Feiernation
Entspannt lehnte sich Iroh zurück. Der wohlige Geruch von frischgekochtem Jasmintee umwehte seine Nase; zufrieden nahm er ein paar Schlucke und betrachtete das Zimmer. Seit Monaten, wenn nicht sogar Jahren begleitete er seinen Neffen auf der Suche nach dem Avatar. Dem einzigen Menschen, der alle vier Elemente dieser Welt bändigen konnte. Der als Einziger in der Lage dazu war. Doch der Avatar war vor über 100 Jahren spurlos verschwunden, niemand, der ihn gesucht hatte, hatte auch nur das geringste Anzeichen gefunden, dass er überhaupt noch am Leben war.
Dass Feierlord Ozai seinen einzigen Sohn auf diese Mission geschickt hatte, glich einer Verbannung ins Exil. War Zuko die Rückkehr an den Hof erst so richtig gestattet, würde er den Avatar auf dem Silbertablett präsentieren – tot oder lebendig. Iroh konnte über das Verhalten seines Bruders nur den Kopf schütteln.
Dennoch würde er Zuko niemals im Stich lassen. Und so begleitete er ihn auf dieser scheinbar fruchtlosen Reise.
Bis sie eines Tages am südlichen Wasserstamm das scheinbar unmögliche gesehen haben: Den Avatar. Er lebte und war, ganz entgegen ihrer Vorstellungen, ein kleiner Junge. Iroh schätzte ihn auf höchstens elf oder zwölf Jahre. Dennoch gelang es ihm mithilfe zweier Südstammbewohnern die Flucht von ihrem Schiff. Was nur dafür gesorgt hatte, dass Zukos Laune sich verschlechtert hatte. Aber er konnte auch das alte Partyfieber in seinen Augen sehen, er wünschte sich nur, es wäre aus einem anderen Grund entfacht.
Doch er vertraute darauf, dass sein Neffe eines Tages zu Sinnen kommen würde. So lange würde er ihm zur Seite stehen und ihm mit einem seiner Ratschläge helfen. Er musste nur geduldig sein.
Für Zuko dagegen war Geduld mehr als ein Fremdwort. Wütend schlug er die Tür auf, durchschritt den Raum und hämmerte unentwegt auf den riesigen Kapitänstisch. Iroh beobachtete ihn gelassen.
„Ich verstehe es einfach nicht, wieso nur?“
Zuko bemerkte die Anwesenheit seines Onkels nicht, und so ließ er seiner Wut freien Lauf.
„Wieso nur bin ich ein solcher Versager? Ich hatte den Avatar hier, auf meinem Schiff; und dann ließ ich ihn einfach entkommen! Wieso bin ich nur so unfähig? Kein Wunder, dass ich meine Ehre nicht wiederbekomme …“
Er seufzte auf, dann fuhr er hoch.
„Ach, Onkel, Ihr seid es nur. Habt Ihr euch wieder Tee gemacht? Trinkt Ihr denn gar nichts anderes?“
Iroh ließ die Frage unbeantwortet, er schwenkte lediglich seine kleine Teetasse in der Luft.
„Immerhin habt ihr die Gewissheit, dass der Avatar noch lebt. Er ist zwar jung, aber immerhin gibt es ihn. So wisst Ihr immerhin, dass Ihr auf keiner sinnlosen Mission unterwegs seid.“
Doch Zuko konnten diese Worte nicht beruhigen.
„Dummerweise bekomme ich meine Ehre nicht zurück, indem ich Vater erzähle, dass der Avatar noch lebt und noch in unserer Welt ist. Er will den Avatar vor seinen eigenen Füßen haben!“
„Was denkt Ihr, wird euer Vater mit dem Avatar machen, wenn er Ihn erstmal haben wird?“, hakte Iroh nach, doch Zuko winkte ab.
„Das interessiert mich nicht, solange mein Vater mir meine Ehre wiedergibt, kann er mit ihm machen, was er will …“
Ein weiterer Seufzer.
„Ich möchte doch nur, dass mein Vater mich respektiert. Dass er meine Fähigkeiten anerkennt. Dass er mich ansieht und Dinge sagt wie Zuko, du bist mein Sohn oder Ich bin stolz auf dich. Aber dafür werde ich wohl noch eine Menge trainieren müssen. Und dann, eines Tages, werde ich den Avatar schnappen können. Dann wird er mir nicht noch mal entwischen können!“
Traurig wand er den Blick von seinem Neffen ab. Er würde wohl mehr als nur Geduld haben müssen, bis sein Neffe den richtigen Weg für sich finden wird. Keinen, den ihm sein Vater vor die Füße gelegt hat. Einen, bei dem er er selbst und glücklich sein konnte.
„Nun, ich weiß, dass Ihr meine bescheidenen Ratschläge nicht so gerne hört, aber lasst mich trotzdem erstmal ausreden.“
Genervt, aber auch mit einer Spur Neugierde setzte er sich auf den Kapitänsstuhl und sah seinen Onkel an. Den Kopf auf seine Faust gestützt.
„Versucht einfach weniger, wie euer Vater und mehr wie der Prinz Zuko zu sein. Entwickelt eure eigene Trainingsmethode; eure eigenen Fähigkeiten und dann werdet ihr eines Tages als ein unsterblicher Partykönig in die Legenden eingehen.“
„Das mag sein, aber deswegen werde ich trotzdem nicht der nächste Feierlord werden!“
Wütend schlug Zuko seine Fäuste auf den Tisch, Konfetti flog durch die Luft. Iroh sah ihn an, und konnte nicht nur Wut, sondern auch Enttäuschung sehen.
„Ich werde nie so genial wie meine Schwester sein. Sie wird bestimmt der nächste Feierlord werden; und auch die Anerkennung von Vater bekommen, die er mir verwehrt …“
Schweigen füllte den Raum. Iroh trank den letzten Schluck seines Tees, Zuko dagegen vergrub seinen Kopf unter seinen Armen. Erst, als sich eine Hand auf seine Schulter legte, blickte er wieder nach oben.
„Nun, das ist auch der Unterschied. Ihr seid Prinz Zuko und ganz und gar nicht wie eure Schwester. Glaubt mir, eines Tages wird der Unterschied so gewaltig sein, dass Ihr es nicht glauben könnt. Abgesehen davon hat sie den Avatar noch nie gesehen; und du hast dagegen schon gegen ihn gekämpft. Das ist, wenn es auch nur meine bescheidene Meinung ist, eine sehr große Leistung.“
Zuko erwiderte nichts, aber man sah ihm an, dass er doch ein wenig über die Worte seines Onkels nachdachte.
„Wer weiß, vielleicht seid Ihr sogar zu etwas viel Größerem bestimmt, als Feierlord zu werden! Etwas wirklich großem und tollem!“
Zwar hatte dies eine motivierende Wirkung auf Zuko, jedoch nicht in der Art, wie Iroh sich das gewünscht hatte.
„Du hast Recht, Onkel. Und zwar werde ich derjenige sein, der den Avatar fängt und die ganze Welt zu einem Feierort macht. Die Feiernation wird die mächtigste auf der Welt sein! Und dann, dann wird Vater mir wieder in die Augen sehen!“
Iroh schüttelte erneut den Kopf, dann ließ er das Thema auf sich beruhen.
Geduld, ich brauche einfach nur Geduld. Wenn auch in der Größe des gesamten Erdkönigreiches.
„Wenn ich Euch etwas vorschlagen darf, Prinz Zuko, ein kleines Training, hier und jetzt? Nur, um Eure Fähigkeiten zu festigen.“
Zuko lächelte, dann stand er auf und sah Iroh in die Augen.
„Sehr gerne Onkel, aber glaubt ja nicht, dass ich es auch leicht machen werde. Ich habe Luftballons und Luftschlangen, die werden auch die Augen verzaubern. Außerdem habe ich eine neue Geheimwaffe. Die wird sogar den Avatar beeindrucken können!“
Iroh erwiderte das Lächeln, lächelte sein Neffe doch viel zu selten. Die meiste Zeit zierte ein grimmiger Gesichtsausdruck sein Gesicht, was Iroh auch genauso oft bedauerte.
„Neffe, Ihr werdet es auch nicht leicht haben, hier trifft die Jugend auf die Erfahrung eines Alten.“
Beide grinsten sich an, bereit, jederzeit mit einem Überraschungsangriff loszulegen.
„Viel Glück, alter Mann … und danke … für all das, was Ihr gesagt habt … denkt aber nicht, dass ich Euch deswegen schonen werde!“
Mit einem Schwung warf Zuko rote Luftschlangen nach seinem Onkel, der sich ein wenig darin verhedderte.
„Nicht schlecht, aber was sagt ihr dazu?“
Iroh griff ihn ebenfalls an, dabei lächelte er immer noch.
Ich weiß es, eines Tages wird sich meine Geduld auszahlen, Feierprinz Zuko.
Bis dahin würde er an seiner Seite stehen, ihm mit seinen Ratschlägen helfen und Jasmintee trinken.
