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Lonely Star

[ Reiji x Aine ]
von

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The dream we shared, crushed my soul

Gut zwei Wochen nachdem Reiji erfahren hatte, dass sein bester Freund doch noch am Leben war, gab es noch immer keine Möglichkeit, dass er diesen sehen konnte. Der Professor ging ihm aus dem Weg, öffnete ihm nicht einmal die Tür, und Ai wollte er in die ganze Sache nicht auch noch hineinziehen. Seine verzweifelten Versuche, Aine wiedersehen zu können, trugen keine Früchte, weswegen er sich bemühte, sich weiter um die Musik zu kümmern. In der Hoffnung, sich auf diese Weise ablenken zu können.

Das war das erste Mal seit acht Jahren, dass seine Gedanken ständig abschweiften. Er hatte damals schon lange gebraucht, um Aines vermeintlichen Tod zu verarbeiten. Vielleicht, so glaubte er, war ihm das nie so wirklich gelungen. Und jetzt auf einmal sollte er akzeptieren, dass er da war … und er nicht zu ihm konnte? Er traute sich nicht einmal Kei zu kontaktieren, obwohl der Professor selbst ihm dies vorgeschlagen hatte.

Reiji war verletzt. Zum ersten Mal in seinem Leben wusste er nicht, wie er mit einer Situation richtig umgehen sollte. Aus diesem Grund suchte er Trost bei Ranmaru. Er war die einzige Person, mit der er reden konnte. Ranmaru hatte ihm in dieser Sache schon einmal geholfen, auf seine ganz eigene Art und Weise. Zudem erfuhr er von Ai genug, sodass er nicht einmal mehr viel erzählen musste.

„Reiji“, sprach Ai ihn an und deutete auf die Tür des Studiozimmers, in welchem sie sich befanden. Sie arbeiteten an den letzten Feinheiten ihrer Texte, bis sie endlich anfangen konnten, die Songs aufzunehmen. Jemand Unerwartetes stand in der Tür, ohne seine Ankunft mit einem Klopfen anzukündigen.

„Huh?“ Verwundert blinzelte Reiji in Richtung Tür. Im nächsten Augenblick war er aufgesprungen und zu dieser gerannt, blieb ein paar Zentimeter vor ihrem Besuch stehen, als die Erinnerung ihn einholte.

„Kei …“, nannte er ruhig dessen Namen, anstatt ihn freudig anzuspringen. Etwas, das er sowieso schon lange nicht mehr getan hatte, seit dieser ihm die Schuld an Aines ‚Tod‘ gegeben hatte. Auch wenn das inzwischen nicht mehr so war.

„Ich muss mit dir unter vier Augen reden“, sagte Kei kühl. Er schenkte Ai nur ein knappes Lächeln, bevor er den Raum schon wieder verließ, um draußen auf Reiji zu warten.

„Lange nicht gesehen“, meinte Reiji, als er die Tür hinter sich geschlossen hatte. Normalerweise würde er ihn zureden und mit Fragen löchern, aber die Sache mit Aine lag ihm quer im Magen.

„Hakase meinte, er hätte dir endlich erzählt, dass Aine wach ist.“

„Scheinbar wusste es jeder, außer mir“, entgegnete ihm Reiji unruhig.

„Red keinen Müll. Ich wusste auch nicht, dass er noch am Leben ist. Ich habe es erst erfahren, nachdem mich der Professor angerufen und mir erzählt hat, Aine möchte mich sehen“, erzählte Kei, doch konnte man hören, dass er ein wenig angepisst klang.

„Freut … mich für dich … euch. Geht es ihm denn inzwischen wieder besser?“, wollte Reiji wissen und versuchte dabei so ruhig wie möglich zu klingen. Der Schmerz, den diese Worte in ihm auslösten, überwog gegen die Eifersucht, die er empfand. Aine hatte nach Kei verlangt. Er wollte nur ihn sehen. Sofort, nachdem er aufgewacht war? Eigentlich war die Sache damit klar. Er wollte gar nicht mehr wissen.

„Oh Mann. Denkst du, ich bin hier, um dir jetzt eins auszuwischen? Um dir zu sagen, dass Aine und ich …?“, fing Kei an und lachte im nächsten Moment kurz auf. „Du bist echt ein Idiot!“

„Danke, das hat RanRan auch schon gesagt.“

„Wie dem auch sei. Aine macht langsam Fortschritte. Er schafft es wieder einigermaßen zu sprechen … ob er jemals wieder singen kann, steht allerdings in den Sternen.“ Seufzend strich er sich durch die Haare. Auch wenn er schon genug Zeit hatte, sich darüber Gedanken zu machen, war es nicht einfach, darüber zu reden. Er hörte Aine gern singen, vor allem seine Lieder, die er ihm immer geschrieben hatte.

„Aine ist stark. Wenn er will, dann schafft er es auch“, entgegnete Reiji, obwohl es ihm ebenfalls Sorge bereitete. Aine hatte eine wirklich wunderschöne Stimme. Sie war der von Ai natürlich ähnlich, jedoch ein wenig tiefer und … ganz besonders.

„Wahrscheinlich. Aber du hattest nicht ganz unrecht. Ich hab ihm endlich gesagt, dass ich auf ihn stehe. Hah. Schon die ganze Zeit. Und dass ich auf ihn warten würde, bis er wieder ganz gesund ist … aber ich hab‘ ‘ne klasse Abfuhr bekommen“, lachte Kei daraufhin. Es war gut, dass er das inzwischen mit Humor nehmen konnte. Er hatte gewusst, wie es um Aines Gefühle stand. Wirkliche Hoffnungen hatte er sich nie gemacht. Der Grund hierfür stand direkt vor ihm. Zu gut konnte er beobachten, wie dessen Gesichtszüge von traurig, geschockt, überrascht und fast schon erleichtert abspielten.

„Du … ähm … Kei, tut mir leid?“

„Mhh, kein Problem. Ich bin glücklich, wenn er die Person bekommt, die er will“, lächelte Kei ein wenig zweideutig. Nachdenklich verschränkteer die Arme vor der Brust. „Du solltest wirklich zu ihm gehen, Reiji.“

„Denkst du, ich hab‘ die letzten zwei Wochen irgendetwas anderes versucht?“

„Ich weiß, was du getan hast. Ich war die ganze Zeit bei ihm. Aber Aine … Ich denke, jetzt ist die richtige Zeit gekommen“, legte Kei ihm offen hin. „Ich kann dich zu ihm fahren, wenn du willst.“

„Moment? Du warst die ganze Zeit dort, als mich Hakase vor der Tür stehen gelassen hat?!“

„Beruhig dich. Wenn du mit Aine redest, klärt sich das Ganze auf. Ich kenn dich, leider ein wenig zu gut. Versuch eben Gesagtes nicht erst zu verarbeiten, sondern rede zuvor mit ihm“, gab Kei mit Nachdruck von sich. „Ich warte im Auto auf dich.“

Kei hatte recht. Reiji verstand noch nicht so ganz, was dieses Gespräch eben sollte. Warum sagte Kei ihm, dass Aine ihn zurückgewiesen hatte und er dennoch die ganze Zeit bei ihm gewesen war? Und nun wollte Aine doch mit ihm reden?

„Aine …“, kam nur leise über Reijis Lippen, nachdem Kei schon vorausgegangen war. Schnell sagte er noch den anderen Bescheid, dann folgte er Kei mit eiligen Schritten.
 

Wenig später, nachdem Schweigen im Auto herrschte, kamen sie endlich an. Die ganze Fahrt über war Reiji aufgeregt gewesen, und auch jetzt besserte sich dieser Zustand nicht. Kei redete kurz mit dem Professor, erklärte ihm, was Reiji bereits wusste und überließ diesen schließlich seinem Schicksal.

„Ich geb dir noch diese eine Chance! Viel Glück“, meinte Kei, lächelte seinen alten Freund an und stieg zurück in das Auto.

„Ich versteh überhaupt nichts mehr“, lachte Reiji gehalten.

„Tut mir leid wegen den ganzen Unannehmlichkeiten. Aber ich denke, Aine wird dir alles erklären. Erwarte nicht so viel von ihm, er ist noch geschwächt“, war alles was der Professor zu ihm sagte, ehe er ihn in das Zimmer führte, in welchem sich Aines Krankenbett befand. Dort ließ er die beiden allein.

Starr und ungläubig blieb Reiji bei der Tür stehen. Am anderen Ende des Raumes saß Aine in seinem Bett, die Augen geöffnet und wach auf Reiji gerichtet.

„Rei…ji“, kam es leise über seine Lippen. Schwach hob er die Hand und wollte sie nach Reiji ausstrecken, schaffte es aber nicht. Er sah ein wenig dürr aus, seine Augen fielen des Öfteren zu, bis er sie schwerfällig wieder öffnete. Sonst wirkte er schon unerwartet erholt.

„Ai… Aine … Aine!“, entwich es Reiji ein wenig zu laut, weshalb er sich die Hände auf den Mund schlug. Er spürte, wie ihm plötzlich die Tränen kamen. Es war ein unbeschreibliches Gefühl, welches ihn gerade durchflutete. Fast, als würde er nur träumen, doch dies hier war die Realität. Ein Alptraum, der endlich geendet hatte; ganz so, wie er es sich gewünscht hatte.

Es verging eine gefühlte Ewigkeit, bis er sich endlich in Bewegung setzte und neben Aines Bett zum Stehen kam. „Oh Gott, Aine … Du bist wirklich hier“, flüsterte er, wobei seine Hand zittrig nach der des Freundes suchte. Sie fühlte sich warm an. Ein weiterer Beweis, dass das hier kein Traum und Aine tatsächlich hier war. Direkt vor ihm, lebend.

Unerwartet erwiderte Aine diese Geste und griff ebenfalls nach seiner Hand. Mit schwachem Druck hielt er sie fest. Noch immer war dieses eine bestimmte Lächeln auf seinen Lippen zu sehen, bevor er erneut Reijis Namen aussprach. Diesmal deutlicher und sicherer als vorher.

„Ich hab dich so schrecklich vermisst, Aine. Ich dachte wirklich ich würde –“ Reiji wurde mitten in seinem Satz unterbrochen, als Aine sich ein wenig nach vorn beugte und ihm einen Finger auf die Lippen legte.

„Psst … Ich weiß. Ich weiß so viel von Ai“, erklärte er leise. Erschöpft sank er auf die Kissen zurück. „AiAi?“

„Setz dich bitte. Ich versuch’s … dir zu erklären.“ Es fiel ihm sichtlich schwer zu sprechen, aber er schien entschlossen, es probieren zu wollen.

„Ich bin hier… Ich hör dir zu.“ Mit diesen Worten setzte sich Reiji auf die Stelle, die Aine ihm mit der Hand deutete. Er war nun so nah bei ihm, dass er ihn hätte berühren können, wenn die Decke nicht zwischen ihnen gewesen wäre.

„Ich hoffe, Kei war nicht … so gemein zu dir. Ich wollte dich am Anfang nicht sehen, weil … ich nichts sagen konnte. Meine Stimme war einfach weg … Das Erste, was ich bewegen konnte, waren meine Finger gewesen, weshalb mir mein Onkel einen Laptop gegeben hat und ich … zu Beginn so mit ihm kommuniziert habe. Deswegen wollte ich erst Kei hierhaben. Ich wollte … dass er mit mir das Sprechen übt.“ Aines Sätze waren abgehackt. Seinen Worten folgten häufige Pausen und er musste etwas länger Luft holen, um sich nicht zu überanstrengen.

Reiji schwieg in der Zwischenzeit. Gelegentlich wischte er sich immer wieder die Tränen aus den Augenwinkeln, weil er es immer noch nicht glauben konnte.

„Der Laptop … Bitte, lies das.“ Aine deutete auf das kleine Gerät neben sich, welches Reiji gleich an sich heranzog. Er hatte es wirklich versucht, doch ihm war klar gewesen, dass ein Scheitern möglich wäre. Ihm fehlte noch die Kraft, um Reiji alles zu sagen, was ihm auf dem Herzen lag. Aus diesem Grund hatte er das Wichtigste für ihn schriftlich zusammengefasst.
 

»Es ist ziemlich peinlich. Immerhin weiß ich, dass du das hier lesen wirst, wenn du neben mir sitzt, aber mir bleibt keine andere Möglichkeit, es dir mitzuteilen. Ich bin noch zu schwach, um dir alles zu erklären. Dabei hat Kei Tag und Nacht mit mir geübt und ich wollte stark genug sein, um dir die Wahrheit zu sagen. Auch wenn mein Körper noch nicht so will wie ich, ist meine Entscheidung bereits gefallen.

Es tut mir leid. Es tut mir so unendlich leid, dass ich diesen dummen Fehler gemacht habe. Damals wurde mir alles zu viel. Ich weiß, wir hatten diesen einen Traum und ich weiß, wie viel du dafür getan hast, nur um auf gleicher Ebene mit mir zu sein. Deswegen war ich mir nicht mehr sicher, ob ich überhaupt dafür bereit war. Zu sehen, wie du dich manchmal bis zur Erschöpfung kaputt gearbeitet hast, tat so weh, nur weil du an meiner Seite bleiben wolltest. Ich wollte doch nur, dass alle glücklich sind, auch wenn ich nicht mehr da bin. Vor allem wollte ich aber, dass du glücklich bist, Reiji. Dass du dich auch mal um dich selbst kümmerst und nicht immer nur um andere. Letztlich warst aber weder du noch einer der anderen an meiner Entscheidung schuld. Ich habe mich von der Musik, die ich so unendlich liebe, betrogen gefühlt. Es sah so aus, als hätte sie mehr kaputt gemacht, als dass sie mir geschenkt hat.

Und ich hatte dich damals auch nur angerufen, um dir zu sagen, dass du glücklich sein sollst, auch wenn das ziemlich egoistisch geklungen hätte.

Dennoch. Ich würde gerne da weitermachen, wo wir … ich aufgehört habe. Ich möchte, dass Kei wieder Texte für mich schreibt, sobald es mir besser geht. Aber ich möchte vorerst nur im Hintergrund agieren, ehe ich wieder an die Öffentlichkeit trete. Und wenn es soweit ist, möchte ich einmal zusammen mit dir auf der Bühne stehen und zusammen singen.«
 

Die zunehmenden Tränen erschwerten es Reiji die letzten Zeilen zu lesen. Endlich war er dazu in der Lage, Aines Gedanken nachzuvollziehen.

„Aine … Ich weiß nicht, was ich sagen soll …“

„Es tut mir … wirklich leid. Das soll nicht heißen, dass du Quartet Night wegen mir verlassen sollst. Aber … ich hoffe, wir können trotzdem wieder zusammen sein. Als beste … Freunde.“ Er schüttelte kurz den Kopf. „Vielleicht aber auch … als etwas mehr“, verbesserte er sich. Daraufhin senkte er den Kopf, konnte jedoch nicht verhindern, dass sich ein leicht rosa Schimmer um seine Nase legte.

Es kam alles auf einmal kam und irgendwie viel zu plötzlich, sodass Reiji noch gar nicht alles realisieren konnte. Doch er versuchte, so gut wie möglich zu verstehen. Er verstand alles, was Aine ihm mitteilte, auch dessen letzten Satz. Er zauberte ihm ein kleines Lächeln auf die Lippen.

Wie oft hatte er sich vorgestellt, Aine wiederzusehen? Wie oft war er an diesem Gedanken verzweifelt, dass es selbst dann nie wieder so sein würde wie früher? Und nun saß er hier, vor seinem totgeglaubten Freund, redete mit ihm und erfuhr Dinge, was er sich selbst niemals getraut hätte zu sagen. Heute sah das anders aus. Sie waren inzwischen keine Kinder mehr. Auch wenn Reiji in der Öffentlichkeit stand, war ihm das egal. Er wollte mit Aine zusammen sein. Privat und über die Musik hinaus.

„Ich bin so unendlich glücklich, dass du noch am Leben bist, Aine. Du glaubst gar nicht, wie glücklich.“ Seufzend zog er ihn in eine innige Umarmung, vorsichtig aufgrund von Aines‘ schwachen Zustands. Er spürte, wie sich auch dessen Arme um seinen Rücken legten.

„Dummkopf, du sollst doch nicht weinen“, sprach er leise. Seine Hand strich zärtlich über das braune Haar. Endlich war er dazu in der Lage, Reiji zu trösten. Etwas, das er gern schon viel früher getan hätte, doch er hatte Ai nicht dazu benutzen wollen.

„Ich kann nicht. Ich hab‘s die ganze Zeit zurückgehalten. Ich war so einsam ohne dich. Aine, es tut mir leid … Ich hab‘s dir damals die ganze Zeit verschwiegen. Meine Gefühle für dich sind immer noch so unglaublich stark …“

Er wollte ihn nie mehr loslassen. Nicht aus Angst, Aine erneut zu verlieren. Es gab so viel aufzuholen. So viel, was sie all die Jahre verpasst hatten.
 

„Ich will … unseren Traum leben, Reiji.“
 

-

Ende



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