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Demons

Anders/M!Hawke
von

Vorwort zu diesem Kapitel:
Meine Beta-Leserin ist im Moment im Urlaub und ich war zu faul, noch mal drüber zu lesen. Also bitte nicht schlagen :O Komplett anzeigen
Vorwort zu diesem Kapitel:
Meine Beta-Leserin ist noch im Urlaub und ich war wieder zu faul selbst nochmal drüber zu lesen. Ich hoffe, es ist nicht allzu schlimm und bei Gelegenheit werde ich die Fehler korrieren. Komplett anzeigen

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Prolog

Vertraue keinem Templer. Niemals. Und wenn es deinen Tod bedeuten sollte, so vertraue ihnen niemals. Sie werden versuchen, dich auszutricksen und dich anschließend mit sich mit schleifen, um die Bewohner zu schützen. Vor dir, denn du bist das pure Böse und gehörst eingesperrt. Zumindest sehen die Templer es so und wollen einen in ihren verfluchten Zirkeln einsperren. Darum vertraue ihnen nicht, denn das kannst du nicht. Nicht als das, was du bist.
 

Oh, Erbauer, wie oft habe ich mir diese Worte immer wieder vor Augen gehalten und war meinen Prinzipien stets treu geblieben? Wie oft habe ich jeden Templer verflucht und ihnen die Pest an den Hals gewünscht? Wie oft habe ich dabei zugesehen, wie sie in Flammen aufgehen und mich darüber gefreut, dass ich anderen Magiern dadurch geholfen habe?
 

Vertraue nie einem Templer, denn er wird alles daran setzen, dir zu schaden und dich wieder in deinen Käfig sperren. Immer und ohne Ausnahme... Warum also war ich nur so unsagbar dumm und habe es doch getan? Warum habe ich einem Templer nicht nur geholfen, sondern ihm auch noch vertraut?
 

Ich habe dich gewarnt...
 

Fast hätte ich gelacht, aber ich begnügte mich nur mit einem kleinen Lächeln, während ich den Kopf nach vorne fallen ließ. Eine der wenigen Gesten, bei denen die Fesseln nicht direkt in meine Handgelenke schnitten. Aber zumindest gewährten sie es mir zu sitzen. Ein schwacher Trost, angesichts des dreckigen Kerkerbodens.
 

„Ich dachte, ihm könnte ich vertrauen... Aber er ist genau wie alle anderen. Er hat versucht mein Vertrauen zu gewinnen und hat mich dadurch freudestrahlend in mein Verderben laufen lassen...“ Der Widerhall meiner eigenen Worte in der Zelle hatte etwas Vernichtendes an sich und je länger ich darüber nach dachte, desto mehr begann ich mich dafür zu hassen. Warum war ich nur so unsagbar dämlich gewesen?
 

Ich kann dir helfen. Hör auf dagegen anzukämpfen und lass mich frei.
 

Oh, natürlich konnte er helfen. Ich wusste genau, dass er mir helfen könnte, wenn ich ihn nur lassen würde. Aber ich hatte das Gefühl, in meinem eigenen Körper gefangen zu sein und außerdem... Solange die Templer mich nur für einen Magier hielten, würde mir nach dieser Strafe nichts passieren. Sollten sie jedoch von Justice erfahren...
 

So weit wird es nicht kommen!
 

„Nein... Nein, ich werde abwarten und fliehen, so, wie ich es schon einmal getan habe“, widersprach ich leise und legte den Kopf wieder in den Nacken, so dass er am nackten Stein ruhen konnte. Die Ketten der Fesseln um meine Handgelenke klirrten leise dabei, während ich meine Arme um die Knie legte.
 

Lange Zeit verharrte ich einfach nur in dieser Position und wartete darauf, dass die Zeit vorüber ging. Als sich die Zellentür schließlich öffnete und ein heller Lichtstrahl auf mich fiel, seufzte ich innerlich. Ich wusste, dass sie früher oder später kommen würden, aber was sollte ich tun? Vielleicht war es nur richtig, dass ich für mein Vertrauen bestraft wurde.
 

Vertraue niemals einem Templer. Niemals... Außer der Tod ist alles, was du suchen begehrst...

„Wie ist es dazu gekommen?“ Fragend sah der Heiler zu dem Jungen runter, der auf seiner Liege lag und zitterte. In der Dunkelstadt war es nie wirklich warm gewesen, doch mit der Zeit gewöhnte man sich daran. Woran er sich jedoch nie gewöhnte, waren die unzähligen Verletzten, die zu ihm kamen. Und immer, wenn er dachte, er hätte jetzt schon alles gesehen, so lachte ihm der Erbauer persönlich ins Gesicht und überzeugte ihn vom Gegenteil.
 

„Drake un' ich ham inne Rohrn gespielt“, murmelte der Junge und zitterte noch immer, zuckte jedoch heftig zusammen, als der Heiler über seinen gebrochenen Arm tastete, um feststellen zu können, wie der Bruch genau verlaufen war. Zumindest war dies nicht einer dieser neuen Fälle. Brüche waren fast genauso häufig wie Krankheiten. Aber wen wunderte das auch in einer Stadt, wo man neben einer Ratte einschlief und neben einem Dutzend wieder aufwachte?
 

„Ihr seid wieder in die Kanalisation gegangen? Warum?“ Sobald er den Verlauf des Bruches kannte, legte er eine Hand um den viel zu dünnen Arm und platzierte seine zweite direkt über dessen Herz. Nicht, dass es nötig gewesen wäre, aber den Leuten gab es immer ein Gefühl der Sicherheit. So konnte er auch jetzt wieder spüren, wie die Anspannung langsam von dem Jungen abfiel. Gut so.
 

„Die olle Rina meinte, dass es da Schätze gibt un' so. Drum ham wir nachgeseh'n. Un' dann ham uns Räuber gefun' un' ich bin gefall'n un- aua!“ Die Worte des Jungen waren in einem leisen Schmerzensschrei übergegangen und der Blonde konnte sehen, wie sich Tränen in dessen Augen bildete. Aber er hatte den Knochen erst wieder ein wenig richten müssen, bevor er ihn heilen konnte.
 

„Tut mir Leid... Wie sahen die Räuber aus?“, fragte er weiter nach und ließ seine Magie schließlich wirken. Recht bald verschwanden die Tränen wieder aus den Augen seines Patienten, der nun auch wieder ein wenig ruhiger geworden war und einfach nur fasziniert auf den blauen Schimmer starrte, der von der Hand des Heilers ausging.
 

„Na da war'n zwei so Band'n. Die einen lief'n weg und war'n ganz in schwarz. Vor'm Mund hatten sie alle Tücher. Und sie hatt'n Mütz'n an. So über'm Nack'n un' so halt. Un' die wurd'n gejagt von so zwei ander'n. Einer war'n Zwerg oder so. Mit Bart un' all'm. Un' der andre hatte hatte so komisches Blech an.“
 

„Du meinst eine Rüstung?“
 

„Ja, genau! In rot und grau. Und auf der Brust hatte der so'n Schwert oder so.“
 

Na großartig! Was machte denn ein verfluchter Templer hier?! Die kamen doch nie hier her, allein schon, weil ihnen die Luft hier nicht passte. Was machte einer von ihnen also in der Kanalisation und dazu noch ohne seine Gefolgschaft? Das verhieß nichts Gutes. Nein, ganz sicher nicht. Templer waren nie ein gutes Zeichen. Ob sie auf ihn aufmerksam geworden waren? Hoffentlich nicht...
 

„Meister Anders? War'n das Templer?“, fragte der Junge und unterbrach seine Gedanken damit. Der Angesprochene konnte die Besorgnis in den Augen des Jungen sehen und sofort musste er leicht lächeln. Er mochte den Jungen wirklich. Die Bewohner der Dunkelstadt schätzten ihn und seine Hilfe und wusste genau, was das Auftreten der Templer für ihn bedeuten würde.
 

„Na, zumindest ist es ein dummer Templer. Allein der Kanalisation... Spätestens, wenn der Dreck seine Hose berührt, wird er schon schreiend davon laufen. Und jetzt ab mit dir nach Hause. Deine Mutter wartet sicher schon auf dich!“
 

Mit einem Grinsen wischte sich der Junge über die Nase, ehe er aufsprang und die Klinik in Windeseile verließ. Den Jungen hatte er vielleicht beruhigen können mit seinen Worten, aber er selbst war längst nicht so locker. Templer waren immer eine Gefahr, besonders für ihn. Er sollte wohl besser die nächsten Tage aufpassen.
 

Aber seine Sorge war für's Erste scheinbar völlig unbegründet, zumindest hatte er noch keinen besonderen Besuch empfangen können. Selbst als die Sonne langsam wieder unterging und er die ersten Kerzen in der Klinik entzünden musste, blieb alles ruhig. Fast war der Heiler versucht, an eine glückliche Fügung zu denken. Aber auch nur fast, denn wie erwartet flog im nächsten Moment die Tür zur Klinik auf.
 

Die Sonne war schon zu tief gesunken, um mehr wie nur ein paar Umrisse erkennen zu lassen und der Kerzenschein reichte leider nicht weit genug. Trotzdem spürte Anders eine seltsame Unruhe in sich aufsteigen und er griff instinktiv zu seinem Stab. Nachts war die Dunkelstadt wirklich kein Ort, an dem man sorglos durch die Gegend laufen sollte. Und schon gar nicht unbewaffnet.
 

„Begrüßt du jeden deiner neuen Patienten etwa so, Blondie?“ Die Stimme war tiefer, als es für die Bewohner Kirkwalls üblich war und im nächsten Moment kam der Träger der Stimme weiter in die Klinik. Sobald er in den Schein der Kerzen trat, spannte sich Anders noch mehr an und hielt seinen Stab in einer schützenden Geste vor sich. Das durfte doch nicht wahr sein, warum jetzt? Und warum zu ihm?
 

„Was wollt Ihr?“, fragte der Heiler so ruhig, wie es ihm möglich war, während er kurz zu dem Templer sah, welcher sich schwer auf den Zwerg an seiner Seite stützte. Er sah ziemlich blass aus und die Art, wie er seinen Arm um seine Taille gelegt hatte, ließ darauf schließen, dass er verletzt war. Sollte er doch! Dann gab es einen Templer weniger in der Gegend.
 

„Nun, ich dachte, dass wäre ziemlich offensichtlich, oder nicht? Mein Freund hier hat ein kleines Problem und man hat uns gesagt, dass es hier einen begabten Heiler geben würde, der sogar Gliedmaßen nachwachsen lassen könnte.“ Der Zwerg begann zu grinsen, während er den Templer an seiner Seite weiter stützte.
 

Es sah nicht so aus, als würden die beiden einen große Bedrohung darstellen, trotzdem wollte die Anspannung nicht aus dem Körper des Magiers weichen. Ein Templer in seiner Nähe versprach nur Unheil und sollte dieser dahinter kommen, dass er Magie wirken konnte, würde das nur dafür sorgen, dass er erneut fliehen musste.
 

„Ich helfe keinen Templern“, gab Anders schließlich zurück und versuchte, sich ein wenig zu entspannen. Welche Gefahr sollten schon ein Zwerg und ein verletzter Templer darstellen? Sollte doch etwas passieren, so hatte er immer noch die Möglichkeit, die beiden einzufrieren und das Weite zu suchen.
 

„Kommt schon, Blondie! Ich kann Euch meinen Freund gerne ausziehen, dann wäre es so, als wüsstet Ihr gar nicht, dass er ein Templer ist“, lachte der Zwerg und zwinkerte dem Templer dabei zu, welcher für einen Moment die Augen schloss und scheinbar tief durchatmete.
 

„Nur weil man dem Wolf den Pelz abzieht, ist er nicht minder ein Wolf. Ihr wisst, wo die Tür ist, also findet euren Weg durch selbige.“ Als würde er einem Templer helfen. Eher schnitt er sich die Arme ab und warf sich ins Meer. Das war weitaus gnädiger als alles, was ein Templer mit ihm machen würde.
 

„Und trotzdem werdet Ihr dem Wolf jetzt helfen, nicht wahr?“
 

„Ich helfe kein-“
 

„Varric...“
 

Überrascht hielt Anders inne und sah zu dem Templer, welcher seine Augen noch immer nicht geöffnet hatte. Auch sah er nun noch eine Spur blasser aus als zuvor und sobald der Magier ihn ein wenig eingehender betrachtete konnte er auch den Blutfleck sehen, der nun allmählich größer wurde. Scheinbar war die Wunde wirklich ein wenig ernsthafter... Nun, das war nicht sein Problem. Die Templer sollten genügend Heiler haben, die diesen Job mit Freuden erledigten.
 

„Hört zu, Heiler. Ihr werdet meinem Freund hier sofort helfen, oder Bianca wird dafür Sorge tragen, dass ihr noch ein zweites Loch an eurem Allerwertesten verzeichnen könnt. Nicht wahr, Bianca?“ Fast zärtlich tastete der Zwerg hinter sich und sofort hätte sich Anders ohrfeigen können. Wie hatte er nur denken können, dass diese beiden unbewaffnet waren?
 

„Legt ihn auf den Tisch“, sagte der Magier leise und ging ein wenig zur Seite, damit der Zwerg seinen Freund zum Tisch tragen konnte. Scheinbar war der Templer jetzt bewusstlos geworden, denn er machte nun keinerlei Anstalten mehr, Varric irgendwie zu helfen. Trotzdem schaffte es der Zwerg, den Größeren auf den Tisch zu legen.
 

Es widerstrebte dem Magier zutiefst, sich nun um den Templer kümmern zu müssen, aber andererseits wollte er nur ungern mit einem Bolzen... Nein, daran wollte er nicht denken, sonst würde ihm das Meer nur noch verführerischer erscheinen. Aber vielleicht gab es ja noch einen Ausweg aus dieser Misere? Er musste ja einfach nur auf den Einsatz von Magie verzichten und schon würde keiner etwas merken...
 

„Was ist passiert?“ Vorsichtig entfernte Anders den blutigen Stoff von der Wunde und schüttelte angesichts der Verletzung den Kopf. Mit einfachen Salben würde es hier wohl nicht getan sein und die feinen Fäden in der Verwundung machten ihm schon ein wenig Sorgen. Er könnte sie einfach zunähen und den Templer anschließend wegschicken. Allerdings konnte sich die Wunde dann entzünden und- Oh, großer Erbauer, warum machte er sich bitte darum jetzt Gedanken? Er sollte sie einfach zunähen und ihn gehen lassen. Fertig.
 

„Wir haben ein paar Räuber bis hierher in die Kanalisation gejagt und sind anschließend in einen Hinterhalt geraten. Einer der Räuber hat eine vergiftete Klinge nach ihm geworfen, bevor Bianca sein kümmerliches Leben beenden konnte“, gab der Zwerg Auskunft und schien Anders argwöhnisch zu beobachten. Als dieser dann noch nach einer Salbe griff um sie aufzutragen, verschränkte der Zwerg die Arme vor der Brust.
 

„Was habt Ihr vor?“
 

„Die Salbe lässt das Blut gerinnen und anschließend nähe ich die Wunde zu.“
 

„Wäre es nicht besser, ihn mit Eurer Magie zu heilen?“
 

Fast wäre dem Magier die Schale mit der Salbe aus der Hand gefallen. Wenn der Zwerg wusste, dass er ein Magier war, dann...
 

„Er weiß nichts davon und wenn Ihr ihm einen Verband um die Wunde legt wird er denken, dass es einfach nur ein gutes Heilmittel war.“
 

Irritiert stand Anders einfach nur da und starrte den Zwerg an. Was sollte das? Wenn er wusste, dass er ein Magier war, warum schleppte er dann den Templer hierher? Wusste er nicht, was das bedeutete? Oder war es ihm etwa egal, was mit ihm passierte und er wollte einfach nur dem Templer helfen? Aber warum eröffnete er ihm dann, dass er nichts sagen würde?
 

„Warum solltet Ihr mich beschützen? Was habt Ihr davon?“ Langsam stellte Anders die Salbe wieder zur Seite. Eigentlich kam es ihm sogar gelegen, dass er diese nicht benutzte, denn dann musste er den Templer nicht noch mehr berühren. Es war schon schlimm genug, dass er ihm half, oder nicht?
 

„Die Dunkelstadt braucht Eure Dienste, denn im Gegensatz zur Oberstadt verlangt Ihr dafür nichts. So haben auch die schwächsten und ärmsten Bewohner dieser Stadt eine Chance zu überleben“, erklärte der Zwerg und sah ihm mit einem ehrlichen Lächeln an. Es sah nicht so aus, als würde dieser lügen und doch... Sein Patient war noch immer ein Templer und Templer sperrten Magier für gewöhnlich ein. Das hatte er oft genug erleben dürfen auf seinen zahlreich missglückten Fluchten.
 

„Also gut... Ich nehme Euch beim Wort, dass Ihr mich nicht verraten werdet...“, gab sich der Magier schließlich geschlagen. Wäre der Templer an seiner vernähten Wunde gestorben, hätten sie ihn sicherlich sowieso gesucht, also konnte er auch dieses Risiko eingehen. Notfalls musste er den Keller unter der Klinik weiter erforschen. Denn bisher hatte er noch nicht herausgefunden, wohin der lange Gang führen mochte.
 

Ohne noch weiter zu zögern, hielt er seine Hand über die Wunde und begann im Geiste die Magie des Heilens zu wirken. Ein bläulicher Nebel schien von seiner Hand auszugehen und legte sich über die Wunde, die zu bluten aufhörte und sich langsam verschloss. Als der Zauber gewirkt war, war die Stelle noch gerötet, ließ aber sonst nicht darauf schließen, dass dort einmal eine vergiftete Wunde gewesen war. Das gute an der Magie war, dass sie eben den Ursprung wiederherstellen konnte.
 

„Vielen Dank, Heiler. Das werden wir Euch nie vergessen“, bedankte sich der Zwerg und nahm sich wieder des Templers an, welcher noch immer bewusstlos war. Noch während der Zwerg ihn aus der Klinik hinaus in die Nacht trug, verzog Anders das Gesicht. Hoffentlich hatte er da gerade nicht den größten Fehler seines Lebens begangen...

„Glückwunsch! Es ist ein Mädchen!“ Mit einem Lächeln auf den Lippen hob Anders den jungen Körper hoch und übergab ihn kurz seiner Assistentin, damit diese das neue Leben waschen und in ein Tuch wickeln konnte. Der Heiler selbst ging zu einem kleinen Eimer mit Wasser und begann, sich die blutigen Hände zu säubern.
 

„Oh, beim Erbauer, ich danke Euch! Ohne Euch hätte ich das nicht geschafft!“, murmelte die Frau und sobald sie ihr Kind in den Armen hielt, begann sie vor Glück zu strahlen. Dies war einer der wenigen Momente, in denen ihm seine Arbeit wirklich Spaß machte. Zu oft starben die Bewohner Kirkwalls noch während er versuchte, sie zu heilen und manchmal war es ihm sogar unmöglich, etwas zu tun.
 

„Der Erbauer legt uns keine Bürden auf, die wir nicht meistern können. Manchmal brauchen wir nur eine helfende Hand“, gab der Heiler mit einem kleinen Lächeln zurück. Der Erbauer hatte den Magiern die Möglichkeit dazu gegeben, genau diese helfende Hand zu sein, in dem er ihnen die Gabe schenkte, ins Nichts zu treten.
 

Aber für die Templer ist es ein Fluch, ein Makel, der Grund zu hassen und zu jagen
 

Weil sie Angst haben und weil sie es nicht verstehen. Sie sehen nur das Übel, das daraus entstehen kann. Aber es braucht keine Magie, um Leid zu verursachen. Es braucht nur einen schwachen Geist, um korrumpiert zu werden...
 

Für einen Moment musste Anders die Augen schließen, um seine Gedanken zu ordnen, während die Frau ihr Kind glücklich in den Armen hielt. Seit dem letzten Jahr fiel es ihm immer schwerer zu unterscheiden, welche Gedanken nun seine eigenen waren und welche nicht. Sie wurden immer mehr zu einem Wesen und wahrscheinlich würde es nicht lange dauern, dann konnte man nicht mehr genau sagen, wer nun gerade dachte oder gar handelte.
 

Schnelle Schritte lenkten seine Aufmerksamkeit rasch wieder auf seine Umgebung, denn für gewöhnlich rannten seine Patienten nicht. Zumindest waren nur die wenigsten noch in der Verfassung zu laufen wenn sie ihn aufsuchten. Aus Vorsicht nahm er seinen Stab in die Hand und sah zu dem Mann, der direkt auf ihn zugerannt kam und schlitternd vor ihm zum Stehen kam.
 

Geduldig wartete Anders, bis der Mann wieder zu Atem gekommen war, wobei er auch gleich die Zeit nutzte, um ihn nach möglichen Verletzungen abzusuchen. Doch er schien völlig unverletzt zu sein, wenngleich er ruhig wieder einmal ein Bad nehmen könnte. Trotzdem hoffte er darauf, dass man ihm nur sagte, dass er rasch mit ihm mitkommen müsste, weil sich irgendjemand irgendwo verletzt hatte.
 

„I-ihr... I-ihr... Ihr müsst verschwinden, Anders“, presste der Mann atemlos hervor, während er sich mit seinen Händen auf seinen Oberschenkeln abstützte. Er musste ziemlich schnell gerannt sein, wenn er so außer Atem war und seine Worte beunruhigten den Heiler nur noch zusätzlich. Trotzdem zwang er sich zur Ruhe und er ließ den Mann weiter zu Atem kommen, wenngleich sich seine Hand fast schon schmerzhaft fest um den Stab legte.
 

„Warum? Wovor warnt Ihr mich?“ Eigentlich wollte er gar nicht wissen, warum er verschwinden musste. Er konnte es sich schon denken und gleichzeitig begann er sich schon zu verfluchen. Er hätte dem Templer einfach nicht helfen sollen, jetzt bekam er die Konsequenzen dafür zu spüren. Verdammter Zwerg! Er hätte sie einfach angreifen sollen, statt auf die Forderung einzugehen. Jetzt hatte er den Salat.
 

„Templer... Drei, um genau zu sein. Sie sind nicht direkt wegen Euch hier und haben nach ein paar Wegelagerern gefragt aber...“ Der Mann hatte sich langsam wieder gefangen und richtete sich wieder auf, ehe er mit den Schultern zuckte. Die Anspannung des Magiers legte sich eine Spur, aber sein Gegenüber hatte trotzdem recht. Er sollte besser verschwinden, bevor die Templer in der Klinik eintrafen. Aber wie sollte das am Besten gehen? Es sei denn...
 

„Liliana? Kümmert Euch bitte um die junge Mutter, bis ich wieder zurück bin“, gab der Heiler Anweisung und nickte dem Mann, der ihn gewarnt hatte, anschließend kurz zu. Vielleicht mochte er mit seiner Arbeit hier kein Geld verdienen, aber dafür hatte er sich das Vertrauen und die Loyalität der Bewohner der Dunkel- und Unterstadt verdient. Und genau dies brauchte er auch, wenn er unter den wachsamen Augen der Templer überleben wollte.
 

„Azad? Lass uns verschwinden.“ Noch während er den Namen des jungen Katers aussprach, kam dieser schon angelaufen, sprang zuerst auf einen der niedrigen Tische und ihm anschließend auf die Schulter. Er hatte Azad damals vor der Klinik gefunden, als er selbst noch neu in Kirkwall gewesen war. Der kleine Kerl war noch richtig klein gewesen, wahrscheinlich gerade ein paar Wochen alt.
 

Da er sich dicht an seine Mutter gekuschelt hatte, hatte er zuerst vermutet, dass die beiden einfach nur vor Erschöpfung oder auch Hunger eingeschlafen waren, aber sobald er die beiden streicheln wollte, hatte Anders gemerkt, dass die Mutter des Katers bereits verstorben war. Seit dem Tag war Azad nicht mehr von seiner Seite gewichen und war immer dort, wo Anders selbst auch war. Kein Wunder also, dass der junge Kater auch jetzt sofort wieder mit Eifer dabei war.
 

„Ich werde in die versteckten Kellerräume gehen, bis die Templer nicht mehr da sind. Passt solange auf euch auf“, bat Anders die Anwesenden, ehe er zu seiner Schlafstätte ging und einen alten Teppich zur Seite schob. Er öffnete die Falltür darunter und stieg anschließend die Treppe hinab. Die Kellerräume dort unten wiesen zwei verschiedene Wege auf.
 

Der linke Weg führte zu einer weiteren Treppe, welche direkt zu einer Tür außerhalb der Klinik führte, aber diese wollte er nicht nutzen. Bei seinem Glück lief er den Templern dabei nur direkt in die Arme. Außerdem war dieser Ausgang schon seit einem Monat durch Schutt versperrt. Nein, diesmal würde er den anderen Gang nehmen und sehen, wohin dieser führte.
 

Bevor er diesem Gang jedoch folgen würde, nahm er noch eine Laterne aus einem der Regale des Kellerraums. Viel gab es hier unten sowieso nicht zu sehen. Nur ein paar alte Flaschen, Gläser, ein paar Möbelstücke, die bestenfalls noch als Brennmaterial herhalten konnten und eine Menge Staub, Dreck und Ratten.
 

Mit einer kleinen Bewegungen seiner Hand ließ der Magier die Laterne erstrahlen, so dass der Raum bald in ein angenehm warmes Licht getaucht wurde. Trotzdem machte es die Umgebung auch nicht schön, eigentlich war sogar eher das Gegenteil der Fall, denn nun konnte er das ganze Übel erst richtig sehen. Nicht, dass er es nicht schon kannte aber... Da würde er eine Nacht in der Kanalisation wahrscheinlich sogar noch vorziehen.
 

Mit einem leisen Seufzen ging der Magier durch den Raum, bis er an eine Gabelung ankam. Ohne zu zögern schlug er sofort den rechten Weg ein und wurde nur noch von dem Geräusch seiner Schritte und dem gelegentlichen Quieken der Ratten begleitet. Mehr als nur einmal musste er Azad dabei davon abhalten, einfach von seiner Schulter zu springen und die Tiere zu jagen. Das Letzte, was er jetzt noch brauchte, war ein verloren gegangener Kater.
 

Es kam dem Heiler wie eine Ewigkeit vor, bis er schließlich das Ende des Gangs erreicht hatte. Er endete im einem größeren Raum, der nicht minder dreckig und verstaubt war als die Räume des Klinikkellers. Ein gutes Zeichen, denn das würde bedeuten, dass niemand hierher kam. Sorgfältig sah sich Anders ein wenig um, doch außer ein paar alten Kisten und Säcken gab es hier nicht viel. Nur eine weitere Treppe, die zu einer Tür führte.
 

Anders spielte gerade mit dem Gedanken, wieder den Weg zurück zu zur Klinik zu gehen, als er weitere Schritte hörte, die direkt aus dem Gang zu kommen schienen, aus dem er zuvor gekommen war. Hatten die Templer ihn jetzt etwa doch gefunden? Aber der Mann hatte gesagt, dass es drei Templer gewesen waren, doch die Schritte da gehörten zu mehr als nur drei Personen. Außerdem waren sie nicht so schwerfällig, wie es bei den Templern üblich war.
 

„Ich hab' dir doch gesagt, dass es dumm war, sich mit einem Templer anzulegen! Zeigst du einem mal den falschen Finger, hast du direkt die ganze Mannschaft am Arsch kleben wie 'ne Warze!“
 

„Ich dachte, der Kerl wäre letztens draufgegangen. Was kann ich denn dafür, wenn ihr den Zwerg nicht tötet und er ihn dann wieder zu seinen Freunden trägt? Hättet ihr alle einfach mal euren Job vernünftig gemacht, dann hätten wir jetzt nicht das Problem!“
 

„Wie bitte? Was soll das denn jetzt heißen?! Ich habe dir von Anfang an gesagt, dass du keinen Templer bestehlen sollst! Aber nein, du weißt natürlich alles besser!“
 

„Halt den Mund oder ich schneide dir die Kehle durch und werfe dich den Ratten zum Fraß vor!“
 

Na großartig! Da war er wohl geradewegs ins Lager einer Banditenbande geraten. Konnte der Tag eigentlich noch schlechter werden? Definitiv ja, wenn er nicht schnell eine Möglichkeit fand, ihnen aus dem Weg zu gehen. Eigentlich blieb nur noch die Treppe, aber würden die Banditen nicht auch ihr Glück dort versuchen? Aber vielleicht konnte er sie ja von drinnen abhalten, rein zu kommen? Nun, einen Versuch war es wert...
 

Bevor die Stimmen noch näher kommen konnten, lief der Magier die Treppe hoch und legte seine Hand auf die Klinke der Tür. Er hoffte wirklich inständig, dass sie nicht verschlossen war und ihn dahinter nicht noch eine böse Überraschung erwartete. Aber die Klinke gab auf seinen Druck hin nach und die Tür ließ sich problemlos aufdrücken, so dass der Blonde rasch hindurch huschte und sie wieder schließen konnte.
 

Lauschend lehnte er sich mit dem Rücken gegen die Tür, die Augen geschlossen und darauf wartend, dass etwas passierte. Doch die Banditen machten scheinbar keinerlei Anstalten, die Treppe hoch zu kommen und schließlich entfernten sich die Stimmen auch wieder, ehe sie völlig verstummten.
 

„Beim Erbauer...“, wisperte der Heiler und stieß endlich den Atem aus, den er den letzten Augenblick lang gehalten hatte. Die Spannung fiel mit einem Mal von ihm ab und er konnte sich wieder etwas beruhigen und sich auf seine Umgebung konzentrieren. Der Raum, in dem er nun stand, war das komplette Gegenteil von dem, was hinter der Tür lag. Wirklich groß war er nicht und wahrscheinlich war er nur eine Abstellkammer, aber er war zumindest sauber.
 

An der Wand hing ein Schild, aber Anders kannte das Emblem nicht, und es war ihm auch relativ egal. Auch die Kisten und Truhen interessierten ihn nicht, genauso wenig wie die zwei beiden Schränke, die zwar extrem hässlich aussahen, aber scheinbar ziemlich teuer waren. Allein die Ornamente an den Rändern...
 

Na klasse! Jetzt bin ich auch noch in ein Haus aus der Oberstadt eingebrochen! Kann es eigentlich noch schlimmer werden? Heute war wirklich nicht sein Tag. Zurück konnte er jetzt schlecht gehen, denn wer wusste schon, ob die Banditen nicht noch in den Gängen waren? Sicher, er könnte auch gegen sie kämpfen aber der heutige Tag war eine einzige Anstrengung gewesen und er wollte es nicht riskieren, vor Erschöpfung auch noch irgendwo auf dem Boden liegen zu bleiben. Vielleicht konnte er sich ja einfach nach draußen stehlen?
 

„Was meinst du? Sollen wir mal sehen, wo wir hier gelandet sind?“
 

Fragend drehte er den Kopf und sah zu Azad, welcher noch immer brav auf seiner Schulter hockte und den Kopf ein wenig schief legte. Schließlich maunzte der Kater leise in seine Ohr und sprang von seiner Schulter, um die Treppe hoch zu laufen, die zur einzigen weiteren Tür führte. Wirklich wohl war dem Magier nicht dabei, aber was blieb ihm denn noch für eine andere Wahl?
 

Seinen Stab weiterhin fest in der Hand, folgte er Azad die Treppe hoch. Insgeheim hoffte er, dass diese Tür abgeschlossen war, doch die Hoffnung wurde rasch vernichtet, als die Klinke ebenfalls nachgab und er die Türe aufdrücken konnte. Er selbst zögerte diesmal, durch den Spalt zu huschen, doch sein Kater hatte sich schon durch diesen gedrängt und so blieb Anders nichts anderes übrig, als ebenfalls einzutreten.
 

In dem Moment, wo er die Türe hinter sich schloss, wünschte er sich jedoch, es nicht getan zu haben. Der Tag war eindeutig sein persönlicher Freitag der 13. und der Erbauer persönlich hatte ihn wohl dazu gemacht.
 

„Oh Erbauer steh' mir bei...“, murmelte der Heiler und schüttelte den Kopf, während sein Gegenüber ihn verwundert aus seinen blaugrünen Augen ansah. Da floh er vor den Templern und brach geradewegs in das Haus eines solchen ein. Konnte doch nur noch besser werden, oder?
 

„Der wird Euch jetzt auch nicht mehr helfen...“, gab der Templer schließlich zurück und wenn Anders es nicht besser gewusst hätte, so hätte er schwören können, dass es in den Augen des Templers amüsiert aufgeblitzt hatte.

Anders hätte sich selbst verfluchen können! Und nicht nur das, auch sein ständiger Begleiter flüsterte ihm nun immer wieder zu, was er tun sollte, um aus dieser misslichen Lage befreit zu werden. Aber er konnte weder das ganze Anwesen in die Luft jagen, noch dem Templer vor sich die ein oder andere Brandwunde verpassen. Nicht, dass es ihn nicht reizen würde, aber sein Mana war noch immer zu erschöpft.
 

Der Templer machte aber auch keinerlei Anstalten, ihn zu packen und zur Galgenburg zu schleppen. Stattdessen sah er ihn nun sogar unverhohlen amüsiert an, darauf wartend, dass der Blonde etwas sagte und die momentane Situation aufklärte. Da Anders aber noch immer nur an der Tür stand und ihn ansah, ergriff der Templer schließlich wieder das Wort.
 

„Ich wusste gar nicht, dass der große Heiler der Dunkelstadt auch Hausbesuche macht. Wie praktisch also, dass ich gerade eben noch ein Bad genommen habe.“ Der Templer lachte leise und fuhr sich durch die Haare, während er Anders weiter musterte. Dieser bemerkte erst jetzt, dass sein Gegenüber lediglich eine Hose trug und selbst diese sah so aus, als wäre sie nur notdürftig geschlossen worden. Zumindest war der Gürtel noch offen und ohne diesen lag die Hose ehe locker auf den Hüftknochen. Würde dieser sich also-
 

„Ich bin es zwar schon gewohnt aber... meine Augen sind hier oben.“
 

Allein, als Anders diese Bemerkung hörte, hätte er sich selbst ohrfeigen können. Nicht nur, dass er geradewegs in das Anwesen eines Templers eingestiegen war, nein, jetzt hatte er diesen auch noch mehr als nur offensichtlich angestarrt. Und das Schlimmste von allem war wohl, dass es den Templer nicht einmal gestört hatte.
 

Wir müssen ihn aus dem Weg räumen. Sobald er merkt, dass du Magie wirken kannst, wird er nicht zögern, dich besänftigen zu lassen! Wir müssen-
 

„Nein!“ In dem Moment, als der Abtrünnige die Worte sagte, wurde ihm bewusst, dass er diese auch wirklich laut ausgesprochen hatte. Lief denn heute wirklich alles schief bei ihm? Seit er seine Magie entdeckt hatte, war wirklich alles in seinem Leben nur noch bergab gegangen. Nun, zumindest zum größten Teil und gerade sah es wirklich nicht besser aus.
 

„Nein? Ich bin mir ziemlich sicher, dass meine Augen hier oben sind und nicht da unten.“ Auch jetzt klang der Templer eher amüsiert als verstört. Aber warum? Würde Anders selbst in der Oberstadt wohnen und hätte er gesehen wie jemand aus seinem Keller kam... Nun, er hätte sich nicht so sehr darüber amüsiert wie sein Gegenüber. Aber vielleicht rettete auch das gerade sein Leben?
 

„Das meinte ich nicht... Ich habe lediglich nachgesehen, ob die Narbe gut verheilt ist und mehr nicht“, erwiderte Anders schließlich und schloss für einen Moment die Augen, um seiner Stimme die nötige Ruhe zu verschaffen. Was jedoch alles andere als leicht war, da er noch immer den Körper des scheinbar Jüngeren vor seinem geistigen Auge sehen konnte. Als er die Augen wieder öffnete, sah er jedoch wieder in das Gesicht des Templers.
 

Hatte dieser nicht gesagt, dass er noch gebadet hätte? Nun, jetzt wo er es gesagt hatte... Die Haare sahen wirklich noch ein wenig feucht aus und waren alles andere als ordentlich, was wohl daran lag, dass sich der Mann immer wieder einmal kurz durch die Haare strich. Ohne es zu wollen glitt Anders' Blick erneut über dessen Körper und jetzt fielen ihm auch die paar wenigen Wassertropfen auf der Haut auf, die dieser wohl nur flüchtig getrocknet hatte. Hätte er keine Hose angehabt, so hätte der Heiler vermutet, dass der Mann geradewegs aus dem Holzzuber gesprungen und zur Kellertür geeilt war.
 

„Die Wunde war aber nur hier.“ Erneut holte ihn der amüsierte Ton in der Stimme des Templer aus seinen Gedanken und erneut wollte er sich einfach nur dafür ohrfeigen. Dass er jetzt noch nicht rot geworden war, war wirklich noch einen Segen, denn sonst wüsste er wirklich nicht, wie er das erklären sollte. Stattdessen änderte er jetzt seine Tatik, löste sich endlich von der Kellertür und ging um den Templer herum, als würde er ihn mustern. In Wirklichkeit versuchte er jedoch nur, sich selbst ein wenig zu beruhigen.
 

„Ich habe nur nach weiteren, möglichen Verletzungen gesehen. Wenn ich schon hier bin, dann kann ich mich auch direkt um diese kümmern, bevor sie ernsthaften Schaden verursachen. Aber so wie es aussieht, habt Ihr bisher mehr oder weniger Glück gehabt, was Eure Verletzungen angeht.“
 

„Nun, so kann man es auch nennen. Aber ich würde sagen, dass ich einfach gute Freunde habe. Warum seid Ihr jetzt aus meinem Keller gekommen? Ich glaube kaum, dass Ihr wirklich an meinem Wohlergehen interessiert wart. 'Ich helfe keinen Templern'... Das waren doch Eure Worte?“
 

Anders hatte den Templer nun einmal umrundet und stand nun wieder vor ihm, den Stab hatte er wieder an der Halterung auf seinem Rücken angebracht. Bevor er dem Templer jedoch antwortete, ging er kurz in die Hocke und sofort kam Azad angelaufen und sprang wieder auf seine Schulter. Erst dann stand er wieder auf und richtete seinen Blick erneut auf den Jüngeren. Und diesmal schaffte er es sogar, seinen Blick nur auf das Gesicht zu richten.
 

„Das ist wohl wahr... Durch Euren Keller führt ein Gang geradewegs in die Dunkelstadt. Ich habe ihn zufällig entdeckt und wurde von einer Bande Banditen überrascht. Da blieb mir nur noch die Flucht über eine Treppe und diese führte geradewegs in Euren Keller“; erklärte der Abtrünnige ruhig und log nicht einmal dabei. Nur dass der Gang zu seiner Klinik führte, verschwieg er vorsorglich. Sobald er zurück war, würde er diesen Zugang wohl besser abriegeln. Nur zur Sicherheit...
 

„Banditen also? Ein gibt eine Bande, die schon seit Wochen die Oberstadt unsicher macht und immer verschwunden ist, bevor wir oder die Stadtwache etwas ausrichten konnten. Gibt es noch mehr dieser Durchgänge von der Dunkelstadt in die Oberstadt?“
 

Es war ein seltsames Gefühl, so nahe vor seinem persönlichen Untergang zu stehen und mit ihm zu sprechen, als wäre es das Natürlichste der Welt. Doch der Templer schien wirklich keine Ahnung davon zu haben, wer ihm gerade gegenüberstand und schien sich nun auch mehr für die Banditen zu interessieren. Ob diese wohl der Grund waren, warum er in dieser Nacht verletzt worden war? Ihm konnte es ja eigentlich egal sein, wenn diese Banditen nicht auch für ihn und die Bewohner der Dunkelstadt zur Gefahr werden würden.
 

„Ich denke schon. In der Dunkelstadt gibt es viele versteckte Gänge, da wird der ein oder andere sicherlich ebenfalls in die Oberstadt führen.“ Anders war sich sogar ziemlich sicher, dass nicht nur ein Weg von seiner Klinik dahin führte, aber bisher hatte er nie wirklich den Drang verspürt, diese Gänge zu erforschen. Wären die Templer heute nicht in der Dunkelstadt gewesen, wäre er jetzt schließlich auch nicht hier.
 

Der Templer schien zu überlegen, während er Anders nun seinerseits musterte. Etwas Fragendes stand ihm schließlich in den Augen geschrieben, als er ihm wieder ins Gesicht sah, die Arme nun vor der Brust verschränkt. Aber der Abtrünnige würde aber den Teufel tun und ihn jetzt danach fragen, was los war. Stattdessen begann er damit, Azads Kopf zu kraulen, bis dieser leise zu schnurren anfing.
 

„Sind die Banditen noch immer in dem Gang?“
 

„Ich habe nicht nachgesehen.“ Woher sollte er das denn bitte wissen? Er konnte schlecht durch Wände sehen und er war sicher nicht so töricht, jetzt nachzusehen. Aber andererseits musste er langsam sehen, wie er aus der Höhle des Löwen herauskam. Sonst könnte es am Ende noch ganz schön ungemütlich werden.
 

„...Dann werden wir eben jetzt nachsehen gehen. Ich kann es nicht gebrauchen, dass ein paar Banditen irgendwann in meinem Anwesen stehen. Und wenn es die gleichen Kerle sind wie beim letzten Mal, dann habe ich noch ein paar persönliche Dinge mit ihnen zu klären.“
 

„Wir?“ Sichtlich verwirrt hörte der Blonde auf, seinen Kater zu kraulen, welcher sofort damit begann, seine Hand mit der Pfote dazu zu bewegen, weiter zu machen. Aber das kleine Wörtchen 'Wir' hatte ihn dann doch ein wenig zu sehr aus der Bahn geworfen. Der Kerl glaubte doch jetzt nicht ernsthaft, dass er ihm dabei helfen würde, oder? Das konnte er ganz schnell vergessen!
 

„Ganz genau, wir werden beide runter in den Gang gehen. Ich werde mich um die Banditen kümmern und Ihr haltet Euch einfach hinter mir. Sollte ich verletzt werden, könnt Ihr mich in Eure Klinik bringen... Oder Ihr lasst mich einfach liegen und findet selbst den Weg zurück“, fügte der Templer hinzu und zwinkerte dabei leicht, was Anders nur noch mehr verwirrte. Dieser Mann hatte wirklich keine Ahnung davon, was er war, oder? Hinter ihm halten... Na klar!
 

„Ich denke nicht, dass ich Euch in meine Klinik bringen werde... Sobald Ihr erst einmal in der Rüstung steckt, seid Ihr schließlich kein zarter Schmetterling mehr.“
 

„Ach, kommt schon! Selbst ein Zwerg konnte mich aus der Unterstadt bis zu Eurer Klinik tragen! Da werdet Ihr das ja wohl erst recht schaffen!“ Der Templer lachte leise und selbst Anders musste dabei ein klein wenig schmunzeln. Zu wissen, dass ihm von dem Templer gerade keine Gefahr drohte, beruhigte ihn ungemein, wenngleich er noch immer nicht wusste, wie lange das denn gut gehen sollte.
 

„Zwerge sind auch...“ Der Magier suchte nach dem richtigen Wort, denn er wollte den Templer nur ungern noch verärgern, in dem er seinen Freund beleidigte. Doch dieser lachte einfach nur und schenkte ihm anschließend ein Lächeln, welches ihm bei einer anderen Vergangenheit vielleicht sogar gefallen hätte. Doch er war ein Templer und somit so etwas wie sein größter Feind.
 

„Verrückt? Ja, das kommt hin. Aber Varric ist noch eine ganze Stufe darüber. Solltet Ihr jemals eine Geschichte über mich hören, so kann ich Euch versichern, dass maximal zehn Prozent auch wirklich der Wahrheit entsprechen“, lachte der Templer und fuhr sich erneut durch die Haare. Dadurch wurde die Frisur nur noch mehr zerstört, was ihn aber nicht weiter zu stören schien.
 

„Nun, ich werde es mir merken...“ Er gab generell nicht wirklich viel auf die Erzählungen eines Zwerges, warum sollte er es also jetzt tun? Zumal er nicht einmal den Namen des Templers kannte und er ihn auch nicht wirklich interessierte. Er würde mit ihm einfach in die Gänge gehen und die Banditen aufsuchen, bevor er seinen Weg in die Klinik einschlug. Und danach würde er nie wieder auch nur einen Gedanken an den Kerl verschwenden, der noch immer halb nackt vor ihm stand.
 

Das schien diesem auch langsam bewusst zu werden, denn er schon begann er sich in dem Raum umzusehen, als würde er dort etwas finden, das er anziehen konnte. Auch Anders nutzte nun die Gelegenheit und widmete sich der Umgebung. So wie es aussah, stand er in einer Art Bibliothek, wobei der Kamin an einer der Wände für diesen Ort wirklich nicht gut geeignet war. Wie leicht die Bücher doch in Flammen aufgehen konnten...
 

Anders ließ den Blick weiter wandern und sah weitere Regale mit Büchern und eine breite Treppe, welche hoch zu einer Ebene führte. Und genau dort stand ein großes Fass, wahrscheinlich randvoll mit Wein. Er hatte schon immer gewusst, dass die Templer Trinker waren, aber dass sie es sogar so zur Schau stellten...
 

„Das Fass ist leer. War es immer gewesen. Es steht einfach nur zur Zierde dort oben“, unterbrach der Templer seine Gedanken und erneut fühlte sich Anders ertappt. Doch der Jüngere schien weder verärgert, noch verstimmt. Stattdessen steckte er schon halb in seiner Templeruniform, die den Geist in Anders erneut in Rage brachte. Aber auch jetzt konnte er diesen beruhigen, denn schließlich war die Oberstadt voller Templer. Da sollte er nicht versuchen, einen von ihnen oder sein Anwesen in die Luft zu jagen.
 

„So? Und ich dachte, Ihr hättet es in einer Nacht im Alleingang leer getrunken.“ Wieder begann der Templer zu lachen und wieder erwischte sich Anders dabei, dass er das Lachen erwidern wollte. Um sich und seine Prinzipien nicht selbst zu verraten, drehte er sich darum schnell wieder um und öffnete wieder die Tür zum Keller. Ihm gefiel absolut nicht, dass er den Drang dazu hatte mit einem Templer zu lachen oder ihn als etwas anderes zu sehen, als seinen Feind und doch... Vielleicht waren ja nicht alle so schlecht?
 

Er kennt dich nicht, Anders. Er weiß nichts von deiner Gabe oder von mir. Sobald er davon erfährt, wird er uns jagen und uns wird nur noch der Tod erwarten.
 

Der Abtrünnige seufzte lautlos und trat wieder in den Kellerraum des Anwesens. Er wusste selbst nur zu gut, dass er keinem Templer trauen durfte und es war auch das Letzte, was er gerade wollte. Allerdings konnte er sich diesen Templer zu Nutze machen, oder etwa nicht? Er hatte nicht wirklich die Kraft, um gegen die Banditen anzukommen und nur mit dem Stab allein richtete er nicht gerade viel Schaden an. Sollte der Templer ihm also ruhig den Weg freikämpfen.
 

„Habt Ihr gesehen, wie viele Banditen es genau waren?“
 

Anders hatte gar nicht mitbekommen, dass ihm der Jüngere gefolgt war und doch stand dieser nun mit ihm in dem kleinen Raum und sah ihn fragend von der Seite her an. Die Templeruniform machte leider das kleine Lächeln kaputt, welches noch immer in dessen Mundwinkeln lag, weswegen sich der Magier erneut von ihm abwandte und nun auch die Tür zum Gang öffnete.
 

„Nein... Aber ich habe mindestens drei Stimmen gehört“, gab er nachdenklich zurück und wollte gerade durch die Türe treten, als ihn der Templer am Arm festhielt und nur mit Mühe konnte er den Drang unterdrücken, ihn von sich zu stoßen. Er musste sich zusammenreißen, denn sonst würde er erneut flüchten müssen. Und die Bewohner aus der Dunkelstadt brauchten ihn, er war der einzige Abtrünnige, der es wagte, ihnen zu helfen.
 

„Ich habe doch gesagt, dass Ihr hinter mir bleiben sollt. Wie soll ich Euch schließlich sonst beschützen?“
 

Für einen langen Moment war der Magier einfach nur verwirrt. Was hatte der Mann vor ihm da gerade gesagt? Dass er ihn beschützen wollte? Nein, er wusste wirklich gar nicht, mit wem oder was er es gerade zu tun hatte, denn ansonsten würde er ihn doch mit offenen Armen dem Zorn des Erbauers aussetzen. Aber stattdessen sah der Templer ihn nun fast schon ein wenig besorgt an und hielt ihn weiterhin fest.
 

Alles Taktik... Sobald er weiß wer wir sind wird er uns jagen.
 

Ich weiß...
 

Mit einem leisen Seufzen schloss der Magier für einen Moment die Augen, ehe er nickte und schließlich zur Seite trat. Für einen Moment hielt ihn der Templer noch am Arm fest, länger als es vielleicht nötig gewesen wäre, doch dann trat dieser an ihm vorbei und ging die Treppe hinunter zum Gang.
 

Wir sollten ihn aus dem Weg räumen, bevor er hinter das Geheimnis kommt.
 

Aber nicht jetzt. Er hat bisher nichts getan.
 

Noch nicht, aber das ist nur eine Frage der Zeit. Wie viele Magier wird er wohl schon gefangen haben? Wie viele Kinder aus den Armen ihrer Mütter gerissen und wie viele Abtrünnige getötet haben?
 

...Ganz gleich wie viele, selbst ein Kind oder ein Abtrünniger wäre schon zu viel... Aber noch ist es zu früh. Noch weiß er nichts von dir oder meiner Gabe.
 

Zögere im falschen Moment und es kann deinen Tod bedeuten.
 

Genau wie Handeln im falschen Moment.
 

Mit einem weiteren leisen Seufzen schüttelte der Heiler den Kopf und machte sich daran, dem Templer zu folgen. Er wusste ja, dass es falsch war, einen Templer einfach so davon kommen zu lassen aber... bisher hatte dieser wirklich nichts getan. Und außerdem musste er noch an den Banditen vorbei. Danach konnte er noch immer entscheiden, was mit dem Templer geschah.
 

„Wie soll ich Euch eigentlich ansprechen? Großer Heiler? Salbenmischer? Kuttenträger?“ Erneut wandte sich der Templer zu ihm um und sah ihn fragend an, das Großschwert in beiden Händen haltend.
 

„Anders... Die meisten nennen mich einfach nur Anders.“
 

„Anders... Ihr seid also aus Anderfels? Nun, freut mich Euch kennenzulernen. Ihr könnt mich Hawke nennen. Oder Tristan“, stellte sich der Templer auch schon vor und zeigte erneut ein kleines Lächeln.
 

„Also gut... Dann geht voran... Hawke“, gab der Heiler zurück und diesmal musste er das Lächeln einfach erwidern. Was konnte schon so schlimm daran sein? Vielleicht hatte es ja auch Vorteile, wenn man jemanden von den Templern kannte? So konnte er vielleicht früh genug erfahren, wenn wieder ein paar Abtrünnige geflohen waren und ihnen somit helfen.
 

Lass dich nicht blenden! Er ist ein Templer und wird nicht lange fackeln, dich zu einem Besänftigten zu machen!
 

Nicht, wenn ich aufpasse, dass er nichts merkt...
 

Er musste nur vorsichtig sein. Und warum sollte er diese Chance nicht nutzen? So konnte er viele Magier retten. Er musste es nur richtig angehen.

Wirklich wohl war dem Abtrünnigen nicht, während er ein paar Schritte hinter dem jüngeren Mann her ging. Von der Banditenbande fehlte bisher jedoch jede Spur und diese beunruhigte ihn auch weniger, zumindest so lange, wie er nicht würde eingreifen müssen. Denn genau dort lag sein Problem! Sollte es dazu kommen, dass er mitkämpfen und sich verteidigen musste, würde er sich selbst verraten und das wollte er gerade im Moment wirklich nicht.
 

Ein weiteres Problem stellte die Frage, wie weit der Templer – wie weit Hawke – den Gang verfolgen würde. Denn die Verbindung zwischen der Residenz eines Templers und seiner Klinik war ein drohende Gefahr für ihn. Sollte der Jüngere hinter sein Geheimnis kommen, könnte er ganz einfach in der Nacht durch den Gang kommen. Ob er ihn vorher vielleicht wieder zurück schicken konnte? Bevor sie im Keller der Klinik angekommen waren?
 

Anders war zu vertieft in seine Gedanken, als dass er rechtzeitig bemerkte, wie der Templer den Arm zur Seite streckte und ihn so davon abhielt, weiter zu gehen. So lief er direkt gegen den ausgestreckten Arm. Er wollte gerade fragen, was los war, doch der Jüngere schüttelte den Kopf und bedeutete ihm ruhig zu sein. Zuerst hörte der Abtrünnige nichts, doch dann bemerkte auch er die gedämpften Stimmen.
 

„Ich denke, das sind die Banditen, von denen Ihr gesprochen habt?“ Der Templer sprach so leise, dass sich Anders ein wenig vorbeugen musste, um ihn zu verstehen. Damit dieser nicht dasselbe tun musste, lehnte er sich rasch zurück und nickte einfach nur. Er wollte sich nicht zu sehr auf einen Templer einlassen, egal in welcher Hinsicht. Darum ging er nun auch an Hawke vorbei, um weiter in die Richtung der Stimmen zu gehen, doch der Templer griff erneut nach seinem Arm um hielt ihn fest.
 

„Ich sollte noch immer vorgehen, denkt Ihr nicht? Oder wollt Ihr die Banditen mit dem Stab zu Tode prügeln?“ Als wäre die Hand, die ihn am Arm festhielt, nicht schon genug, um den Geist in ihm aufbegehren zu lassen, so gab die Tatsache, dass sich Hawke nun mit einem amüsierten Lächeln zu ihm vorbeugte, ihm fast endgültig den Rest. Gerade so schaffte Anders es noch, den Geist in sich zu beruhigen, bevor es zu Schlimmeren kam.
 

„Es wären nicht die ersten Personen, die ich mit meinem Stab vertreibe“, gab Anders möglichst ruhig zurück und löste sich aus dem erneuten Griff, nur, um wieder etwas auf Abstand zu gehen. Es war ein ein seltsames Gefühl, seinem Feind so nahe zu sein und zu sehen, dass dieser sich Gedanken um ihn machte. Es passte nicht in das Bild, das er in all den Jahren von den Templern aufgebaut hatte.
 

„Oh, das glaube ich Euch auf's Wort. Aber mir wäre es trotzdem lieber, wenn Ihr hinter mir bleibt. Im Notfall könntet Ihr ja immer noch an mir vorbei stürmen und Euren... Stab für mich schwingen“, meinte Hawke und irgendetwas an seinen Worten ließ den Abtrünnigen skeptisch die Braue heben. Er sollte seinen Stab für ihn schwingen? Hatte der Kerl das gerade mit Absicht gesagt oder war das einfach nur unglücklich formuliert?
 

„Ich... werde es mir merken...“ Mehr wollte und konnte Anders dazu einfach nicht sagen, zumal er das Gefühl hatte, als würde jedes Wort es nur noch schlimmer machen. Wahrscheinlich sah der Jüngere deswegen auch so enttäuscht aus, aber er hatte sich rasch wieder gefangen und wandte sich wieder von dem Abtrünnigen ab, der sogleich lautlos aufatmete.
 

Für einen Moment lauschten sie beide einfach nur den Stimmen, die sich zwar nicht entfernten, aber auch nicht näher kamen. Trotzdem konnten sie gut drei verschiedene Stimme ausmachen, weswegen sich zumindest Anders sicher war, dass es die gleichen Banditen von vorhin waren. Sanft begann er Azad zu kraulen, welcher auf seiner Schulter saß und neugierig den Gang entlang sah. Viel sehen konnte dieser zwar nicht, da der Gang eine Biegung nahm, aber das machte dem Kater nichts. Ihm reichte wohl vorerst das Lauschen.
 

Schließlich setzte sich der Templer in Bewegung und auch Anders folgte ihm nun wieder, den Stab fest in der Hand haltend. Er hoffte nur, dass er wirklich nicht einschreiten musste, denn dann würde sein Geheimnis auffliegen und er wusste nicht, wie der Jüngere darauf reagieren würde. Wahrscheinlich würde er ihn aber nicht gleich wieder so mit offenen Armen empfangen...
 

Aber scheinbar machte er sich völlig umsonst Sorgen, denn als sie um die Ecke bogen und in einem größeren Raum landeten, ergriffen die Banditen bei ihrem Anblick schlagartig die Flucht. Hawke setzte ihnen nach und ließ Anders nicht mal mehr den Gedanken daran verschwenden zu helfen. Er folgte ihm rasch, sah den Templer aber anschließend fast schon gelassen vor den drei Banditen stehen.
 

„Ich habe dir doch gesagt, dass das eine verdammt schlechte Idee ist!“
 

„Ach, halt den Mund, wer konnte denn wissen, dass wir von einem Templer verfolgt werden?!“
 

„Haltet beide die Klappe! Ihr hättet ihn einfach von Anfang an erledigen sollen!“
 

„Natürlich doch! Wie sollten wir das denn bitte machen, mit dem schießwütigen Zwerg im Nacken?!“
 

Die Diskussion der Banditen war fast schon amüsant mit anzusehen, zumal diese wirklich nicht sehr helle aussahen. Wie hatten sie den Templer noch gleich verletzten können? Das war eigentlich sogar eine verdammt gute Frage, wenn sich Anders das so überlegte. Die Wunde hatte sich an der Seite befunden, aber diese war doch durch die Rüstung abgedeckt gewesen, oder nicht?
 

„Ich glaube nicht, dass ihr mich besiegt hättet, wenn Varric nicht gewesen wäre. Ihr habt ja nicht einmal eine Chance gehabt, als ich die Rüstung abgelegt habe“, gab Hawke zurück und brachte Anders dazu, kurz die Augen zu schließen. Was hatte der Kerl getan?!
 

„Ha! Wir können es ja gerne noch einmal ausprobieren, nun, da Ihr den tollen Zwerg nicht dabei habt!“
 

„Sei still, du Idiot! Siehst du denn nicht, wen er dabei hat?“
 

„Was soll denn- Oh verdammt!“
 

„Lasst uns abhauen, Jungs!“
 

Noch während der letzte gesprochen hatte, liefen die anderen schon los - Dieses Mal folgte der Templer ihnen jedoch nicht. Stattdessen drehte er sich nun um und warf einen fragenden Blick zu Anders, welcher versuchte, ebenso fragend auszusehen. Scheinbar nicht sehr erfolgreich, denn er konnte schon sehen, wie der Jüngere zu einer Frage ansetzte.
 

„Warum habt Ihr die Rüstung ausgezogen?“, fragte der Blonde rasch und bewirkte damit, dass Hawke überrascht inne hielt und seine Frage scheinbar für das Erste vergaß. Hoffentlich auch für länger, denn Anders wüsste nicht, was er antworten sollte.
 

„Sie haben sich beschwert, dass es unfair sei, also kam ich Ihnen etwas entgegen.“
 

„Und dabei habt Ihr Euch dann von ihnen verletzten lassen?“
 

„Nein... Ich habe versehentlich eine Falle ausgelöst. Vergiftete Dolche schossen dabei aus einer Wand und einer davon hat meine Seite getroffen. Die Banditen sind sofort geflohen, während das Gift langsam schon seine Wirkung zeigte“, gab der Templer ruhig zurück und sah einen Moment lang in die Richtung, in der die Banditen verschwunden waren.
 

„Verstehe... Das ist völliger Schwachsinn und absolut leichtsinnig gewesen... Das Gift war zwar nicht sonderlich stark, aber die Wunde hätte Euch trotzdem große Probleme bescheren können!“ Nicht, dass Anders sich sorgte oder dergleichen, aber... Das war nun wirklich das Dümmste, was er bisher gehört hatte. Wer zog schon freiwillig den Schutz aus, den man hatte?
 

„Dafür habe ich ja künftig Euch“, gab der Jüngere zurück und begann wieder zu lächeln. Und genau dieses Lächeln in Verbindung mit den Worten ließ Anders nun wiederum wortlos dastehen. Er wusste nichts zu erwidern und war sich auch nicht sicher, wie man denn auf so etwas reagieren sollte. „Sollte ich erneut eine solche Dummheit begehen, kann ich Euch ja jetzt jederzeit aufsuchen und Eure Hilfe in Anspruch nehmen.“
 

Als würden diese Worte irgendetwas verbessern. Im Gegenteil, eigentlich machte es das Ganze nur noch schlimmer für ihn. Er konnte dem Kerl nicht nicht helfen, immerhin war er ein Templer und außerdem war die Gefahr zu groß, dass dieser sein Geheimnis entdeckte, sollte er ihm wirklich zu oft in seiner Klinik über den Weg laufen.
 

„Das... halte ich für keine sehr gute Idee...“
 

„Ich weiß, dass die Templer nicht gerne in der Dunkelstadt gesehen sind. Wenn es Euch nichts ausmacht, würde ich aber zumindest nach Einbruch der Dunkelheit vorbei kommen, sollte ich verletzt sein.“
 

„Warum? Gibt es in der Oberstadt keine Heiler, die Euch helfen könnten?“ Insgeheim wusste Anders die Antwort darauf schon, aber er hatte trotzdem noch einen kleinen Funken Hoffnung, dass es nicht so sein würde, dass Hawke einen anderen Weg fand seine Wunden zu versorgen, als seine Hilfe in Anspruch zu nehmen. Aber diese Hoffnung wurde durch das leise Lachen des Templers gleich zunichte gemacht.
 

„Natürlich gibt es diese. Aber leider schicken sie einen lieber in die Kirche oder reden einem ein, dass man ohne einen Arm oder dergleichen besser dran wäre. Da nehme ich lieber den weiten Weg in die Dunkelstadt auf mich“, gab der Templer schließlich zurück und lächelte einfach nur noch ein wenig vor sich hin, weswegen Anders beschloss, einfach nicht darauf zu antworten.
 

Stattdessen ging er ein wenig weiter durch den Raum, bis er schließlich vor einer Tür zu stehen kam. Er wusste, dass der Gang dahinter zur Gabelung führte. Er war seiner Klinik schon so nahe und doch gab es da noch immer ein Problem. Und dieses stand noch immer da, wo er die Banditen vermeintlich gestellt hatte.
 

„Nach Einbruch der Nacht... und nicht früher. Klopft dreimal an der Türe, bevor Ihr eintretet damit ich weiß, dass Ihr es seid“, gab der Abtrünnige schließlich von sich und ignorierte dabei die Worte seines ständigen Begleiters. Er wusste, dass es töricht war, aber wenn er diese Vorsichtsmaßnahmen einhielt, würde er seine Fähigkeiten vielleicht verbergen können. Zumindest hoffte er das einfach einmal.
 

„Einverstanden.“ Der Templer klang zufrieden und gleichzeitig spürte Anders einen Knoten in seiner Brust. Vielleicht hatte er ja Glück und der Templer würde nicht mehr verletzt werden, sodass dieses kleine Abkommen niemals seine Erfüllung fand. Aber irgendwie... freute er sich fast schon darauf, den anderen wiederzusehen. So seltsam es auch klingen mochte.
 

„Der Gang hier führt zu dem Weg, den ich genommen habe. Ich denke nicht, dass die Banditen bald wieder hierher kommen werden. Vielleicht solltet Ihr also zurück gehen und Eurer Anwesen sichern?“
 

„Wollt Ihr mich etwa loswerden?“
 

„So kann man es auch nennen!“, gab Anders zurück und erntete dafür ein leises Lachen von dem Templer. Es klang näher als zuvor und als er sich umdrehte konnte er sehen, dass der Jüngere näher gekommen war und ihn nun erneut anlächelte. Dieser wusste wirklich nicht, mit wem oder was er es hier zu tun hatte. Niemand lächelte einen Magier, einen Abtrünnigen, so an. Vor allem nicht, wenn er seinen Körper mit einem Geist teilte.
 

„Nun, dann will ich Euch nicht länger belästigen, Anders. Bis zum nächsten Mal.“
 

„Ich hoffe das es nicht allzu bald sein wird.“
 

„...Schade...“, meinte der Templer nur mit einem Zwinkern, ehe er sich umwandte und den Weg wieder zurück ging. Eine Weile sah Anders ihm noch nach, bevor er sich ebenfalls wieder auf den Weg zu seiner Klinik machte. Der Eingang, welcher direkt außerhalb der Klinik endete, war frei geräumt und wahrscheinlich waren die Banditen auch durch diesen gekommen. In ihrer Eile hatten sie ihn einfach offen gelassen.
 

Halte deine Freunde nahe und deine Feinde noch viel näher. Nicht wahr?
 

So ist es am sichersten... Solange er sich an die Abmachung hält, kann ich dafür sorgen, dass er nichts erfährt...
 

Ich verstehe die Menschen nicht...
 

Keine Angst. Wir verstehen uns selbst oft genug nicht.
 

Und er selbst verstand sich überhaupt nicht. Er wusste wie riskant es war und doch war er dieses Risiko eingegangen. Und dabei wusste er nicht einmal, warum. Diese Abmachung brachte ihm keinerlei Nutzen und ihn nur in noch mehr Schwierigkeiten. Trotzdem bereute er diese Entscheidung bisher noch nicht. Zumindest nicht sehr. Vielleicht hatte es auch einen Vorteil, wenn man einen Templer an seiner Seite wusste? Er würde es sehen.

Seit Anders mit dem Templer das Abkommen getroffen hatte, waren schon mehrere Wochen vergangen. Und in all dieser Zeit war der andere Mann noch nicht in seine Klinik gekommen. Zuerst war der Magier noch erleichtert gewesen, doch in den letzten Tagen erwischte er sich immer öfter dabei, wie er nachts wach lag und auf das Klopfen lauschte.
 

Doch alles blieb in den Nächten ruhig und so lag er oft einfach nur wartend wach und musste sich vor dem Geist in ihm rechtfertigen. Natürlich wusste er, dass es töricht war, darauf zu warten, dass der Templer zurückkam. Jeder Templer in seiner Nähe bedeutete immerhin Gefahr und doch... Anders konnte halt den kleinen Funken der Erwartung in sich nicht einfach auspusten wie eine Kerze. Und vielleicht war dieser Templer ja anders?
 

Er ist nicht anders. Er untersteht der Kirche und wurde darin geschult Magier zu fangen und sie zu schwächen. Er ist wie jeder andere Templer, nur dass er noch nichts von deiner Begabung weiß. Oder von mir...
 

Und wenn doch? Vielleicht ist es mit den Templern in der Kirche wie mit den Bewohnern des Nichts? Genauso, wie nicht jede Kreatur dort ein Dämon ist, so ist vielleicht auch nicht jeder Templer gegen Magier?
 

Anders erwartete keine Antwort darauf und erhielt auch keine. Er glaubte selbst nicht wirklich an seine Worte und doch... Er wollte dieses eine Mal noch einmal die Hoffnung haben, dass die Welt vielleicht doch nicht so schlecht war. Was waren sie denn schon ohne Hoffnung?
 

Mit einem stummen Seufzen löschte er auch in dieser Nacht die Kerzen und beschwor eine kleine Lichtkugel in seiner Hand, damit er sich den Weg zu seiner Schlafstätte leuchten konnte. Azad lag bereits auf seinem 'Bett', eingerollt auf dem Kissen und hatte die kleine Nase unter dem Schwanz verborgen. Schon jetzt wusste der Magier, dass er den Kampf um sein Kissen verlieren würde. Darum versuchte er es auch gar nicht erst.
 

„Immer den besten Platz, hmm?“
 

Mit einem Lächeln sah er, wie die Schwanzspitze des Katers zuckte, Azad sich sonst aber noch immer schlafend gab. Zu mehr kam er jedoch nicht, als ein leises Klopfen die Stille durchbrach. Sofort ließ er die Lichtkugel wieder verschwinden, während er wartete. Nach dem dritten Klopfen verfiel seine Klinik wieder in die übliche nächtliche Stille und der kleine Funke an Hoffnung schien für einen Moment größer zu werden. Doch schon im nächsten Moment erstarb dieser Funke wieder.
 

Sollte der Templer – sollte Hakwe – wirklich hierher gekommen sein, dann gab es nur einen Grund dafür. Und dieser Grund war nicht gerade etwas, was Anders übermäßig erfreute. Denn wenn der Jüngere nach Mitternacht vorbei kam, dann doch nur, weil er verletzt war. Und wie sollte er dessen Verletzungen anständig heilen, wenn er nicht seine Magie benutzen durfte?
 

„Anders... Ich weiß, dass Ihr da drin seid. Wenn Ihr bei Drei nicht aufmacht, werde ich einfach reinkommen. Ob Ihr nun angezogen seid oder nicht!“
 

Genauso schnell, wie die Befürchtungen gekommen waren, genauso schnell verschwanden sie auch, als der Heiler die Stimme des Templers hörte. Verletzt klang der Kerl nicht wirklich und allein die Androhung am Ende zwang ihn unwillkürlich zu einem Lächeln. Fast war er versucht, diese Androhung wahr werden zu lassen, doch als der Templer laut zu zählen anfing, ging er zum Eingang der Klinik zurück und öffnete die Türe.
 

„Oh, Ihr seid ja wirklich wach. Schade, ich hatte mich schon mit dem Gedanken angefreundet, Euch aus dem Schlaf zu reißen“, bemerkte der Jüngere und begann zu lächeln. Er wartete nicht einmal darauf, dass Anders ihn herein bat, sondern trat einfach an ihm vorbei und stand dann in der dunklen Klinik. Nur das Licht der Laternen draußen erhellte den großen Raum ein wenig, so dass man zumindest noch die Umrisse erkennen konnten. Kein Problem für Anders, er kannte die Klinik in- und auswendig.
 

„Das glaube ich Euch gerne. Erlaubt mir die Frage, was Ihr hier wollt? Sehr verletzt seht Ihr ja nicht aus“, bemerkte der Heiler und nutzte die Gunst der Stunde, dem Jüngeren flüchtig zu mustern. Statt der schweren Plattenrüstung trug der Templer nun eine Tunika, welche in rot und gelb gehalten war. Nein, verletzt sah er wirklich nicht aus.
 

„Ach? Ich bin hier also nicht beim Heiler der gebrochenen Herzen? Hmm, dann muss ich eben wohl falsch abgebogen sein“, erwiderte der Jüngere und verzog theatralisch das Gesicht, was Anders leise zum Lachen brachte. Trotzdem beantwortete das nicht seine Frage, weswegen er einfach stehen blieb und wartete. Was sollte er denn sonst tun?
 

„Was wollt Ihr wirklich hier?“ Gut, er war noch nie der Geduldigste gewesen. Hatte er allerdings auch noch nie behauptet, nicht wahr? Diesmal war es jedoch an dem Templer zu lachen, bevor er dann wieder antwortete.
 

„Nun, ich habe es wirklich versucht, wisst Ihr? Aber leider ist es nicht so leicht, sich verletzen zu lassen, wenn man einen Zwerg im Nacken hat. Da ich mich aber noch nicht wirklich für die Heilung vom letzten Mal bedankt habe, dachte ich mir, dass ich auch einfach so einmal vorbei kommen könnte.“
 

Wie bitte? Der Templer hatte versucht, sich verletzen zu lassen? Warum denn das? Damit er hierher kommen konnte? Wer würde denn freiwillig von der Oberstadt in die Dunkelstadt kommen wollen? Allein der Geruch an sich war doch schon abschreckend genug, oder etwa nicht? Trotzdem freute er sich darüber, dass der Jüngere scheinbar versucht hatte, mit ihm wieder in Kontakt zu kommen. Aber warum?
 

„Ihr braucht mich nicht dafür bezahlen.“
 

„Ich wusste, dass Ihr das sagen würdet. Darum habe ich mir auch überlegt, dass ich Euch einfach in den Gehängten Mann einlade.Und jetzt kommt mir nicht damit, dass Ihr keinen Alkohol trinken würdet. Selbst wenn, so gibt es auch noch genug andere Getränke dort!“ Hawke wartete nicht einmal darauf, dass er widersprach, sondern trat nun auf ihn zu und zog ihn einfach mit sich nach draußen.
 

„Ihr habt also wirklich versucht, Euch verletzen zu lassen, damit ich Euch erneut heilen kann?“ Ein wenig seltsam war das schon, aber er sah keinen Grund darin, warum der Templer lügen sollte. Außer vielleicht, dass er ihm eine Falle stellte, aber das wollte er einfach nicht glauben. Warum sollte man ihm auch so eine Falle stellen? Das wäre viel zu aufwendig.
 

„Habe ich doch gesagt, oder nicht? Aber Varric hatte die Idee, dass ich Euch auch einfach auf was zu trinken einladen könnte. Das würde weitaus weniger gefährlich sein.“
 

„Habt Ihr denn keine Angst?“
 

„Wovor?“
 

„Was wäre, wenn ich eine Abscheulichkeit bin?“ Noch während er das sagte bereute er seine Worte auch schon. Denn der Templer blieb nun stehen und sah ihn prüfend von oben bis unten an. Ob er jetzt vielleicht etwas spüren konnte? Vielleicht die Magie, die in ihm schlummerte?
 

„Nun... wenn es so wäre, dann hätte sich der Dämon zumindest einen hübschen Wirt ausgesucht“, gab dieser dann aber nur mit einem Lächeln und einen Zwinkern zurück, ehe er sich wieder auf den Weg machte. Als er jedoch sah, dass Anders ihm nicht folgte, ging er wieder zurück. Nur wusste dieser einfach nicht, wie er darauf reagieren sollte.
 

Schon bei ihrer letzten Begegnung hatte er gedacht, dass der Jüngere versuchte, mit ihm zu flirten, hatte es dann aber als ein paar seltsame Hirngespinste abgetan. Der Kommentar gerade jedoch... der war nicht mehr so einfach zu ignorieren. Das war definitiv und ohne Zweifel ein Kompliment gewesen. Aber warum? Nicht, dass es ihn störte, aber... es war schon seltsam. Schließlich waren sie streng genommen so etwas wie Feinde. Nur, dass Hawke es nicht wusste.
 

„Stimmt etwas nicht?“
 

„...Nein, alles in Ordnung.“ Wie sollte er dem anderen Mann auch klar machen, warum er gerade so verwirrt war? Und das, ohne irgendwas preis zu geben oder aber sich selbst in Gefahr zu bringen? Darum erwiderte er das Lächeln einfach nur und folgte ihm weiter in die Unterstadt. Er kannte den Gehängten Mann, war aber nur selten in der Taverne gewesen. Dementsprechend ruhig war er auch, als er Hawke in diese folgte.
 

„Hmm... Lasst uns dort hinten am Tisch Platz nehmen, in Ordnung? Viel los ist hier ja dem Erbauer sei Dank nicht mehr. Es kann zwar lustig sein, aber auch genauso anstrengend“, meinte der Templer und zeigte auf einen Tisch in einer Ecke. Anders nickte einfach nur und setzte sich, während der Templer ihnen etwas zu trinken besorgte.
 

„Ich vermute, dass Ihr wirklich kein Alkohol trinkt?“
 

Kurz nachdem Anders sich gesetzt hatte, kam auch der Templer wieder, in jeder Hand einen Krug haltend. In dem einen konnte er unverkennbar Bier erkennen, während in dem anderen eine rötlich Flüssigkeit zu sehen war. Und genau diesen Krug reichte ihm der Jüngere nun, ehe er sich ihm gegenüber setzte.
 

„Das ist Drachenblut. Keine Sorge, es ist natürlich kein echtes Drachenblut vorhanden.“ Hawke begann zu lächeln und hob seinen eigenen Krug hoch, um mit Anders anzustoßen. Ein wenig argwöhnisch war er ja schon, aber er vertraute dem anderen einfach und trank anschließend einen Schluck davon. „Also, dann erzählt mir etwas von Euch. Lebt Ihr schon immer hier in Kirkwall?“
 

„Nein... Wie Ihr richtig bemerkt habt, wurde ich in Anderfels geboren. Ich bin in meinem Leben aber schon weit gereist und schließlich hier gelandet, wo ich versuche, den Bewohnern zu helfen. Ansonsten gibt es nicht viel über mich zu sagen...“ Zumindest nichts, was ihn nicht jetzt in Bedrängnis führen würde. Sehr begeistert schien Hawke auch nicht von dieser spärlichen Antwort zu sein, aber er würde ihm bestimmt nicht noch mehr sagen.
 

„Kommt schon, war das etwa schon alles? Warum nennt man Euch Anders? Wo habt Ihr gelernt zu heilen? Wie geht es Euren Eltern und seid Ihr vielleicht auch verheiratet? Oder wart Ihr es jemals?“ Erneut trank der Templer von seinem Bier und fuhr sich anschließend mit dem Handrücken über die Oberlippe, Anders nicht aus den Augen lassend.
 

„Ich habe meinen alten Namen damals abgelegt, als ich Anderfels verlassen habe und was mit meinen Eltern ist, weiß ich leider nicht. Ich habe sie schon seit Jahren nicht mehr gesehen. Und ich bin auch nicht verheiratet und ich war es auch nie“, gab der Magier brav zur Antwort, auch wenn diese die Neugierde des Templers wohl nur noch mehr anfeuerte. War ja schlimm mit dem! Aber irgendwie tat es auch gut, auch, wenn er keine Antworten geben konnte.
 

„Nicht? Nun, das ist natürlich schade, aber auch wieder gut.“ Wieder begann Hawke zu lächeln, während er ihn ansah und auf eine Reaktion wartete. Aber diesmal war der Abtrünnige darauf vorbereitet und gab das Lächeln einfach nur zurück, trank etwas von dem Drachenblut und ergriff dann selbst wieder das Wort.
 

„Was ist mit Euch? Seid Ihr aus Kirkwall? Was ist mit Eurer Familie?“
 

„Nein, ich komme aus Ferelden. Aus Lothering, um genau zu sein. Meine Eltern sind vor Jahren gestorben und außer mir habe ich nur noch eine jüngere Schwester und einen jüngeren Bruder. Mein Bruder ist... ich weiß nicht, was mit ihm ist. Seit dem Tode unserer Eltern ist er verschwunden. Und meine Schwester? Sie ist zum Zirkel gegangen.“
 

„Eure Schwester ist eine Magierin?“ Überrascht ließ Anders seinen Krug wieder sinken, während er seinen Gegenüber nun musterte. Wie konnte dieser nur Templer werden, wenn seine Schwester eine Magierin war? Und wie konnte er nur zulassen, dass diese selbst zum Zirkel ging?
 

„Ja, genau wie mein Vater ebenfalls ein Magier war.“
 

„Warum...?“
 

„Warum sie zum Zirkel ging und ich ein Templer wurde? Meine Eltern sind durch Magier gestorben... Blutmagier. Meine Schwester konnte den Gedanken nicht ertragen, dass sie womöglich auch zu so etwas fähig wäre und beschloss, zum Zirkel zu gehen.“ Für einen Moment schien Hawke mit seinen Gedanken woanders zu sein, weswegen der Abtrünnige instinktiv die Hand ausstreckte und sie auf die des Jüngeren legte.
 

„Das... das tut mir Leid... Aber nicht alle Magier sind so, müsst Ihr wissen. Nicht jeder wendet sich dem dunklen Zweig der Magie zu.“
 

„Das weiß ich. Ich... bin nicht sonderlich angetan von den Magiern, aber ich hasse und verachte sie nicht. Allein schon wegen meiner Schwester. Aber lasst uns nicht darüber reden. Reden wir lieber wieder über Euch!“ Binnen eines Augenblicks begann der Templer wieder zu lächeln, was Anders erwiderte, wenn auch aus einem völlig anderen Grund. Wenn der Kerl wüsste, dass er hier gerade mit einem Magier am Tisch saß... Was würde er dann wohl tun?
 

„Über mich?“
 

„Ja! Über Euch. Es gibt da noch ein paar Fragen, auf die Ihr mir eine Antwort schuldet!“
 

„...Was genau wollt Ihr denn wissen?“ Anders konnte nicht länger bestreiten, dass ihm der Verlauf des Abends nicht gerade missfiel. Er vertraute Hawke, wenn auch nur ein wenig und es tat gut, einmal ohne Furcht oder Angst vor einer Gefangennahme den Abend zu verbringen und sich unterhalten zu können.
 

„Nun, alles, was Ihr bereit seid zu sagen“, meinte Hawke nur und schenkte ihm ein weiteres warmes Lächeln. Schließlich beugte sich er Abtrünnige seinem Schicksal und begann zu erzählen, während der Jüngere immer wieder etwas neues zu Trinken für sie besorgte. Gleichzeitig hörte er ihm aber auch gespannt zu und unterbrach ihn nur selten, auch wenn es nur Banalitäten waren, über die Anders sprach. Aber er traute sich nicht, dem Templer zu viel zu erzählen.
 

So erzählte er nur von seiner Arbeit in der Dunkelstadt, davon wie er Azad fand oder wie er den Menschen während seiner Reise geholfen hatte. Dabei ließ er jedoch mit keinem Wort durchblicken, dass er einen Geist in sich trug oder dass er ein Magier war. Oder dass er einst zu den Grauen Wächtern gehört hatte. Doch es tat gut, über alles einfach mal zu reden und selbst Geschichten erzählt zu bekommen.
 

„Ihr seid ziemlich viel herum gekommen...“, merkte Hawke schließlich an und trank den letzten Schluck aus seinem Krug leer. Obwohl er schon einiges getrunken hatte, schien der Templer keineswegs betrunken zu sein. Scheinbar trank dieser öfters mal etwas mehr, als eigentlich gut war.
 

„Ein wenig, ja.“
 

„Dann hattet Ihr wahrscheinlich auch nie wirklich Zeit für Beziehungen gehabt, oder doch?“
 

Gut, diese Frage ließ den Abtrünnigen sprachlos werden, aber was erwartete der anderen denn auch?
 

„Bitte was?“
 

„Verzeiht... Ich wollte Euch nicht zu nahe treten. Ich wollte einfach nur wissen ob... es jemand in Eurem Leben gibt, der Euch was bedeutet?“ Auch Hawke schien nun ein wenig überrascht über seine eigene Frage, aber er sah auch gleichzeitig erwartungsvoll zum Abtrünnigen, der noch immer nicht wusste, was er sagen sollte. Nach einer Weile schüttelte Anders schließlich den Kopf und der Templer begann zufrieden zu grinsen.
 

„Es...gibt die ein oder andere Person, die mir wichtig ist aber... ich denke mal nicht, dass es die Art von wichtig ist, die Ihr meint“, gab Anders schließlich langsam zu verstehen und fühlte sich plötzlich ein wenig unruhig. Das Gespräch wurde langsam gefährlich und das gab auch der Geist in ihm zu verstehen, der ihn nun dazu drängte, wieder zu gehen. „Ich... ich sollte gehen...“
 

Noch während Anders sprach stand er auf und Hawke tat es ihm gleich. Für einen Moment glaubte der Abtrünnige schon, dass dieser ihn aufhalten würde, aber er lächelte einfach nur weiter und ließ Anders aus der Taverne verschwinden. Sobald er die kühle Luft spürte, begann er aufzuatmen, auch wenn sich sein Herzschlag nicht beruhigte. Wann hatte sein Herz überhaupt angefangen, so schnell zu schlagen?
 

„Anders... Ihr solltet nicht alleine in der Unterstadt herumlaufen...“
 

Im gleichen Moment, in dem er die Stimme hinter sich hörte, setzte auch sein Herz für einen Moment aus. Er hatte gar nicht mitbekommen, dass ihm der Jüngere nach draußen gefolgt war. Langsam drehte er sich um und sah, dass der Templer ihn noch immer anlächelte. Erneut drängte ihn der Geist dazu zu gehen, doch diesmal folgte Anders der Aufforderung nicht. Stattdessen blieb er stehen und wartete ab.
 

„Ihr solltet mit mir kommen. Wir sind beide unbewaffnet und Ihr wisst sicher genauso gut wie ich, wie gefährlich es werden kann.“
 

Wie bitte? War der Kerl nicht auch unbewaffnet um Mitternacht zu ihm gekommen? Wie hatte er das überhaupt erst bewerkstelligt, wo er sich doch jetzt solche Sorgen machte? Und warum sollte er überhaupt mit in das Anwesen des Templers kommen?
 

„Zu Euch?“
 

„Ihr könnt durch den Gang im Keller anschließend zurück zu Eurer Klinik. Immerhin bin ich auch genau so zu Euch gekommen“, erklärte der Jüngere auch schon und sofort atmete der Abtrünnige aus. Stimmt, das hatte er ja völlig vergessen. Und seitdem sie zusammen die Banditen vertrieben hatten, dürften die Gänge dort auch recht sicher sein. Notfalls hatte er ja noch seine Magie.
 

„Der Gang... Ihr habt Recht... Ich hoffe, es macht Euch nicht zu viele Umstände?“
 

„Ich habe es selbst vorgeschlagen, also macht Euch keine Gedanken darüber, Anders. Außerdem könntet Ihr mein Anwesen dann auch einmal durch die Vordertür betreten“, lachte der Templer und als er sich sicher war, dass Anders auch folgte, führte er sie schweigend zur Oberstadt. Sobald sie in der Eingangshalle standen, wollte der Magier sich auch schon verabschieden, doch daran dachte der Templer scheinbar nicht.
 

Noch bevor Anders auch nur zu einem Wort ansetzen konnte, drückte Hawke ihn gegen eine Wand und sah ihn amüsiert lächelnd an. Auch jetzt waren seine Augen völlig klar und auch wenn der Geist in Anders protestierte, sah Anders nichts Gefährliches in der plötzlichen Geste. Wohl fühlte er sich aber auch nicht, mit dem Templer so nahe bei ihm und mit der Wand in seinem Rücken.
 

„Warum bleibt Ihr nicht noch eine Weile, Anders?“
 

Selbst, wenn Anders gewollt hätte, hätte er darauf gar nicht antworten können. Denn schon im nächsten Moment überwand der Templer den Abstand zwischen ihnen und küsste ihn. Seine Hände hielten die Arme des Abtrünnigen gegen die Wand gedrückt, so, als wollte er ihn von einer Flucht abhalten. Doch daran dachte Anders gerade nicht. Streng genommen dachte er an gar nichts mehr, außer an den warmen Körper, der sich leicht gegen seinen drückte und den weichen Lippen, die seine noch immer in Besitz nahmen.
 

„Werdet Ihr bleiben?“, fragte Hawke leise nach, nachdem er sich nur wenige Millimeter von dem Älteren gelöst hatte. Sobald Anders nickte, küsste Hawke ihn erneut und zog ihn anschließend mit sich eine Treppe hoch in ein Zimmer. Der Magier achtete nicht wirklich auf seine Umgebung, folgte dem Jüngeren einfach nur und wurde im nächsten Moment auch schon auf ein Bett geschubst. Und verdammt, war das weich!
 

„Hawke?“
 

„Wartet kurz... Ich bin sofort wieder da!“, gab der Jüngere nur zu verstehen, beugte sich kurz zu dem Heiler hinunter, um ihn erneut zu küssen und verschwand dann aus dem Zimmer. Anders hingegen dachte an gar nichts mehr, schloss einfach nur die Augen und genoss das Gefühl, nach so langer Zeit wieder in einem Bett zu liegen. Er wusste nicht, wo das noch hinführte, spürte nur die angenehme Müdigkeit, die langsam von ihm Besitz ergriff, während er auf dem Bett lag und wartete.
 

Als Hawke schließlich wieder zurück kam, fand er nur noch einen schlafenden Heiler vor, welcher sich auf die Seite gedreht hatte und völlig friedlich aussah. Einen Arm hatte er angewinkelt und benutzte ihn als Kopfkissen, während der andere einfach nur neben seinem Gesicht lag, die Hand zu einer kleinen Faust geballt.
 

Er bekam nicht einmal mit, wie Hawke leise lachte und ihn zudeckte. Zu tief war er schon im Schlaf versunken und zum ersten Mal seit langer Zeit war es auch ein völlig ruhiger Schlaf, in den er da gesunken war.

Alles, was Anders wahrnahm, war eine angenehme Wärme. Sie schien sich in seinem ganzen Körper auszubreiten und er war nur zu gerne versucht, sich ihr völlig hinzugeben. Aber ein seltsames Ziehen in seiner Brust ließ es nicht zu und schon bald veränderte sich das Ziehen und wurde zu einer Schwere, die ihm den Atem raubte. Der Druck auf seiner Brust wurde immer größer und ließ ihn schmerzhaft aufstöhnen.
 

Verzweifelt wollte er versuchen diesen Druck los zu werden, aber er konnte seine Arme nicht bewegen und mit seinen Beinen alleine konnte er nicht wirklich viel ausrichten. Gerade als er dachte, dass er ersticken müsste, verschob sich der Druck etwas und ließ sogar ein wenig nach, so dass er zumindest wieder nach Luft schnappen konnte. Doch schon im nächsten Moment bereute er diese Handlung, als ihm schwerer und heißer Atem ins Gesicht schlug.
 

Wenn man erst einmal in der Kanalisation lebte konnte einen nicht wirklich viel schocken aber dieser Atem... Angewidert wandte Anders den Kopf zur Seite und verzog das Gesicht, doch der heiße Atem schlug ihm noch immer ins Gesicht. Als er dann auch noch etwas Nasses auf seiner Wange spürte, schlug er entsetzt die Augen auf und richtete sich ruckartig auf.
 

Das Gewicht verschwand augenblicklich und sobald sich der Heiler erst einmal an die Dunkelheit um ihn herum gewöhnt hatte, sah er auch was dieses Gewicht da verursacht hatte. Der Mabari war durch seine Aktion scheinbar von seinem Oberkörper gerutscht und saß nun zu seinen Füßen auf dem Bett, die wachsamen Augen neugierig auf ihn gerichtet.
 

Ein leises Wuffen war zu hören, doch mehr machte der Mabari für's Erste nicht. Erst als Anders begann sich ein wenig in dem Zimmer umzusehen kam dieser wieder näher und erneut war ein leises Wuffen von dem Tier zu hören. Wieder schlug dem Blonden der heiße Atem ins Gesicht und wieder verzog er leicht angewidert das Gesicht. Was auch immer dies Vieh zu fressen bekam... es sollte sofort damit aufhören!
 

„Wo ist dein Herrchen? Los! Such dein Herrchen!“, wisperte der Heiler leise und sofort wandte sich der Mabari von ihm ab und sprang aus dem Bett um aus dem Zimmer zu laufen. Sofort sprang auch Anders aus dem Bett und verhedderte sich dabei sogar noch in die Decke, die Hawke zuvor über ihn gelegt hatte. Hawke... Bei dem Gedanken an den Templer und daran, was fast passiert wäre, schoss Anders die Röte ins Gesicht. Er musste hier raus und zwar sofort. Jede Minute bedeutete einfach nur noch Gefahr für ihn.
 

Leise fluchend löste er sich aus der Decke und zumindest trug er noch seine ganzen Sachen, selbst seine Stiefel hatte er noch an. So wie es aussah hatte der Jüngere seine Situation also nicht ausgenutzt, das konnte er ihm also schon einmal zu Gute halten. Trotzdem war das kein Grund für ihn, hier noch länger zu verweilen.
 

Vorsichtig schlich er sich aus dem Zimmer und versuchte sich zu orientieren. Er musste nur die Tür zum Keller finden und schon würde er wieder in seiner Klinik sein. Wo der Mabari und Hawke waren wollte er gar nicht wissen. Am Ende würde ihn der Templer nur aufhalten und das konnte er nicht riskieren.
 

So leise wie möglich schlich er die Treppe runter, bog um eine Ecke und atmete erleichtert aus, als er einen bekannten Raum entdeckte. Sofort öffnete er die Türe zum Keller und schloss sie sorgfältig wieder hinter sich. Für einen Moment stand er da und lauschte, doch das Anwesen blieb still. Wo auch immer Hawke war, er war nicht in der Nähe.
 

Langsam entfernte sich der Heiler von der Tür und nun wo er sich sicher war, dass er alleine und der Templer nicht in der Nähe war, ließ er eine kleine, magische Kugel in seiner Hand erscheinen. Wie spät es war konnte er nicht genau sagen, aber sicherlich dauerte es nicht lange bis zum Sonnenaufgang. Und bis dahin sollte er in seiner Klinik sein, denn sicherlich gab es schon jetzt den ein oder anderen Patienten.
 

Wie selbstverständlich griff er zur Türklinke, welche die Tür zu den Gängen öffnete, doch als sie unter dem Druck zwar nachgab, die Tür aber nicht öffnete, rutschte ihm das Herz in die Hose. Abgeschlossen... Hawke hatte die Türe wirklich abgeschlossen!
 

„Scheiße!“
 

Achte auf deine Worte!
 

Na großartig, jetzt hielt ihm Justice auch noch einen Vortrag darüber, dass er geflucht hatte. Wo war der Geist eigentlich gewesen, als Hawke ihn mit in das Anwesen und anschließend auch noch ins Bett befördert hatte?
 

Das... Ich war... verwirrt...
 

Anders seufzte leise und ließ das Thema einfach auf sich beruhen. Er wusste ja schon lange, dass Justice so etwas nicht verstand, auch wenn er es versuchte. Dass er etwas derartiges nun auch noch fast am eigenen Leib erfuhr musste ihn also zwangsläufig verwirrt haben. Aber das half ihm in seiner jetzigen Situation auch nicht weiter. Er konnte die Türe ja schlecht aufsprengen.
 

Ratlos ging er wieder zurück zur Türe, die ins Anwesen führte und lauschte erneut; auch jetzt war nichts zu hören und das Anwesen lag noch immer in völliger Stille. Eigentlich blieb ihm damit ja nur noch die Flucht durch die Haustüre. Ob die Tür dort wohl auch abgeschlossen war? Wenn ja, was sollte er dann machen? Zurück ins Bett gehen und warten, bis der Morgen anbrach? Nein, das war wirklich keine Option.
 

Nun deutlich unruhiger geworden öffnete der Heiler die Türe wieder und schlüpfte erneut in den Raum, den er für sich als kleine Privat-Bibliothek abstempelte. Doch gerade als er die Tür hinter sich schloss ertönte ein lautes Bellen und erneut fluchte er leise. Warum bellte der Mabari denn jetzt? Ob er ihn vielleicht betäuben sollte?
 

„Anders! Was macht Ihr hier unten?“ Okay, betäuben kam nicht mehr in Frage, denn dann müsste er auch Hawke betäuben und das würde sicherlich dazu führen, dass dieser auf seine Begabung aufmerksam wurde. Darum schloss er auch nur für einen Moment die Augen und wandte dann den Kopf um zu dem Templer zu sehen. Er hielt eine Kerze in der Hand und sah ziemlich verschlafen aus, während der Mabari an seiner Seite freudig mit dem Schwanz wedelte. Anders hätte ihn im Schlafzimmer einsperren sollen!
 

„Ich... muss zurück in die Klinik. Meine Patienten warten sicher schon auf mich“, gab er leise zurück und blieb stehen während der Jüngere nun langsam näher kam und schließlich vor ihm stehen blieb. Sofort flammten die Erinnerungen in ihm auf und er konnte erneut spüren, wie ihm der Atem stockte.
 

Lyrium... Ich kann es singen hören. In ihm
 

Lyrium, natürlich! Hawke war ein Templer und als solcher nahm er natürlich auch Lyrium zu sich und versuchte so, seine Fähigkeiten zu stärken. Zumindest wurde das behauptet, aber Anders glaubte eher, dass es dazu diente die Templer abhängig zu machen. Aber es würde zumindest erklären, warum sowohl er wie auch der Geist sich noch vor wenigen Stunden so machtlos gefühlt hatten. Sie beide reagierten auf das Lyrium und Justice sogar noch um einiges mehr wie er selbst.
 

„Die Klinik, genau. Entschuldigt, daran hatte ich nicht mehr gedacht. Lasst uns am Besten sofort losgehen“, erwiderte der Templer schließlich und lächelte ein wenig verlegen. Für einen Moment dachte Anders, dass dieser ihn erneut gegen die Wand drücken würde oder auch gegen die Türe, doch stattdessen griff der Jüngere an ihm vorbei zur Türklinke. Trotzdem war der Templer viel zu nahe.
 

„Hawke-“
 

„Es tut mir Leid. Wegen dem, was vor ein paar Stunden passiert ist. Ich hab wohl doch ein wenig zuviel getrunken“, unterbrach ihn Hawke sofort und schüttelte den Kopf. Auch wenn er sich entschuldigte, so sah er nicht so aus, als würde er es wirklich ernst meinen. Der Umstand, dass Hawke noch eine Weile vor ihm stand und ihn leicht anlächelte, unterstützte diese Vermutung sogar nur noch.
 

„Was genau? Dass ich eingeschlafen bin oder dass Ihr leider nicht dazu in der Lage wart, mich zu entkleiden?“ Noch während er fragte begann der Templer vor ihm zu grinsen, trat dann aber wieder ein wenig zurück, damit auch Anders nun wieder von der Tür verschwinden konnte.
 

„Wer sagt denn, dass ich es nicht versucht habe? Aber ich bin ja allein schon beim Anblick der Stiefel verzweifelt!“
 

„Oh, verzeiht. Beim nächsten Mal werde ich barfuß durch die Kanalisation wandern. Oder habt Ihr vielleicht auch noch ein Problem mit meinem Mantel gehabt? Soll ich vielleicht demnächst einfach nackt zu Euch kommen?“ Nicht, dass Anders etwas derartiges wirklich vor hatte aber er wollte wissen, wie der Jüngere darauf reagierte. Und zumindest für einen Moment schien er überrumpelt zu sein.
 

„Hmm, ein verlockendes Angebot. Aber ich denke, dass ich darauf verzichte. Es würde doch die ganze Spannung nehmen, solltet Ihr mir sofort zeigen, was mich erwartet.“ Nun war sich Anders wirklich zu hundert Prozent sicher, dass es dem Templer kein Stück leid tat, was er getan hatte. Aber er wollte auch nicht weiter darauf eingehen, weswegen er sich nun umdrehte und erneut durch die Tür schritt. Er musste hier raus. Und zwar so schnell wie möglich.
 

Aber Hawke sagte auch nichts mehr und folgte ihm einfach nur zur abgeschlossenen Tür, welche den Weg in die Gänge freigab. Den Schlüssel dazu fischte er aus einer Vase, die in der Nähe stand und der Heiler machte sich eine mentale Notiz dazu. Sollte er noch einmal hier landen, hatte er wenigstens das wissen um die Türe aufzusperren. Blieb nur zu hoffen, dass es kein nächstes Mal geben würde.
 

Darum folgte er dem Templer nun schweigend den Gang entlang, dessen Mabari freudig neben diesem herlaufend. Was fand man denn bitte schön an diesem Tier? Azad sah ihn nie so elendig unterwürfig an, das war einfach unter der Würde eines so edlen Tieres. Was man von dem Mabari wohl nicht gerade sagen konnte, so wie dieser nun um Hawke herumtänzelte. Ein wenig erinnerte es ihn an frühere Zeiten, als er noch Ser Naseweiß bei sich gehabt hatte und der Held von Ferelden von seinem Mabari begleitet worden war.
 

„Anders?“
 

„Hmm?“
 

„Es tut mir wirklich Leid. Nicht unbedingt was ich getan habe, sondern wie. Ich hätte Euch nicht so überrumpeln dürfen“, meinte der Jüngere und diesmal schien er es wirklich ernst zu meinen. Trotzdem machte es die ganze Angelegenheit nicht besser. Wäre die Situation eine andere, dann würde er sich auch ohne groß nachzudenken auf ihn einlassen aber so?
 

„Es ist passiert“, meinte Anders nur und da der Templer stehen geblieben war, ging er an ihm vorbei weiter durch den Untergrund. Er erwartete nicht, dass hier wieder Banditen waren und selbst wenn, so war er ja nun nicht völlig hilflos. Er musste nur dafür sorgen, dass Hawke nichts bemerkte. Oder ihn und seinen Mabari alles machen lassen.
 

Den restlichen Weg legten sie beiden jedoch völlig schweigend zurück. Hawke hatte sich in nächsten Moment wieder an die Spitze gesetzt und als sie schließlich vor der Tür angekommen waren, die geradewegs zum Eingang seiner Klinik führte blieb er stehen und sah den Heiler nachdenklich an. Aber Anders wollte einfach nur noch zurück in die Klinik und am Liebsten alles einfach nur vergessen. Nur Hawke war wohl anderer Ansicht.
 

Bevor der Abtrünnige die Tür zur Dunkelstadt öffnen konnte griff der Jüngere nach seinem Handgelenk und hielt ihn fest. Er selbst konnte das Lyrium vielleicht nicht singen hören doch nun da er wusste, dass dieses ihn auch gestern schon verwirrt hatte, nahm er es viel bewusster wahr. Auch der Geist in ihm wurde wieder unruhig und schien sich dem verheißungsvollen Singen des Lyriums nähern wollen. Ein Umstand, den Anders sofort zu unterbinden versuchte.
 

„Passt auf Euch auf, Anders. Sollte etwas sein, so könnt Ihr jederzeit in mein Anwesen kommen. Ich werde die anderen noch heute über Euch unterrichten, so dass Ihr ohne große Fragen auf mich warten könnt, wenn ich nicht anwesend bin.“
 

Der Heiler wusste, dass Hawke es nur gut meinte aber wie sollte er ihm klar machen, dass er selbst eine Gefahr für ihn darstellte? Er schien ihn nicht als das zu erkennen, was er war und wenn Anders recht überlegte, dann wunderte es ihn nicht wirklich. Sein Stab glich dank der Klinke am Ende mehr einem Speer und auch trug er nicht die typischen Roben eines Magiers. Und doch brauchte es nur eine unbedeutende Geste oder ein unbedachtes Wort um ihn in die Galgenburg zu bringen.
 

„Das ist keine sehr gute Idee... Aber ich weiß Eurer Angebot zu schätzen, Hawke. Vielen Dank. Wenn Ihr mich jetzt entschuldigt.“ Bevor der Templer noch etwas sagen konnte löste sich Anders von ihm und trat dann nach draußen in die Dunkelstadt.
 

Schon jetzt standen einige Patienten vor der Klinik und warteten auf ihn. Als sie ihn sahen schienen sie sichtlich erleichtert und Anders nutzte die Chance unter ihren Fragen und Bitten unterzutauchen. Er wagte sich nicht zurück zu sehen. Zurück zum Templer, der sicher noch immer in der Tür stand und ihm nachsah.
 

Noch immer rebellierte der Geist in ihm und wollte zurück zu der Quelle des Gesangs aber der Heiler ignorierte es und betrat die Klinik um sich um die Patienten zu kümmern. Kurz sah er schließlich doch zurück zur Tür, die wieder in den Untergrund führte aber Hawke war nicht mehr zu sehen. Auch Justice kam langsam wieder zur Ruhe und schien sich in ihm zurückzuziehen und nachzudenken. Anders konnte es ihm nicht verübeln; das Alles musste den Geist verwirrt haben.
 

Recht bald fand der Heiler zu seiner Ruhe und Routine zurück, die Gedanken nur noch auf die Patienten gerichtet um nicht über den Templer aus der Oberstadt nachdenken zu müssen. Auch der Geist in ihm war langsam wieder zur Ruhe gekommen und unterstützte ihn bei seiner Aufgabe, die Patienten zu heilen. Als einer der elfischen Frauen ihm ein Silbermünze in die Hand drückte, lächelte er sogar, während er den Kopf schüttelte und ihr die Münze zurückgab.
 

„Behaltet es. Ich bin hier um zu helfen und nicht dazu, Euch auch noch um das letzte Hemd zu bringen.“ Der Heiler lächelte die Elfin noch einmal an, ehe er sich dem nächsten Patienten zu wandte und sich das Leiden beschreiben ließ.
 

Als die Nacht schließlich hereinbrach und der letzte Patient mit einer Salbe verschwunden war, ließ sich der blonde Magier auf seiner Liege nieder und stützte das Gesicht in den Händen. Sofort bereute er diese Geste, denn mit der Dunkelheit kehrten auch die Bilder der letzten Nacht zurück. Er hätte niemals mit dem Templer zum Gehängten Mann gehen sollen. Niemals.
 

Mit einem leisen Seufzen stand Anders wieder auf und begann damit die Kerzen in der Klinik zu entzünden. Heute war ein recht angenehmer Tag gewesen und er fühlte sich auch nicht ganz so erschöpft wie die letzten Tage schon zu oft. Oder lag es vielleicht daran, dass er nach so langer Zeit einmal wieder in einem richtigen Bett geschlafen hatte?
 

Unwillig schüttelte der Abtrünnige den Kopf und verdrängte die aufkommenden Bilder einfach. Er wollte nicht mehr daran denken. Es war falsch gewesen und hätte ihn seine Freiheit kosten können. Vielleicht war Hawke auch nur ein Lockvogel oder ein Spion? Darauf angesetzt ihn bei einem Fehltritt zu erwischen?
 

Es... es fühlte sich nicht falsch an. Nur anders
 

Na klasse, jetzt mischte sich auch Justice wieder ein. Aber Anders sparte sich eine Antwort darauf, zumal er nicht einmal wusste, was er denn sagen sollte. Bevor er jedoch weiter nachdenken konnte flog die Tür zur Klinik auf und instinktiv griff er wieder zu seinem Stab. Bekam er etwa jetzt die Antwort auf seine Gedanken? Nein, dort stand nur eine Frau, die Augen sichtlich verweint und glänzend.
 

„Serah! Ich weiß, dass es spät ist aber... Bitte, Ihr müsst helfen! Er stirbt sonst!“ Die Stimme der Frau war hoch und ließ seine Ohren klingeln doch er entspannte sich wieder ein wenig und nickte leicht. Sofort trat die Frau zur Seite und ein Mann kam hinter ihr hervor. Auch seine Augen glänzten während seine Lippen einen schmalen Strich bildeten. Auf den Armen trug er ein Kind und selbst aus der Entfernung in im spärlichen Kerzenschein konnte der Heiler sehen, dass etwas nicht stimmte.
 

„Legt Ihn auf den Tisch!“, befahl Anders und sofort legte der Mann das Kind auf den Tisch. Äußerlich wies er keinerlei Verletzungen auf doch egal was er auch versuchte, der Junge reagierte auf nichts. Prüfend legte er seine Hand auf dessen Hals um den Puls zu fühlen, legte die Stirn in Falten und sah dann zu der Frau und den Mann. „Wissen Sie, was passiert ist?“
 

„Nein. Er kam vorhin nach Hause und ist dann augenblicklich zusammen gebrochen. Er muss wieder in die verlassenen Rohre geklettert sein“, sagte der Mann leise, da die Frau scheinbar nicht dazu in der Lage war. Aber Anders hörte ihm auch nur halb zu und richtete seine Aufmerksamkeit wieder auf den Patienten auf dem Tisch. Sein Herzschlag war unregelmäßig und schien langsam immer schwächer zu werden.
 

Ohne nachzudenken wob er das feine Netz der Magie in seinen Händen und ließ sie durch den Körper des Jungen fließen um die Quelle des Bösen in ihm zu finden. Lange musste er nicht suchen und genau das bereitete ihm Angst. Er konnte das Gift im Körper des Jungen spüren und auch, wie es sich immer weiter ausbreitete.
 

Immer mehr Magie strömte nun aus aus seinen Händen in den Körper des Jungen um das Gift zu neutralisieren. Dabei spürte er die Unterstützung von Justice, welcher seine heilende Magie noch verstärkte und schon bald war der Körper des Jungen in blauen Licht gehüllt. Sobald auch das letzte Gift neutralisiert war, löste Anders langsam das magische Band zwischen ihnen.
 

„Ist er... habt Ihr...“
 

„Es wird ihm bald wieder besser gehen. Er muss sich in den Rohren vergiftet haben, aber das Gift-“
 

„Beim heiligen Arsch von Andraste!“
 

Entsetzt sah Anders auf, als er durch das leise Fluchen unterbrochen wurde. Die Tür der Klinik stand noch immer offen und erneut stand dort eine Person, welche ihn ungläubig ansah. Augenblicklich gefror den Heiler das Blut in den Adern und auch der Geist in ihm war ungewöhnlich ruhig.
 

„Hawke...“, wisperte der Abtrünnige leise und erst jetzt fiel ihm auf, dass die Magie noch immer durch seine Hände wirkte und sie leicht bläulich leuchten ließ. Warum musste ihm das passieren. Und warum jetzt?!

Nur mühsam wandte der Heiler den Blick von Hawke ab, welcher noch immer in der Tür stand und ihn entsetzt ansah. Er musste sich etwas einfallen lassen, aber nicht vor den Patienten. Hatte der Templer auch nur ein bisschen Anstand, dann würde er ebenfalls so lange warten, bis dass die Familie verschwunden war.
 

„Wie gesagt, der Junge wird wieder auf die Beine kommen. Ich habe das Gift vollständig neutralisiert und wenn er die nächsten Tage genügend Ruhe bekommt, sollte alles wieder in Ordnung sein. Aber er sollte sich künftig von den Rohren fernhalten“, erklärte Anders so ruhig wie möglich.
 

„Vielen Dank, Serah! Wir werden Ihnen das nie vergessen!“ Die Frau verbeugte sich dankbar vor ihm, während der Mann den Jungen wieder auf die Arme nahm. Auch er murmelte noch ein paar dankbare Worte, ehe er zusammen mit der Frau die Klinik verließ. Beide nickten dem Templer dabei zu, während dieser zur Seite getreten war um sie vorbei zu lassen.
 

Sobald die Familie verschwunden war, trat Hawke gänzlich in die Klinik ein und schloss die Türe hinter sich. Erneut trug er die Tunika, die er auch in der letzten Nacht schon getragen hatte, weswegen die Familie ihn wohl nicht als Templer erkannt hatte. Doch anders wie gestern, war die Luft nun spürbar kühler zwischen ihnen.
 

„Ein Magier... Ihr seid also ein Magier...“, sprach der Jüngere schließlich das Offensichtliche aus. Genau wie gestern trug er auch jetzt keine Waffe bei sich, was Anders aber nicht wirklich beruhigte. Er war schon oft genug vor Templern weggelaufen um zu wissen, dass diese keine Waffen brauchte um ihn zu fangen. Waffen machten es nur einfacher.
 

Er selbst wollte jedoch nicht darauf verzichten und griff direkt nach dem Stab und hielt ihn schützend vor sich. Auch der Geist in ihm meldete sich nun wieder und wollte sich an die Oberfläche kämpfen, den Templer unschädlich machen bevor dieser zur Gefahr wurde. Aber der Abtrünnige unterdrückte ihn wieder. Das Letzte, was er jetzt brauchte war, dass Hawke auch noch dahinter kam, dass er einen Geist in sich trug.
 

„Oh, wirklich? Gut, dass Ihr das ansprecht. Mir ist das noch gar nicht aufgefallen!“ Hawke war gut zwei Armlängen von ihm entfernt stehen geblieben und machte auch bisher keinerlei Anstalten, näher zu kommen. Auf die Bemerkung des Heilers hin verschränkte er lediglich die Arme und seufzte leise.
 

„Ihr hättet es mir sagen können, wisst Ihr?“
 

„Natürlich! Und dann hätten wir uns hingesetzt und Tee getrunken. Eine wunderbare Idee! Oh und anschließend hätten wir uns zusammen auf die Treppen der Kirche gesetzt und einen Schal gestrickt!“
 

„Ihr könnt stricken?“
 

„Ich. Was?!“
 

„Ich habe nie gelernt zu stricken. Könnt Ihr es mir beibringen?“
 

„Ich... ich denke nicht, dass wir darüber reden sollten, oder?“ Verwirrt ließ Anders den Stab ein wenig sinken und legte die Stirn dabei in Falten. Die Luft, die ihm eben noch so kalt vorgekommen war, erschien ihm nun eine Spur wärmer und bisher hatte Hawke keinerlei Anstalten gemacht, ihn auf irgendeine Art und Weise anzugreifen. Ein denkbar schlechtes Zeichen, waren Templer doch darauf geschult abtrünnige Magier einzufangen.
 

„Nehmt den Stab runter und wir können reden. Ich bin schließlich ebenfalls unbewaffnet und im Gegensatz zu mir könnt Ihr eure Magie auch ohne Waffe wirken. Ihr habt also trotz allem noch die Oberhand, sollte ich etwas versuchen“, gab der Templer ruhig zurück und auch wenn der Geist in ihm rebellierte, so ließ er den Stab zuerst sinken, ehe er ihn zur Seite legte.
 

„Jetzt wo Ihr wisst, was ich bin... Was habt Ihr vor? Wollt Ihr mich zur Galgenburg bringen? Mich zu einem Besänftigten machen? Oder lasst Ihr mich gleich lieber direkt exekutieren?“ Nichts davon war etwas, das er sich willenlos fügen würde, aber er wollte zumindest wissen, was dort auf ihn zukam.
 

„Warum sollte ich das tun?“ Hawke klang ehrlich verwirrt, doch im nächsten Moment lächelte er leicht und mit wenigen Schritten hatte er die Distanz zwischen ihnen fast völlig überwunden. Aus Reflex wich er vor dem Templer zurück, welcher aber nur wieder näher kam. Erneut versuchte der Heiler wieder Distanz zwischen sie zu bringen, spürte dann aber irgendwann eine Wand in seinem Rücken.
 

„Weil Ihr ein Templer seid, vielleicht?“ Mit der Wand im Rücken konnte er Hawke nicht mehr länger ausweichen, welcher die Situation mit einem Lächeln zur Kenntnis nahm.
 

„Und was war mit gestern? War ich da nicht auch schon ein Templer? Oder als Ihr in meinem Anwesen eingebrochen wart. War ich da nicht auch ein Templer?“ Natürlich war er zu dem Zeitpunkt auch schon ein Templer gewesen, aber man konnte diese Situationen nicht miteinander vergleichen.
 

„Da war es anders...“
 

„Warum?“
 

„Weil Ihr da nicht wusstet, was ich bin?“,gab Anders frustriert zurück und fragte sich ernsthaft, ob der Jüngere ihn gerade mit Absicht derartig in die Ecke drängte. Justice in ihm hatte aufgehört zu rebellieren, aber auch nur, weil Hawke ihn nun an den Schultern gegen die Wand drückte. Es war nichts Gefährliches in der Geste und doch konnte Anders die Anspannung in jeder Faser seines Körpers spüren während der Geist in ihm dem Gesang des Lyriums lauschte. Es war wirklich erschreckend, wie leicht der Geist in ihm zu bändigen war...
 

„Ändert dieses Wissen jetzt etwas daran, wer Ihr seid?“
 

„Ihr seid ein Templer!“
 

„Ein Templer in dessen Familie Magie schon immer stark präsent war! Mein Vater war ein Magier, genau wie auch meine Schwester. Und in der Familie meiner Mutter hat es schon immer magisches Blut gegeben.“
 

Anders konnte nicht glauben, dass er hier gerade wirklich eine derartige Diskussion mit dem Templer führte und er wusste auch nicht, was er sonst noch glauben sollte. Er stand in seiner Klinik mit dem Rücken zur Wand und einem Templer vor sich, welcher nicht versuchte ihn in einen Zirkel zu stecken. Es passte nicht zu dem, was er über Templer wusste und was er selbst erfahren durfte.
 

„Ich jage keine Magier, Anders... Ich mag sie nicht sonderlich, nachdem ein Blutmagier mir meine Eltern genommen hat, aber Ihr seid anders. Ihr habt mir geholfen und Ihr helft den Menschen hier. Und Ihr verlangt keine Gegenleistung.“
 

„Die Bewohner der Dunkel- und Unterstadt sind arm, Hawke. Sie brauchen ihr Geld dringender wie ich“, gab der Heiler nur zurück und wandte den Kopf zur Seite. Es war schwer sich zu konzentrieren, während Justice in ihm nun leise zu dem Gesang des Lyriums summte und Hawke ihn noch immer gegen die Wand drückte. Es war gefährlich und er wusste, dass er den Templer mit einer Druckwelle von sich stoßen sollte aber... er konnte nicht. Er fühlte sich wie gelähmt. „Was habt Ihr jetzt vor?“
 

„Ich werde Euch nicht verraten, falls Ihr das meint. Die Bewohner hier brauchen Euch. Ihr seid deren Heiler und demnach keine Gefahr, sondern wahrscheinlich für manch einen die letzte Rettung.“
 

Die Antwort überraschte Anders dann doch, genauso wie die Tatsache, dass der Templer ihn los ließ und einen Schritt zurück trat. Augenblick verstummte Justice in ihm wieder und Unbehagen machte sich dafür in ihm und damit auch in Anders breit. Das konnte so nicht richtig sein. Es musste ein Trick sein. Ein Trick, der ihn in Sicherheit wiegen sollte, damit er in seiner Wachsamkeit nachließ.
 

„Ich vertraue Euch nicht, Hawke. Ihr wisst nun, was ich bin und Ihr seid noch immer ein Templer. Also Templer ist es Eure Pflicht, jeden Abtrünnigen in einen Zirkel zu bringen und so die nicht-magische Bevölkerung zu schützen!“
 

„Wollt Ihr unbedingt in einen Zirkel, Anders?“
 

„Lieber sterbe ich“, wisperte der Heiler und schüttelte den Kopf. Es war eine so unwirkliche Situation, dass er nicht genau wusste, was er tun oder sagen sollte. Streng genommen war das der Moment, in dem er flüchten und alles hinter sich lassen musste aber in seiner Fantasie war dieser Moment auch gänzlich anders verlaufen. Dort hatte er sich immer gegen einen Templer zur Wehr setzen müssen und wurde von diesem nicht einfach nur angesehen.
 

„Seht Ihr?Und das werden wir beide ja nicht wirklich wollen“, gab der Templer schließlich zurück. Für einen Moment hob er die Hand als wollte er den Heiler erneut berühren, ließ die Hand dann aber wieder sinken und stieß ein leises Seufzen aus. „Passt auf Euch auf, Anders.“
 

Fassungslos sah der Abtrünnige zu, wie Hawke sich umdrehte und die Klinik ohne ein Wort verließ. Sofort überkam ihn der Drang dem Jüngere hinterher zu laufen und ihn festzuhalten. Natürlich nur, damit dieser nicht geradewegs zum Kommandanten lief und ihm alles erzählte.
 

Was soll es bringen, sich selbst zu belügen?
 

Also gut, deswegen wollte er dem Templer nicht hinterher laufen, zumindest nicht nur. Aber was sollte er schon sagen und was sollte es bringen? Was sollte er jetzt tun? Die Flucht ergreifen und die Bewohner im Stich lassen? Sie verließen sich auf ihn und seine Fähigkeiten und wenn er erst einmal wieder auf der Flucht war, was sollte er dann tun? Wo sollte er hin? Oder sollte er hier bleibe und darauf warten, dass Hawke die Templer zu ihm brachte? Wie lange würde er warten?
 

„Was soll ich bloß tun?“ Anders' Stimme war nicht mehr wie ein leises Wispern und doch konnte man die Verzweiflung sehr gut heraus hören. Selten hatte er sich so machtlos und erschöpft gefühlt wie gerade. Er wollte nicht aus Kirkwall verschwinden, denn auch wenn dort die Gefahr am Größten war, so konnte er hier auch am Meisten ausrichten. Aber was konnte er schon ausrichten, wenn er eingesperrt, besänftigt oder gar tot war?
 

Eine Weile lief der Abtrünnige in der Klinik einfach nur auf und ab und wog alle möglichen Entscheidungen gegeneinander ab. Es musste etwas geben, was er tun konnte. Irgendetwas. Aber die Frage war nur was? Erst als Azad ein lautes Mauzen von sich gab, ließ er von seinen Gedanken ab und sah zum Kater. Sobald dieser sich der Aufmerksamkeit des Heilers sicher war, lief er auch schon an Anders vorbei aus der Klinik heraus.
 

„Azad! Du sollst doch nicht einfach-“ Mitten im Satz hielt der Heiler inne und schnappte sich seinen Stab. Er kannte seinen Kater genau und wusste daher, dass dieser nicht auf ihn hören würde, wenn er erst einmal in Fahrt war. Wahrscheinlich jagte dieser jetzt auch nur wieder ein paar Ratten aber er mochte es nicht, wenn Azad in der Dunkelheit durch die Dunkelstadt lief. Zu viele Bewohner mussten dafür in dieser Gegend hungern.
 

Aber als er die Türe der Klinik hinter sich gelassen hatte stutzte er dann doch. Azad war nicht weit gelaufen und stand nun vor der Türe, die zu den unterirdischen Gängen führte. Sobald Anders jedoch näher kam schob sich Azad durch den schmalen Spalt und zwang den Heiler dazu, ihm zu folgen.
 

Schon nach wenigen Momente war Anders voll und ganz bewusst was sein Kater da versuchte, weswegen er auf der Hälfte des Weges stehen blieb. Auch Azad blieb schließlich stehen und sah ihn wieder voller Erwartung an. Als Anders sich aber nicht rührte, miaute der Kater erst ehe er auf ihn zu rannte und an ihm hoch auf die Schulter sprang.
 

„Warum soll ich hierher, Azad?“ Mit einem Seufzend begann er seinen Kater hinter den Ohren zu kraulen und erntete dafür ein zufriedenes Schnurren. Er erwartete keine Antwort und stand einfach nur abwartend im Untergrund. Er konnte einfach wieder zurück gehen und warten, bis das Ende kam, falls es denn kam. Oder er ging weiter und- ja und was dann? Was wollte er dann machen?
 

Wir müssen ihn unschädlich machen, bevor er uns verraten kann. Und zwar schnell!
 

Warum der plötzliche Sinneswandel? Vor nicht allzu langer Zeit wolltest du ihm noch viel näher sein...
 

...Es ist das Lyrium...
 

Wenn Justice mit ihm sprach hatte er keine richtige Stimme sondern nutzte seine Gedanken dafür. Das machte es dem Heiler auch oft schwer, auseinander zu halten, wem die Gedanken nun gehörten. Doch gerade war es mehr wie nur eindeutig und Anders konnte sogar spüren, wie der Geist in ihm sich beschämt zurückzog. Es musste ihm wirklich unangenehm sein, dass er sich so leicht ablenken ließ.
 

Und was sollen wir tun, wenn wir im Anwesen sind?
 

Diesmal schwieg der Geist in ihm wieder und auch Azad sah ihn einfach nur noch aus großen Augen an, darauf wartend, dass er eine Entscheidung traf. Schließlich seufzte er auch leise und ging den Gang weiter. Wahrscheinlich würde er sowieso nicht ins Anwesen kommen, da Hawke die Tür sicherlich abgeschlossen hatte. Denn seit dem Morgen hatte sich einiges verändert. Manchmal bereute er es wirklich, als Magier geboren worden zu sein.
 

Je näher er der Treppe zum Anwesen kam, um so stärker konnte er einen Kloß in seinem Hals spüren. Es war etwas anderes ob man nun zu einem Templer ging der einen für einen begabten Heiler hielt oder ob man sich als Feind entpuppte und sich nun die Höhle des Löwen wagte. Trotzdem setzte er einen Fuß vor den anderen und lauschte dabei seinen eigenen Schritten, die an den Wänden widerhallten. Als er schließlich die Treppe erreicht hatte, blieb er erneut zögernd stehen. Noch konnte er umdrehen und so tun, als wäre nichts passiert.
 

Doch stattdessen ging er langsam die Treppe hoch und legte eine Hand auf den Griff der Tür. Sein Herz schlug ihm bis zum Anschlag, während er sich alle möglichen Szenarien überlegte. Ein Szenario schlimmer wie das andere. Der Kloß in seinem Hals hatte bereits eine schmerzhafte Größe erreicht und schnürte ihm dabei fast die Kehle zu. Er konnte noch immer gehen und sich einfach auf seine Liege werfen.
 

Und dann? Warten, bis dass die Templer kommen und uns holen?
 

Und wenn er uns nicht verrät?
 

Er ist ein Templer!
 

Mit einer Familie voller Magiern!
 

Noch während Anders Zwiesprache mit dem Geist hielt wurde ihm bewusst, dass er eine ähnliche Diskussion heute schon mit Hawke geführt hatte. Da Gerechtigkeit ohnehin wieder schwieg und nur in seinem Unterbewusstsein grollte, nahm der Heiler schließlich seinen Mut zusammen und betätigte anschließend den Griff.
 

Wenige Sekunden darauf wurde die Türe von innen aufgezogen und er stolperte überrascht hinterher, während sich Azad an seinem Schulterschutz festkrallte um nicht von seiner Schulter zu rutschen. Anders hatte jedoch nicht so viel Glück und geriet durch das Stolpern ins Schwanken. Er versuchte Halt an der Türe zu finden, wurden dann aber auch schon aufgefangen und sofort stieß Justice in ihm ein Laut aus, der verdächtig nach einem wohligen Seufzen klang.
 

„Und ich dachte schon fast, Ihr würdet gar nicht mehr auftauchen“, meinte der Hausbesitzer amüsiert und Anders meinte sogar eine Spur von Erleichterung in dessen Stimme zu hören. Erst jetzt wurde ihm bewusst, dass der Templer ihn noch immer an den Armen festhielt um ihm Halt zu geben. Unfähig etwas zu sagen mit dem riesigen Kloß im Hals sah der Heiler schließlich auf und was er zuvor in der Stimme nur vermutet hatte, sah er in den Augen des Jüngeren nun bestätigt.
 

„Ihr... habt hier gewartet?“ Unwillig befreite sich der Heiler aus Hawkes Griff und sofort begann Justice in ihm zu protestieren. Aber er konnte sich nicht konzentrieren, wenn der Geist in ihm zu dem Gesang des Lyriums mit summte und ihn damit unbewusst ablenkte. Doch kurz darauf beruhigte sich Justice wieder und zog sich sichtlich verwirrt zurück.
 

„Ich hatte zugegebenermaßen eigentlich gedacht, dass Ihr mir direkt nachlaufen würdet aber daraus ist leider nichts geworden. Also habe ich einfach hier gewartet weil ich wusste, dass Ihr früher oder später auftauchen würdet. Wobei mir früher eindeutig lieber war wie später“, fügte der Templer hinzu und schloss die Tür zum Untergrund hinter Anders wieder. Im selben Moment sprang Azad von der Schulter des Heilers und verschwand durch die andere Türe ins Anwesen. Ohne seinen Kater fühlte er sich plötzlich ungewöhnlich nackt.
 

„Ich muss nach Azad sehen... Sonst frisst Euer Mabari meinen Kater noch mit Haut und Fell“; lenkte der Ältere schließlich vom eigentlichen Thema ab und wollte sich dabei gleichzeitig an Hawke vorbei schieben. Der Templer hatte jedoch scheinbar andere Pläne, denn zum zweiten Mal innerhalb eines Tages wurde er gegen eine Wand gedrückt.
 

„Shervin wird Euren Kater nicht fressen, Anders. Macht Euch darum keine Gedanken“, beschwichtigte der Jüngere ihn und löste eine Hand von Anders' Schulter, damit er nach dessen Stab greifen konnte. Sobald Hawke dabei jedoch seine Hand berührte zuckte der Heiler zusammen und auch Justice verstummte für einen Moment. Augenblicklich zog der Templer seine Hand zurück und sah ihn entschuldigend an.
 

„Ich sollte wirklich nach Azad sehen...“, versuchte Anders sich und die Situation zu retten, konnte aber nicht verhindern dass sein Herz regelrecht zu rasen begann. Es war etwas völlig anderes wenn Hawke seine nackte Haut berührte und für einen Moment dachte er ebenfalls den Gesang des Lyriums hören zu können. Auch wenn er diesen Umstand sicherlich dem Geist zu verdanken hatte.
 

Und dieser Gesang war schöner und schmerzhafter als alles, was er bisher in seinem Leben gehört hatte. Er versprach Liebe und Hass, Schmerz und Heilung, Leben und Tod. Alles zu gleich und berührte ihn tief in seiner Seele. Kein Wunder, dass Justice sich so sehr nach dem Gesang sehnte und auch Anders verspürte nun den Drang, es erneut hören zu dürfen. Nur dieses eine Mal noch.
 

Im nächsten Moment ließ Anders seinen Stab fallen und nutzte seine Hände stattdessen dafür, mit ihnen das Gesicht des Jüngeren festzuhalten und näher zu ziehen. Gespannt wartete er auf den Einsatz des Gesangs, den Justice bereits hören konnte und summte. Doch dieses Summen hatte nicht die gleiche Wirkung wie der klare Gesang selbst.
 

„So werdet Ihr Eure Katze jedenfalls nicht finden können, Anders“, bemerkte der Templer amüsiert, schien aber nicht wirklich abgeneigt zu sein. Stattdessen griff er nun nach den Händen des Heilers und presste sie über Anders Kopf gegen die Wand. Wieder wartete der Abtrünnige auf die süße Melodie, doch trotz des erneuten Hautkontakts blieb der Gesang aus.
 

Frustriert drückte er sich von der Wand ab, doch das führte nur dazu, dass er sich stärker an Hawke presste, welcher die Geste dankbar annahm. Erneut pinnte er den Heiler an die Wand, diesmal nutzte er jedoch seinen Körper dazu und als Hawke ihn schließlich küsste, seufzte Anders zufrieden. Er hörte die Melodie ebenfalls wieder und auch wenn sie wie aus weiter Ferne erklang, so war es doch mehr wie er zu hoffen gewagt hatte. Warum hatte er es beim letzten Mal nicht schon gehört?
 

„Und jetzt wird der strahlende Templer dafür sorgen, dass der böse Abtrünnige besänftigt wird~“, wisperte Hawke leise gegen die Lippen des Älteren, als er sich kurz von ihm gelöst hatte. Binnen eines Augenblicks verstummte die Melodie wieder und eisige Kälte breitete sich in Anders aus. Auch Justice hatte sich von der Melodie lösen können und begehrte nun in ihn auf. Die Hände, die seine Handgelenke festhielten und der Körper der ihn gegen die Wand presste wirkte nun wie ein Gefängnis auf ihn.
 

Unfähig etwas zu tun stand Anders einfach nur da und hatte auch Justice nichts entgegen zu bringen, als dieser sich in ihm hoch kämpfte. Binnen weniger Augenblicke erschienen blaue Linie des Nichts auf seiner Haut und auch seine Augen begannen in diesem Licht zu leuchten, während Anders zum stillen Beobachter wurde.
 

Du wirst diesem Magier nichts tun, Sterblicher!“, grollte Justice und ihre beiden Stimmen vermengten sich miteinander. Er konnte sehen wie sich die Augen des Templers vor Schreck weiteten, ehe Justice eine Druckwelle aussendete und Hawke damit zurück gegen die Wand schleuderte. In dem Moment, in dem der Jüngere stöhnte an der Wand herunter rutschte er kannte Anders den Fehler, den er und Justice begannen hatten.
 

Justice, nicht! Ein Spiel! Es war ein Spiel, verdammt!
 

Es war schwer gegen den Geist anzukämpfen, der seinen Körper nach dem Stab greifen ließ, doch schließlich tauschte er erneut die Rollen mit ihm und das Leuchten verschwand wieder. Augenblicklich kniete sich Anders neben den Templer, der erneut vor Schmerz aufstöhnte und begann damit, dessen Verletzung zu heilen. Viel war dem Erbauer sei Dank nicht passiert.
 

„Beim Atem des Erbauers... Was war das gerade?!“, stieß der Templer schließlich hervor und legen den Kopf zurück, wobei er Anders keinen Moment aus den Augen ließ. Scheinbar war er noch zu überrascht um eins und eins zusammen zu zählen.
 

„Das... war Justice. Er ist ein Geist der Gerechtigkeit. Er ist ein Teil von mir...“ Leugnen nützte jetzt sowieso nichts mehr.
 

„Großartig... Wirklich großartig! Nicht nur ein Magier, sondern auch gleich noch eine Abscheulichkeit! Habt Ihr mir sonst noch etwas zu sagen?!“

„Ich bin keine Abscheulichkeit! Justice ist kein Dämon, sondern ein guter Geist des Nichts“, widersprach Anders und kämpfte erneut gegen den Geist in sich an. Hawke war ein Templer, ja, aber er war auch unbewaffnet und rieb sich lediglich den Hinterkopf. So stellte der Jüngere keine große Gefahr da.
 

„Oh ja, natürlich! Er sah auch wirklich nett aus und fliegen wollte ich sowieso immer gerne“, gab der Templer zurück und rieb sich noch immer den Kopf, auch wenn Anders ganz genau wusste, dass dieser gar keine Schmerzen mehr verspüren durfte. Aber er war gerade nicht unbedingt in der Position, dem Jüngeren nun auf die Füße zu treten. Für das Erste war er schon zufrieden damit, dass Hawke ihn nicht sofort packte und versuchte, zur Galgenburg zu schleppen.
 

„Justice... wollte mich nur beschützen.“
 

„Beschützen? Wovor? Einem Scherz? Kennen Dämonen keine Rollenspiele?“, murrte Hawke und ließ endlich von seinem Hinterkopf ab, um stattdessen zu Anders zu sehen. Etwas Unbestimmbares lag in dem Blick des Templers, doch Anders spürte nicht die übliche Angst, die ihn früher stets in der Nähe eines Templers ergriffen hatte. Lediglich Justice mahnte ihn zur Vorsicht, während er gleichzeitig nach dem Gesang des Lyriums suchte.
 

„Vor Templern und deren Methode uns Magier zum Schweigen zu bringen. Außerdem ist Justice kein Dämon!“
 

„Ach? Und warum meldet er sich dann erst jetzt zu Wort?“
 

„Weil Ihr vorher nicht wusstet, dass ich ein Magier bin und somit weniger eine Gefahr für mich dargestellt habt. Nachdem Ihr jedoch sagtet, dass Ihr mich besänftigen wollt...“, seufzte Anders und stand wieder auf, da er bis gerade noch neben Hawke auf dem Boden gehockt hatte. Halb rechnete er damit, dass der Jüngere ihn aufhalten würde, doch dieser blieb einfach sitzen und sah ihn weiterhin an.
 

„Was ist Justice genau? Und warum tragt Ihr ihn in Euch? Was unterscheidet ihn von einem Dämon?“
 

„Ein Dämon will einfach nur Besitz ergreifen und seinen eigenen Gelüsten nachgehen. Dämonen wollen das Nichts verlassen und das geht nur mit Hilfe eines Wirts. Ein Geist jedoch... Sie interessieren sich nicht für diese Welt oder ihre Bewohner“, seufzte der Magier und zuckte mit den Schultern. Es war viel komplexer, aber er hatte gerade nicht die Nerven dazu, es ausführlich zu erklären.
 

„Wenn sich Geister nicht für unsere Welt interessieren... Warum ist er dann hier? In Euch?“
 

„Es... es war ein Unfall. Er wurde aus dem Nichts gerissen und landete in einem toten Körper. Als er die Ungerechtigkeit gesehen hat, wollte er etwas dagegen tun. Ich habe ihm angeboten in mich zu fahren, damit wir gemeinsam etwas für die Magier tun können.“
 

„Und wie soll ich mir das vorstellen? Spricht er zu Euch? Steckt er in Eurem Kopf und sagt Euch, was Ihr zu tun und zu lassen habt?“
 

„Nein... Es ist komplizierter... Ich höre seine Gedanken wie meine eigenen und manchmal ist es schwer herauszufinden, ob es nun seine Gedanken oder aber meine eigenen sind. Auch kann ich spüren was er fühlt, aber auch da ist es manchmal schwer zu unterscheiden, ob es nun meine Gefühle sind oder seine“, erwiderte der Abtrünnige brav und rieb sich anschließend über die Stirn. Er wusste nicht, ob es wirklich klug war, dem Templer so viel zu erzählen aber... er wollte ihm vertrauen. Zu lange war er immer wieder geflohen und hatte keine Ruhe gefunden, hatte jedem misstraut und mit allem hinterm Berg gehalten. Für einen Moment wollte er noch einmal vertrauen können.
 

„Ich verstehe... kein einziges Wort“, gab Hawke schließlich ehrlich zu und seufzte seinerseits. Er sah Anders nicht mehr an, sondern starrte einfach nur nachdenklich in die Leere. Als Azad irgendwann wieder zusammen mit dem Mabari des Templers zurückkam, schien er aus seiner Starre zu erwachen. Doch auch jetzt sah er Anders nicht an. „Ihr solltet gehen...“
 

Die Worte waren nicht wirklich überraschend für den Abtrünnigen, er hatte es nicht anders erwartet. Trotzdem blieb er stehen und rührte sich nur in so weit, dass er den Kater auf seine Schulter hob. Als Hawke merkte, dass er sich nicht daran machte, seiner Aufforderung Folge zu leisten, sah er schließlich wieder zu dem Älteren auf.
 

„Ihr müsst mir-“
 

„Ich werde Euch nicht verraten, Anders... Aber Ihr seid nicht nur ein Magier, sondern tragt auch noch einen Dä... einen Geist in Euch. Wir stellen beide füreinander eine große Gefahr da und die sollte so gut wie möglich vermieden werden.“
 

Mehr musste der Abtrünnige nicht wissen. Auch wenn Justice sein Vertrauen in Frage stellte, so nickte Anders nur noch und drehte sich schweigend um, damit er wieder den Weg zurück in die Klinik einschlagen konnte. Als er jedoch gerade aus der Tür in den Gang schreiten wollte, hielt ihn Hawke an der Schulter zurück, aber er drehte sich trotzdem nicht um.
 

„Passt auf Euch auf, Anders“, sagte der Templer auch nur und ließ ihn anschließend wieder los. Weiter hielt er ihn auch nicht auf, so dass der Abtrünnige schweigend seinen Gang fortsetzte. Er wusste nicht genau, wie er sich fühlen sollte oder wie es jetzt weiterging. Zuviel war einfach in zu kurzer Zeit passiert und ausgerechnet ein Templer wusste nun über ihn Bescheid und das konnte von jetzt auf gleich seinen Untergang bedeuten.
 

Aber der kleine Funke an Hoffnung ließ nicht zu, dass er groß darüber nachdachte und sich sorgte. So stand er auch bald in seiner Klinik und begann damit, seinen Schulterschutz, sowie die Robe auszuziehen. Anschließend flogen noch die Stiefel in eine Ecke und er ließ sich auf seiner Liege nieder. Die Müdigkeit war schleichend gekommen und überraschte ihn nun mit aller Stärke. Und auch wenn die Liege nicht so weich war wie das Bett des Templers, fand er recht schnell den ersehnten Schlaf.
 

Als er schließlich wieder aufwachte, hatte der Heiler das Gefühl, als hätte er nicht auch nur eine Minute wirklich geschlafen. Dabei hatte er keine Albträume oder sonstiges gehabt und soweit, wie er das beurteilen konnte, hatte er sich nicht einmal bewegt. Trotzdem nagten die Ereignisse des letzten Tages noch immer an ihm. Selbst als er sich um seine täglichen Patienten kümmerte, sah er immer wieder zum Eingang, als wartete er darauf, jeden Moment eine Gruppe von Templern zu sehen.
 

Doch stets sah er nur neue Patienten und auch von den Bewohnern hörte er nichts mehr über Templer, die in die Dunkelstadt kamen. Vielleicht hatte ihn der kleine Funke an Hoffnung ja diesmal nicht enttäuscht? Vielleicht hatte er zum ersten Mal seit langer Zeit wirklich sein Glück gefunden?
 

Aber auch wenn er froh war, dass keiner der Templer bisher zu ihm gekommen war, so vermisste er trotzdem die Anwesenheit von Hawke. Es war töricht, gewiss, aber er war auch nur ein Mensch und wäre die Umstände andere... Aber es war sinnlos, darüber nachzudenken. Die Umstände waren nicht anders; er war ein Abtrünniger und eine Abscheulichkeit, während Hawke ein Templer war. Anders konnte sich schon glücklich schätzen, dass dieser ihn nicht verraten hatte.
 

Die Tage wurden langsam zu Monaten und als Anders beim Löschen der Lampen außerhalb seiner Klinik die ersten Schneeflocken auf seiner Hand spürte, seufzte er leise. Drei Monate waren nun schon vergangen, in denen er nichts von Hawke gehört oder gesehen hatte und in denen er dem Drang hatte widerstehen müssen, ihn nicht selbst aufzusuchen. Aber Hawke hatte selbst gesagt, dass er gehen sollte. Sicher wollte er ihn dann nicht plötzlich in seinen Anwesen stehen sehen.
 

Sobald die Lichter gelöscht waren, ging er wieder in die Klinik zurück und schloss die Türe sorgfältig hinter sich. Die nächsten Tage, Wochen und Monate würden sicherlich anstrengend werden, denn nur wenige Bewohner in der Dunkelstadt hatten die Möglichkeit, sich vor der Kälte zu schützen. Vielleicht sollte er in Erwägung ziehen, die Bewohner in der Klinik nächtigen zu lassen? Das würde zumindest die Kälte weniger verheerend wüten lassen.
 

Jemand ist hier...
 

Auch Anders hatte es in dem Moment bemerkt, in dem er in die Mitte des großen Raumes getreten war. Irgendetwas war anders und er konnte spüren, dass dort noch jemand war. Kurz warf er einen Blick zu Azad, welcher schon seit einer guten halben Stunden zusammen gerollt auf seinem Schreibtisch lag und vor sich hin döste. Normalerweise war sein Kater der Erste, der bemerkte, wenn etwas nicht stimmte.
 

Suchend sah er sich um, eine Kerze in der einen und seinen Stab in der anderen Hand. Seine Nerven waren bis zum Zerreißen gespannt, während er jede dunkle Ecke ausleuchtete und auf jedes noch so leise Geräusch achtete. Doch die Klinik war leer bis auf ihn und seinen Kater. Nun blieb nur noch der kleine Raum übrig, in dem er schlief. Sofort wurde dem Heiler mulmig und er murmelte leise Worte des Schutzes, bevor er die Tür auftrat.
 

Die Kerze in seiner Hand spendete nur wenig Licht, doch konnte er eindeutig Umrisse auf seiner Liege sehen und diese Umrisse erhoben sich sofort. Alles in Anders wappnete sich, während er den Stab schützend vor sich hielt. Sobald der Schein der Kerze jedoch auf den Schatten fiel, fiel auch die Anspannung von ihm ab.
 

„Ich wusste gar nicht, dass der Gang bis in Euer... Schlafzimmer führt“, bemerkte der Templer vor ihm und warf einen Blick über die Schulter, um in den dunklen Raum zu sehen. Das gab Anders die Möglichkeit, ihn flüchtig zu mustern. Hawke trug nicht seine Templerrüstung, sondern war erneut in die rot-gelben Tunika gekleidet. Aber er sah müde und blass aus. Als hätte er die letzten Nächte nicht besonders gut geschlafen.
 

„Ich wollte verhindern dass ich plötzlich mit einem Banditen, Plünderer, Mörder oder Templer neben mir aufwache. Falls ich dann noch aufwachen würde“, fügte Anders hinzu und ging an dem Jüngeren vorbei, so dass er sich auf seine Liege fallen lassen konnte. Hawke beobachtete ihn dabei, machte aber sonst keine Anstalten, ihm näher zu kommen. „Warum seid Ihr hier?“
 

„Es gefällt mir nicht, dass Ihr in der Dunkelstadt seid, Anders. Der Orden weiß, dass es in der Dunkelstadt einen Abtrünnigen gibt und es ist nur eine Frage der Zeit, bis Kommandantin Meredith beschließt, Euch suchen zu lassen“, erklärte Hawke langsam und blieb noch immer vor dem Heiler stehen. Dieser machte sich jetzt jedoch völlig unbeeindruckt daran, die Robe über seinen Kopf zu ziehen.
 

„Bisher habe ich keine Templer mehr gesehen. Ihr seid der erste Templer seit Monaten, Hawke. Und sollte doch jemand kommen, kann ich über den Gang dort unten zumindest für eine Weile abtauchen.“
 

Eine Weile herrschte Schweigen zwischen ihnen und Anders zog sich unbeirrt weiter aus. Bald gesellten sich seine Stiefel zur Robe und auch die Hose, die er stets unter der Robe trug, fand ihren Weg schlussendlich auf den Boden. Anders konnte die Augen des Templers auf sich spüren und musste leicht lächeln. Dieses Lächeln verschwand jedoch rasch, als der nächsten Worte hörte.
 

„Kommt mit mir, Anders. In der Oberstadt kann ich besser auf Euch Acht geben und niemand wird einen abtrünnigen Magier im Anwesen eines Templers vermuten! Dort kann ich dafür sorgen, dass Euch nichts geschieht, Anders“, bat der Jüngere und ließ sich auch nicht dadurch irritieren, dass der Heiler fast völlig nackt vor ihm auf einer Liege saß. Oder dass er ihn nun ansah, als wäre er ein Geist und geradewegs durch eine Wand gelaufen gekommen.
 

„Nein... Ich kann die Bewohner der Dunkelstadt nicht im Stich lassen und außerdem bringe ich Euch damit auch nur in Gefahr“, erwiderte Anders schließlich langsam und schnappte sich dafür ein langes Leinenhemd, um es sich über den Kopf zu ziehen. Er war doch nicht so wahnsinnig und quartierte sich in dem Anwesen eines Templers ein. Dort empfing er sicherlich auch noch andere Templer und was das mit sich brachte, konnte er sich ja schon denken. Aber Hawke gab nicht so schnell auf.
 

Sobald Anders das Hemd angezogen hatte, griff der Templer nach seinen Handgelenken und hielt ihn bestimmend daran fest. Sofort verstummte Justice in dem Heiler und schien wieder dem Gesang des Lyriums zu lauschen, doch gleichzeitig spürte Anders auch den Unmut des Geistes. Er formte eine stumme Frage in seinen Gedanken und erhielt schließlich auch die missmutige Antwort.
 

Es ist schwach... viel schwächer als sonst...
 

Es war seltsam, Justice derartig verstimmt zu erleben und doch konnte der Magier nicht anders, als überrascht in die Augen des Jüngeren zu sehen. Wenn der Gesang schwächer war wie sonst, konnte das nur heißen, dass der Hawke weniger Lyrium zu sich genommen hatte. Ob das vielleicht der Grund dafür war, dass er so fertig aussah?
 

„Anders, ich meine es ernst! Ihr müsst Eure Patienten nicht im Stich lassen, aber sobald Ihr gefasst werdet, seid Ihr überhaupt keine Hilfe mehr für diese. Ihr könnt die Gänge nutzen, um zur Klinik zu gelangen und sobald es dunkel wird, kommt Ihr durch diese wieder zurück“, erklärte Hawke auch schon und schien nicht mal zu merken, dass Anders ihn nun nachdenklich musterte und ihm nicht wirklich zuhörte.
 

„Warum? Warum wollt Ihr unbedingt darauf achten, dass mir nichts passiert?“ Nun, da Justice in ihm wieder seine Bedenken flüsterte, war es schwieriger für den Heiler, einen klaren Gedanken zu fassen. Trotzdem spürte er eine angenehme Wärme in sich aufsteigen, als Hawke seine Handgelenke losließ und die Hände stattdessen auf seine Wange legte.
 

„Weil Ihr mir wichtig seid, Anders! Und ich Euch nicht verlieren will... Ich hatte Zeit genug mir meine Gedanken zu machen und bin mit mir im Reinen.“
 

„Ich bin ein Magier, ein Abtrünniger und eine... Abscheulichkeit. Eure Familie ist durch die Hände meinesgleichen gestorben und wer sagt mir, dass Ihr nicht versucht, an mir Rache zu üben?“ Anders wollte vertrauen, wollte das Angebot annehmen und wollte auch die Möglichkeit auf einen trocknen Schlafplatz in Anspruch nehmen aber... Justice wisperte noch immer in seinen Gedanken und er musste zugeben, dass der Geist einfach Recht hatte. Hawke war ein Templer und somit sein Feind. Mit einer Geste konnte er ihn seines Manas berauben und mit einer weiteren seine Zauber blockieren. Blind zu vertrauen konnte viel mehr bedeuten als nur den Tod.
 

„Meine Schwester ist ebenfalls eine Magierin, Anders. Außerdem habe ich gesehen, wie Ihr Eure Magie benutzt. Ihr heilt und zerstört nicht damit. Ihr wollt keinen Nutzen daraus schlagen oder jemanden verletzen“, seufzte der Jüngere und behielt seine Hände noch immer auf den Wangen des Heilers. Anders konnte die Schwielen an ihnen spüren und die Hitze, die sie ausstrahlten. Es wäre so leicht, den Worten einfach zu glauben und sich in die Berührung zu lehnen...
 

„Und was ist mit Justice?“
 

Anders konnte sehen, wie Hawke bei der Erwähnung des Geistes kurz zusammenzuckte und ein Gesicht zog, als müsste er vergorene Milch trinken. Dann seufzte er jedoch und ließ seine Hände auf die Schultern des Heilers sinken.
 

„...Solange er mich nicht wieder wegen eines Scherzes gegen die Wand wirft... werde ich ihn erst einmal akzeptieren. Außerdem habe ich mit meiner Schwester gesprochen und sie will einen Weg suchen, Euch von ihm zu trennen. Ohne, dass einer dabei zu Schaden kommt“, fügte Hawke hinzu, als nun Anders das Gesicht verzog. Kurz horchte der Abtrünnige wieder in sich und erhielt auch bald, wenn auch recht widerwillig, die Zustimmung des Geistes.
 

„In Ordnung... Aber ich werde morgens früh zur Klinik gehen und erst am Abend, wenn der letzte Patient gegangen ist, zurückkommen.“
 

Hawke schien glücklich mit der Antwort zu sein, denn in dessen Mundwinkeln zuckte es leicht und er schien nur mit Mühe ein Lächeln zu unterdrücken. Eigentlich schade, denn Anders mochte das Lächeln des Templers, zumal es nur selten vorkam, dass ihn ein Templer anlächelte. Meistens taten sie weniger erfreuliche Dinge und nicht mal die Hälfte davon würde er jemals laut aussprechen wollen.
 

„Einverstanden... Und jetzt nehmt Eure Sachen, zieht Euch wieder um und lasst uns gehen. Ich habe den anderen schon Bescheid gesagt und sie sollten bereits alles vorbereitet haben.“
 

„Die Anderen?“
 

„Stimmt, Ihr habt sie bei Eurem letzten Besuch ja nicht gesehen. In dem Anwesen wohne ich nicht alleine. Unter anderem gibt es dort noch zwei Zwerge und zwei Elfen.“ Langsam begann Anders damit sich wieder umzuziehen und ein paar Sachen zusammen zu packen. Er wusste nicht genau, was ihn in dem Anwesen erwarten würde und packte so auch gleich noch ein paar Salben und Kräuter ein. Magie konnte zwar Wunder wirken, aber manchmal reichten auch die einfachsten Dinge.
 

„Ihr meint, Ihr habt Diener?“
 

„Nein... ja... Wie man es nimmt. Eine der Elfen denkt wahrscheinlich sogar noch immer, dass ich ihr Meister bin, obwohl ich sie bezahle. Die beiden Zwerge... Ich würde sie nicht als Diener bezeichnen. Sie wussten nicht genau, wo sie hin sollten, weswegen ich ihnen einen Platz im Anwesen angeboten habe. Und beim Elfen... Ihr solltet ihn niemals als Diener betiteln, wenn Euch etwas an Eurem Leben liegt“, schloss Hawke mit einem verlegenen Lachen und Anders kam nicht umhin, ihn skeptisch anzusehen. Langsam fragte er sich wirklich, ob es eine gute Idee gewesen war, Hawkes Angebot anzunehmen.
 

„Ich... verstehe...“, sagte der Heiler langsam und ging kurz an dem Templer vorbei, um Azad zu suchen. Der Kater lag noch immer auf dem Schreibtisch und schlief selig vor sich hin. Als Anders ihn so sanft wie möglich auf die Arme nahm, maunzte er leise, sah ihn kurz aus schläfrigen Augen an und kuschelte sich dann auf seinen Armen an seine Brust. Leises Schnurren drang an die Ohren des Magiers, als er den Kater ein wenig kraulte.
 

Sobald er wieder zurück in den kleinen Raum trat, stand Hawke bereits wartend vor der Falltüre, die Tasche des Heilers in der einen und dessen Stab in der anderen Hand. Da Anders ohnehin beide Hände dazu brauchte, den Kater festzuhalten, widersprach er auch nicht groß. Stattdessen ging er an ihm vorbei in den Keller, der zu den unterirdischen Gänge führte. Obwohl er wusste, wie töricht er war, freute er sich trotzdem darüber. Es war wie ein kleiner Lichtblick für ihn. Und vielleicht war er in dem Anwesen ja wirklich sicherer? Dort würde bestimmt kein Templer nach ihm suchen.
 

Sie legten den Weg zum Anwesen des Templers schweigend zurück, wobei Hawke recht bald die Führung übernommen hatte. Als Anders ein kleines Irrlicht beschworen hatte um den Weg zu leuchten, hatte der Templer kurz neugierig zu ihm gesehen, aber nichts gesagt. Ihm schien es wirklich nicht viel auszumachen, wenn er in seiner Gegenwart zauberte. Aber gut, wenn seine Vater und auch seine Schwester Magie wirken konnten, war er es wohl sowieso gewöhnt.
 

„Was ist, wenn Euch Templer besuchen kommen, während ich da bin? Soll ich mich dann im Keller verstecken und neben der Kiste hocken, bis sie wieder weg sind?“ Noch immer kraulte Anders seinen Kater und freute sich über das leise Schnurren, das dieser dabei von sich gab. Selbst Justice war ruhig und schien abzuwarten. Also konnte seine Entscheidung ja nicht so falsch sein, nicht wahr?
 

„Mich besuchen keine Templer, Anders. Dafür sorgen meine... Mitbewohner schon. Wobei, eigentlich nur einer, aber das reicht auch vollkommen“, lachte der Templer leise und folgte immer weiter dem Irrlicht, das vor ihnen die Gänge erhellte. Er kannte dieses Verhalten... Azad hatte seine Irrlichter auch immer gerne gejagt, wenn er wach gewesen war. Aber nun genoss der Kater lieber die Wärme des Heilers.
 

„Warum? Was ist mit ihm?“, fragte der Abtrünnige, der nun neugierig geworden war, nach und folgte Hawke die Treppe hoch, die zum Keller des Anwesen führte. Diese flog jedoch in dem Moment auf, in dem Hawke nach der Klinke griff, um diese zu öffnen. Da der Templer vor ihm stand konnte Anders nicht all zu viel von der anderen Person sehen. Lediglich ein paar weiße Strähnen ließen sich ausmachen.
 

„Hawke!“, knurrte dieser Jemand auch schon und von dem Abgesprochenen kam ein leises Seufzen. Mit einem schiefen Lächeln drehte sich der Templer ein wenig zur Seite und gab damit die Sicht für Anders frei. Die weißen Strähnen gehörten zu einem Elfen, der ihn nun aus grünen Augen finster ansah. Weiße Linie zog sich über dessen Kinn und Hals, selbst auf den Armen konnte er die Striche sehen. Wahrscheinlich war sein kompletter Körper mit ihnen überzogen, auch wenn die Rüstung nicht viel zeigte. Doch das Wenigste reichte völlig.
 

„Darf ich vorstellen? Hier ist der Grund dafür, dass mich keine Templer – oder sonst jemand – besuchen kommen: Fenris“, stellte Hawke schließlich mit seinem schiefen Lächeln auf den Lippen klar und während Azad den Elfen nun neugierig ansah, schien dieser eher versucht, den Abtrünnigen jetzt und sofort umzubringen. Wären Blicke dazu in der Lage, so wäre er jetzt sicherlich schon tot.

„Er ist ein Magier, Hawke! Ein verfluchter Magier!! Sobald Ihr ihm die Gelegenheit gebt, wird er Euch als sein nächstes Blutopfer wählen. Oder Euch als seinen willigen Sklaven an Eurer Seite halten“, knurrte der Elf und funkelte den Templer dabei wütend an. Es war nicht direkt wütend auf ihn, wohl aber auf den Mann, der jetzt selig im Bett des Templers schlief.
 

„Fenris, bitte. Mäßigt Euren Ton“, seufzte der Mensch schließlich und hob sein Glas mit dem Wein darin. Am Liebsten hätte Fenris es ihm in einer raschen Bewegung aus der Hand geschlagen und ihn dazu gezwungen, ihn ernst zu nehmen. Aber stattdessen atmete er tief durch und ballte lediglich seine Hände zu Fäusten.
 

„Ein Magier steht in der ständigen Versuchung, einen Pakt mit einem Dämon einzugehen. Und selbst wenn er genug Anstand hat, es nicht zu tun, so wird er sobald es ihm möglich ist, auf Blutmagie zurückgreifen“, versuchte es der Elf erneut, traf aber auch jetzt wieder auf taube Ohren. „Außerdem seid Ihr ein Templer, Hawke! Ihr solltet einen Abtrünnigen zum Zirkel bringen und nicht auch noch verstecken!“
 

„Anders wird keinen Pakt mit einem Dämon eingehen, dass kann ich Euch versichern, Fenris“, bemerkte der Templer schließlich und trank einen Schluck Wein, ehe er das Glas wieder abstellte und mit dem Daumen sanft über den Rand fuhr. Wie konnte dieser Kerl nur so ruhig sein, obwohl er eine Gefahr in seinem Bett schlafen ließ?
 

„Warum? Ist er etwa etwas Besonderes? Ist er so verdorben, dass nicht einmal ein Dämon von ihm Besitz ergreifen will?!“
 

„Nein... Er trägt bereits einen Geist in sich.“
 

„Er- Was?! Fastevas!“ Fluchend drehte sich der Elf um und die weißen Linien auf seiner Haut begann zu glühen, während er sich auf dem Weg zu dem Zimmer machen wollte, in dem der Magier schlief. Doch eine Hand an seiner Schulter hielt ihn zurück und er stieß erneut einen leisen Fluch auf Tevene aus, blieb jedoch stehen.
 

„Ihr werdet ihm nichts tun, Fenris. Anders ist nicht wie die Magister aus Tevinter. Er setzt seine Magie dazu ein, den Menschen zu helfen. Kennt Ihr die Klinik aus der Dunkelstadt? Sie wird von ihm geleitet und er verlangt nicht einmal eine Gegenleistung dafür“, sagte der Templer ruhig und sobald das Glühen nachließ, ließ er auch wieder von dem Krieger ab.
 

„Magie verdirbt alles, was sie anfasst, Hawke. Noch mag er vielleicht für die Bewohner Kirkwalls einstehen, aber schon bald wird sich seine dunkle Seite offenbaren“, wisperte Fenris und drehte sich langsam wieder um, damit er den Templer ansehen und beschwichtigen konnte. Aber dessen Miene blieb hart und der Elf wusste auch jetzt schon, dass es keinen Sinn hatte, weiter zu diskutieren.
 

„Wollt Ihr damit sagen, dass meine Schwester auch bald alles verderben wird, was sie anfasst?“ Fenris war nicht gefasst gewesen auf diese Frage und sofort ließ er betroffen den Kopf sinken. Seine weißen Haare verdeckten seine Augen und ließen Hawke keine Chance, zu sehen, was in ihm vorging.
 

„Nein... Bethany ist stark und sie hat die Gefahr von sich aus erkannt. Im Zirkel ist sie sicher und dadurch schützt sie auch die anderen...“, wisperte er leise und schüttelte den Kopf. Er kannte Hawkes Schwester und vertraute ihr, so weit es ihm möglich war. Anders jedoch... Abermals schüttelte er den Kopf und erneut fingen die Linien auf seiner Haut an zu glühen.
 

„Fenris... Ihr glüht schon wieder!“, seufzte der Templer leise und griff dabei nach der Weinflasche, die er dem Elfen reichte. Sofort griff Fenris danach und trank einen kräftigen Schluck. Wenigstens schmeckte es besser wie das ganze Zeug, dass es im Gehängten Mann so zu trinken gab. „Gebt ihm eine Chance, Fenris. Und macht es ihm bitte nicht allzu schwer.“
 

„Ihr verlangt viel, Hawke...“
 

„Nicht mehr als sonst auch“, bemerkte der Templer und schenkte dem grollenden Elfen ein Lächeln, ehe er sich selbst auf den Weg in das Zimmer machte, in dem der Abtrünnige schlief. Kurz darauf kam Hawke auch schon mit einer Decke aus diesem hervor und da sich Fenris nicht von der Stelle gerührt hatte, seufzte er leise, aber doch hörbar für diesen.
 

„Warum lasst Ihr es... ihn in Eurem Bett schlafen?“, fragte der Elf leise nach und folgte Hawke nun mit den Augen, während dieser die Decke auf ein Sofa schmiss, um es sich dort für die Nacht gemütlich zu machen.
 

„Sollte ich ihn denn bei Euch schlafen lassen?“, stellte Hawke amüsiert die Gegenfrage und sofort spürte Fenris eine leichte Röte auf seine Wangen kriechen. Der Templer bemerkte es schnell und begann frech zu grinsen, ehe er sich auf das Sofa setzte und ihn weiter ansah.
 

„Sicherlich nicht, sonst kann ich Euch versprechen, dass Euer kleiner Magier morgen kein Herz mehr hat“, knurrte Fenris. Oder zumindest versuchte er es, denn seine Stimme klang eher heiser und sofort verstärkte sich die Röte auf seinen Wangen nur noch mehr. „Ihr könntet in meinem Zimmer schlafen.“
 

„Und Ihr schlaft dann auf dem Sofa?“, fragte der Templer amüsiert nach und schien sichtlich seinen Spaß daran zu haben, den Elfen ein wenig zu ärgern. Bevor dieser sich jedoch noch weiter in seine kleine Misere ritt, winkte Hawke auch schon ab. „Macht Euch keine Gedanken um mich, Fenris. Dieser Zustand ist nicht von Dauer...“
 

„Ich gehe wahrscheinlich nicht recht in der Annahme, dass Ihr Anders bald zum Zirkel bringt?“
 

„Nein, das werde ich nicht. Und Ihr auch nicht“, fügte Hawke ernster hinzu und wartete darauf, dass der Elf seine Zustimmung gab. Sobald dieser widerwillig nickte, lächelte Hawke wieder und schlüpfte unter die Decke auf dem Sofa. „Anders wird sowieso nur die Nächte und vielleicht den Morgen hier verbringen. Es sollte also leicht sein, einander aus dem Weg zu gehen.“
 

„Bese ma mortis...“, murrte Fenris leise und erntete dafür ein leises Lachen von dem Templer. Da es nichts mehr zu sagen gab, wandte sich der Elf schließlich um und ließ Hawke alleine, während er selbst zu dem ihn zugeteilten Zimmer ging. An Schlaf war nicht wirklich zu denken, denn er wollte nicht Gefahr laufen, im Schlaf von einer elendigen Abscheulichkeit ermordet zu werden.
 

~*~
 

„Was habt Ihr jetzt schon wieder?“ Sichtlich genervt schloss der Magier die Augen und atmete tief durch, ein Messer in der einen und ein Brötchen in der anderen Hand haltend. Nur zu gerne hätte Fenris ihm die potenzielle Waffe aus der Hand geschlagen, aber Hawke warf ihm schon jetzt einen warnenden Blick von der Seite her zu.
 

„Ich warte darauf, dass Ihr einen Fehler begeht und Euch selbst verratet, Magier!“, gab der Elf darum auch nur zurück und versuchte, so ruhig wie möglich zu bleiben. Seit einer Woche war die verdammte Abscheulichkeit nun schon hier und seit einer Woche musste er sich am Riemen reißen, damit er seine Hand nicht in dessen Brust versenkte und ihm das Herz entriss. Eine verdammte Woche, in der Hawke ihm stets mahnende Blicke zugeworfen hatte. Eine Woche, in der er nicht mehr vernünftig geschlafen hatte.
 

„Ach, und was denkt Ihr, würde ich jetzt tun? Mir die Hand mit dem stumpfen Messer aufschneiden? Nackt auf dem Tisch tanzen und die Dämonen anrufen? Oder dass ich Euch hier auf dem Tisch dem Erbauer opfere?“, fragte Anders nach und brachte Hawke dabei dazu, leise zu lachen. Sobald die beiden Streithähne jedoch zu ihm sahen, versuchte er vergeblich sein Lachen hinter einem Hustenanfall zu verbergen.
 

„Also, ich würde Euch gerne nackt auf dem Tisch tanzen sehen. Natürlich ohne das Dämonen anrufen oder Hand aufschneiden“, erwiderte der Templer schließlich und seufzte nur, als die beiden Streithähne ihn ungläubig ansahen. Darum verdrehte er auch die Augen und nickte stattdessen zu einer Ecke, in der sein Mabari seelenruhig mit dem Kater des Heilers kuschelte.. „Könnt ihr beide Euch nicht mal ein Beispiel an den beiden nehmen?“
 

Auch Fenris und Anders sahen nun zu den beiden Tieren, die ihren Frieden miteinander geschlossen hatten. Statt sich aber zu versöhnen, begann Fenris auf Tevene zu fluchen und Anders murmelte die entsprechenden Antworten in seiner eigenen Muttersprache. Der Unterschied darin lag lediglich darin, dass Fenris kein Wort davon verstand.
 

„Vehendis!“, fluchte der Elf und brachte Anders damit zum Lachen. Augenblicklich begannen die Linien auf seiner Haut wieder zu glühen, doch da Hawke ihm recht bald eine Hand auf den Arm legte, beruhigte er sich auch rasch wieder. Wie immer sah der Magier ihn neugierig und fragend an, aber Fenris war nicht gewillt, dessen stumme Frage zu beantworten.
 

„Da das ja nun geklärt ist... Anders, könnt Ihr heute früher Schluss machen? Meine Schwester kommt heute zu Besuch und ich würde sie Euch gerne vorstellen“, unterbrach Hawke das Gefluche der beiden und erntete dafür zwei überraschte Blicke. Seine Schwester wusste bereits von Anders und hatte selbst den Wunsch geäußert, ihn einmal kennenlernen zu dürfen. Und wer war er denn, dass er seiner kleinen Schwester einen Wunsch ausschlug?
 

„Ich... kann es gerne versuchen, aber ich weiß nicht, wie viele Patienten heute da sein werden. Jetzt, wo es deutlich kälter wird, werden immer mehr Bewohner aus der Dunkelstadt krank. Die Meisten haben leider kein Dach über dem Kopf, um sich vor der Kälte zu schützen“, bemerkte Anders und entlockte Fenris dabei ein leises Schnauben. Bevor der Heiler jedoch darauf eingehen konnte, ging Hawke erneut dazwischen.
 

„Versucht es einfach, in Ordnung? Ansonsten muss ich Fenris bitten, Euch aus der Klinik zu ziehen“, fügte Hawke hinzu und grinste breit, als er die entsetzten Gesichter der beiden sah. Bevor die beiden jedoch etwas sagen konnten, sprang er schon von seinem Stuhl auf und beugte sich vor, um dem Magier ein Kuss zu geben, wohl wissend, dass Fenris ihn dafür wieder mit einem finsteren Blick strafen würde.
 

Dieser folgte auch sofort, als er sich von Anders löste, weswegen er sich auch rasch aus der Küche entfernte, um seine Rüstung anzuziehen und seinen Pflichten als Templer nachzukommen. Wobei ihm das langsam wie blanker Hohn vorkam, wo er doch die oberste Pflicht nicht nur vernachlässigte, sondern willentlich brach.
 

Auch Anders erhob sich nun von seinem Stuhl, während der Blick des Elfen auf ihm ruhte. Keiner der beiden wollte die Anwesenheit des anderen allzu lange genießen und so sagte erst einmal niemand auch nur ein Wort. Stattdessen räumte der Heiler schweigend den Tisch ab und Fenris fragte sich, wie so oft in den letzten Tagen, was Hawke an diesem fand und was bisher schon passiert war. Viel konnte es nicht sein, denn noch immer schlief einer der beiden auf dem Sofa, während der andere im Bett lag.
 

„Dämon...“
 

„Wie oft denn noch, Fenris? Justice ist kein Dämon. Er ist ein Geist, welchen ich willentlich in meinen Körper gelassen habe“, seufzte der Blonde und klang schon jetzt entnervt. „Er trachtete nicht danach, meinen Körper zu übernehmen oder jemandem zu schaden. Er will lediglich Gerechtigkeit in die Welt bringen.“
 

„Ach? Und was wäre das? Sollen alle Magier auf die Bewohner Kirkwalls losgelassen werden, nur damit sie ihre perversen Fantasien an ihnen ausleben können? Magier verderben alles, was sie anfassen und sie genießen es“, knurrte Fenris auch schon und wartete darauf, dass der Magier die Fassung verlor und ihm einen Grund gab, ihm eine zu verpassen.
 

„Nicht alle Magier sind böse, Fenris“, presste der Heiler jedoch nur hervor und verließ den Raum dann ebenfalls. Azad folgte ihm sofort und als der Elf eine Tür ins Schloss fallen hörte, wusste er, dass Anders in die Gänge verschwunden war, die ihn zu seiner Klinik brachten. Es wäre so einfach, ihm hinterher zu laufen und sein Herz aus der Brust zu reißen. Es wäre jedoch keinesfalls so einfach, Hawke die Abwesenheit seines kleinen Magiers zu erklären. Aber der Templer würde schon noch früh genug sehen, was für einen Fehler er gemacht hatte. Hoffentlich war es dann nicht schon zu spät.
 

Würde es nach dem Elfen gehen, würde er sofort zu Kommandantin Meredith gehen und ihr von dem Abtrünnigen erzählen. Aber es ging nicht nach ihm und außerdem würde es sicherlich auch nicht allzu gut für Hawke enden, da dieser dem Magier Unterschlupf gewährt hatte. Und das als Templer! Was war nur in ihn gefahren?! Manchmal wollte er Hawke einfach nur packen und ordentlich durchschütteln, damit er wach wurde und seinen Fehler erkannte.
 

„Serah Fenris... Ist alles in Ordnung mit Euch?“ Die sanfte Frage des Zwerges holte Fenris wieder aus seinen Gedanken und für einen Moment betrachtete er Bodahn nachdenklich. Nach einer Weile schüttelte er jedoch den Kopf und schenkte dem Zwerg ein seltenes Lächeln, welches sofort erwidert wurde.
 

„Ja, macht Euch keine Sorgen um mich, Bodahn. Ich... werde mich einfach eine Weile hinlegen. Die letzten Nächte waren nicht sehr... erholsam“, beruhigte er ihn und ging schon an ihm vorbei und hoch in sein Zimmer. Nun, da der lästige Magier nicht mehr im Anwesen war, konnte er sich endlich seiner wohl verdienten Ruhe hingeben. Zumindest so lange, bis ein Mabari in sein Zimmer gestürmt kam und sich auf ihn stürzte, um ihn abzulecken. Egal, wie intelligent diese Tiere auch waren... Sie waren noch immer Tiere.
 

„Pfui, aus! Runter von mir!“, motzte Fenris auch schon und versuchte, das Tier von sich zu schieben und von seinem Gesicht fernzuhalten. Wenn Shervin hier war, dann musste auch Hawke wieder zurück sein. Und das würde bedeuten, dass er länger geschlafen hatte, als er eigentlich gewollt hatte. Aber der nächtliche Schlafentzug machte sich langsam aber sicher eben bemerkbar. „Dämlicher Magier!“
 

Knurrend schaffte es der Elf, sich des Mabaris zu entledigen, welcher ihn nun auffordernd ansah und als sich Fenris nicht schnell genug bewegte, wollte Shervin ihn erneut anspringen. Sofort hielt der Elf die Hände schützend vor sein Gesicht und schwang sich aus dem Bett. Einen Vorteil hatte es zumindest, dass er in seiner Rüstung eingeschlafen war: er musste sich jetzt nicht noch extra anziehen. So fuhr er sich lediglich kurz mit der Hand durch die Haare und folgte dem Mabari aus dem Zimmer.
 

Sofort hörte er leises Lachen aus der Bibliothek, gefolgt von einem weiteren Lachen. Lauschend blieb der Elf stehen, lauschte den Stimmen und atmete erleichtert auf, als es nur bei zwei bekannten Stimmen blieb. Kurz darauf betrat er die Bibliothek und sah sich mit zwei neugierigen Augenpaaren konfrontiert.
 

„Bethany...“, bemerkte Fenris und sah Hawkes Schwester an, welche ihm ein sanftes Lächeln schenkte. Obwohl sie eine Magierin war, mochte er sie, nicht zuletzt, weil sie selbst die Gefahr in ihren Fähigkeiten sah und anerkannte. Nicht wie ein gewisser anderer Magier in diesem Haus... „Ich hoffe, es ist Euch gut ergangen?“
 

„Wie immer... Aber was ist mit Euch? Ihr seht aus, als hättet Ihr die letzten Nächte nicht gut geschlafen... Ist es erneuten wegen Euren... Tattoos?“ Der Elf konnte sehen, wie ihre Augen kurz zu den Linien an seinem Hals und seinen Armen huschten, ehe sie ihm wieder in die Augen sah. Aber er schüttelte nur den Kopf und setzte sich zu den Geschwistern an den Tisch. Sofort füllte Hawke ein Glas mit Wein für ihn, welches er dankbar entgegennahm.
 

„Ich glaube eher, dass es an meiner Anwesenheit liegt“, bemerkte eine Stimme hinter ihm und sofort schloss der Elf genervt die Augen. Er war wirklich übermüdet, wenn er nicht einmal bemerkt hatte, dass Anders ebenfalls zu ihnen gestoßen war. Innerhalb von Sekunden hatte Fenris sein Glas geleert. Was machte der Kerl jetzt schon hier?!
 

„Ihr seid bestimmt Anders, nicht wahr? Mein Bruder hat mir bereits viel von Euch erzählt“, kam es auch schon von Bethany, welche aufgestanden und zum Abtrünnigen gegangen war, welcher noch immer hinter dem Rücken des Elfen stand. Ein Umstand, der ihm die Nackenhaare zu Berge stehen ließ. Ein Glück für Anders, dass er wenig später in sein Blickfeld trat und sich ebenfalls an den Tisch setzte.
 

„Ich hoffe, nur Gutes“, lachte der Abtrünnige und lehnte das Glas Wein ab, dass Hawke ihm anbot. Wenn er recht überlegte, hatte er den Magier in der ganzen Zeit noch kein Alkohol trinken sehen. Ob er wohl schnell betrunken wurde und etwas Peinliches vermeiden wollte? Ach, was interessierte es ihn überhaupt?! Dämlicher Magier! Sollten ihn doch die Templer holen!
 

„Oh, Tristan spricht nur in den höchsten Tönen von Euch, Anders! Er hat auch erzählt, dass Ihr die Klinik in der Dunkelstadt leitet. Ich danke Euch dafür. Es gibt schon genug Leiden und Ihr könnt wenigstens ein wenig davon abwenden.“
 

Genervt verdrehte Fenris die Augen und spürte kurz darauf einen scharfen Schmerz an seinem Schienbein. Zuerst wollte er Hawke dafür einen finsteren Blick zuwerfen, doch dieser war zu beschäftigt damit, Shervin zu streicheln, als dass dieser ihn getreten haben könnte. Außerdem dauerte der Schmerz zu lange an.
 

Vorsichtig warf er einen Blick unter den Tisch und sah sich mit bernsteinfarbenen Augen konfrontiert. Mit einem kurzen Blick zu den anderen am Tisch vergewisserte er sich, dass diese ihm keine Beachtung schenkten, ehe er sein Bein ein wenig schüttelte. Doch der Kater krallte sich nur noch stärker in seine dünne Hose und sah ihn fast schon herausfordernd an. Dieses dämliche Mistvieh war ja fast noch nerviger als sein Besitzer!
 

„Fenris? Ist alles in Ordnung mit Euch?“ Die Stimme des Templers ließ ihn verwirrt innehalten. Doch nicht nur der Templer sah ihn nun fragend an. Auch Bethany und Anders blickten zu ihm hinüber und warteten darauf, dass er etwas sagte. Der stechende Schmerz an seinem Bein hielt noch immer an und am liebsten hätte er das Vieh einfach nur gepackt und von sich geschleudert.
 

„Eure Flohschleuder, Magier...“, knurrte er stattdessen und vermied es dabei gekonnt, Anders anzusehen. Dieser schien für einen Moment verwirrt, sah dann aber unter den Tisch und verschwand anschließend unter diesem.
 

„Azad! Lass los“, forderte der Magier auch schon und mit einem flüchtigen Blick nach unten konnte Fenris sehen, wie dieser die Hände um den Bauch des Tieres legte. Dass er Fenris dabei berührte, passte dem Krieger überhaupt nicht und für einen Moment glühten die Linien auf seiner Haut gefährlich. Anders schien es zu spüren, denn nun sahen gleich zwei Paar bernsteinfarbener Augen unter dem Tisch zu ihm auf.
 

„Verschwindet sofort und nehmt Eurer Vieh gleich mit“, presste der Elf hervor und schließlich ließ der Schmerz an seinem Bein nach. Der Kater hatte die Krallen zurückgezogen und ließ nun zu, dass Anders ihn auf die Arme nahm, bevor er unter dem Tisch hervor kam. Sofort ließ das Glühen der Linien des Elfs wieder nach und er stieß den Atem aus, von dem er nicht mal gewusst hatte, das er ihn angehalten hatte.
 

„Siehst du, Bethany? Und so geht das schon die ganze Woche über“, bemerkte Hawke, welcher sich nicht darum bemühte, sein Glas zu füllen. Stattdessen trank er nun direkt aus der Flasche, während seine Schwester still vor sich hinlächelte.

"Ist das der Grund?“ Obwohl sich der Heiler um eine ruhige Stimme bemühte, konnte Fenris allein an dessen Körpersprache sehen, dass dieser alles andere wie begeistert war. Mit seinem Flohzirkus auf dem Schoss sah er zu Hawke, welcher den Blick standhielt und nicht auch nur einmal mit der Wimper zuckte.
 

„Der Grund wofür?“, fragte der Templer stattdessen ruhig und lehnte sich ein wenig in seinem Stuhl zurück. Auch seine Stimme war ruhig, doch auch hier konnte Fenris problemlos erkennen, dass ihm die jetzige Situation nicht behagte. Ein Umstand, der bei Hawke relativ selten zu sehen war. Kurz sah Fenris zu Bethany, um stumm ihre Meinung einzuholen, doch diese schenkte ihnen gar keine Aufmerksamkeit mehr und beschäftigte sich lieber mit Shervin. Kluge Frau!
 

„Ihr wisst genau, wovon ich spreche, Hawke.“
 

„Nein, ich weiß es wirklich nicht.“ Eine glatte Lüge, das musste auch Anders bemerkt haben, denn nun legte er die Stirn in Falten und schien tief durchzuatmen. Selbst Azad bemerkte, wie die Luft dicker wurde und ließ es sich nicht nehmen, von Anders' Schoss zu springen, nur, um sich dann auffordernd vor Fenris zu setzen.
 

„Vergiss es!“, zischte der Elf, doch der Kater hatte seinen ganz eigenen Kopf und sprang einfach hoch, um nun auf dessen Schoß Platz zu nehmen. Der Heiler warf ihm kurz einen Blick zu, sah dann aber, dass seinem Kater keine Gefahr drohte und wandte sich wieder dem Templer zu. Sehr zum Missmut des Elfen, welcher nun damit klar kommen musste, ein Fellknäuel auf seinen Beinen zu haben. Und er kannte das Biest ja bereits, das nicht zögern würde, erneut seine Krallen in seine Leggins zu schlagen.
 

„Seit Ihr wisst, dass Justice in mir ist, scheut Ihr Euch davor, in meiner Nähe zu sein“, gab Anders schließlich zu verstehen und zog dadurch erneut die Aufmerksamkeit des Elfen auf sich und Hawke. Diesmal schien der Templer jedoch ehrlich überrascht über die Antwort zu sein. Fast schon hilfesuchend sah er zu Fenris, doch dieser widmete sich mit neu gewecktem Interesse dem Kater zu, welcher sofort zufrieden unter den ungewohnten Streicheleinheiten schnurrte. Vielleicht war das Vieh ja doch nicht so bösartig wie dessen Besitzer...
 

„Wie kommt Ihr darauf?“ Da niemand ihm helfen wollte, musste sich Hawke wohl oder übel selbst seinem kleinen Problem widmen, was dem Elfen und auch Bethany ein stilles Lächeln entlockte. Der Templer verließ sich viel zu oft darauf, dass er bei unangenehmen Gesprächen von einem seiner Freunde gerettet wurde.
 

„Seit Ihr mich darum gebeten habt, hierher zu kommen, geht Ihr mir aus dem Weg. Komme ich abends aus der Klinik zurück, so schlaft Ihr bereits oder seid noch nicht da. Und wenn Ihr zurück kommt, legt Ihr Euch auch lieber auf ein Sofa“, erwiderte Anders und schüttelte den Kopf, während Hawke ihn sprachlos ansah. „Und jetzt habt Ihr Bethany dazu geholt, um zu prüfen, ob Justice ein Geist oder ein Dämon ist?“
 

„Was? Nein, so ist das nicht gemeint!“, widersprach der Templer schließlich und hob abwehrend die Hände. Hilfesuchend sah er erneut zu seiner Schwester, welche sich seiner schließlich erbarmte und versuchte, den Blick des Heilers einzufangen. Sofort entspannte sich Hawkes Miene dabei wieder ein wenig, auch wenn er nun ein wenig schuldig zurück zu Anders sah.
 

„Ihr versteht das falsch, Anders. Tristan hat mir erst hier erzählt, dass Ihr einen Geist in Euch tragt und es war mein Vorschlag, mit Euch ins Nichts zu treten um mit ihm zu sprechen. Ich verspreche Euch, dass weder mein Bruder noch ich daran dachten, Euch zu schaden“, sagte sie langsam und begann zu lächeln, ehe sie wieder zu ihrem Bruder sah. „Was den Rest angeht... Das solltet Ihr vielleicht alleine klären...“
 

„In Ordnung... Ich habe nichts zu verbergen. Und Justice auch nicht“, fügte der Heiler hinzu, würdigte Hawke jedoch keines Blickes mehr. Fenris konnte sehen, wie dieser ehrlich getroffen zu ihm sah und auf etwas hoffte, irgendetwas. Doch es kam nichts und der Elf kam nicht umhin, vor Schadenfreude ein wenig zu schmunzeln.
 

„Also gut, dann lasst mich eben noch ein paar Vorbereitungen treffen. Keine Sorge, ich brauche dazu keine Blutmagie. Im Zirkel lehrt man uns andere Wege, mit einem anderen Magier ins Nichts zu treten“, erklärte Bethany noch, ehe sie aufstand und die drei alleine zurück ließ.
 

„Anders-“, setzte Hawke kurz darauf an, doch dieser beachtete ihn nicht und sah stattdessen nun zu Fenris, der den Blick völlig ausdruckslos erwiderte.
 

„Ihr mögt sie. Obwohl sie eine Magierin ist. Genauso wie ich ein Magier bin“, meinte der Heiler zu dem Elfen, welcher ihn noch immer völlig nichtssagend ansah. Zumindest so lange, wie bis dass er den Gesichtsausdruck des Templers im Augenwinkel sah. Sofort zuckte es in seinen Mundwinkeln wieder verräterisch, aber er wollte vor der Abscheulichkeit sein Gesicht wahren und zwang sich erneut zu einen neutralen Gesichtsausdruck.
 

„Sie hat die Gefahr in ihrer Macht erkannt und bemüht sich darum, diese nicht zu missbrauchen“, gab der Krieger langsam zurück und widmete sich gleichzeitig dem Kater auf seinem Schoß. Noch immer strich er diesem durch das Fell und wurde mit dem leisen Schnurren belohnt. Für einen Moment ruhte Anders' Blick auf dem Tier, dann seufzte er jedoch und stand ebenfalls auf, um den Raum zu verlassen.
 

Lange Zeit schwieg der Templer einfach nur und sah auf die Stelle, an der Anders verschwunden war. Fenris beobachtete ihn dabei genau und wartete auf irgendeine Art der Reaktion, doch diese kam nur von Azad, welcher nun vom Schoß des Elfen sprang und dem Heiler folgte.
 

„Wollt Ihr der Abscheulichkeit nicht folgen? Am Ende jagt sie aus lauter Frust noch Eurer Anwesen in die Luft“, bemerkte Fenris schließlich vorsichtig und bekam einen finsteren Blick zu geworfen, der ihn verlegen auf seinen Schoß blicken ließ. Und was er da sah. gefiel ihm gar nicht. Dieses elende Fellknäuel hatte seine ganze Leggins mit seinen Haaren dekoriert! Wenn er dieses Vieh in die Finger bekam...
 

~*~

„Also gut! Wir beide werden diesen Trank trinken und anschließend ins Nichts treten. Tristan und Fenris werden anschließend auf uns aufpassen und – sollte es Schwierigkeiten geben – uns wieder aus dem Schlaf holen. Wenn alles gut geht, werden wir in ein oder zwei Stunden wieder zurück kommen“, erklärte Bethany und reichte dem Abtrünnigen dabei eine kleine Flasche mit lilaner Flüssigkeit. Auch sie selbst hielt eine solche Flasche in der Hand, während Tristan und Fenris jeweils ein Fläschchen mit grüner Flüssigkeit in den Händen hielten.
 

Anders kannte diese Art der Tränke und nickte nur langsam, ehe er sich neben Bethany auf das Fußende von Hawkes Bett setzte. Er hatte keine Probleme damit, mit der Magierin ins Nichts zu treten und sie von Justice zu überzeugen und auch der Geist hatte bereits seine Zustimmung gegeben. Azad lag ruhig auf seinem Schoß und gab nur noch ein leises Schnurren von sich.
 

„Also gut... Dann wollen wir Justice mal Hallo sagen. Er hatte schon lange keinen Besuch mehr“, bemerkte Anders mit einem Lächeln, während er den Blick des Templers auf sich spürte. Aber er hatte noch immer keine große Lust dazu, mit diesem zu reden und damit musste dieser jetzt klar kommen. Fenris hingegen schien sich darüber zu freuen, dem kaum verhaltenen Grinsen nach zu urteilen.
 

„Passt auf Euch auf, Anders“, bemerkte Hawke trotz allem und brachte den Heiler damit leise zum Lachen. Er hatte keine Angst vor dem Nichts und auch nicht davor, Bethany mit Justice reden zu lassen. Als er dem Templer das jedoch sagen wollte, trat dieser näher an ihn heran und legte ihm eine Hand auf die Schulter, drückte sie leicht und löste sich dann wieder von ihm. „Wir reden, sobald Ihr wieder zurück seid...“
 

„Ach? Werden wir das?“, fragte der Heiler nach und ließ sich doch wieder dazu herab, zu dem Jüngeren zu sehen. Dieser lächelte jedoch nur sanft, nickte leicht und war sichtlich erleichtert darüber, dass Anders wieder mit ihm gesprochen hatte. Bevor dieser aber noch etwas sagte, seufzte er leise und widmete sich dem Fläschchen in seiner Hand. Auch Bethany entkorkte den Trank nun und sobald Anders den Schlaftrank zu sich nahm, trank sie ihren ebenfalls.
 

Die Wirkung trat recht schnell ein und während Anders spürte wie er immer müder wurde, sah nur noch verschwommen, wie Hawke ihn stützte, damit er zurück aufs Bett fiel und nicht etwa daneben. Dass er die Matratze berührte bekam er jedoch nicht mehr mit, denn schon wurde ihm schwarz vor Augen und der Trank hatte seinen Zweck erfüllt.
 

~*~
 

Das Nichts war ein seltsamer Ort. Nichts hier war so, wie es schien und nichts blieb so, wie es war. Immer wieder veränderte sich die Umgebung geringfügig, passte sich dem an, was der Träumer unbewusst oder auch bewusst hoffte. Aber dies war nicht sein Traum und doch kannte er die Umgebung nur zu gut.
 

„Wo sind wir hier?“ Fast hätte Anders vergessen, dass er nicht alleine ins Nichts getreten war. Trotzdem begann er zu lächeln, während er zur Seite sah und Bethany neben sich stehen sah. Sie sah sich neugierig um in etwas, das wie ein Turmzimmer aussah. Viel gab es hier nicht, ein Bett, ein Schrank und ein Regal mit Büchern. Was in den Büchern gestanden schrieb, vermochte der Heiler nicht zu sagen, denn er kannte die Sprache nicht, aber es war auch nicht weiter wichtig.
 

„Vigils Wacht. Justice hat früher in diesem Zimmer seine Zeit verbracht, wenn er gerade nicht gebraucht wurde.“, erklärte der Heiler und verspürte einen leichten Stich bei dem Gedanken an die alte Zeit. Aber er wusste, dass es kein Zurück mehr gab. Jetzt nicht mehr...
 

„Was meint Ihr damit? Ihr sagtet doch, dass Justice ein Geist ist, wie kann er dann ein Zimmer in Vigils Wacht besessen haben?“ Die Magierin klang lediglich neugierig und Anders konnte keine Spur von Misstrauen in ihrer Stimme heraushören. Vielleicht war das auch der Grund, warum er ihr so bereitwillig antwortete.
 

„Der Warden Commander hat mich und zwei weitere Wächter damals auf die Suche nach einem weiteren Grauen Wächter geschickt. Wir haben ihn gefunden, aber er war bereits tot, als wir ankamen und wir wurden ins Nichts geschleudert. Dort haben wir Justice getroffen. Als wir wieder aus dem Nichts gerissen wurden, hatte es Justice in den Körper des toten Wächters gezogen“, erklärte er ruhig und ging zu dem Regal um sich die Bücher genauer anzusehen.
 

„Ihr wart ein Grauer Wächter?“
 

„Ja, früher einmal. Es war meine einzige Chance, dem Zirkel endgültig zu entkommen. Als Vigils Wacht von der Dunkeln Brut überrannt wurde, hielten mich alle für tot und ich bin geflohen. Justice folgte mir und als der Körper zu zerfallen drohte, habe ich ihm angeboten, sich mit mir zu vereinen.“
 

Dass Bethany auf diese Erklärung hin erst einmal schwieg, verwunderte den Heiler nicht weiter. Es gab vieles in seiner Vergangenheit, über das er so gut wie nie sprach. Aber Bethany war eine Magierin und sie schien wirklich nur Interesse an seiner Geschichte zu haben. Er glaubte nicht, dass diese ihr neues Wissen gegen ihn verwenden würde.
 

„Anders...“
 

Eine weitere Stimme war hinzugekommen und sofort begann der Abtrünnige zu lächeln. Langsam drehte er sich um und sah den Geist der Gerechtigkeit, wie er ihn auch damals im Nichts gesehen hatte. Er schien keinen festen Körper zu haben und ähnelte am ehesten einem Ritter in voller Plattenrüstung, Schwert und Schild auf dem Rücken tragend. Statt zu antworten, lächelte Anders seinen Freund nur an und überließ alles Weitere Bethany.
 

Die junge Magierin stutzte kurz, betrachtete den Geist schließlich und deutete eine kleine Verbeugung an. Justice nahm die Geste mit einem stummen Nicken zu Kenntnis und richtete seine Aufmerksamkeit dann völlig auf die Magierin. Schließlich war sie es ja, die ihn kennen lernen wollte.
 

„Ihr seid also Justice?“
 

„So werde ich genannt, ja.“
 

„Was wollt Ihr erreichen, Justice? Warum seid Ihr dazu bereit gewesen, in den Körper eines Magiers über zu gehen, statt ins Nichts zurück zu kehren?“ Auch wenn keiner von ihnen beiden sehen konnte, was hinter dem Helm vor sich ging, so wusste Anders genau, was der Geist gerade dachte. Zu lange hatte er nun schon die Gedanken mit dem Geist geteilt, als dass er es nicht wissen konnte. Aus diesem Grund blieb er auch ruhig, obwohl Justice verdächtig lange schwieg.
 

„Ich habe gesehen, wie Magier hier behandelt werden und ich kann nicht einfach wegsehen. Zusammen können wir diese Ungerechtigkeit tilgen. Im Nichts kann ich leider nichts ausrichten, doch zusammen mit Anders werde ich die Gerechtigkeit in Eurer Welt wieder herstellen“, sagte der Geist schließlich ruhig und nach einer Weile nickte Bethany erneut.
 

„Ich verstehe... Aber Magie birgt auch Gefahren und viele Magier unterschätzen diese. Aus diesem Grund werden sie gefürchtet.“
 

„Aber sie in Zirkel einzusperren ist keine Lösung“, warf Anders ein, bevor der Geist antworten konnte. Sofort nickte Bethany wieder und schenkte ihm ein trauriges Lächeln. Von Hawke wusste der Heiler ja bereits, was mit ihren Eltern geschehen war und so konnte er ihre Bedenken auch verstehen.
 

„Nein, so wie die Zirkel jetzt sind, sind sie keine Lösung. Aber es wird schwierig, die nicht magiebegabten Bewohner Thedas davon zu überzeugen. Sie haben Angst, weil sie es nicht verstehen und nur die Zerstörung dahinter sehen“, erwiderte die Magierin ruhig und sicherte sich damit die volle Aufmerksamkeit des Geistes. Da dieser jedoch nichts sagte, fuhr sie schließlich fort: „Vielleicht sollten die Zirkel mehr als Schule fungieren und weniger als Gefängnis.“
 

„Eine Schule?“ Justice klang überrascht, während er die Worte wiederholte und die Magierin nickte zustimmend. Auch Anders dachte über ihre Worte nach. Würden Zirkel mehr wie eine Schule sein, dann konnten Magier lernen, ihre Kraft zu kontrollieren.
 

„Ich... muss darüber nachdenken...“ Bevor einer von ihnen etwas sagen konnte, verschwand der Geist wieder und ließ Anders mit Bethany allein in dem Zimmer zurück. Für eine Weile herrschte Schweigen zwischen ihnen, doch schließlich sah sie erneut zu Anders. Sie wirkte zufrieden mit dem, was sie erreicht hatte.
 

„Lasst uns für's Erste zu den anderen zurückkehren“, kam es von der Jüngeren. Ohne etwas zu sagen nickte Anders nur und schloss wieder die Augen. Als Magier konnten sie beide jederzeit das Nichts verlassen oder auch betreten, wobei Tränke beim Betreten stets nützlich sein konnten. Sobald er sich genug konzentriert hatte, konnte der Heiler auch schon spüren, wie er das Nichts verließ und erneut in seinen Körper trat.
 

~*~
 

Wärme breitete sich auf seiner Wange aus, während sein Körper sich langsam wieder aus dem Schlaf kämpfte. Die Wärme wanderte weiter zu seiner Stirn und zurück zu seiner Wange, während er gleichzeitig spürte, wie ihm seine Haare aus der Stirn gestrichen wurden. Anders mochte dieses Gefühl der Wärme und Geborgenheit, es erinnerte ihn an eine weitaus sorglosere Zeit.
 

„Anders... Auch wenn ich es zu jedem anderen Zeitpunkt genießen würden, Euren Kopf in meinem Schoß zu haben, so solltet Ihr doch langsam wieder ein wenig wacher werden“, wisperte eine Stimme sanft und binnen weniger Sekunden saß der Heiler aufrecht auf dem Bett. Sein Blick wanderte in jede noch so kleine Ecke des Zimmers, doch außer Hawke war scheinbar niemand bei ihm im Schlafzimmer.
 

Hawke...
 

Langsam wandte der Abtrünnige sich dem Krieger wieder zu und fuhr sich langsam durch die Haare. Sein Haarband musste sich gelöst haben, denn immer wieder fielen ihm einzelne Strähnen in die Augen, sehr zur Freude Hawkes wie es schien. Kurz darauf hob der Templer die Hand und fuhr selbst durch Anders' Haare, bis dass dieser leise seufzte und für einen Moment die Augen schloss.
 

„Es tut mir Leid...“ Verwundert öffnete Anders seine Augen wieder und nahm sich diesmal die Zeit, den Jüngeren genauer zu betrachten. Der Templer saß im Schneidersitz auf dem Bett und hatte wahrscheinlich auch die ganze Zeit so da gesessen, den Kopf des Heilers in seinem Schoß gebetet. Erneut ließ er den Blick wandern, als würde er nach etwas suchen. „Bethany ist vor einer guten Stunde bereits wieder aufgewacht. Sie hat mir nicht erzählt, was passiert ist oder worüber ihr geredet habt. Nur, dass Justice wirklich ein Geist ist und kein Dämon.“
 

Anders wusste, dass er sauer auf den Templer sein sollte, aber er konnte es ihm nicht verübeln. Dessen Eltern sind durch Blutmagier gestorben und außerdem hatte er eine Ausbildung zum Templer durchlaufen. Eigentlich konnte er froh sein, dass Hawke ihm soviel Vertrauen entgegen gebracht hatte, dass er ihn sogar hier schlafen ließ.
 

„Es ist schon in Ordnung. Aber könnten wir jetzt aufhören, ständig getrennt zu schlafen?“, murmelte der Heiler stattdessen und sah erneut zum Templer. Dieses Verhalten hatte ihn von Anfang an gestört, aber er hatte nicht gewagt, es anzusprechen. Sofort sah ihn der Templer überrascht an. Ob Anders etwas Falsches gesagt hatte?
 

„Natürlich! Ich hatte gedacht, dass Ihr vielleicht Zeit brauchen würdet und als Ihr dann auch noch selbst auf dem Sofa geschlafen habt...“ Der Jüngere machte eine vage Geste mit der Hand und zuckte anschließend die Schultern. Schnell kam das Lächeln wieder auf seine Lippen und bevor sich Anders versah, hatte dieser ihn wieder an sich gezogen, so dass sein Kopf erneut in dessen Schoß lag. „Also gut. Ab heute ist das Sofa für uns beide Sperrgebiet!“
 

"...Wo ist Fenris?"
 

"Warum? Vermisst Ihr ihn etwa?", grinste der Templer frech und strich erneut durch Anders Haare, brachte ihn damit dazu, sich weiter zu entspannen und die Augen zu schließen. Fast hätte er dabei sogar vergessen zu antworten. Aber mit dem Elfen konnte er nun wirklich nichts anfangen.
 

"Nicht wirklich. Auch wenn ich die ständigen Anfeindungen wohl wirklich irgendwann einmal vermissen würde."
 

"Das glaube ich gerne. Aber wenn man ihn erst einmal besser kennt, ist er gar nicht so schlimm. Er hat einfach nur viel durchgemacht. Selbst ich weiß nur die Hälfte davon. Wenn überhaupt... Aber er bringt Bethany zurück. Wahrscheinlich wird er anschließend noch in den Gehängten Mann gehen. Aber morgen wird er Euch mit den üblichen giftigen Worten begrüßen!"
 

"...Sehr erfreulich", seufzte der Heiler nur und ließ das leise Lachen über sich ergehen. Hoffentlich würde der Elf sich irgendwann einmal fangen. Vor allem da nun feststand, dass Justice ein guter Geist und kein Dämon war.


Nachwort zu diesem Kapitel:
Aufmerksame Leser werden feststellen, dass sich Hawkes Erklärung über die Entstehung seiner Wunde nicht mit der von Varric deckt... Nun, das ist eben Varric, nicht wahr? Der Kern bleibt der Gleiche, aber die Hülle wird gerne verändert ;) Hawkes Version ist jedenfalls die richte der beiden. Komplett anzeigen

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Kommentare zu dieser Fanfic (4)

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Von:  -miruku-
2014-11-02T12:42:12+00:00 02.11.2014 13:42
Hi
Ich mag deinen Schreibstil, lässt sich flüssig lesen und jeder der das spiel kennt, kann sich die Gesichtsausdrücke der Charaktere richtig gut vorstellen. Die Stelle mit dem Stricken hat mich erstmal vom Hocker geschlagen vor lachen. Ich konnte mir Anders Gesicht richtig vorstellen, wie Hawke ihn fragt ob er ihm das Stricken beibringt. XD wirklich seeehr gut gemacht. Hoffe es geht bald weiter.

Antwort von:  Dekowolke
03.11.2014 21:38
Hey :)

Also erst einmal danke für dein Kommentar :D ich freu mich immer, wenn ich andere mit meinem Humor zum Lachen bringen kann :3 und gerade bei Hawke fällt mir das ganz und gar nicht schwer, der war bei mir sowieso immer der lustige Typ :)

Das nächste Kapitel ist auf jeden Fall im Moment in Arbeit also wird es die nächsten Tage sicherlich hochgeladen. Zumindest sobald meine Beta ihr OK gibt :D
Von:  Phinxie
2014-10-14T11:22:45+00:00 14.10.2014 13:22
Hallo :)
Ich finde diese FanFic super :) Sie lässt sich flüssig lesen und ich kann mir immer jede Situation bildlich sehr gut vorstellen. Vor allem den Humor von Anders und Hawke arbeitest du klasse heraus; bei dem Gespräch zwischen Fenris und Anders habe ich richtig gelacht, weil es einfach zu lustig war^^
Ansonsten finde ich die Idee, dass Hawke ein Templer ist, interessant und bin echt gespannt, wie es weiter geht :D
Liebe Grüße ^-^
Antwort von:  Dekowolke
14.10.2014 17:30
Heyho :)

Vielen Dank erst einmal für dein Kommentar ^o^ Es freut mich, dass dir die Story bis jetzt gefällt und dass du auch etwas zu lachen hast dabei :D Fenris und Anders zu schreiben fällt mir dabei sogar überraschend leicht und ich kann versprechen, dass es noch oft derartige Gespräche zwischen den beiden geben wird :3
Von: AomaSade
2014-09-23T08:11:25+00:00 23.09.2014 10:11
Hallo Dekowolke,

deine Kurzbeschreibung hat mich überredet, deine FF zu lesen. Und ich finde sie richtig gut. Warum es nicht mehr Kommentare gibt, ist mir schleierhaft. Deine Charaktere Anders und Hawke hast du super beschrieben und agieren lassen. Auch der Humor ist nicht zu kurz gekommen. Und solche Fantasiewelt mit ihren Zauberern, Zwergen und Templern und ihrer Magie habe ich so auch noch nicht gelesen. Alles passt wunderbar zusammen. Du hast einen neuen Lesefan gefunden. Ich freue michschon auf die nächsten Kapitel.

Liebe Grüße
AomaSade

PS: Ich kannte Dragon Age nicht und bin jetzt neugierig geworden.
Antwort von:  Dekowolke
23.09.2014 17:09
Auch dir vielen Dank für dein Kommentar :)
ich freue mich immer zu wissen, dass ich andere mit deinem Schreibstil und meinen FFs begeistern kann :D Vor allem wenn ich dann noch jemanden wie dich damit erreichen kann, der von dem Spiel so weit keine Ahnung hat :3

Also, ich kann Dragon Age auf jeden Fall nur empfehlen. Das Gameplay ist schnell vestanden, die Story ist ebenfalls gut und vor allem im ersten Teil richtig fesselnd und der Humor des Spiels ist - für mich - ungeschlagen :3
Von:  Zebran20121
2014-09-18T17:22:18+00:00 18.09.2014 19:22
bisher sehr gut bin totaler Dragon age fan und das hawke diesmal ein templer ist find ich sehr interessant mal sehen was aus den beiden wird
Antwort von:  Dekowolke
19.09.2014 20:53
Hey, vielen Dank für dein Kommentar :)
ein Kapitel ist im Moment noch in der Korrektur, also wird diesen Monat wohl vllt. noch eines kommen. Da kann man zumindest schonmal ein bisschen sehen, wohin alles führen wird. Aber bis zum großen Happy End wird es noch ein laaaaanger Weg sein :D


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