend biss Vector wieder ein Stück Eis ab, wieder war es viel zu groß. Diesmal verschluckte er sich. Vector hustete und versuchte das Stück nicht auszuspucken.

„Shingetsu, alles okay?“ Yuuma sah ihn besorgt an.

Vector nickte nur, versuchte das Eis in seinem Mund zu zerkleinern. Yuuma strich ihm über den Rücken. Seine Finger waren angenehm kühl.

„Geht schon wieder“, brachte Vector leicht krächzend hervor.

„Nicht so gierig sein“, sagte Yuuma schmunzelnd. „Niemand isst es dir weg.“

Vector lächelte schwach. Yuumas Hand lag immer noch auf seinem Rücken und streichelte ihn. Zusammen mit dem Anblick wie Yuuma sein Eis aß, sorgte das nicht dafür, dass ihm irgendwie kühl wurde.

Vector zog die Beine an. Er musste gleich noch eine Runde schwimmen. Gut, dass seine Hose Taschen hatte, damit konnte er so einiges kaschieren. Er stellte sich vor, wie es wäre Yuuma zwischen seinen Beinen zu haben, während er den letzten Rest seines Eis aß, bevor es ihm komplett über die Finger schmolz.

Der Gedanke, dass Yuuma das alles ganz unbewusst tat, machte ihn fertig. Das war wirklich nicht fair.
 

„Das war lecker.“ Yuuma steckte das Holzstäbchen in den Sand und wischte sich über den Mund. „Aber meine Finger sind ganz klebrig.“ Er stand auf. „Ich geh sie waschen. Kommst du mit?“

Vector nickte nur und stand etwas schwerfällig auf. Er schob gleich seine Hände in die Hosentaschen um die Ausbeulung zu verstecken.

„Ich geh ne Runde schwimmen.“

„Aber doch nicht nach dem Essen!“

„Ein Eis kann man kaum was zu essen nennen.“ Vector schauderte, als er bis zur Hüfte im Wasser stand. Erst jetzt nahm er seine Hände aus den Hosentaschen und wusch sie. Das kalte Wasser war genau das, was er jetzt brauchte. Er drehte sich zu Yuuma um, der ihn besorgt ansah. „Mach dir keine Sorgen, ich werd schon nicht untergehen.“

„Aber...“

„Du kannst auch da stehen bleiben und auf mich aufpassen.“

„Okay.“ Yuuma setzte sich hin und schlang die Arme um seine Knie.

Vector lachte. „Das musst du nicht.“

Yuuma zog einen Schmollmund. „Doch!“

„Wenn du drauf bestehst.“ Vector zuckte mit den Schultern und ließ sich rücklings ins Wasser fallen. Er tauchte unter, aber nur kurz. Vector strich sich die nassen Haare zurück. „Willst du da jetzt die ganze Zeit sitzen?“ Yuuma nickte. „Du könntest auch mit rein.“ Vector spritzte etwas Wasser in seine Richtung.

Yuuma verzog das Gesicht. „Du tauchst mich nur wieder.“

„Ich tu’s nicht, versprochen.“

Yuuma sah ihn etwas misstrauisch an. „Na gut“, sagte er langsam. Er stand auf und watete zu Vector ins Wasser.

Vector legte ihm die Hand auf die Schulter und drückte ihn leicht nach unten. „Hey!“

Lachend nahm Vector die Hand weg. „War nur ein Scherz.“ Er grinste. „Lust auf ein Wettschwimmen?“

„Immer!“

„Okay, wer zuerst bei der Boje ist.“ Sie stellten sich nebeneinander. „Bereit?“ Yuuma nickte. „Auf die Plätze... fertig... los!“

Vector kam etwas früher weg als Yuuma, doch Yuuma holte schnell auf. Vector war überrascht, wie schnell und vor allem wie gut Yuuma schwimmen konnte. Irgendwie hatte er ihm das nicht zugetraut. Er war sonst einfach zu tollpatschig. Trotzdem ließ sich Vector nicht von ihm abhängen. Sie schwammen einige Meter auf selber Höhe, dann zog Vector an Yuuma vorbei. Die Boje trieb vor ihm im Wasser. Nur noch ein Stück.

„Shinge...tsu!“ Yuumas Ruf war abgehakt. Vector stoppte und sah nach hinten. Yuuma wedelte wild mit den Armen und schien Schwierigkeiten zu haben sich über Wasser zu halten. „Hil...“ Er tauchte unter. „Hilfe!“

Hastig schwamm Vector zurück. Verdammt, auch das noch. Er packte Yuuma unter den Achseln und versuchte sie beide über Wasser zu halten.

„Zappel nicht so!“

„Ich hab einen Krampf im Fuß“, jammerte Yuuma.

„Halt dich gut fest. Als wärst du huckepack.“

Yuuma schlang seine Arme um Vector und drückte sich gegen seinen Rücken. Langsam paddelte Vector zurück. Es war gar nicht so leicht sich über Wasser zu halten mit dem zusätzlichen Gewicht.

„Bin ich zu schwer?“, fragte Yuuma leise, als hätte er Vectors Gedanken gelesen.

„Du bist ein Fliegengewicht.“

„Gut.“ Yuumas Griff verstärkte sich etwas und Vector war sich sicher, der schnelle Herzschlag war nicht allein wegen der Aufregung.
 

Vector atmete erleichtert aus, als er wieder Sand unter seinen Füßen spürte. Er trug Yuuma noch ein Stück, dann ließ dieser ihn los. „Geht’s?“

„Krampft immer noch.“ Yuuma hielt sich an Vector fest.

Vector legte einen Arm um Yuuma und stützte ihn auf dem Weg zu Handtuch.

„Was ist passiert?“, fragte Nasch sofort. Er hatte die Augen verengt und sah Vector an, als wäre er wieder an allem Schuld.

„Ach, nur ein Krampf.“ Yuuma winkte ab und ließ sich auf sein Handtuch fallen. „Das sieht irgendwie lustig aus.“ Er deutete auf seinen Fuß. Zwei der Zehen klebten regelrecht zusammen, während die anderen abstanden. Yuuma begann sich den Fuß zu massieren.

„Brauchst du noch irgendwas?“

Yuuma schüttelte den Kopf. „Geht gleich wieder.“ Er lächelte. „Sieht aus, als hättest du gewonnen.“

„Nein, hab vor der Boje umgedreht.“

„Oh, dann müssen wir das wohl wiederholen.“ Das Lächeln auf Yuumas Gesicht wurde breiter.

„Aber ein anderes Mal.“

Yuuma zuckte mit den Schultern. „Na guuuut.“
 

„Habt ihr Tokunosuke gesehen?“

Yuuma sah zu Tetsuo auf. „Nein, den ganzen Tag schon nicht.“

„Hm, ich hab ihn auch schon seit Stunden nicht mehr gesehen. Wo steckt er nur wieder?“

Vector leckte sich über die Lippen. Den Teufel würde er tun und irgendwas sagen. Erstens würde Yuuma nur heulen und damit konnte er nicht umgehen und zweitens war am Ende nur er wieder Schuld.

„Ich komm mit suchen.“ Yuuma wollte aufstehen, doch Vector hielt ihn an der Schulter fest.

„Dein Fuß ist immer noch nicht okay.“

„Aber...“

„Die anderen finden ihn schon.“

Yuuma sah nicht glücklich aus, blieb schließlich aber doch sitzen. Er sah Tetsuo hinterher, als dieser mit Takashi auf die Suche ging.
 

„Es wird spät, wollen wir zurückfahren?“, fragte Merag, warf den Beach-Volleyball in die Luft und fing ihn wieder. Durbe stand hinter ihr und sah ziemlich mitgenommen aus. Seine Brille hing schief auf seiner Nase und seine Arme waren ganz rot. Er war von Alit gezwungen worden mit ihm und Gilag ein Team gegen Merag, Kotori und Cathy zu bilden. Vector lachte ihn innerlich aus.

„Sieht auch nach einem Gewitter aus.“ Kotori blickte Richtung Horizont, wo sich schon seit einer Weile große, dunkle Wolken auftürmten.

„Tetsuo und Takashi sind noch nicht mit Tokunosuke zurück“, warf Yuuma ein.

„Ist er weg?“

Yuuma zuckte mit den Schultern. „Sieht so aus.“

Kotori teilte Yuumas Besorgnis. „Ich geh die anderen suchen.“

„Ich komm mit“, schloss sich Cathy ihr an.

„Ich sollte ihn auch suchen.“ Yuuma erhob sich.

„Die anderen finden ihn schon.“ Vector zog sich sein Shirt über.

„Aber was, wenn ihm was passiert ist?“

„Dann kannst du ihm auch nicht mehr helfen.“ Zu Vectors Überraschung war es Mizael, der das sagte. Gut, dann war zumindest nicht er der Bad Guy dafür, dass er die Wahrheit aussprach. Noch dazu weil der nervigen Ratte wirklich nicht mehr zu helfen war.

„Mizael, charmant wie immer.“

Mizael sah Vector von oben herab an. „Ich hab jedenfalls keine Lust nur wegen dem hier noch ewig rumzusitzen und am Ende auch noch mitten im Gewitter zu landen.“

„Aber er ist unser Freund!“, warf Yuuma entrüstet ein.

„Korrigiere, er ist dein Freund und ich will jetzt zurückfahren.“

Yuuma presste die Lippen aufeinander.

„Ich denke, es reicht, wenn die anderen nach ihm suchen. Am Ende verläufst du dich und wir müssen dich suchen.“ Vector grinste leicht und war erleichtert, als er sah, dass sich Yuumas Mundwinkel leicht hoben. Es war gar nicht so einfach ihn davon abzubringen einen Freund „zurückzulassen“. „Vielleicht erlaubt er sich nur wieder einen Scherz und ist schon längst zurückgefahren.“

Yuuma machte ein nachdenkliches Gesicht. Zumindest schien er die Möglichkeit in Betracht zu ziehen.

„Mal ehrlich, war der überhaupt dabei? Mir ist er den ganzen Tag nicht aufgefallen.“ Unterstützung von Merag. Wer hätte das gedacht?

„Können wir dann endlich?“, fragte Mizael genervt. Er hatte seine Sachen schon längst zusammengepackt.

Yuuma zögerte immer noch und Vector war schon kurz davor ihm doch anzubieten mit ihm zusammen zu suchen. Er würde ihn zumindest weit weg von der Leiche führen können.

„Na gut, die anderen finden ihn sicher“, sagte Yuuma schließlich und stopfte sein Handtuch in seine Tasche.

Überrascht hob Vector die Augenbrauen. Yuuma suchte nicht nach seinem Freund? Es geschahen ja doch noch Zeichen und Wunder.
 

„Hast du später noch Lust auf ein Duell, Shingetsu?“, fragte Yuuma, als sie in den Bus einstiegen.

„Klar.“ Vector grinste. Nicht nur, weil Yuuma jetzt anfing über Duelle zu reden und Tokunosuke scheinbar schon wieder vergessen hatte, sondern auch, weil er sich im Bus neben ihn setzte und Nasch deshalb mehr als nur angepisst aussah.

Yuuma gähnte. „Der Tag war ganz schön anstrengend.“

„Dann ruh dich aus.“

Yuuma nickte schwach. Sein Kopf sank gegen Vectors Schulter. Vector spannte sich an und schluckte. Das hatte er nicht erwartet, aber er würde sich auch nicht beschweren. Vorsichtig bewegte er seinen Arm und schob ihn hinter Yuumas Rücken. Er rutschte selbst etwas tiefer in den Sitz.

Nasch kochte bestimmt vor Wut. Gut.

Aber mal ernsthaft, wie schnell konnte dieser Junge einschlafen?
 

Ende.



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Kommentare zu dieser Fanfic (8)

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Von:  Sharksliebling
2016-02-22T16:47:19+00:00 22.02.2016 17:47
Hey ^^
Wow die beiden kapi waren mega geil ^^
Aber jetzt nur zu diesem ^^
Ich würde am liebsten Vector und Blacky den Hals umdrehen der Arme Yuma hat das nicht verdient :( aber ich hoffe trotzdem das sie das wieder hinbekommen ;)
Lass mich bitte nur wieder solange warten
LG
Sharksliebling
Von:  Sharksliebling
2016-02-05T19:11:23+00:00 05.02.2016 20:11
Hey ^^
Haha das war geil XD Vector war geil und das nur wegen einem Augenblick auf Yumas unteren Bereich XD ich finde es einfach Klasse wie du das alles schreibst :)
Lg, Sharksliebling
Von:  Sharksliebling
2016-01-29T18:16:37+00:00 29.01.2016 19:16
Hey ^^
Oh wow das war wieder Mega *.* total spannend und alles super geschrieben ^^ Merag ist eine Psychopathin o.O und ich dachte Vector wärs XD ich freu mich schon mega aufs nächste kapi ;)
LG
Sharksliebling
Von:  Sharksliebling
2016-01-23T12:26:30+00:00 23.01.2016 13:26
Hey ^^
Oh wow das war wieder mega XD ich liebe Vector immer mehr und mehr XD ich freu mich schon riesig Wens weiter geht ^^
LG
Sharksliebling
Von:  Sharksliebling
2016-01-17T20:09:01+00:00 17.01.2016 21:09
Hy ^^
Wow die Story wird immer besser :)
Ich finde die total witzig XD vorallem der Teil im Friedhof XD
Ich warte sehnlichst aufs nächste kapi
LG
Sharksliebling
Von:  Sharksliebling
2016-01-01T14:55:31+00:00 01.01.2016 15:55
Haha XD geil einfach nur geil XD
Yuma hat echt viele Fans XD Nash hat alles falsch verstanden und wollte Yuma nur helfen und als Dank wird er rausgeworfen der Arme T-T aber trotzdem Mega ich freu mich schon riesig aufs nächste Kap ♡♡
LG
Sharksliebling
Von:  Sharksliebling
2015-12-25T21:20:48+00:00 25.12.2015 22:20
Hey :)
Wieder mal ein super kap (das davor auch bin bloß zu Faul um zu schreiben XD)
Erstmal ich habe oft gelacht so geil XD Nash tut mir aber trotzdem leid der wird voll gemoppt von Vector T-T und der Naive Yuma checkt gar nichts nichts anderes erwarte ich von ihm XD Ich finde du triffst die Charaktere super dein schreibstil gefällt mir auch mega und ich bin schon riesig gespannt wie es witer geht und mit wem Yuma zusammen geht ;D
LG
Sharksliebling
Von:  Sharksliebling
2015-12-11T21:41:00+00:00 11.12.2015 22:41
Hy ^^
Wow was für ein geile kapi 😂 veccy ist verliebt in Yuma wusste ich schon immer XD Echt ein geiler Schreibstil musste manchmal echt lachen XD ich freu mich schon riesig wens weiter geht :)
LG
Sharksliebling


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