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Eiskalte Blicke

von

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Verträge

„Programm starten“, sprach Kaiba in sein Headset. Der Laptop auf seinem Schreibtisch leuchtete grell auf und eine mechanische Stimme sagte: „Programm gestartet. Warten auf Genehmigung des Systems.“ Mit flinken Finger hämmerte er auf die Tastatur, dass der Laptop augenblicklich seine Farbe änderte.

„System bestätigt. Willkommen, Mr. Kaiba.“,begrüßte ihn die weibliche Stimme seines Betriebssystems.

Kaiba verschränkte die Arme, lehnte sich in seinen Bürosessel zurück und sah entspannt auf den Bildschirm.

„Zeig' mir die Angestelltenliste der Villa. Im Rechner befindet sich eine Disc mit den nötigen Kodes und Schlüsseln, die du für das Hacken des Systems benötigen wirst.“

„Lade Daten der Disc herunter.“
 

Nachdem er Zuhause angekommen war, hatte er sich ohne Umschweifen an seinen Computer gesetzt. Er wusste, dass man ihm nichts auf dem Silbertablett präsentieren würde und bereitete sich auf eine lange Nacht vor.
 

„Daten erfolgreich hochgeladen. Liste der Angestellten wird kopiert.“

Also schön, dachte er und beugte sich zu seinem Rechner hervor, dann fangen wir mal an.

„Leite das Bild auf den Hauptrechner meines Büros.“ Ein riesiger Bildschirm schaltete sich ein. Normalerweise wurde er nur von seinem jüngeren Bruder benutzt, der in seiner Freizeit zu Kaiba ins Büro kam, sich auf der beigefarbenen Ledercouch niederließ und fernsah. Die Gegenwart seines Bruder war die einzige, die ihm niemals auf die Nerven ging, auch wenn Mokuba gerne die Lautstärke auf maximale Stufe stellte, wenn er auf den Musiksender wechselte.
 

„Gut, fangen wir mit der Arbeit an“, sprach er ins Headset, worauf die mechanische Stimme zu arbeiten begann: „Das Unternehmen der Villa beschäftigt hundert-fünfundsiebzig Angestellte, bestehend aus fünfundsechzig Prozent weiblichen und fünfunddreißig Prozent männlichen Mitarbeitern. Soll ich nach einem bestimmten Namen suchen?“

„Kaori Kugeka“, seine Augen weiteten sich und gespannt starrte er auf den Bildschirm.

„Die Sucher ergab keinen Treffer.“

Das hatte er sich schon gedacht.

„Kannst du mir die Profile der Mitarbeiterinnen zeigen?“

„Selbstverständlich.“

Er sah in die einzelnen Gesichter: Unterschiedliche Typen von Frauen, die direkt in die Kamera blickten oder den Kopf leicht zur Seite geneigt hatten.

„Stopp“, rief er und die Suche hielt an.
 

Die Kamera hatte nicht annähernd die Schönheit und Kühle der Augen einfangen können. Trotzdem kam Kaiba nicht umhin, wie gebannt auf das Profil zu starren, nicht fähig sich davon abzuwenden, denn er wusste, wie es sich anfühlte, den Blick auf seinem Gesicht, seiner Haut zu spüren.
 

Kaori – nein, Rika Tanaka – war als offizielle Mitarbeiterin eingetragen. Diese Tatsache faszinierte Kaiba und ließ ihn noch mehr darüber nachgrübeln, wieso eine Frau ihres Standes, ihrer Machtposition und ihres Rufes alles aufs Spiel setzte.

Ein Spiel. Ja, sie spielte ein Spiel, in dem es ihr gelungen war, ihn mit einzubeziehen. Nun wollte Kaiba die Leitung übernehmen.
 

„Mr. Kaiba“, die piepsige Stimme seiner Sekretärin meldete sich aus den Lautsprechern der Sprechanlage. Genervt drehte er sich um und sendete Todesblicke an die Maschine. Vielleicht sollte er sich nach einer neuen Sekretärin umsehen, dessen Stimme er halbwegs ertragen konnte.

„Ihr fünf Uhr Termin ist soeben eingetroffen. Soll ich sie hereinlassen?“

Seine Miene änderte sich schlagartig. Ein teuflisches Lächeln spielte sich um seine Lippen. Es konnte losgehen.

„Lassen Sie sie rein.“ Damit drehte er sich zu seinem Laptop und forderte ihn auf sich abzuschalten. Sofort wurde der Bildschirm schwarz.
 

Die Tür öffnete sich nach einem zaghaften Klopfen der Sekretärin. Sie stellte den Neuankömmling vor, der einen Schritt hinter ihr stand und die Blicke des Geschäftsführers der Kaiba Corporation entgegnete.

„Mr, Kaiba, Ms. Kugeka von Alexis Industries.“

„Danke, Makoto, sie können gehen“, sagte er und erwies der Sekretärin den Gefallen, der kühlen Luft, die zwischen den beiden mächtigen Menschen im Raum stand, entfliehen zu dürfen.
 

„Setz' dich doch“, wies er sie schließlich an, als sie nicht die Anstalten machte, sich von der Tür zu entfernen. Grazil bewegte sie sich auf seinen Schreibtisch zu, der weiße Aktenkoffer mit den Initialen AI schwang im Rhythmus ihres Ganges. Er passte perfekt zu ihrem Etuikleid, dessen Kragen ihren schönen langen Hals verbarg.

Während sie sich setzte, schweifte ihr Blick kurz zu Boden, bevor sie ihre ganze Aufmerksamkeit wieder Kaiba widmete. Er hatte Schwierigkeiten, dem durchsichtigen Bann ihrer Augen zu widerstehen. Sie waren ihm gerade weit genug, dass er sie nicht mit seinen Händen zudrücken konnte.
 

„Vielen Dank für die Einladung, Mr. Kaiba.“ Ihre Stimme hatte ein wenig von der Selbstgefälligkeit des gestrigen Abends verloren, aber war noch keinesfalls auf dem Level, auf dem Kaiba sie haben wollte.

„Ich halte nichts von Plaudereien, deshalb komme ich gleich auf den Punkt“, sagte er trocken und wartete, dass sich etwas in ihrem Gesicht veränderte. Doch sie blieb kühl und unberechenbar.

„Davon konnte ich mir bereits ein Bild machen. Also sagen Sie mir, warum Sie sich mit mir verabredet haben.“ Ihr gespieltes Unwissen ließ ihn innerlich kochen. Wie konnte sie es wagen, so mit ihm zu reden? Aber er wollte sich beherrschen. Fürs Erste zumindest.

„Kannst du dir das nicht denken“, begann er bewusst sie beim Vornamen zu nennen. Ihre Miene blieb unberührt, aber ihren Augen begannen hell aufzuleuchten. Er glaubte für einen Moment, dass sich das Blau wie Wellen bewegte - sanfte, gleichmäßige Wellen.

„Ich habe vermutet, dass Sie sich mit mir über unsere erste Begegnung unterhalten wollen.“

„Aber sicher warst du dir nicht.“

„Es ist eine brisante Situation. Für uns beide.“

Kaiba nickte, stützte sein Kinn auf den Händen ab und konzentrierte sich auf die Stelle zwischen ihren Augen – vergeblich.

„Wir sind beide in einer Position, in der wir durch ein einziges Wort vieles riskieren können.“

„So wie Sie, Mr. Kaiba, werde auch ich absolutes Stillschweigen bewahren. Ich möchte nicht, dass meine Angelegenheiten nach außen gelangen, geschweige denn der Presse ausgeliefert werden.

„Gut. Dann sind wir in diesem Punkt einer Meinung“, antwortete er und ging für einen Bruchteil der Sekunde in sich, um sich seiner nächsten Worte bewusst zu werden, was sie bedeuten könnten. Für beide.
 

Es war alles genau durchdacht. Ein Angebot, dass ihm auf beiden Seiten angemessen erschien.

„Ich habe dich aber aus einem anderen Grund zu mir bestellt. Ich will dir ein Angebot machen, dass alle deine bisherigen „Angelegenheiten“ in den Schatten stellt.“ Er musste es endlich rauslassen, damit er ihre Reaktion beobachten konnte und, was noch viel wichtiger war, ihre Antwort.

„Du sollst für mich arbeiten. Das heißt: nur für mich. Vierundzwanzig Stunden am Tag und sieben Tage die Woche wirst du springen, wenn ich es von dir verlange. Ich zahle dir zwei Million Yen täglich, egal ob ich deine Dienste in Anspruch nehme oder nicht. Im Gegenzug kündigst du deine Arbeit in der Villa und auch außerhalb wirst du mit keinem anderen Mann schlafen. Obwohl ich bezweifle, dass du noch die Zeit finden wirst, dich mit Anderen zu verabreden, denn während du in der Woche auf meinen Anruf wartest, wirst du die Sonnabende und Sonntage ausschließlich bei mir verbringen.“ Er pausierte. Insgeheim hatte er gehofft, einen Blick der Schwäche auf ihrem Gesicht zu erkennen; und wenn nicht, dann doch wenigstens Verwirrung, Angst oder... Erregung?

Doch die blauen Augen fixierten Kaiba noch immer mit einer Unergründlichkeit, die ihm durch Mark und Bein ging.

„Ich werde nicht ewig auf eine Antwort warten. Solltest du Bedenkzeit brauchen, werde ich sie dir jetzt geben.“

„Meine Antwort lautet ja“, hauche die blasse Schönheit. Trotz der Businesskleidung, dem Aktenkoffer und den zurückgekämmten Haaren, kehrte die fremde Schönheit mit dem eiskalten Blick zurück, dass Kaiba sich vor Augen halte musste, wo er sich befand und sich dementsprechend beherrschen musste, die junge Firmenchefin nicht auf der Stelle zu Boden zu zwingen.
 

„Alle weiteren Einzelheiten werden wir später besprechen, wenn die Zeit gekommen ist. Fürs Erste war's das. Du kannst gehen. Ich werde dich über unser nächstes Treffen rechtzeitig informieren.“ Auf sein Wort erhob sie sich.

„In Ordnung, Mr. Kaiba.“

„Kaiba reicht völlig“, entgegnete er trocken.

Sie nickte und hob den Koffer vom Boden.

„Eine Frage hätte ich noch“, auch Kaiba erhob sich von seinem Bürosessel.

Wartend blickte sie ihn an.

„Wieso tust du das? Ich meine die Erniedrigung. Das muss doch sehr entwürdigend sein.“

Ihre Antwort kam schnell: „Ich genieße den Verlust von Kontrolle, wenn ich sie am dringendsten bräuchte. Es ist schwer zu verstehen, aber es verschafft mir eine gewisse Genugtuung, wenn Männer die Entscheidungen an meiner Stelle treffen.“

„Selbst die Gefahr laufend, verraten zu werden?“

Ihr Gesicht wurde zu etwas angst erfüllend Scheuem. „Ich tue es, weil ich es tun muss. Und außerdem haben die meisten Kunden mehr Angst aufzufliegen als ich.“

Als sie das Wort Kunden über die Lippen brachte, verengten sich seine Augen zu gefährlichen Schlitzen. Nicht nur, dass er selbst zu diesen „Kunden“ gehörte und dieses Wort nur ungern mit seiner Person in Verbindung bringen wollte, störte ihn doch mehr die Vorstellung anderer Männer, die genau wie er den Duft ihrer Haut schmecken und das willenlose Hingeben ihres Körpers genießen konnten. Er hasste es, dass seine Vorstellungskraft erst hier seine Grenze fand.
 

„Geh jetzt“, forderte er sie herrisch auf und die fremde Schönheit mit dem Namen Kaori oder Rika, ganz gleich, verschwand hinter der Tür.
 

Noch Stunden später konnte er ihren Duft im Raum riechen, dass er nicht die Kraft hatte, konzentriert arbeiten zu können. Mit dem Duft in der Nase trommelte er mit den Fingern auf dem Schreibtisch. Diese Angewohnheit hatte er in seiner Kindheit gehabt, als sein Stiefvater ihn bis zum Erbrechen gedrillt hatte und Seto die Nächte durch lernen musste. Wenn ihn die Müdigkeit übermannte, trommelte er auf den Tisch, um sich mit dem Geräusch zu wecken und gleichzeitig die eingeschlafene Hand in Bewegung zu versetzen.

Als Kaiba sich seiner längst abgeworfenen Angewohnheit gewahr wurde, ballte er die Hand zur Faust und schlug auf die Mitte des Holztisches ein. Er betrachtete seine gerötete Hand und grinste. Ich werde mich noch eine Weile zurückhalten müssen. Schließlich brauche ich meine Energie für wichtigere Dinge.



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  Blaubeere20
2015-03-09T02:27:27+00:00 09.03.2015 03:27
Hey, hey!

Also ich habe jetzt alle drei Kapitel gelesen. Und ich muss sagen: Du schreibst soooo gut! Dein Schreibstil gefällt mir wirklich!
Die Idee der Geschichte ist auch furchtbar interessant!
Allein die Vorstellung, dass es jemanden gibt, der genau so eiskalt ist, wie unser Seto Kaiba... whui.

Normalerweise lese ich nicht gerne - ich schreibe viel lieber.
Aber deine Story gefällt mir so gut, dass ich sie gelesen habe!
Und das heißt was.

Liebe Grüße,
Cat


Antwort von:  Lady_of_D
09.03.2015 11:26
Hey,
vielen lieben Dank für deinen Kommentar.
Da ich meist auch nur schreibe statt lese, weiß ich ganz genau, was du meinst - und nachdem ich auch etwas von dir gelesen habe, ist es für mich ein großes Kompliment.

Liebe Grüße


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