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Corrupt Me!

von

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Fatal Shot

Mit Mühe hob Christoph den Blick und sah tatsächlich, dass Raphael direkt hinter Will Becker stand und ihm eine Pistole an den Hinterkopf drückte. Er wirkte ziemlich sauer und man hätte echt meinen können, dass er abdrücken würde. Und wahrscheinlich musste sich der Tätowierer auch in diesem Moment wirklich beherrschen, um diesem Verlangen nicht nachzugeben, denn wenn er wütend wurde, dann konnte er auch gewalttätig werden. Aber so ganz verstand der 24-jährige das nicht. Woher wusste Raphael, dass sie hier waren und wie hatte er so schnell herkommen können?

„Raphael… woher…“

„Nachdem ich erfahren habe, dass du einen Arzttermin hast, war mir klar, dass der Kerl hier alles tun würde, um zu verhindern, dass ans Tageslicht kommt, dass er dich seit geraumer Zeit mit Frostschutzmittel und Abflussreiniger vergiftet und dich deshalb abfängt. Darum habe ich dein Handy geortet und mich direkt auf den Weg gemacht.“

„Frostschutzmittel?“ fragte Christoph und konnte es kaum glauben. Wie zum Teufel hatte Will es denn geschafft, ihm so etwas unterzujubeln, ohne dass er irgendetwas gemerkt hatte? Er hätte doch irgendetwas merken müssen. Raphael, der sich mit so etwas offenbar auskannte, erklärte es ihm.

„Er hat die Energy Drinks mit Frostschutzmittel versetzt, sodass es aufgrund des extrem süßen Geschmacks nicht auffällt. Allerdings hatte mich der scharfe Nachgeschmack stutzig gemacht und ich hatte da schon so einen gewissen Verdacht. Darum hatte ich dir angeraten, die Kohletabletten zu nehmen und die Drinks nicht mehr anzurühren. Gegen so eine Vergiftung sind diese Präparate sehr hilfreich. Da ich aber keine Beweise und keine belegbaren Indizien hatte, sondern nur vage Vermutungen, konnte ich nichts tun. Also installierte ich daraufhin die Kameras, um deinen Kollegen auf frischer Tat zu ertappen, aber der Kerl hat sich geschickter angestellt als erwartet und als du mir die Halsrötung und den Hautausschlag beschrieben hast, hatte ich geahnt, dass er wohl auch dein Essen mit Abflussreiniger vergiftet. Darum habe ich ihm heute einen Besuch abgestattet und ihm gedroht, ihn an die Bullen zu verraten, nachdem ich endlich filmen konnte, wie er während deiner Abwesenheit heimlich dein Essen vergiftet hat. Und zudem habe ich durch ein paar Recherchen erfahren, dass er große Mengen an Fluorsulfonsäure unter einem falschen Namen bestellt hat. Er hätte deine Leiche einfach darin aufgelöst, ins Abwasser gekippt und diese Weise würde deine Leiche nie gefunden werden, was es extrem schwierig gestalten würde, ihn mit dem Mord in Verbindung zu bringen. Vor allem, wenn es weder Leiche noch Tatort gibt. In diesen Fällen ist die Aufklärungsrate sehr niedrig. Und wären die Bullen dennoch aufmerksam geworden, hätte er den Verdacht einfach auf mich gelenkt. Ich bin ja sowieso wegen Totschlags vorbestraft und da wäre es kein Kunststück gewesen, wenn er mir den Mord untergeschoben hätte. Das wäre für die Bullen ein gefundenes Fressen gewesen und für sie wäre es um einiges logischer gewesen, wenn ein verurteilter Totschläger einen Akademiker umbringt, zu dem er Kontakt hatte und den er eh überwacht hat. Niemand würde dann noch den Kollegen mit der vermeintlich weißen Weste verdächtigen. Blöd nur, dass ich genug Ahnung von Medizin habe, um die Symptome für solche Vergiftungen zu erkennen und damals den gleichen Gedankengang hatte, als ich mir überlegt habe, wie ich meinen Vater aus dem Weg räumen könnte. Da brauchte ich auch kein Genie sein, um auf den Einfall mit der Säure zu kommen, um eine Leiche zu vernichten.“

Will Becker war wie erstarrt und kreidebleich im Gesicht. Offenbar hatte er nicht damit gerechnet, dass Raphael die ganze Sache so durchschauen würde. Selbst Christoph hätte so etwas nicht erwartet. Offenbar hatte der Tätowierer schon die ganze Zeit ein wachsames Auge auf ihn gehabt und die ganze Zeit Beweise gegen Will gesammelt, um ihm das Handwerk zu legen. Darum wollte er also nicht, dass ich das Haus verlasse, dachte sich Christoph und begriff so langsam die ganzen Zusammenhänge. Er wollte verhindern, dass ich in Schwierigkeiten gerate. Und damit ich nicht auch noch zu Will renne und in Gefahr gerate, hat er mich extra im Unwissen gelassen, damit er das alleine klären konnte.

„Du… du hast die ganze Zeit versucht, mich zu beschützen?“

„Hey, ich mag zwar so einiges auf dem Kerbholz haben und nicht gerade der Vorzeigetyp sein, aber ich lasse doch nicht zu, dass hier irgendjemand umgebracht wird. So und jetzt zu dir, du Dreckskerl… Jetzt legst du schön die Knarre weg, nimmst die Hände hinter den Kopf und stellst dich mit dem Gesicht zur Wand!“

Raphael sah wild entschlossen aus. Und seinem Blick war deutlich anzusehen, dass er im Notfall sogar schießen würde, wenn es zu brenzlig werden würde. Er war bereit, so etwas zu tun, weil er Christoph um jeden Preis beschützen wollte. Genauso wie er damals seine Mutter beschützen wollte und dafür seinen Vater totgeprügelt hatte. Doch dieses Mal war es anders. Denn jetzt war er bereit, seine Freiheit und seine Zukunft für jemanden aufs Spiel zu setzen und ihn mit allen Mitteln zu beschützen, der es auch wert war, beschützt zu werden. Christoph war der erste Mensch, der ihn so lieben konnte wie er war und darum würde er nicht zulassen, dass ihm etwas passierte.

Ein eiskaltes Lachen kam von Will, der sich nicht so schnell eine Blöße geben wollte.

„Wieso? Willst du mich erschießen?“

Hieraufhin drückte Raphael die Mündung seiner Pistole noch fester gegen den Hinterkopf und musste sich wirklich beherrschen, um sich nicht schon wieder von seiner Aggression übermannen zu lassen, die ihn schon allzu oft in Schwierigkeiten gebracht hatte.

„Das hättest du wohl gerne was? Mach schon, oder ich werde dir deine Zähne einzeln rausschlagen, bevor ich dir ein drittes Nasenloch verpasse.“

Damit befolgte Will gehorsam Raphaels Anweisungen und so widmete sich der Tätowierer Christoph und nahm ihm die Fesseln ab, wobei er sich noch erkundigte, ob alles in Ordnung sei. Der 24-jährige nickte und war froh, dass es nur Tritte waren, die er hatte einstecken müssen. Wenn Raphael später gekommen wäre, dann hätte er jetzt garantiert im Säurebad gelegen. Zum Glück hatte Schlimmeres verhindert werden können. Erleichtert atmete er auf und wollte aufstehen, allerdings tat ihm der Kopf noch ziemlich weh und er wankte ein wenig. Ihm war schlecht und bei ihm drehte sich alles. Schlimmstenfalls hatte er eine Gehirnerschütterung. Er geriet ins Straucheln und wäre gestürzt, hätte Raphael ihn nicht aufgefangen.

„Hey Chris, mach bloß nicht schlapp!“

Diesen kurzen Augenblick der Unachtsamkeit, in der Raphael seine ganze Aufmerksamkeit kurz Christoph widmete, nutzte Will Becker, der zuvor noch mit einer Waffe mattgesetzt worden war. Dieser hob blitzschnell seine Pistole und zielte damit auf Raphael und Christoph. Raphael, der gerade den benommenen Christoph festhielt, konnte nicht mehr schnell genug reagieren, um die Waffe auf Will zu richten. Er wusste, dass er nur eine Wahl hatte.

„Chris! Runter!“

Damit packte er ihn stellte sich schützend vor ihn. Einen Moment später hallten drei Schüsse durch den Raum.
 

Christoph war für einen kurzen Moment wie taub durch den ohrenbetäubenden Knall der Schüsse. Durch den heftigen Kopfschmerz und das leichte Pfeifen im Innenohr war er wie benommen und wurde mit zu Boden gerissen, als Raphael, der ihn immer noch schützend festhielt, zusammenbrach. „Raphael?“ Christoph befreite sich aus dem Griff und sah mit Entsetzen zwei Schussverletzungen in Raphaels Rücken. Ihm war, als würde ihm der Boden unter den Füßen weggerissen werden. Sein Verstand war wie gelähmt und er war nicht fähig, auch nur irgendetwas zu tun. Eine lähmende Hilflosigkeit überkam ihn, als ihm klar wurde, was passiert war. Raphael hatte sein Leben riskiert, um ihn zu beschützen.

„Raphael!“

Der Tätowierer brachte nur ein schwaches Keuchen zustande und regte sich kaum noch. Seine Wunden bluteten stark und schlimmstenfalls waren wichtige Organe oder Arterien verletzt worden! Raphaels Gesicht war von Schmerzen gezeichnet und sein Atem ging flach und keuchend. Entsetzliche Angst überkam Christoph. Wenn niemand kommen würde, um sie zu retten, dann würden sie sterben und Will würde sie beide erschießen. Wie um alles in der Welt hatte es nur so weit kommen können, dass sie in so eine Situation hineingeraten waren, in der sie dem Tod ins Auge sehen mussten? Hatte er irgendeinen Fehler gemacht und trug in irgendeiner Weise Schuld an dieser Situation? Gab es denn überhaupt keine Hoffnung mehr? Würden sie hier wirklich sterben müssen? Christoph sah zu Will, der die Pistole auf ihn gerichtet hielt und den Mundschutz abgenommen hatte.

„So, jetzt reicht es mir endgültig. Es wird Zeit, dass du endlich verschwindest!“

Christoph wusste, dass es nichts mehr gab, was er tun konnte. Er war nicht schnell genug, um einer Kugel auszuweichen und in diesem Schockzustand würde er ohnehin noch länger brauchen, bis sein Körper endlich reagieren würde. Und Raphael war schwer verletzt und konnte sich kaum bewegen.

Es hieß, dass im Augenblick des Todes das Leben an einem vorbeiziehen würde wie ein Film. Nie hatte Christoph daran geglaubt. Doch nun, da er selbst den Tod vor Augen hatte, war ihm, als würde sein Leben tatsächlich noch ein einziges Mal wie ein Film vor seinem geistigen Auge ablaufen. Er musste an seine Kindheit denken, die er relativ alleine verbracht hatte, da ihn die Welt der Mathematik mehr fasziniert hatte als alberne Kinderspiele. Wie er ein Teil der Familie Strauss geworden war und mit 16 Jahren nach seiner Mutter gesucht hatte, um zu erfahren, warum sie ihn ausgesetzt hatte. Er dachte an die Zeit in der Uni und seine Arbeit. Wie er die russische Wissenschaftlerin Dr. Kasakowa bewundert hatte, die nicht nur geistig, sondern auch körperlich in Topform gewesen war und sogar zweimalige Weltmeisterin in MMA gewesen war. Er erinnerte sich, wie er daraufhin selbst mit dem Kampfsport angefangen hatte… auch belanglose Dinge wie sein Alltag oder die wenigen Frauengeschichten kamen ihm in den Sinn. Und irgendwie blieb dieses beschissene Gefühl zurück, als wäre das alle nicht wirklich das gewesen, was er wirklich wollte. Wirklich alles hatte er überlebt. Er hatte als Säugling überlebt, als seine Mutter ihn in einer Mülltonne „entsorgt“ hatte und als er beinahe einen Blinddarmdurchbruch gehabt hatte und die Knochenbrüche bei der Karate Weltmeisterschaft hatte er überstanden. Und nun würde er im Alter von 24 Jahren in einem heruntergekommenen Apartment erschossen werden. Was für ein scheußlicher Gedanke, insbesondere weil er wusste, dass Will ihre Leichen einfach in Säure auflösen und ihre verflüssigten Überreste in die Kanalisation kippen würde. Doch dieser Gedanke an das, was ihm nach seinem Tod blühen würde, erschien ihm nicht so schlimm als der Gedanke daran, dass er so früh sterben musste, nachdem ihm sein Leben so einsam und trostlos erschien. Nun, im Grunde stimmte es auch. Er hatte kaum Freunde und selbst seine Arbeit erschien ihm nicht mehr länger von Bedeutung. Alles, was er je wollte, war…

Seine Brust schnürte sich zusammen und er ergriff Raphaels blutverschmierte Hand. Tränen sammelten sich in seinen Augen und selten hatte er sich etwas so sehnlich gewünscht, als jemanden an seiner Seite zu haben, der ihm die Liebe geben konnte, die ihn niemand hatte geben können. Er wollte bei Raphael bleiben und ihn besser kennen lernen. Alles, wirklich alles war nicht mehr wichtig für ihn, aber er wollte wenigstens eine einzige Chance bekommen, um noch etwas Zeit mit Raphael zu verbringen.

Als wäre sein Wunsch tatsächlich erhört worden, spürte er, wie Raphael seine Hand drückte.

„Chris…“

Christoph hielt seine blutverschmierte Hand fest und bereitete sich innerlich auf das Unvermeidliche vor. Er sah in Raphaels kreidebleiches Gesicht und spürte, wie sich seine Brust schmerzhaft zusammenschnürte.

„Chris“, brachte Raphael mit Mühe hervor. „Schlie… schließ die Augen.“

Langsam nickte Christoph und schloss die Augen und drückte Raphaels Hand. Nie hätte er gedacht, dass er jemals solche Angst vor dem Tod haben würde.

Ein eiskaltes Lachen ertönte und er hörte, wie Wills Schritte immer näher kamen.

„So und jetzt ist endgültig Schluss! Fahrt zur Hölle!“

Und damit hallte ein erneuter ohrenbetäubender Schuss durch den Raum und traf sein tödliches Ziel.


Nachwort zu diesem Kapitel:
Tja, damit hätte wohl niemand gerechnet, was? Will Becker ist ein skrupelloser Giftmischer und aus der Rettungsaktion wird ein absolutes Horrorszenario. Nennt mich ruhig eine Sadistin, aber auf diese Szene hatte ich mich schon irgendwie gefreut. Ich liebe eben solche dramatischen Momente und ich kann mir gut vorstellen, dass einige unter euch jetzt erst mal ziemlich geschockt sind. Aber leider ist es halt bei mir so, dass ich oft und gerne solch heftige Szenarien einbaue. Bei Last Desire hab ich auf diese Weise mehr als fünf Charaktere über den Jordan gehen lassen. Aber wartet bitte mit den Fackeln und Heugabeln noch! Die Fanfiction ist ja noch nicht vorbei. Komplett anzeigen

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Kommentare zu diesem Kapitel (6)

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Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von:  San-Jul
2015-08-03T07:41:36+00:00 03.08.2015 09:41
Hah,
ich wusste es doch,
du kannst es halt nicht lassen, deine lieben Leser vollkommen in den Wahnsinn zu treiben ;)
ich freu mich schon auf das nächste Kapitel <3
Ganz liebe Grüße
San-Jul
Antwort von:  Sky-
03.08.2015 10:21
Tja, ich bin eben in der Hinsicht ein klein wenig sadistisch und liebe es, meine Leser ein wenig zu ärgern. Und ich liebe es auch ein wenig theatralisch xD
Von:  Amy-Lee
2015-08-02T18:17:24+00:00 02.08.2015 20:17
Oh, man was für ein Ende.
Ich hoffe unsere 2 Helden kommen durch und dieser von Neid zerfressene Mistkerl bekommt seine gerechte Stafe.

Ich freue mich schon auf das nächste Kap.
Bye
Von:  Scorbion1984
2015-08-01T07:31:35+00:00 01.08.2015 09:31
Ich hoffe doch das die beiden Hauptakteure es irgendwie schaffen am Leben zu bleiben ! Sonst wäre die Geschichte doch wohl vorbei !
Von:  Himi-sama
2015-08-01T07:29:29+00:00 01.08.2015 09:29
Raphael hat bestimmt schon die Polizei vorher informiert. ... Anders kann ich mir jetzt keinen Reim drauf machen. Die Beiden sollen glücklich sein.. >___________<

Ich halt die Spannung nicht aus. 😣
Von:  schokodingsviech
2015-08-01T06:29:51+00:00 01.08.2015 08:29
Ich hoffe Will vergeht endlich sein scheußliches Lachen! Raphi hat doch bestimmt die Knarre noch in der Hand gehabt. :)

Von:  Imori
2015-08-01T02:51:20+00:00 01.08.2015 04:51
°__________________°


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