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Erinnerungen aus dem Loch

von

Vorwort zu diesem Kapitel:
Die Story spielt zeitlich in etwa um den sechsten Band herum. Komplett anzeigen

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Chotas Erinnerungen

„Weißt du noch damals, En?“

Erschrocken zuckte En zusammen, als ihm Chota von hinten ins Ohr säuselte. Er hatte ihn gar nicht herankommen hören. Dazu war er viel zu sehr mit dem Hegen und Pflegen seiner geliebten Pilze beschäftigt. Wenn ihn seine Geschäfte nicht ständig unterbrechen würden, würde er wohl sein halbes Leben in diesem Gewächshaus verbringen, das einen guten Teil seines Grundstücks einnahm. Normalerweise hatte er hier seine Ruhe, da seine Angestellten diesen Raum wie eine Art Heiligtum behandelten und ihn nur im äußersten Notfall betraten. Nur war Chota kein normaler Angestellter und zudem heute scheinbar wieder besonders anhänglich.

„Weiß ich was noch?“, brummelte En in den Pilz, den er gerade polierte.

„Ach, ich habe nur an all die schöne Zeit gedacht, die wir zusammen verbracht haben“, sagte Chota. Dabei schlang er energisch die Arme um Ens Hals. „Kannst du dich noch daran erinnern , wie wir in der „Blue Night“ unseren Vertrag miteinander geschlossen haben?“

En verzog das Gesicht bei dieser Erinnerung. „Oh ja, du hast kleine Herzchen draufgemalt und die anwesenden Teufel darum gebeten 'Love Me Tender' auf ihren Hörnern zu blasen.“

Enerviert rieb er sich die Stirn. Wenn Chota nicht so überaus praktische Fähigkeiten hätte, die ihn dazu befähigten jeden beliebigen Zauberspruch eines Magiers rückgängig zu machen, hätte er sich diesen liebestollen Kanarienvogel sicher nicht ins Haus geholt. Aber das war nun einmal seine Art. Er bevorzugte es starke Zauberkundige unter seine Fittiche zu nehmen und ihre Kräfte für seine Zwecke zu nutzen. Man muss schließlich für alles gerüstet sein, um sein Machtmonopol halten zu können.

„Oder weißt du noch, unser Ausflug in den Fair Witch Forest, zusammen mit Miss Noi und Master Shin?“ Chota ließ endlich von En ab und begann nun Pirouetten um die Pilzbeete herum zu drehen.

„Ja, ich war auf der Suche nach einer seltenen, mir unbekannten Pilzart, um sie in mein Repertoire aufzunehmen und weiterzuzüchten“, stieß En zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor.

Chotas Kopf wandte sich ruckartig En zu und der kleine Schnabel seiner Maske klappte lustig auf und ab. „Hach, war das nicht romantisch?“

„Du hast das einzige kleine Feld, das wir gefunden haben, mit deinen Quadratlatschen breitgetrampelt. Den wenigen popeligen Rest, der noch halbwegs verwertbar war, hast du aufgefressen.“ Es war nicht gut sich all diesen Erinnerungen hinzugeben. En spürte eine latente Wut in sich aufsteigen. So sehr er Chota auch auf seine nutzbringende Art und Weise zu schätzen wusste, so sehr konnte dieser ihn auch zur Weißglut bringen. Und weiß Gott, gerade war er auf dem besten Weg dahin.

„Chota, du solltest jetzt besser gehen.“

„Aber wieso denn? Wo wir doch gerade so schön in vergangenen Zeiten schwelgen. Ich erinnere mich noch gut an deinen letzten Geburtstag.“

Hätte das Poliertuch in Ens Hand ein intaktes Nervensystem sowie die Fähigkeit zum Sprechen besessen, dann hätte es in diesem Augenblick wohl laut aufgeschrien. „Du meinst doch nicht etwa den Vorfall, als du ein ganzes Bataillon Turteltauben hast einschleppen lassen, die du dann in meiner Villa und auf dem Grundstück verteilt hast?“

„Turteltauben sind auch sooo romantisch. Genau wie wir, En.“ Chota klatschte aufgeregt in die Hände.

„Diese geflügelten Bastarde haben sich an meiner kompletten Pilzzucht vergangen. Und was sie nicht vernichtet haben, haben sie vollgeschissen. Ehrlich, ich sollte dich...“

„Oh En, ich liebe dich auch!“

Bevor ihm Chota erneut um den Hals fallen konnte, rutschte En schnell um den nächstbesten großen Pilz herum, sodass dieser zwischen den beiden stand. Er wurde der Sprühflasche in seiner Hand gewahr. Im Notfall könnte er sich auch damit zur Wehr setzen, ohne Chota bei dessen ansteigender Zudringlichkeit gleich in einen überdimensionalen Pilz verwandeln zu müssen. Andererseits war das Wasser in der Flasche erlesenstes Nass aus den Bergquellen der Red Devil's Mountains. Es war ihm schon immer wichtig seinen Setzlingen nur das Beste vom Besten zukommen zu lassen.

„Bist du jetzt fertig?“, fragte En mit eisiger Stimme.

„Du musst nicht schüchtern sein, En. Das ist wie damals, als du bei dieser Pressemitteilung zu aufgeregt warst vor Publikum zu sprechen.“

„Du hast vor aller Augen ein leuchtend pinkes und blinkendes Plakat hochgehalten, auf dem 'Wir lieben dich, En!' gestanden hat. Wegen dieser Sache wäre die Kampagne zur Einführung meiner 'Mushroom Steaks' fast in die Hose gegangen. Hätte ich nicht...“

Chota verschränkte die Hände ineinander und legte den Kopf schief. „Vergiss doch einmal die Arbeit“, seufzte er. „Denk' lieber an all die schönen Dinge, die uns so nah zueinander gebracht haben.“

En spürte eine große, dicke Ader auf seiner Stirn pulsieren und seine Faust krampfte sich weiter zusammen. Er versuchte sich innerlich zu beruhigen und ließ die Gedanken zu seiner Schönheitsbehandlung schweifen, die ihn in circa einer Stunde erwartete. Es gab in seinen Augen kaum etwas Entspannenderes als ein Pilzsporenpeeling, gepaart mit einer erfrischenden Fliegenpilzmaske zu Straffung der Haut. Wenn die Zeit ausreichend wäre, würde er sich vielleicht zusätzlich eine Schimmelpilzkur für seine Haare gönnen. Gebrauchen konnte er das nach diesem Gespräch allemal.

„Wo ist eigentlich der Rosenbusch geblieben, den ich vor einem Monat hier für dich angepflanzt habe?“, fragte Chota mit honigsüßer Stimme und blickte sich um.

„Meinst du dieses impertinente Unkraut, welches über und über mit Schädlingsgetier befallen war?“, presste En, um Beherrschung ringend, hervor. „Ich musste alles mehrmals von oben bis unten desinfizieren, um mein Gewächshaus wieder von diesem infernalen Ungeziefer zu befreien.“

„En, du solltest dich nicht an so Kleinigkeiten aufhängen“, stammelte Chota etwas irritiert. „Du weißt doch, die schönen Erinne...“

Nun war es mit Ens Selbstbeherrschung vorbei. Mit zu Schlitzen verengten Augen durchbohrte er Chotas zurückgewichene Gestalt. „Oh, ich erinnere mich noch sehr gut. Zum Beispiel als du ein Herz in meinen Lieblingspilz auf der Nachttischkommode geritzt hast und das gute Stück drei Tage später reif für den Komposthaufen war.“

„Aber En...“

„Oder als du die Bewässerungsanlagen mit Eau de Satagne versetzt hast, damit meine Pilze nach Lavendel duften und es im Gewächshaus aussah wie auf einer Kartoffelfarm in den Tschernobyl Gardens.“

„Ich wollte doch...“

„Nicht zu vergessen, als du meine Villa mit Hilfe eines Zauberspruchs rosa färben wolltest und ich meine 'Forest Mushroom Chips' im Nachhinein einen Monat lang in einer 'Édition Rosé“ verkaufen musste.“

„Bitte, En...“

„Chota, ich warne dich! Wenn du jetzt nicht sofort die Beine in die Hand nimmst und deinen Hintern hier rausschwingst, dann werde ich dich unwiderruflich in einen Pilz verwandeln, dich zu Geschnetzeltem verarbeiten und an Judas's Ear verfüttern.“

„Aber En...!“, versuchte Chota sich ein letztes Mal in aufbrausender Empörung zu verteidigen.

„SOFORT!“, schrie En.

Chota wich unschlüssig zurück und überlegte, ob es nicht doch noch eine Möglichkeit gäbe En zu besänftigen, kam dann aber zu dem Schluss, dass es besser wäre sich für den Moment zurückzuziehen.

„Okay, wir sehen uns später“, flötete er und stolzierte anschließend von dannen. Auf dem Weg zum Ausgang vernahm er plötzlich ein schmatzendes Geräusch und spürte etwas Weiches unter seinem Fuß. Er schaute nach unten und drehte dann verlegen seinen Kopf in Ens Richtung. „Ups.“

En riss die Augen auf, als er sah was passiert war. „Nein!“, brüllte er. „Nicht der Funghensis stinkelensis! Nicht Clodette!“

Nun nahm Chota die Beine wirklich in die Hand und stürmte aus dem Gewächshaus, die zermatschten Überreste von Clodette noch an seiner Schuhsohle, während En sich gramgebeugt über den Kadaver seines geliebten Pilzes beugte.



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von: abgemeldet
2015-10-09T20:32:10+00:00 09.10.2015 22:32
Oh nein! Die arme Clodette!
Vorweg, ich kenne das Fandom nicht, aber die Art wie du die beiden Charaktere beschreibst, gefällt mir sehr gut. Chota scheint mir ein sehr interessanter Char zu sein und ich mag ihn in deiner FF wirklich gerne - gefällt mir, wie er En langsam auf die Palme bringt (oder auf den Pilz ...). Ich an seiner Stelle hätte ihn ja wirklich in einen Pilz verzaubert, spätestens, als er Clodette ermordet hat.
Haha, ein schöner OS ^^


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