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Tote Seele

Nicht nur der Körper kann sterben...
von

Vorwort zu diesem Kapitel:
Hier das erste von drei Kapiteln.
Mehr sind jedenfalls nicht geplant.
Also dann...los gehts.
Bis nächste Woche und liebe Grüße,
BloodyRubin Komplett anzeigen

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Aufgabe

Sanft schimmerte das Licht des Halbmondes auf den fast menschenleeren Park. Kirschblüten trieben, von warmer Luft getragen, in Richtung Boden, wo sie einen hellen Teppich bildeten. Es war eine wunderschöne Sommernacht. Unbeachtet von den Wenigen, die sich noch im Park aufhielten, spazierte Tanuma Kaname den sandigen Weg entlang. Ihm gefiel es, sich mal ganz seinen Erinnerungen und Gedanken hinzugeben. Außerdem faszinierte ihn die Umgebung, die fast etwas Märchenhaftes hatte.

Nach einer Weile erreichte er eine Brücke, unter der sich eine Autobahn hindurchschlängelte und erblickte dort jemanden, den er kannte. „Natsume. Was machst du noch so spät hier?“ Keine Antwort. „Natsume?“ Verwirrt trat Tanuma näher. Sein bester Freund bewegte sich keinen Millimeter. Mit leeren Augen starrte er geradeaus, ohne wirklich etwas zu sehen. Trotz der Wärme trug er ein langes Hemd und eine Jeans. Noch seltsamer war, dass seine Katze nirgendwo zu sein schien. Das passte alles nicht zusammen. Tanuma ging noch näher an den anderen heran und tippte ihm auf die Schulter. Natsume reagierte kaum. Er drehte leicht den Kopf, erkannte ihn, lächelte aber nicht, sondern wandte sich sofort wieder ab. „Hallo.“ sagte er mit so leiser Stimme, dass man sie kaum hörte. „Was hast du? Ist etwas passiert?“ „Nein...“ Eine schlechtere Lüge hatte der Schwarzhaarige selten gehört. „Ich sehe doch, das dich etwas belastet. Willst du darüber reden?“

„Nein...“ „Wo ist eigentlich Ponta?“ „Fort...er wird nie wieder zurückkommen.“ „Was? Natsume, was ist los?“ „Nichts...“ Seine Worte machten Tanuma wütend. Er packte den anderen an den Schultern und drehte ihn zu sich. „Ich dachte, wir wären ehrlich zueinander. Jetzt sag mir endlich, was...“ Erschrocken stoppte er. Einer der Ärmel von Natsumes Hemd war hochgerutscht und nun erst bemerkte er sie. Tiefe, halb verheilte Schnitte, die sich auf der Haut seines besten Freundes befanden. „Natsume...dein Arm...“ Sofort wich dieser zurück. Tränen stiegen ihm in die Augen. „Das geht dich nichts an. Lass mich in Ruhe.“ Inzwischen hatte sich Tanumas Sorge zu einer regelrechten Panik entwickelt. Nie zuvor hatte er den anderen so gesehen. Er wollte Natsume umarmen, doch als er auf ihn zuging, wich der Braunhaarige noch weiter zurück. „Natsume...bitte...ich will dir helfen.“ „Du kannst mir nicht helfen. Niemand kann das.“

Tanuma fühlte sich wie einem Alptraum. Das konnte doch alles nicht sein. Jetzt erst realisierte er, wie schlimm dieser wirklich aussah. Von dem sanften, freundlichen Jungen, den er kannte, war nichts mehr übrig geblieben. Nun schien er nur noch eine leere Hülle zu sein. „Ich bitte dich...Natsume...“ Wieder keine Antwort. „Hast du Probleme mit einem Youkai?“ „Nein...“ „Haben deine Pflegeeltern etwas herausgefunden?“ Diesmal ein Kopfschütteln. Das beruhigte Tanuma ein wenig. Dennoch...was hatte seinen besten Freund so erschüttert, dass er sogar begonnen hatte, sich selbst zu verletzen? Er beschloss, einen letzten Anlauf zu machen, den anderen zum Reden zu kriegen. Sollte das auch nichts bringen, würde er es für heute gut sein lassen und es am nächsten Tag erneut versuchen. Schließlich wollte er nichts erzwingen. „Vertraust du mir nicht mehr?“

Endlich verschwand der ausdruckslose Blick in den hellbraunen Augen und wurde zu einem Gemisch aus Angst, Schuld und Trauer. „Doch...natürlich tue ich das. Aber...ich...“ Natsume brach ab, während ihm Tränen über die Wangen liefen. „Hey...ist doch okay...du musst nicht darüber reden. Es tut mir leid, dass ich dich gedrängt habe. Komm, ich bringe dich nach Hause.“ Tanuma wandte sich ab, doch ehe er einen Schritt machen konnte, gruben sich lange Finger in den Stoff seines Oberteils. „Ich kann nicht...er wird mich erwarten...“ „Er? Wer ist er?“ „Seji Matoba.“ Bei der Aussprache dieses Namens begann Natsume zu zittern. „Wer ist das? Ein Bekannter von dir?“ „Ganz im Gegenteil...wir waren schon immer auf verschiedenen Seiten. Er ist grausam und schreckt vor nichts zurück. Als wir uns das erste Mal getroffen haben, hat er versucht, mich zu erwürgen. Beim zweiten Mal hat er mich gefangengenommen und beim dritten Mal hätte er fast Nyanko-sensei getötet. Ich habe keine einzige gute Erinnerung an ihn.“

„Keine Sorge.“ erwiderte Tanuma. „Wenn er dich wirklich erwarten sollte, bin ich ja auch noch da. Er wird dir nicht zu nahe kommen, dafür werde ich sorgen.“ „Das ist er schon...“ murmelte Natsume so leise, dass der Schwarzhaarige es fast überhört hätte. Er drehte sich wieder zu dem anderen um. „Was soll das heißen? Bist du ihm etwa wieder über den Weg gelaufen?“ Natsume nickte nur. „Hat er dir etwas getan?“ Erneut ein Nicken und noch mehr Tränen, die nun einen steten Strom bildeten. Dieses Nicken verstärkte die Panik, die immer noch in Tanuma schwelte, um ein Vielfaches. „Was?“ hörte er sich selber krächzen. „Was hat er getan? Hat er dich etwa geschlagen?“ „Nein...das nicht...“ „Irgendetwas ist aber passiert, oder?“ Schweigen. „Natsume!“ Der Kopf des Braunhaarigen ruckte hoch und Tanuma schrak zurück, als er den Blick in diesen einst so sanften Augen sah. „Er hat mich vergewaltigt, okay? Bist du jetzt zufrieden?“ Während seiner letzten Worte sank er an dem Gitter der Brücke zusammen und schluchzte ungehemmt.

Schock lähmte Tanumas Körper. Er hatte sich bestimmt verhört. Das konnte einfach nicht sein. Aber Natsume, der vor ihm auf dem Boden hockte und dessen Körper unter seiner Trauer bebte, würde ihn bei solch einer Sache auf keinen Fall anlügen. Fast wünschte sich der Schwarzhaarige, der andere hätte weiterhin geschwiegen. Eisige Kälte durchflutete ihn und seine Gedanken rasten. Er wollte etwas sagen, er wollte auf etwas einschlagen, er wollte schreien, er wollte... Er wollte so vieles, doch alles, was er tun konnte, war dazustehen und Natsume völlig fassungslos anzustarren. Nach Ewigkeiten brachte er dann doch etwas heraus. „Er...hat...was?“ Der Junge vor ihm erhob sich wieder. Sein Gesicht war durch das Weinen gerötet und immer noch flossen ihm weitere Tränen über das Gesicht. „Nicht nur einmal... Das Ganze geht schon seit über einem Monat. Er hat mir gedroht, meiner Ersatzfamilie etwas Schreckliches anzutun, wenn ich irgendjemandem etwas sage...Aber ich kann einfach nicht mehr...Ständig in Angst leben zu müssen...Die Dinge, die er mit mir macht...Ich hasse es...Ich hasse ihn...Ich hasse mich...Dafür, dass ich so schwach bin...dafür, dass ich niemanden beschützen kann...Ich hasse mich...“

„Natsume...“ Unsicher brach Tanuma ab. Etwas ihn ihm war zersplittert, während er dem anderen zugehört hatte. Die Panik und die Kälte waren verschwunden. Jetzt herrschte nur noch Leere in ihm. Warum hatte er nichts bemerkt? Schließlich ging er mit Natsume in eine Schule. Ihm war nur aufgefallen, dass der Braunhaarige ruhiger und unkonzentrierter geworden war. Außerdem hatte er sich geweigert, weiterhin beim Sportunterricht mitzumachen, was ihm eine scharfe Rüge des Lehrers und ein langes Gespräch mit dem Schulleiter eingebracht hatte. Nie wäre Tanuma darauf gekommen, dass er... Nein, für Ausflüchte war es zu spät. Er war Natsumes bester Freund. Er hätte etwas bemerken müssen.

„Es tut mir so leid. Aber ich hatte wirklich keine Ahnung...“ „Ist schon gut.“ Zum ersten Mal lächelte Natsume, was den Schwarzhaarigen irgendwie beunruhigte. „Vielleicht war es ganz gut, dass du mir heute begegnet bist. So hatte ich die Möglichkeit, mich doch noch gegen Matoba aufzulehnen. Ich danke dir, Tanuma. Für alles.“ „Was redest du denn da?“ „Es ist, wie ich gesagt habe...Ich kann nicht mehr...Leb wohl...“ Damit breitete der Braunhaarige die Arme aus und ließ sich, immer noch lächelnd, nach hinten fallen. „NATSUME!“ Tanuma stürzte vor, doch er war zu langsam. Wie von weit entfernt hörte er ein Quietschen und einen Knall, dann breitete sich eine grauenhafte Stille aus. Nun war es Tanuma, dem die Tränen kamen. „Nein...warum? Warum? Ich hätte dir doch irgendwie geholfen...Warum musstest du so weit gehen? Natsume...“ Lange stand er nur da, inmitten der fliegenden Kirschblüten und trauerte um seinen besten Freund. Erst als er sich wieder einigermaßen beruhigt hatte, schaffte er es, sein Handy aus der Tasche zu holen. Mit zitternden Fingern wählte er die Nummer der Polizei. „Guten Abend...Tanuma Kaname hier...Ich...ich möchte einen Selbstmord melden...an der Kagurashibrücke...“



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  Eveyleinchen
2015-07-15T20:16:57+00:00 15.07.2015 22:16
woah... das war heftig... irgendwie is meine stimmung jetzt ganz bedrückt... aber das heißt, du hast deinen Job richtig gemacht! Mich erstaunt immer noch was für einen Auswirkung Geschichten auf einen haben können... Oh, Hi erstmal! Da bn ich wieder! mich wird man halt nicht so schnell los xD Auch wenn ich den Manga/Anime, zu dem diese FF gehört nicht kenn, ich glaub nur den Titel hab ich schon mal gehört, musste ichs trotzdem lesen xD Nur drei Kapitel? Kurz aber heftig dann, was? ich hab grad nich so das Gefühl dass hier irgendwas gut wird *Tränen in den Augen hab* aber das willst du mir armen kleinen Eve doch nich antun, oder? Ich hoff jetzt einfach mal, dass es sich doch noch zum guten wendet... Alsu bis bald!


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