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Die Nacht der Krähe

Phinxies Bloodborne Lores
von

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Pater Gascoigne

„Schlecht“, kritisierte Pater Gascoigne mich, als ich versuchte, ihm meinen Dolch in die Hand zu rammen. Er griff nach meinem Handgelenk, drehte sich blitzschnell um und warf mich auf den Boden – mein Kopf knallte gegen den Stein und ich jaulte auf, krümmte mich wie ein Embryo zusammen und zitterte.

„Du musst gegen den Schmerz ankommen“, brummte der Mann mit den Kirchengewändern und umlauerte mich wie einen Wolf. „Wie sonst willst du in Yharnam überleben? Und dazu noch in einer Nacht der Jagd?“

„Die Nacht geht ungewöhnlich lange“, erwiderte ich nur und rappelte mich zitternd wieder auf. Bei dem Sturz hatte ich meinen Dolch verloren und ich suchte den mit Rasen bedeckten Boden ab, bis ich ihn hinter einer der Grabsteine entdeckte. Ich eilte zu ihm hin und hob ihn auf, während Gascoigne hinter meinem Rücken meinte: „Die Nacht ist erst dann zu Ende, wenn die Jagd beendet ist.“

„Und wann ist das?“, wollte ich wissen und wandte mich zu ihm um. Der Pater lächelte nur leicht. „Das weiß keiner“, antwortete er und kam mit wehendem Mantel auf mich zu. „Aber du hast Zeit, alles zu lernen, was du für die Jagd brauchst.“ Er setzte sich auf einen der umgekippten Grabsteine und fing an, seine Waffe zu polieren.

Mit langsamen, geschmeidigen Bewegungen.

Ich seufzte auf und kickte ein kleines Steinchen weg – wir befanden uns auf einem Platz nahe der Oedon-Kapelle, wie Gascoigne mir erklärt hatte. Vorher hatte er mich durch ein Gewirr von verrückten Menschen, wahnsinnigen Werwolfsgestalten und vor sich hin brüllenden Monstern geführt. Er hatte sich durch die Straßen bewegt, als würde ihm ganz Yharnahm gehören und ein jedes Monster war unter seiner Waffe gestorben.

Ich hatte versucht mitzuhelfen.

Eine Krähe hatte mich an der Schulter erwischt und ein riesiger Schnitt hatte mich zur Seite taumeln lassen, während Gascoigne dieses fürchterliche Tier zur Strecke gebracht hatte. Ich hatte auf dem Boden gelegen und mit die Hand auf die Schulter gelegt, da hatte der Pater mir etwas in den Schoß fallen lassen.

„Trink das“, hatte er befohlen und misstrauisch hatte ich das Fläschchen beäugt.

„Eine Blutphiole. Das stellt dich wieder her.“

Ich hatte die Blutphiole nicht getrunken und der Schnitt pochte immer heftiger. Und Gascoigne schien gerade nicht daran zu denken, weiter mit mir zu üben, also holte ich sie wieder heraus und sah sie mir genauer an. Sie war mit einem kleinen Korken zu gemacht, doch sie würde sich leicht öffnen lassen. Ich hielt die Phiole in das Licht der untergehenden Sonne und würgte beinahe, als ich das dickflüssige, dunkelrote Blut darin erkannte und schüttelte nur langsam den Kopf.

Gascoigne hatte mehrere dieser Blutphiolen während des Kämpfens geleert. Und danach war es ihm tatsächlich immer besser gegangen und seine Wunden waren verheilt. Trotzdem widerstrebte sich alles in mir, selbst Blut zu trinken…

„Du bist ein seltsames Mädchen.“

Ich wandte mich Pater Gascoigne zu, der aufgehört hatte, seine Waffe zu polieren: Eine stolze Axt, die er, soweit ich das mitbekommen hatte, sogar zu einer Hellebarde ausziehen konnte. Es war eine interessante Waffe, aber ich hatte mich noch nicht getraut, ihm nach dem Mechanismus zu fragen.

„Warum?“, erwiderte ich fragend und umklammerte die Phiole ein wenig stärker.

„Du hast die Bluttranfusion beim Alten ohne Widerworte über dich ergehen lassen, aber eine Phiole mit Blut verschmähst du, obwohl sie für dich das einzige Heilmittel darstellt.“

Heilmittel?

Was für ein Heilmittel?

„Deine Wunde.“ Lässig deutete der Pater auf meine Schulter. „Die Phiole heilt sie. Aber du weigerst dich. Warum?“

„Ich trinke kein Blut“, antwortete ich mit Ernst in der Stimme und klang dabei trotziger, als ich eigentlich gewollt hatte. Pater Gascoigne hob eine Augenbraue und er schnaubte aus. „Mit dieser Einstellung wirst du nicht lange überleben“, brummte er, dann hielt er plötzlich inne und fing an, wie verrückt zu kichern. „Wobei der Tod ja auch eine seltsame Sache ist! Zumindest für eine Jägerin wie dich…“
 

Ich erwiderte darauf nicht.

Pater Gascoigne schien mir verrückt zu sein, genau wie alle anderen Einwohner Yharnams. Aber er hatte mich vor dem Wolf gerettet und ich würde den Teufel tun und wieder alleine durch die Straßen gehen – vor allem, weil ich überhaupt nicht wusste, was ich tun sollte. Es war alles verwirrend.

Und viel zu viel für mich.

Nicht zum ersten Mal wünschte ich mir, ich hätte Yharnam wieder verlassen. Ich hätte den Mann nicht umbringen sollen, hätte niemals diesen verdammten Zettel lesen sollen. Doch ich hatte es getan und meine Neugierde hatte über alles andere gesiegt.

Ich war ein Dummkopf.

„…was ist Bleichblut?“, wollte ich wissen.

Gascoigne hörte auf mit seinem Gekicher und hob den Kopf wieder. „Bleichblut?“, wiederholte er fragend.

„Ja. Ich habe diesen Begriff nun schon öfters gehört. Ich will wissen, was er bedeutet.“

„Die Heilende Kirche kann dir da mehr helfen“, antwortete Pater Gascoigne und stand wieder auf. „Jeder Jäger sucht nach Bleichblut.“

„Du auch?“, wagte ich mich hervor.

„Ich gehöre der Heilenden Kirche an.“

„Und dann kannst du mir nicht sagen, was das ist?“

Daraufhin schwieg Pater Gascoigne und im Innern ärgerte ich mich: Aus diesem Mann etwas rauszubekommen war genauso schwer wie gegen die Dickerchen zu kämpfen, die man überall in Yharnam antreffen konnte.

„Warum hast du mich gerettet?“, wollte ich dann wissen. „Und warum hast du gewollt, dass ich mitkomme? Du hättest mich auch einfach… töten können.“

„Du bist eine Jägerin“, sagte Pater Gascoigne stirnrunzelnd. „Jäger töten einander nicht. Wir gehören doch alle zu einer Familie…“

„…ich verstehe“, war das einzige, was ich dazu zu sagen hatte.

„Und warum bist du nicht mehr bei der Kirche?“

Gascoigne wandte sich ab und begann, die Treppen zu Oedons Kapelle hochzusteigen. Ich beeilte mich, ihm hinterherzukommen und sagte: „Hast du mich nicht gehört? Warum…“

„Ich habe dich sehr wohl gehört“, fauchte der Pater mich an und es war die erste wirkliche Gefühlsregung, die ich bei ihm vernehmen konnte. „Aber einige Geschichten sollten nicht an die Oberfläche gebracht werden!“

Eingeschüchtert von dem Mann wich ich zurück und schluckte, schlug die Augen nieder. Der Pater richtete sich wieder auf und sagte dann: „Es wird Zeit, dass du deine Waffe kennenlernst.“

„Ich kann mit dem Dolch umgehen“, antwortete ich, doch Gascoigne hörte nicht auf mich, sondern streckte eine behandschuhte Hand aus. „Hergeben“, befahl er mit knapper Stimme.

Sie befanden uns mitten auf den Treppenstufen – ich blickte hinter zu dem großen Grab, wo ich gerade eben noch trainiert hatte. Nebelschwaden zogen sich durch die Grabsteine und der Wind heulte leise – oder war dies ein Werwolf in der Ferne?

Irgendwo anders hörte ich ein schrilles Kreischen – eines, das ich schon häufiger gehört hatte. Beim ersten Mal hatte es mir einen Schauer den Rücken runtergejagt und ich hatte Gascoigne danach gefragt, doch inzwischen… inzwischen war ich zu der Erkenntnis gekommen, dem Monster, dem dieser Schrei gehörte, lieber nicht zu begegnen.

Die Sonne stand dicht am Horizont und tauchte alles immer noch in ein rotgoldenes Licht – ich fragte mich, wie viel Zeit bereits vergangen war… es fühlte sich an, wie mehrere Stunden.

Wie lange würde diese… Jagd gehen?

„Hergeben!“, befahl Gascoigne schließlich mit mehr Nachdruck und ich erbarmte mich und händigte ihm meinen Dolch aus – ich hatte keine Angst, dass er ihn mir wieder wegnehmen könnte. Es war seltsam und ich vertraute Gascoigne noch lange nicht, doch ich wusste, dass er versuchte, mir zu helfen.

Und wer wäre ich, wenn ich die Hilfe abschlagen würde?

Tot.

Und das musste ich verhindern.

Gascoigne nahm meinen Dolch am Griff und spaltete ihn.
 

Einen Augenblick lang starrte ich perplex auf die zwei Klingen, die er in den Händen hielt, dann kniff ich die Augen zusammen, als glaubte ich, dies sei nur eine Illusion.

„…wie hast du das gemacht?“, wollte ich wissen und streckte die Hände nach den Dolchen aus.

„Das ist eine Trickwaffe der Jäger“, erklärte Gascoigne mir und gab sie mir zurück, damit ich sie mir ansehen konnte. „Deinen Dolch kannst du in zwei Dolche aufteilen, damit du schneller angreifen kannst.“ Ich untersuchte die Griffe und die Klinge und erkannte den kleinen, ausgeklügelten Mechanismus, der es mir erlaubte, die Dolche wieder zusammenzustecken.

Ich probierte es aus und ein kleines ‘Knack‘ ertönte, ehe ich wieder nur einen Dolch in der Hand hielt.

„Trickwaffen…“, wiederholte ich mit nachdenklicher Stimme.

„Spezielle Waffen, die von der Werkstatt der Jäger gebaut worden sind – oder auch von normalen Jägern erfunden. Sie dienen der erfolgreichen Jagd“, erklärte der Pater mir und reichte mir noch etwas: Eine Pistole.

Zögernd griff ich nach der zweiten Waffe; sie wog nicht allzu viel und schien leicht zu handhaben zu sein.

‘Leicht.‘

Ich hatte noch nie eine solche Waffe in den Händen gehalten und blickte wieder zu Gascoigne hoch.

„Die wirst du brauchen“, brummte er und reichte mir ein Säckchen, das recht viel wog. Ich packte den Dolch in die dazugehörige Scheide, die an meinem Gürtel hin und griff ebenfalls danach. Ich wog es ein wenig in der Hand und blickte dann fragend zu dem Pater.

„Quecksilberkugeln. Für die Jagd. Nur damit kannst du die Monster verletzten.“

Alles war darauf ausgelegt, die Monster zu töten. Natürlich, ich war eine Jägerin, aber dennoch… wenn ich an einige Werwölfe dachte, die ich auf dem Weg zu Oedons Grab kennengelernt hatte, dann wollte ich ihnen lieber nicht begegnen, egal, ob ich die passenden Waffen dazu hatte oder nicht.

„Du zeigst mir doch noch, wie man damit umgeht, oder?“

Gascoigne runzelte die Stirn, dann meinte er: „Zielen und Schießen.“

Ich unterdrückte ein schweres Aufseufzen – ich hatte es von Anfang an geahnt, dass es in Yharnam nicht leicht werden würde, aber Gascoigne war wirklich… schwer. Ich wusste nicht, was ich genau von ihm halten sollte… vielleicht änderte sich meine Sicht noch während der Nacht der Jagd. Aber bis dahin war es besser, leicht misstrauisch zu bleiben. Vielleicht manipulierte er mich auch die ganze Zeit… Wer wusste das schon?

„Diese Stadt braucht uns Jäger. Wir müssen die Kreaturen und Bestien töten, das ist unsere Aufgabe“, sagte Gascoigne und zeigte auf das Grab Oedons. „Wir behelfen uns mit allen möglichen Waffen, um sie zu töten, die Welt vor ihnen zu befreien…Wenn du eine wirkliche Jägerin werden willst“, er wandte sie mir zu und stupste mit einem Finger vor meine Brust, „dann muss du lernen, mit allem umzugehen. Und du musst Sachen akzeptieren, die du vielleicht niemals akzeptieren willst. Aber du musst es tun, um zu überleben.“

Die Blutphiole.

Ich wusste genau, was er meinte.

„Alles basiert auf Blut. Die Lehren der Heilenden Kirche, einige der Trickwaffen, die Phiolen… und deine Pistole mit den Quecksilberkugeln. All das hängt von deiner Blutfärbung ab! Wenn du das Blut jedoch ablehnst, lehnst du gleichzeitig alles ab, was dir hilft, dich gegen die Bestien zu beschützen… du tätest gut daran, eben dies nicht zu tun.“

Ich zuckte ein wenig vor ihm zurück.

Blutfärbung…?

Was war das?

Und alles hing von meinem Blut ab…?

Ich verstand nichts mehr und umklammerte das Säckchen mit Quecksilberkugeln, als würde mein Leben davon abhängen.

„Du hast Yharnam-Blut in dir“, grollte Gascoigne mich an, „du hast den Fluch auf dich genommen und jetzt musst du lernen, ihn zu deinem Vorteil zu nutzen!“

Inzwischen war ich mehrere Schritte vor ihm zurückgewichen, aus Angst, er könnte mich angreifen. Gascoigne blickte mich an und ich schauderte bei diesem Blick… er wirkte plötzlich nicht mehr wie ein Mensch, sondern viel mehr wie eine Bestie.

Eine furchterregende Bestie.

Ich schnappte nach Luft und wandte mich um – rannte die Stufen der Oedon-Kapelle wieder runter, die Pistole und die Kugeln immer noch in der Hand. Ich hörte meine eigenen Schritte, Blut rauschte in meinen Ohren unter hinter mir hörte ich Gascoigne wahnsinnig auflachen.

„Die Bestien sind der Feind!“, rief er mir hinterher her. „Kranke Kreaturen!“, brüllte er, „sie alle müssen sterben, damit sie ruhen können! Umbasa!“



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Kommentare zu diesem Kapitel (3)

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Von:  Crevan
2016-05-12T09:34:10+00:00 12.05.2016 11:34
Gascoigne ist cool xD
Wie gesagt hab ich ja noch keinen wirklichen Bezug zum Game... aber ich mag, wie du die Charaktere beschreibst! Bin schon gespannt wies nun weitergeht...
Von:  Drako_Draconis
2016-03-25T23:58:20+00:00 26.03.2016 00:58
Das du an so einer Stelle einen Cut setzt ist echt fies...
Gascoigne als "Lehrmeister" zu nehmen ist durchaus interressant...
also ich bin gespannt, wie es weiter geht *hibbel*
Antwort von:  Phinxie
26.03.2016 13:22
*gerne fies ist* xD''

Ich werde jetzt auch mal versuchen, öfter zu schreiben, damit ich öfters was hochladen kann *ist gerade im Bloodborne-Fieber* :D
Von:  Lazoo
2016-03-25T20:06:58+00:00 25.03.2016 21:06
Ha! Ich hab's doch gewusst! Natürlich war der großgewachsene Jäger Gascoigne, natürlich war der Dolch die Klinge der Gnade xD. Aber so muss das, schön wenn man als Fan mit bekannten Dingen belohnt wird. Wozu denn auch eine neue Trickwaffe einführen, wenn das Spiel schon so arschcoole vorgibt?
Und noch etwas: "ich hatte es von Anfang an geahnt, dass es in Yharnam nicht leicht werden würde, aber Gascoigne war wirklich… schwer." ist das zufällig eine Anspielung auf Gascoignes fiesen Schwierigkeitsgrad?Musste nämlich leicht schmunzeln darüber^^

Alles in allem, sehr gut :)
Antwort von:  Phinxie
25.03.2016 21:10
Es freut mich, dass man mir da folgen konnte :D Und dass es für dich eine 'Belohnung' darstellte *A*
Und ich gebe dir Recht: Warum Waffen vorgeben, wenn es arschcoole gibt? *liebt die Klinge der Gnade~*

Öhm... ich muss zugeben, das war keine Anspielung, nein ^^'' Das kam einfach so, weil es ja echt schwer ist, aus dem was rauszukriegen... Aber man kann es natürlich auch als eine solche Anspielungen sehen, nur zu :DD


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