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Freundschaftsband

Durch die Kraft des Bands der Freundschaft
von

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Der erste Schritt zum Ziel

Der erste Schritt zum Ziel
 

Nachdem Officer Rocky mir ohne viel Aufhebens Evolis Pokéball überreicht, für den ich noch nicht mal etwas zahlen muss, wie ich das beim Züchter hätte tun müssen, verschwindet die Frau wieder. Darum wende ich mich nun an Schwester Joy. „Können Sie mir denn noch etwas über Evoli erzählen?“

„Oh ja, das kann ich in der Tat. Zum einen ist sie ein Weibchen, noch ein sehr junges möchte ich meinen. So klein wie sie ist würde ich sie auf ein Jahr schätzen. Doch das ist nicht, was mich beunruhigt. Sie wiegt viel zu wenig für ihre Art, selbst wenn man ihre Größe mit einbezieht. Man sollte dieser Trainerin alle Pokémon wegnehmen. Die Verletzungen, die Mangelernährung. Was mag diese Frau ihren Pokémon sonst noch alles antun?!“ , empört sich die Heilerin und stampft sogar mit ihrem Fuß auf.

Entsetzt sehe ich Schwester Joy an und unterdrücke mit Mühe ein wütendes Knurren. Stattdessen presse ich Evoli enger an mich. Ich werde nicht zulassen, dass diese Frau Evoli je wieder in die Finger kriegt! Die wird ihr nie wieder etwas antun!

Selbst Karnimani, der die ganze Zeit ruhig war, besorgniserregend ruhig um ehrlich zu sein, zischt wütend auf, als Schwester Joy uns über Evolis Zustand aufklärt. Aus diesem Grund gibt Schwester Joy mir ein spezielles Futter mit, was Evoli schneller wieder aufpäppeln soll. Dankbar packe ich es in meinen Rucksack ein, wozu ich Evoli kurz absetzen muss, was dieser gar nicht zu gefallen scheint. Sie verkriecht sich hinter meinen Beinen, bis ich sie schließlich wieder auf den Arm nehme. Danach verabschiede ich mich von Schwester Joy. Denn für heute habe ich eigentlich eine große Sache geplant. Evoli hat das allerdings etwas durcheinander gebracht. Aus diesem Grund muss ich jetzt zuerst noch etwas anderes erledigen.
 

Es ist kurz vor 14 Uhr, als ich mit Evoli auf dem Arm und Karnimani an meinen Fersen das Kampffeld des Pokémon Centers betrete. Es ist inzwischen strahlend blauer Himmel, die Sonne brennt erbarmungslos und darum ist es auch richtig heiß, fast 35 Grad. Nicht ungewöhnlich für Anfang Juni hier bei uns, doch mir persönlich schon viel zu heiß. Ich mag Temperaturen bis 30 Grad und das ist auch schon absolute Schmerzgrenze. Das hier ist viel zu viel und ich wünsche mich sofort wieder zurück in das klimatisierte Pokémon Center.

Stattdessen setze ich Evoli auf dem staubigen Boden des Kampffeldes ab. Sofort drängt diese sich wieder ängstlich gegen mein Bein und fiepst leise. Beruhigend knie ich mich zu ihr und kraule sie hinter den großen Ohren. „Du brauchst keine Angst zu haben, Evoli. Hier kann dir nichts passieren. Ich wollte dir nur deine neuen Freunde vorstellen.“ Mit einem Lächeln deute ich hinter sie. „Das ist Karnimani. Und das…“ Ich zücke eine Pokéball, „ist Lin-Fu. Ich hoffe, ihr drei werdet euch verstehen.“

Mit diesen Worten materialisiert sich Lin-Fu mit einem fröhlichen Ruf.

Evoli dagegen kauert sich zu meinen Füßen noch mehr zusammen. Ich kann es nachvollziehen. Gegen diese zwei Pokémon musste sie vorhin kämpfen und Karnimani war derjenige, der sie vorhin besiegt hätte, hätte ich nicht eingegriffen. Aber aus genau diesem Grund wollte ich dieses Aufeinandertreffen so schnell wie möglich hinter mich bringen. Die Angst darf sich nicht in Evoli festsetzen, sonst wird das immer zwischen ihnen stehen.

Überraschenderweise ist sogar Karnimani derjenige, der den Anfang macht. Er läuft auf Evoli zu und verzieht seine Lippen zu etwas, was wohl ein freundliches Lächeln sein soll. Allerdings sieht es ziemlich furchteinflößend aus, weil Karnimani dabei eine ganze Reihe spitzer, aber kräftiger Reißzähne entblößt. Ich selbst weiß, wie sehr diese Zähne verletzen können.

Doch als Karnimani immer noch mit diesem Lächeln auf dem Gesicht nun auch noch die Pfote zum Gruß nach Evoli ausstreckt, ist das wohl endgültig zu viel für sie. Sie stößt ein hohes, panisches Quietschen aus und springt mit einem Satz in meine Arme, was einfach ist, da ich immer noch knie. Sie bleibt allerdings nicht in meinen Armen, sondern klettert weiter über meine Schulter und dann außerhalb meines Sichtfeldes. Ich spüre nur, wie sie an meinen langen Haaren reißt und plötzlich fühle ich ihren schnell gehenden, heißen Atem in meinem Nacken- unter meinen Haaren. Da begreife ich, wo sie ist. Sie liegt auf meinem Rucksack zu einer kleinen Kugel eingerollt und versteckt sich unter meinen offenen Haaren. Vermutlich kann man sie noch nicht einmal sehen. Aber ich spüre sie. Ihren hektischen Atem, ihr Zittern. Das hier war zu viel für sie.

Vorsichtig erhebe ich mich und sehe dann auf Lin-Fu und Karnimani herab. Vor allem Karnimani sieht ernsthaft beleidigt aus. Da hat er es zum ersten Mal mit Freundlichkeit versucht und dann sowas.

„Sei nicht sauer auf Evoli, Karnimani. Dass sie geflüchtet ist, lag bestimmt nicht an dir persönlich. Das war großartig, wie du auf Evoli zugegangen bist. Aber sie hat wohl ziemlich viel Angst vor anderen, mehr als ich gedacht hätte“, versuche ich Evoli zu entschuldigen. Allerdings sieht Karnimani mich eher zweifelnd an und auch Lin-Fu sieht traurig aus, dass sie keine Chance bekommen hat, sich Evoli vorzustellen.

„Am besten wir lassen sie erstmal in Ruhe, damit sie sich wieder beruhigen kann. Wenn sie bereit ist, euch beide kennenzulernen, dann wird sie schon von selbst kommen.“ Ich mache eine Pause und warte auf eine Reaktion des Pokémons in meinem Nacken, doch nichts rührt sich. Mit einem Seufzen wende ich meine Aufmerksamkeit wieder dem Rest der Gruppe zu. Ein aufgeregtes Kribbeln durchflutet mich bei dem Gedanken, was wir gleich machen werden. „Karnimani, Lin-Fu, seid ihr bereit? Wir haben vorhin hart trainiert. Ich denke, es wird Zeit den hiesigen Arenaleiter herauszufordern und dort mal ordentlich aufzumischen, was meint ihr?“

Die beiden antworten mir mit enthusiastischen Schreien und ich grinse zufrieden. Heute werde ich um meinen ersten Arenaorden kämpfen!
 

Obwohl wir dank Schwester Joy nur fünf Minuten brauchen, um die Arena zu finden, kommt es mir durch die Hitze viel länger vor. Doch nun stehen wir vor einem großen, rechteckigen Gebäude aus grauem Stein, was sich nur durch seine Größe und das Ligazeichen über der Doppeltür aus Holz als Pokémon Arena erkennen lässt.

Mit einem letzten Blick zu Karnimani -Lin-Fu hat sich wieder in ihren Pokéball zurückgezogen und Evoli sehe ich nicht, die spüre ich nur in meinem Nacken atmen -laufen wir auf die Tür zu. Mit einiger Kraft drücke ich sie auf und angenehm kühle Luft schlägt uns entgegen. Entspannt atmen ich und Karnimani die wohltuende Luft ein, sehen uns dann an und beginnen gleichzeitig zu grinsen. Er scheint die Hitze draußen genauso wenig zu mögen wie ich.

Der Bereich, in dem wir uns jetzt befinden, scheint eine Art Warteraum zu sein. Kein Mensch befindet sich hier. Es stehen einige Stühle um Tische verteilt, auf denen sich Zeitschriften und Broschüren befinden. An der rechten Wand befinden sich ein Getränke- und ein Snackautomat. Gegenüber von mir sehe ich eine Theke und eine breite Doppeltür, ebenfalls aus Holz. Und links an der Wand stehen zwei graue Säulen mit dem Zeichen der Pokémon Liga obendrauf. Dazwischen liegt auf einem Podest und einem grauen Samtkissen ein geschlossenes Buch. Neugierig geworden gehe ich näher heran.

Auf dem schwarzen, ziemlich dicken Buch prangt in Goldbuchstaben die Aufschrift ` Herausforderer der Serenitia Arena´. Aufgeregt greife ich nach dem Buch. Vielleicht finde ich ja ein paar bekannte Namen, die mir zeigen, wer schon hier war und wer noch nicht. Ich schlage die Seite auf, die von einem Lesezeichen markiert werden und finde mich auf der aktuellsten Seite wieder. Das Datum ist der 9.6., das ist heute! So wie es aussieht, wurde der Arenaleiter heute schon von einem Jungen Namens Dean aus Neverom und einem Mädchen namens Nora aus Serenitia selbst herausgefordert. Der Junge scheint gewonnen zu haben, zumindest schließe ich das aus dem Häkchen hinter seinem Namen. Als ich die letzten paar Tage durchblättere, sticht mir ein Name sofort ins Auge. Sina aus Sankt Schollerin! Doch ihr Name ist an vier verschiedenen aufeinanderfolgenden Tagen gelistet und erst vor zwei Tagen hat sie ein Häkchen hinter ihrem Namen bekommen. Das muss sie gewurmt haben, so oft zu verlieren und auch wenn es nicht nett ist, ich genieße den Gedanken etwas. Gleichzeitig wird mir ein wenig flau im Magen. Wenn sie solche Probleme hatte, was hat der Arenaleiter dann auf dem Kasten?

Aufmerksam suche ich nach weiteren bekannten Namen und werde am 5.6 fündig. Robin von den Rühnfällen! Sie hat ihren Orden direkt beim ersten Versuch bekommen. Etwas anderes habe ich von ihr aber auch gar nicht erwartet. Als ich nochmal einige Tage weiterblättere, finde ich am 3.6 Jenni aus Bad Jeamik. Das war doch die fiese Rothaarige, die Pablo am Tag der Pokémon Vergabe so fertig gemacht hat, nur weil er sich für ein Wasser Pokémon entschieden hat! Und genau dieses Mädchen hat bereits drei Tage nach dem Beginn ihrer Reise den Arenaleiter herausgefordert und gewonnen! Das ist ja unfassbar!
 

„Entschuldigung, kann ich dir helfen? Bist du eine Herausforderin?“, erklingt hinter mir eine Stimme und ich erschrecke fürchterlich. Fast lasse ich sogar das Buch fallen, lege es dann aber hastig zurück an seinen Platz und drehe mich um. Hinter mir steht ein Mann mittleren Alters mit schwarz-weiß gestreiftem Hemd und einem Schild an der Brust, was ihn als einen Schiedsrichter ausweißt. Scheint wohl hier zu arbeiten, der Mann.

„Also, möchtest du den Arenaleiter herausfordern?“, fragt er erneut, wirft dabei aber immer wieder nervöse Blicke auf Karnimani. Dieser starrt den Mann aus braun roten Augen ohne zu blinzeln an, während sein Schweif gereizt über den Boden wischt.

Ich habe mich inzwischen soweit von dem Schreck erholt, dass ich antworten kann: „Ja, ganz genau. Ich möchte bitte den hiesigen Arenaleiter herausfordern, wenn das geht.“ Zum Ende hin werde ich immer kleinlauter. Der Mensch scheint viele Herausforderer zu haben, was wenn er gar keine Zeit für mich hat. Braucht man für einen Arenakampf einen Termin?

Der Mann lächelt mich an. „Natürlich geht das. Ich werde ihm Bescheid geben und dich danach zu ihm bringen. Gedulde dich nur einen Moment. Und würdest du mir bitte deinen Trainerpass kurz geben?“

„Warum denn das?“

Der Schiedsrichter erklärt es mir bereitwillig. „Um dich zu identifizieren. Außerdem ist auf deinem Pass auch angegeben, wie viele Orden du schon errungen hast und je nach Anzahl wird der Arenaleiter dir mit einem anderen Team entgegentreten. Aber anhand deiner Reaktion erkenne ich, dass dies wohl dein erster Kampf in einer Arena ist.“ Verschmitzt zwinkert er mir zu.

Ich nicke und will gerade meinen Rucksack absetzen, da spüre ich, wie sich Evoli auf eben diesem wild bewegt. Sie zieht an meinen Haaren, während sie in meinem Rucksack zu wühlen scheint. Gerade will ich nachfragen, was sie da tut, da spüre ich plötzlich ihre weichen Vorderpfoten auf meiner Schulter und sehe ihren Kopf in meinem Sichtfeld. Zwischen ihren Lippen hält sie mir meinen Trainerpass entgegen.

„Oh, dankeschön, Evoli“, meine ich überrascht, nehme den Pass und reiche ihn weiter an den Schiedsrichter, wobei ich Evoli mit der anderen Hand dankbar hinter ihren Ohren kraule. Wonnevoll schließt das Pokémon die braunen Augen und summt genießerisch.

Der Mann wirft einen kurzen Blick auf den Trainerpass, dann gibt er ihn mir wieder zurück. „Dein Evoli ist aber gut versteckt, Svenja. Ich dachte bisher, du hättest nur Karnimani, deinen Starter. Das ist er doch, oder?“

„Ja, Karnimani ist mein Starter. Und nein, ich habe sogar schon drei Pokémon“, erkläre ich ihm stolz, dann halte ich Evoli den Pass wieder hin. „Verstaust du ihn wieder für mich?“

„Vo“, erwidert das Pokémon, schnappt sich das Papier und das Rumoren auf dem Rucksack beginnt erneut. Doch nach zwei Drehungen scheint Evoli sich wieder unter meinen Haaren eingerollt zu haben, denn ich spüre ihren Atem wieder in meinem Nacken.

Mit einem halben Grinsen sieht der Mann über meine Schulter. „Und da ist es schon wieder verschwunden. Ein wenig schüchtern, das Kleine, was? Aber bei dir scheint es sich sicher zu fühlen, so wie es auf Körperkontakt geht. Trotzdem wirst du bei dem Kampf nachher nur deinen Starter benötigen.“

Bevor ich nachfragen kann, was er damit meint, hat sich der Schiedsrichter schon umgedreht und ist durch eine kleine, unscheinbare Tür hinter der Theke verschwunden. Ich wiederum sehe nach unten zu Karnimani, der sich wieder beruhigt hat, sowie der Mann den Raum verlassen hat. Vielleicht hat er ja wegen Karnimani so schnell die Flucht ergriffen.

„Wenn ich den Schiedsrichter richtig verstehe, darf ich in diesem Kampf nur ein Pokémon einsetzen. Meinen Starter. Dich. Bist du dazu bereit, Karnimani?“

Aufgeregt fauchend bleckt Karnimani die Zähne und schlägt mit dem Schweif auf den Boden. Er scheint fast noch mehr für diesen Kampf zu brennen als ich. Ich bin bisher noch ganz ruhig, auch wenn sich das sicher ändern wird, wenn ich dem Arenaleiter gegenüber stehe. Ob Karnimani schon mal mit einem seiner vorherigen Trainer hier in dieser Arena angetreten ist?

Ehe ich ihn fragen kann, kehrt der Schiedsrichter wieder in den Warteraum zurück. „Der Arenaleiter wird dich nun empfangen. Folge mir. Und würdest du mir das Buch mitbringen, indem du vorhin so eifrig gelesen hast?“

Folgsam reiche ich ihm das schwarze Buch, der Mann nickt und drückt dann die große Doppeltür aus Holz auf, die neben der Theke ist. Gespannt trete ich hindurch. Als ich das große Kampffeld sehe, kribbelt alles in mir. Hier werde ich gleich um meinen ersten Orden kämpfen! Ich muss es schaffen. Ich muss einfach!

Der Raum an sich in einfach gehalten. Der Blickfang ist definitiv der große Betonplatz, der das Kampffeld darstellt. Rechts und links gibt es eine kleine Tribüne, auf der Zuschauer zusehen können, doch momentan ist sie komplett leer, was mir auch deutlich lieber ist. Dieser Kampf wird ohnehin schon von genug Leuten gesehen, sobald sie morgen die `Travel Trainer´ Sendung anschauen. Ein weiterer Grund, warum ich das hier nicht vermasseln darf. Ich werde allen, die je an mir und Karnimani gezweifelt haben, beweisen, dass wir ein gutes Team sind!

Karnimani, der vor mir den Raum betreten hat, ist der erste, der den Arenaleiter erkennt. Es ist ein älterer Mann mit vom Alter weißen Haaren und weißem Vollbart, was sich mit seiner dunkleren, eingefallenen Haut sticht. Er kommt von der anderen Seite des Kampffeldes auf uns zugerollt. Und das meine ich wörtlich. Der Mann sitzt in einem voll automatisierten Rollstuhl! Seine Beine sind durch eine schwarze Decke vor neugierigen Blicken verborgen, um seinen Oberkörper schlingt sich ein traditioneller dunkelblauer Kimono.

Irritiert und wie ferngesteuert gehe ich auf ihn zu und treffe ihn in der Mitte des Feldes. Karnimani steht neben mir und ist, seit er den Arenaleiter gesehen hat, merkwürdig still geworden. Auch ich bin mehr als überrascht und sehe auf diesen alten Mann herab, der mich freundlich anlächelt. Dann streckt er mir die Hand entgegen und automatisch nehme ich sie. Der Druck der Hand ist überraschend kraftvoll. „Hallo, Svenja, hallo, Karnimani. Ich bin Maxim, der Arenaleiter hier. Und du bist also die Trainerin, die dieses Jahr ihr Glück mit Karnimani versucht. Wie oft sind wir beide uns nun schon begegnet, Karnimani? Aber ich muss deiner diesjährigen Trainerin zugestehen, du siehst besser aus als jemals zuvor.“

Als die Rede von der Unhändelbarkeit meines Partners ist, erwache ich wieder aus meiner überraschten Starre über die Verfassung von Maxim. „Ich bin seine Trainerin und ich werde seine Trainerin bleiben. Und heute werden wir gemeinsam diesen Kampf gewinnen!“

Maxim lacht ein tiefes, brummiges Lachen, was seinen ganzen Oberkörper zum Beben bringt. „So überzeugt also. Na, da bin ich ja mal gespannt. Siehst du das denn genauso, Karnimani? Du warst schon oft mit Trainern bei mir, die ebensolche enthusiastischen Reden geschwungen haben. Und im nächsten Jahr warst du wieder hier, mit einem anderen Trainer. Glaubst du ihr, wenn sie sagt, dass es dieses Mal anders werden wird?“, fragt er mit tiefer Bassstimme und sieht Karnimani aus klaren, grünen Augen an.

Mein Partner mustert mich, während ich vor Spannung, was seine Antwort sein wird, fast platze. Glaubt er an mich? An uns? Oder misstraut er mir immer noch? Ich dachte, wir hätten uns einander angenähert? Aber war das nur aus meiner Sicht so oder sieht Karnimani es genauso?

Endlich, nach unzähligen Sekunden die sich wie Stunden anfühlen, reagiert Karnimani. Mit einem ernsten Blick zu Maxim nickt er und tritt sogar einen Schritt näher zu mir. „Mani.“

Der Mann nickt nachdenklich und mustert mich. „Er scheint dir zu vertrauen. Es würde mich glücklich machen, wenn du einen Trainer gefunden hast, der mit dir umgehen kann, Karnimani. Dann wollen wir mal in einem Kampf prüfen, was dich so besonders macht, Mädchen. Bist du bereit, Svenja?

Ich sehe zu Karnimani, der nah neben mir steht und nicke, als mein Starter mir zunickt. „Ja, sind wir.“

„Gut, dann erkläre ich dir schnell die Regeln meiner Arena. Da du hier um den Start Orden kämpfst, wirst du auch nur mit deinem Starter antreten. Ich werde mit einem Pokémon desselben Typen antreten. Bei dir wäre das also ein Wasser Pokémon. Außerdem wird auch das Kampffeld dem Typ angepasst“, erklärt er mir, während er mit seinem Rollstuhl zu seiner Seite des Kampffeldes rollt. Er hält vor einem Glaskasten ganz links, den ich jetzt erst sehe. Es sind insgesamt acht Stück und unter dem Glas liegen verschiedene Pokébälle. Aus dem Glaskasten vor ihm nimmt Maxim einen blauen Pokéball und dreht sich dann wieder zu mir um. „Würdest du bitte in dein Trainerfeld gehen, damit ich das Kampffeld umbauen kann?“

Sofort drehe ich um und sowie Karnimani und ich in dem Trainerfeld stehen, drückt Maxim auf ein paar Knöpfe an seinem Rollstuhl. Sogleich beginnt das Kampffeld zu knirschen und dann senkt sich langsam der Betonboden nach unten. Sobald es ungefähr zehn Meter gesunken ist, bleibt es stehen und es öffnen sich mehrere Luken an den Seiten, aus denen Wasser heraus schießt. Innerhalb einer Minute ist das Becken bis zum Rand mit Wasser gefüllt. Dann fallen von oben unterschiedlich große Styroporblatten herab, die sich auf der Wasseroberfläche treibend verteilen. Mit einem freudigen Funkeln in den Augen tritt Karnimani näher an den Rand des Wasserbeckens heran. Ich verstehe seine Freude. Das ist ein Kampffeld ganz nach dem Geschmack eines Wasser Pokémons.

„Achtung, Evoli, ich setze den Rucksack ab, ja?“, wende ich mich an mein neustes Pokémon.

Ein unwilliges Murren kommt von dem Pokémon in meinem Nacken, dann springt sie von dem Rucksack und sieht sich unsicher um. Ihre großen Ohren drehen sich schnell in alle Richtung.

„Ich stelle meinen Rucksack hier hin. Pass du auf ihn auf und feuer uns an, okay?“, sage ich Evoli und stelle den türkisfarbenen Rucksack außerhalb des Trainerfelds ab.

Evoli sieht sich mit großen Augen um, dann blickt sie mich an und nickt schließlich. Folgsam kauert sie sich neben meinem Rucksack zu Boden und betrachtet Karnimani und das Kampffeld. Allerdings ist sie dabei alles andere als entspannt, sie zittert sogar leicht. Also knie ich mich nochmal zu ihr und kraule sie kurz hinter den Ohren. „Du brauchst keine Angst haben, Evoli. Dir wird nichts passieren. Sieh du einfach nur zu, wie Karnimani und ich kämpfen und wünsch uns Glück.“

Evoli drückt sich meiner kraulenden Hand entgegen, dann nickt das Pokémon sacht, also stehe ich wieder auf und wende mich an den Schiedsrichter und Maxim, die mich beide aufmerksam beobachtet haben. „Ich bin so weit.“

Der Schiedsrichter nickt und hebt seine schwarze Fahne nach oben. „Nun denn, der Serenitia Arenakampf beginnt jeden Augenblick. Die Herausforderin Svenja aus Bad Jeamik kämpft gegen den Arenaleiter Maxim von Serenitia. Beide Seiten dürfen nur ein Pokémon einsetzen, die Herausforderin muss mit ihrem Starter antreten. Der Kampf ist vorbei, wenn eins der Pokémon nicht mehr weiterkämpfen kann oder der Trainer den Kampf aufgibt.“ Noch einmal sieht der Schiedsrichter den Arenaleiter und mich an, dann lässt er die schwarze Fahne, die er die ganze Zeit in die Höhe gehalten hat, sinken. „Der Kampf kann beginnen.“
 

„Los, Karnimani, ab ins Wasser mit dir“, fordere ich ihn auf und mit einem freudigen Schnauben springt Karnimani kopfüber ins Wasser und schwimmt erstmal ein paar Runden, bevor er auf eine Styroporblatte direkt vor mir klettert, um dort abzuwarten. Die Platte sinkt durch sein Gewicht zwar etwas ab, geht aber nicht unter. Nur Karnimanis Füße sind im Wasser, was dieser aber nicht schlimm findet. Mit einem gespannten Grinsen sehe ich zu Maxim und warte, was für ein Wasser Pokémon er einsetzen wird. Mein ganzer Körper prickelt vor Aufregung. Ich darf das hier nicht vermasseln!

Maxim beobachtet mit einem breiten Grinsen, was seinen weißen Bart verzieht, wie Karnimani sich gibt, dann ruft er mir über das Wasserbecken zu: „Aber unterschätz mich ja nicht, nur weil ich körperlich nicht in bester Verfassung bin. Mit euch Kindern nehme ich es noch auf. Also haltet euch nicht zurück, Svenja, Karnimani. Immerhin geht es hier um euren ersten Orden.“

„Keine Sorge, dass hatten wir auch gar nicht vor“, erwidere ich in einem herausfordernden Tonfall. Der Mann ist Arenaleiter. Er muss etwas auf dem Kasten haben, also werde ich mich ganz sicher nicht zurückhalten.

„Die Einstellung gefällt mir. Da das nun geklärt es, komm raus, Quapsel. Der Kampf beginnt!“ Mit diesen Worten öffnet er den blauen Pokéball und auf einer der Styroporblatten bildet sich ein blaues Pokémon mit einem weißen Fleck und schwarzer Spirale auf dem Bauch. Seine Schwanzflosse ist so groß wie sein ganzer Körper und ist am Anfang noch blau, wird nach außen hin aber immer blasser und durchsichtiger. Mit einem freudigen „Quapsel!“ springt es in die Höhe und von da aus ins Wasser. Schnell zieht es kleine Kreise unter der Styroporblatte, sodass diese durch den Strudel ins Wanken gerät.

Neugierig greife ich nach meinem Pokédex, den ich inzwischen an meinem Gürtel befestigt habe, um schneller an ihn heranzukommen. Trotz des Wassers über dem Pokémon kann der Pokédex es scannen und beginnt gleich zu reden.
 

„Quapsel, das Kaulquappe Pokémon. Durch seine sehr dünne Haut hindurch kann man sein spiralförmiges Inneres sehen. Färbt sich dieses weiß, deutet das darauf hin, dass es krank ist. Obwohl seine Haut so dünn ist, ist sie sehr elastisch. Selbst scharfe Reißzähne können sie nicht durchdringen. Es kann noch nicht gut laufen. Taucht an Land ein Feind auf, flitzt es hastig auf seinen wackligen Beinen zurück ins Wasser.“
 

„Als Herausforderin darfst gerne du den Kampf eröffnen“, gestattet mir der ältere Mann großzügig.

Dass lasse ich mir nicht zweimal sagen. „Karnimani, bitte Sil-“

„Ooopaaaa! Bist du hier?“, ertönt auf einmal eine helle Kinderstimme und ich halte in meinem Befehl inne. Stattdessen sehe ich nach rechts hinten in die Ecke, wo gerade mit Schwung eine Tür geöffnet wurde und ein kleines Mädchen hindurchstürmt. Sie scheint noch nicht in die Pokémon Schule zu gehen, sonst wäre sie um diese Uhrzeit an einem Dienstag nicht hier, also ist sie noch keine zehn Jahre alt. Sie hat rosa gefärbte Haare, die zu zwei Zöpfen links und rechts gebunden sind und bei jedem Schritt, den sie tut, in die Höhespringen. Dazu hat sie ein rundliches Gesicht mit niedlichen Pausbacken und trägt ein rosafarbenes Kleidchen mit weißen Blümchen drauf. Selbst ihre kleinen Ballerinas sind rosa.

Sobald sie Maxim erblickt, erhellt sich ihr ganzes Gesicht und sie rennt auf ihn zu, dass ihre Zöpfe nur so fliegen. „Opa! Mir ist langweilig! Niemand will mit mir spielen! Kannst du mir Fukano zum Spielen geben? Dann könnten wir zu dritt spielen gehen. Bitte, bitte, bitte, Opa!“ Die Kleine macht einen Schmollmund, mit dem sie einfach nur zum Anbeißen aussieht und springt aufregt neben dem Rollstuhl ihres Opas auf und ab. „Biiite! Mir ist sooo langweilig!“

Mit einem letzten Blick auf mich und Karnimani wendet Maxim sich seiner Enkelin zu. „Caddy, ich kann jetzt nicht mit dir spielen. Ich muss hier gegen eine Herausforderin kämpfen. Warum spielst du nicht mit deinem Bruder?“

Das Mädchen sieht ihren Opa mit offensichtlicher Fassungslosigkeit an, dass er es überhaupt wagte, so etwas vorzuschlagen. „Aber Opa, das geht nicht! Er will nicht mit mir spielen. Immer will Earnst nur lesen. Er macht nie irgendwas lustiges. Er ist soo langweilig!“, stellt sie laut fest, offensichtlich höchst entrüstet darüber, wie man Bücher nur spannend finden kann.

Maxim hat für dieses Aufgebehren nicht mehr als ein müdes Lächeln übrig. Offenbar ist ihm diese Seite an seinem Enkel nicht unbekannt. „Dein Bruder hat eben andere Interessen als du“, versucht er ihr zu erklären, doch Caddy hört ihm gar nicht mehr zu. Ihr Blick ist auf mich und Karnimani gefallen. „Oh, kämpft ihr gerade?“, fragt sie mit sich vor Aufregung überschlagender Stimme. „Darf ich zugucken? Bitte, bitte, Opa!“ Aus großen Augen sieht sie ihn fast schon hypnotisierend an. Welcher Großvater könnte da noch nein sagen?

„Na, dann setz dich schon auf die Tribüne“, gibt er sich seufzend geschlagen. „Und sobald ich hier fertig bin, spiele ich mit dir.“

„Kann Fukano mir Gesellschaft leisten? Biiitte! Du brauchst ihn doch jetzt eh nicht!“, bettelt die Kleine weiter.

Mit einem Seufzen kapituliert ihr Großvater und reicht ihr einen roten Pokéball. „Hier, du Quälgeist.“ Ein liebevolles Lächeln nimmt den Worten die Spitze. „Aber lass ihn erst auf der Tribüne raus. Nicht, dass er uns noch ins Wasser fällt.“

Mit einem freudigen Quicken, weil sie alles erreicht hat, was sie wollte, reißt Caddy den Ball an sich und hüpft glücklich die Stufen der Tribüne hoch. Sobald sie sich gesetzt hat, lässt sie Fukano frei, der sich mit freudigem Kläffen auf das junge Mädchen stürzt und ihr erstmal das ganze Gesicht ableckt. Lächelnd wende ich mich wieder Maxim zu.

„Entschuldige die Unterbrechung, Svenja. Aber meine Tochter und ihr Mann sind gerade nicht hier und darum passen meine Frau und ich auf unsere beiden Enkel auf. Doch genug davon. Jetzt können wir unseren Kampf beginnen“, meint Maxim mit einem letzten Blick zu seiner Enkelin, die auf ihrem Sitz steht, um besser sehen zu können. Fukano hat sich vor ihren Platz gelegt.

„Das ist doch nicht schlimm“, entgegne ich nachsichtig. Doch dann werde ich ernst. Jetzt geht der Kampf wirklich los.
 

„Karnimani, bitte Silberblick auf Quapsel!“, eröffne ich den Kampf, so wie ich es geplant habe. Zuerst werde ich seine Verteidigung schwächen und den Gegner danach mit starken Angriffen besiegen.

Karnimani wirft dem Quapsel, das inzwischen wieder auf einem der Styroporblatten steht, einen furchteinflößenden Blick zu, durch den der Gegner verschreckt aufquietscht und zurück ins Wasser flüchtet. Durch seine Färbung ist es gut getarnt, ich kann es im Wasser nicht erkennen.

„Quapsel, es beginnt. Hypnose!“, befiehlt Maxim mit dunkler Stimme.

Mit einem Satz ist der Pokémon direkt vor Karnimani aus dem Wasser gesprungen und auf dessen Platte gelandet. Durch das zusätzliche Gewicht geht diese leicht unter, doch darauf kann niemand von uns achten, denn da beginnt sich die Spirale auf Quapsels Bauch zu bewegen und in sich selbst zu drehen. Fasziniert sehe ich darauf, genau wie Karnimani und kann mich einfach nicht von dem Anblick losreißen. Ich muss gähnen und werde abrupt aus meiner Fixierung gerissen, als Quapsel sich wieder zurück ins Wasser gleiten lässt. Hastig fällt mein Blick auf Karnimani. Ach du Kacke! Karnimani ist auf seiner Styroporplatte zusammen gebrochen. Zuerst meine ich, dass er besiegt ist, doch da sehe ich das gleichmäßige Heben und Senken seines Körpers, höre das leise Schnarchen. Er schläft! Das darf doch wohl nicht wahr sein!

„Karnimani, wach auf! Schnell! Du kannst jetzt nicht schlafen!“, brülle ich verzweifelt los, doch Karnimani scheint mich nicht zu hören. Er regt sich nicht.

„Gut gemacht, Quapsel, Blubber!“ Im Gegensatz zu meiner scheint Maxims Strategie aufzugehen, was ihn sichtlich freut.

Erneut taucht das Pokémon aus den Untiefen des Wasserbeckens auf und öffnet seine Lippen zu einem O. Heraus kommen viele kleine Wasserblasen, die Karnimani umschweben und bei Kontakt zerplatzen. Karnimani scheint aber auch das nicht wirklich zu stören. Spürt er es überhaupt?

„Karnimani, bitte, jetzt komm schon! Wach auf!“, schreie und flehe ich wieder, doch nichts. Was soll ich nur tun? Ich habe ja noch nicht mal die Chance, mich zu beweisen.

Das sieht wohl auch Maxim ein, denn er ruft: „Aquaknarre. Wecken wir die Schlafmütze mal wieder auf, sonst ist das hier ja viel zu langweilig, nicht wahr?“

Ich weiß nicht, was ich machen soll, komme aber gar nicht dazu, irgendetwas zu tun, da schießt auf einmal die Styroporplatte, auf der Karnimani schläft, in die Höhe. Der Grund ist ein Wasserstrahl, der von unten die Platte hochdrückt. Diese überschlägt sich und der immer noch schlafende Karnimani fällt ins Wasser. Der Schock, statt Luft Wasser zu atmen, reißt ihn endlich aus dem Schlaf und Karnimani beginnt hektisch an die Wasseroberfläche zu schwimmen. Schwerfällig hievt er sich auf eine der Platten, wo er erstmal zu Atem kommt. Dann fixiert er Quapsel, was unter ihm provozierend seine Runden dreht und ein mörderisches Funkeln tritt in seine Augen.

Ich kenne diesen Ausdruck. Das ist nicht gut. Ich muss ihn fokussieren, sonst wird er nur wie wild angreifen und nicht mehr auf mich hören. „Bitte, Karnimani. Bleib ruhig. Wir werden es diesem Quapsel heimzahlen, keine Sorge. Wir werden nicht zulassen, dass dieses kleine Ding dich besiegt. Aber wir machen das gemeinsam. Bitte!“

Einen Moment sieht Karnimani mich einfach nur an und ich habe schon Angst, dass alles hoffen vergebens ist, doch dann nickt er. Fast schluchze ich auf vor Erleichterung, dann richte ich meinen Blick auf Quapsel und Maxim. Der betrachtet uns nachdenklich und überrascht. Er hat wohl nicht damit gerechnet, dass Karnimani und ich so gut zusammen arbeiten könnten. Wollte er ihn so sehr provozieren, dass er nicht mehr auf mich hört? Immerhin kennt er dieses Verhalten Karnimanis von früher. Und ein Pokémon, was ohne die Anweisungen seines Trainers kämpft, ist meist leichter zu besiegen, da es völlig planlos nur angreift. War das Maxims Ziel?

Doch das wird nicht passieren. Jetzt werden wir angreifen und es Maxim zeigen! „Karnimani, bitte, Aquaknarre!“

Karnimani holt Luft, dann speit er einen Wasserstrahl auf das Pokémon im Wasser. Doch das weicht einfach aus, selbst als Karnimani ihm mit dem Strahl folgt. Schließlich gebiete ich Karnimani aufzuhören. So wird das nichts. Im Wasser ist dieses Pokémon viel zu schnell.

„Scheint als hättet ihr Probleme mit der Geschwindigkeit“, stellt Maxim überflüssigerweise fest. „Blubber.“

Aufs Wort springt das Pokémon auf eine Platte und beginnt wieder Wasserblasen zu versprühen. Dabei ist er uns ziemlich nah. Das ist unsere Chance! Im Wasser ist das Pokémon schnell, an Land aber nicht. „Spring, Karnimani! Kratzer, bitte!“

Mit Kraft drückt Karnimani sich von seiner Platte ab, die dabei untergeht, springt über die Blubberblasen und landet auf der Platte von Quapsel. Bevor dieses flüchten kann, hat Karnimani ihm schon mit einem wütenden Knurren über den Bauch gekratzt. Mit einem schmerzverzerrten Quietschen lässt es sich zurück ins Wasser fallen, schwimmt jetzt aber nicht mehr so schnell wie vorher. Der Angriff muss ihm, auch dank der Verteidigungssenkung, ganz schön zugesetzt haben.

Auch Maxim sieht nicht erfreut aus. „Hypnose.“

„Schließ die Augen!“, schreie ich panisch. Wenn Karnimani noch einmal einschläft, dann war’s das wohl endgültig.

Da steht Quapsel schon vor ihm und beginnt wieder, die Spirale auf seinem Bauch zu drehen. Schnell wende auch ich mich ab und sehe erst wieder hin, als ich das Platschen höre, was mir zeigt, dass Quapsel wieder im Wasser verschwunden ist. Was ich sehe, lässt mir den Atem stocken. Karnimani liegt wieder auf der Platte und scheint erneut eingeschlafen zu sein. Hat er mich nicht gehört?

„Karnimani“, hauche ich fassungslos.

Mein Partner rührt sich nicht… oder doch. Ganz leicht zuckt seine Schwanzspitze, die mir zugewandt ist und die Maxim aus dem Grund nicht sehen kann. Karnimani ist wach und stellt sich schlafend! Dieses Schlitzohr! Ich würde gerne grinsen, darf mir aber nichts anmerken lassen. Also brülle ich stattdessen möglichst panisch: „Karnimani, wach auf! Nicht schon wieder!“

Ich scheine Maxim zu überzeugen, denn er grinst zufrieden. „Sehr gut. Geh jetzt nah an ihn heran und dann Aquaknarre mit ganzer Kraft.“ Er lächelt mich entschuldigend an, dem Glauben erlegen, er würde jetzt gewinnen, und ich beiße mir auf die Lippen, um den alten Mann nicht frech anzugrinsen und damit alles kaputt zu machen.

Stattdessen rufe ich genau in dem Moment, in dem das Quapsel auf der gegenüberliegenden Platte platz genommen hat und den Mund öffnet: „Bitte, Karnimani, jetzt!“

Sofort reißt Karnimani die roten Augen auf, springt mit einem wütenden Knurren auf den Gegner zu, reißt ihn mit seinem Gewicht und Schwung ins Wasser und kratzt ihn immer wieder. Natürlich versucht Quapsel sich zu entwinden, doch Karnimani hat sich in seiner Flosse verbissen, sodass es nicht fliehen kann. Langsam erlahmt die Gegenwehr und mit einem Schwung aus dem Nacken schleudert Karnimani seinen Gegner aus dem Wasser. Mit einem lauten Klatschen landet Quapsel auf einer der Styroporplatten, die unter dem Gewicht etwas nach unten sinken. Das Pokémon ist besiegt.
 

Ich habe meinen ersten Arenakampf gewonnen! Ich kann es nicht fassen. Doch das Hochreißen der Fahne des Schiedsrichters bestätigt es. Der Kampf ist vorbei und gewonnen.

Mit einem Freudenschrei knie ich mich an den Rand des Wasserbeckens, wo Karnimani gerade auf mich zu schwimmt. „Du hast es geschafft, Karnimani. Wir haben gewonnen! Danke, danke, danke, Partner!“, jubele ich ihm zu und sowie er in meiner Reichweite ist, greife ich nach ihm und umarme ihn fest, ganz egal, ob ich dabei nass werde. „Danke, Partner. Für alles. Dass du in diesem Kampf alles gegeben hast, dass du so gut mitgedacht hast, dass du auf meine Anweisungen hörst. Danke“, flüstere ich ihm ergriffen zu. Sein Kopf liegt an meinem Brustbein, auf der Narbe, die er mir zugefügt hat. Einen Moment lässt Karnimani diese Nähe zu, doch dann wird es ihm zu viel und er beginnt sich leicht zu winden. Sofort lasse ich ihn los. Das größte Kuschel Pokémon wird er eben nie werden.

Als ich höre, wie das Kampffeld wieder in seine Ursprungsform gebracht wird, stehe ich auf und sehe Maxim, Caddy und Fukano auf mich zukommen. Der Schiedsrichter trägt im Hintergrund etwas in das schwarze Buch ein. Der Anblick erfüllt mich mit Stolz. Nun ist mein Sieg in dieser Arena für die Ewigkeit festgehalten. Nur eine Sache fehlt noch.

Strahlend lächelnd setze ich mir meinen Rucksack wieder auf, lasse Evoli auf diesem Platz nehmen, dann gehen Karnimani und ich dem Arenaleiter und seiner Enkelin entgegen. Mit einem fast schon väterlichen Lächeln betrachtet Maxim uns beide. „Ich hatte ja meine Zweifel an dir, Svenja. Noch nie hat jemand es geschafft, mit Karnimani eine Einheit zu bilden, geschweige denn, mich zu besiegen. Als Karnimani vor dem Kampf so zu dir stand, wuchs die Hoffnung in mir. Und nun bin ich überzeugt. Endlich, nach so vielen Jahren hat Karnimani eine für ihn würdige Trainerin gefunden. Ich kann mit bestem Wissen und Gewissen sagen, dass du dir den Start Orden wirklich verdient hast. Caddy, wärst du so lieb?“

Mit einem bewundernden Lächeln hält das kleine Mädchen ein rotes Kissen hoch, auf dem mir der goldene Orden entgegen funkelt. Er ist zehn Zentimeter groß und wie ein S geformt. In die untere Hälfte des S sind Grashalme gedrückt, den Bogen zieren Flammen und die obere Hälfte des S ist erfüllt mit Wasserblasen. Mit einem stolzen Lächeln greife ich nach dem Orden und streiche bewundernd darüber. Ich habe es geschafft. Mein erster Orden.

„Danke.“

Maxim lacht tönend und brummig. „Wofür? Du hast ihn dir ganz alleine verdient. Nun gut, mit Karnimani, aber wie ich sehen durfte, ist er dein Partner. Es ist ganz allein euer Verdienst, dass du diesen Orden nun in Händen halten darfst. Er ist Zeichen der Verbundenheit zwischen Starter und Trainer.“ Aus dunkelgrünen Augen sieht der alte Mann mich ernst an und greift nach meiner Hand. „Gut gemacht, Svenja. Nicht nur dieser Kampf, sondern auch deine Verbindung zu Karnimani. Ich erwarte noch großes von euch.“ Mit einem Lächeln lässt er meine Hand wieder los und legt mir stattdessen ein Metallkästchen hinein. „Dein Ordenskästchen. Dort kannst du deine gesammelten Orden sicher verwahren. Und würdest du mir bitte deinen Trainerpass geben? Ich muss darin vermerken, dass du deinen ersten Orden errungen hast.“

Dankbar öffne ich das Kästchen und lege den Orden hinein, da spüre ich schon Evolis Pfoten auf meiner rechten Schulter. Wie vorhin hält sie mir den Pass hin. Bei Evolis Anblick bekommt Caddy ganz strahlende Augen und ich grinse leicht. Ich reiche Maxim den Pass und halte Evoli dann das Kästchen hin. „Legst du das dahin, wo du auch den Pass herhast?“

„Ev“, erwidert mein Pokémon leise, schnappt sich vorsichtig die Box und ich höre sie kurz rumoren, bevor ich sie wieder in meinem Sichtfeld sehe. Während Maxim etwas auf den Pass schreibt, kraule ich Evoli hinter den Ohren, die das schnurrend genießt.

Auf einmal spüre ich ein Stupsen gegen meinen Bauch und sehe nach unten in leuchtende Kinderaugen. „Darf ich es auch streicheln? Bitte, bitte?“, bettelt Caddy und streckt die Hände nach Evoli aus. Das spannt sich sofort an, als es diese Worte hört und drückt sich näher an mich.

Bedauernd sehe ich auf das Mädchen hinunter. „Tut mir leid, aber Evoli ist sehr ängstlich. Sie mag es nicht, von anderen berührt zu werden.“

Caddy sieht verletzt aus. „Ich will ihm doch gar nicht wehtun. Ich will es doch nur streicheln, genau wie du“, versucht sie mich zu überzeugen. Doch es bin nicht ich, die überzeugt werden muss. Bevor ich ihr das allerdings erklären kann, meldet sich ihr Großvater zu Wort. „Caddy, wenn ein Pokémon nicht von dir angefasst werden möchte, dann musst du das respektieren. Es wird sicher seine Gründe haben, weshalb das Pokémon solche Angst hat.“

Maulend lässt das Mädchen von mir und Evoli ab und setzt sich stattdessen zu Fukano, was die Streicheleinheiten deutlich mehr genießt.

Maxim dagegen reicht mir meinen Trainerpass wieder, den ich wiederum an das nun wieder deutlich entspanntere Evoli weitergebe. Maxim beobachtete das ganze nachdenklich. „Du hast wirklich einige interessante Pokémon, Svenja. Ich bin gespannt, was einmal aus euch werden wird.“

Oh ja, dass bin ich auch.



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