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Last Desire

L x BB
von

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Ein unerfreuliches Wiedersehen

Das Erste, was Beyond spürte, war ein weiches Kissen unter seinem Kopf und eine warme Decke. Es fühlte sich so angenehm an und am liebsten wäre er noch etwas länger liegen geblieben. Ihm war nicht mehr kalt und so wie es schien, lag er in einem ziemlich bequemen Bett. Schon merkwürdig, dachte er und ertastete eine Matratze. Wieso zum Henker liege ich denn eigentlich in einem Bett? Hat mich irgendjemand von der Straße aufgelesen und ins Krankenhaus verfrachtet? Nein, das konnte kein Krankenhaus sein. Es hing nicht dieser vertraute Geruch von Desinfektionsmitteln in der Luft und als er die Augen langsam aufschlug, erkannte er mit Mühe nackte fensterlose Wände. Sein Sichtfeld war aber noch viel zu verschwommen, als dass er etwas Vernünftiges hätte erkennen können. Mehrmals blinzelte er und rieb sich die Augen, doch das half auch nicht wirklich weiter. Aber dann erkannte er Neonröhren, weitere fensterlose Wände und eine schwere Stahltür. Im Raum gab es einen Schrank mit Spiegel, einen Schreibtisch und einen Stuhl und dieses Bett hier. Langsam setzte sich der Serienmörder auf, spürte dann aber auch gleich wieder die Verletzungen und biss sich auf die Unterlippe. Stimmt ja, dachte er und versuchte, die Schmerzen zu ignorieren. Die Schussverletzungen hätte ich ja fast vergessen. Die sind ja auch noch da. Er schlug die Decke beiseite, um sich selbst einen Überblick zu verschaffen, da sah er die Fessel an seinem rechten Fußgelenk. Die Kette war lang genug, dass er den ganzen Raum durchlaufen konnte und so wie sie aussah, war sie ziemlich stabil. Großer Gott, wo bin ich denn hier gelandet? Etwa in irgendeiner abartigen Mischung aus „Saw“ und „Black Snake Moan“? Das kann doch nur ein Scherz sein. Ich muss definitiv in der Hölle gelandet sein. Sofort begann er nach einer geeigneten Fluchtmöglichkeit zu suchen und prüfte seine Fessel. Große Klasse, es war eine von jenen, die ein Vorhängeschloss hatten und sich sonst nicht öffnen ließen. Nun ja, zumindest war die Fessel selbst aus Leder, wohl um die Verletzungsgefahr gering zu halten. Trotzdem kam er sich wie ein einem schlecht gedrehten BDSM-Film vor. Und das besserte seine Stimmung auch nicht sonderlich. Eher im Gegenteil.
 

Gott muss mich so was von hassen…
 

Beyond wollte aufstehen und den Raum gründlicher unter die Lupe nehmen, doch da wurde ihm kurz schwarz vor Augen und er sank zurück auf die Matratze. So ganz auf der Höhe war er noch nicht und so wie es schien, hatte man ihm starke Schmerzmittel verabreicht. In seiner jetzigen Verfassung würde er jedenfalls nicht sehr viel ausrichten können. Hieß also im Klartext: Er war absolut wehrlos. Schöne Scheiße. Warum nur war er nicht einfach in der Gosse verreckt? Dann würde er jetzt nicht an einer Fußfessel hängen und in einem Kellerzimmer eingesperrt sein, während man ihn mit Schmerzmitteln zudröhnte. Aber zumindest hatte man sich um seine Verletzungen gekümmert und sie fachmännisch verarztet. Und er trug auch saubere Kleidung. Es schien so als wolle derjenige, der ihn hierher gebracht hatte, ihm nichts antun wollen. Oder zumindest noch nicht. Was nicht war, konnte ja noch werden. Nachdem er sich wieder einigermaßen gesammelt hatte, stand er wieder auf, doch dieses Mal ging er es langsamer an. Immer noch war ihm furchtbar schwindelig und er hatte Mühe, das Gleichgewicht zu halten. Außerdem fühlte sich sein Körper schwer wie Blei an und seine Beine schienen ihn kaum tragen zu können. Sein Kopf war wie benebelt und das hatte er sicher diesen Drogen zu verdanken, die man ihm verabreicht hatte. Nirgendwo hing eine Uhr, geschweige denn ein Kalender und seine Taschen waren leer. Das Messer hatte man ihm natürlich abgenommen, ebenso wie sein Handy. Fragte sich also, wie lange er eigentlich bewusstlos gewesen war. Vielleicht ein paar Stunden, womöglich sogar Tage. Nachdenklich begann er an seiner Daumenkuppe zu knabbern und versuchte, sein Hirn wieder vernünftig zum Arbeiten zu bringen, aber das war durch die Drogen nicht gerade einfach. Wer hätte denn ein Motiv, ihn aufzugabeln, sein Leben zu retten und ihn dann hier einzusperren? Sam Leens vielleicht? Das wäre vielleicht eine Möglichkeit, immerhin führte dieser Bastard doch mit seinen Opfern Verhaltensforschungen durch, um ihre Gefühle und Reaktionen zu studieren. Aber der Kerl war selber schwer verletzt und hatte dementsprechend erst mal eigene Probleme, wenn er nicht krepieren wollte. Und wer kam sonst noch infrage? Tja, die Liste war leider nicht sehr übersichtlich und allmählich dämmerte es dem BB-Mörder, dass er wohl oder übel warten musste, bis sich sein „Gastgeber“ zeigte. Es gab so viele Möglichkeiten in dem Moment. Die Mafia, irgendwelche Menschenhändler, Psychopathen, anderweitig Gestörte und noch viele mehr… Aber wieso um alles in der Welt hatte man ihm eine Fußfessel angelegt? Sicherlich, damit er nicht abhauen konnte. Aber dann wäre sie doch nicht so lang, dass er sich in diesem Raum frei umherbewegen konnte und dann wäre es doch sinnvoller gewesen, ihm die Hände zu fesseln. Immerhin war er auch fähig, Menschen ohne Waffen zu töten und welcher Dreckskerl ihm auch die Kette angelegt hatte, der konnte noch sein blaues Wunder erleben, wenn der sich hier blicken ließ. Hoffentlich war das kein bescheuerter Emo-Clown, der ein „Spiel“ spielen wollte. Da konnte nicht viel Gutes dabei rumkommen. Also welchen Sinn hatte dann eine derartige Fußfessel? Sollte er sich vielleicht den Fuß absägen? Nun, das wäre kein Problem, wenn man ihm wenigstens eine Säge dagelassen hätte. Aufmerksam wanderten seine Shinigami-Augen durch den Raum und fanden mehrere Überwachungskameras. Natürlich, er wurde beobachtet! Dann müssten diese Kerle also schon längst wissen, dass er wach war und eigentlich gleich kommen, oder zumindest ein Zeichen von sich geben.

Langsam ging er zum Schrank hin und begann ihn genauer unter die Lupe zu nehmen. Dort befanden sich seine übliche Kleidung und noch seine Tasche, die er bei sich gehabt hatte. Er durchsuchte sie und fand sein Glas Erdbeermarmelade. Wenigstens ein kleiner Lichtblick. Als nächstes suchte er im „Geheimfach“ seiner Tasche nach und wurde enttäuscht. Selbst das Teppichmesser hatten sie ihm abgenommen, welches er für den absoluten Notfall bei sich gehabt hatte. Dabei hatte er es so gut versteckt. Sein Retter oder vielleicht auch Entführer hatte jedenfalls seine Hausaufgaben gemacht. Ein Amateur war er ganz sicher nicht. So ein Mist, er hatte nicht eine einzige Waffe parat. Nun ja, zumindest konnte er die Kette nehmen, um seine Angreifer zu erdrosseln. Und mit Händen und Füßen wusste er sich ebenfalls gut zur Wehr zu setzen, wenn er nur nicht durch die Drogen so benommen wäre. Auf dem Schreibtisch lag auch nichts, was wirklich hilfreich sein konnte und selbst in den Schubladen war nichts. Aber dann entdeckte er ein paar Medikamentenboxen, die alle fein säuberlich beschriftet waren. Und für jede Tageszeit gab es Tabletten. Waren die für ihn gedacht? Leider ließ sich vom bloßen Ansehen nicht feststellen, was das für Tabletten waren. Es waren diese kleinen weißen ovalen Tabletten mit einer Einkerbung in der Mitte. Nun, zumindest war das schon mal kein Viagra und nach LSD sah das auch nicht aus. Spaßverderber… Auf der Medikamentenbox stand mit einem schwarzen Stift Hydromorphon – 2x tgl. (morgens u. abends); Ibu akut 400mg – 2x tgl. (morgens u. mittags) geschrieben. Ach so war das. Schmerzmittel und etwas gegen Fieber. War er krank? Beyond betastete seine Stirn, aber da die Wirkung der Schmerzmittel noch anhielt, hatte er es nicht gemerkt. Tatsächlich glühte seine Stirn ein wenig, aber es konnte auch daher kommen, dass seine Hand so kalt war. Nun ja, zumindest konnte er schon mal daraus schließen, dass er es nicht mit irgendwelchen Verrückten zu tun hatte, die ihn mit Drogen voll pumpten, um wer weiß was mit ihm anzustellen. Wer auch immer die Medikamentenboxen da gelassen hatte, er war Arzt oder zumindest arbeitete er mit jemanden zusammen, der Arzt war. Beyond wusste nämlich, dass Hydromorphon nicht ohne war und somit verschreibungspflichtig war. Während seines Medizinstudiums hatte er gut aufgepasst!
 

Schließlich legte er die Medikamente wieder zurück in die Schublade und ging zur Tür, musste aber schnell feststellen, dass sie verschlossen war. Na klar, warum denn auch nicht? Eigentlich hätte er sich das ja selbst denken können, aber einen Versuch war es zumindest wert gewesen. Schließlich ging er wieder zu seinem Bett zurück und wollte darunter nachschauen, ob es irgendetwas Interessantes gab, da wurde ihm wieder schwindelig und benommen taumelte er zurück. Seine Stirn glühte und sein ganzes Gesicht fühlte sich so heiß an… also doch Fieber. Alles um ihn herum begann sich zu drehen und plötzlich schien der Boden unter seinen Füßen nachzugeben und zu verschwinden. Ehe er sich versah, lag er ausgestreckt da und ihm wurde schlecht. Sein ganzer Körper fühlte sich so seltsam an und er fand kaum die Kraft, wieder aufzustehen. Verdammt, in dem Zustand konnte er aber auch wirklich gar nichts ausrichten. Stattdessen lag er hier jetzt auf dem Boden herum wie…
 

„Hey, was liegst du da auf dem Boden? Spielst du etwa eine Leiche?“
 

Wer hatte ihn das damals gefragt gehabt, als er hingefallen war und in einer ähnlich bescheuerten Position da lag? Da dies eine Kinderstimme gewesen war und sie ihm irgendwie vertraut vorkam, ging er davon aus, dass es sich um A handeln musste, der ihn das damals gefragt hatte. Ja, dachte Beyond und musste unverhofft lächeln.

„Ich kann mich nicht bewegen, ich bin gerade eine Leiche…“

Als er das sagte, musste er sich an den BB-Mordfall und seine Zeit mit Naomi Misora denken. Irgendwie war das schon ziemlich lustig mit ihr gewesen, auch wenn sie ihn verhaftet hatte. „Hatten wir diesen Witz nicht schon gehabt?“ Nun stutzte der Serienmörder, als er das hörte. Seltsam, wer hatte ihn das denn gerade gefragt und wieso klang A’s Stimme auf einmal so alt? Verwundert blickte er sich um und erschrak erst mal gehörig, als er bemerkte, dass ihn ein Augenpaar unter dem Bett her anstarrte. Zwei pechschwarze und weit geöffnete Augen, die von leichten Schatten umrandet waren. Der Schreck saß erst einmal so tief, dass Beyond nicht in der Lage war, geistesgegenwärtig zu handeln (was in seinem jetzigen Zustand sowieso schon schwierig genug war) und er sah, wie da jemand langsam unter dem Bett hervorgekrochen kam. Wieder wurde ihm kurz schwarz vor Augen und er realisierte zuerst nicht, wer da eigentlich vor ihm stand.

„Spinnst du total? Ich hätte fast ’nen Herzkasper gekriegt!!!“ Durch die Aufregung und die die plötzlichen Bewegungen kehrte der rasende Schmerz in seine Verletzungen zurück und er biss die Zähne zusammen, um es besser ertragen zu können. „Und überhaupt: wenn sich hier jemand unter dem Bett versteckt, dann immer noch ich!“

„Schon klar“, entgegnete sein Gegenüber mit einer gewissen Gleichgültigkeit und stand auf, wobei er die Hände in den Hosentaschen vergrub und eine gebeugte Haltung einnahm. Moment mal… So langsam setzte sich das Hirn des Serienmörders in Gang und als er endlich wieder vernünftig sehen konnte, erkannte er die Gestalt vor ihm als L wieder. L Lawliet… der Kerl, der ihn hinter Gittern gebracht hatte. Der Kerl, der ihm sein Leben und das von A zerstört hatte.

„Du…“, brachte Beyond hervor und kam sofort wieder auf die Beine, wobei er aber wieder von einer Welle aus Schmerz und Benommenheit erfasst wurde und beinahe das Bewusstsein verloren hätte. Dennoch ignorierte er beides und stürzte sich wutentbrannt auf L, warf ihn aufs Bett und hielt ihn am Kragen fest. „Du Mistkerl, was hast du hier verloren und was hast du mit mir gemacht?“ Der Meisterdetektiv mit den Pandaaugen blieb ruhig und sah ihn mit diesem forschenden Blick an, welcher Beyond nur noch mehr in Rage brachte. Alles, wirklich alles wäre ihm recht gewesen, aber warum in alles in der Welt musste es nur L sein?

„Watari und ich haben dich auf der Straße gefunden und hergebracht. H hat sich um deine Verletzungen gekümmert, während du bewusstlos warst. Keine zehn Minuten später und du wärst verblutet.“

„Und wie lange war ich weggetreten?“

„Dreieinhalb Tage.“

„DREIEINHALB TAGE?! Und wozu diese bescheuerte Fußfessel?“

„Damit du nicht auf dumme Gedanken kommst…“
 

Zu spät, dachte Beyond und legte seine Hände um L’s Hals, um ihn zu erwürgen. „Du selten dämlicher Idiot hättest mich besser in eine Zwangsjacke gesteckt, aber stattdessen kommst du hier unbewaffnet rein und riskierst noch, dass ich dich umbringe. Nun gut, du hast es ja so gewollt.“

Sein Griff wurde fester, doch da kam L mit dem Gegenangriff und packte ihn am rechten Arm, wo der Streifschuss den BB-Mörder getroffen hatte. Der Schmerz war zu stark in diesem Moment und so lockerte sich der Griff, sein Arm gab komplett nach und da stieß L ihn auch schon wieder von sich. „Wieso hast du mich hier eingesperrt und mich nicht einfach verrecken lassen? Warum musstest ausgerechnet du mich finden?“ Während Beyond immer wütender wurde, blieb L ruhig und schien das Ganze eher gleichgültig hinzunehmen. Ein Grund mehr für seinen Erzfeind, ihn noch mehr zu hassen. „Ich wollte in Ruhe mit dir reden.“

„Was willst du schon mit mir bereden? Ich habe dir rein gar nichts zu sagen!“

„Ich möchte wissen, wieso du das getan hast.“

Wieso? WIESO??? Beyond wurde von solchem Hass ergriffen, dass er nicht anders konnte, als zu lachen. Er warf dem Meisterdetektiv einen tödlichen Blick zu und grinste herablassend. „Na holla, da weiß unser allwissender L ja anscheinend doch nicht alles.“

„Ich bin nicht hier, um mich mit dir zu streiten, B.“

„Hör gefälligst auf, mich bei diesem Namen zu nennen. Das mit Wammys House ist schon lange Geschichte und ich habe auch keine Lust, in irgendeiner Weise wieder mit dieser Versuchsanstalt in Verbindung gebracht zu werden, wo man perfekte Kopien von dir heranzüchten soll. Du willst wissen, wieso ich das getan habe? Ganz einfach: weil ich dich am Boden sehen will, L. Ich will, dass du so tief fällst, dass du nie wieder auf die Beine kommst und dann endlich stirbst! Du hältst dich ja vielleicht für das unfehlbare Supergenie, dem die ganze Welt nacheifern soll, aber das bist du nicht. Du bist ein Mörder! Nur deinetwegen ist A damals gestorben und du hast mein Leben ruiniert! Und deshalb will ich dir auch deines zerstören und ich werde erst aufhören, bis einer von uns beiden tot unter der Erde liegt. Du hättest mich besser in der Gasse verrecken lassen sollen, denn eines garantiere ich dir: Sobald ich wieder fit genug bin, bringe ich dich um und diesen Tattergreis Watari gleich mit dazu!“

Beyond hatte all seinen Hass und all seine Verachtung herausgeschrieen und die Hände zu Fäusten geballt. Doch nicht nur Hass, sondern auch Verzweiflung überkam ihn. Und L sah den Schmerz in seinen Augen. Diesen tiefen und unsagbaren Schmerz, der selbst nach zehn Jahren nicht gewichen war.

„Du… du hast ja keine Ahnung, L. Du hast doch all die Jahre immer auf uns alle herabgesehen und dich selbst für etwas Besseres gehalten, nur weil Watari dich so vergöttert. Und dabei hat es dich keinen Deut interessiert, wie es anderen dabei ging. Immer nur hieß es, wir sollen so sein wie du. Wir sollen uns nach dir richten und dir gleich werden. Und du spielst mit den Gefühlen anderer, wenn du sie für deine Zwecke benutzt. So wie du will ich niemals werden, hörst du? Du bist ein eiskalter manipulierender Mistkerl. Du hast keine Gefühle!“

L schwieg eine Weile und betrachtete ihn, ohne dass irgendwelche Gefühlsregungen erkennbar waren. Beyond hielt ihn an den Schultern fest und drückte ihn aufs Bett und obwohl er sehr angeschlagen war, brachte er für seine Kondition noch ziemlich viel Kraft und Energie auf. Die Wut und der Hass blendeten all das aus und wahrscheinlich hätte er es tatsächlich fertig gebracht, seinen erklärten Todfeind zu töten. Doch L ließ sich nicht davon abschrecken, sondern starrte ihn schweigend an und betrachtete ihn mit einem unbestimmten Blick. Was er dachte oder fühlte, vermochte niemand wirklich zu sagen. Es schien auch so, als würde er in diesem Moment auch nichts fühlen und genau das war das Fatale an der Situation. Er machte es seinem Gegenüber unmöglich, ihm in die Karten zu sehen und zu erkennen zu geben, ob diese Vorwürfe spurlos an ihm vorbeigingen oder nicht. Nach einer Weile aber unterbrach er sein nachdenkliches Schweigen und begann an seinem Daumennagel zu kauen.

„Bist du da etwa anders? Warst du nicht derjenige, der drei Menschen getötet hat, nur um mich zu übertrumpfen? Ist es nicht so, dass dir eigentlich alle anderen egal sind?“ Nun reichte es Beyond endgültig, er hielt L noch kräftiger fest und man hätte meinen können, er würde ihn gleich in der Luft zu zerreißen. In dem Moment traute L ihm so etwas durchaus zu, aber dieses Risiko war er bereit einzugehen.

„Wag es nie wieder, so etwas über mich zu sagen. Mir sind nicht alle Menschen egal, so wie dir. A war mir nicht egal! Er war der Einzige, der mich verstanden hat und der mich nicht für ein Monster, oder für einen unheimlichen Freak gehalten hat. Aber… das verstehst du nicht und das wirst du auch nie verstehen. Denn du kannst so etwas wie Zuneigung, Glück oder Liebe doch überhaupt nicht empfinden. Für dich sind alle Menschen nur Schachfiguren und das ist auch der Grund, warum du niemanden hast, der auch nur eine Träne um dich weinen würde, wenn du das Zeitliche segnest. Für dich gibt es doch nur drei Kategorien von Menschen auf der Welt: Verbündete, Untergebene und Feinde. Aber so etwas wie richtige Freunde hast du nicht, hattest du nie und wirst du auch nie haben. Ganz einfach aus dem Grund, weil niemand mit so einem gefühlskalten und skrupellosen Menschen wie dir etwas zu tun haben will. Ich kann bis heute nicht begreifen, wie A nur so zu dir aufsehen konnte und sich so dermaßen hat blenden lassen. Das ist einfach nicht fair…“

Tränen flossen seine Wangen hinunter und tropften L ins Gesicht. Und in diesem Moment schien es für einen kurzen Augenblick, als würde diese Fassade bröckeln und etwas anderes in ihm zum Vorschein kommen. Nämlich das, was er hinter seiner Maske zu verstecken versuchte. Beyond war derjenige, der es nicht verstand…

L hatte Gefühle… genauso wie jeder andere Mensch auch! Er konnte Freude, Trauer, Liebe und Hass empfinden. Aber er hatte sich entschieden, diese Gefühle nicht auszuleben, sondern sie stattdessen zu verbergen. Einfach aus dem Grund, um immer objektiv bleiben und somit die richtigen Entscheidungen treffen zu können…
 

… und um keine Schwäche zu zeigen…
 

In diesem Moment war ihm vermutlich genauso zum Heulen zumute wie Beyond, aber er schaffte es nicht, diesen inneren Widerstand zu brechen, all diese Gefühle endlich ein einziges Mal auszuleben und sie der Welt zu zeigen. Stattdessen blieb sein Gesicht regungslos und starr, was Beyond nur noch mehr in sein eigenes Gefühlschaos stürzte. „Es tut mir Leid, was mit A passiert ist, Beyond. Ich wollte niemals, dass er Selbstmord begeht.“

„LÜGNER! Dir tut doch gar nichts leid, weil du nämlich überhaupt nichts empfindest. Also hör auf, mir irgendetwas vorzuheucheln. Du… du verstehst doch gar nichts.“

L wollte etwas erwidern und das alles endlich klar stellen, doch er kam nicht dazu. Ehe er sich versah, waren seine Lippen durch Beyonds verschlossen worden und erst einen Moment später realisierte er, dass dieser ihn gerade küsste. Zuerst dachte er erst an irgendetwas wie einen seltsamen Irrtum, an einen verrückten Traum. Doch es passierte gerade wirklich. Beyond küsste ihn.



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von: abgemeldet
2014-08-11T01:56:00+00:00 11.08.2014 03:56
Das Kapitel war unglaublich :D:D


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