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Cursed Shadow

- verliebt in einen Dämon -
von

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Der Morgen

Eine sanfte Stimme rief meinen Namen. „Yuki.“

Sie hörte sich so schön an. „Yuki. Du machst das gut.“

Diese beruhigende Stimme. Ich kannte sie. „Deeon?“, fragte ich und öffnete meine Augen.

Ich lag noch in meinem Bett. Durch mein Fenster erkannte ich, wie einige dicke Wolken den hellen Mond bedeckten. Es war wohl mitten in der Nacht.

Dann kam jemand an mein Bett. Lange blonde Haare, wunderschönes Lächeln, elegantes Auftreten.

Ich setzte mich auf. „Deeon!“, erkannte ich ihn überrascht. „Aber.. aber...“, ich wurde rot. Hatte er mich beim Schlafen gesehen? Und ich trug doch nur mein Nachthemd. Wie peinlich.

„Du machst deine Arbeit wirklich gut. Ich danke dir, dass du dir solche Mühe gibst. Ich weiß wie viel du durchmachen musst Yuki.“, sagte er leise, schon fast flüsternd und setzte sich neben mich. „Ich weiß, dass du das schaffen wirst.“

„Ich.. Ich eh..“ stotterte ich und sah ihn mit großen Augen an.

Noch immer viel mir das Atmen schwer. Mein Fieber war auch noch spürbar. „Das mache ich doch gerne.“, sagte ich und versuchte mich nicht von meinen Kopfschmerzen ablenken zu lassen.

Plötzlich kam er mit ganz nahe und legte seine Hand auf meine Wange. „Yuki.“

Mir wurde noch wärmer als mir schon war. Ich sah ihn überrascht an und mein Herz schlug immer wilder. Ich spürte meinen Pults bis zum Hals. Mein Gesicht war ganz rot und ich hatte glatt das Atmen vergessen.

„Yuki. Egal was passiert, vergiss bitte nicht, dass ich auf deiner Seite bin! Das musst du dir immer sagen! Versprichst du mir das?“, erklärte er mir. Er sah mich dabei so liebevoll an. Doch ich sah Sorgen in seinen Augen.

Warum nur?

Ich nickte zuversichtlich, „Natürlich! Ich würde nie darauf kommen, dass du mir etwas böses wollen würdest!“. Ich griff nach seiner Hand. In diesem Augenblick hätte ich alles für ihn getan.

Er lächelte und küsste mich auf die Stirn. Es fühlte sich so wohl tuend und sanft an. „Ich gebe dir Kraft. Yuki. Du bist so tapfer, aber mehr kann ich erst mal nicht helfen.“

Entspannt schloss ich meine Augen. Meine Schmerzen waren wie ausgelöscht. Kein Fieber, kein Husten.

„Deeon.. ich...“, flüsterte ich verlegen.

„Du kommst ganz nach deine Mutter.“, hörte ich noch von ihm.

Fragend öffnete ich meine Augen wieder, „Meine Mutter?!“

Doch ich sah plötzlich in mein Zimmer. Er war verschwunden.

Und es war auch gar nicht mehr Nacht. Durch mein Fenster drang das Licht der schon hoch stehenden Sonne.

Habe ich geträumt? Ich faste mir an die Stirn. Dort wo er mich küsste.

Verblüfft legte ich meine Hände auf die Brust und sah zu Boden.

„Natürlich würde er nicht zu mir kommen…“, sagte ich enttäuscht und atmete tief ein. Noch im gleichen Atemzug drehte ich mich zur Seite und warf mich mit meinem Gesicht in das Kissen.

„Wie bescheuert bin ich denn?! Warum sollte jemand wie Deeon extra Nachts zu mir ans Bett.... und so süß und lieb… und… arg!“, mir waren meine eigenen Gedanken peinlich. Verärgert drückte ich mich fester in mein Kissen und moserte mit gedämpfter Stimme alle möglichen Schimpfwörter heraus.

Wie ein Kind Mit einem Tantrumanfall, dass sich auf den Boden wirft weil es sich ärgert, Trampelte ich mit meinen Beinen auf dem Bett herum.

Kurz danach lag ich nur dort.

Ich bewegte mich keinen Zentimeter. Am liebsten wollte ich mich im Sand vergraben. Zum Glück kannte ja niemand meine Gedanken.

Waren es denn wirklich nur Gedanken? War es wirklich nur ein Traum?

Langsam drehte ich meinen Kopf zur Seite. Deprimiert schnappte ich nach Luft. Ich sah dabei zu meinem Nachttisch. Dort erkannte ich die Tasse, welche der Schattenmann mir hingestellt hatte.

Ohje.

Ich konnte mich gar nicht mehr erinnern was gestern passiert war. Ich wusste nur, dass ich mir in den Kopf gesetzt habe, dem Schattenmann zu helfen!

Ich erinnerte mich, dass mir so extrem warm wurde.Ich erinnerte mich, an den Tee.

Dann sah ich auf meine Uhr, die direkt neben der Tasse stand.

Ich sprang schockiert von meinem Bett. „Was?! Schon 9.30 Uhr?!“, ich griff mir die Uhr und schüttelte sie einige Male um sicher zu gehen, dass sie auch funktionierte.

Vielleicht ist sie ja stehen geblieben?

Nein. Der Zeiger tickt.

Ich musste doch zur Schule! Schnell rannte ich zu meinem Kleiderschrank.

Welche Ausrede konnte ich mir jetzt noch einfallen lassen? Ich werde wieder auf dem Flur warten müssen. Ich werde bestimmt wieder nachsitzen müssen.

Erst sah ich betrübt zum Boden.

„Ich werde einfach nicht hingehen!“, sagte ich dann zu mir und sah in den Spiegel meines Schrankes. „Das sehe ich gar nicht ein!“, motzte ich laut und sah mich entschlossen an. „Ich werde mir heute einen schönen Tag machen! Genau!“. Ich ballte meine Faust fest zusammen und nickte mir zu.

Genau das war der Plan! Einfach das tun was ich wollte! Ich fühlte mich plötzlich voller Energie!

Mir von keinem heute etwas sagen lassen! Und einfach fröhlich sein!

Ich lächelte. Mein Strahlen ging von einem Ohr bis zum anderen. Direkt lief ich aus meinem Zimmer, durch das Wohnzimmer, in Richtung Bad.

Mir blieb noch der ganze Tag! Was sollte ich denn als erstes tun?

Im Bad angekommen drehte ich auch schon die Dusche auf. Schnell zog ich mich aus und sprang unter das warme Wasser.

Eine lange, erfrischende Dusche. Das hatte ich schon lange nicht mehr.

Ich ließ das Wasser über mein Gesicht fließen. Eine lange Zeit stand ich nur dort und schloss die Augen. „Hmmmh... das tut so gut...“, stöhnte ich zu mir.

Nach einer Weile putzte ich mir noch die Zähne und war auch schon fertig. Ich schnappte mir ein weißes Tuch und wuschelte mir nur fix durch die Haare.

Danach legte ich mir das Tuch um meinen Körper.

Die Dusche war so warm, dass der ganze Raum voller Wasserqualm war. Selbst mein Spiegelbild konnte ich nicht mehr erkennen, da der Spiegel vollkommen beschlagen war.

Ich wischte mit meiner Hand über den Spiegel und sah mich an.

„Heute wird ein guter Tag!“, sagte ich fröhlich und biss mir lächelnd auf die Lippe.

Ich war voller Energie. Ich war voller Eifer und Tatendrang. Ich konnte nur gute Laune haben!

Nebenbei summte ich ein Lied und wippte meinen Kopf hin und her.

„Was ziehe ich nur an?“, fragte ich mich und tapste mit leicht nassen Füßen zurück in mein Zimmer.

Ich stand vor meinem Schrank und öffnete die Türen. „Heute mal was schickes! Es ist ja nicht ganz so kalt! Vielleicht ein Kleid?“

Doch ich merkte wie meine Haarspitzen noch tropften.

„Oh nein!...“

Am Boden vor meinem Schrank war bereits eine kleine Pfütze. Schnell nahm ich mein Tuch von meinem Körper. Ich legte es vor mir auf den Boden und wischte die Pfütze weg.

„Ich sollte mir erst die Haare trocknen, bevor ich alles hier unter Wasser setze.“, sagte ich zu mir und ging wieder zu meiner Tür. Splitterfasernackt, nur mit dem Tuch leicht vor mich gehalten stand ich da.

Schnell wollte ich wieder ins Bad um meine Haare zu machen. Dort war es immerhin noch schön warm.

Ich legte den Türknauf um und öffnete meine Zimmertür.

Doch als ich heraus huschen wollte stand jemand vor meinem Zimmer.

Der Schattenmann befand sich mit gehobener Hand vor der Tür. Anscheinend wollte er klopfen.

Er sah mich verwundert an.

Ich sah ihn verwundert an.

Dann sah er an mir herunter.

Mit schockiertem Blick und stehen gebliebenen Atem starrte er mir schließlich in die Augen. Wie vereist versuchte er mit aller Kraft nicht erneut an mir herunter zu sehen.

Auch ich war verstummt. Ich blickte zu ihm hinauf. Dann wurde ich knall rot.

„DU SPANNER!“, schrie ich und knallte ihm die Türe vor seiner Nase wieder zu.

Ich hob das Tuch beschämt vor meinen Körper, lehnte mich an die Tür und versuchte wieder zu atmen.

„DU! KANNST DU AUFHÖREN STÄNDIG ZU SPANNEN!?“, schrie ich noch und rannte zu meinem Schrank. Schnell zog ich mir ein T-Shirt und eine Hose über.

Dann stürmte ich direkt wieder aus meinem Zimmer heraus.

Ich sah wie der Schattenmann am Tisch saß, mir den Rücken zugewannt, und sich nicht bewegte.

Voller Wut wollte ich sofort wieder Motzen. „WAS-“ begann ich, doch ich sah wie beschämt er seinen Handrücken vor seinem Mund hielt.

Was ist mit ihm?

Es hört sich sicher seltsam an, aber ich mochte es, wenn er verlegen wurde. Dann erkannte ich wieder den Menschen in ihm.

Kurz holte ich Luft und beruhigte mich etwas. „Was willst du hier?!“, fragte ich.

Er drehte sich um doch schwieg zunächst.

Dann sah er zur Seite und lächelte. „Ich wollte nur wissen wie es deinem Gesundheitszustand geht. Anscheinend ja wohl besser.“

Ich runzelte verwundert die Stirn. War er nur deswegen gekommen? Dann setzte ich mich ihm wieder gegenüber. „Du hättest dich ankündigen sollen...“ schmollte ich, ohne ihm weiter böse zu sein.

„Ich war dabei.“, begegnete er mir darauf und sah weg.

Ich wurde rot und sah auf meine Finger die nervös an meinem Shirt fummelten. „Du... du hast nichts gesehen?“, fragte ich unsicher. Natürlich wird er etwas gesehen haben. Immerhin bedeckte das Tuch kaum meinem Körper. Aber ich stand ja etwas hinter der Tür also wird er vielleicht doch nichts gesehen haben. Oder vielleicht doch?

„Ich habe nichts gesehen.“, antwortete er sicher.

„Du hast gar nichts gesehen?“

„Ich habe gar nichts gesehen.“

„Wirklich?“

„Wirklich.“

„Nichts?“

„Nichts.“

„Also komplett ehrlich jetzt?“

„Nicht so ganz...“

Ich lehnte mich schweigend zurück und sah wieder weg. Davon lasse ich mir nicht den Start in den Tag versauen!

Dann kicherte ich und wartete bis er mich fragend ansah.

„Hihihi.. Du hast mich in weitaus schlimmeren Situationen gesehen. Da ist das auch nicht mehr schlimm.“, lächelte ich ihn an, um die Situation zu lockern.

„Kann man sowieso nicht mehr rückgängig machen. Aber das ist kein Grund das zu wiederholen!“, sagte ich ihm und stand auf. „Ach. Gut, dass du da bist!“, fügte ich noch hinzu.

Er sah mir hinterher, wie ich wieder in mein Zimmer lief. „Ich habe was mit dir vor!“

Der Junge schreckte etwas zurück.

„Heute mache ich mir einen schönen Tag! Kein Stress, keine Schule, und KEINE Dämonen-Monster-Viecher die brutal sind! Und du wirst mich dabei begleiten!“, erklärte ich entschlossen.

Er atmete beruhigt aus. „Du denkst ich habe Zeit für solche Spielereien? Ich wollte nur sehen wie es dir geht. Es verwundert mich, dass du so schnell wieder gesund bist. Aber dann kann ich direkt wieder gehen.“, versuchte er mir meinen Vorschlag madig zu reden und stand eben so auf.

Er lief in Richtung der Haustür.

„Hey!“, motzte ich. „Warte! Hey!“

An der Tür blieb er schweigend stehen.

Ich sah aus meinem Zimmer heraus. „Es ist meine Aufgabe dir zu helfen! Und dadurch werde ich dir helfen! Also sei kein Feigling!“

Er drehte sich provozierend um. „Und das soll ich mir von dir sagen lassen?“

Aber ich ließ mich nicht von ihm ärgern. „In einer Stunde!“, sagte ich laut.

Er sah mich erstaunt mit großen Augen an. „Hmh?“

„In einer Stunde an dem großen Platz in der Stadt. Da ist in der Nähe ein großer Brunnen!“, ich wurde deutlicher mit meiner Stimme, „Da wo du mich im Regen sitzen lassen hast.“

Sein Blick verdüsterte sich. Beleidigt drehte er sich wieder um und ging aus der Tür heraus.

Mit einem Knall war sie auch schon wieder im Türrahmen eingerastet.

„Ich lasse mir den Tag nicht verderben!“, grinste ich erfolgreich.
 

Eine Stunde hatte ich angegeben.

In der Zeit schaffte ich es auch mit fertig zu machen. Am schwierigsten war natürlich die Auswahl der Kleidung. Etwas langes? Etwas kurzes? Es wurde langsam Winter. Es war etwas windig, aber warm. Die Haare zusammen? Oder offen?

Doch nur kurze Zeit später hatte ich schon mein Outfit zusammen.

Meine Haare in einem lockeren Zopf, einen grauen Düffelmantel, darunter einen weißen einfachen Pullover, einen schwarzen Faltenrock, kniehohe Strümpfe und Stiefeletten.

Schick aber gemütlich. Ich wollte mich doch wohl fühlen wenn ich aus dem Haus gehe. Die Kleidung hatte Nami mir natürlich geschenkt.

Schließlich zog ich noch meinen Mantel zurecht und bewegte mich zur Türe. Als ich endlich aus dem Haus wollte, griff ich mir noch meine Handtasche.

Da viel mir noch etwas ein! Ich blieb stehen und dachte nach. Meine Tasche. Ich hatte meine Schultasche mit meinen Sachen und meinem Handy in der Schule vergessen.

Wann sollte ich mir das wieder holen? Heute schon? Nein. Das wäre unsinnig.

Glücklicherweise hatte ich mein Portmonee in meiner Handtasche vergessen, was mir nun ganz gelegen kam. Dort war auch noch eine gut angesparte Summe drin. Immerhin hatte Nami mir die letzten Wochen immer alles bezahlt, wodurch ich kaum Ausgaben hatte.

Aber wann kümmere ich mich um die Schultasche?

„Nein!“, stoppte ich meine Grübelei, „Ich lasse mir von nichts den Tag verderben!“, flüsterte ich mir wieder zu. Zielstrebig legte ich mir meine Tasche um meine Schulter und lief aus dem Haus, „Keine Sorgen machen! KEINE Sorgen machen!“, und zog die Tür hinter mir zu.
 

Mit schnellen Schritten machte ich mich auf den Weg. Ich lief aus der Haustür und an meinem Haus vorbei. Kurz links abgebogen und wieder rechts durch die kleinen Gassen.

Währenddessen genoss ich die Sonne, die zwischen den kleinen Häuschen auf mein Gesicht strahlte. Es war ein schönes Wetter. Was ein Glück.

So ein schönes Wetter würde man gerne mit seinen Liebsten verbringen. Mit wem wäre ich am liebsten hier? Meinem Vater? Nami?

Leider hatte ich gar nicht so viele Menschen, mit denen ich meine Freizeit teilen wollte. Doch diejenigen mit denen ich meine Tage verbrachte, waren mir ans Herz gewachsen.

Dann senkte ich nachdenklich meinen Blick. Was wäre, wenn Deeon jetzt hier wäre? Und mit mir den Tag verbringen würde? „Hmh.. ich wünschte er wäre hier.“, nuschelte ich verträumt.

Hatte ich Deeon wirklich nur in meinem Traum gesehen? Werde ich Deeon überhaupt wieder sehen? Eigentlich hatte ich doch gar nichts mit ihm zu tun. Warum sollten unsere Wege uns noch einmal kreuzen?

Ich hatte wieder sein Gesicht vor Augen. Sein beruhigendes Lächeln, und seine sanfte Art. Die schützenden Arme die mich hielten und in denen ich für immer bleiben wollte.

Doch warum ich? Warum hatte er mich so beschützt? Nicht weil ich es bin. Sondern weil der Schattenmann mich in diese Situation gebracht hat.

„Ich möchte ihn so gerne wiedersehen...“, murmelte ich leise und stoppte meinen erst aufrechten und glücklichen Gang.

Ich runzelte die Stirn und und fühlte mich schlecht. Er war ein so edler Mann, der wahrscheinlich schon viel in seinem Leben erlebt haben muss. Wieso sollte er sich für mich interessieren? Die, die doch nichts kann. Die nichts besonderes ist.

Aber darüber zu grübeln machte es auch nicht besser. Was hätte ich schon tun können?

Hach, es war doch zum verrückt werden. Mag er mich überhaupt? Aber sonst wäre er doch nicht so nett zu mir. Bin ich überhaupt sein Typ? Diese Unsicherheit. Mein Magen drückte sich zusammen und mein Herz wurde schwer. So fühlte es sich wohl an wenn man verliebt ist.

Verärgert blieb ich stehen, „ARGH! Mano!“, fauchte ich laut und stampfte zickig auf den Boden. „Ich muss damit aufhören! Ich mach mir einen schönen Tag!“

Krampfhaft versuchte ich meine Laune zu ändern. Doch zielstrebig lief ich nun weiter mit dem Gedanken im Hinterkopf, nicht so viel zu grübeln. Einen Schritt nach dem anderen. Es dauerte auch gar nicht so lange, da war ich schon am großen Stadtplatz angekommen.

Ich lief zum Springbrunnen, welcher genau in der Mitte des Platzes stand und sah mich um.

In der Zeit, in welcher ich wartete, beobachtete ich die Leute, wie sie herum liefen. Es waren nicht so viele Leute unterwegs. Manche mit einem grimmigen Gesicht, andere mit neutraler Miene. Keiner versuchte aufzufallen und alle liefen unbemerkt aneinander vorbei.

Kurz noch nach links und nach rechts geschaut und dann setze ich mich auf den Rand des Brunnens.

„Ob er wohl kommen wird?“, fragte ich mich. Tief im Innern hoffte ich es.

Einerseits tat er mir so leid. Dieser einsame Junge, dem so viel Leid angetan wurde. Doch auf der anderen Seite war er so stur und dickköpfig, dass ich mich einfach nur über ihn aufregen konnte.

Für den Fall, dass er wirklich kommen sollte, wusste ich auch schon, was ich ihm als erstes zeigen wollte. Nicht weit von hier war mein lieblings- Kaffee. Dort wo ich als Kind immer von dem letzten Geld meines Vaters eine Kugel Eis bekommen habe.

Ich erinnerte mich daran, wie sehr ich in dieses Eis vernarrt war. Je älter man wird, desto weniger schätzt man solche Kleinigkeiten.

Damals war es für mich der Höhepunkt am Tag. Es war etwas so besonderes. Doch heute ist diese Freude einfach unterdrückt. Man ist nicht mehr in der Lage von diesen Momenten begeistert sein zu können, weil die Sorgen sich im Leben nur noch zu einem riesigen Berg häufen und die schönen Dinge verdecken.

Nachdem mich der Anblick der spazierenden Leute langweilte betrachtete ich den Himmel und die Vögel, welche weit über mich flogen.

„Hallo?“, hörte ich plötzlich eine junge Stimme von der Seite. Sanft weckte sie mich aus meiner Träumerei. Ich schüttelte kurz den Kopf. „Ehm.. eh. Ja?“, dann sah ich in das verweinte Gesicht eines kleinen Mädchens.

„Ich suche... was.“, stotterte sie und streckte mir einfach ihre Hand entgegen.

Eine Sekunde zögerte ich, doch verwundert kniete ich mich schließlich zu ihr hinunter „Was suchst du denn Kleine?“

„Ich... ich suche etwas... bitte...“ Immer wieder öffnete und schloss sie mit ihren kleinen Fingern ihre Hand. Doch sprach nicht weiter.

Ich nahm ihre Hand bedenkenlos in meine. „Aber was suchst du denn? Hast du etwas verloren?“

„Nein...“, sie schüttelte zurückhaltend den Kopf und richtete ihren Blick zum Boden.

Ich kam mir paranoid vor einem kleinen, weinenden Mädchen kein Vertrauen zu schenken, das mich ängstlich um Hilfe bittet, doch hatte ich ein ungutes Gefühl in ihrer Nähe.

Eigentlich habe ich es immer vermieden mit kleinen Kindern in Kontakt zu kommen, aber einfach gehen konnte ich nun auch nicht mehr.

Doch ich konnte dieses kleine Kind doch nicht einfach hier alleine stehen und weinen lassen. „Komm kleine Maus. Ich helfe dir. Sei nicht mehr traurig. Ok? Wir werden es schaffen.“, versuchte ich sie aufzuheitern.

Erschrocken starrte das Kind plötzlich hinter mich.

Ich erschreckte mich und drehte mich sofort um. „Was ist da?“

Eine dunkel gekleidete Person stand nicht weit hinter mir und lief auf uns zu. Meine Sorge verging jedoch direkt und ich atmete beruhigt auf. „Ach. Das ist nur ein Freund von mir. Er hilft uns bestimmt auch!“, versicherte ich dem Mädchen und drehte mich wieder zu ihr. Doch sie war verschwunden.

„Was?“, fragend stand ich auf und schaute mich um. Weder auf dem Platz noch auf dem kleinen Weg war sie zu sehen. Auch nicht an den Häusern oder am Brunnen. Sie war einfach verschwunden. „Wo... ist sie hin...?“, fragte ich verwirrt und sah in die Ferne.

„Wer soll wo sein?“, verhörte der Schattenmann mich. „Kaum bin ich weg, hast du schon wieder Probleme?“ Hochmütig verschränkte er die Arme und sah mich mit hochgezogener Augenbraue an.

Es war seine Absicht mit wieder mit seiner Äußerung zu provozieren, doch das ließ ich an mir vorbei fliegen. „Schön, dass du doch noch gekommen bist!“, grinste ich frech und wandte mich zu ihm.

„Ja... wie auch immer. Was hast du jetzt vor?“, rollte er als Antwort mit den Augen.

Ich kicherte nur. „Folge mir!“ Dann lief ich zu ihm, und legte meine Hand auf seine Arme. Der Junge blickte mich ganz verwundert an. Seine Arme öffneten sich. Schließlich hielt ich ihn an seiner Hand und lief voraus.

Es verschlug ihm direkt die Sprache. Er sah mich nur mit großen Augen an, schluckte kurz und folgte mir ohne weiteres Murren.

Seine Hand war kalt. Natürlich. Es machte mir schon nichts mehr aus. Ich lief mit ihm einfach etwas über den Platz, bis zu der Ecke eines Gebäudes.

Draußen sah man die weißen runden Tische mit den passenden Stühlen stehen. Es sah aus wie eine kleine Veranda, die von einem süßen weißen kleinen Gitter eingegrenzt wurde. Es nicht sehr groß, doch es sah sehr gemütlich aus. Über dem Glaseingang hing ein großes Schild mit der Aufschrift – Eiskaffee – .

Ohne Zeit zu verlieren machte ich es mir direkt auf einem dieser Stühle bequem. Der Schattenmann jedoch blieb stehen und sah mich nur reglos an.

„Setz´ dich!" grinste ich und zeigte auf die andere Seite meines Tisches.

Er verschränkte wieder seine Arme ineinander, „Wieso sollten wir uns einfach hier hin setzen?“

Doch ich reagierte nicht auf seine Frage. Erneut deutete ich mit meiner Hand auf den Platz. „Na los.“, lächelte ich. „Es passiert schon nichts schlimmes.“

Wieder sah er mich verdutzt an und zog die Augenbrauen hoch. Doch ihm wurde klar, dass ich nicht auf seine Fragen antworten würde.

Er fügte sich und trottete zum Tisch. Angespannt setzte sich mir gegenüber.

Einen Arm über die Stuhllehne, den anderen auf den Tisch. Etwas seitlich hatte er auf dem Stuhl platz genommen und sah sich zuerst die Umgebung an. Es war ihm sichtlich unangenehm und er blickte ständig beunruhigt umher.

„Entspann dich.“, versuchte ich ihn zu beruhigen und lächelte liebevoll.

„Mir gefällt nicht wie du grinst.", antwortete er nur launisch.

Um schnell der Situation zu entkommen griff ich mir die Eiskarte und huschte dahinter. "Hmh was nehme ich und was sollte er nehmen. Etwas besonderes aber nicht zu außergewöhnlich. Schoko-Mandel-Banane-Eis-Mix-Würfel-Wolken-Becher? Caramel-Tropfen-Vanille-Kescher-Wasserfall-Split-Eis? Oder lieber eine einfache große Kugel? Oh man. Was die Leute für Ideen haben.“ Ich blätterte weiter und schaute mir die verschiedenen Eissorten an während der Junge nur mürrisch da saß und wartete.

Nachdem ich einige Minuten schweigend hinter der Karte verschwunden war, blickte ich kurz über den Rand zum Jungen.

Seine beobachtenden, verärgerten Blicke trafen mich. Mit seinen Fingern klopfte er ungeduldig auf den Tisch.

Zurück auf der Speisekarte viel mir doch direkt ein Bild auf. „HA!", sagte ich. „Ich weiß was wir nehmen!" Grinste ich ihn an, schlug die Karte zu und legte sie mit einem Schwung auf den Tisch.

„Was ist das?", er lehnte sich vor um die Speisekarte zu nehmen. Doch im gleichen Moment zog ich ihm die Karte unter seiner Hand weg.

„Warte! Du wirst das schon sehen.", lächelte ich glücklich.

Doch er begegnete mir wieder mit einem Gesichtsausdruck aus welchem man gereizte Nerven und schlechter Laune lesen konnte. "Du weißt schon, dass ich wichtigeres zu tun habe?"

„Nein! Heute entspannst du dich mal!", widersprach ich ihm und lehnte mich bestimmerisch über den Tisch.

Ohne Antwort drehte er sich wieder von mir weg. Soll er doch. Sobald er das Eis schmecken sollte, wird es ihm schon besser gehen! Davon war ich fest überzeugt.

Dann begrüßte uns auch schon eine Frau mit Schürze, Zettel und Stift.

„Willkommen!“, lächelte sie nett. Ihr Blicke wanderten erst zu mir und dann zum Schattenmann. Unnötig strafte er auch die Kellnerin mit seiner finsteren Miene.

Sie machte schützend einen Schritt zur Seite und lächelte überfordert. „Eh... Haben sie sich schon entschieden?“

Ich hob die Hand und zeigte zwei Finger. „Zwei mal Spagetti!“, antwortete ich.

„Alles klar. Sofort.“ Sie notierte kurz etwas auf ihrem Zettel und sprintete sofort zurück in das Kaffee.

Als sie im Eingang verschwunden war, stützte ich meinen Kopf lächelnd auf meine Hände und betrachtete den Jungen ganz auffällig.

Er versuchte mich zu ignorieren. Doch meinen Blicken konnte er nicht entkommen. Seine Hand wurde ungeduldiger und sein Gesichtsausdruck genervter.

Immer schneller tapste er mit seinen Fingern auf den Tisch. Bis er plötzlich seine Faust zusammendrückte.

„Was ist?!“, moserte er.

„Erzähl mir was!“, antwortete ich gewappnet auf seine Frage.

Der Junge zögerte kurz. „Was soll ich dir denn erzählen?“

„Also erst mal solltest du mal lockerer werden. Und das wirst du indem du mir etwas erzählst! Ehm... Wie war dein Tag bis jetzt! Wie hast du geschlafen?“, versuchte ich mit ihm eine Konversation zu starten, welche nicht direkt negativ beginnen sollte.

Kurz sah er weg und atmete schwer ein. „Ich.. schlafe nicht.“, verriet er mir und richtete seinen Blick nachdenklich auf den Tisch hinab.

Überrascht sah ich ihm in seine von Trauer geplagten Augen. Erst zögerte ich. Doch ich konnte meine Neugier nicht zügeln.

„Du schläfst überhaupt nicht?“

Er setzte sich gerade hin und wurde wieder ganz ernst. „Nein. Es ist Jahre her, da schlief ich vor Erschöpfung ein. Ach ja. Und vor ein paar Tagen, als dein Schild meinen Angriff geblockt und auf mich zurück geworfen hat.“, erklärte er unangenehm.

Mein Schild? Ich erinnerte mich wieder. Ja! Mein Schild.

Das passierte wenn er mich angreifen sollte. Durch unseren Packt ist es ihm nicht möglich mich zu verletzen. -Er lässt mich am leben und im Gegenzug werde ich ihm nützlich sein.-

„Aber dann träumst du ja gar nicht! Träumen ist doch so schön.“, ich lehnte mich betrübt zurück und drehte meinen Kopf schräg.

„Das ist auch der Grund. Ich beabsichtige es nicht zu träumen. Es sind ja doch nur Albträume.“, seine Worte wurden immer leiser. Wieder legte sich eine düstere Stimmung um uns.

Mein Versuch ihn abzulenken und aufzuheitern funktionierte nicht.

Das war uns beiden sehr unangenehm. Ich biss mir nachdenklich auf die Lippe. Es konnte doch nicht sein, dass einfach alles was er erzählt unangenehm ist und eine schlechte Stimmung verbreitet!

„Nein!“, sagte ich laut und schlug auf den Tisch.

Der Junge schreckte zurück und sah mich verwirrt an.

„Ich will keine schlechte Stimmung heute!“, ermahnte ich ihn motzend.



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