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Unausgesprochen

von

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Wahrheiten und Pflichten

Der Teppich war bedeckt mit den köstlichsten Speisen: einheimisches Obst und Gemüse, das am Nanile Fluss angebaut wurde, aber auch importierte Früchte aus der restlichen Welt, diverse Fleischgerichte wie Mash’hamam, dazu Mululukhiyah und andere Suppen sowie als Beilage Reis, Bohnen und Linsen. Sharrkan wusste überhaupt nicht, wo er zuerst hingreifen sollte. Viele der Gerichte erinnerten ihn an seine Kindheit, andere hatte er noch nie im Leben probiert.

Zu seiner rechten, auf einem leicht erhöhten Podest, saß Armakan mit seiner Frau Delia. Die Hausleute seines Bruders hatten es sich auf Kissen rund um das Abendessen bequem gemacht. Ihre Stimmung war aufgrund des reichlichen Weines ausgelassen, doch Sharrkan selbst hatte davon keinen einzigen Tropfen angerührt. Seine Augen huschten zu seiner linken, an der ein hübsches brünettes Mädchen gerade ein Stück Fladenbrot in zwei Hälften brach.
 

Eline trug die traditionelle Kleidung und den für Heliohapt typischen Schmuck, was dennoch nicht ausreichte, um ihre ausländische Herkunft zu verbergen – wie einst Delia war sie in Reim geboren und aufgewachsen. Sie hatte eine schlanke Statur, langes zu zwei Zöpfen geflochtenes Haar und Sommersprossen auf der Nase. Als sie Sharrkan vor ein paar Stunden das erste Mal gegenübergestanden hatte, war sie höflich, beinahe schüchtern gewesen. Auch jetzt beim Essen benahm sie sich absolut vorbildlich und lieferte keinen Grund, sich über ihr Verhalten zu beschweren. Trotzdem fehlte Sharrkan irgendetwas an ihr und er konnte beim besten Willen nicht sagen, was es war.
 

Er beugte sich vor, nahm sich eine Schüssel mit Sesamcreme und reichte sie Eline.

„Das passt wirklich gut dazu“, empfahl er ihr und sie schien sowohl überrascht als auch erfreut, dass er sie als Erster ansprach.

„Danke“, murmelte sie verlegen. „Die schmeckt echt gut. Hab ich jetzt schon ein paar Mal gegessen.“ Sorgfältig verteilte sie die Creme auf ihrem Fladenbrot.

„Wie lange bist du denn schon hier?“, fragte er, um das Gespräch am Laufen zu halten.

„Etwa drei Monate müssten es nun sein.“

„Was?! So lange schon?“

„Ich bin mit meinem Vater hergekommen, um Verhandlungen mit König Armakan zu führen. Er ist anschließend nach Aktia weitergereist, aber ich bin vorerst geblieben.“
 

Sharrkan dachte an seine zweiwöchige Überfahrt zurück, in der ihn die Langeweile beinahe um den Verstand gebracht hätte. „War das nicht furchtbar öde, so ganz alleine hier?“

„Überhaupt nicht“, widersprach Eline. „Ich hatte endlich genug Zeit, all meine Schriftrollen zu lesen.“

„Liest du so gerne?“

„Oh ja, hauptsächlich spannende Geschichten, aber ich habe mir auch Texte über Heliohapt besorgt, um mehr über das Land zu lernen. Während ich mit meinem Vater auf Geschäftsreise war, musste ich ihm viel helfen und da blieb das Lesen leider oft auf der Strecke.“

Zu diesem Thema wusste Sharrkan nichts beizusteuern. Er hatte sich noch nie eingehender mit spannenden Geschichten beschäftigt und schon gar nicht freiwillig irgendwelche Wissensliteratur entrollt. Das war immer eher Yamraihas Ding gewesen, die Unmengen an Zauberschriften bei sich im Labor gehortet hatte.
 

„Was machst du gerne, wenn du frei hast?“, fragte Eline, sein Schweigen richtig deutend.

„Ich trainiere mit dem Schwert“, antwortete Sharrkan. „Wenn du Lust hast, kannst du ja mal zusehen.“

Er bereute es noch im gleichen Moment, in dem er es aussprach. Wann hatte diese Masche bitte jemals funktioniert? Wie vielen Mädchen hatte er in jungen Jahren schon erfolglos versucht, auf diese Weise zu imponieren? Wie oft hatte er dafür Yamraihas Spott kassieren müssen, weil Mädchen an der Schwertkunst angeblich nicht interessiert seien?

Doch Eline sagte: „Das würde mich freuen.“ und Sharrkan klappte die Kinnlade herunter.

„Im Ernst?“, fragte er ungläubig.

„Ja, warum nicht?“, entgegnete sie. „Ich hab gelesen, die Schwertkampftechnik aus Heliohapt sei auf der ganzen Welt einmalig.“
 

Sharrkan fühlte sich auf einmal deutlich größer als er eigentlich war.

„Das stimmt“, sagte er fröhlich. „Man ahmt die Bewegungen einer Schlange nach und nutzt die Schwachstellen des Gegners aus. Ich hab das schon als Kind gelernt und in Sindria dann an meine Schüler weitergegeben.“

„Du warst lange in Sindria, oder? Ich hab gehört, es soll ein wunderschönes Land sein. Mein Vater ist aktuell dort, bei König Sinbad. Vielleicht hast du ihn sogar gesehen.“

Sie sagte es so leichthin, doch Sharrkan, der sich einen Löffel Suppe in den Mund gesteckt hatte, verschluckte sich dermaßen, dass er einige Minuten brauchte, um wieder Luft zu bekommen.

„Warte, wie heißt dein Vater?“, hustete er.

„Phillius Havius“, antwortete Eline mit argloser Miene. „Hast du ihn etwa schon kennengelernt?“

„Nur- nur flüchtig…“
 

Es war kaum zu glauben, dass dieses schlaue, anmutige Mädchen die Tochter eines solchen Widerlings sein sollte. Sharrkan hatte noch gut im Gedächtnis, welche Scherereien Yamraiha auf ihrer Eskorte mit Phillius gehabt hatte. Nichts war je zu seiner Zufriedenheit erfolgt, nie auch nur ein Dankeschön über seine Lippen gekommen. Eline dagegen schien ihm glücklicherweise weder äußerlich noch in ihrem Charakter besonders ähnlich zu sein.

„Du hast nicht viel von ihm“, gestand Sharrkan und sie lachte.

„Das sagen alle. Offenbar komme ich mehr nach meiner Mutter, aber sie ist leider schon sehr früh gestorben, darum erinnere ich mich nicht an sie.“

„Dann hat dein Vater dich alleine großgezogen?“

„Ja, das ist richtig.“
 

Eine der Dienerinnen bückte sich zu Eline hinab, um ihren leeren Becher aufzufüllen und Sharrkan nutzte die Gelegenheit, sich den Teller erneut mit Essen zu beladen. Er war erleichtert, dass sich seine Verlobte – entgegen seiner Befürchtung – nicht als vollkommen unausstehlich entpuppt hatte, auch wenn er nach wie vor nicht erklären konnte, was genau ihm an ihr fehlte.

Wenn ihn etwas beunruhigte, dann höchstens Armakans Geschäftsbeziehungen mit einem Mann, der bereit war, sein eigenes Kind gegen ein bisschen Macht einzutauschen. Sharrkan dachte mit Bitterkeit daran, dass seine Mutter mit ihm damals ähnliche Absichten gehabt hatte und beschloss, seine Meinung über Eline nicht an ihren Familienverhältnissen festzumachen. Womöglich brauchte es einfach nur ein wenig mehr Zeit, um miteinander warm zu werden.
 


 

Doch Zeit war, wie Sharrkan mit Entsetzen feststellen musste, plötzlich ein rares Gut geworden. Innerhalb der nächsten Wochen hatte er ein so straffes Pensum zu bewältigen, dass er froh sein konnte, hin und wieder einen Augenblick für sich selbst zu finden.

Der Vormittag war blockiert durch Narmes‘ Unterweisungen über die politische Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft Heliohapts. Dies beinhaltete neben dem Studium des Rechtssystems, der Handelsrouten oder der geografischen Expansion auch eine Auffrischung der Toran-Sprache. Sharrkan hatte bereits Kopfweh, noch bevor es Mittagessen gab, musste im Anschluss aber trotzdem Armakan zu seinen Konferenzen begleiten. Nur, wenn sich diese nicht bis in den Abend zogen, durfte er am späten Nachmittag für ein paar Stunden den Schwertkampf trainieren. Danach war er meistens so gerädert, dass er schlafen ging, bevor die Sonne den Horizont überhaupt berührt hatte.
 

Zu allem Überfluss schien es sich Eline zur Aufgabe gemacht zu haben, überall dort aufzutauchen, wo Sharrkan gerade beschäftigt war. Sie wollte mit ihm am Unterricht teilnehmen, zu den Mahlzeiten tiefgründige Gespräche führen und wohnte ausnahmslos jeder seiner Trainingsstunden bei. Was er zu Beginn noch als niedliche Annäherungsversuche abgetan hatte, wurde ihm schnell so lästig, dass er Umwege einschlug, sobald er sie nur von Weitem sah.

Auch an diesem Morgen war er in Narmes‘ Arbeitszimmer gehuscht, bevor sie sich an seine Fersen heften konnte und hatte dafür prompt den missbilligenden Blick seines Lehrers geerntet.

„Mein Prinz“, sagte er respektvoll, während Sharrkan vor ihm Platz nahm, „wenn Ihr ständig die Flucht ergreift, werdet Ihr nie herausfinden, ob Eline die geeignete Braut für Euch ist.“
 

Mit einem Anflug von schlechtem Gewissen rollte Sharrkan seine bisherigen Notizen aus und tauchte den Pinsel in die Tinte. „Ich versuch’s ja, aber sie ist… penetrant“, murrte er leise.

„Dann sprecht mit ihr darüber!“, riet Narmes ihm. „Erklärt ihr, dass Ihr mehr Freiraum braucht! Sonst wird sie irgendwann die falschen Schlüsse aus Eurem Verhalten ziehen.“

Sharrkan bezweifelte stark, einen solchen Dialog führen zu können, ohne dass Eline es in den falschen Hals bekam, antwortete Narmes jedoch nicht. Dieser drang nicht weiter auf ihn ein und schon bald waren sie in ihre jüngsten Aufzeichnungen über den Export von Arzneimitteln vertieft.
 

Es war ein rekordverdächtig langweiliger Vormittag und nachdem Sharrkan die gleiche Zeile bestimmt fünfmal gelesen hatte, wusste er, dass es zwecklos war. Verträumt ließ er Essam über seine Arme gleiten, bis ein ungehaltenes Räuspern ihn wieder aus seiner Trance riss.

„Konzentriert Euch bitte!“, mahnte Narmes. „Ihr müsst Euch ausgiebig auf die Krönung vorbereiten! Als Herrscher braucht Ihr Kenntnisse in allen Regierungsbereichen.“

„Nur eine praktische Kenntnis ist wohl nicht inbegriffen“, schoss Sharrkan zurück. „Als Kind durfte ich mir den Palast immer nur von innen ansehen und jetzt ist es auch nicht viel anders. Seitdem ich wieder hier bin, war ich kein einziges Mal draußen.“

Er hielt Narmes‘ ärgerlicher Miene trotzig stand und fuhr fort: „Warum machen wir immer nur Theorie? Warum kann ich nicht rausgehen und mir selbst ein Bild machen?“

„Weil Ihr der Prinz seid. So sehr ich Euren Wunsch auch verstehe, aber wir bräuchten zuerst eine offizielle Verkündung, die Garde müsste mobilisiert werden und-“

„Sinbad konnte immer-“

„Dies ist aber nicht Sindria!“
 

Sie funkelten einander böse an und Sharrkan musste sich aus Respekt vor dem deutlich Älteren eine bissige Bemerkung verkneifen. Missmutig widmete er sich wieder dem Lernmaterial und setzte seinen Pinsel so hart auf den Papyrus, dass dicke Tintenklekse entstanden.

„Nur eine Stunde“, hörte er Narmes sagen. „Eine Stunde und keine Sekunde länger. Ihr werdet Euch maskieren und mit niemandem sprechen. Ich werde Euch begleiten.“

Verblüfft schaute Sharrkan zu ihm auf. Sein Lehrer machte ein Gesicht, als handele er wider besseren Wissens. „Verpetzt mich bloß nicht bei Eurem Bruder!“

Er öffnete seinen Schrank, holte zwei schlichte Reisegewänder hervor und reichte eines an Sharrkan. Es war ihm ein Stück zu lang, passte ansonsten aber wie angegossen. Narmes zog ihm die Kapuze weit über den Kopf.

„So oder gar nicht“, beantwortete er Sharrkans stummen Protest, „und die Schlange bleibt hier!“
 

Sie schafften es unbehelligt an den Wachen vorbei, indem Narmes ihnen weismachte, mit seinem Diener ein paar Einkäufe tätigen zu müssen. Dann standen die beiden auf den obersten Stufen des Palastes, in der erbarmungslosen Wüstenhitze, die zwar weniger schwül, doch um einiges heißer war als in Sindria. Unter ihnen erstreckte sich die Stadt Heliohapt bis runter zum Nanile Fluss, dahinter bot ein weiter Ausblick nichts als riesenhafte Dünen.

Sharrkan folgte Narmes den langen Weg zum Fuß der Treppe und ließ sich anschließend nach rechts, in Richtung Handelsviertel leiten. Unbewusst verlangsamte er dabei sein Tempo – bestaunte hier ein Bauwerk oder lauschte dort einer Unterhaltung – sodass er immer wieder rennen musste, um zu Narmes aufzuschließen. Die allgemeine Stimmung im Land schien gut zu sein. Er vernahm nur wenig Kritik, auch wenn manche Konservative mit Armakans Wahl einer ausländischen Ehefrau offenbar nicht ganz einverstanden waren.
 

Auf dem Markt herrschte dichtes Gedränge, denn jeder wollte seine Besorgungen erledigen, bevor die Sonne ihren höchsten Punkt erreichen würde und man sich lieber in den kühlen Häusern verschanzte. Da Narmes nach seiner Ausrede nicht mit leeren Händen zurückkehren konnte, schob er sich durch die übervollen Gänge und schleifte seinen Prinzen am Arm hinter sich her. Sie kauften Stoffe und Tücher ein und Sharrkan hätte sich die unterschiedlichen Stände gerne noch länger angeschaut, wurde von Narmes jedoch konsequent wieder vom Marktplatz hinunter komplimentiert.

Entlang des Nanile Flusses traten die beiden allmählich ihren Rückweg an, vorbei an am Ufer spielenden Kindern und einer Gruppe Senioren, die im Schatten der Palmen gemeinsam Tee trank. Sharrkan machte gerade Platz für einen Karren, der sie von hinten überholte, als seine Aufmerksamkeit auf ein im Rohbau stehendes Haus gelenkt wurde. Die Arbeiter dort stammten allesamt nicht aus Heliohapt – und an ihren Füßen rasselten Eisenketten.
 

Wie erstarrt blieb Sharrkan stehen.

„Warum?“, fragte er an Narmes gewandt und merkte, dass seine Stimme plötzlich zitterte. „Warum sind hier Sklaven?“

„In Heliohapt gab es doch schon immer Sklaven“, antwortete Narmes verständnislos.

„Ich meinte, warum das immer noch-“, zischte Sharrkan ihm zu, doch der Rest des Satzes blieb ihm im Hals stecken. Ein kleiner Junge, das Gesicht ebenso feuerrot wie sein Haar, mühte sich einen Steinblock die dafür vorgesehene Rampe empor zu schieben. Für einen Fanalis sollte das im Normalfall kein Problem sein, aber das Kind strauchelte, rutschte einen halben Meter zurück und noch bevor Narmes Sharrkan aufhalten konnte, war der ihm zu Hilfe geeilt und hatte sich mit dem gesamten Gewicht dagegen gestemmt. Das Bauteil stoppte und der Junge blickte erstaunt zu ihm hoch.
 

„Hey, weg da von ihm!“

Der Mann, der aus dem Inneren des Gebäudes auf sie zukam, wedelte mit den Händen, als wolle er einen streunenden Köter verscheuchen. „Lass deine dreckigen Pfoten von meinem Eigentum, klar?!“

Sharrkan beachtete ihn nicht und nahm stattdessen den Jungen neben sich ins Visier. Er war in die Hocke gesunken, so als habe er keine Kraft mehr, um aufrecht zu stehen, wage es vor seinem Herren aber auch nicht, sich auf den Boden zu setzen. Sein Atem ging schwer, seine Haut glühte fiebrig.

„Ihm geht es nicht gut“, sagte Sharrkan, umfasste den Arm des Jungen und erschrak, was für eine Hitze dieser kleine Körper ausstrahlte.

„Unsinn, das ist ein Fanalis!“, hörte er den Bauleiter keifen. „Der hält einiges aus. Und jetzt zieh Leine, wir müssen hier fertig werden!“
 

Das Klingeln in seinen Ohren übertönte jedes warnende Wort von Narmes. Mit bebenden Fäusten richtete sich Sharrkan auf, ließ alle Vorsicht fahren und schlug die Kapuze seines Reisegewands zurück. Vielleicht war es der Schock darüber, wen er vor sich hatte, vielleicht auch Sharrkans vernichtender Blick, doch in jedem Fall machte der Bauleiter keinen Mucks mehr. Schweigend duldete er, dass sein Sklave aufgehoben und durch die schaulustige Menge auf der Straße von ihm fortgetragen wurde. Bleischwer und komplett erschlafft hing der Junge auf Sharrkans Rücken, während die gaffenden Menschen eine Schneise schlugen, um das auffällige Trio passieren zu lassen.
 

Der Weg bis zu den Treppen des Palastes kam Sharrkan wie ein endloser Marsch vor. Er spürte unzählige Augenpaare auf sich gerichtet, spürte die kochende Wut von Narmes, der still neben ihm herging und diese unfassbare Hitze des Kindes an seinem Rücken. In der prallen Mittagssonne erklomm er Stufe um Stufe, Schritt für Schritt, bis er eine gefühlte Ewigkeit später mit tauben Beinen auf dem obersten Absatz ankam. Den Palastwachen stand die Verwirrung förmlich ins Gesicht geschrieben, als sie Sharrkan schweißüberströmt vorbeilaufen sahen, doch das war nichts im Vergleich zu Eline, die ihm bereits in der Eingangshalle entgegenrannte.
 

„Sharrkan, wo warst du denn?“, fragte sie und schlug die Hände vor den Mund, als sie den kleinen Fanalis-Jungen bemerkte. „Was ist mit ihm? Was hat er?“

„Er ist krank“, erwiderte Sharrkan knapp, drängte Eline zur Seite und schlug den Weg zu den Gemächern ein. „Schick einen Arzt zu mir! Sofort!“

„Narmes ist schon losgegangen“, sagte sie atemlos und folgte ihm wie ein Küken die langen Flure entlang bis in sein Zimmer, wo er den Jungen vorsichtig auf dem Bett ablegte. Noch immer war sein Gesicht stark gerötet, die Atmung flach und der Puls viel zu schnell.

„Er hat hohes Fieber“, stellte Eline fest, nachdem sie ihm die Stirn gefühlt hatte. „Ich hole Wasser.“
 

Sie wuselte wieder hinaus und mit einem Schlag war es so leise im Raum, dass Sharrkan deutlich wahrnahm, wie viel Anstrengung ihn die ganze Aktion eigentlich gekostet hatte. Zittriger als er es von sich gewohnt war, ließ er sich neben dem Kind auf die Bettkante sinken, wischte sich die nassen Haare aus der Stirn und versuchte, sein rasendes Herz zu beruhigen. Der Junge war kaum älter als Masrur es bei Sharrkans erster Begegnung mit ihm gewesen war, seine Fußgelenke durch die Ketten ebenso wundgescheuert. Sharrkan hätte sich niemals träumen lassen, ein solches Déjà-vu ausgerechnet in Heliohapt erleben zu müssen. Warum war er so fest davon ausgegangen, dass Armakan die Sklaverei in seiner Amtszeit abgeschafft haben würde? Weil er selbst es getan hätte?
 

Es klopfte an der Tür und Narmes, dicht gefolgt vom königlichen Leibarzt sowie hintendran auch Eline, betraten unaufgefordert das Zimmer. Sofort erhob sich Sharrkan vom Bett und während der Arzt sich mit Elines Unterstützung dem Jungen annahm, zog Narmes ihn grob mit sich hinaus auf den Flur.

„Der König will uns sprechen“, sagte er steif und mit einem Mal tat es Sharrkan unglaublich leid, in was für eine missliche Lage er seinen Lehrer da gebracht hatte. Er dachte an Masrurs letzten Appell – versuch, keine Dummheiten zu machen – und musste sich trotzdem eingestehen, dass er um keinen Preis der Welt anders gehandelt hätte.



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