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Eiskalte Blicke

von

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Schrittwechsel

Mit ineinander verhakten Fingern, die das Kinn abstützten, saß Seto im Büro der Kaiba-Villa und ließ die Augenlider sinken, dass er den Anschein erweckte, als wollte er seine Augen für einen kurzen Moment ausruhen lassen. Aber jeder, der Seto Kaiba kannte, wusste, dass es nur ein Trugschluss, dass er in Wirklichkeit wacher denn war und bloß die Augen schloss, damit er seine Gedanken ordnen, den Geist für Wichtiges freischalten konnte.
 

Seine Hände wurden ihm schwer durch die Last seines Kopfes, der ihm drückte, seitdem er aufgestanden war und einem weiteren Tag entgegengeblickt hatte.
 

Es waren bereits neun Tage vergangen, als Kaiba aus der Kugeka-Villa gestürmt war und von Kaoris wahren Absichten erfahren hatte...
 

Er riss die Augen auf und starrte in einen halb verdunkelten Raum; die Gardinen waren zugezogen, die Schreibtischlampe schien im matten Licht, dass einzig Setos Gesichtszüge deutlich zu erkennen waren: Seine Augen waren hellwach wie je, bereits am frühen Morgen hatte er mit seinem eiskalten Blick die Mitarbeiter seiner Firma dazu angestachelt, das Tempo zu erhöhen, damit das Spiel rechtzeitig auf dem Markt erscheinen konnte.

Seine Lippen waren zu einem geraden Strich gezogen, dass der Mund ernst und konzentriert wirkte, so wie er immer dreinblickte, wenn er seinen Geschäftspartnern zuhörte und ihnen weitere Anweisungen erteilte.
 

Was in seinem Kopf vorging, konnte das orangefarbene Licht nicht einfangen – nicht im geringsten. Wenn es das gekonnt hätte, sähe man ein reinstes Gedankenchaos, jenes von der Sorte, welches einem den eigenen Verstand kostete, sobald man einen Blick darauf werfen würde.
 

Seto war tatsächlich außer Stande, seine Gedanken und Gefühle in die richtige Reihenfolge zu bringen, dass sie für ihn einen Sinn ergäben. Stattdessen erhob er sich von seinem Bürosessel und lief im Zimmer hin und her. Immerzu dachte er an seine Firma und an Kaori, die ihn beinahe auf Messers Schneide gebracht hätte. Oder doch nicht...?
 

Hör' auf damit, Kaiba, ermahnte sich der junge Firmenchef und raufte sich durchs Haar.

„Sie hat von Anfang an den Plan gehabt, mich in ihr Spiel zu verwickeln, damit sie meine Firma mitsamt ihrer ruinieren kann...“ Er blieb stehen und stemmte die Hände in die Hüften.

Sie wusste, dachte er weiter (das laute Sprechen erschien ihm doch unnötig, zumal er zu sich selbst sprach), sie wusste, dass ich gerade wegen ihres Rates, nicht bei Alexis Industries einzusteigen, das Angebot überdenken würde und schließlich doch eine Partnerschaft eingegangen wäre.

Sein Blick huschte herüber zu seinem Schreibtisch: Wie eine Bedrohung lag der Vertrag unbeschrieben auf dem Holz und schien den mächtigen CEO spitzbübisch anzulächeln. Seto schüttelte sich. Aber was ist, wenn sie keine Ahnung hatte, dass er ein solcher Sturkopf war, der gerade wegen ihrer Worte den Handel eingehen wollte...
 

„Verdammt“, rutschte es aus ihm heraus. Wütend kehrte er zurück zu seinem Schreibtisch, ließ sich nieder und verbannte das Dokument in eines der Schubfächer. Das Klopfen an der Tür nahm der junge Firmenchef kaum wahr, und als Mokuba an der Türschwelle erschien und vorsichtig einen Blick ins Zimmer wagte, erblickte er seinen älteren Bruder, der soeben die Schublade zuknallte.

„Seto?“, fragte der Kleine vorsichtig und traute sich ein paar Schritte auf den Älteren zuzugehen. Langsam drehte sich Angesprochener in dessen Richtung. Setos Blick war weniger scharf als noch zuvor, doch Mokuba entdeckte, dass sein großer Bruder große Mühe aufbringen musste, die Fassade zu erhalten. Er kannte Seto gut genug, dass er sofort erkannte, wann sein Bruder durch den Wind war. Gerade, weil dies so selten der Fall war, bemerkte es Mokuba als einziger.
 

Allen anderen gegenüber verhielt er sich wie er es immer tat: Er war der mächtige Geschäftsmann mit wenig Sinn für Humor und einer eisernen Stimme, die jeden in die Knie zwingen konnte. Seine Termine hielt er ein, er besuchte Meetings, hielt Telefonate und kümmerte sie um die Geschäfte seines Themenparks. Sprich: Seto Kaiba lebte sein Leben wie er es die Jahre zuvor auch getan hatte. Zumindest ließ er alle um sich im Glauben, dass dem so wäre. Bloß Mokuba ertappte seinen großen Bruder und sah, was wirklich in ihm vorging.
 

„Alles in Ordnung bei dir?“, stellte der Schwarzhaarige jene Frage, die Seto eigentlich nicht hören wollte.

„In drei Wochen wird mein neu entwickeltes Spiel auf den Markt kommen und wenn sich diese Amateure zusammenreißen, wird nichts schief gehen.“

„Davon habe ich nicht gesprochen, Seto, und das weißt du.“ Mokuba stand jetzt direkt neben seinen Bruder, der den Blick zurück auf die polierte Oberfläche seines Schreibtisches gerichtet hatte. Als keine Reaktion von dem kontrollierten Firmenchef kam, setzte sich der Jüngere auf Setos Schreibtisch und ließ die Beine baumeln. Seto hingegen verschränkte die Arme, lehnte sich in seinem Sessel zurück und musterte den kleinen Schwarzhaarigen ermahnend. Doch Mokuba ignorierte den Blick des Älteren, da er wusste, dass Seto bloß von der eigentlichen Situation ablenken wollte.

„Erzähl' mir endlich, was los ist“, begann Mokuba mit einer ernsten Stimme, die Seto nur selten zu Ohren bekam, „ich habe lange genug geschwiegen und gewartet, dass es dir von selbst wieder besser geht, aber irgendwie verschließt du dich noch mehr als sonst und ich mache mir langsam Sorgen.“

„Mach' dir keine Sorgen, Mokuba. Es ist alles in bester Ordnung.“

„So ein Unsinn“, erwiderte Mokuba lauter als beabsichtigt und fügte in ruhigerer Stimme hinzu: „Fang' nicht wieder damit an, so zu tun, als sei alles bestens. Ich merke doch, dass etwas nicht stimmt und der Auftritt von Kaori neulich würde ich auch nicht gerade als Nichts bezeichnen.“
 

Bei dem Namen der blau-weißhaarigen Schönheit weiteten sich die Augen des jungen Firmenchefs für wenige Sekunden, die Mokuba nicht entgingen.

„Es ging um etwas Geschäftliches“, sagte Seto, der seinen kleinen Bruder nicht belügen wollte und andererseits nicht erzählen konnte, welchen Deal er mit der jungen Frau eingegangen war.

„Ich wusste nicht, dass ihr geschäftlich miteinander zu tun habt“, bemerkte der Jüngere überrascht und fuhr sich durchs Haar, da ihm wieder eine Strähne ins Gesicht gerutscht war.

„Trotzdem“ fügte er hinzu, als der Ältere die Hände auf den Tisch legte und die Finger leise auf das Holt trippelten, „du bist die ganze Zeit abwesend. Erst neulich am Frühstückstisch-“
 

Seto erinnerte sich, dass er früh morgens die Post geholt und anschließend einen Anruf von dem Detektivbüro bekommen hatte, in dem Masato Hinachi neuste Informationen über die Akte Kaori Kugeka preisgab, die sich jedoch als weniger informativ erwiesen, da die Geschäftsleiterin undurchschaubar wie eh geblieben war. Lediglich die Tatsache, dass die blau-weißhaarige Schönheit eine Einladung zu einer Premiere eines Opernstückes bekommen hatte, beschäftigte den jungen Firmenchef noch während des Frühstücks. Er nippte an seiner Tasse brühend heißen Kaffees, der von mal zu mal eine bitterere Note zu bekommen schien und dachte darüber nach, ob Kaori der Einladung folgen würde. Er selbst hatte natürlich auch eine Einladung erhalten, die Post hatte sie ihm am selben Tag zugeschickt und jetzt steckte das Ticket in der Innentasche seines Mantels, welches er im Flur seines Zuhauses herausholte, lange Zeit betrachtete und schließlich in den Müllkorb vor dem Hauseingang warf.
 

Als Mokuba das zerknüllte Ticket aus seiner Hosentasche herausholte, sah ihn Seto mit verwunderten Augen an.

„Du hast im Müll gewühlt“, stellte der Ältere fest. Angesprochener legte die Karte auf den Schreibtisch neben sich ab und richtete seinen Blick zurück auf Seto.

„Naja, ich hatte das Gefühl, dass du sie eigentlich nicht wegwerfen wolltest.“

„Du hast mich beobachtet?“

„Eigentlich wollte ich mit dir reden, aber du warst mal wieder so neben der Spur, dass ich nicht zu dir durchgekommen bin. Du hast ja nicht mal gemerkt, dass ich hinter dir war.“

„Mokuba“, Seto schüttelte den Kopf (sein eigenes Verhalten war im zu wider), „du weißt, dass ich solche Veranstaltungen nicht besuche.“

„Aber sie wird auch da sein oder?“ Sie. Es brauchte nicht einmal ihren Namen, dass Kaiba an den Duft ihrer Haut denken musste. Vor seinem geistigen Auge baute sich die zierliche Gestalt Kaoris auf, wie sie sich in seinem Bett wand und Kaiba um Erlösung anflehte...
 

„Ich weiß es nicht“, erwiderte Seto. Die Gestalt löste sich wieder auf und ließ ein schwarzes Loch zurück. Er musste an die letzte Szene zurückdenken, an die Schwimmhalle und an ihren kalten Blick, der ihn und die gesamte Welt mit Hass und Abscheu angesehen hatte.

Kaori verbarg viele Geheimnisse und Seto war noch nicht allen auf die Spur gekommen. Das Größte galt es noch zu lösen: Wieso wollte sie sich und die Firma ihres Vaters so sehr zerstören? Er musste es herausfinden, vielleicht dann bekäme der junge Firmenchef seine Ruhe wieder.
 

Schließlich hatte sie ihn in ihre Angelegenheiten mit einbezogen, dass es sein gutes Recht war, die Wahrheit, die völlige Wahrheit über die Situation zu erfahren. Im tiefsten Inneren (jene Ecke, die Kaiba weitestgehend ignorierte) wollte Seto wissen, ob Kaori die Wahrheit sagte, als sie in sein Büro gestürmt war und die zwei Millionen aus dem Fenster geworfen hatte, als Zeichen, dass die letzte Nacht nicht des Geldes wegen geschehen war...

Doch immer wieder, wenn er daran zurückdachte, kamen ihm Zweifel – berechtigte Zweifel, die es ihm unmöglich machten, ihr voll und ganz zu trauen. Er wollte es ein weiteres Mal von ihr hören. Sie sollte in seine Augen sehen und ihm sagen, was damals in ihr vorgegangen war, als ihre Lippen einander berührt hatten und nicht voneinander lassen konnten...
 

„Du hast Recht, Mokuba“, sagte der Ältere völlig überraschend, dass Mokuba ihn verwundert anblinzelte. Das Trippeln der Finger hörte schlagartig auf. Setos Augen bekamen etwas Entschlossenes, dass den Jüngeren stutzig werden ließ und zugleich beruhigte, da er in diesem Blick seinen großen Bruder wiedererkannte.

„Es kann sicherlich nicht schaden, sich der Öffentlichkeit zu zeigen.“

„Du gehst also hin?“

„Ja, das werde ich.“



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Kommentare zu diesem Kapitel (3)

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Von:  Anna-Alizee-sou
2015-08-29T09:57:43+00:00 29.08.2015 11:57
Uh, bin ja gespannt was dann da so passiert. *.* Die Story ist echt richtig super und durchdacht! Das fehlt meinen Storys immer. Q.Q
Ist ja fast mal einen Doujinshi wert wenn die Story von deiner Seite beendet ist. :D
Antwort von:  Lady_of_D
29.08.2015 21:43
Vielen Dank, die Komplimente freuen mich immer und dass du selber schreibst, hat mich ganz neugierig gemacht :)
Antwort von:  Anna-Alizee-sou
30.08.2015 11:42
Nicht schreiben, aber zeichnen! Kannst gern mal reinschauen in meinen Douji! :D
Antwort von:  Lady_of_D
30.08.2015 23:59
Ja, das werde ich mal machen, und wenn dir etwas zu meiner ff einfallen sollte, kannst du das gerne machen, ich würde mich freuen :)
Von:  Blaubeere20
2015-08-25T20:53:30+00:00 25.08.2015 22:53
Wohoho, was passiert denn hier!
Wie wird er sich ihr gegenüber verhalten?
Ich bin so aufgeregt!
Weiter! <3
Antwort von:  Lady_of_D
26.08.2015 13:23
Es geht bald weiter^^ ich muss nur noch eine kleinere änderung im nächsten Kapitel vornehmen


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