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Was mein Herz mir sagt

von

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Langsam ging ich durch die Straßen dieses Dorfes. Nicht einer der Bewohner würdigte mich eines Blickes. Durch die Armut hatten wir auch nicht die Mittel, mich an eine vernünftige Schule zu lassen. Allein dies machte mich schon zu einem Außenseiter. Dadurch bildete ich mich so weit wie möglich fort, schnappte mir alles, was ich bekommen konnte. Mein Lieblingsthema waren Elben. Eigentlich hätte ich in dieser Welt Elben verachten müssen, um als normal zu gelten. Aber das Wörtchen normal lag ganz im Auge des Betrachters.
 

Am Meisten lernte ich über die Geschichte verschiedener Völker, dabei waren es die Elben, die mich wirklich faszinierten. Von Anfang an war es „das schöne Volk“. In einer verachtenden Welt konnte man eigentlich nur bestehen, wenn man auch verachtete. Eigentlich sollte das auch mein Grundsatz sein, aber mein Herz sagte mir, dass es falsch war. Man konnte nur bestehen, wenn man einander half und für einander da war. Doch auch die besten Grundsätze halfen nicht, wenn man geliebte Menschen verlor. Es war kaum eine Woche her, seit meine Eltern bei einem Unfall gestorben waren. Wenn man es überhaupt als Unfall bezeichnen konnte, von der Regierung umgebracht zu werden.
 

Langsam fiel der Schnee zu Boden, es war bitterkalt. Es gab hier nichts, was mir noch Trost verschaffen konnte. Ich war allein … allein in einer herzlosen Stadt. Es gab hier niemand, der sich mir erbarmte. Der dunkle Himmel war von Wolken verhangen, als ich von einer wütenden Stimme aus meinen Gedanken gerissen wurde: „Du hast wohl geglaubt, dich hier herumschleichen zu können! Du weißt, was mit Dingern wie dir passiert?!? Mieses elbisches Balg!“ Jetzt spürte ich nicht mehr die Kälte, die vorhin so an mir gezerrt hatte. Dort war ein Elb! Hier in meiner Nähe! Leise schlich ich mich heran, um die Situation beäugen zu können. Ein kleines Kind mit schönem Gesicht und spitzen Ohren lag wimmernd im Schnee. Das Blut, das aus seinem Mundwinkel floss, färbte den Schnee rot. Obwohl er schon am Boden lag, traten einige Jungs in meinem Alter noch weiter auf ihn ein.
 

Irgendwann konnte ich nicht mehr zusehen. Ich stürmte aus meinem Versteck und stellte mich zwischen die Jungs und dem Elb: „Was fällt euch ein? Er liegt doch längst am Boden!“ Schmerz schwang in meiner Stimme mit, und ich hoffte, dass es ihnen nicht aufgefallen war. „Seht mal an!“, rief der Stärkste von ihnen, „jetzt hat eine obdachlose Pennerin auch noch Mitleid mit diesem Ding! Was ist denn? Wenn er dir so wichtig ist, dann versuch doch, uns aufzuhalten!“ Ehe ich auch nur darüber nachdenken konnte, was ich tat, hatte ich ihm eine verpasst. Nachdem er ein paar Schritte zurück getaumelt war, zeigte er mit hochrotem Gesicht auf mich: „Auf sie! Wenn sie ihn schützen will, bekommt sie eben das doppelte ab, das wir für solche Penner übrig haben!“ Als der erste Schlag mich traf, glaubte ich, nie wieder schmerzfrei leben zu können. Letzten Endes lag ich wimmernd am Boden und versuchte, die immer wieder kommenden Schläge und Tritte abzuwehren, doch nichts half.
 

Bald schon schmerzte mein gesamter Körper, ich hatte Blutergüsse am gesamten Körper und meine Rippen waren angebrochen. Sie wussten definitiv, was sie hier taten. Warum musste dies ausgerechnet mir passieren? Erst meine Eltern … und dann … das! Ich sah, wie der Stärkste sein Messer zückte, mein Gesicht festhielt und langsam mit der kalten Klinge über meine Wange fuhr. Ich schrie vor Schmerz auf. Er hatte quer über meine Wange und über meine Lippen einen blutigen Schnitt gemacht, dann wisperte er mir ins Ohr: „Jetzt hast du genug gelitten, Zeit dir ein Ende zu machen!“ Er hob das Messer hoch, ließ dann, nach etlichen Sekunden die Messerspitze direkt auf mein Herz zurasen. Ich schloss die Augen und begann zu schreien.
 

Doch der erwartete Schmerz kam nicht. Langsam öffnete ich meine Augen. Ich hatte instinktiv zur Abwehr meine beiden Arme hochgerissen und sie vor mir gehalten, um mich zu schützen. Außerdem hatte sich vor mir eine flimmernde Barriere gebildet. War ich das? Schwer atmend stand ich auf, was die Barriere zerstörte. Die Jungs waren abgehauen, so half ich dem Elbenkind auf die Beine und stützte ihn. Jeder einzelne Schritt kam mir länger vor als der vorherige. Kurze Zeit später verließ mich die Kraft und ich sank bewusstlos in den Schnee.
 

Als ich wieder zu mir kam, lag ich in den Armen einer fremden Frau, die mich zu tragen schien. „Wa … was ist … passiert?“, brachte ich mir rauer Stimme heraus. Ohne mich anzusehen, antwortete sie: „Du hast einen Elben beschützt, das ist passiert. Du hast meinen Sohn gerettet.“ Eigentlich wollte ich noch antworten, aber ich brachte kein Wort mehr über die Lippen. Meine Kehle war wie ausgetrocknet und mein Magen glich einem schwarzen Loch. „Danke!“, kam eine leise, aber schöne Stimme neben mir. Ich wollte nachsehen, wer das gesagt hat, aber ich konnte nichts tun, ich war wie gelähmt. Ich konnte auch nichts dagegen tun, als sich meine Augen wieder schlossen.
 

Das nächste Mal wachte ich in einem weichen Bett auf, jemand versorgte gerade meine Wunden. Ich schaffte es, diese Person anzusehen, ohne dass er es merkte. Er war erwachsen und sah irgendwie zeitlos aus. Sein Gesicht war jung, doch er strahlte große Weisheit aus. Seine langen, blonden Haare waren ordentlich hinter seine spitzen Ohren zurückgekämmt. Es war ein Elb. Unwillkürlich zuckte ich zusammen, was den Elb innehalten ließ. Er sah mich dann direkt an und hielt meinen Blick fest. Erst dann begann er, beruhigend auf mich einzureden, was sogar das bewirkte, was es sollte. „Wenn du möchtest, kann ich dir etwas zu Essen bringen lassen“, meinte er amüsiert, als mein Magen sich zu Wort meldete.
 

Nach einigen Wochen durfte ich dann auch das Bett verlassen und mir wurde erklärt, was genau jetzt folgen würde. Es hing von der Entscheidung des Rates ab und von dem Bericht des Kindes, was nun geschehen würde. Vereinfacht dargestellt war dies die Entscheidung ob ich bleiben durfte. Später wurde ich vor den Rat geladen und musste aussagen, was passiert war.
 

Also erzählte ich die komplette Story, was passiert war, wie ich dazwischen gegangen war … auch das mit dem Schild ließ ich nicht aus, auch wenn sie mich für verrückt halten würden. Manche starrten mich auch an, als wäre ich verrückt geworden. Als ich an mir herunter sah, veränderte sich mein Erscheinungsbild: Meine Haare wurden länger, heller und glatter, meine Ohren wurden spitzer und mein Gesicht schöner (mit Ausnahme der zurückgebliebenen Narbe). „Was zum …?“, flüsterte ich, konnte die Frage aber nicht zu Ende stellen, die Erinnerungen fluteten über mich herein wie tosendes Meer.
 

Ich verstand, was geschehen war: Man hatte mich verflucht, weil man hoffte, die Elben irgendwann ausrotten zu können. Sie experimentierten mit mir, da ich nur ein Halbelb war und so die Erfolgschance höher war. Meine Erinnerungen wurden so gelöscht und um es zu vertuschen, ließen sie mein menschliches Ich unter den Menschen zurück. Stumm starrte ich auf meine Hände und ballte sie zu Fäusten. Das Betreten der Ratshalle war ausschlaggebend für das Zerbrechen des Fluches verantwortlich. Diese Halle war mit einem Zauber belegt, der andere Magie nach einer Einwirkzeit zerbrechen ließ. Aufgebracht ballte ich meine Hände zu Fäusten.
 

Natürlich musste ich meine Geschichte haarklein vor dem Rat darlegen, letztendlich wurde ich dann doch hinaus geschickt, damit sie das Urteil fällen konnten. „Warum genau hast du mich beschützt, obwohl du nichts von deiner Herkunft wusstest?“, fragte eine Stimme hinter mir. Es war das Kind. Kurz suchte ich nach den richtigen Worten, um eine gute Antwort geben zu können: „Weil es das war, was mein Herz mir sagte.“



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  -Moonshine-
2015-10-07T22:19:55+00:00 08.10.2015 00:19
Hallo,

ich dachte, ich fuehr mir mal deinen kleinen One Shot zu Gemuete, weil der Titel und das Cover mich sehr interessiert haben. Allerdings hasy du mich ein wenig ueberrascht, denn mit der Thematik Elben usw. hatte ich dabei gar nicht gerechnet. :P

Erstmal finde ich den Anfang des OS sehr gelungen. Du fuehrst den Leser praktisch langsam in die Thematik ein und den inneren Monolog finde ich da auch sehr gut platziert. Danach folgt ein bisschen Handlung, Action, wenn man so will. Die Atmosphaere - es ist kalt, die Protagonistin ist einsam, hat keinen Ort, an den sie gehen kann - bringst du gut rueber.
Auch die Szenen, in der der Junge misshandelt wird und als die Protagonistin eingreift, um ihn zu schuetzen, finde ich gelungen. Man haelt sogar den Atem an in dem Moment, als man denkt, das war es jetzt fuer sie - und ist total erleichtert, dass es doch nicht so ist. Puh. :) Das hast du super rueber gebracht, als Leser moechte man schliesslich mitfiebern!
Das, was danach kommt, laesst mich allerdings ein bisschen verwirrt zurueck... ich glaube, der Stoff, den du in diesen OS reinbringen wolltest, war ein bisschen zu viel fuer einen so kurzen Text. Ich verstehe, dass du dem Leser Hintergrundinfos geben und eine Aufloesung bieten willst. Der zweite Teil wirkt recht hastig und eilig. Dabei waere es gar nicht so schlimm gewesen, wenn du diesen Teil einfach weggelassen haettest - denn die Aussage vom Ende haette es ganz und gar nicht verfaelscht, sondern sie waere immer noch die gleiche geblieben. Ich hatte einfach das Gefuehl, dass der Teil mit dem Halbelb und den Erinnerungen eventuell etwas mehr erwaehnenswert gewesen waere - vllt ein eigenstaendiges Kapitel sogar? -, weil es ja doch ein ziemlich wichtiger Bestandteil der Geschichte ist, oder?

Den Schluss wiederum finde ich wieder gelungen und der letzte Satz gibt deiner Story nochmal einen Rahmen und rundet das ganze ab. Es ist auch ein guter Schlusssatz, mit einer guten Portion Pathos. :P

Ich hab das Gefuehl, da schlummert noch so einiges in deinem Kopf, was du in dieser Story rueberbringen und schreiben wolltest. Kann das sein?
Es hat mir auf jeden Fall Spass gemacht, sie zu lesen.

Liebe Gruesse
Eli

Helfer der KomMission


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