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Weiße Taube

Gefühle
von

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Kapitel Vier: Abstand


 

~Abstand~

„Wer Abstand hält, hat sich nicht unbedingt entfernt.“

- Edith Linvers

(Schriftstellerin & Aphoristikerin)
 

Wie schrecklich sich die Tage des Krieges zogen. Immer wieder erreichte ihn Kunde über Mord und Vernichtung und Trauer. Die wenigen Handlungspartner, die ihn auf seinem Luftschiff besuchten, erzählten von den Opfern und den Hinterbliebenen, von den Tränen und den Trümmern, aber auch über Mut und Hoffnung. Wenn er Geschichten darüber hörte, wie Menschen mit einem Lächeln auf den Lippen der Zukunft entgegensahen, konnte auch er neue Kraft schöpfen und an einen baldigen Frieden glauben. Dann würde die wirkliche Arbeit beginnen, denn um ein Leben auszulöschen benötigte es nur einen Wimpernschlag. Eines aufzubauen jedoch, konnte manchmal ein weiteres Leben andauern.

Vor einigen Tagen hatte eine Explosion gewaltigen Ausmaßes seine kleine Flotte erschüttert und bald darauf bekam er die Information, eines der kriegführenden Länder habe eine gigantische Bombe gezündet.

Ohne Warnung und mitten im Kreis ihrer eigenen Verbündeten.

Wie viele hatten dabei ihren letzten Atemzug getan? Wirklich nervös wurde er allerdings, als er hörte, dass seine Freunde ebenfalls an der Front stationiert waren und er betete, dass ihnen nichts zugestoßen sei.

Selbstverständlich entsandte er sofort Briefe um über das Wohl seiner ehemaligen Gefährten auf einen aktuellen Stand gebracht zu werden, doch er bekam keine Antwort.

Zumindest nicht von ihr. Von seiner Prinzessin.

Sie schwieg weiterhin. Auf keinen seiner Briefe hatte sie reagiert und er hatte Dutzende geschrieben.

Oft versuchte er sich selbst einzureden, dass sie auf Grund des Krieges genug zu tun habe. Doch gerade abends, wenn er auf seinem Bett lag, rotierten seine Gedanken und das kühle Gemüt begann zu lodern.

Was wenn sie gerade bei ihrem Ritter ist?

Während er über einigen Unterlagen hing und Zahlen kalkulierte, hörte er seinen Berater japsend heranstürzen.

„Junger Herr! Das müsst ihr euch ansehen!“

„Nicht jetzt, du siehst doch, dass ich gerade...“

Sein Blick glitt durch eines der Fenster des Luftschiffes und innerhalb von Sekunden war er aufgesprungen und zum nächstbesten Balkon geeilt. Aus der Richtung des Königreiches der Drachen stieg eine riesige, schimmernde Lichtsäule gen Himmel. Ein solches Phänomen war ihm nicht unbekannt und er konnte sich denken, welche Bedeutung sie hatte. Offenbar hatte eine liebe Freundin ihren weiten Weg zurück zum Mond der Illusionen angetreten. Hatte sich von ihrem geliebten König getrennt, um ihr Leben bei der Familie zu verbringen. Und das obwohl sie sich gerade erst gefunden hatten. Welch tragische Entscheidung.

„W-was bedeutet das, junger Herr?“, stammelte sein Berater unruhig.

Er lächelte und kreuzte die Arme vor der Brust.

„Das, mein Lieber, ist ein Abschied. Allerdings bin ich mir unsicher, ob es sich bei diesem Ende um ein Glückliches oder ein Dramatisches handelt.“, antwortete er gelassen, als sich die Säule langsam auflöste und schließlich gänzlich verschwunden war.

Ein kurzes Kichern entglitt seiner Kehle.

„Es bedeutet auch, dass der Krieg endlich vorbei ist und wir jetzt alle Hände voll zu tun haben werden. Wird Zeit, dass wir Gutes tun.“

„Aber Ihr seid doch Händler, kein Samariter. Was würde Euer Vater...“

„Mein Vater ist nicht hier und ich bin durchaus in der Lage für mich selbst zu entscheiden, verstanden?“, schnitt er seinem Helfer ins Wort. Als hätte ihn sein Vater jemals von irgendetwas abbringen können.

Rasch ging er zurück in seine Bibliothek und setzte sich an seinen Schreibtisch.

„Das werden viele Briefe...“, seufzte er kurz, bevor er die Feder ergriff und zu schreiben begann.

Die ersten Briefe gingen an seine Freunde, danach folgten einige an diverse Geschäftspartner und schließlich ein weiterer an seine Prinzessin.

Das letzte Schreiben ging an den König des Drachenlandes.

Ihm schien, es wäre an der Zeit für ein Gespräch unter Männern.



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