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Unter dem Mistelzweig

RWxSM
von

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IV.

Seit nunmehr vier Wochen trafen sich Rose und Will regelmäßig außerhalb des Unterrichts. Sie genoss die Zeit mit ihm. Einige Male hatten sie sich sogar geküsst.

Rose hatte sich nie groß an dem Gefühls- und Beziehungskarussell beteiligt, das ihren Jahrgang regelmäßig komplett durcheinander wirbelte. Doch dieses Mal fühlte sie sich mittendrin. Das war ungewohnt, aber eindeutig nicht schlecht.

Allerdings fand sie es vollkommen abstoßend, dass Scorpius und Magnolia seit neustem ständig zusammenklebten. Und die beiden hielten sich in Sachen Rumknutschen wirklich nicht zurück. Total widerlich.

Rose schüttelte den Kopf und konzentrierte sich wieder auf ihre Buch über die Pflege magischer Geschöpfe. Sie würden es diese Woche das erste Mal mit einem Crup zu tun haben, einem zweischwänzigen terrierähnlichem Geschöpf, das Muggel hasste. Rose wollte natürlich darauf vorbereitet sein und lernte daher in der Bibliothek.

„Weedy, du lebst noch, wie ich sehe“, sagte in diesem Moment eine wenig willkommene Stimme direkt neben dir.

„Was willst du, Scorpius?“, fragte Rose entnervt und hob den Kopf. Seit diesem kleinen Zwischenfall in den Drei Besen hatten Scorpius und sie kein Wort mehr miteinander gewechselt. Sogar ihre üblichen Wortgefechte zwischen den Unterrichtsstunden waren komplett weggefallen.

„Oh, oh, kein fieser Kosename mehr für mich?“ Er grinste sie breit an und Rose musste an sich halten, um ihm keinen kräftigen Schlag auf die blasse Nase zu geben.

„Ich bin anderweitig beschäftigt.“

„Ja... Will Wood, hm?“

Rose zog stumm eine Augenbraue hoch und trommelte mit den Fingern auf die Tischplatte, um ihm zu signalisieren, dass er ihre Zeit verschwendete.

„Hat er jetzt schon keine Lust mehr mit dir zu lernen? Bist du so langweilig?“

„Er hat Quidditchtraining, wie du sehr gut weißt.“ Rose seufzte demonstrativ. „Was willst du?“

„Nur einige Worte mit meiner Lieblingsfeindin wechseln.“

„Meinst du, Magnolia gefällt das?“

Scorpius' Miene wurde starr. „Was geht dich das an?“

„Oh, du darfst mich also mit blöden Fragen über meinen Freund nerven und ich darf das nicht zurückgeben? Sonst bist du schlagfertiger, mein Lieber.“ Ihr fiel auf, dass er müde wirkte. Beinahe schon fast erschöpft. Und wenn sie sich recht erinnerte, waren seine Leistungen in der letzten Zeit auch abgesackt. „Fordert Magnolia etwa deine ganze Kreativität?“, ergänzte sie spöttisch.

Er verschränkte die Arme vor der Brust und blickte auf sie hinab. „Mit dir nehme ich es immer und jederzeit auf.“

„So?“ Rose stand auf. „Was schwebt dir vor?“

„Wettfliegen auf dem Quidditchfeld. Heute Nacht. Treffpunkt ist Mitternacht im Stadion. Sei pünktlich.“

„Ich werde da sein.“ Rose lächelte und sah, wie ein schmales Lächeln auf seinem blassen Gesicht erschien. Das wirkte schon normaler als sein bisheriges Benehmen.

„Du solltest nur nicht wagen, mich hereinzulegen. Ansonsten wirst du herausfinden, was geschehen kann, wenn du den Weasley-Clan gegen dich aufbringst.“

„Ist klar, Weedy. Bis heute Nacht. Denk an einen Besen.“ Er nickte knapp, drehte sich abrupt um und rauschte aus der Bibliothek.

Rose ließ sich wieder auf den Stuhl sinken und fragte sich gleichzeitig, was zum Merlin das eigentlich gerade gewesen war. Und warum hatte sie noch mal die Impulsivität ihres Vaters geerbt?
 

Es hatte gedauert, bis sie ihrem Bruder Hugo seinen Besen abgeschwatzt hatte. Rose war zwar eine gute Fliegerin, hatte aber ihre Prioritäten immer auf den Unterricht gelegt und sich daher nie für das Quidditchteam beworben. Hugo dagegen kam ganz nach Tante Ginny und war ein herausragender Jäger.

Merlin sei Dank war auch Scorpius nicht im Quidditch-Team. Zumindest nicht mehr. Vom zweiten bis zum fünften Jahr hatte er gespielt. Warum er das Team verlassen hatte, wusste Rose gar nicht. Aber angeblich hatte es damals mit dem Kapitän der Slytherins – Eleanora Warrington, einer Schülerin des aktuellen siebten Jahrgangs – einen Zwischenfall gegeben.

Was auch immer es war, es sorgte jedenfalls dafür, dass Scorpius auch länger kein richtiges Quidditchtraining mehr genossen hatte und Rose die Hoffnung hegte, dass sie sich mit ihren Fähigkeiten einigermaßen auf Augenhöhe befanden.

„Wie willst du runterkommen? Filch patrouilliert doch immer durch die Gänge. Und Jones auch. Und du weißt, wie fies die beiden mit ihren Strafen sind“, flüsterte Izzie leise.

Rose würde natürlich nicht ohne sie zu dieser Herausforderung gehen.

„Wir fliegen.“ Rose deutete auf das Fenster.

„Oh.“ Izzie wurde blass. Sie war schon bei ihrer ersten Flugstunde vom Besen gefallen und hatte sich als die fluguntalentierteste Hexe aller Zeiten erwiesen, wie Madam Hooch wenig freundlich gesagt hatte.

Leise öffnete Rose das Fenster des Mädchenschlafsaals und stieg auf die Fensterbank. Sie schwang sich aus dem Besen und ließ sich langsam aus dem Fenster gleiten. Dort wartete sie, bis Izzie endlich hier ihr auf den Besen geklettert war.

„Bitte langsam...“, wimmerte Izzie leise und klammerte sich verzweifelt an Rose fest.

„Ich schulde dir dafür was“, sagte Rose leise und lenkte den behutsam so schnell es bei diesem langsamen Tempo möglich war Richtung Boden.
 

Sie waren als erste da. Scorpius und sein mutmaßlicher Sekundant – Rose vermutete, dass er Terry oder Henry gewählt hatte – mussten bald kommen. Die beiden Mädchen hielten sich gut versteckt auf und beobachteten das Quidditchfeld sowie den Weg dorthin sehr aufmerksam. Natürlich bestand immer noch die Möglichkeit, dass er Rose reingelegt hatte, aber eigentlich glaubten sie beide nicht daran.

Erst um kurz vor Mitternacht sausten zwei Besen dicht nebeneinander auf das Quidditchfeld. Auf dem einen saß Scorpius, auf dem anderen zur Überraschung der Mädchen Albus Severus Potter.

„Al?“, entfuhr es Rose verblüfft, ehe sie Scorpius überhaupt Beachtung schenkte.

Albus grinste breit und auch einen Tick verlegen. „Hi, Cousinchen.“

„Warum du?“ Sie blickte Scorpius an. „Ich hatte mit Terry oder Henry gerechnet.“

„Dein Sekundant ist doch auch deine beste Freundin.“ Scorpius hob die Schultern, während Rose mit Mühe verhinderte, dass ihr die Kinnlade runterkrachte.

„Und ehe du fragst: Nein, Mum und Dad haben keine Ahnung und der Rest von der Sippe auch nicht. Die sehen uns immer nur im Pulk und das reicht auch. Auf den Stress hab ich keinen Bock“, ergänzte Albus. „Den meisten wär's egal, aber James ist dahingehend ätzend und Hugo auch. Das müssen die beiden von Onkel Ron haben.“

Rose verdrehte verständnisvoll die Augen.

„Genug gequatscht. Wir wollen uns ja nicht deswegen erwischen lassen, oder?“ Izzie klatschte energisch in die Hände. Sie musterte die drei kurz. „Netter Ablenkungsversuch, Scorpius, aber das wird nicht funktionieren. Was hast du dir als Wettkampf vorgestellt?“

„Ganz simpel einmal ums Schloss und zurück.“ Scorpius lächelte. „Das solltest du doch schaffen, oder, Weedy?“

Rose stemmte die Fäuste in die Hüfte und blitzte Scorpius an. „Willst du reden oder fliegen?“

„Fliegen natürlich.“ Ein breites Grinsen glitt über sein Gesicht.

„Gut.“ Rose schaute zu Izzie und Albus hinüber. „Einer von euch beiden gibt das Startsignal. Mir egal, wer.“ Sie schnappte sich ihren Besen und brachte sich in Position.

„Ich mache das“, sagte Izzie sofort.

Auch Scorpius schwang das Bein über den Besen und spannte die Muskeln an.

„Rote Funken sind das Startsignal.“

„Auf die Plätze, fertig...“, skandierte Albus und Izzie ließ dann die Funken steigen.

Rose und Scorpius stießen sich ab und jagten in den Nachthimmel empor. Sie hatten heute Glück – es war relativ klar, aber dadurch auch ziemlich kalt. Immerhin war es ja bereits Mitte November.

Der kalte Wind pfiff Rose ins Gesicht und sie war froh, ein warmes Stirnband schützend über die Ohren gezogen zu haben. Das Gefühl, durch die Nacht zu jagen, war unbeschreiblich. Unwillkürlich breitete sich ein Lächeln auf ihrem Gesicht aus. Sie liebte das Fliegen und sie liebte den Nervenkitzel, sich hier und jetzt mit jemandem zu messen, der ihr ebenbürtig war. Rose lehnte sich nach vorne und duckte sich so weit wie möglich über den Besenstiel. Jubeln darüber, dass dieser Flug toll war, konnte sie später – jetzt galt es, diese Herausforderung voll und ganz anzunehmen.

Scorpius war einen halben Meter vor ihr und legte sich in die Kurve. Rose zog nach und warf sich noch enger in die Kurve. Sie konzentrierte sich jetzt nur noch darauf, auf dem Besen zu bleiben und so schnell wie möglich zu sein.

Seite an Seite schossen sie durch die Nacht.
 

Schließlich erreichten sie die letzte Kurve, bogen ab und richteten die Besen auf das Quidditchfeld aus.

„Immobilus!“

Der Fluch traf beide aus dem Nichts. Hilflose trudelten sie zu der Erde und nur ein energischer Schwebezauber verhinderte, dass sie auf den Boden knallten.

Professor Cassandra Jones, die hagere Zaubertränkelehrerin mit dem stechenden Blick, stand vor ihnen.

„Sie beide folgen mir auf der Stelle.“ Die Lehrerin wirbelte auf dem Absatz herum.

Rose und Scorpius sahen sich kurz an, dann schulterten sie ihre Besen und folgten Jones in ihr Strafarbeitenschicksal.



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  Omama63
2015-01-06T12:52:53+00:00 06.01.2015 13:52
Ein super Kapitel.
Oh, oh. Da werden sie lange nachsitzen müssen.
Wo sind eigentlich die anderen Beiden? Sind sie auch erwischt worden, oder konnten sie sich verstecken?
Wer hat nun gewonnen?


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