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Gnadenlose Realität

Zu viele Fuß unter der Erde.
von

Vorwort zu diesem Kapitel:
Disclaimer: Forgotten Realms gehört nicht mir, ich leih mir nur mal Faerûn, sowie Lolth, Corellon, Menzoberranzan.... und eventuell noch ein paar bekannte Charaktere aus. Hiermit wird kein Geld verdient.

Viel Spaß! Komplett anzeigen

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Ungewisse Zukunft

Die Niederlage war vorbestimmt.

Wer die Gunst Lolth´s verloren hatte, war dem Tode geweiht. Denn es geschah nur selten, dass man sie wieder erlangte, vor allem, wenn man nicht wusste, worin der Grund bestand sie zu verlieren.

Zudem nutzten diese Gelegenheit viele Häuser, um ihre Macht zu steigern. Besonders verlockend war es, wenn die Adelsfamilie, die von der Ungunst betroffen war eine höhere Stellung hatte als die Eigene.

Es kam oft genug vor, dass sich auch mehrere niedrige Häuser zusammenschlossen, um ein Mächtigeres vollkommen auszulöschen, zu entfernen, vom Angesicht der Welt zu tilgen.

Und, wenn es die niederen Häuser nicht taten, tat es ein Höheres um im Willen Lolth´s zu handeln und um eine eventuell bestehende Bedrohung zu vernichten.

Schwäche wurde ausgemerzt. Diesmal war es das elfte Adelshaus, das Haus Auvryndar. Es hatte ein wirklich schlechtes Los gezogen. Insgesamt drei Häuser wendeten sich in dieser Angelegenheit geschlossen gegen die Familei. Es war eine schiere Übermacht. Allein fünfhundert Sklaven boten sie zusammen auf. Die zwar nicht das Problem darstellten, da sie ungeübt waren und gegen ihren Willen gezwungen wurden zu kämpfen. Dahinter verbarg sich aber die wahre Gefahr, rund fünfhundertfünfzig nach Blut gierende, hervorragend ausgebildete Drowkrieger, die für Macht alles taten. Insgesamt bekam es das Haus auch noch mit sieben Hohepriesterinnen – die zudem in der Gunst Lolth´s standen – zu tun. Dagegen waren die Drei des Hauses Auvryndar machtlos.

Der schützende Zaun, der das Haus umgab, war schon längst unter der Wucht einiger Zauber gefallen. Und die Sklaven strömten in den Hof. Bald darauf folgten die Drowkrieger, der nun feindlichen Häuser. Nicht, dass sie je freundlich gesinnt waren. Der Begriff Freundschaft hatte hier keinerlei Bedeutung. Immer wieder leuchteten unterschiedliche Lichter auf, die je für eine andere ausgelöste Falle und somit für einen anderen Zauber standen. Das Haus Auvryndar war keinesfalls unvorbereitet, jedoch auch nicht ausreichend. Die Übermacht war schier überwältigend. Dem ganzen Schauspiel folgte der Blick zweier rot glühender Augen.

Das Haus war dem Untergang geweiht, schon bald würde sich der Großteil der Streitmacht ergeben und sich später den anderen drei Häusern anschließen. Ein Drow entschied sich immer zugunsten seiner Selbst. Er jedoch hatte keine solche Wahl. Ihm stand der Tod bevor.

Calaghar Auvryndar war der Hausmagier und erster Sohn der Mutter Oberin Alyonia, ein Adliger und Adlige wurden getötet, damit das angreifende, in dem Fall die angreifenden Häuser vor der Auslöschung geschützt waren.

Er wandte seinen Blick ab und ließ ihn stattdessen über seine Gemächer wandern, um zu sehen, ob er alles Notwendige dabei hatte.

Eigentlich sollte er bei der Verteidigung mithelfen. Doch im Anbetracht der schieren Übermacht der Gegner, war das ein aussichtsloses Unterfangen. Außerdem hatte er nicht vor sein Leben zu opfern. Ein paar Zauber mehr oder weniger würden an der Situation nicht das Geringste ändern und er brauchte seine Zauber dringender für etwas anderes. Calaghar hatte Pläne gefasst, die sein Überleben sichern sollten. Dass sie so genau mit dem Überfall der anderen Häuser zusammen fielen war reiner Zufall. Schon Wochen vor dem Angriff hatte er seine Flucht geplant, die er nun im Trubel des Kampfes durchziehen wollte. Eine bessere Gelegenheit würde er nicht mehr bekommen. Lolth war schon lange nicht mehr seine Göttin. Vielleicht hatte er, der Gott, dem er nun folgte doch mehr seine Finger im Spiel, als Calaghar vermutete... es wäre ihm nur recht. Schon seit langem hatte er die Einstellung der Drow, die ihn umgaben hinterfragt. Fand ihre Prinzipien nicht gerade lohnenswert, da sie nicht mit seinem Empfinden konform gingen und seine Weltanschauung über die Zeit eine andere geworden war. Etwas, dass ihm mit dem Vergehen der Jahre immer mehr aufgefallen war, bis er seine eigenen Augen nicht mehr davor verschließen konnte und den Veränderungen nachgegangen war. Ein Traum hatte ihn schließlich auf die richtige Fährte gebracht und das an sich war doch sehr merkwürdig gewesen. Vielleicht war dieser Wandel der Grund, die Ursache für das was seiner Familie nun widerfuhr? Vielleicht galt es nur ihm? Vielleicht galt es gar nicht nur ihm? Vielleicht war es ganz einfach nur Zufall? Es würde ihn nicht wundern, allerdings gefiel ihm der Gedanke weit besser, dass das ein Zeichen, ein Weg seines Gottes war, der ihn aus diesem Elend befreien würde. Daran wollte er glauben und der Rest spielte daher nur eine untergeordnete Rolle. Lolth´s Ungunst gegenüber diesem Haus war eine Laune, ein Zeitfenster, für ihn. Auf jeden Fall würde er von hier verschwinden und er würde dies nicht allein tun. Zumindest ein anderes Wesen hier hatte eine Chance verdient und er würde es nicht unversucht lassen, es mitzunehmen.
 

Leise verließ er seine Gemächer. Die Vorbereitungen waren abgeschlossen und er hatte alles dabei was er benötigte. Seinen magischen Beutel, der an seinem Gürtel baumelte. Eben jener konnte viele und auch große Dinge fassen, ohne das Gewicht und die Größe zu verändern. Außerdem hatte er noch seine Rüstung an, seinem Piwafwi umgelegt und sein Langschwert an der Seite und so machte sich auf den Weg zu einer der anderen Räumlichkeiten. Denen seiner Mutter. Unbemerkt gelangte er bis zu der Tür, was nicht weiter verwunderlich war. Der Kampf tobte woanders und es würde noch dauern, bis er hier zum Innersten vorgedrungen war. Nach einem kurzen prüfenden Blick in jede Richtung schlüpfte er in die Gemächer. Der Raum war dunkel und er hörte wie sich etwas raschelnd bewegte und er musste nicht lange suchen, um die Quelle auszumachen. Wie er erwartet hatte kamen die Geräusche von seinem kleinen Bruder, der anfing etwas zu quäken, als er näher an die schmucklose Wiege trat, in der sich der Säugling befand. Die Körperwärme die das Kind ausstrahlte verriet ihm, dass zumindest unmittelbar alles in Ordnung zu sein schien. Calaghar wusste nicht, wie lang der Kleine hier schon allein verweilte.

Seine Augen wirkten wach und der winzige Drow drehte sich leicht zu ihm, versuchte etwas zu krabbeln und quietschte. Man konnte kaum glauben, dass ein Drow... eine der gefürchtetsten Rassen überhaupt, ebenso hilflos und klein anfing, wie jedes andere Lebewesen auch. Die Augen des Kleinen funkelten munter zu ihm auf.

Alyonia hatte ihn einfach hier zurück gelassen, wie unbedeutender Krempel. Für sie war er das vermutlich auch. Ein männliches Kind... noch dazu nur eine Bürde im Kampf, er würde so oder so sterben und neue Kinder konnte sie jederzeit bekommen. Er verdiente es nicht beschützt zu werden. Wäre er noch am Leben, wenn sie siegreich war, dann war er stark genug dafür gewesen, wenn nicht, dann hatte er das Leben so oder so nicht verdient gehabt. So einfach war das. Calaghar seufzte leise auf und kniff seinen Lippen zu einem dünnen Strich zusammen. Überall war es das Gleiche. Das war einer der Gründe für seinen Fortgang.. oder seine Flucht, je nachdem wen man fragen würde. Er wollte dem Kleinen den Tod und ein ähnliches Schicksal wie sein eigenes ersparen. Ihn statt dessen im Sinne seines Gottes erziehen und ihm andere Werte vermitteln, ihm ein schöneres, lebenswerteres Leben ermöglichen. Zumindest in seinem Kopf klang das nobel. Da sein Bruder es dann wohl kaum anders kennen würde, würde er es sicherlich ohne weiteres akzeptieren, da war er sich sicher. Und wenn er von seinem Volk erzählen würde, dann würde er es umso besser verstehen.

Die verfluchte Spinnengöttin hinter sich zu lassen, die er so sehr verachtete, schon solange er denken konnte, das war nun zum Greifen nah und er hatte nicht vor davon abzulassen, oder sich davon abbringen zu lassen. Er hatte nicht umsonst jahrelang Schmerzen und Leid ertragen, Narben auf seinem Rücken erduldet, war gedemütigt, geschlagen und als minderwertig abgeschrieben worden, um einfach aufzugeben, oder sich dem zu fügen. Diesem ewigen Ränkespiel konnte er inzwischen nur noch Hass entgegen bringen und er sehnte sich nach Ruhe, nicht nach einem weiteren Dolch in seinem Rücken oder einer Peitsche, die ihm die Haut vom Knochen riss, und das nur, weil er eine Frau falsch angesehen hatte. Am liebsten würde er die Drow von der Spinnenkönigin erlösen, denn es gab weit mehr als die Knechtschaft unter Lolth. Allerdings lag das nicht in seiner Macht. Er hatte zumindest selbst bei einer Mission an der Oberfläche gesehen, dass es anders ging. Das Leben dort oben erschien ihm nicht so schlecht, wie es von den Drow dargestellt wurde. Böse Absichten hatte er bei den Feenwesen nicht entdecken können, als er sie vor dem eigentlichen Angriff ausgespäht hatte.

Während seines Magiestudiums hatte er sich oft mit den unterschiedlichsten Schriften befasst, auch mit einigen, die von der Oberfläche stammten. Nur durch puren Zufall war er an diese seltenen Unterlagen gelangt und hätten seine Mitstudenten oder Meister auch nur geahnt was er getan hatte... dann wäre er nicht mehr am Leben.

Später hatte er bei einem etwas merkwürdigen Händler, der allerlei Dinge von der Oberfläche verkaufte, ein altes, kaum mehr lesbares Geschichtsbuch erstanden. Nachdem er mühsam eine alte Variante der Gemeinsprache gelernt hatte, war er auch fähig gewesen, das Geschriebene zu verstehen. Dort wurde die Geschichte der Drow aus anderen Blickwinkeln dargestellt. Interessant waren vor allem die Gründe für die Verbannung der Dunkelelfen in das Unterreich gewesen. Bis zu einem gewissen Punkt hatte er das nur schwer glauben können, gerade weil vieles davon tief in ihm verankert gewesen war... allerdings war ihm wenig später der höchste der Seldarine erschienen. Corellon Larethian. Von da an hatte er gewusst er, was stimmte und seine Ziele waren klar geworden. Er wollte diesen ewigen Intrigen und der bösartigen Absichten entfliehen, die bisher sein Handeln bestimmt hatten. Selbst hatte er nie entscheiden können, da er immer zum Wohle seines Hauses gehandelt hatte und jede Ausbildung, die er bekommen hatte, hatte nur dazu gedient, seine Familie zu stärken. Die meisten Sachen hatte er nie in Frage gestellt, bis er langsam, Stück für Stück selbst angefangen hatte zu hinterfragen, je unzufriedener er geworden war. Dass ihn gerade dieser Gott aus seiner Lethargie riss und ihm anderes offenbarte, ihm ein neues Leben versprach... war überraschend und ungewöhnlich gewesen.

Aber jetzt war da ein deutlicher, erleuchteter Weg, der vor ihm lag und dem er folgen konnte. Erleuchtet war das richtige Wort. Sein Weg würde ihn und seinen Bruder an die Oberfläche führen.

Calaghar hoffte nur inständig, dass man ihn und Sharrak akzeptieren würde, hoffte, dass er dem gerade mal ein Jahr alten Säugling eine bessere Zukunft geben konnte.

Er nahm das immer noch wackelnde Bündel, zu dem er eine seltsame Verbundenheit spürte, an sich und verließ die Gemächer seiner Mutter.
 

Jetzt war schon wesentlich deutlicher der Kampfeslärm zu vernehmen. Klingen die aufeinander schlugen, fluchende Krieger, umstürzende Einrichtungsgegenstände, die Schreie von Sterbenden. Vorhin war all das nur undeutlich an seine Ohren gedrungen.

Hoffentlich hatte er nicht zu viel wertvolle Zeit vergeudet. Er musste sich beeilen, wenn er noch unbehelligt verschwinden wollte.

Leise sprach er einen komplizierten Zauber, den er vorbereitet hatte, verwendete einige magische Komponenten. Auf die grazilen Bewegungen seiner Finger musste er kaum einen bewussten Gedanken verschwenden, so geübt war er in der Ausführung der magischen Gesten. Sie beide wurden unsichtbar und ein Großteil der Körperwärme würde verhüllt werden, sodass man sie kaum von dem umgebenden Stein unterscheiden können würde. Sein Umhang hatte zwar dahingehend einen gewissen Effekt, der aber nicht vollkommen wirkte, nicht ausreichen würde, um sie beide auf der Flucht vor dem Entdecken zu bewahren.

Deutlich spürte er das Kribbeln das von Kopf bis Fuß über seinen Körper wanderte und eine leichte Gänsehaut verursachte.

Schnell sprach er noch einen weiteren Zauber, der verhindern würde, dass sie Geräusche verursachten. Gerade bei seinem kleinen Bruder war das notwendig. Man konnte einem Säugling schlecht den Mund verbieten. Er setzte sich wieder in Bewegung. Gezielt durch Gänge und Hallen um zu einem geheimen Ausgang zu gelangen, den nur die Adelsfamilie kannte.
 

Das Glück war ihm hold, denn bisher war ihm noch niemand über den Weg gelaufen.

Er fluchte innerlich über diesen Gedanken, denn genau in jenem Moment hörte er ein leises, sich auf ihn zu bewegendes Scharren, das Geräusch war ihm nur zu gut bekannt. Es stammte von einem achtbeinigen, hüfthohen Haustierchen seiner Mutter, das stracks, ohne die beiden zu bemerken, an ihnen vorbei rauschte. Vermutlich war die Spinne auf dem Weg zu den Gemächern, aus denen er gerade kam. Calaghar atmete ein klein wenig auf, seine Zauber wirkten, wie er jetzt sicher wusste und nun sollte sie besser nichts mehr aufhalten. Die Magie hatte nur eine begrenzte Wirkdauer und er wusste nicht, ob Lolth es auf ihn abgesehen hatte... Hoffentlich hatte Corellon ein waches Auge auf ihm ruhen. Er musste sich beeilen. War seine Vermutung richtig, was den Zielort des Haustierchens betraf würde die Spinne sicherlich seine Mutter informieren, dass ihr Sohn fehlte - vorausgesetzt sie war noch am leben. Außerdem war sicherlich aufgefallen, dass er fehlte und, wenn eine Gelegenheit da wäre um ihn zu suchen, dann würden das seine Schwestern oder seine Mutter sicherlich tun. Er hoffte einfach, sie waren mit dem Kampf viel zu beschäftigt. Dass er aktuell überhaupt hier war, war ebenfalls nur reinem Glück zu verdanken, dass er beim Start des Angriffes in seinen eigenen Räumen gewesen war und damit die Zeit gehabt hatte sich seine vorbereiteten Sachen zu schnappen.

Hätte er hier ein Portal öffnen können, hätte er nicht diese Probleme, so musste er aus dem Bereich der Faerzress – Adern hinaus, die Menzoberranzan vor Teleportationen schützten - bevor er diese Magie anwenden konnte. Oder er musste zumindest in einen Bereich, der nicht völlig davon betroffen war, sodass er den Rest seines Planes durchführen konnte und eine Teleportation würde das ungemein vereinfachen.

Als er sicher war, dass er unbemerkt war, als er den Geheimgang erreicht hatte, der sich hinter einer Säule verbarg und damit kaum einsehbar war, betätigte er einen versteckten Schalter in der Wand und verschwand durch einen schmalen Spalt der sich lautlos auftat, und sich ebenso leise hinter ihm schloss.

Der Weg, der sich dahinter auftat, fiel steil ab und führte ein ganzes Stück unter das Anwesen von Auvryndar und dann nach Westen, sodass er innerhalb einiger Zeit außerhalb von Menzoberranzan war. Wenn alles gut ging, musste er nur noch auf die Patrouillen achten, die um Menzoberranzan umherschlichen, dann konnte er sich durch ein Portal an den Ort teleportieren, den er als einzigen von der Oberfläche kannte und den er als sein Ziel ausgewählt hatte, damit die Teleportation nicht fehl schlagen konnte. Er hatte nur anhand einer alten Karte herausgefunden, wie dieser Wald hieß, in den er gedachte zu fliehen. Es war der Mondwald, wenn alles nach Plan verlief, würde er dort in einiger Zeit mit seinem Bruder stehen und versuchen Asyl bei den ansässigen Elfen zu bekommen.
 

Calaghar sah sich prüfend um, als sein Zeitgefühl ihm mitteilte, dass die Entfernung die er zurück gelegt hatte ausreichen sollte um ein Portal zu öffnen.

Er konnte keine Spuren des Faerzress mehr erkennen und hoffte auch, dass seine Zauber noch zuverlässig hielten. Die Zeit drängte. Zwar setzte er in seine Fähigkeiten relativ viel Vertrauen, aber die Aufregung und die Nervosität machten ihm zu schaffen und ließen ihn ein wenig zweifeln. Was vermutlich auch an seinem kleinen Bruder hing, der voll auf ihn angewiesen war.

Vorsichtig und wachsam umsehend ging er noch ein Stück weiter. Immer mit dem Gedanken im Hinterkopf, dass er auf eine Patrouille treffen oder auf irgendein anderes Wesen stoßen könnte, die hier hausten. Das Geräusch von leise herum rollenden Steinchen ließ ihn innehalten. Er sah in die Richtung aus der die Laute zu ihm drangen und er blieb wie angewurzelt stehen. Was machte ein Gedankenschinder hier?

Er fluchte gedanklich. Gegen solch ein Wesen hatte er sich nicht geschützt, davor war niemand so einfach geschützt und damit hatte er auch gar nicht gerechnet. Normalerweise trieben sie sich weit tiefer herum und trauten sich nicht so nah an eine große Stadt der Drow. Zumindest nicht allein. Er hatte keine Zeit sich damit zu befassen und er wollte auch nicht näher als unbedingt notwendig an die Kreatur heran. Die einzige Option, die ihm blieb, war die Flucht. Calaghar hoffte, der Gedankenschinder war anderweitig beschäftigt und noch zu weit weg, um ihn bemerkt zu haben.

Er strebte in die entgegengesetzte Richtung davon. Auf der Oberfläche gab es seines Wissens nach keine solch gefährlichen Lebewesen. Zumindest hatte er keine gesehen und weder davon gelesen noch gehört. Schließlich betrat er eine Höhle, die in einer Sackgasse endete. Vorsichtig blickte und hörte er sich um. Er bemerkte nichts ungewöhnliches und lauerte noch einen Moment auf ungewöhnliche Umgebungsgeräusche, bevor er seine Blick seinem kleinen Bruder zuwandte. Dieser erwiderte seinen Blick und griff vor sich hin grinsend, mit seinen kleinen, dicken Händchen nach einer Strähne von Calaghars weißen Haaren, um daran zu ziehen und sich die Haare in den Mund zu stecken und darauf herum zu kauen.

Dies entlockte dem Magier ein Grinsen.

Er wickelte seinen Bruder - den er bis eben dicht an seiner Brust, so in eine Decke gewickelt hatte, dass er in auf der Brust hatte tragen können, so dass er seine Hände frei hatte - noch einmal etwas fester, damit er nicht aus versehen heraus rutschte, um nach seinen Utensilien zu suchen, damit er ein Portal öffnen konnte. An der Oberfläche dürfte die Nacht hereingebrochen sein. Der letzte Blick zu Narbondel hatte die Dämmerung angezeigt. Er sammelte seine Gedanken und hob erst einmal den Stille-Zauber auf. Er platzierte zwei Steine auf den Boden, die als Begrenzung für den Zauber dienten. Dann konzentrierte er sich und beschwor mit der magischen Formel die Magie für ein Portal. Flimmernd öffnete sich mit einem hellen violetten Schimmer das Portal. Die Oberfläche der flackernden Magie ließ nicht auf den Zielort schließen, aber er war sich sicher, dass es stimmte. Noch ein letztes Mal sah er zurück, schloss aus, dass Gefahr drohte und es diente auch für einen leisen, knappen Abschied an seinen Geburtsort.

Der Dunkelelf hoffte wirklich, es würde das letzte Mal sein, dass er hier war, aber wer wusste schon, was die Zukunft bringen würde. Calaghar wuschelte seinem kleinen Bruder sanft durch die kurzen Haare und lächelte leicht, dann trat er ohne zu zögern durch das Portal.
 

Er kniff die schmerzenden Augen zusammen. Der ungewöhnlichen Helligkeit ausgeliefert zu sein kam nicht überraschend, war aber trotzdem eine ungewohnte Anstrengung und es dauerte eine Weile, bis er sich daran gewöhnte. Zumindest war es jetzt von Vorteil viele Stunden in schwachen Kerzenschein verbracht zu haben, um zu lesen, denn so gewöhnte er sich schneller an das dämmrige Licht, auch wenn es an Intensität noch um einiges stärker war, als das flackernde Licht einer Kerze. Langsam öffnete er seine Augen wieder und schloss das Portal hinter sich, was zusätzlich ein violettes Licht verströmt hatte. Zum ersten Mal sah er seinen Bruder nicht in der für Drow üblichen Infravision.

Er hatte wirklich ungewöhnliche Augen. Keine, wie man sie dem Verräter Drizzt Do'Urden nachsagte… Aber auch keine die man als Drow akzeptieren würde. Zumindest nicht in diesem Zusammenspiel. Einzeln, als Augenpaar wären sie durchaus akzeptiert... das spielte allerdings jetzt kaum mehr eine Rolle.

Eines war hellgrün und das andere blutrot. Seine strahlend weißen Haare schimmerten leicht silbrig im Licht des Mondes, wie die Oberflächenelfen die Scheibe am Himmel nannten, die des Nachts dort verweilte. Nach einem Moment in dem er den Anblick des Kindes auf sich wirken ließ und nur seine Ohren aufmerksam auf die Umgebung lauschten, wandte er nun seine komplette Aufmerksamkeit darauf an.

Calaghar befand sich mitten in einem Wald, wie er es beabsichtigt hatte, sollte es der Mondwald sein. Dunkel ragten die Bäume um sie beide auf, standen aber nicht so dicht beisammen, dass man keinen Weg hindurch gefunden hätte. Das Unterholz war kaum vorhanden, da sie sich auf einer kleinen Lichtung befanden. Sich langsam um seine eigene Achse drehend erfasste er jede Richtung und nun, da er sich an die Lichtverhältnisse gewöhnt hatte, dauerte es nicht lange bis seine empfindlichen Augen bei einem, weiter entfernten Licht hängen blieben.

Eine flackernde Flamme, vielleicht ein Lagerfeuer, das durch die Bäume kaum auszumachen war verriet die Anwesenheit anderer Lebewesen. Der Unsichtbarkeitszauber hatte seine Schuldigkeit getan, er löste ihn auf und auch die anderen Zauber würden bald ihre Wirkung, ohne sein weiteres Zutun verliere. Dann machte er sich langsam auf den Weg zu der Lichtquelle. Calaghar bewegte sich vorsichtig voran. Trotz allem wollte er keine Aufmerksamkeit von anderen Waldbewohnern, die ihnen beiden durchaus gefährlich werden konnten. Außerdem wollte er keinen falschen Verdacht erregen, wenn er bei den Elfen auftauchte, weswegen es Sinn machte die Wirkungsdauer der Zauber abzuwarten, oder sie wenn nötig aufzulösen. Sichtbar war sein Auftreten schon verdächtig genug und er kam in friedlichen Absichten, was er mit seinem Verhalten unterstreichen wollte. Ein zufällig auftauchender Drow schürte schon genug Misstrauen, da war es sinnvoll so wenig verdächtig wie möglich und so ehrlich wie möglich zu agieren. Eine ungewissen Zukunft kam mit jedem Schritt näher, den er in Richtung der Flammen tat. Er war nervös und er verspüre auch ein flaues Gefühl der Angst in der Magengegend, allerdings gab es jetzt auch kein Zurück mehr.

„Mal sehen, wie das alles endet …“, nuschelte er leise, kaum hörbar, vor sich hin und musterte abermals einen Augenblick lang das Gesicht seines kleinen Bruders.

„Ich würde zu gern wissen, was du davon hältst …“



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