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Schwestern des Krieges

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Schwestern des Krieges
 

Die Sonne schien mit voller Kraft auf die neuen Häuser Fanelias. In den letzten Wochen hatte sich der Erzähler angewöhnt, seine Spaziergänge immer zuerst durch die neu errichteten Straßen zu machen.

Plötzlich runzelte er die Stirn. Die Stimmen kannte er doch! Er bog in eine schmale Seitengasse ein, aus der die Stimmen zu kommen schienen. Am Fuße einer kleinen Treppe standen zwei Mädchen, die sich leidenschaftlich über etwas stritten. "Allen ist der bessere!" redete Neela auf ihre Freundin Saski ein, die energisch den Kopf schüttelte. "Nein, König Van!"

Der Erzähler schmunzelte. Er konnte sich schon denken, worum es hier ging. Ohne das die Mädchen ihn bemerkten, setzte er sich auf die Treppenstufen, die von den Strahlen der Sonne erwärmt waren. "Was schreit ihr denn hier so herum?" fragte er laut, und die zwei Mädchen zuckten zusammen. "Habt ihr uns erschreckt!" riefen sie gleichzeitig aus, und Neela setzte hinzu "Tut das bitte nicht noch einmal. Wir kriegen sonst noch einen Herzinfarkt."

Schmunzelnd antwortete der Erzähler "In Ordnung. Setzt euch erst einmal hin. Ihr fragt euch also, wer der beste Kämpfer beim Turnier morgen ist?" "Keine Frage!" rief Neela. "Natürlich Ritter Allen." "Das sagst du doch nur, weil du in ihn verliebt bist!" neckte sie ihre beste Freundin. "Gar nicht wahr! Aber er hat noch nie verloren." verteidigte sich Neele wütend.

"Das reicht. Setzt euch doch endlich hin. Und was Ritter Allen angeht: Auch er hat schon Kämpfe verloren. Eine Niederlage werde ich wohl nie vergessen. Ein Freund von mir, der damals dabei war, hat sie mir erzählt. Wir können also davon ausgehen, dass nichts erfunden, weggelassen oder übertrieben wurde. Mal sehen, ob ich noch alle Details zusammen bekomme."

"Es war vor fast genau drei Jahren, wenn ich mich richtig erinnere. Kurz, nachdem Allen zum Ritter des Himmels geschlagen wurde. Er hatte gerade seinen ersten Auftrag mit seinem neuen Flugschiff erledigt. Er und seine Männer sollten Diebe aufspüren und festnehmen, die die Handelsruten zwischen Astoria und Freid ausplünderten.

Froh, ihre Aufgabe erfüllt zu haben, landeten sie in einer Stadt an der Grenze. Sie übergaben die Plünderer der dortigen Garnison und beschlossen, ihren Sieg zu feiern."
 

Es war ein heißer Tag, und die Sonne knallte erbarmungslos auf alles hinab, das sich nicht im Schatten verstecken konnte, aber in der Schenke war es angenehm kühl. "Na, Kommandant, das haben wir doch fantastisch hinbekommen, oder?" Die Mannschaft grölte ihre Zustimmung laut hinaus. In diesem Moment betrat eine Frau den Raum, und es wurde still. Alle starrten die merkwürdige Gestalt an.

Flammend rote Haare umrahmten ein grimmiges Gesicht. Die Sonnestrahlen wurden von ihren langen, seidigen Haaren reflektiert und ließen sie in einem unirdischen Licht erstrahlen. Doch dieses Licht war nichts im Vergleich zu dem Feuer, das in ihren Augen brannte. Ebenso seltsam war ihre Kleidung. Allen hatte noch nie eine Frau in einer Rüstung gesehen, und in einer solchen erst gar nicht. Dort, wo die Sonne auf die Rüstung fiel, leuchtete sie in einem intensiven Rot, aber an Stellen, an die kein Licht gelangte, wirkte sie schwarz wie die finsterste aller Nächte.

Unwillkürlich rückten die Gäste an der Tür ein Stück zur Seite. Schweigend ging die Frau durch den Raum, begleitet von den ungläubigen Blicken der Anwesenden. Wer ihr im Weg stand, wich zur Seite, als ob eine unsichtbare Kraft ihn weg stieß. Scheinbar ohne jemanden wahrzunehmen trat sie bis an den Tisch, an dem die Mannschaft des Crusadors saß. "Seid ihr diejenigen, die Brendars Bande hochgenommen haben?"

"Wir haben sie festgenommen und der Justiz übergeben." Antwortete Allen und stand auf. Mit dieser Frau wollte er auf keinen Fall im sitzen reden. "Und warum sitzt ihr dann hier und betrinkt euch, statt eure Arbeit zu beenden?" Gades fuhr wütend auf "Wovon redet ihr, und wer seid ihr überhaupt, dass ihr es wagt, so mit dem Kommandanten zu reden?"

"Mein Name ist Rafaella na Liriel . Ich bin beauftragt worden, jemanden zu finden und aufzuhalten. Dieser Jemand ist verantwortlich für die Überfälle hier und in anderen Ländern."

"In anderen Ländern?" Allen schaute sie überrascht an. "Allerdings. Woher bekommt ihr denn eure Informationen? Brendar ist nur einer der Handlanger. Der wirkliche Drahtzieher ist jemand anderes. Und um herauszufinden, wer das ist, bin ich hier." "Eine Frau!" sagte einer der Männer gehässig, doch Rafaella reagierte nicht.

"Wenn das stimmt, was ihr sagt, werden wir es herausfinden." Meinte Allen bestimmt. "ich werde zur Garnison gehen, und diesen Brendar aushorchen. Gades, du kommst mit. Ihr anderen bleibt hier." Die Frau verzog das Gesicht. "Ich glaube nicht, dass das etwas bringt." "Was meint ihr damit?" "Ihr werdet's schon sehen. Ich hoffe, dass ich mich irre."

Verwirrt führte Allen die Frau zur Grenzbefestigung. Gades folgte in einigem Abstand, den Blick misstrauisch auf sie gerichtet.

Der Befehlshaber empfing den Ritter des Himmels und seine Begleiter in seinen Amtsräumen, in denen er gerade einen seiner Leute zusammen gestaucht hatte.

"Was ist denn los, Kuwai?" fragte Allen verwundert. "Ach, es tut mir leid." Antwortete er. "Aber der Anführer der Bande hat sich selbst getötet. Eine Art Gift, das dem Arzt nicht bekannt ist." Gades starrte den Befehlshaber erstaunt an, dann fuhr er zu der seltsamen Frau herum. "Ihr habt das gewusst!" "Nicht gewusst." Verneinte sie "Nur vermutet. Bis jetzt war das immer so."

Kuwai war erst jetzt auf die merkwürdige Person aufmerksam geworden, die bis eben das Zimmer noch nicht betreten hatte. "Wer seid ihr denn?" fragte er vollkommen überrascht.

"Jemand, der im Gegensatz zu euch weiß, was er tut." Deutlich traten die Adern auf der Stirn des Befehlshabers heraus. "Was fällt euch ein" rief er, nur um von Rafaella laut unterbrochen zu werden. "Im Gegensatz zu euch eine ganze Menge! Ihr werdet mir sofort ein paar Dutzend eurer Leute unterstellen, damit ich mich auf die Suche nach dem Anführer dieser Banden machen kann."

Der Befehlshaber starrte sie ungläubig an, schnappte nach Luft wie ein Fisch auf dem Trockenen und schrie dann "Ihr habt mir keine Befehle zu geben. Verschwindet von hier, oder ich lasse euch einsperren!" "Versucht es doch!" rief Rafaella ebenfalls wütend und ihre Hand zuckte zu dem Schwert an ihrer Seite.

Jetzt hielt Allen es für angebracht, dazwischen zu gehen. "Mäßigt euch, alle beide! Das hier ist doch keine Arena!" "Diese Frau hat es gewagt, mich heraus zu fordern!" "Ach, ihr Männer seid doch alle gleich! Kaum stellt man eure Autorität in Frage, rastet ihr aus. Aber wenn ihr glaubt, dass ich euch heraus gefordert habe- ich stehe euch gern für einen kleinen Kampf bereit. Vielleicht erhält euer Hochmut dann mal einen Dämpfer." Die zwei warfen sich über den Tisch giftige Blicke zu, und Allen hielt es für angebracht, der Sache etwas formelleren Charakter zu geben, bevor sie sich gegenseitig an den Hals sprangen.

"Ihr fordert ihn also offiziell heraus?" "Ja, das tue ich." "Dann findet das Duell in einer Stunde hier auf dem Hof statt. Einverstanden?" Die beiden Duellanten nickten ihre Zustimmung, und Rafaella rannte stürmisch aus dem Raum

"Ich werde dann mal den Rest der Mannschaft holen." Meinte Gades "Wird bestimmt lustig."
 

Die Sonne brannte auf die ehemals weißen, nun aber mit Staub bedeckten Gebäude der Garnison. Unter dem lauten Beifall seiner Leute betrat der Befehlshaber Kuwai den Hof im Norden des Guymelef-Hangars. Sein finsterer Blick traf Rafaella, die trotz der Hitze und ihrer Rüstung nicht zu schwitzen schien. Ihre Flammenmähne war zu einem Zopf gebunden, und steckte in ihrer Rüstung. Mit einem siegessicheren Lächeln erwartete sie ihren Gegner.

"Dir wird das lachen noch vergehen!" schimpfte Kuwai und trat seiner Gegnerin gegenüber. "Das bezweifle ich. Im Moment habe ich jedenfalls ein ziemlich lustiges Bild vor mir." Spottete Rafaella, und Kuwai biss die Zähne zusammen.

"Ihr solltet ihnen lieber das Zeichen zum Anfangen geben, Kommandant." Meinte Gades, und einer aus der Mannschaft ergänzte "Ihr Mundwerk läuft jedenfalls schon ganz ordentlich. Wenn sie genauso mit ihrem Schwert kämpfen, wie mit Worten, wird es sicher interessant." "Du glaubst doch nicht im Ernst, dass sie ihn schlagen kann, oder?" fragte ein anderer dazwischen.

"Ganz egal." Sagte Allen laut und entschlossen. "Das hier ist ein Duell. Und das folgt bestimmten Regeln." Er ging in die Mitte der Arena, die von einem Kreis im sandigen Boden markiert wurde.

"Gekämpft wird, bis einer der Gegner bewusstlos ist, aufgibt, oder den Ring verlässt. Schläge auf den Kopf sind verboten, ebenso das Verletzen eines am Boden liegenden Gegners. Habt ihr diese Regeln verstanden? Gut, dann möge der Kampf beginnen." Er trat zurück, und die Kontrahenten begannen sich zu umkreisen.

Kuwai machte einen halbherzigen Schlag, und Rafaella sprang zur Seite. Dabei strauchelte sie, und hämisch lachte Kuwai "Du solltest erst mal laufen üben, bevor du dich ans Kämpfen machst." Rafaella zog eine Grimasse und wirbelte ihr Schwert in einem hohen Bogen auf ihren Gegner zu, der keine Probleme hatte, unter ihrem Schlag abzutauchen. Die Spitze seines Schwertes zischte nur wenige Millimeter an ihrer Rüstung vorbei. "Ihr habt Glück, dass ich euch nicht getroffen habe!"

Wieder schlug Rafaella zu, und wieder wich Kuwai ohne Probleme aus. "Und ihr wollt mit mir kämpfen? Ich sollte euch erst mal zeigen, wie man ein Schwert überhaupt hält."

Tosendes Gelächter belohnte seinen Witz, und er wurde übermütiger. Spielerisch schlug er auf Rafaella ein, die immer weiter zurück wich. Das Publikum lachte, nur einige wenige, meist Veteranen, stimmten in ihr Gelächter nicht ein.

"Wettet jemand 10:1 auf die Frau?" fragte Gades lachend. "Kannst du vergessen!" antworteten ihm die Umstehenden. Dann trat ein alter, grauhaariger Mann mit einem Arm zu ihm. "Ich wette." "Wie bitte?" fragte Gades überrascht. "Zehn zu eins auf die Frau. Ich wette." Sagte er, und hielt ihm ein paar Geldstücke hin "Der Alte ist verrückt." Meinte einer der Soldaten. "Nein, ist er nicht." Dachte Allen, und erst als Gades ihn fragte "Was meint ihr?" merkte er, dass er laut gedacht hatte.

"Ich sagte, er ist nicht verrückt. Er passt bloß besser auf als ihr. Sie ist keinesfalls so unfähig, wie es auf den ersten Blick aussieht."

Stirnrunzelnd schaute Gades auf die Kämpfer. Mit der Zeit sah auch er es. Kuwais Schläge gingen immer dicht an ihr vorbei, doch getroffen hatte er sie noch nicht. Und im Gegensatz zu Kuwai war Rafaella auch noch nicht außer Atem, obwohl ihre fuchtelnden Schläge eigentlich eine ganze Menge Kraft verbrauchen müssten.

Der Tanz ging noch eine Weile, und langsam wurde deutlich, dass Gades sich geirrt hatte. Während Kuwai immer verbissener wurde, und schon lange nicht mehr über seine Aktionen nachdachte, lockte Rafaella ihn immer näher an den Rand des Rings

"Jetzt!" rief der Alte, und im selben Moment drehte Rafaella sich unter einem Schlag weg, drehte ihr Schwert, und hieb es mit der flachen Seite brutal auf Kuwai's Hinterteil. Dieser wurde von seinem eigenen Schwung und dem rüden Stoss aus dem Ring getragen, und landete mit dem Gesicht voraus im Staub der Arena.

Überraschtes Schweigen herrschte auf dem Platz. Die Soldaten wollten ihren Augen nicht trauen. Ihr Befehlshaber von einer Frau besiegt! Und dann noch von einer, die so offensichtlich keine Ahnung vom Schwertkampf hatte!

Allen trat in den Ring. "Der Kampf ist vorbei! Befehlshaber Kuwai ist außerhalb des Ringes. Sieger ist Rafaella na Liriel!"

Ungläubiges Gemurmel war auf dem Platz zu hören, und das Fluchen der Männer, die ihre Wetteinsätze verloren hatten. Sie hatten geglaubt, ein paar Irren die ein oder andere Münze abnehmen zu können, und mussten nun zusehen, wie ihr sauer verdientes Geld zu horrenden Kursen den Besitzer wechselte.

"Tröste dich, Gades. Zehn zu eins ist noch relativ gut. Es gibt Leute, die haben zwanzig zu eins gesetzt- und verloren." "Das hilft mir aber sehr." Stöhnte er und reichte dem alten Veteranen seinen Gewinn, der ihm grinsend auf die Schulter schlug, nachdem er das Geld weg gesteckt hatte. "Fast ein ganzer Monatssold. Und dabei spare ich auf ein Haus." Allen musste lachen "Du und ein Haus? Eher fliegen Guymelefs!"

Mittlerweile hatte sich Kuwai wieder von seiner Überraschung erholt. Er blickte auf, und schaute Rafaella ins Gesicht, die ihn mit einem undeutbaren Gesichtsausdruck ansah. "Ihr habt mich hereingelegt wie einen Anfänger!" beschwerte er sich." "Sieht so aus." Stimmte sie ihm nickend zu. Dann grinste sie und reichte ihm die Hand. Eine Sekunde zögerte Kuwai und griff dann fest zu "Diese Blamage werde ich wohl nie mehr los." Meinte er seufzend. "Nein, wahrscheinlich nicht. Ihr werdet noch davon hören, wenn ihr alt und im Ruhestand seid." "Wenn es denn mal so kommt." "Aber sicher doch. Unterschätzen werdet ihr eure Gegner auf jeden Fall nicht mehr." "Nein, niemals wieder."
 

"Das verstehe ich nicht. Ritter Allen hat doch gar nicht gekämpft." Der Erzähler seufzte "Du bist mal wieder viel zu voreilig, Neela." Rügte er sie und fuhr dort mit der Geschichte fort, wo er unterbrochen wurde.
 

"Werdet ihr mir nun die Männer unterstellen, um die ich euch gebeten habe." Fragte Rafaella Kuwai, und gab ihm sein Schwert. "Gebeten ist gut. Aber so leid es mir tut, das kann ich nicht. Ihr könnt höchstens Ritter Allen fragen, ob er euch hilft."

"Ich denke schon." Antwortete er auf ihre Frage. "Schließlich habt ihr mit eurer Vermutung Recht gehabt, dass Brendar sich umbringen würde. Ihr scheint also tatsächlich zu wissen, wovon ihr redet."
 

Mit ratternden Maschinen hob der Crusador ab. Rafaella hatte Allen um eine Unterhaltung unter vier Augen gebeten. Mit einer raschen Handbewegung rollte sie eine Karte aus und deutete auf einen Berg an einem kleinen Fluss.

"Vermutlich ist dort das Versteck." "Woher wollte ihr das wissen?" fragte Allen verwundert. Sie zögerte mit der Antwort, schien aber dann bereit, ihn ins Vertrauen zu ziehen. "Der Anführer dieser Banden... ist vermutlich meine Schwester." "Eure Schwester?" fragte Allen überrascht und sah sie eindringlich an.

"Ja, wahrscheinlich. Aber nicht meine richtige Schwester. Wir sind nur zusammen aufgewachsen." Beeilte sie sich zu sagen. "Bei uns gibt es keine Blutsverwandschaft." Allen schaute verwirrt drein, während Schmerz über Rafaella's Gesicht huschte. Zum ersten Mal, seit Allen sie kennen gelernt hatte, schien sie weniger selbstsicher zu sein. "Vor etwas mehr als acht Monaten ist etwas passiert, das sie von uns getrennt hat." Sie schien nicht bereit zu sein, mehr zu sagen, und Allen begnügte sich fürs erste mit dieser Auskunft.

"Sie ging weg und wir haben lange nichts mehr von ihr gehört, und dann vor ein paar Wochen..." Sie zog eine silberne Kette aus ihrem Panzer hervor, und hielt sie ins Licht der untergehenden Sonne. "Bei einem der Überfälle wurde das gefunden. Eine unserer Schwestern war zufällig in der Nähe und hat es entdeckt. Niemand von uns würde diese Kette freiwillig zurücklassen."

"Vielleicht hat sie wer verloren, oder ihr Träger war unter den Opfern des Überfalls." Schlug Allen vor, doch Rafaella widersprach ihm heftig. "Nein! Niemals würde eine von uns ihre Kette verlieren. Sie ist ein Geschenk der Gildenmutter und der Eidesschwestern." "Wovon redet ihr?" fragte Allen, der noch nie von so etwas gehört hatte. Rafaella holte tief Luft. "Das braucht ihr nicht zu wissen. Wichtig für euch ist nur eines. Wenn sie es wirklich ist, ist sie dort. Sie hat diesen Ort entdeckt. Und sie wartet auf uns."

Diese Entwicklung gefiel Allen gar nicht. "Was soll das heißen, sie wartet auf uns?" Rafaella zeigte ein freudloses Lächeln. "Diese Kette ist nicht die einzige, die gefunden wurde. Ich habe insgesamt acht entdeckt." Zum Beweis holte sie ihre Sammlung heraus. Sie legte die Ketten auf den Tisch und deutete auf das Muster, das die Kettenglieder bildeten. "Jede Kette hat ihr eigenes Muster."

Schweigend betrachtete Allen die Ketten. "Sie sehen alle gleich aus." "Ja, sie sind identisch. Und es ist das Muster von Kalia. Sie wollte, dass wir sie finden. Sie ist die Anführerin, meine geschworene Schwester. Sie hat uns und unsere Ideale verraten, jetzt will sie uns in die Falle locken, und wenn es sein muss, werde ich sie umbringen." Stählerne Härte lag auf ihrem Gesicht, und die Entschlossenheit in ihrem Blick verbot jede weitere Frage.

"Wie ihr meint. Könnt ihr uns irgendwelche Informationen über dieses angebliche Versteck geben?" Rafaella verzog das Gesicht bei dem Wort angeblich, hielt es aber anscheinend für überflüssig, etwas darauf zu erwidern. "Noch besser. Ich kann euch eine Karte zeichnen. Ich war auch einmal dort. Kalia hat uns allen die Kammern und Gänge die sie dort entdeckt hat, voller Stolz gezeigt. Aber glaubt nur nicht, dass uns das viel nützen wird. Sie erwartet, dass wir kommen. Sie wird alles getan haben, um zu verhindern, dass unsere Ortskenntnis uns etwas nützt. Aber wir haben einen Vorteil, möglicherweise den entscheidenden."

"Und der wäre?"

"Sie war schon immer sehr engstirnig. Sie wird niemals erwarten, dass ihr kommt. Sie wird glauben, dass wir alle unsere Schwestern zusammen trommeln, um sie anzugreifen. Aber das wird nicht passieren. Dafür werden ihr und eure Männer ihre Räuberhöhle ausräuchern. Und das bringt uns noch einen Vorteil."

"Und der wäre?" fragte Allen wieder einmal.

"Keine von uns könnte mit einem Guymelef angreifen." "Scheherazade." Rafaella nickte "Scheherazade."
 

Allen stand neben Rafaella auf der Brücke des Crusadors. Die Morgensonne hing tief über den Bergen, und beleuchtete eine Anzahl von zerfaserten Wolken. "Ihr habt gestern immerzu von eurer Schwesternschaft gesprochen. Ich habe noch nie davon gehört. Was muss ich mir darunter vorstellen? Eine Gruppe Frauen, die sich dem Kriegshandwerk verschrieben haben?"

Rafaella lachte, so dass ihre feuerrote Mähne in sturmgepeitschten Wellen um sie herum flog. "Oh nein, die wenigsten von uns sind ausgesprochene Krieger. Wir tun alles das, was die Frauen woanders auch tun. Nur dass wir ein paar Berufe ausüben, die sonst den Männern vorbehalten sind." "Wie der Krieg. Findet ihres richtig, dass auch Frauen kämpfen?" Allen konnte sich nicht vorstellen, dass eine Frau für einen Krieg geeignet war, ob sie nun kämpfen konnte, oder nicht.

"Findet ihr es denn richtig, dass Männer kämpfen? Wenn Frauen herrschen würden, gäbe es jedenfalls weniger Kriege. Wie dem auch sei, diejenigen von uns, die sich für das kämpfen entscheiden, sind nicht schlechter als Männer. Eher besser, denn wir bilden alle richtig aus, und schicken nicht Leute aufs Schlachtfeld, die bis vor ein paar Tagen nur ihre Dreschflegel geschwungen haben." "Aber sollen sie ihr Zuhause nicht verteidigen?" "Warum werden sie denn angegriffen?" fragte Rafaella voller Verachtung. "Es geht doch immer nur um Macht. Und die Menschen leiden darunter."

"Ich bin ein Ritter des Himmels geworden, um so etwas zu verhindern." "Mag sein, aber..." Sie seufzte "Hören wir auf damit. Das bringt sowieso nichts. Ihr wolltet mehr über unsere Schwesternschaft erfahren. Nun, wie gesagt sind nur wenige Kriegerinnen. Aber alle von uns werden zum Kampf geschult, um sich zu verteidigen."

Sie runzelte die Stirn. "Wie kann ich es euch am besten erklären. Unsere Schwestern kommen aus allen Schichten. Meist sind es die Mädchen, die es zu Hause nicht mehr ausgehalten haben. Zum Beispiel weil sie nicht am Herd stehen und für eine Horde Kinder sorgen wollten. Oder sie wurden von ihren Eltern misshandelt. Oder einfach irgendwo ausgesetzt. Das kommt öfter vor als ihr denkt."

Allen schluckte. Sie schien aus eigener Erfahrung zu sprechen.

"Andere wiederum suchen nur nach einer Möglichkeit, sich selbst zu verwirklichen. Alles Gründe, bei denen man einen Jungen wegen seines Mutes loben würde. Aber bei Frauen ist es Verantwortungslos. Oder noch schlimmeres."

Allen kam nicht dazu, etwas zu erwidern, denn in diesem Moment erschien der Berg, den sie ansteuerten vor ihnen.

Aufgeregt deutete Rafaella auf eine Stelle am Hang. "Dort ist der Eingang." "Gades, wir landen. Wenn wir Glück haben, haben sie uns noch nicht gesehen."
 

Sie hatten Glück. Der Eingang zur Höhle war außen nicht einmal bewacht. Lediglich ein großes, hölzernes Tor mit Eisenbeschlägen hinderte sie am Eindringen. Rafaella schnaubte zufrieden, und wandte sich an Allen, der neben ihr im Dickicht lag. "Das wird einfacher als erwartet. Holt euren Guymelef, und brecht das Tor auf. Wenn wir Glück haben, sind sie so überrascht, dass wir den Großteil von ihnen erledigt haben, bevor sie eine richtige Verteidigung aufbauen können." "Gut, ihr wartet hier mit Gades und den anderen, bis ich wieder da bin." Rafaella nickte, und sie robbten zu den wartenden Männern zurück.

"Ich hole Scheherazade. Und dann brechen wir diese Höhle auf, und fangen die Banditen."

"Zu Befehl Kommandant." Allen lief zum Crusador, um seinen Guymelef zu holen. "Du bleibst besser in meiner Nähe, Mädchen. Ich will ja nicht, dass deinem hübschen Köpfchen was passiert." Unterdrücktes Gelächter antwortete ihm. "Aber glaube nicht, dass ich das Kindermädchen für dich spiele. Für einen so großen Jungen bin ich noch etwas zu jung." Gab sie ihm schlagfertig zurück, und hatte jetzt die Lacher auf ihrer Seite.
 

Mit einem gewaltigen Krachen brach Scheherazade durch das Tor. Meter große Bruchstücke von Baumstämme sausten durch die Luft. Sobald der Weg frei geräumt war, stürmten die Besatzung des Crusadors und die Soldaten, die Allen zusätzlich mitgenommen hatte, mit frenetischem Jubel durch die so entstandene Öffnung.

Von innen ertönten überraschte Schreie, die oftmals abrupt abbrachen, oder in einem Röcheln endeten. Rafaella stürmte an der Spitze der Truppe, und ihrem Schwert konnte nichts entweichen. Schließlich hatten sie die Banditen in die Enge getrieben, und sie ergaben sich.

"Ich sehe hier aber keine Frau." Meinte Allen zu Rafaella, als sie die Männer fesselten. "Aber sie muss hier irgendwo sein!" widersprach sie energisch, doch mit einem Funken Verzweiflung in den Augen. Was war, wenn sie gerade nicht da war, auf einem Beutezug vielleicht? Oder hatte Kalia von ihrem Plan erfahren, sie nicht mit den Schwestern anzugreifen, und statt dessen Hilfe von außerhalb zu holen?

"Hier ist ein Geheimgang!" rief da einer der Männer, und Rafaellas Hoffnungen stiegen. "Ein Gang oder ein versteckter Lagerraum?" fragte Allen den Soldaten. "Ein Gang. Scheint ziemlich oft benutzt zu werden."

"Da wird sie sein!" rief Rafaellla wütend aus. "Versteckt sich wie ein räudiger Köter. Aber ich werde sie mir schnappen!" Sie rannte in den Gang, und Allen hinterher. "Ihr bleibt hier!" rief er seinen Leuten noch zu, bevor er verschwand.
 

Der Gang war schlecht beleuchtet. Nur einige wenige Öllampen spendeten ein dürftiges Licht. Schon nach kurzer Zeit kamen sie zu einer Gabelung. "Ich gehe rechts lang, ihr links." Entschied Rafaella und stürmte davon, ohne Allen die Chance zu einer Antwort zu geben. Fluchend lief er in den linken Gang. Er hoffte, dass diese Kalia, wenn sie wirklich hier war, auch die einzige war. Denn sonst waren sie gefährlich in der Unterzahl, und jetzt auch noch getrennt. Warum musste dieses Weibsstück auch so versessen sein!
 

Allen lief schon eine ganze Zeit den Weg durch die Felsen entlang, als er ein helles Licht bemerkte, dass hinter einer Biegung flackerte. Vorsichtig schlich er heran, bemüht, kein Geräusch zu verursachen, dass ihn verraten könnte. Bevor er um die Ecke sah, hörte er eine kreischende Frauenstimme.

"...alles so schön durchdacht, und dann kommen diese verfluchten..." Er blickte um die Ecke, und sah eine Frau in schwarzer Rüstung eilig die verschiedensten Sachen zusammen packen. Die Halle in der sie sich befand, war dem Aussehen nach ein alter Tempel, hell erleuchtet, aber zerfallen.

Plötzlich stieß Allen mit dem Fuß gegen etwas, und ein lautes Scheppern hallte durch die Gänge. Die Frau fuhr herum, und starrte ihn an. Er war zu erschrocken gewesen, um sich rechtzeitig aus ihrer Sicht zu entfernen, und nun hatte er zwei Möglichkeiten. Kämpfen, oder Verstärkung holen. Wenn er weglief, konnte die Frau bestimmt durch einen anderen Gang entkommen. Da sie anscheinend allein war, beschloss er, sie zu stellen. Mit gezogenem Schwert ging er auf sie zu.

"Ergebt euch. Eure Männer sind tot oder gefangen, und ihr könnt nicht entkommen!"

Die Frau lachte und zog ebenfalls ihr Schwert. Es war eine kurze, breite, gebogene Klinge. Allen hatte von solchen Schwertern gehört. In der Hand eines fähigen Kämpfers waren sie genauso gefährlich wie ein Zweihänder. Ihre Stärke lag nicht in der Kraft, mit der sie geschwungen wurden, sondern in der Geschicklichkeit und Geschwindigkeit der Angriffe. Er hatte keinen Zweifel, dass diese Frau über alle erforderlichen Fähigkeiten verfügte. Ihre Bewegungen waren geschmeidig und lauernd, wie ein Tiger vor dem Angriff. Allen schluckte. Es würde ein harter Kampf werden. Er hatte keine Ahnung von ihrem Kampfstil, und durch die Form des Schwertes waren einige böse Tricks möglich, die sich ihm erst offenbaren würden, wenn es zu spät war.

Mit einem Aufschrei stürzte sich die Frau so überraschend auf ihn, dass ihm keine Zeit für eine ordentliche Abwehr blieb. Ihre Hiebe kamen in einem barbarischen Wirbel, mit einer Geschwindigkeit, die ihre Schläge zu verwischenden Schemen machte. Ehe er sich versah, hatte er mehrere Schnittwunden an Armen, Beinen und Oberkörper.

Verbissen griff auch er an, aber für jeden Treffer, den er anbringen konnte, musste er mehrere Wunden hinnehmen. Schließlich kam der Moment, als ihre Klinge seine Hand traf, und der Schmerz seine Finger auseinander zwang. Mit tödlichem Klirren fiel sein Schwert auf den steinernen Boden, und die Frau lachte triumphierend.

"Das wäre also dein Ende. Schade eigentlich, du warst ganz unterhaltsam. Aber du wirst sicher verstehen, dass ich jetzt gehen muss. Grüße deine Vorfahren in der Hölle. Auf mich wirst du noch eine Weile warten müssen." Er war zu schwach, zu entkräftet vom Blutverlust, um sich noch wehren zu können. Allen blickte auf ihren Krummsäbel, der hoch in die Luft stieß, einmal herum wirbelte, und dann in einem flachen Bogen auf seinen Kopf zuraste. Die Klinge kam näher, und er spürte das Blut aus seinen zahlreichen Wunden tropfen. Er hörte das singende Geräusch, mit der die Klinge die Luft zerschnitt, nur noch einen halben Meter von ihm entfernt. Er sah in die Augen der Frau, die ihn jetzt töten würde...

...Und sah die Überraschung darin, als ihre Klinge nur Zentimeter vor seinen Augen gestoppt wurde.

"Du bist wie immer zu voreilig, Kalia."

"Rafaella!" Sie spuckte den Namen wie einen Fluch heraus. "Du! Ich hätte es wissen müssen. Elende Hure, ich werde dich töten. Und zwar ganz langsam!" Allen stolperte zurück, als die zwei Frauen wie entfesselte Bestien aufeinander losgingen.

"Verräterin! Wie konntest du es wagen, die Schwesternschaft zu verraten, nach allem was wir für dich getan haben! Du hast mit mir in einem Zimmer gelegen, und das Essen mit mir geteilt. Ich ekele mich bei dem Gedanken daran!"

"Mich hast du schon angeekelt, als ich dich das erste Mal gesehen habe!" erwiderte Kalia, und ihre Klinge kreuzte sich mit der Rafaellas.

"Wir haben einmal Seite an Seite gekämpft. Ich nannte dich Schwester, und habe dich als eine solche angesehen. Ich verstehe nicht, wie du uns so hintergehen konntest"

"Macht, meine Liebe, Macht! Ich plünderte die Händler, um an Geld zu kommen, denn Geld bedeutet Macht. Und wenn ich die Macht gehabt hätte, hätte ich diese verschrumpelte Angsthäsin von Gildenmutter abgesetzt, und mich an die Spitze gesetzt. Dann hätten wir endlich die Position haben können, die uns gebührt."

"Du bist ja wahnsinnig! Weißt du nicht, was das letzte Mal passiert ist?"

Allen blickte verständnislos von einer zur anderen. Er verstand nur die Hälfte von dem, was sie sagten. Es schien sich um eine alte Auseinandersetzung zu handeln, von der er keine Ahnung hatte.

"Doch das weiß ich! Im letzten Moment habt ihr Angst gekriegt, und aus war es. Das Ergebnis waren noch mehr Ärgernisse als zuvor. Doch ich hätte es besser gemacht! Ich hätte nicht gekniffen!" Düsteres Lachen kam von ihren Lippen, und der letzte Funken Hoffnung in Rafaellas Augen erlosch.

"Du bist wirklich wahnsinnig. Es tut mir leid... Schwester." Mit Tränen der Wut und Verzweiflung hieb Rafaella auf ihre Gegnerin ein.

In diesem Moment hörte Allen das Getrappel zahlreicher Stiefel hinter sich. Gades kam an der Spitze eines halben Dutzends Männer. Erleichtert ließ er sich zu Boden sinken.

"Kommandant!" rief Gades erschrocken aus, als er den Ritter sah. "Was ist mit euch... Oh mein Gott!" Voller Entsetzen starrte er auf die Szene, die sich vor seinen geweiteten Augen abspielte. Rafaella und Kalia hieben aufeinander ein. Kalias Krummschwert wirbelte nahezu unsichtbar auf ihre ehemalige Gefährtin zu, die ihre Schläge immer in letzter Sekunde abblocken konnte.

"Wir müssen ihr helfen!" rief Gades, doch Allen hielt ihn auf. "Nein, Gades. Das ist ihr Kampf. Sie muss ihn alleine austragen. Außerdem würdest du sie nur behindern." Gades ließ seinen Blick zweifelnd zwischen seinem Kommandanten und den Kämpferinnen hin und her pendeln, doch schließlich gab er nach. "Wie ihr meint." Seufzte er, und ließ das erhobene Schwert sinken.

Außerdem hatte Allen Recht. Der Kampf wurde noch schneller und nach wilder, obwohl Gades geschworen hätte, dass das nicht möglich wäre. Wie Wildkatzen duckten sich die Kontrahentinnen unter ihren Schlägen, wichen aus, stachen zu, machten Finten und überraschende Bewegungen. Sie wirbelten umeinander, schneller, als es das Auge sehen konnte. Gades fragte sich, wie sie die Schläge ihrer Gegnerin überhaupt wahrnahmen, geschweige denn, darauf reagieren konnten. Es musste wohl daran liegen, dass sie sich so lange kannten. Sie hatten bestimmt schon oft miteinander und gegeneinander gekämpft, doch diesmal war es keine Übung, sondern tödlicher Ernst. Beide bluteten bereits aus mehreren großen Wunden.

Dann passierte es. Keiner der Männer hatte den entscheidenden Schlag gesehen, die rasche Bewegung, den Fehler Kalias oder was auch immer. Auf jeden Fall hatte sie auf einmal das Schwert Rafaellas zwischen den Rippen stecken.

Entsetzt und voller Unglauben starrte Kalia auf den kalten Stahl, der sich in ihre Lunge gebohrt hatte. "Nein, nein, das kann nicht sein!" röchelte sie. Dann kippte sie nach vorn in die Arme von Rafaella. "Du kannst mich nicht besiegen. Ich bin besser als du, ich war es schon immer."

"Jetzt nicht mehr." Sagte Rafaella leise, und strich Kalia über ihr blondes Haar. Kalia hustete, und ein Schwall roten Blutes ergoss sich auf ihre Schwester. "Das kann nicht sein." Sagte sie noch einmal, dann erlosch das Licht in ihren Augen, und ihr lebloser Körper lastete auf Rafaella.

Die Frau mit dem flammend rotem Haar, deren Rüstung von Blut besudelt und im Schein der Kerzen zu brennen schien, sank weinend zusammen. "Wieso Schwester? Wieso musstest du uns verraten?"

Mühsam erhob sich Allen, und ging an seinen erstarrten Männern vorbei. "Lasst sie los. Sie ist tot. Und ihr müsst eure Wunden versorgen."

Doch Rafaella hörte nicht auf ihn. "Warum? Warum ausgerechnet du?" "Hört ihr nicht..." "Lasst mich los! Kalia, Liebes es gibt etwas, dass ich dir noch sagen muss. Du weißt, das Blut zählt bei uns nicht. Wir waren beide noch kleine Kinder, als die Schwestern uns völlig allein im Wald fanden. Ja, uns, denn wir waren zusammen. Du kannst dich nicht mehr erinnern. Du warst damals noch ein so kleines Mädchen, du warst noch nicht mal entwöhnt.

Aber ich, ich bin ein paar Jahre älter. Ich konnte mich noch schwach erinnern. Als ich dann eines Tages diejenige fragte, die uns gefunden hat, erzählte sie mir nach einigen Zögern, was damals passiert ist. Kalia. Sie hat uns gefunden, zusammen, und ich hatte einen Zettel in der Tasche. "Wer immer meine zwei kleinen Töchter findet, bitte, kümmert euch gut um sie. Die kleine heißt Kalia, und die größere Rafaella." Kalia, ich habe dich immer Schwester genannt, so wie die anderen. Aber ich war wirklich deine Schwester. Nicht nur im Geist, sondern auch im Blut. Bitte vergib mir."

Sie schloss die Augen der Toten, und ließ ihren Körper zu Boden gleiten. Behutsam zog Allen die Frau mit sich, die gerade die Person getötet hatte, die ihr am meisten bedeutet hatte- ihre leibliche Schwester. Der Arzt würde sich um die Wunden ihres Körpers kümmern, doch die Narben auf ihrer Seele würden nie verheilen.
 

Verstohlen wischte Neela sich eine Träne aus ihrem Auge. "Ritter Allen hat damals verloren, doch er war nicht der einzige. Auch die, die gewonnen hat, hat eigentlich verloren." Beendete der Erähler seine Geschichte.

"Aber warum?" Saskis Stimme war voller Unglauben. "Wenn sie wirklich Schwestern waren- wie konnten sie dann gegeneinander kämpfen? Und wie konnte Rafaella Kalia töten?"

Der Erzähler seufzte, und stand langsam auf. "Sie hat Kalia getötet, weil sie sie geliebt hat." "Was?" "Sie wusste, dass ihre Schwester noch mehr Unheil angerichtet hätte, und das konnte sie nicht zulassen. Sie fühlte sich dafür verantwortlich, dass sie Kalia nicht aufgehalten hatte, bevor jemand zu Schaden kam. Egal, ob das tatsächlich möglich gewesen wäre, oder nicht."

Er drehte sich um, und wollte davon gehe, aber Neela hielt ihn auf. "Warum hast du uns eine solch traurige Geschichte erzählt?"

Neela und der Erzähler blickten sich in die Augen, und deutlich spürte Saski das seltsame Verstehen, das zwischen den beiden herrschte. Niemand außer ihr durfte ihn kritisieren, und diese Frage war Kritik- und keine freundliche.

"Ich weiß es nicht genau." Antwortete er Neela, und er schien nur zu ihr zu sprechen. Sie war die einzige, der er sich manchmal offenbarte. Es war, als ob sie die einzige war, der er vertraute. "Vielleicht wollte ich dir zeigen, dass einem das Schicksal manchmal Dinge auferlegt, die man nicht tun möchte. Oder vielleicht wollte ich euch auch nur den wahren Grund nennen, aus dem solche Turniere wie das morgen veranstaltet werden- damit die Krieger ihre Geschicklichkeit einmal anwenden können, ohne töten zu müssen. Den wenn das nicht so wäre, würden sie früher oder später verrückt werden. Aber wie gesagt, ich weiß es nicht."

Ohne ein weiteres Wort ging er davon, und die beiden Mädchen schauten ihm nachdenklich hinterher. Wer weiß, was für dunkle Geheimnisse er in sich trug.
 



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von: abgemeldet
2004-04-17T13:20:12+00:00 17.04.2004 15:20
die Geschichte ist lustig geworden, obwohl doch jeder weiss das Allen der bessere ist, aber Van der süssere ;-)


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