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Cold Winds

Der Tag, an dem eine Legende real wurde...
von

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Ein ganz normaler Tag?

In der gigantischen Kirche hallte eine epische Melodie, gespielt von unsichtbaren Musikern. Die Sonne strahlte hell durch das große Tor, das den Eingang darstellte.

Ein kleiner Junge stand in ihrer Mitte, einsam, mochte man meinen, mit Schwert und Schild in der Hand.

Von hinten sah man kaum den ausdruckslosen Gesichtsausdruck, mit dem er das im Gegensatz zu ihm so riesige Gebäude begutachtete, so hoch, dass seine Blicke nicht bis zur Decke reichten. Ein dunkler Schatten bedeckte sie und ließ die genaue Höhe der Zitadelle nur vermuten. Oben links in der Ecke blinkte ein halbes Herz. „Aktion“, stand auf dem blauen Knopf auf der gegenüberliegenden Seite.

Der Bildschirm war wieder einmal angeblieben. Die Wii rauschte laut, während in ihr die Disk heiß lief, sie war die ganze Nacht lang an gewesen.

Seit dem vorigen Abend rotierte „The Legend of Zelda: Ocarina of Time“ in dem Gerät, während die Figur im Fernsehen seit Stunden nichts anderes getan hatte als den Kopf von einer Seite zur anderen zu bewegen und ab und zu mal zu gähnen.

Hinter dem Gerät begann sich langsam ein deutlicher Schatten auf der grauen Tapete abzuzeichnen. Es wurde Morgen.
 

Als ich aufwachte, lugte bereits die Sonne über die Dächer in der Nachbarschaft und schien durch das Giebelfenster genau in mein Gesicht. Wie jede Nacht hatte ich es offen gelassen, sodass mir eine frische Morgenbrise um die Nase wehte und meine Haare mich kitzelten. Verschlafen rieb ich mir die Augen und stand auf, bevor ich mit wankenden Schritten ins Badezimmer schlürfte.

Gestern Abend hatte ich wieder einmal zu lange gespielt - aber ich wusste, selbst, wenn ich mir vornahm, heute nicht wieder die halbe Nacht durchzumachen, würde es nichts bringen. Ich knipste das Licht an, das schmerzhaft in meinen Augen brannte, und wäre um ein Haar gegen die Tür gerannt. Im Spiegel sah ich ein schlafgetrunkenes Mädchen mit ziemlich zerzausten, etwas weniger als schulterlangen, schwarzen Haaren, die wie elektrisiert von ihrem Kopf abstanden. Ihre blauen Ränder unter den hellgrauen Augen waren nur ein eins von vielen Anzeichen dafür, dass ihr etwas kleinerer, aber leicht vom Sport geformter Körper unter Schlafmangel litt. Warum müssen wir auch unbedingt einen Spiegel ins Bad hängen, der die halbe Wand einnimmt, dachte ich verbittert, während ich mir das kalte Wasser ins Gesicht klatschte, das aus dem quietschendem Wasserhahn drang, bevor ich meinem äußerst ästhetischem Zwilling die Zunge herausstreckte. Ich nahm meine Zahnbürste aus der Halterung, in der ebenfalls die Zahnbürste meiner Mutter, meiner Schwester und meines Stiefvaters steckte. Als ich fertig war, zog ich mich an und vergaß auch nicht, die Wii noch auszuschalten, bevor ich im Hinausgehen meine Tasche griff und mich mit der Musik von Linkin Park im Ohr auf den Weg zur Bushaltestelle machte. Kurzum: Es war einfach wieder ein gewöhnlicher Tag in meinem Leben.

Lutscherjacke

Gedankenverloren sah ich aus den mit Kaugummi verschmierten Fenstern des Busses und lauschte der Musik, die aus meinen Kopfhörern drang.

Es war ein wunderschöner, sonniger Morgen, wie immer am Frühlingsbeginn.

Heute standen noch nicht einmal besondere Fächer an, die mir Spaß bereiteten.

Ein kleiner Junge auf dem Sitz neben mir ließ mich mit seinem lauten Gebrüll kurz zusammenfahren und schreckte mich aus meinen Gedanken.

Ein bunter Lolli klebte in seinen zerzausten Haar, während seine Mutter energisch versuchte, ihn davon zu befreien. Plötzlich flog der Lutscher auf mich zu. Wären meine eigenen Haare etwas länger gewesen, hätte er bequem darin Platz gefunden. So fand er sich nur auf meiner langen, einst makellos schwarzen Jacke wieder, an der nun der Sabber des Kleinen klebte.

„Oh, entschuldige bitte, das war keine Absicht,“, sagte die Mutter des Kleinen besorgt. Ich lächelte nur verständnisvoll und nickte ihr zu, bevor ich mir ein Papiertaschentuch aus meiner Umhängetasche nahm und das Gröbste der Überreste fort putzte, die Mutter versuchte indes, den sich mit aller Gewalt sträubenden Jungen aus dem Bus zu befördern. An diesem Morgen standen viele Leute im Bus, die ich nie zuvor gesehen hatte. Das fiel auf, weil meist nur die üblichen Schüler die oft völlig überfüllte Stadtlinie benutzten. Ob heute Tag der offenen Tür war?

Dann ging die Fahrt endlich weiter und ich bemerkte, dass mein Lied nun zu Ende war. Ich drückte auf den wenigen Knöpfen des Musikspielers herum und sogleich klang mir ein wunderschönes, hauptsächlich auf der Gitarre gespieltes Melodiestück entgegen. „Gerudo Valley.mp3“ musste nun auf dem Bildschirm zu sehen sein, aber ich war mir so sicher, dass ich nicht nachzusehen brauchte, und blickte weiterhin auf den wundervollen Sonnenaufgang. Wieder einmal dachte ich an mein Lieblingsspiel. Ach ja, in Hyrule müsste man geboren sein. War ich verrückt oder begann mich die Schule bereits so zu langweilen, dass ich mir das wünschte?

Es war doch selbst für ein Scheidungskind wie mich nicht normal, sich in eine andere Welt zu versetzen. Oder etwa doch? Dabei besaß ich doch eine liebevolle Mutter und eine wundervolle Schwester, einen netten Stiefvater und zwei tolle Stiefgeschwister, sogar meine Großeltern und ein Teil meiner Urgroßeltern lebten noch, insgesamt also alles andere als eine kleine Familie. Meine Noten waren bis auf Mathe und Chemie sogar ein wenig überdurchschnittlich.
 

Das einzige, was ich mir eigentlich noch wünschen konnte, waren ein paar Freunde. Zwar hatte ich in der Schule einige Bekannte, mit denen ich mich gut verstand, aber eigentlich wusste ich, dass wir nicht auf der emotionalen Ebene standen, dass wir uns beste Freunde nennen konnten. Inzwischen allerdings hatte ich mich gewöhnt, dass meine eher stille Art Gleichaltrige aus meiner Gegend verschreckte, und fand mich damit ab, dass ich wohl einfach nicht für Interessen, die Mädchen in meinem Alter eben so hatten, nicht geeignet war. In den meisten Augen war ich einfach nur seltsam. Das wunderte mich nicht, aber was sollte ich dagegen tun?

Ich beschäftigte mich mit anderen Dingen, auch wenn es mir sehr missfiel, oft allein zu sein. Und trotz der vielen schönen Dinge darin, ich war nicht mit meinem Leben zufrieden. Nun, vielleicht war es auch nur eine Phase. Eine Phase, die irgendwann zu Ende gehen würde, obwohl sie nicht einmal richtig begonnen hatte.
 

Seit ich denken konnte, war ich immer von den Zeldaspielen berauscht gewesen, hatte mich von der Atmosphäre mitreißen lassen und mittlerweile galt in jeder Minute mindestens ein Gedanke diesem Spiel, weil ich eine etwas andere Beziehung zu ihm hatte als andere Leute... „Lutscherjacke, Lutscherjacke!“, erklang es laut hinter mir. Schon allein am Tonfall wusste ich, wer sich das über mich lustig machte.

Das hatte mir gerade noch gefehlt, dass ich den beiden Tölpeln aus meiner Klasse begegnen musste. Dennis und Kevin. Und wie immer versuchten sie mich diese eine kindische Art und Weise in Rage zu bringen. Was in aller Welt war denn schlimm daran? So etwas passierte nun einmal. Ich stellte mir vor, wie die beiden frischgebackenen Väter in ein paar Jahren auf dem Sitz hier saßen und Mühe hatten, ihre eigenen Kinder davon abzuhalten, andere Leute mit Lollis zu bewerfen. Kindsköpfe bis ins 18. Lebensjahr hinein… Ratternd kam der Bus zum Stehen. Zeit, auszusteigen. Die Jungen keines Blickes würdigend schritt ich aus dem Bus heraus, mitten in das Gedränge hinein, in das sich die Schüler meiner Schule verwandelt hatten. Das Übliche.
 

In der ersten und zweiten Stunde hatten wir in Sport eine Vertretungsstunde und unterhielten uns mit unserem angeschlagenen Sportlehrer über den Wintersport.

Ein Arbeitsblatt wurde mir angereicht.

Natürlich, Skier und Snowboards.

Dabei war das Beste am Wintersport doch eigentlich die tiefe Verbundenheit mit dem Schnee, die man dabei spüren konnte. Es musste sich toll anfühlen, schnell wie der Wind auf zwei Brettern über eiskalten Puder zu gleiten, wenn man das alles erst einmal konnte… „In Ordnung, Gina, weißt du, wie viele Snowboarder in dem Text ungefähr ums Leben kamen?“, hörte ich die Stimme meines Lehrers, die mich wieder aus meinen Träumen riss. „Ungefähr 16.000,“, antwortete ich teilnahmslos.

Textverständnis war das Mindeste, was man von einer Neuntklässlerin erwarten konnte, und davon besaß ich sowieso recht viel. Dabei hatten sie noch nicht mal geschrieben, wo oder wann 16.000 Snowboarder ums Leben kamen. Wo war denn der Sinn geblieben? „Nun, da hört ihr’s! Wenn ich euch einen Text zu lesen gebe, dann lest ihn doch bitte auch einmal sorgfältig durch und sitzt nicht einfach nur herum um nichts zu tun!“ Nachdem ich keinen abfälligen Kommentar über meine Antwort vernommen hatte, vermutete ich, dass sie wohl richtig sein musste, doch hatte ich keine Lust nachzusehen. Stattdessen sah ich auf das Bild vor mir. Mein einziger Winterurlaub lag solange zurück, dass ich mich nicht mehr daran erinnern konnte. Ob man darauf wohl den Schnee gut erkennen konnte?Wahrscheinlich, schließlich war es eine Schwarz-Weiß-Kopie. Doch vom Schnee war nicht viel im Bild zu sehen.

Hauptsächlich war eine junge Frau, die stolz zwei lange Skier musterte, darauf abgebildet. Es waren Fischerskier, und obwohl ich das Logo der Firma bereits tausende Male gesehen hatte, musste ich unweigerlich an das Triforcesymbol denken, dass ich darin zuerst erkannte. Ob die Entwickler jemals Skier in ein Zeldaspiel miteinbeziehen würden? In „Twilight Princess“ hatte Link ja bereits ein Snowboardblatt ausprobiert, aber auf Skiern? Eigentlich konnte ich mich gut mit diesem Gedanken anfreunden, trotzdem musste ich schmunzeln, als ich mir daraufhin den massigen Yeto auf zwei kleinen Brettern einen Berg hinunter sausend vorstellte. Der Rest der beiden Stunden verflog wie im Flug.
 

In der Pause dann standen ein paar Mädchen aus meiner Klasse wieder zusammen und tuschelten über ihre ach so nichtsnutzigen Freunde, und wie sie ständig mit anderen Mädels rumzumachen schienen. Das war absolut nicht mein Thema, weshalb ich mich lieber auf den Weg zum Schulkiosk machte, um mir etwas zu trinken zu besorgen. Wieder ein Gedränge, schlimmer als im Bus, wimmelte vor dem kleinen Fenster herum, auf der Suche nach etwas Essbarem, und wie ein Rudel hungriger Wölfe fielen sie auf den armen Hausmeister ein, der möglichst schnell versuchte, alle zufriedenzustellen. Ich kam mir vor wie in einer Massenschülerhaltung. Leise und unbeachtet stellte ich mich an den Rand des Fensters und wann immer ein Schüler das Gedränge verließ, schlich ich mich einige Schritte näher zum Fenster. Schnell und wissend, was ich wollte, reichte mir der Hausmeister eine kleine Flasche Eistee und ich drückte ihm die Münzen in die Hand.

Auf dem Weg in die Freiheit, weg vom Kiosk, rempelte mich ein älterer Blonder an.

„Oh, verzeih mir, das wollte ich nicht,“, hörte ich ihn sagen, doch da hatte ich mich auch schon aus dem Gedränge befreit und konnte frische Luft schnappen. Puh. Gerade wollte ich mein Rückgeld einstecken, da merkte ich nur noch einen kräftigen Stoß von hinten und lag schon der Nase lang im Dreck, während mein Geld haltlos über den Boden kullerte. „Hoppla!“, hörte ich eine höhnende Stimme hinter mir. Wie oft wollten die mir heute denn noch über den Weg laufen?
 

Aus irgendeinem Grund war ich mehr genervt als ungehalten darüber, dass diese Idioten, die mit Schimpfwörten mehr um sich warfen, als mancher Karnevalsjecke mit Konfetti, mir ständig Probleme bereiteten. Da sah ich auch schon, wie kurze, dreckige Fingernägel mein Taschengeld aufhoben. „Gehört das etwa dir?“, hörte ich den Kerl fragen.

Kevin war so schmal wie sein Kumpel breit war.

Sein dünnes Gesicht war unter der weiten Kapuze eines für ihn viel zu großen Hoodies versteckt, während seine mit einem Gürtel nicht sonderlich gut befestigte Baggyjeans fast auf den Knien hing. Nichts gegen Baggyjeans, aber warum musste ausgerechnet ein Kerl, dem die trendy pinke Unterwäsche aus der Hose herausschaute, sich über mich lustig machen? „Schau mal, Dennis, die Kleine hat Geld!“ Die Kleine? Also das wurde jetzt wirklich albern. Seelenruhig stand ich auf und wischte mir den Dreck von der Jacke. Eigentlich hatte ich nicht sobald vorgehabt, mir eine Neue zu kaufen, doch anscheinend wurde es langsam nötig. „Komm doch und hol dir das Geld, du fette F*tze!“, rief Kevin vor mir, der provozierend mit meinem Geld in der Hand spielte. Eigentlich hatte ich es wirklich nicht nötig, wegen der kleinen Summe mich mit ihnen anzulegen, aber es ging nicht darum. Es ging nur um das Prinzip, denn wo kämen wir denn hin, würde ich mir soetwas einfach gefallen lassen? „Ich habe nicht die Absicht, meinem Geld nachzulaufen.“, sagte ich gelassen, „Aber meinetwegen kannst du’s behalten, vielleicht reicht es, damit du dir deine Gehirn-Implantation leisten kannst.“ Einge Momente fassungslose Ruhe. Oder mussten die beiden erst noch nachdenken, bevor sie verstanden, was ich gerade gesagt hatte?

„Boaaah, Kevin, hast du gehört, was sie über dich gesagt hat?“, sagte der stämmig gebaute Junge namens Dennis gespielt beeindruckt. Er war einen halben Kopf kleiner als ich und hatte mehr Pickel im Gesicht als ein Streuselkuchen Streusel.

„Nun, ich hätte dasselbe gesagt, wenn ich zu faul wäre, für mein Geld zu arbeiten.“, meinte Kevin gelassen.

„Das Geld hat sich meine Familie bereits erarbeitet, falls du es noch nicht bemerkt hast, vielleicht ist das bei dir nicht so üblich,“, sagte ich kalt.

„Du dreckige F*tze, wenn du meine Familie beleidigst, kannst du was erleben!“, schrie der Typ zornig. Ich hatte doch lediglich… Genervt verdrehte ich innerlich die Augen und wollte an dem Jungen vorbei, doch er versperrte mir den Weg.

„F*tzen kommen hier nicht durch, du kleine Missgeburt!“, sagte der Junge gehässig.

Was denn nun? Diese Nervensäge war so etwas von kindisch, dass er sich nichteinmal für ein Schimpfwort entscheiden konnte.

„Wie bitte, sag das noch einmal, das habe ich nicht verstanden.", sagte ich leicht in einem verwirrten Tonfall und grinste frech. Sicher konnte er diese Wörter nichteinmal buchstabieren. Wie konnte man nur so fasziniert von solchen Schimpfwörtern sein? Kevin wirkte äußerst amüsiert und sagte noch lauter: „Ich sagte, dass ich kleine Schl*mpen wie dich hier nicht durchlasse.“

„Was hast du da gesagt?“, fragte ich gekünstelt empört klingend. Meine Augen waren auf einen Punkt hinter den beiden fixiert.

Kevin kringelte sich fast vor Lachen, als er wiederholte: „Ich lasse dich kleine H*re hier nicht vorbeigehen!“

Doch da wurde er schon von der Lehrerin hinter ihm an den Ohren gepackt.

„Was ist mit mir? Gelte ich auch als kleine H*re oder darf ich hier durch?“, fragte die kleine Schmidt. Die kleine Schmidt war mit ungefähr 1,40 m Körpergröße nicht nur die kleinste der drei Schmidts an unserer Schule, sie war auch Sportlehrerin und äußerst streng noch dazu. Dass sie so klein war, wusste sie gut dadurch auszugleichen, dass sie, wann immer ihr etwas nicht passte, auf ihre Trillerpfeife blies. Und das schien sich wohl auch außerhalb des Sportunterrichts so gut bewährt zu haben, dass sie diese Methode nun in allen Lebenslagen einsetzte.

Seitdem machten sich einige Schüler einen Spaß daraus, wann immer sie die Pfeife hörten, laut „Abseits!“, zu brüllen und sich danach nur so vor Lachen zu kugeln.

Ich nahm mein Geld aus der nach oben gerichteten Hand. „Danke.“, meinte ich stichelnd, während ich an ihm vorbeiging und die beiden nun ihrem Schicksal überließ. Irgendwie gelang es mir immer wieder, sie auszutricksen.
 

Und dann sah ich auf dem Weg zum Klassenzimmer vor mir auf einmal den Blonden von eben stehen, der mich freundlich anlächelte. „Ich wollte mich nur noch einmal bei dir dafür entschuldigen, dass ich dich eben ziemlich grob behandelt habe. Es ist keine Absicht gewesen.“ Seltsam, auf einmal kam er mir gar nicht mehr so groß vor. Er war genauso groß wie ich, vielleicht ein paar Zentimeter größer und hatte wunderschöne dunkelblaue Augen, die einen klaren Blick erkennen ließen. Ich sah sie mir einen Moment an und konnte die Treue fühlen, die er mir mit seinem Blick entgegenwarf. Ein Aspekt an Menschen, auf den ich besonders achtete, weil es mir gefiel, wenn sie ihn aufweisen konnten. Seine goldblonden Haare waren leicht zerwuschelt und ein wenig länger als die meiner anderen Mitschüler. Ein kleiner, runder Ohrring steckte an seinem langem, linken Ohr, er hatte genau dasselbe Blau wie seine Augen. Er wirkte mir auf Anhieb sympathisch, und obwohl ich ihn gar nicht kannte, glaubte ich ihn irgendwo schon einmal gesehen zu haben. Wo nur?

Ich nickte ihm nur verwundert zu. Kein Problem. Aber ich hätte nicht damit gerechnet, dass sich irgendwer einmal so offenherzig dafür bei mir entschuldigen würde, mich angerempelt zu haben. „Ich habe dich im Bus gesehen. In der Stadtlinie, nicht wahr?“, fragte er und blickte mich freundlich an. „Ja, ich fahre immer mit dem Bus…“, meinte ich etwas verdattert.

Es kam mir vor, als würde ich diese Stimme seit Ewigkeiten kennen, aber mir wollte einfach nicht einfallen, woher…

„Wenn es dir nichts ausmacht, können wir ja vielleicht gemeinsam fahren?“, schlug der Junge vor.

„Ja, gerne,“, sagte ich. Warum eigentlich nicht?

„In Ordnung, ich muss jetzt aber gehen. Ich habe noch vier Stunden,“, sagte ich und fragte: „In welche Klasse gehst du, wenn ich fragen darf…? Ich meine, ich habe ich hier noch nie zuvor gesehen.“

„Ich bin neu. Ich werde diese Stunde meiner neuen Klasse zugeteilt.“, sagte der Junge froh. „Also sehen wir uns dann hier? Nach der Schule?“

„Na dann bis nachher.“, sagte ich beschwingt und verabschiedete mich noch von ihm, bevor ich zur Stunde ging. Warum in aller Welt glaubte ich auf einmal, wildfremde Menschen zu kennen?

Gestatten, Kokari, Links Ebenbild

Kurz darauf hatten wir Mathe. Unser Fachlehrer war auch unser Klassenlehrer, der uns immer nur Gutes wollte. Die meisten Schüler konnten ihn nicht besonders leiden, da man bei seinem Verhalten eher an eine Art zerstreuten Professor als an einen Lehrer dachte. Unsere Klasse jedoch mochte ihn sehr und ich hätte mir keinen besseren Klassenlehrer wünschen können. Aber an diesem Tag hatte er ein paar Minuten Verspätung, was sehr selten bei ihm vorkam, und die die anderen nutzten, um schnell nicht angefertigte Hausaufgaben oder Sonstiges zu erledigen, während die, die die Hausaufgaben hatten, sich mit der Tafelkreide bewarfen.

Ich saß unter meinem Tisch und tat so, als würde ich in meiner Tasche kramen, was ich auch tat, jedoch nur um den Kreidestückchen auszuweichen, die ständig über meinen Platz segelten. Die Flecken auf meiner Jacke genügten bereits.

Und so wartete ich darauf, dass unser Klassenlehrer endlich erschien.

In einer Ecke standen Natalie und Kathrin, die mir aufmunternd die Daumen entgegenhielten, die beiden, mit denen ich mich in meiner Klasse noch am Besten verstand. Schmunzelnd zwinkerte ich ihnen zu.
 

Dann hörte ich die Tür zufallen und merkte, wie sich alle Schüler auf ihre Plätze setzten. Schnell kam ich wieder mit dem Buch unter dem Arm unter dem Tisch hervor und setzte mich auf meinen Stuhl. Unser Lehrer kam mit großen Schritten in die Klasse stolziert und stellte seinen Aktenkoffer mit den Lernmaterialien auf das Pult. „So, ich habe euch jemanden vorzustellen. Wir haben jemand neuen in der Klasse.“, sagte er hastig und verschluckte sich dabei fast. Einige kicherten. Bitte nicht noch einen Rüpel wie Dennis und Kevin, dachte ich nur, denn nach dem heutigen Tag konnte ich wirklich nicht nocheinen von dieser Sorte gebrauchen. Und dann sah ich, wie der Blonde von eben in die Klasse kam und ein kleiner Stein fiel mir vom Herzen. Doch kein Rüpel. Er war Neuntklässler?

„Nun, dann stell dich doch mal bitte der Klasse vor.“, meinte unser Lehrer heiter wie immer.

„Hi,“, sagte der Neue fröhlich, aber ruhig und gelassen.

„Also ich bin Kokari Miyamoto und komme aus Japan, aber meine Eltern sind europäischen Ursprungs und ich also in gewisser Weise auch... Ich wohne erst seit ein paar Tagen hier und kenne mich noch nicht sonderlich gut hier aus.“, sagte er und beim letzten Satz wurde seine Stimme immer unsicherer, als er seine Augen einmal durch den Raum streifen ließ. Dann sah er mich direkt vor ihm in der zweiten Reihe sitzen und sah etwas erleichterter aus. Ich nickte ihm aufmunternd zu. „Jedenfalls hoffe ich, dass wir uns gut verstehen.“, meinte er noch abschließend und sah dann wieder zu mir. Und wieder hatte ich das Gefühl ihn zu kennen…

„Nun, dann setz dich doch mal irgendwo hin, Kokari,“, haspelte unser Lehrer und ließ ein paar verzweifelte Blicke über den vollen Klassenraum wandern.

Dann blieb er am leeren Platz neben mir hängen.

„Wie wäre es, wenn du…“, fing er gerade an, da hatte sich Kokari auch schon neben mich gesetzt.

„Uhhlala,“, tönte es wie im Chor aus den hinteren Bankreihen, doch weder mich noch ihn störte das Recht viel, auch wenn ich innerlich wieder die Augen verdrehte.

Ich war vielleicht noch lange nicht erwachsen, aber so einen Kindergartenmist brauchte doch wirklich keiner.

„So, dann schlagt mal eurer Buch auf Seite…“, fing der Lehrer direkt wieder an.

Ich schlug meine Federmappe auf und erblickte sogleich das kleine Triforcesymbol, das ich darauf gekritzelt hatte, als mir langweilig war. Ich musste schmunzeln. Zelda-Artikel selbstgemacht. Und in dem kleinen Fach aus Plastik, indem vorher eine kleine Verkehrsschule gesteckt hatte, erblickte ich mein Lieblingsbild von „Twilight Princess“, sprich TP, auf dem Link auf Epona sitzt und sich hinter ihm ein scheinbar endloser Wolkenhimmel zu ergießen scheint. Und dann hielt ich wie eingefroren inne. Aber das war es…
 

Abwechselnd sah ich auf das kleine Bild und dann wieder auf meinen Banknachbarn. Warum war mir das nicht früher aufgefallen? Konnte das sein…?

Dieser Kokari schien eine verblüffende Ähnlichkeit mit Link zu besitzen.

Vielleicht war hatte ich deshalb das Gefühl gehabt, ihn zu kennen.

Jetzt war ich wohl ganz verrückt. Freak. Und was für einer.

Nicht Kokari, sondern ich meinte mich. Ich fing schon an, meine Mitschüler mit Protagonisten aus der Zeldareihe zu vergleichen… Aber hätte man einen Zeldafilm gedreht, wäre Kokari der perfekte Hauptdarsteller gewesen. Er glich ihm tatsächlich wie ein Ei dem anderen, nur dass er natürlich keine grüne Rüstung oder gar eine Zipfelmütze trug. Von der Kleidung sah er aus wie jeder andere auch: Weiße Sportjacke, hellblaues T-Shirt, schwarze Jeans. Detailmäßig verglich ihn einmal unbemerkt mit dem kleinen Bild in meiner Mappe. Er hatte wirklich ein paar spitze Ohren, und sogar sein Ohrring war auf derselben Seite. Hätte das jemand gewusst, hätte er mich wohl für verrückt erklärt, aber das war tatsächlich eine solch verblüffende Ähnlichkeit… Schließlich drehte sich Kokari zu mir um und musterte mich besorgt, als ich ihn so gedankenverloren angestarrt hatte, und nahm dabei unweigerlich dieselbe Pose ein wie Link auf dem Bild. Ich blinzelte, um den Kopf frei zu bekommen.
 

„Was ist los?“, fragte er leise, aber freundlich.

„Ich ähm,… Also, nichts, ich habe nur gerade überlegt, ob ich dich eben im Bus vielleicht auch schon gesehen habe.“, stotterte ich.

Kokari lächelte. „Nun, vielleicht. Ich habe ganz hinten in der letzten Reihe gesessen.“ Ich konnte ihm doch unmöglich verklickern, dass ich ihn gerade mit einer Figur aus meinem Lieblingsvideospiel verglichen hatte. Der Matheunterricht war langweilig wie immer. Dreiecke, Dreiecke, nichts als Dreiecke und Wiederholungsaufgaben. Ich war zwar nicht gerade die beste in Mathe, aber ehrlich gestanden interessierte ich mich auch nicht sonderlich dafür. Wer brauchte in einer Zeit der Taschencomputer und Handys denn wirklich noch die Berechnung von Katheten? Man muss doch nicht alles wissen, man muss nur wissen, wo es steht. Ich war sowieso mehr die sprachlich Begabte. Es gab Wichtigeres…
 

Ich musste schmunzeln, als ich daran dachte, dass sich dieses Ebenbild eines hylianischen Helden ausgerechnet neben den einzigen Zeldakenner aus der Klasse gesetzt hatte. Vielleicht war es auch gar kein Zufall, dass Kokari so aussah, vielleicht war er nur ein großer Link-Fan. Aber dann war es wiederum ein verdammt großer Zufall, dass sogar seine Gesichtspartien und sein Körperbau ihm so stark ähnelten. Würde man ihn in grüne Kleidung stecken, er sähe genauso aus, vielleicht bis auf das Triforcesymbol an der Hand.

Geistesabwesend sah ich auf die Hand von Kokari und kaute auf dem Ende meines Bleistiftes herum. Ein schwarzer Handschuh verdeckte seinen linke Handrücken. Das wurde ja immer geheimnisvoller, schmunzelte ich. Ob ihn noch niemand auf diese Ähnlichkeit hingewiesen hatte? Irgendwie faszinierte mich dieser Hauch von Mystik, der diesen Jungen umgab...
 

Gerade war ich draußen, nachdem es zur Pause geschellt hatte, als ich bemerkte, dass Kokari mir gefolgt war. „Tut mir Leid, dass ich dich schon wieder störe, aber wärst du wohl in der Lage, mir vielleicht die Schule zu zeigen?“, fragte er wohl etwas verlegen.

„Weil ich mich hier noch nicht so gut auskenne und…“

„Ist ja schon gut, du brauchst dich doch nicht schon wieder zu entschuldigen.“, lachte ich. „Ich tu das doch gerne.“

So gingen wir über den Schulhof, bis ich sah, wie die beiden Raudis hinter uns aus der Klasse kamen und sich suchen umschauten. Anscheinend waren sie noch immer sauer, dass ich ihnen die ellenlange Standpauke der kleinen Schmidt ein weiteres Mal verschafft hatte. Langsam kamen sie in unsere Richtung. Ich hatte keine Lust darauf.

„Oh, bitte versteck mich ganz kurz.“, bat ich Kokari und huschte schnell hinter ihn, bevor er auch nur fragen konnte, was das sollte. Langsam gingen die beiden an uns vorbei, und ich merkte, wie Kokari ihnen fragende Blicke hinterherwarf.

„War das wegen den beiden dort?“ „So ungefähr,“, antwortete ich knapp. „Es gab da einige Zwischenfälle…“

„Haben dir die beiden Jünglinge etwas angetan?“, fragte er ausdruckslos und starrte ihnen immer noch hinterher.

„Nein, nein, nicht wirklich, aber die können manchmal sehr, ähm, belästigend werden.“, sagte ich. „Und ich habe noch vor, heute mit deiner Besichtigung fertig zu werden.“, fügte ich schmunzelnd hinzu. Kokari lachte. Kurz darauf hörte ich es schon von hinten. „Da ist die Alte! Komm schon, ich hab sie!“ Ich verdrehte die Augen. Dann hatten sie mich doch gesehen… Hechelnd kamen die beiden angerannt, wie zwei Hunde, die zulange neben einem Fahrrad hergelaufen waren. „Was wollt ihr denn schon wieder? Ich habe etwas zu tun, verzieht euch, oder soll ich die Schmidt nochmal rufen?“, fragte ich genervt, ohne sie überhaupt anzusehen oder mich zu ihnen umzudrehen. Und ja, in diesem Moment gab ich mich ausnahmsweise mal cooler, als ich eigentlich war. Wenn Kokari merkte, mit was für einem Außenseiter er hier herumhang, wollte er vielleicht nichts mehr von mir wissen...

„Dafür wirst du bezahlen, dass du uns so eiskalt verpfiffen hast!“, schrie der erste der beiden mich an.

„Wieso verpfiffen? Wenn ihr mich doch nicht in Ruhe lasst, seid ihr es selbst schuld… Ach, verschwindet endlich…“, sagte ich und setzte eine gelangweilte Miene auf.

„Als ob wir dich hässliches Drecksstück einfach ziehen lassen würden.“, lachte der andere. „Jetzt kriegst du eine Abreibung, die sich gewaschen hat!“, sagte Kevin wütend.

„Kommt doch her, ich habe keine Angst.“, meinte ich unbeeindruckt und ging. Das fehlte noch, dass ich mich von den beiden unreifen Küken verprügeln ließ.

„Du kleine Schl*mpe!“, schrie Dennis. Ich merkte, wie Kokaris Blick sich verfinsterte.

„Lasst sie in Ruhe.“, sagte er bestimmt und folgte mir.

„Was bist du denn für einer?“, fragte Kevin, folgte uns und warf Kokari einen abwertenden Blick zu. „Bist du jetzt ihr neuer Macker oder was?“

Kokari sagte nichts, sondern hörte mir aufmerksam zu, als ich ihm zeigte, in welchem Raum wir Chemie hatten, da er sogar denselben Kurs, Informatik, gewählt hatte wie ich und wir daher in Zukunft alle Fächer gemeinsam haben würden. Eigentlich eine schöne Aussicht...

„Guck mal, Kevin, wie die Schl*mpe heute schon wieder aussieht!“, meinte Dennis vergnügt mit einem Blick auf meine noch immer Dreck verschmierten Klamotten.

Warum mussten mich diese Rowdys auch immer aus meinen Gedanken holen?

„Hm, haben wir fein hingekriegt, nicht wahr?“, fragte Kevin mich daraufhin, doch ich ignorierte ihn.

„Aber es passt auch gut zu ihr. Dreck zu Dreck, Asche zu Asche… Scheiße zu Scheiße.“

Also ehrlich, die kannten mich doch gar nicht, wie kamen sie darauf, mich beurteilen zu können? Kokari wurde angespannt.

„Sagt mal, habt ihr nichts besseres zu tun, als das junge Mädchen als Dirne zu bezeichnen?“, fragte er.

„Ach, haben wir deine Freundin beleidigt? Das tut uns aber Leid!“, sagte Kevin amüsiert. „Lasst sie einfach in Ruhe!“, sagte Kokari dann laut in einem Ton, dem ich mich nicht getraut hätte zu widersetzen. Ich war aus irgendeinem Grund beeindruckt, welche Atmosphäre allein der Tonfall Kokaris auslösen konnte. Es schien fast, als würde die gesamte Aula einige Momente die Luft anhalten. Einige Minuten Stille, als ihn drei verdutzte Blicke trafen.
 

„Was glaubst du denn, wer du bist, du Chinese?“, fragte Dennis empört.

Japaner, sagte ich mir, Japaner, ihr Trottel!

„Dieser 'Chinese' hat mit uns ja gar nichts zu tun, also lasst ihn gefälligst da raus und zieht Leine! Das ist eine Sache zwischen uns dreien!“, meinte ich daraufhin und zeigte in eine der möglichen Richtungen, in denen sie verschwinden konnten.

„Hab‘ ich mit dir geredet, Schl*mpe?“, fragte Kevin und rümpfte sich die Nase. „Jetzt sind eh‘ keine Lehrer draußen, du brauchst dir gar nicht die Mühe zu machen, uns zu verpetzen, du N*tte!“

„Das ist zuviel!“, hörte ich Kokari sagen, als er auf Kevin zuging.

Ich fasste ihn nur am Arm und schüttelte schweigend den Kopf. Das war ja das, was sie wollten, eine kleine Handgreiflichkeit… Kokari verstand es und nickte mir zu, während wir von dannen zogen.

„Ach, jetzt weiß ich es! Das ist der, von dem sie die ganze Zeit behaupten, er wäre so ein Computerfreak, weil er genauso aussieht wie eine Person aus einem Spiel!“, rief Kevin und schlug sich mit der Hand gegen den Kopf. Kokari sagte gar nichts, sondern ging einfach weiter neben mir her.

„Der Typ ist doch voll der Noob!“, meinte Dennis daraufhin bestätigend. Ich merkte, dass sich mein Blut langsam erhitzte. Wie lange konnte ich meine eigenen Vorsätze eigentlich halten? Wenn sie mich beleidigten, meinetwegen, aber sie sollten gefälligst lassen, Kokari zu beschimpfen!

Er hatte erst Recht mit dieser Sache nichts zu tun, und ich wollte nicht, dass er meinwetwegen vom ersten Schultag an zu den Unbeliebten zählte. Er war so nett.

Kokari sagte immer noch nichts, sondern ging noch immer nur still neben mir her.

Es kam mir fast vor, als ob er ein wenig grinste und ich fragte mich, ob er es als Bluff tat oder weil es ihn wirklich amüsierte.

„Der hält sich bestimmt selber für eine Computerspielperson! Der hat doch keine Freunde, muss sich schon so eine als Freundin angeln.“

„Einfach ignorieren,“, sagte Kokari völlig gelassen zu mir. Ich nickte nur still, merkte aber, dass ich mir bereits die Schuld daran gab, falls er demnächst auch dazu verdammt war, allein in der Ecke zu stehen.

„Guck dir den doch mal an! Der hat doch kein Reallife!“, sagte Kevin vergnügt und tänzelte neben Kokari her, als erwarte er irgendeine Reaktion von ihm.

Das brachte das Fass zum Überlaufen. Aufgebracht drehte ich mich auf dem Absatz um. „Nur weil er ein bisschen reifer ist als du, brauchst du doch nicht gleich von dir auf andere zu schließen!“, rief ich ihm entgegen.

„Ach, glaubst du? Der hat doch selber gesagt, dass er keine Freunde hat. Der ist doch voll das Opfer!“

Bevor Kokari mich zurückhalten konnte, hatte ich Kevin schon so ins Gesicht geschlagen, dass ihm einige Momente Hören und Sehen verging, und dass auf eine gar nicht mädchenhafte Art und Weise.

„Sag mal, hast du-?“, fing Dennis an und wollte ebenfalls auf mich losgehen, als ich seine Schulter packte, seinen Arm ruckartig auf die Seite drehte und er der Nase nach schmerzhaft in den Dreck fiel. Vielleicht zahlte es sich jetzt aus, dass ich früher mit den Jungs in der Grundschule spaßeshalber immer Ringen gespielt hatte, anstatt Seil zu hüpfen. Aber ich war ohnehin ein echter Tomboy, ein Wildfang, der wenigen Beschäftigungen nachging, die typisch Mädchen waren. Bevor er erneut aufstehen konnte, hatte ich ihm schon mein Knie in den Rücken gedrückt und hielt seine Arme nach oben, damit er sich nicht wehren konnte.

„Verschwindet und nehmt alles zurück, was ihr über ihn gesagt habt!“, zischte ich und kam mir selbst schon vor wie eine Furie.

„Ich nehme nicht... Autsch! Okay, ich nehme ja alles zurück, er ist kein Noob!“, rief Dennis verzweifelt und lief mit Kevin fort, als ich ihn losließ. Kevin fing an, Dennis zu schubsen. Als die beiden sich vor Wut gegenseitig fertigmachend um die nächste Ecke bogen, hörte ich nur noch den Pfiff einer Trillerpfeife und ein „Abseits!“.

Kokari und ich grinsten uns an.
 

Schnell sammelten sich die verbliebenen Schulstunden, bis es klingelte.

„Sag mal, bleibt es nun bei der Busfahrt?“, fragte Kokari mich während wir unsere Taschen einpackten.

„Natürlich, warum sollte es nicht dabei bleiben?“, fragte ich noch immer belustigt.

Und so schlenderten wir gemütlich bis zur Haltestelle.

„Apropos, ich kenne deinen Namen ja noch nicht einmal,“, fiel Kokari auf einmal ein.

„Ich heiße Gina,“, sagte ich recht belanglos. Ich mochte den NAmen nicht besonders, er hatte keinen schönen Klang.

„Hm, die Königin…“, murmelte Kokari leise und lächelte.

„Ehrlich gesagt wäre es das letzte was ich wollte. Eine Königin sein und den ganzen Tag nichts anderes als essen und schlafen. Pfui,“, entgegnete ich schmunzelnd. Königin war der Folgetitel einer Prinzessin. Und wenn es etwas gab, dass mit mir im Zusammenhang wirklich lächerlich klang, war es das Wort Prinzessin.

Kokari lachte.

„Ich glaube, das wäre tatsächlich etwas langweilig. Aber du hättest ja auch die Möglichkeit, wichtige Entscheidungen für dein Königreich zu treffen.“

Zelda fiel mir ein, wie sie vor Zanto stand und langsam ihr Schwert fallen ließ.

„Das wäre ein weiterer Grund, keine Führungspersönlichkeit zu werden.“, sagte ich entschieden.

„Warum denn? Du könntest über ein ganzes Land bestimmen.“

„Aber ich würde die gesamte Verantwortung tragen. Stell dir mal vor, ich würde nur eine einzige falsche Entscheidung treffen. Ich wäre Schuld am gesamten Unglück meines Volkes, nicht wahr?“, fragte ich Kokari, während ich in den Bus einstieg.

„Nun, da könntest du Recht haben. Außerdem hättest du eine Würde, die dich von allen anderen abgrenzt.“, stimmte er leicht niedergeschlagen zu.

Einen Moment sah es aus, als würde er in Gedanken schweben. Ich war verwundert.

„Ist was nicht in Ordnung?“, fragte ich besorgt.

„Nein, was sollte denn sein?“, erwiderte er dann schon wieder direkt fröhlicher, als wäre nichts gewesen.

„Woher kommt eigentlich der Name Kokari?“, fragte ich ihn interessiert und nahm auf einem der hinteren Sitze Platz.

„Ich weiß nicht genau. Ich weiß nicht allzu viel über die Bräuche, geschweige denn über die Namen meines Landes.“, meinte er.

„Kannst du denn Japanisch?“, fragte ich weiter.

„Nun, ein wenig. Einfache Sätze schon,“ Kokari sprach etwas sehr japanisch Klingendes aus.

Ich war total fasziniert davon, wie einfach er die Wörter über die Lippen brachte und sah ihn mit funkelnden Augen an, denn es war selbst schon immer mein Traum gewesen, Japanisch zu können. Aber war das nicht der Traum jedes Otakus?

„Das ist ja klasse. Was bedeutet das denn?“

Aufgeweckt sah Kokari mir in die Augen: „Es heißt: Ich habe in dir einen Freund gefunden.“ Ich lachte.

Er erzählte mir noch ein wenig über die Traditionen Japans und ich hörte gespannt zu. Er sah keinesfalls einem typischen Japaner ähnlich, nicht einmal an den Augen würde man erkennen, dass er aus Japan kam. Europäische Eltern. „…Selbst der Japanische Musikstil ist ein völlig anderer als dieser hier.“, sprach er begeistert.

„Yup, das kann ich nur bestätigen, ich höre nämlich auch manches davon.“, meinte ich und zwinkerte.

„Ich habe meinen MP3-Player dabei. Soll ich etwas anmachen?“, fragte ich und holte das kleine schwarze Etwas aus der Tasche.

„Natürlich gerne, wenn es dir nichts ausmacht.“, sagte Kokari höflich und ich steckte die Kopfhörer ein. Dann blickte ich auf das kleine eckige Display.

„Salias Lied.mp3“, stand darauf. Nicht gerade das passendste Lied… Immerhin ging ich bereits vielen meiner wenigen Freunde mit meiner fanatischen Sucht nach Zelda ein wenig auf den Wecker. Ob er wohl Lust hatte, instrumentale Musik zu hören?

Gerade wollte ich fragen, ob er vielleicht einen bestimmten Wunsch hätte, was er hören wollte, da nickte er mir auch schon zu. Also nicht umschalten, umso besser.

Mit einem freien Ohr unterhielten wir uns noch etwas über die Matheaufgaben, dass sie ruhig etwas schwieriger hätten sein können, bis das Lied zu Ende war. Heute war ich irgendwie besser zurecht gekommen als sonst.

„Oh, kannst du das noch einmal anmachen?“, fragte Kokari mich kurz darauf.

„Klar. Gefällt dir das Lied denn?“

„Natürlich, was gibt es schöneres als den feurigen Rhythmus der Wälder?“, meinte er nur und grinste. „Also kennst du das Spiel auch?“, fragte ich erstaunt.

Aus irgendeinem Grund hatte ich nicht damit gerechnet, was auch immer das für ein Grund war. Vielleicht, weil ich bisher nicht allzu viele Leute getroffen hatte, die überhaupt etwas mit dem Namen des Spiels anzufangen wussten.

„Du meinst 'The Legend of Zelda'? Natürlich, man vergleicht mich häufig mit dem Hauptprotagonisten!“, lachte Kokari. Er hatte ein schönes Lachen. Es klang so natürlich.

„Du siehst Link aber auch verdammt ähnlich.“, stellte ich fest und musterte ihn nachdenklich.

„Das kann schon sein. Schau dir allein mal meine Ohren an. Aber es ist sicher keine Absicht, dass ich so aussehe wie er. Obwohl ich das nicht einmal so schlecht finde,“, meinte Kokari schmunzelnd und sah beschämt auf seine Füße.

Sehnsucht nach Hyrule

Zuhause angekommen legte ich meine Schultasche neben die Tür und hing meine Jacke an das Geländer, dass zu meinem Zimmer führte. So, Hausaufgaben gab es keine, alles war aufgeräumt und ansonsten hatte ich heute nichts vor. Was nun? Ich stieg die Treppe zu meinem Zimmer hoch. Da fiel mein Blick auf ein kleines Poster an meinem Schrank. Gedankenverloren legte ich mich auf mein Bett und starrte an die Decke. Hunderte Bilder hangen dort. Und jedes einzelne davon trug mindestens an einer Ecke den Namen „Zelda“, obwohl gut auf einem Drittel von ihnen nur Link abgebildet war und keine weise Prinzessin mit denselbem Namen.

„Sag mal, kann es sein, dass mich deine Welt langsam verrückt macht?“, fragte ich meinen Freund in Gedanken oben an der Decke. Er antwortete nicht. Trotzdem mochte ich Link genauso, als wäre er eine reale Person. Für mich war er real wie jeder andere.

Und wenn er auch nur flach an der Decke klebte, hörte er mir immer in aller Ruhe zu, wenn ich ihm etwas erzählte. Manchmal merkte ich selbst, wie abgedreht das war, aber in gewisser Hinsicht war ich auch schon so verrückt, dass es eigentlich schon wieder zu mir passte. Wie verwirrend. Und so wurde ich mit meiner paranoiden Art das Gefühl einfach nicht los, dass hinter Kokari tatsächlich der verborgene Link steckte, eine Figur aus einem Videospiel. So viele Zufälle gab es einfach nicht auf einmal.

Zum einen Unterschied sich sein Name nur um einen Vokal von dem Wort Kokiri, von dem Link viele Jahre seines Lebens geglaubt hatte, selbst einer zu sein. Sein Nachname war derselbe wie der des Entwicklers von Zelda, Donkey Kong und Mario, Shigeru Miyamoto, eine der größten Legenden der Spielebranche. Selbst wenn es den Namen in Japan vielleicht wie Sand am Meer gab, was ich nicht wusste, war das ein großer Zufall.

Dann sein Aussehen, nicht nur körperlich, sondern auch stilmäßig, wenn auch moderner, glich er Link. Heutzutage trug schließlich nicht mehr jeder Lederschuhe, vorallem in diesem Alter nicht.

Und, wenn ich es so werten würde, besaß er sogar dieselben Charaktereigenschaften, die den hylianischen Helden ausmachten: Mut, Selbstlosigkeit und unfehlbare Treue seinen Freunden gegenüber, jedenfalls dem nach, was ich heute über ihn erfahren hatte. Gab es vielleicht auch in unserer Welt so etwas wie Reinkarnationen?

Es klang vielleicht absurd, jedoch wünschte ich mir, nur einmal einen Blick auf den Handrücken zu werfen, der verborgen unter dem Handschuh lag.
 

Um mich abzulenken, beschloss ich, etwas zu zeichnen. Eins meiner liebsten Hobbys neben dem Zocken und Schwimmen gehen, und nach jahrelanger Übung war ich auch ziemlich gut darin geworden, weil ich mich kaum mit etwas anderem beschäftigte. Es war nur dumm, dass mir wie öfters in letzter Zeit einfach nichts einfallen wollte, was ich auf Papier hätte bannen können. Jegliches Bild aus meinen Gedanken klebte bereits an der Wand. Ich legte den großen Din-A3-Block, den ich mir gerade vom Nachttisch geschnappt hatte, wieder beiseite, und schaltete seufzend die Wii an. Eigentlich hatte ich vorgehabt, Mario Kart zu spielen, doch wieder einmal versagte ich an der Anziehungskraft der alten „Ocarina of Time“-Disk. War doch klar. Erneut seufzend drückte ich auf Start. Hatte ich mich nicht eigentlich ablenken wollen?
 

Das Spiel startete langsam, als es fertig geladen hatte, sah ich mir eine Weile das Intro an. Bei meinem aktuellen Spielstand war ich gerade im Schattentempel. Ich spielte erst wenige Minuten, bevor ich merkte, dass es schon wieder passierte. Das, was seit einiger Zeit öfters passierte. Halt…“, flüsterte ich leise.

Umgehend ließ ich den Controller fallen, griff hastig nach der Fernbedienung und schaltete die Wii wieder aus.

Ich kniff die Augen zu und zwang mich, an etwas anderes zu denken, doch es war zu spät.
 

Vor meinen Augen tauchte ein Korridor auf, dunkler als alles, was ich bisher gesehen hatte. Zu beiden Seiten führte er weiter, während vor mir eine beige Wand den Weg versperrte. Unheimliche Fratzen schauten mich im gleichen Abstand von der Wand gegenüber an, und es dauerte einen Moment, bis ich erleichtert feststellte, dass es nur Wandmalereien waren. Auf jedem Stück der bröckelnden Mauer prangte dasselbe, fürchterliche Gemälde von der Figur mit dem kalten Blick.

Als ich die Figur mir gegenüber genauer musterte, merkte ich, dass ihre Augen, anders als die übrigen, rot leuchteten. Vorsichtig, aber so, als wüsste ich genau, dass es nur den einen Ausgang gäbe, ging ich darauf zu. Plötzlich jedoch schien das Bild jedoch zu blinzeln, als seine Augen kurz erloschen und direkt darauf weiter strahlten, als sei nichts gewesen. Ich erschrak und wich entsetzt von der Wand zurück. „Ja, du hast Angst…“, hörte ich auf einmal eine amüsierte Stimme in meinem Kopf. Instinktiv wusste ich, dass die nunmehr schattenhafte Silhoutte vor mir zu mir sprach, und blickte sie entgeistert an.

Sie schien zu lachen.

„Angst… Wie jämmerlich…“ Die Wand kam immer näher. Ich wollte zurück gehen, aber es ging nicht. Ich rutschte unentwegt auf die Wand zu.

„Stopp!“, schrie ich aus Leibeskräften.
 

Dann verschwand das Bild ebenso wie alle anderen in einem schwarzen Nebelschleier und vor mir tauchte wieder die harmlose Kommode auf, auf der mein Fernseher stand. Ich atmete schwer.

„Schatz? Alles in Ordnung?“, hörte ich die Stimme meiner Mutter besorgt fragen. Bis eben war ich allein gewesen, sie musste also gekommen sein, während ich gerade weggetreten war.

„Ja-ha, alles in Ordnung!“, rief ich so laut es ging zurück, damit sie sich keine Gedanken machte. Ich schüttelte den Kopf. Gina, du Dummkopf. Ich hätte wissen müssen, dass es wieder passieren würde, wenn ich erneut spielte. Ich wusste, dass ich nicht ganz normal war, aber war es etwa normal, dass soetwas passierte, sobald man ein Computerspiel startete? Jedesmal, wenn ich es gespielt hatte, war es bisher so ausgegangen, und ich vermochte schon gar nicht mehr zu sagen, wieviele Jahre es schon so ging. Aber ich wusste ganz genau, wie es angefangen hatte. Wie diese Verbundenheit mit etwas nicht realem begonnen hatte, als ich in OoT gerade die Lon-Lon-Farm von Basil erlöst und Epona befreit hatte. Ich war gerade dabei gewesen, die Stute über die Ebene zu lenken, als es mich wie ein Blitzschlag getroffen hatte und ich aufeinmal das Gefühl gehabt hatte, selbst auf einem Pferd zu sitzen. Nichts weiter. Einige Sekunden hatte ich nur das Bild vor Augen gehabt, selbst durch die hylianische Steppe zu reiten. Damals hatte ich es darauf geschoben, zu lange an einem Stück gespielt zu haben.

Doch mit der Zeit waren diese Augenblicke immer öfter und länger aufgetreten, sobald ich spielte, und die Wahrnehmung immer realistischer, sodass man es eigentlich nicht länger „träumen“ nennen konnte. Ob es der Hyliasee war, das Kokiridorf oder der Feuertempel, wo ich vorher nur einige Bilder gesehen hatte, tauchten plötzlich ganze unverpixelte Filme in meinen Gedanken auf, von einem Detailreichtum, den ich niemals hätte träumen können. Gerüche, die ich mein Lebtag noch nicht wahrgenommen hatte, zogen plötzlich durch meine Nase.

Ich konnte die Sonne auf meiner Haut spüren und meine Gedanken veränderten sich, als wäre dies alles wirklich. Und es begrenzte sich auch nicht nur auf „Ocarina of Time“.

Ich hatte nichteinmal gewusst, wie lange und an welchen Stellen es genau passierte, es war einfach von einer Sekunde auf die andere über mich gekommen.

Und langsam, aber sicher wurde aus diesen Ausnahmefällen die Routine, und irgendwann träumte ich auch davon, ohne zu spielen. Trotzallem gelang es mir nicht, mich dem Spiel zu entziehen. So merkwürdig ich es auch fand, aber ich konnte einfach nicht aufhören. Um des Willens Willen spielte ich weiter, aus welchem Grund auch immer. Irgendwie übte es eine geheimnisvolle Anziehungskraft auf mich aus, der ich mich nicht enthalten konnte. Man konnte mich Suchti nennen, aber es war etwas anderes… Mit diesen Szenen verband sich immer ein Stück Geborgenheit, so, als würde ich dies alles nicht träumen, sondern kennen.
 

Als wären es Erinnerungen. Es war ein wenig wie… Heimweh. Hätte ich das alles jemandem erzählt, ich wäre womöglich in der Irrenanstalt gelandet. Also behielt ich es für mich. Mit der Weile fand ich sogar Spaß daran, dermaßen in mein Lieblingsspiel einzutauchen, während mir bewusst wurde, dass das alles niemals im Leben unwirklich sein konnte. Aber nun war es langsam anders geworden… Seit einiger Zeit beunruhigte mich etwas an den Szenen, dass mich das Spiel immer wieder zwanghaft unterbrechen ließ. Denn die Szenen waren dunkler geworden, sehr viel dunkler. Wo vorher nur fröhlich ein Pferd geritten war, verblasste nun die Sonne und Monster verwüsteten das Land. Orte, an denen man vorher gerne seinen Urlaub verbracht hätte, hatten sich vor ein paar Wochen mit der Zeit langsam in Schlachtfelder verwandelt. Stellen, denen man im Spiel nichteinmal besondere Beachtung schenkte, weil sie unwichtig waren, bekamen an Bedeutung, weil sie in meinen Vorstellungen schrecklicher und grauenhafter waren, als man sie am Bildschirm darstellte. Seitdem fristete ich nur noch schlaflose Nächte. Was aber noch viel schlimmer war...
 

Das Gefühl, dieses Heimweh, hatte massiv zugenommen. Es war so stark, dass ich fürchtete, auseinanderzureißen, weil es so stark an mir zerrte. Und genau wie jedesmal musste ich mir auch jetzt erst einmal bewusst werden, dass das alles nichts bedeutete. Diese Dunkelheit war nicht wirklich gewesen. Und es hatte mit mir überhaupt nichts zu tun. Ich saß nur vor dem Fernseher und hatte gespielt, ich war nicht in irgendeinem Tempel gewesen… Und selbst wenn, was war schlimm daran? Diese Wand war doch noch vollkommen harmlos. Mein Traum vom Hirnsauger letzte Woche war eindeutig schlimmer gewesen...
 

Am nächsten Tag tat sich mir ziemlicher Zeitdruck auf, denn durch zahlreiche Umleitungen, herbeigeführt durch den Unfall eines Lastwagens, hatte man die Busverbindungen durch die Ortschaften vorerst gestrichen, sodass ich mit meinem Roller vorlieb nehmen musste. Leider hatte ich jedoch vergessen, zu tanken. So lieh ich mir das Benzin des Rasenmähers meines Opas aus in der Hoffnung, dass er an diesem Morgen nicht vorhaben würde, Gras zu schneiden, warum auch immer er das tun sollte. Mit den dreißig Stundenkilometern, die ich vorerst fahren dürfte, war ich nun also auf Schlagloch gespickten Landstraßen auf dem Weg zur Schule. Eigentlich hatte ich es gar nicht zwingend nötig gehabt, einen Führerschein zu machen, aber nachdem mein Großvater mir schoneinmal den Vorschlag gemacht hatte, war ich natürlich Feuer und Flamme gewesen. Auch wenn er nur ein wenig schneller war als ein gewöhnlicher Radfahrer, es war immerhin mein erstes eigenes Fahrzeug.
 

In der Schule hetzte ich mich dann ab, meinen Roller abzustellen, den Helm zu verstauen und ihn abzuschließen, da er kein Lenkradschloss besaß, bevor ich zur Aula stolperte. Dort hang unser Vertretungsplan, auf den ich vorsichtshalber einmal schauen wollte, bevor ich mich zur Klasse begab. Ansonsten wäre es nicht das erste Mal gewesen, dass ich ohne jegliche Ahnung in einen völlig anderen Unterricht hineinplatzte, weil ich nicht gewusst hatte, dass wir Vertretung hatten. Allerdings musste ich drinnen erleichtert feststellen, dass es gar nicht so spät war, wie ich befürchtet hatte, denn dort liefen noch hunderte von Schülern herum, die gerade auf den Weg zu ihren Klassen waren. Erleichtert ausatmend lehnte ich mich an die Tür und sah mich um, sah aber niemanden, den ich kannte. Also schlenderte ich zum Vertretungsplan, wo ich dann angewidert feststellen musste, dass wir statt Kunst Mathe hatten. Ich seufzte.

„Hallo...“, höfte ich aufeinmal jemandem hinter mir sagen.

Lächelnd drehte ich mich um, denn ich hatte die Stimme erkannt.

„Hi Kokari!“, grüßte ich zurück.

„Schon wieder Mathe, hm?“, fragte er schmunzelnd. "Da, wo ich herkomme, reicht es, wenn man ein paar Sätze lesen kann. Rechnen kann da kaum jemand."

Ich verdrehte grinsend die Augen.

„Ja, und dann auch noch ausgerechnet für Kunst. Langsam reicht es wirklich mit ihren Vertretungsstunden...“
 

Nachdem wir alle Stunden endlich mühselig hinter uns gebracht hatten, begleitete Kokari mich noch bis zum Schultor.

„Sag mal, hast du heute eigentlich schon etwas vor?“, fragte ich Kokari.

„Nein, nicht dass ich wüsste.“, meinte er freundlich.

„Hättest du dann vielleicht Lust, heute Nachmittag zu mir zu kommen? Meine Eltern sind noch arbeiten und meine Großeltern wollen heute irgendetwas mit meiner Schwester unternehmen, und ich möchte mich nicht den ganzen Tag langweilen...“

„Aber gern.“, sagte er, „Allerdings weiß ich nicht, wo ihr wohnt...“

Nachdem ich ihm genaustens beschrieben hatte, wo ich wohnte, fügte ich hinzu: „Was würdest du denn gerne machen?“

„Hm, vielleicht Zelda spielen?“, schmunzelte er und zwinkerte mir zu.

„Gehst du zu Fuß?“, fragte ich ihn, worauf er nur nickte, „In Ordnung, bis später dann!“ Dann verschwand ich auf dem Parkplatz, auf dem mein Roller wartete.
 

Als ich dann wenig später zuhause die Tür öffnete, sah ich wie nicht anders erwartet Kokari davorstehen. „Hi,“, sagte ich lächelnd, „Komm nur rein.“ Leise schloss ich die Tür hinter ihm. Kokari blickte sich schweigend im hellen Treppenflur um, der den Eingang zu unserer Wohnung bildete, die im Obergeschoss lag. Unten wohnten meine Großeltern.

„Ein schönes Haus habt ihr,“, sagte er bewundernd.

„Ach, meinst du? Ich fühle mich hier ehrlich gesagt etwas eingeengt, aber es ist besser als kein Dach über dem Kopf,“, sagte ich nur.

„Wenn du willst, kannst du ja schon mal nach oben in mein Zimmer gehen, ich hole nur noch etwas zu trinken. Was hättest du denn gerne? Wir haben so ziemlich alles da…“, sagte ich etwas leise.

„Habt ihr vielleicht Mineralwasser?“, fragte er zögerlich.

„Ich hol dir eins…“, sagte ich. Es war schon wieder da, dieses Gefühl - was hatte ich mir dabei gedacht? Was, wenn wieder einer dieser Träume mich überfiel und Kokari danebensaß… Ein paar Tropfen bekleckerten den Tisch. Ich nahm mir einen Lappen und wischte sie weg.
 

Als ich erneut die Flasche packte, rutschte sie mir aus den Fingern und schlug hart auf dem Boden auf. Sie zerbrach in tausend Teile. Konzentrier dich, Mädchen!

„Ach, so was dummes…“, murmelte ich und holte ein Kehrblech. Als ich endlich alles beseitigt hatte und die Gläser voll waren, sah ich, dass Kokari an der Treppe wartete. „Ist alles in Ordnung?“, fragte er. Seine Stimme klang besorgt.

„Mir ist nur die Flasche hingefallen, Entschuldige, dass ich dich erschreckt habe,“, sagte ich. „Lass… Lass uns hochgehen…“

Oben in meinem Zimmer angekommen schaltete ich die Wii ein, schließlich hatte er mir ja vorgeschlagen, Zelda zu spielen… Kokari musterte indes meine Poster.

„Wow…“, meinte er nur. Sein Blick blieb besonders lange auf einem Bild hängen, dass den Wald zeigte. Dann setzte er sich neben mir aufs Sofa.

„Möchtest du anfangen?“, fragte ich ihn und hielt ihm die Fernbedienung hin.

„In Ordnung,“, sagte er und nahm sie mir aus der Hand.

„Sag mal, ist dir kalt?“, fragte er, als ihm aufgefallen war, dass ich leicht zitterte.

„Nein, nein, alles in Ordnung, ich hab nur was von dem kalten Wasser abgekriegt…“, log ich nur und sah auf den kleinen Fernseher. Kokari nahm anstatt des bereits durchgespielten Spielstands einen neuen. „Stört dich das?“, fragte er und sah mich an. „Nein, natürlich, das geht schon klar…“
 

Lange spielten wir uns durch die Legende von Zelda, jedenfalls die von „Twilight Princess“. Zwischendurch stellte Kokari mir immer wieder Fragen, wie ich etwas fände, um die Stille zu unterbrechen, doch fiel ihm wohl auf, dass meine Antworten immer knapper ausfielen. Mein Blick wurde immer leerer, während ich auf das Hyrule auf dem Bildschirm starrte, und als Link dann endlich Epona wiedergefunden hatte, fragte er zögerlich: „Möchtest du vielleicht lieber etwas anderes machen?“

„Nein, spiel nur. Tut mir Leid, dass ich so ruhig bin. Ich… Ich hab' nur ein Bisschen Hunger. Ich mach uns mal etwas zu essen.“, sagte ich und ging wieder runter in die Küche.

„Kann ich dir nicht helfen?“, fragte er, nachdem er mir gefolgt war.

„Ach nein, lass nur, ich mach das schnell…“, sagte ich und wollte gerade ein paar Schnitten Brot herausholen, als ich fast gegen ihn gelaufen wäre.

„Was ist denn bloß los? Du stehst völlig neben dir…“, meinte Kokari besorgt.

„Nun, ich… Ich fühl mich gerade nur nicht besonders gut, Kokari. Mach dir keine Sorgen. Ich bin nur gerade in… Einer Phase…“, sagte ich leise.
 

Es dauerte nur erstaunlich kurze Zeit, bis wir schon in die letzten Dungeons eingetreten waren. Das hieß, Link war es, Kokari und ich saßen aus Strohalmen schlürfend auf dem Sofa und spielten, ohne auch nur einmal mehr als drei Herzen verloren zu haben. Schweigend erledigte Kokari Zanto und jagte sein vituelles Spiegelbild schließlich durch die verzweigten Räume Schloss Hyrules. Und dann kam der Endgegner. Wie jedes mal sah man Ganondorf hämisch grinsend auf dem Thron sitzen. „Im Spiel wirkt er fast menschlich, bedenkt man, was er eigentlich ist...“, meinte Kokari leise und starrte sinnend auf das dunkle Gesicht. Ich sah ihn an.

Still saß er gedankenverloren da und starrte auf den dunklen Dämonen.

„Im Gegensatz zu Ocarina of Time sieht er harmloser aus.“, sagte er dann und lächelte wieder. Schweigend sah ich zurück auf den Bildschirm.

Seltsam, dass er das gerade sagte, denn ich dachte an dieser Stelle immer ganz genau dasselbe. In meinen Träumen wirkte er sehr viel grauenvoller…

„Oder meinst du nicht?“, sagte er und lachte. Ich musste lächeln.

„Du hast vollkommen Recht,“, antwortete ich zustimmend.
 

„Gina, was ist los? Schluchzt du?“, fragte Kokari und sah von dem beendeten Spiel ab.

„Tut mir Leid,“, meinte ich und lachte. „Ich find‘ das Ende nur so schön…“

„Ach, deswegen.“, meinte er und musste auch lachen. Oder lag es einfach auch daran, dass das Spiel nicht weiterging…? Ich war mir unsicher. Mittlerweile gelang es mir, sogar bei Titanic die Tränen zu verkneifen, aber am Ende des Spiels flennte ich immer wie ein Schlosshund.
 

Am Abend ging er schließlich nach Hause. Ich begleitete ihn noch zur Tür, und den ganzen Weg lang winkte er mir noch rückwärts gehend zu, bis er lachend fast über seine eigenen Füße stolperte und in der Dunkelheit der Straße verschwand. Ich war fast ein wenig traurig, dass der Tag so schnell umgegangen war. Lächelnd schloss ich die Tür und lehnte mich dagegen, bevor ich ein Stück daran herrunterrutschte.

Lange hatte ich nicht mehr soviel Spaß mit einem meiner Freunde gehabt, aber vorallem hatte es noch nie jemanden gegeben, mit dem ich mich jemals so gut verstanden hatte. Außerdem…

Ausdruckslos starrte ich nach vorne. Außerdem hatte seine Anwesenheit mich des seltsamen Gefühls beraubt, dass mich befiel, sobald ich nur annäherend an das Spiel dachte. Einzig und allein ein Gedanke an Kokari war schon in der Lage, mich von dem Heimweh zu befreien.

Eine Legende wird Wirklichkeit

Am Morgen in der Schule war ich fröhlicher als sonst, und ich konnte mir ausmalen, woran das lag, oder viel mehr an wem, und selbst der für diese Jahreszeit ungewöhnlich kalte Wind, der heute über die Felder zog, vermochte nicht, meine Laune zu trüben. „Morgen, ihr zwei!“, begrüßte ich Natalie und Kathrin, die sich gerade unterhielten. Abwertend starrte Kathrin mich an, Natalie beachtete mich erst gar nicht. „Was habt ihr? Habe ich irgendetwas Falsches gemacht?“, fragte ich und war schockiert, dass sie auf einmal so sauer auf mich zu sein schienen.

In meinen Gedanken suchte ich nach einem vermeintlichen Grund, fand aber keinen. „Sag mal, hast du echt gestern mit diesem Freak abgehangen?“, fragte mich Kathrin völlig verständnislos, als sei das das Schrecklichste, was man sich vorstellen könnte.

Das fand ich nun überhaupt nicht in Ordnung von ihnen. Es war doch meine Angelegenheit, mit wem ich meine Zeit verbrachte und mit wem nicht. Hatte der „Nerd-Virus“ sie auch schon infiziert?

„Du meinst mit Kokari? Ja, habe ich. Stört dich da etwas dran?“, giftete ich sogleich zurück. „Was soll das denn? Seit wann gibst du dich mit solchen Typen ab?“, fragte mich Natalie und sah mich an, als hätte ich mich bei ihr dafür zu entschuldigen.

„Der sieht ja ganz nett aus und so, aber - hallo, der ist Japaner!“

„Seit wann schreibt ihr mir denn vor, mit wem ich meine Zeit verbringen darf?“, erwiderte ich.

„Seitdem du es für nötig hältst, dich unter Freaks zu mischen! Du warst ja immer schon ein wenig anders, aber das du sowas machst, hätte ich echt nicht von dir gedacht. Dieser Typ tickt doch nicht mehr ganz sauber.“, meinte Kathrin beleidigt.

„Ihr wisst aber schon, dass ihr zwei euch gerade ziemlich kindisch anstellt, oder?“, fragte ich sie. Das war ganz und gar nicht ihre Art. Ich nannte mich nicht gerade eine Person, die beurteilen konnte, ob ein Mensch nun gut aussah oder nicht, aber Kokari brauchte sich nicht gerade zu verstecken. Und "den hübschen Jungs" hatten die beiden es noch immer verziehen, wenn sie etwas abseits wirkten. Nein, die beiden hatten kein Problem mit Kokari, sondern mit mir. Wahrscheinlich passte es ihnen nicht, dass ich nicht mehr das stille, einsame Ding war, das mit ihnen die Gruppenarbeiten erledigte.

„Ach, geh‘ doch zu deinem Freak und lass uns in Ruhe.“, entgegnete Kathrin daraufhin und wechselte mit Nathalie vielsagende Blicke. Ich wusste, dass Natalie mich für den Rest des Tages ignorieren würde und ich von Kathrin nur Abfälligkeiten über Kokari zu erwarten hatte. Abwertend sah ich von einer zur anderen.

„Gut, dass ihr mir das vorschlagt. Auf soetwas wie euch kann ich nämlich getrost verzichten.“, sagte ich, das „euch“ betonend, und verzog mich etwas niedergeschlagen zu Kokaris noch immer leeren Platz. Ich hatte ein schlechtes Gewissen. Selten hatte ich mit jemandem Streit, aber dann auch noch wegen solchen Nichtigkeiten… Es war schade, dass man sich im Leben immer zwischen etwas entscheiden musste, aber ich wusste intuitiv, dass ich mich gerade für das Richtige entschieden hatte.
 

Keine Sekunde später erschien er auch schon in der Tür, fröhlich wie immer.

„Guten Morgen!“, rief er mir schon von weitem durch die Klasse zu, als er mich sah, und grinste freudestrahlend. Seine Heiterkeit steckte mich an und ich musste auch lächeln. Ich bemerkte, wie Natalie ihn abwertend anstarrte, und warf ihr daraufhin einen Blick zu, der ihr die Pest an den Hals wünschte. Wenn Blicke töten könnten…

Wenn sie es wagte, seine gute Laune auch nur durch den kleinsten Wortschnipsel zu zerstören, dann war sie des Todes. Und ich hoffte für sie, dass sie das wusste.
 

„Also, ganz ehrlich, die Arbeit von Nintendo war bisher immer sehr sorgfältig, aber diese Steuerung, die sich die Leute für „Twilight Princess“ ausgedacht haben, ist mehr Finger verkrüppelnd als Spaß bringend,“, sagte Kokari verbittert, als wir wieder bei mir zuhause saßen und Zelda spielten, und sah vorwurfsvoll auf die Fernbedienung, als sei es ihre Schuld. Ich musste schmunzeln.

„Wie hättest du die Steuerung denn gemacht?“, fragte ich und war auf seine Lösung gespannt. „Anstatt solche Plastikschwerter hier als Zusatz zu verkaufen, hätte ich sie dem Spiel beigelegt,“, antwortete er, „Vielleicht auch noch eine Art Bogen.“

„Und mit einem Plastikbogen hättest du besser umgehen können?“, fragte ich stichelnd.

„Wenn er einem echten Bogen nachempfunden wäre, vielleicht.“, schmunzelte Kokari und zog an einer imaginären Sehne.

„Du kannst Bogenschießen?“, fragte ich beeindruckt.

Er schien für einen Moment aus dem Konzept gebracht, bevor er antwortete.

„Nun, es ist so, ich war früher in einem Bogenschützenverein. Ich weiß, es ist peinlich, naja, mein Vater, der ist…“, entschuldigte er sich verlegend lächelnd.

Ich sah nur still von meinem Banknachbarn ab und richtete meinen Blick auf den Bildschirm, wo ich grinsend den Kopf schüttelte. Da sollte mich noch einmal einer für verrückt erklären…

„In Ordnung, das war zu viel des Guten,“, sagte Kokari, ebenfalls grinsend, mit einem Blick auf den Game Over Bildschirm. „Lass uns lieber fernsehen.“

„Oh, so spät ist es schon?“, meinte ich entsetzt mit einem Blick auf die Uhr.

„Du musst hungrig sein, warte, ich mach was zu essen…“

„Hey, ist nicht so wichtig, für mich brauchst du nichts zu machen!“, warf Kokari mit einem Lächeln ein. „Jaja, ich weiß, wie höflich Japaner sind…“, sagte ich schmunzelnd und hörte, wie sein Magen knurrte. Er blickte seinen Bauch vorwurfsvoll an.

„Vielleicht ist Essen doch keine schlechte Idee.", stimmte er dann mit einem Grinsen ein.
 

Nicht lange, da kehrte ich mit einer heißen Salamipizza zurück. „Ich hab uns eine Kleinigkeit zu essen gemacht, wenn du noch was willst, ich hab noch eine im Ofen…“, flötete ich und schwenkte präsentierend den Teller herein. „Man, das sieht echt lecker aus!“, sagte er und blickte hungrig auf das Essen. „…unterbrechen wir das Programm für eine wichtige Mitteilung!“, tönte es aus den Lautsprechern des Fernsehers.

Ein schlaksiger Mann mit Brille saß vor dem Tagesschauhintergrund und blätterte aufgeregt mit seinen Textblättern. Er zitterte vor Spannung. Wie gebannt starrten Kokari und ich auf den Bildschirm.

„Soeben hat der amerikanische US-Präsident Barrack Obama aus bislang unbekannten Gründen den Notstand der vereinigten Staten ausgerufen. Zu näheren Gründen dafür wollte er sich aber nicht äußern, ‚Man wolle die Bevölkerung nicht in Panik versetzen,‘, waren seine Worte. Die Bevölkerung solle sich aber auf alles gefasst machen. Sobald wir nähere Informationen zu diesem seltsamen Thema erhalten, werden wir sie informieren. Danke für ihre Aufmerksamkeit. Wir fahren nun mit dem Tagesprogramm fort.“ Eine Werbung für einen Müsliriegel flatterte über den Bildschirm. Da ist Böses im Busch, schossen mir Meerjungfraumanns Worte durch den Kopf. Aus irgendeinem Grund fiel mir nun ein Spruch einer Cartonnebenfigur von Spongebob ein, doch seltsam fand ich das nicht, denn besser hätte man die Vermutung nicht in Worte fassen können. „Hast du das gehört?“, fragte ich Kokari überflüssigerweise, da er nochimmer ausdruckslos auf den Fernseher starrte. Sein Gesicht weitete sich langsam und fast völlig unmerkbar zu einem Ausdruck des Entsetzens.

„Da muss etwas Schlimmes passiert sein.“, sagte er.

„Ich... würde jetzt lieber nach Hause gehen, ich mache mir ein wenig Sorgen… Sei mir nicht böse.“, meinte er und sah mich jetzt wieder leicht beschämt lächelnd an.

„Natürlich, ich verstehe das.“, sagte ich nur. „Mag sein, dass es in Amerika war, aber es beunruhigt mich auch ein wenig.“, meinte ich leise und warf dem Fernseher einen zweifelnden Blick zu, während ich Kokari zur Tür brachte.

„Wäre es in Ordnung, wenn ich dich noch nach Hause bringe?“

„Nein, das musst du nicht tun. Es wäre mir lieber, wenn du auch hierbleibst.“, sagte er und sah sich leise um. Er schien sogar noch beunruhigter zu sein als ich. Was hatte er nur?

„In Ordnung, dann bis morgen!“, sagte ich ihm noch und er verabschiedete sich noch mit einem Nicken von mir. Als er fort war, schloss ich schnell die Tür, weil eine kalte Windböe durch die Tür gezogen war, die einige lose Blattstapel von meiner Treppe wehte. Beunruhigt folgte mein Blick dem Papier, das langsam auf den Dielen landete. Eine ungute Vorahnung breitete sich in mir aus, denn ich deutete den Wind als unheilvolles Zeichen. Kurz darauf setzte ich mich zügig an den Computer und versuchte im Internet herauszufinden, was es mit dieser seltsamen Sache auf sich hatte. Vielleicht hätte ich mir nie so viele Gedanken darum gemacht, wenn ich nicht gesehen hätte, wie besorgt Kokari danach ausgesehen hatte und nun den Wunsch verspürte, ihn ein wenig beruhigen zu können.

Jetzt aber fiel mir auf, dass mich das Ganze eigentlich auch in anderen Ausmaßen beunruhigte, als ich mir ernsthaft Gedanken darüber machte.

Im Internet erwies es sich als ziemlich hilfreich, Englischkenntnisse zu besitzen. Ich war anscheinend nicht die einzige, die sich Gedanken darum machte. Sehr viele verschiedene Gerüchte gingen auf den verschiedenen Blogs um, auf denen ich surfte. Eine Webseite behauptete, es sei erneut ein Flugzeug in ein hohes Gebäude von New York gestürzt. Das wäre schlimm, aber dafür rief man doch nicht gleich den Notstand aus, sagte ich mir. Ich tat es als Unsinn ab und suchte weiter.

Ein paar mehr vertraten die Meinung, die Apokalypse würde bevorstehen.

So theatralisch wollte ich es nun auch nicht gleich haben, dachte ich, obwohl mir ein wenig flau im Magen wurde. Ich suchte weiter.

Die meisten jedoch, die glaubten, etwas darüber zu wissen, sagten, man habe in einer entlegenen Region der vereinigten Staaten, die knapp an Kanada grenzte, lebende Außerirdische gefunden und wolle sie nun untersuchen. Außerirdische?

Auch wenn es deutlich mehr waren, die das behaupteten, fiel es mir doch leichter die Geschichte mit dem Weltuntergang zu glauben. Was hatte den Präsidenten nur dazu bewegt, so plötzlich und ohne jeden ersichtlichen Grund einen Notstand auszurufen? Wie passierte denn sowas?
 

Schon am nächsten Tag sollte ich seine Gründe erfahren. Ich war wie immer mit dem Bus gefahren, der mir, nicht wie sonst, ruhig und eingeschüchtert wirkte.

Den ganzen Tag hatte man gestern nichts anderes als diese Meldung im Fernsehen ausmachen können, die Radios quollen nur so über von Gerüchten, die sich bis zu ihnen durchgesetzt hatten, und die Gesprächsthemen der Leute drehten sich um nichts anderes. Als ich mich kurze Zeit später neben Kokari setzte, wirkte er immer noch so abwesend und entgeistert, wie er mich am vorherigen Tag verlassen hatte.

„Hey, hast du was rausgefunden?“, fragte ich ihn. „Da soll man angeblich Außerirdische gefunden haben.“, meinte er leise, „Außerdem habe ich gehört, es soll der Weltuntergang nahen, aus welchen Gründen auch immer.“ „Na, das sind ja mal beruhigende Nachrichten,“, flüsterte ich ironisch.

Es war mir schon mulmig. Was war da nur passiert?

Nichts deutete auf eine Art kriegerisches Attentat wie vom 11. September hin, aber was war es dann? In der Schule kam man auch nicht über das bereits Gehörte hinaus, sodass der Tag ohne besondere Zwischenfälle verlief. Aber am Nachmittag, als ich noch einmal gründlich recherchiert hatte, stand auf einmal Kokari vor der Tür. „Hey, ich hatte gar nicht mit dir gerechnet.“, meinte ich überrascht.

„Oh, entschuldige, wenn ich störe, ich…“, wollte er sich direkt entschuldigen, aber ich schob ihn rein.

„Nein, du störst nicht, im Gegenteil, ich hatte dich nur nicht erwartet. Du weißt doch, es freut mich, wenn du kommst. Gibt's was Neues?“

„Nein, aber… Nun, unser Fernseher ist kaputt, und mich interessiert halt einfach, ob… Nun, ich dachte, du würdest vielleicht mit mir die Nachrichten sehen…“

„Im Internet steht auch nichts Neues.“, antwortete ich.

„Du hast nachgesehen?“, fragte er überrascht.

„Ich möchte doch nur auch gerne wissen, was da passiert. Es scheint dort so verschwörerisch zu zugehen.“

„Ja, da hast du Recht. Man erfährt einfach nichts über die Wirklichkeit.“, meinte er tonlos. Die - Wirklichkeit? Ich sah ihn nichts sagend an. Wusste er vielleicht mehr darüber? Oder meinte er, dass nichts von diesen Gerüchten bestätigt war…?

Wenig später saßen wir vor dem Fernseher und warteten ungeduldig darauf, den Gong der Tagesschau zu hören, die vermutlich als erste Neuigkeiten bringen würde, die uns beruhigten. Doch bevor wir sie erwartet hatten, wurde das laufende Programm unterbrochen.
 

Wieder sahen wir den Mann mit Brille vor uns sitzen, offensichtlich ein wenig gefasster. „Soeben erreichten uns die Bilder aus einem abgelegenen Gebiet in Nordasien, die vermutlich auf den kürzlich ausgerufenen Notstand des US-Präsidenten hindeuten. Dort soll man bislang unerforschte, trollähnliche Geschöpfe gefunden haben, die seit kurzem die Menschen in den Siedlungen terrorisieren. Eine enorme Stärke zeichnet sie aus und angeblich soll es sich dabei um Wesen eines anderen Planeten handeln. Sie sind mit keulenartigen Waffen ausgestattet und scheuen sich auch nicht, diese gegen Menschen zu benutzen. Versuche, eines der Wesen zu stellen oder gefangen zu nehmen, schlugen bislang fehl. An der Zahl schätzte man sie zu Anfang an die zwanzig, doch nun tauchen sie massenhaft aus anscheinend Materie verschlingenden Löchern aus der Luft auf, die vermehrt über dem Kontinent verteilt auftreten. Gerüchten zufolge könnte dies auch der Grund für Amerikas kürzlich ausgerufenen Notstand sein. Bei näheren Informationen werden wir sie informieren.“

Daraufhin schlug ich vor Entsetzen die Hand vor den Mund, denn nun folgten die Bilder, die bislang vorenthalten worden waren.

Man sah, wie violette, schmächtige Kobolde mit schneeweißem Strohhaar, vielleicht auch Trolle, Bewohner einer wohl ärmlichen Gegend inmitten von dichten Riesenbäumen aus ihren hüttenartigen Häusern verscheuchten. Sie hatten ungefähr die Statur und Größe eines Menschen, auch wenn man es durch ihre gekrümmte Haltung nicht gut erkennen konnte. Ohne jegliche Furcht griffen sie mit ihren dicken Holzknüppeln jede Sorte von Mensch an, Arme, Schwache, Alte, Kranke, Kinder… Und sie schienen nicht einmal mit Kleinkindern Mitleid zu haben. Schreiend türmten die Leute vor ihnen, einige wenige, die ein motorisiertes Fahrzeug besaßen, hasteten mit kleinen Reisetaschen beladen zu ihm. Die meisten aber flüchteten in den Wald, in den Armen alles, was ihnen kostbar war.

„Sie kommen nicht weit.“, meinte Kokari mit leerem Blick auf den Fernseher, „Sie sind zu schnell.“

Leider behielt er Recht, denn keine Sekunde, nachdem die letzten verschwunden waren, setzten ihnen die Monster mit einer beunruhigenden Geschwindigkeit nach. Das Chaos war schrecklich. Schließlich ließ sogar der Kameramann die Kamera fallen, als einer der Trolle zähnefletschend auf ihn zugehastet kam, und das Letzte, was man sehen konnte, war das Standbild der harten, schwarzen Augen unter der faltigen Stirn. Es schien keine näheren Informationen zu diesen Wesen zu geben, aber Kokari und ich starrten erneut wie gebannt auf den Bildschirm, und diesmal nicht ohne Grund, erkannten wir in diesen Trollen doch kleine Gegner aus „The Legend of Zelda“ wieder. Sie sahen eindeutig aus wie Bokblins.
 

Wie erstarrt sah ich auf diese Wesen. Mochte sein, dass ich diese Monster nur deshalb identifizieren konnte, weil ich zu viel Zelda gespielt hatte, aber es waren genau dieselben, wenn die Bilder diesmal auch detailreicher waren, da war ich mir absolut sicher. Wo kamen die her? Etwas entsetzt sah ich zu Kokari rüber. Er starrte ebenso entgeistert auf den Fernseher wie ich.

„Glaubst du auch, dass das…?“, fing ich an, doch er nickte nur still. „Aber wie…“, fing ich an und sah fragend auf den Fernseher. Eine Art dunkle Scheibe erschien wie aus dem Nichts in der Höhe und ließ zahlreiche weitere Monster fallen. Portale; wie in der Geschichte vom Zwielicht. „Wir werden nicht die einzigen sein, die diese Monster erkannt haben. Sicher wird man da bald auf gewisse Ähnlichkeiten hinweisen.“, sagte Kokari leise. „Das gibt’s doch nicht…“, murmelte ich nur entgeistert. „Du siehst es ja…“, antwortete er, „Dann scheint die Legende jetzt Wirklichkeit zu werden.“
 

Am nächsten Morgen gab es sogar noch weniger Tumult als sonst. Alle schienen beunruhigt aufgrund der schlechten Nachrichten am gestrigen Tag. Und auch Kokari schien völlig neben sich zu sein. Er sah richtig krank aus. „Machst du dir Sorgen?“, fragte ich ihn. „Nicht direkt wegen dieser Monster.“, sagte Kokari einfach. „Aber…“

„Noch ist ja niemandem etwas passiert, also mach dir mal keine Sorgen,“, versuchte ich ihn aufzumuntern.

„Ja, noch nicht…“, meinte Kokari leise.

„Man wird sie sicher dingfest machen können,“, meinte ich, klang aber unsicher.

Wenn sogar die Amerikaner und die Chinesen, zwei der größten Nationen überhaupt, nicht mit diesen Wesen zurecht kamen, wie sollte man sie stoppen können? Wie kamen eigentlich Monster, die völlig denen aus einem Videospiel glichen, in unsere Welt? Und wenn es tatsächlich genau dieselben waren, wie fand man eine Möglichkeit, sie unschädlich zu machen? Fragen über Fragen…
 

Am diesem Nachmittag kam Kokari erneut zu mir und wir spielten eine Runde Monopoly, um uns von den nervenaufreibenden Gedanken abzulenken, die in unseren Köpfen herumflatterten, während wir auf die nächste Nachrichtensendung warteten. Wieder ein Gong, wieder ein unterbrochenes Programm. Kokari ließ seine Ereigniskarte fallen.

„In der Sache mit den Monstern scheint sich eine Information bis zu uns durchgesetzt zu haben.“, sagte der Mann und wischte sich mit einem dreckigen Papiertaschentuch die Schweißperlen vom Gesicht. „Diese Monster scheinen Abbilder zu virtuellen Figuren aus der populären Action-Adventure-Reihe ‚The Legend of Zelda‘ vom japanischen Spielkonsolenkonzern Nintendo zu sein. In dem Spiel handelt es sich dabei um sogenannte ‚Bokblins‘, trollartige Zwischengegner. Weitere Informationen zu den Monstern und den Vergleichen im Spiel lesen sie auf unserer Homepage.“

„Dann haben wir also die Bestätigung: Wir haben uns nicht geirrt, weil wir zuviel gespielt haben.“, sagte ich etwas zufriedener, wurde dann aber wieder unruhig, als der Mann fortfuhr.

„Experten sprechen bereits von einer weltweiten Invasion.“

Die Stunde der Wahrheit

Es war nicht sehr viel Zeit vergangen, bis wir schon von den nächsten Ereignissen hörten, und sie hatten angefangen, sich zu häufen. Inzwischen hatten sich schon unterschiedlichste Arten von Zelda-Kreaturen in unsere Welt verirrt. Zuerst kamen Bublins, Dekurahnas und Flederbeißer, aber man sagte schon, dass in den bereits angegriffenen Gebieten sogar noch gefährlichere Geschöpfe lauerten. Nirgendswo war man noch sicher und es war allen bewusst, dass es nur eine Frage der Zeit sein konnte, bis sie auch in unsere Nähe kommen würden.

Und bisher hatte es noch keinen einzigen gegeben, der nur eines von ihnen hätte stoppen können. Das Auftauchen der Monster war ebenso schleierhaft wie die Tatsache, dass sie einfach unbezwingbar zu sein schienen. Trotzallem ging das Leben unbeirrt weiter, auch wenn wir mitten in einem Krieg steckten. Es war sehr seltsam, aber welche Maßnahmen hätte man auch ergreifen sollen?

Ich sah auf meinen Freund neben mir, während er da saß und an seinem Aufsatz schrieb. Hoffentlich passierte ihm nichts. Man wusste schließlich nicht, in welcher Beziehung diese Monster tatsächlich zu „The Legend of Zelda“ standen, und dass er einem hylianischen Helden wie ein Ei dem anderen glich, gefiel mir in dieser Hinsicht gar nicht.

Ich sollte besser auf ihn aufpassen.

Aber seit den Zwischenfällen mit den Monstern hatte er für nichts mehr Zeit gefunden, nicht einmal für die Hausaufgaben. Als er schon zum dritten Mal ohne erschienen war, nachdem er einige Tage gefehlt hatte, schlug ich ihm vor, sie heimlich für ihn zu machen, da er ja offensichtlich sehr beschäftigt war. Er nahm das Angebot dankend und erschöpft an. Die Lehrer waren momentan zwar sowieso ein wenig aus dem Häuschen, aber er musste nicht unbedingt negativ auffallen. Trotzdem interessierte es mich, womit er Nachmittags ständig beschäftigt war, obwohl ich ihn auch nicht danach fragen wollte. Wenn er gewollt hätte, dass ich das wüsste, hätte er es mir sicher von sich aus erzählt. Also fragte ich nicht, auch wenn ich ein sehr merkwürdiges Gefühl bei der Sache hatte. Er war ausgerechnet beschäftigt, seitdem diese Monster aufgetaucht waren, und in letzter Zeit sah er sehr erschöpft aus. Ich war verrückt, ich war eindeutig verrückt, aber trotzdem...

„Kokari?“, flüsterte ich ihm zu.

„Ja?“, flüsterte er zurück.

„Was du auch tust, sei bitte vorsichtig.“ Er sah mir in die Augen und nickte ermutigend.
 

Als ich zuhause war, setzte ich mich ersteinmal auf mein Bett.

Abschalten, einfach mal das Gehirn auf Stand-By stellen und relaxen.

Irgendetwas heute hatte mich sehr erschöpft, und das einzige, was ich im Moment an Bedürfnissen verspürte, war, ein wenig zu schlafen.

Ich schloss die Augen.
 

Vor mir tauchten riesige, grüne, weite Felder auf, größer und bunter als man es sich es je hätte vorstellen können. Ein Windstoß fegte über das hohe Gras und bildete eine Welle, vor der das Gras sich verneigte wie vor einem König. Kleine, flauschige Wolken zogen unentwegt über den strahlendblauen Himmel. Einzelne Baumgruppen erhoben sich in der Ebene, und an manchen Stellen wuchsen, beschienen von der hellen, strahlenden Sonne, viele, bunte Wildblumen. Ein Bach plätscherte vor sich hin und sein saphirblaues Wasser glitzerte mir entgegen. Einer der hohen Bäume spendete mir Schatten. Die Luft roch frischer als alles, was ich je gerochen hatte. Die Idylle wurde vom friedlichen Gesang der Vögel in den Wipfeln perfekt untermalt und verlieh dem Ganzen etwas Paradisisches. Kein Lärm war zu hören, nichts, das diesen Eindruck minderte. Es war Mittag, und über mir stand die Sonne im Zenit. Ich sah mich um und erkannte das riesige, weiße und prunkvolle Schloss, das sich in weiter Ferne majestätisch in den Himmel erhob. Angestrahlt vom Sonnenlicht sah es aus, als würde es leuchten.

„Hey, schlaf nicht ein!“, meinte jemand scherzhaft neben mir, und ich erkannte die Stimme. Unzählige Male hatte ich sie schon gehört, allein innerhalb dieser Träume.

Trotzdem drehte ich mich zu der Stimme um, wollte ihn mit eigenen Augen sehen, den Jemand, der da zu mir sprach, obwohl ich genau wusste, wer es war. Ich wusste, wenn ich mich umdrehte, dann würde ich diese dunkelblauen Augen sehen, die tiefer zu sein schienen als jeder Ozean; die eine lebenslange, bedingungslose Treue versprachen…

Und da stand er neben mir, ein keckes Gesicht aufgesetzt und streichelte Epona an der Nase, während er das Pferd wohlwollend anblickte. Dann drehte er sich wieder zu mir um und sah mich an. In seinem Blick lag nur Fürsorge und Wärme, und eigentlich wollte ich nicht mehr aus diesen Augen hinaussehen. Ich wusste, dass ich in Wirklichkeit immer noch auf meinem Bett in meinem Zimmer lag und das alles gar nicht wirklich sein konnte, aber ich wollte meine Augen nicht öffnen.

Zu schön war das Land, das sich vor meinen Augen erstreckte. Ich wollte hierbleiben, wollte nicht zurück in die Realität, ich wollte…

Ich wollte zuhause bleiben…

Dann verschwamm das Bild vor meinen Augen wieder, und mit aller Kraft und Konzentration versuchte ich es in meinem Gedächtnis zu fangen, doch es war schon verschwunden.
 

Und eine Leere befiel mich, als hätte dieses Bild mit seinem Verschwinden sämtliche meiner Gefühle mitgenommen. Halb öffnete ich die Augen und starrte geradeaus zur Decke. Nur wenige Augenblicke und schon fühlte es sich an, als hätte ich etwas sehr Wichtiges für immer verloren. Erneut machte ich die Augen zu, um nicht diese Leere fühlen zu müssen.
 

Und wieder tauchte ein Bild auf, aber es war nicht dasselbe wie gerade.

Die Luft fühlte sich schrecklich heiß an und war so trocken, dass es einem die Kehle zuschnürte. Der Himmel war pechschwarz, der Wind so von grauem Ruß verhangen, dass man kaum die eigene Hand vor Augen sah. Zwischen den hölzernen, abgebrannten Überresten unzähliger, altertümlicher Häuser brannte blutrotes Feuer, loderte wild und verschlang ungezähmt alles, was sich ihm in den Weg stellte.

Der Boden bebte, während sich mein Herz immer wieder heftig gegen meine Brust schlug. Knistern der Flammen und Hilfeschreie von hunderten, vielleicht tausenden von Leuten, darunter das Weinen von Kindern, hallten durch die brennende Luft, zwischendrin immer wieder das Krachen eines einstürzenden Hauses. Pferde wieherten, und die Schlachtrufe der Bestien gellten dem Rauch verhangenem Himmel entgegen.

Ich sah mich um und erblickte, wie mordlustige Monster zwischen den flüchtenden Menschen auf noch grausameren Bestien durch die Menge ritten und dabei versuchten, so viele der Leute abzuschlachten wie nur irgend möglich. Unzählige, blutige Klingen...

Dann sah ich auch ihn inmitten der Flammen vor mir; lebendiger und näher als in jedem Zeldaspiel.

Der wehende, zerschlissene Umhang, das sich aufbäumende Pferd mit den glühend roten Augen und die nachtschwarze Gestalt, die triumphierend über dem Schlachtfeld regierte. Die Macht, die in seinem Innersten ruhte, ließ alles um in herum in Angst und Ehrfurcht erstarren. Der König über allem. Der König der Finsternis.

Als letztes sah ich nur das glühende Augenpaar des Schattens, voller Grausamkeit und Hohn gegenüber den Opfern des schrecklichen Verbrechens, bevor auch dieses Bild wieder verschwamm.
 

Genauso langsam wie zuvor öffnete ich die Augen wieder. Diese Szene kam in letzter Zeit immer öfter. Das Bild war das Schrecklichste, von allen, aber… Auch das war mein Zuhause in der Stunde der Not. Und ich hatte wieder einmal gesehen, wie grausam er wirklich war, nichts aus dieser Wirklichkeit war mit einem Videospiel für Zwölfjährige zu vergleichen, rein gar nichts.
 

Am Samstag besuchte Kokari mich nach langer Zeit endlich noch einmal und ich war froh, ihn außerhalb der Schule wiederzusehen. Wir unterhielten uns über die neusten Meldungen der Monster, während wir „Ocarina of Time“ spielten. Durch diese Katastrophe war uns die Lust dazu noch immer nicht vergangen, im Gegenteil. Wir spielten das Spiel, als wäre es eine Verhaltensregel für den Fall der Fälle.

„Kokari, sag mal…“, fragte ich ihn und sah ihn dabei etwas skeptisch an, was ihm wohl nicht entging, „Ich meine, du magst mich für bescheuert halten, aber machst du dir keine Sorgen wegen deinem Äußeren?“

Er sah mich fragend an. „Wieso sollte ich mir Sorgen machen?“, fragte er ahnungslos. „Ich mache mir nur Gedanken darum, was wäre, wenn diese Monster tatsächlich hier… Angenommen, sie stammen wirklich direkt aus „The Legend of Zelda“, fallen hier ein, würden dich finden und vielleicht mit jemandem verwechseln…“, sagte ich und versuchte, ihn möglichst nicht allzu direkt mittzuteilen, wen ich mit der Verwechslung meinte.

„Ach, das meinst du.“, sagte er und sah überhaupt nicht bekümmert aus, „Was soll mir denn schon großartig passieren? Nur weil ich so aussehe wie Link, heißt das doch noch lange nicht, dass sie mich zwangsläufig mit ihm verwechseln werden…“

Sein Lächeln wurde schelmisch. „Außerdem kann ich mindestens genauso gut Bogenschießen wie er, mach dir nur keine Sorgen.“

Im Fernsehen erledigte Link gerade zwei Zombies, bis ihn plötzlich einer mit seinem markerschütterndem Schrei paralysierte. In einer erschreckenden Geschwindigkeit setzte er sich auf dessen Schultern und fing an, ihn zu würgen. Röchelnd schnappte Link nach Luft, während ein Herz nach dem anderen sich am oberen Bildschirmrand durchsichtig färbte. Es piepste.

„Hoffentlich hast du Recht.“, antwortete ich mit leerem Blick.
 

Mit einem Joghurt in der einen und einem Löffel in der anderen Hand bewaffnet saß ich am Mittwochmorgen vor dem Fernseher und schaltete durch die Kanäle.

Kokari war seit dem Wochende nicht in der Schule gewesen, worüber ich mir Sorgen und Gedanken machte.

Der Versuch, abzulenken, klappte wieder einmal nur bedingt.

Nirgendswo sah man noch etwas anderes als Berichte, Methoden über ein vermeintliches unschädlich machen und die besten Orte, um sich zu verstecken.

„Das hilft doch alles überhaupt nichts...“, flüsterte ich leise vor mich hin, während eine Sendung verkündete, gegen Flederbeißer habe sich Knoblauch als ein wirksames Mittel erwiesen. Das waren doch keine Vampire.

Ich schaltete um.

Wieder eine Nachrichtensendung.

„-Schließung des Unternehmens. Nintendo beteuert weiterhin, nichts mit den Vorfällen, die den Notstand der USA auslösten, zu tun zu haben.-“

Ich schaltete wieder um.

„Haben sie ja auch nicht...“, fügte ich hinzu, „Das ist etwas ganz anderes...“

„-haben sich aus Furcht vor der nahenden Apokalypse erneut Massensuizide zugetragen. Die Gesamtzahl aller in Afrika seit der Invasion zugetragenen Selbstmorde wird bereits auf-“

Ich schaltete aus.

Diese Zahl wollte ich gar nicht hören.

Es war doch schon schrecklich genug, dass diese Attentate auf Menschen passierten, aber nun brachte sich ein Großteil von Sekten und Menschen aus verarmten Gegenden angesichts der nahenden Apokalypse bereits selbst um. Die Monster verursachten eine so enorme Angst, dass sie die Leute damit schon in den Tod trieben. Viele waren der Meinung, die sei der Preis ihrer eigenen Sünden.

Ich legte eine kurze Schweigeminute ein, und es war grauenvoll, dass das alles war, was ich tun konnte. Viele ausländische Schüler hatten in ihrer Heimat bereits Angehörige bei den Anschlägen, wenn man es denn so nennen konnte, verloren. Manche meiner Mitschüler waren sogar schon Hals über Kopf in entlegene Gegenden geflüchtet, weil sie es für sicherer hielten. Ich hoffte inständig, dass meine Familie von solchen Schicksalsschlägen verschont bleiben würde und betete zu allen Göttern, die mir bekannt waren, dass einer die Macht haben möge, sie zu beschützen, und seien es Farore, Nayru oder Din. Ich machte den Fernseher wieder an.

„-ereignet zu haben scheint. Berlin. In der Nähe des Brandenburger Tors bemerkten Passanten die auffällige Verkleidung eines jungen Mannes, der sehr dem Hauptprotagonisten aus der Videospielreihe 'The Legend of Zelda' ähnelt. Das Kostüm zeichnete sich durch seine ungewöhnliche Qualität und vergleichsmäßig hohem Detailgrad aus. Es ist das erste Mal seit dem Vorfall im März, dass sich jemand in Deutschland in jener Verkleidung in der Öffentlichkeit zeigt. Experten sprechen von einem Versuch, die Motivation der Anwohner zu wecken.“

Natürlich, dachte ich.

Es versucht jeder auf seine eigene Art und Weise, zu helfen... Und sei's nur drum, den Menschen wieder Hoffnung zu geben. Als aber kurz darauf ein unscharfes Bild mit niedriger Auflösung im Hintergrund gezeigt wurde, ließ ich fast den Löffel aus der Hand fallen. Dieser Mensch sah haargenau aus wie Link in „Twilight Princess“ aussah, aber so wirklich... Und ich erschrak noch mehr, als ich sah, dass er über der linken Hand einen Handschuh trug.
 

Am Nachmittag waren mir die Zeichensachen ausgegangen, und ich fuhr lange mit dem Bus in die Stadt, deren Straßen ungewöhnlich leer wirkten. Auf dem Weg zu meinem Zeichenladen durch zahlreiche Seitenstraßen beeilte ich mich und versuchte so zügig wie möglich, mein Ziel zu erreichen. Es war mir nicht geheuer, in diesen zwielichtigen Gassen, die wie leergefegt wirkten, ganz allein zu sein. Selbst das Geschäft selbst schien bis auf den Verkäufer wie ausgestorben.

Als ich es verließ, bemerkte ich flüchtig, wie ein kleiner Schatten über dem Kopfsteinpflaster vorbeizog, es dauerte keine Sekunde, und doch machte es mich stutzig. Hastig sah ich zum Himmel hinauf und erblickte es, wie erwartet. Ein schwarzes Portal, das sogleich mehrere Keulenbokblins fallen ließ. Dann sahen auch die anderen Leute sich um, nach der Ursache des sich plötzlich verdunkelnden Himmels. Sie waren hier.

Der Krieg - hatte uns erreicht.
 

Einige Momente des Entsetzens, bevor die Panik losbrach. Unzählige Einkaufstüten fielen neben mir in den Dreck, panische Schreie quälten meine Ohren und stolpernd machten sich die Leute auf und davon. Entsetzt starrte ich auf die schwarze Scheibe vor mir. Leute rempelten mich an und drängten mich zur Seite. Die ersten gierigen Laute der Bestien erklangen. Ihre Keulen schwingend rannten sie durch die Straßen und verteilten sich, die Leute vor sich verscheuchend. Es sah genau aus wie im Fernsehen, nur vor vertrauter Kulisse. Dann stand plötzlich eines der Wesen vor mir, bösartiger und detailgetreuer als ich es mir je hätte ausmalen können. Einen Moment setzten meine ohnehin schon wirren Gedanken aus. Was tun? Weglaufen, sich tot stellen? Waffen blieben mir keine, das einzige was ich in der Hand hatte war… Ich nahm die Tasche mit den schweren Zeichenblöcken und hielt sie in einer Hand, bereit, sie dem Ding um die Ohren zu hauen, während meine Kniee schlotterten. Wenn ich schon sterben sollte, dann wenigstens nicht beim Weglaufen.

Und dann nahm ich nur einen grünen Schatten war. Er ist tatsächlich hier, schoss es durch meinen Kopf. Der grün bemützte Held aus dem Spiel stand direkt vor mir und schützte mich mit einem allzu detailgetreuen Hyliaschild. Gestern noch in Berlin, heute hier.

War das etwa… „Link…?“, formten meine Lippen tonlos.

Er war tatsächlich hier, der Junge, der durch meine Erinnerungen streifte…

Ganz kurz drehte er ein Stück seinen Kopf in meine Richtung, gerade soweit, dass er mich über die Schulter hinweg sehen konnte. Das hier war kein Hochstapler. Niemand auf der ganzen Welt konnte ihm so ähnlich sein. Das Licht der untergehenden Sonne brach sich hinter ihm, und geblendet wandte ich den Blick wieder ab.

Ich war einen Moment ebenso erstaunt wie entsetzt.

Hatte man den Kampf um das Triforce nun hierherverlegt? Er war tatsächlich in der Lage, sie zu besiegen. Das war nie und nimmer eine Verkleidung, das war echt. Link wurde mit einer Streitaxt am Fuß gestreift; er verzog das Gesicht vor Schmerz. Echt. Ohne einmal nach Luft zu schnappen, sah ich zu, wie er die Monster vernichtete. Das Schwert führte, als hätte er nie etwas anderes getan. Agil, wendig, flink, mit Fertigkeiten, die sicher jahrelange Übung vorraussetzten. Schließlich gewann er den Kampf, schwer atmend, und die Stille kehrte wieder ein.

Noch immer wollte ich nicht begreifen, was gerade passiert war. Hier, in meiner kleinen Stadt, war er aufgetaucht? Warum? Woher hatte er gewusst, dass es hier zu Auseinandersetzungen kommen würde?

Kaum war die Gefahr gebannt, tauchten unzählige Menschen mit Smartphones und Kameras in der Hand zwischen den vielen fliehenden Passanten auf, bemüht, ein Bild von Link zu schießen oder ihm Fragen zu stellen. Die vielen Blitzlichte blendeten ihn und er hielt sich die Hand vor die Augen. Rundherum standen sie, umzingelten ihr Opfer, während er versuchte, den fliehenden Monstern nachzusetzen. Es war schrecklich, sie behandelten ihn wie eine unerforschte Sehenswürdigkeit…

Ich nahm ihn unüberlegt einfach schnell bei der Hand und zog ihn in eine benachbarte Sackgasse, wo wir einige Momente hinter einem Container verweilten, während die ganzen Möchtegern-Reporter an uns vorbeistürmten.

Ich wandte mich um um wartete, bis alle vorbei waren.

Schweigend nickte ich Link zu, der mich daraufhin kurz ausdruckslos anblickte und mir dankbar zurücknickte, bevor er in einer Seitenstraße hinter den verbliebenen Monstern herstürmte.

Gedankenlos blickte ich ihm nach, eine Hand an den kalten Müllcontainer gelehnt.

Link gab es tatsächlich, ausgerechnet hier…? Ich hatte das Gefühl, dass mein Kopf damit überfordert war, in relativ kurzer Zeit so viele Informationen auf einmal aufzunehmen. In just jenem Moment klingelte mein Handy und riss mich schlagartig aus meinen Gedanken. Ein Rascheln zwischen den gelben Säcken erforderte jedoch zuerst meine Aufmerksamkeit, als sich ein weiterer violetter Bokblin erhob, der wohl übersehen worden war. Mit einem bösartigen Grinsen schlich es die Keule hinter sich herschleifend auf mich zu. Ich sah mich überall nach einem Ausweg um, fand aber keinen, deshalb nahm ich einfach den nächstbesten Mülleimerdeckel, kniff bedacht auf das Schlimmste die Augen fest zu und hieb dem Monster, das mit seinem Knüppel bereits zum Schlag ausgeholt hatte, einfach so schnell und so oft auf den Kopf, bis es mit verdrehten Augen ohnmächtig vor mir zusammensackte. Ich wollte weglaufen, aber was, wenn es wieder aufwachte?

Zögerlich griff ich nach einem angebrochenem Besenstiel, der in dem Unrat seinen Platz gefunden hatte, und piekste das Monster kurz an. Es bewegte sich nicht, stieß nur einen Schwall unangenehmen Mundgeruchs aus. Puh.

Ich hatte Angst davor, dass es jeden Augenblick wieder aufwachen würde, aber wenn nun andere Leute von ihm angegriffen wurden? Vielleicht sogar Kinder?

Meine Furcht überwindend, hievte ich das schwere Wesen mit aller Kraft in den metallenen Behälter, schloss die Klappe und ließ das Schloss einschnappen, das unten daran befestigt war. Und das keine Sekunde zu früh, wie mir ein dumpfes Schlagen gegen die Wand des Containers versicherte.

Erleichtert holte ich tief Luft, bevor ich mein immer noch klingelndes Handy bemerkte und ein „…Ja?“ in den Hörer schnaufte, aber da tönten mir nur drei sehr unangenehme Töne entgegen.

„Toll, aufgelegt…“

Kokaris Name. Tolles Timing. Ich drückte die Rückruftaste.

„...ist alles in Ordnung bei dir?“, fragte er, noch bevor ich das erste Tuten gehört hatte.

„Ich habe gerade erfahren, was in der Stadt vor sich geht und -“

„Es ist alles okay, mach dir keine Sorgen.“, beruhigte ich ihn, während mich ein weiterer Schlag gegen den Container zusammenzucken ließ. Das Vieh brüllte.

„Ruhe jetzt, ich will telefonieren!“, fauchte ich übermütig und trat meinerseits gegen das Gefängnis. Bei den nachfolgenden Worten schmunzelte ich.

„Ich habe dir eine Menge zu erzählen.“
 

„Die können uns doch wohl nicht ehrlich zwingen, unsere Häuser zu verlassen!“, meinte ich fassungslos, als es zur Pause klingelte. Mein Klassenlehrer hatte uns gerade verkündet, dass man bereits mit dem Aufbau von einer Art Flüchtlingszentrum begonnen hatte, in das sich in Kürze alle Familien zurückziehen sollten. „Als ob so eine Turnhalle aus Wellblech einen besseren Schutz böte als ein Heim aus Stein und Beton.“

Kokari schien anderer Meinung zu sein. Seine ruhigen Worte waren sicher bedachter als meine.

„In der Gruppe sind Alte und Schwache besser behütet. Vereinigung ist eine nicht zu unterschätzende Stärke. Das solltest du- Au!“, fügte er leise hinzu.

Kokari war urplötzlich zusammengezuckt.

„Hey, was ist passiert?“, fragte ich und half ihm, das Gleichgewicht zu halten, bevor er umkippen konnte.

„Ach, ich bin nur umgeknickt… Danke.“, sagte er und ich half ihm, sich auf die Bank vor unserer Klasse zu setzen, bevor er mich dankbar angrinste. Ich lächelte ihm still zurück, bevor ich einen kurzen Blick auf den Verband werfen konnte, den er am Knöchel unter seinem Hosenbein trug.

„Was hast du denn da gemacht?“, fragte ich besorgt und blickte ihn ein wenig entsetzt an, weil er mir das einfach vorenthalten hatte.

„Ach, das ist halb so wild, ich bin gestern nur falsch aufgetreten...“

Er zwinkerte, und ich war ein wenig beruhigt. In Zukunft würde er mir hoffentlich früher sagen, wenn er sich verletzt hatte.

„Man, ist das heiß heute…“, hörte ich Kokari neben mir stöhnen und ich sah zu, wie er sich den Schweiß von der Stirn wischte.

„Tja, es sind 31 Grad, was erwartest du?“, schmunzelte ich zurück.

„Warte nur hier, ich geh‘ was zum Trinken holen.“ Zügig machte ich mich auf dem Weg zum Schulkiosk und besorgte einen Viertelliter Mineralwasser. Kurz darauf kehrte ich auch schon wieder unter die schattigen Bäume zurück. Ich wollte mich auf die Bank setzen, als ich sah, wie sich etwas seltsam Weißes in dem Gebüsch hinter der Lehne bewegte.

Ich hockte mich vor den Strauch, der sich dahinter befand und versuchte mit halb zugekniffenen Augen zu erkennen, was sich da im Dunkeln regte. Irre, das Etwas sah fast aus wie eine… Verblüfft schnellte ich zur Seite, als die kleine, weiße Totenkopfspinne an mir vorbei mithilfe eines langen Fadens in den Baumkronen über mir verschwand.

Ich blickte ihr nach. Sie war nicht viel größer als eine Handfläche gewesen und trotzdem lief es mir eiskalt den Rücken herunter, als ich daran dachte, dass sich Wesen, die mir vollkommen fremd waren, in harmlos wirkenden Gebüschen herum trieben. Naja, vollkommen fremd auch nicht… Es hätte auf jeden Fall etwas Schlimmeres sein können.

„Was suchst du denn da oben?“, fragte Kokari mich neugierig, stellte sich neben mich und starrte ebenfalls nach oben.

„Ich glaube, ich spinne, aber das Tier eben sah aus wie eine Skulltulla…“, murmelte ich und versuchte, die kleine Spinne zwischen den Wipfeln ausfindig zu machen, ohne zu bemerken, dass ich ein Wortspiel gemacht hatte.

„Tatsächlich?“

Kokari starrte entschlossen nach oben.

Aus irgendeinem Grund schien er mir das sogar zu glauben, denn er wirkte nicht amüsiert, im Gegenteil. Sein Gesicht, dass sonst immer so fröhlich wirkte, war zu einer ernsten Maske verspannt.

„Meinst du, die Monster kommen mittlerweile sogar bis nach hier?“, fragte ich ihn.

„Es sieht so aus…“, sagte er leise und sah schweigend zu Boden, bevor er auf die kleine Skulltulla schielte, die vor meiner Nase baumelte.

„Jedenfalls ist dieses Wesen ein Vorbote des Unheils. Kein gutes Zeichen.“, flüsterte Kokari und sah mir dabei zu, wie ich die Spinne vorsichtig an den nächstgelegenen Baum setzte, fieberhaft hoffend, dass sie in dieser Größe noch ungefährlich waren.

„Nun, wo sie gestern bereits in der Stadt gewesen sind... Das Schlimme ist, das es nichts gibt, dass sie daran hindern könnte. Oder denkst du, Link kommt und rettet uns? Ich würde zu gerne sehen, was er sagt, wenn er dich trifft.“, sagte ich grinsend. Kokari sagte nichts. „Hoppla…“

Unter einem Ploppen knackte das Plastik ein, als mir die Wasserflasche aus der Hand gefallen war.

„Entschuldige, hier, das ist für dich.“, sagte ich leise und reichte Kokari die Flasche.

„Hab‘ vielen Dank… Was ist denn bloß los mit dir? Seit einigen Tagen scheinst du völlig neben dir zu stehen. Ich mache mir Sorgen.“, sagte er besorgt, „Ist es die Furcht?“

Warum machte ich ihm eigentlich länger etwas vor?

Büsche trennten uns und die Blicke eventuell neugieriger Mitschüler voneinander. Ein stiller Wind wehte und wirbelte die welken Blätter auf dem Zwischenhof durcheinander.

„Ich… Ich kann dir doch voll und ganz vertrauen, nicht wahr?“, fragte ich ihn leise.

Still sah Kokari mich an.

„Sag mir bitte, was dich bedrückt. Vielleicht kann ich helfen.“

Nicht wissend, wie ich anfangen sollte, startete ich: „Es ist so, dass… Diese Monster, nicht direkt… Nun, dieses Spiel, weißt du, also ich… Wie soll ich sagen… Es mag sich absurd anhören und vielleicht stempelst du mich jetzt als Freak oder Verrückte ab, aber… Manchmal habe ich ein seltsames Gefühl. Nun, dieses Spiel… Ich weiß nicht genau, wo ich anfangen soll… Für mich ist es einfach real, verstehst du? Es ist, als ob Hyrule ein Teil von mir wäre, den ich nicht verdrängen kann. So als hätte ich-„

„…Als hättest du Heimweh nach einem Land, von dem du nicht einmal weißt, ob es wirklich existiert.“, beendete Kokari den Satz für mich, ohne mich anzusehen.

Einen Moment blickte ich ihn überrascht an, bevor ich gedankenlos neben mir in die Ferne sah.

Er hatte gerade ausgesprochen, was ich gerade gedacht hatte.

„Als ob es nach mir rufen würde. Als ob ich helfen müsste, Hyrule vom Schatten zu befreien. Nur dass mir alles so wirklich vorkommt… Ich rieche das Gras, sehe den strahlend blauen Himmel vor meinen Augen und sehe sogar-„

Jetzt hätte ich beinah zufiel verraten.

„Kurzum: Aus irgendeinem Grund fühle ich mich, als sei dies mein Zuhause…“

„Was siehst du?“, fragte Kokari mich und sah mich etwas besorgt an.

Leicht entsetzt darüber, dass er auf diese Kleinigkeit geachtet hatte, blickte ich ihm in die Augen.

Aus irgendeinem Grund fühlte ich mich ertappt. Aber…

Erneut wandte ich meinen Blick ab. Warum sollte ich ihm nicht meine Wahrheit sagen können? Gerade ihm…

Oder gerade ihm nicht.

„Ich sehe Link neben mir,“, sagte ich leise, „Und es kommt mir vor, als würde ich ihn kennen. Als hätte ich ihn gekannt. Ich kann ihn mir lebhaft vorstellen und kenne jedes Detail an ihm. Aber wie soll ich dir erklären, was ich selbst nicht verstehe…“

Ich suchte einige Momente nach einer Erklärung.

„Zum Beispiel existiert in meinen Gedanken ein Ausschnitt, wie er sein Schwert reinigt, und dabei sieht man ihn doch in keinem einzigen Spiel dabei, oder?“

Einige Momente starrte ich auf das Gras vor mir.

„Es kommt es mir so vor, als würde ich einen guten Freund vermissen, der gestorben ist. Ich… Ich vermisse ich ihn einfach. Auf irgendeine Art und Weise. Und selbst wenn mein Verstand mir sagt, dass er nicht existiert, dass er nur der Held einer Videospielserie ist, so weiß ich doch, dass hinter diesem Gefühl mehr stecken muss als nur eine ausgedachte Welt, die irgendwer bei Nintendo mal eben aus dem Füller gezaubert hat. Ich glaube fest, dass diese Monster, die überall auftauchen, weniger ein terroristischer Akt sind als vielmehr ein Versuch, die Welt zu unterjochen. Fälle von - dunkler Magie.“, sagte ich und stockte.

Vielleicht hatte ich bereits viel zu viel über meine geheimsten Gedanken preisgegeben. Aus irgendeinem Grund sah er mich besorgt an. Wahrscheinlich hielt er mich für geisteskrank. Ein nicht unterdrückbares Gefühl von Enttäuschung machte sich in mir breit, und ich fragte mich, warum. Es wäre schwer verständlich gewesen, wenn er anders reagiert hätte.

Entschlossen wandte ich mein Gesicht von Kokari ab.

„Ich glaube, ich habe einfach zu viel Zelda gespielt, das wird es wohl sein. Wenn ich nach Hause komme, fliegen erst einmal die Spiele in den Müll. Sie zerhacken langsam meinen Verstand.“, sagte ich.

„Warum sollten sie das tun?“, fragte Kokari mich.

„Als wen siehst du dich denn in Hyrule?“

„Warum willst du das wissen?“, fragte ich leicht und sah ihm zweifelnd ins Gesicht.

„Es interessiert mich einfach,“, gab Kokari lächelnd zurück.

„Nun, weißt du, in dem Spiel existiert nicht…“

„Und das wäre?“, fragte Kokari mich uns sah mich still an.

„Ich fühle mich, als wäre ich- Was geht dich das überhaupt an?“, fragte ich daraufhin gereizt.

„Gib mir doch zumindest einen vernünftigen Grund an, warum du mir diese Fragen stellst. Ich glaube kaum, dass du das aus reinem Interesse tust!“

„Warum willst du es mir denn nicht sagen?“, fragte er mich.

Er sah direkt ein wenig niedergeschlagen aus. Ich war selbst entsetzt über den Ton, den ich gerade angesetzt hatte. Wieso brachten mich seine Fragen so schnell aus der Fassung? Ich war doch sonst nicht so eine Furie... Ich fühlte mich schlecht, weil ich ihn so angeblufft hatte. Meine Empfindlichkeit würde ihn noch vertreiben.

„Es- Es tut mir sehr leid, wirklich, Kokari, bitte verzeih mir,“, meinte ich leise, nochimmer ein wenig schockiert, „Es ist nur, weil ich bisher noch mit niemandem darüber geredet habe, wirklich mit keinem. Und ich habe ein wenig Angst davor, dass du mich nun für verrückt hältst, dabei kennen wir uns noch gar nicht solange, aber… Trotzdem bedeutest du mir sehr viel.“

Schweigend sah ich ihn an. Er sah doch nicht nur aus wie er, er benahm sich auch genauso und er war genauso nett zu mir, man konnte genauso Vertrauen zu ihm haben wie zu…

„Vielleicht…“, begann Kokari plötzlich und sah gen Boden.

„Vielleicht ist es nun an der Zeit, dass ich dir auch etwas zeige. Weißt du, für mich ist es ebenso real…“

Den Mittelfinger würde er mir zeigen, dachte ich pessimistisch. Aber ich sah ihn nur stumm und noch immer ein wenig reumütig an. Ganz langsam zog er den Handschuh aus. Das konnte doch nicht sein, dass meine absurde Vorstellung tatsächlich wahr wurde?

„Das gibt’s nicht…“, stammelte ich vor mich hin.

So musste man sich fühlen, kurz bevor man in Ohnmacht fiel. Entsetzt starrte ich auf den Handrücken, den er mir entgegen hielt.

„Ich bin Link. Ich bin nicht nur ein Protagonist aus einem Videospiel.“

Ein kleines, goldenes Dreieck leuchtete mir entgegen. Ein Symbol der alten Zeit. Das Triforce auf seinem Handrücken war der Beweis. Ich war sprachlos. Zwar hatte ich diese Sache seit Wochen geahnt, jedoch war sie nie in meinen Kopf vorgedrungen, geblockt von meinem Verstand.

Doch nun meldeten Herz und Verstand dieselbe Meldung, die da lautete:

Kokari - ist Link.

Hurra, hurra, die Schule brennt?

„Aber warum…“, fragte ich verdattert und holte tief Luft, um nicht im nächsten Moment in Ohnmacht zu fallen. Wenn Kokari tatsächlich der echte Link war, warum war er dann in dieser Welt und nicht in Hyrule? Wie war... Und vorallem wo war... Und überhaupt...

„Du siehst es doch. Monster tauchen auf, Portale zu anderen Welten öffnen sich und die Welt wird vom Schatten bedroht. Deswegen bin ich hier;“, meinte Kokari alias Link und zog gewissenhaft seinen Handschuh wieder an. Langsam ging ich auf ihn zu und sah ihm in die Augen. All meine Gedanken mussten sich erst neu sortieren, mit den vielen Fragen, die sich dort bildeten.

„Dann… Du bist echt…?“

Das hieße ja, dass ich doch kein Spinner war… Zum ersten Mal in meinem Leben schaltete sich mein Verstand nicht dazwischen, als ich daran dachte, dass es Hyrule wirklich gab, dass es die ganze Legende von Zelda wirklich gab und vor allem, dass es Link wirklich gab. Nun stand er leibhaftig vor mir und in meiner Welt tauchten Monster aus dunklen Portalen auf, was bedeutete, dass wieder jemand… Entsetzen zeichnete sich in meinem Blick ab.

„Aber das hieße ja, dass…“

„Nein, noch nicht ganz. Er ist nicht wieder da, aber er wird versuchen, diese Welt zu vernichten.“

„Er...?“ Eine böse Ahnung befiel mich.

Wenn Link von „ihm“ sprach, dann konnte das nur eines bedeuten. Er war da. Der Schatten.

„Du meinst, Ganondorf versucht unsere Welt zu vernichten...? Aber warum? Was hat er davon? Er hat doch nicht einmal einen persönlichen Bezug zu unserer Welt oder etwa doch?“, fragte ich schockiert.

Das hieße, der Großmeister des Bösen hatte Zugang zu unserer Welt…

„Ich bin eigentlich nicht in erster Linie hier, um die Monster zu vernichten, sondern um einen Auftrag zu erfüllen.“, meinte Link. „Sobald ich diesen erfolgreich beendet habe, kehre ich nach Hyrule zurück und es wird alles sein wie zuvor. Und auch eure Welt wird wieder von der unseren abgeschnitten sein.“

„Also heißt das, du vernichtest die Monster und gehst dann zurück nach Hyrule?“, fragte ich leise. Ich musste mich sehr konzentrieren, um nach diesen ganzen Tatsachen noch klar denken zu können.

„Es… So ungefähr…“, murmelte Link unverständlich.

Es klingelte zum Pausenende, aber das war mir egal. Einige Augenblicke, so kam es mir vor, verstrichen wie in Zeitlupe. „Aber warum hast du mir das gesagt?“, fragte ich ausdruckslos. „Warum hast du mir von dir erzählt?“

„Nun, weil du…“, fing Link an, doch unterbrach er sich selbst kurz zwischendurch durch ein Räuspern. Ich neigte fragend den Kopf ein wenig zur Seite.

„Weil du hier meine einzige Freundin bist, und ich wollte, dass du die Wahrheit erfährst.“ „Und ich kann nichts Weiteres für dich tun, als dir bei deinem Auftrag viel Glück zu wünschen und dir dabei zuzusehen?“

„Du könntest mich decken, sobald ich wieder einmal fort muss,“, meinte er leicht belustigt, mit einem Unterton, als wären wir in einem alten 007-Streifen gelandet.

„Aber weshalb bist du dann überhaupt erst in die Schule gegangen? Und wieso hast du dich als jemand völlig anderes ausgegeben, als du bist?“, fragte ich verständnislos.

„Ich kann doch schlecht sagen: Hallo, ich bin Link, der auserwählte Held aus einer sehr populären Nintendospielreihe und mich dann einem Deckleben einfügen, oder?“

Er grinste mich ironisch an, als sei das irre komisch.

Irritiert sah ich zu Boden, bevor ich skeptisch in Links Augen sah.

Das machte doch alles keinen Sinn. Irgendetwas stimmte nicht. Ich wusste nicht, warum, aber ich konnte es förmlich riechen, dass hier etwas faul war. Wozu in aller Welt brauchte er ein Deckleben? Der Ausdruck in seinen Augen sagte mir, dass da noch etwas anderes war…

„Aber wieso bist du...?“
 

Da wurden wir von einem grässlichen, bestialischen Gebrüll abgelenkt. Ahnungslos drehten wir uns dessen Richtung und sahen sogleich große Schülermassen an uns vorbeistürmen, bis das Untier endlich zum Vorschein kam. Neben uns trampelte ein riesiger, ein Wildschwein reitender Troll, der scharfe Waffen in der Hand hielt.

Seine scheinbar sehr abgenutzte Rüstung schien sehr schwer zu sein, verglichen allerdings mit dem geschätzten Gewicht der schwarzen Axt in seinen Händen war sie kaum der Rede wert. War das etwa… King Bulblin? Hastig stellte sich Link schützend vor mich.

„Heilige Maria…“, entfuhr es mir leise, während ich geschockt das fremdartige Wesen vor mir betrachtete, dessen grüne Haut in der Sonne fettig glänzte, während sein Wildschwein gebieterisch scheute. Seine unbarmherzigen Augen ruhten erst auf mir, dann auf Link, bevor sich sein Mund zu einem verspottenden Lächeln verformte, anders konnte man es nicht nennen. Nun waren sie bis zu uns durchgedrungen…

„Lauf!“, meinte Link laut neben mir, doch ich blieb einige Momente unschlüssig stehen.

Es kam mir alles so unwirklich vor.

Eine Sirene ertönte aus den Lautsprechern der Schule. Dann hörte man unseren Schulleiter, der uns verkündete, dass wir die Schule sofort zu evakuieren hatten. Immer und immer wieder. Bis ein furchtbares Ächzen aus dem Lautsprecher klang.

Abwertend starrten Link und das Monster sich an.

„Lauf schon!“, rief er mir zu.

Ich wollte hier nicht weg, weil ich mir Sorgen um ihn machte. Ich wollte ihn nicht im Stich lassen. Aber wo waren eigentlich meine Freunde? Wo waren Natalie und Kathrin?

Sie mochten vielleicht etwas gegen Kokari beziehungsweise Link haben, aber, Himmel nochmal, sie waren doch noch immer meine Freunde! Jetzt erst bekam ich Panik.

„Kommst… Kommst du auch wirklich mit ihm klar?“, fragte ich unschlüssig.

„Geh jetzt!“, rief er und stürzte sich todesmutig auf das Untier, indem er versuchte, es einfach nur mit bloßen Händen zu bekämpfen. Wie sollte er völlig unbewaffnet gegen so einen Gegner bestehen können? Ich lief los, ohne mich umzusehen, denn ansonsten wäre ich sicher gleich wieder zurückgerannt, und hielt nach ihnen Ausschau.

„Natalie?“, rief ich verzweifelt und sah mich um.

„Kathrin!“

Keine Antwort. Hoffentlich war ihnen nichts passiert… Im Durcheinander der hysterischen Schüler konnte ich niemanden identifizieren. Die Scheiben des Schulgebäudes glühten plötzlich hellrot auf und ein gewaltiger Lärm erschütterte das Gelände. Es rumste, einmal, dafür jedoch umso heftiger. Der Biokurs von Kathrin hatte jetzt ganz oben Unterricht gehabt, Natalie irgendwo im unteren Stock… Oh nein. Das Blaulicht der Feuerwehr tauchte auf dem Schulhof auf. Alle Feuerwehrleute versuchten, die Schülermassen möglichst schnell zu evakuieren. Es schienen verdammt viele Monster zu sein, die über unsere Schule herfielen, sie trampelten im Durcheinander der Schüler durch das Gebäude. Neben mir hatte sich gerade ein Feuerwehrmann mit dem Schulleiter aus dem brennenden Gebäude befreit. Beide sahen sehr mitgenommen aus, die Kleidung teilweise zerfetzt und verrust.

„Nein, wartet doch…“, rief der schon etwas gebrechliche Schulleiter und der Feuerwehrmann hatte alle Mühen, in davon abzuhalten, wieder in das brennende Gebäude zu rennen.

„Wie viele sind denn noch da drin?“, fragte der Feuerwehrmann.

„Ungefähr ein Dutzend waren bei mir, als sie mich rausgeholt haben…“, gab der Schulleiter mit rasselndem Atem und seltsam verstörten Gesichtsausdruck zurück. Wahrscheinlich stand er unter Schock.

„Welche Klassen?“

„Einige aus der Schülerzeitungs-AG und viele aus dem Neuner-Biokurs.“

Entsetzt weiteten sich meine Augen. Das hieße, Katrin könnte noch da drin sein… Ich hatte nicht lange zu überlegen.

„Was tust du hier? Hau ab, das ist hier zu gefährlich!“, schrie mich der Feuerwehrmann an und wollte mich zum Schultor schieben, aber ich entwich geschickt seinen Armen und lief an ihm vorbei in die Schule. Als ich die schwere Tür öffnete, schlug mir direkt eine Menge Rauch und Hitze entgegen. Ich band mir mein Halstuch um den Mund und lief weiter. Wenn ich schnell genug durch die Flammen sprang, konnte mir doch nichts passieren. Es war wie bei einer Kerze, durch deren Flamme man mit dem Finger ging…

Schon kurz vor der Treppe hatte mein Hosenbein Feuer gefangen.

„Scheibenkleister…!“, entfuhr es mir leise fluchend und ich hieb mir mit einem Ärmel meiner Jacke auf die Hose, bis das Feuer aus war.

Gott sei Dank war mein Naturwissenschaftslehrer schon draußen, sonst hätte ich sicher ein dickes Minus für diese dämliche Aktion kassiert. Der Bioraum war noch weiter oben…

Die Treppe war das einzige, was noch nicht von den Flammen verschlungen wurde. Sogar ein paar Bulblins spurteten mit ihren Keulen hinter mir her, aber ich war schneller. Ab und zu sah ich entfernt ein paar Feuerwehrleute Verletzte aus dem Haus tragen, doch lief mir keiner über den Weg.

„Bist du lebensmüde?“, rief mir einer der Wehrkräfte zu und verfolgte mich solange, bis ich wohl aus seinem Blickfeld verschwunden war.

Schon war ich an der Treppe oben angekommen.

Auf dem ersten Stock hatte sich das Feuer so gut wie noch gar nicht ausgebreitet, aber starker Rauch vernebelte die Sicht. Mit Mühe schielte ich in den Gang, gespannt, was mich erwartete. In dem Dunstschleier sah ich seltsame Gestalten, die von weitem aussahen wie kranke Großmütter mit schweren Einkaufstaschen.

Bokblins.

„Gahaggarga!“, rief gerade eins der lila Monster und schleifte ein Mädchen unter Schreien aus einer Tür an seinen langen blonden Haaren auf den Flur.

Ein anderes, bewaffnet mit einer schweren Keule, sah zu, dass die Tür geschlossen blieb. Ich erkannte die Haare des Mädchens. Das war Julia aus meiner Parallelklasse… Der Biokurs, schallte es mir durch den Kopf.

Ich beeilte mich, zu der Tür zu kommen.

Als mich das Monster sah, das Julia festhielt, wollte es mich mit der freien Hand greifen, aber bevor es das schaffte, hatte ich dem anderen Gobblin bereits von unten die dicke Keule aus der Hand geklaut, und hieb damit dem Monster mächtig auf die Finger, die es nach mir ausstreckte.

Es heulte auf vor Schmerz. Und bevor sich das andere überlegt hatte, ob es stehenbleiben oder mich angreifen sollte, hatte es auch schon eine ins Gesicht bekommen, bevor ich alle beide mit einem weiteren Schlag ins Reich der Träume beförderte. Seltsam, wieso hatte man es bisher nicht geschafft, sie zu vernichten?

Wenn sogar eine Fünfzehnjährige wie ich mit ihnen fertig wurde, wieso schafften ganze Nationen es nicht, sie zu besiegen? Es ließ Julia los und sie sah mich dankbar an.

„Verzieh dich besser,“, flüsterte ich und mir dankend zunickend rannte sie davon. Hastig öffnete ich die Tür.

„Gina…“, klang es mir erstaunt entgegen, bevor eine ganze Menge bekannter Mitschüler an mir vorbeistürmten. Bestimmt hatten sie jemand anderen erwartet. Kathrin hockte auf dem Boden.

„Wartet doch!“, rief sie der flüchtenden Schülerschar entgegen, doch da waren wir schon allein. Natalie lag neben ihr, sie blutete stark am Kopf.

Ich verstand zwar nicht, was sie im Bioraum zu suchen hatte, aber wen kümmerte das jetzt? Entsetzt sah ich auf sie.

„Was ist denn passiert?“, fragte ich Kathrin.

„Sie hat eine an den Hinterkopf gekriegt und wurde ebenfalls nach hier geschleppt,“, antwortete Katrin knapp, „Aber alleine kriegen wir sie hier nicht raus!“

„Das klappt schon,“, meinte ich und nahm einen von Natalies Armen über meine Schulter. „Pack mal mit an!“, forderte ich Kathrin auf. Und zügig, von den Monstern unbemerkt, schlichen wir eine Abkürzung durch eine Brandschutztür hinaus in die Freiheit.
 

Endlich gab es wieder frische Luft.

„Sind wir draußen?“, fragte Natalie, die zwar schwach, aber trotzdem wach war.

„Ja, wir sind…“, fing ich an, da bemerkte ich entgeistert, dass King Bublin sich immer noch über Link hermachte.

Der Held wurde immerzu von Lord Bulbo, dem Wildschwein, umkreist, ohne dass er durch seine Angriffe auch nur einmal mehr als ein höhnisches Lächeln der Kreatur bewirkte.

„Ist der Typ lebensmüde?“, hörte ich Kathrin noch entsetzt flüstern, während wir auf ihn starrten. Er sah nicht gut aus. Blutrote Flecke und Schnittwunden zierten seinen Körper, und sogar einige Brandwunden hatte er im Gesicht. Mit bloßen Händen kämpfte er gegen das schwerbewaffnete Monster, das versuchte, einige Fünftklässler anzugreifen, und versuchte immer wieder, es aufzuhalten, doch konnte er sich keinen Vorteil erarbeiten. Die Kleinen flüchteten vom Schulhof, der langsam wie leergefegt wirkte, wenn man einmal von den ganzen Einsatzwagen absah, die sich inzwischen dort so verbarrikadiert hatten, als wollten sie eine Sperre für die Monster darstellen.

Doch ihre Rechnung ging nicht auf, denn die Trolle sprangen in gigantischen Sätzen einfach darüber hinweg und zerlegten dabei so manche Karossarie.

Einige Polizisten, die sich hinter Sandsäcken verbarrikadierten, warnten Link mehrmals vergeblich, bevor sie unbeteilligt das Feuer auf das Monster hinter ihm eröffneten.

Wollten sie ihn umbringen?

„Nein, ihr werdet ihn verletzten!“, rief ich ihnen besorgt zu, doch versuchten wieder nur einige der Feuerwehrleute, uns von hier wegzuscheuchen.

Ich blickte zu Link hinüber und sah etwas Entsetzliches, etwas, dass mich sogleich erkennen ließ, warum jeder vom Ende der Welt sprach. Als die Kugeln sich schließlich in King Bulblins dicke, grüne Haut bohrten, gab es nur einen kurzen Augenblick lang wirkliche Verletzungen an seinem Körper, denn die Wunden verheilten wie im Zeitraffer und stießen die Patronen ab. Einige getrockneten Blutflecken waren das einzige, was an jener Stelle übrig zu bleiben schien. Sie waren unverwundbar, aufeinmal konnte ihnen nichts mehr etwas anhaben…

Plötzlich traf eine der Kugeln Link in den Unterarm. Ich keuchte auf. Schmerz verspürend hielt er kurz inne, bevor das Monster zum Schlag ausholte.

„Nein!“, rief ich und riss dem Feuerwehrmann einen Feuerlöscher aus der Hand, bevor ich an ihm vorbeistürmte. Auch an den Polizisten, die unentwegt weiter feuerten, lief ich vorbei. Kurz bevor die mächtige Axt King Bulblins seinen Kopf berührte, pfefferte ich dem Ungetüm mit aller Kraft den Feuerlöscher gegen den denseinen. Die Wucht riss das Vieh glatt aus dem Sattel. Schon hatte Link sich wieder gefasst und rannte zu der Stelle, an der das Monster lag, doch da hatte es sich schon wieder in den Sattel gesetzt und war auf dem Rücken Lord Bulbos, dem Wildschwein, verschwunden. Hechelnd, meine Kraftreserven langsam aufladend, stand ich fassungslos da und sah dem seltsamen Geschöpf nach. Aus der Ferne drangen einige Klänge eines Horns, bevor hunderte von Bulblins, Bokblins und wie sie alle hießen aus dem Schulgebäude stürmten und sich zurückzogen. Erfreut sahen alle den flüchtenden Monstern nach. Dann richtete ich meinen Blick auf Link vor mir. Leicht zischend hielt er seinen Arm mit einer Hand. Blut rann aus der Wunde. Um Gottes Willen, sie hatten ihn getroffen...

„Hey, ist alles-„, fing ich an, doch unterbrach er mich:„Ist alles in Ordnung bei dir?“ Fragend sah er mich ernst an.

„Machst du Witze? Du verlierst sekündlich drei Liter Blut, wenn hier einer zum Arzt muss, bist du das!“, rief ich entsetzt und schob ihn zu dem Krankenwagen.

„Lass mich, das geht schon,“, meinte er nur abwertend, doch fingen schon seine Knie an zu zittern.

„Halt die Klappe und lass dich verarzten.“, sagte ich bestimmt, aber selbst in Sorge um ihn und drückte ihn in Richtung des Sanitäters.

„Bist du verrückt?“, flüsterte er mir ins Ohr, „Was ist, wenn sie mir den Handschuh ausziehen?“

„Das tun sie nicht, dafür sorg‘ ich schon,“, meinte ich nur beschwichtigend.

„Er wurde getroffen,“, sagte ich und überreichte Link einem Doktor, während ich einen der Polizisten mit einem verächtlichen Blick bedachte.

„Bitte lassen sie ihn nicht den Handschuh ausziehen,“, flüsterte ich dem Sanitäter ins Ohr. „Er hat dort eine ziemlich hässliche Narbe, er würde es nicht überstehen, wenn sie sich die ansehen würden.“

„Geht in Ordnung,“, sagte der Arzt, „Ich werde darauf achten.“

Ich bemerkte, wie Link mir ein paar trotzige Blicke zuwarf, aber ich ignorierte sie.

Mein Blick schweifte besorgt in die Ferne.

„Die Monster sind fort…“, sagte Kathrin leise und blickte immer noch in die Richtung, in die sie gerade gerannt waren, während sie neben mir auftauchte.

„Du hast sie verjagt…“

Mich wunderte, dass sie noch Grinsen konnte, nachdem, was gerade alles geschehen war. Ich musste ebenfalls bewundernd lächeln. Unsere Kathrin, sie war ganz schön hart im Nehmen.

„Wo ist Natalie?“, fragte ich und blickte fragend um mich.

„Sie wird ins Krankenhaus gefahren, sie ist aber nicht in Lebensgefahr oder so…“, sagte Kathrin, als uns ein lautes Heulen erschreckte.

Der Krankenwagen neben uns hatte das Blaulicht angeschaltet.

„Sie werden ihn auch ins Krankenhaus bringen...“, sagte ich, mehr als eine persönliche Feststelllung als zu Kathrin gewandt, und stieg hinten in den Wagen ein.

„Wir sehen uns später dann dort!“, rief sie mir noch hinterher, und ich winkte ihr zum Abschied zu.
 

„Danke,“, meinte Link, während ein Arzthelfer versuchte, ihm einen Verband umzulegen.

„Danke wofür?“, fragte ich verdutzt.

„Na, dass du mir das Leben gerettet hast,“, sagte Link.

Jetzt erst wurde mir bewusst, dass ich das tatsächlich getan hatte…

„Dafür brauchst dich doch nicht zu bedanken, das war selbstverständlich,“, sagte ich nur leise.

„Also ich fand es sehr mutig von dir, was du da getan hast.“, sagte der jugendliche Arzthelfer mit dem kurzen Irokesenschnitt, „Die Kugeln haben ihnen bisher nichts ausgemacht, vielleicht sollte man die Soldaten und Polizisten mit Feuerlöschern ausstatten…“

„Papperlapapp, es war alles andere als mutig. Es war unvernünftig und dumm, was ihr da versucht habt. Ihr seid Kinder, keine großen Helden.“ , sagte der Arzt mahnend, ohne zu wissen, dass er teilweise im Unrecht lag.

„Ihr habt euch unnötig in Gefahr gebracht.“

„Tu so etwas bitte nie wieder,“, sagte Link neben mir.

Erstaunt sah ich ihn an.

Er blickte an mir vorbei auf den Boden. Einen Moment lang wusste ich nicht, was ich sagen sollte, bevor es aus mir hinausplatzte.

„Ich werde ganz sicher nicht rumstehen und tatenlos zusehen, wie du erschlagen wirst. Außerdem warst du es doch, der sich völlig unbewaffnet einfach so einem Monster gegenübergestellt hat.“, sagte ich und blickte ihm fest entschlossen in die Augen. Erstaunt sahen mich der Arzt und Link an, während sich der Helfer kichernd wieder dem Verband zuwandte.

„Ihr Kinder solltet wirklich nicht soviel Fernsehen, das schadet euch nur,“, sagte der Doktor unbeteiligt.

„Und außerdem wurde nun angeordnet, alle von diesen Monstern überfallenen Städte sofort zu räumen. Unser Landrat gab soeben den sofortigen Befehl, sich in seinem Haus zu verschanzen, bis man freie Bahn zur Flucht hätte, das könnt ihr euren Eltern ausrichten. Im Flüchtlingszentrum müssten noch Plätze frei sein.“

"Seht's doch positiv, allzubald müsst ihr nicht mehr in die Schule!"

Der Arzthelfer grinste vor sich hin, während er einige medizinische Instrumente abwusch, und ich wechselte mit Link vielsagende Blicke. Vielleicht würde es bald überhaupt kein Leben mehr geben, wie wir es kannten.

Zweifel eines angeschlagenen Helden

Wenig später wartete ich in dem Zimmer, das Link zugewiesen worden war, auf ihn.

Die Einrichtung war wirklich grässlich, giftgrüne Möbel und unnatürlich helle, weiße Wände.

Die Luft roch genauso steril wie die Tapete aussah, künstliche Plastikblumen ließen unzählige Staubkrümel aufsteigen.

Wieder einmal sah ich gedankenverloren aus dem Fenster.

Auf der ganzen Welt tauchten Monster auf, ein hylianischer Held betrat unsere Welt und die Bedrohung wurde immer größer.

So etwas passierte nicht grundlos.

Und auch wenn es Ganondorf vielleicht Spaß bereitete, einfach so aus der Ferne eine Welt auszulöschen, müsste er doch einen Grund dazu haben, ausgerechnet unseren Planeten zu nehmen, inwiefern unsere Welt auch mit Hyrule verbunden sein mochte.

Irgendeine Intuition sagte mir das.

Und, wie sich herausgestellt hatte, hatte sie mich ja noch nie betrogen.

Link hatte gesagt, die Monster seien erst hier aufgetaucht, nachdem er die Welt betreten habe.

Was hatte er denn dann für einen Grund gehabt, nach hier…?

„Ich habe einen Auftrag zu erfüllen,“, hatte er gesagt.

Aber was für einen Auftrag?

Wenn die Monster erst nach ihm aufgetaucht waren, war er nicht hier, um sie zu verjagen.

Nein, bestimmt nicht…

Bisher hatte er doch nur solch eine Reise angetreten, wenn es galt, die Welt vor dem Bösen zu retten, aber nun, wo das ausgeschlossen war, konnte es nur einen anderen Grund geben, so wie er gesagt hatte.

Aber was wollten dann die Monster hier?

Wenn sie hinter Link her gewesen wären, hätten sie doch nicht die ganze Schule angegriffen.

Das war alles so unlogisch…

Es fing an zu regnen.

Welche Gründe könnten die Welt Hyrules mit der unseren nur verbunden haben?

Link würde mir wohl keine Auskunft darüber geben, was das für ein Auftrag war, das wusste ich, sonst hätte er es mir sicher schon längst erzählt.

Prasselnd schlugen dicke Tropfen gegen das Fenster.

Ich fühlte mich der Lösung des Rätsels so nah wie nie zuvor, aber mir wollte einfach nichts einfallen.

Bisher hatte Link sich ja nur den Auftrag gesetzt, Zelda zu retten, jedenfalls war es in den Spielen so…

Heftig schlugen immer dickere Tropfen gegen das Fenster. Es war so schwierig…

Ein kleines Bächlein floss das Glas hinab.

Ein roter Fleck spiegelte sich in der Scheibe wieder und hatte fast die Form eines Bootes. Wieso musste ich ausgerechnet jetzt an „The Wind Waker“ denken?

Aber halt... Dort hatte sich Link auf die Reise begeben, weil der Maskenkönig seine Schwester für Prinzessin Zelda gehalten hatte und er darauf alle Mädchen mit langen spitzen Ohren entführt - Ich stockte.

Natürlich, das wäre doch eine Erklärung!

Vielleicht gab es Zelda auch in dieser Welt, und Link wurde beauftragt, sie zu finden.

Daraufhin tauchten die Monster auf, denen wohl dieselbe Aufgabe gestellt wurde.

Ich sah das Monster vor mir, dass Julia an den Haaren gepackt hatte.

Lange, blonde Haare…

Konnte das sein? Aber dann hatten die Monster ja bereits eine Spur…

Dann musste ich Link helfen, Zelda so schnell wie möglich zu finden, bevor die Monster es taten.

Er würde mit ihr nach Hyrule zurückkehren und dann das Portal hinter sich schließen.

Zwar klang es recht unlogisch, weil ich mir keinen Grund für Zelda ausmalen konnte, warum in aller Welt sie sich hier aufhalten sollte, aber es wäre eine mögliche Erklärung für diese kuriose Geschichte…

Ich sah zum Himmel hinauf. Die Wolkendecke lichtete sich wieder und die Sonne schien erneut in das Zimmer.

War es ein Zeichen der Göttinnen gewesen, um mich auf diese Idee zu bringen?

Ausschließen konnte ich das nicht. Ich lächelte, als ich der Sonne so entgegen sah.

Um ehrlich zu sein war es mir doch eigentlich schnurz, warum er hier war.

Wenn Link tatsächlich einen Auftrag zu erfüllen hatte, dann würde ich ihm dabei helfen, egal ob ich richtig lag oder nicht.

Es war ein Stück wie in meinen Träumen, wo ich ihm auch ständig zur Seite stand...

Niemals, schwor ich mir, niemals würde ich ihn im Stich lassen, egal, wie schwierig es werden würde.

Und niemals würde ich diesen Schwur brechen.
 

„Was überlegst du?“, hörte ich Link hinter mir fragen.

Ich drehte mich um. Sein ganzer Oberkörper war nun verbunden, nicht nur sein Arm.

„Aber das war ja schlimmer als ich dachte…“, murmelte ich entsetzt und starrte auf die Verbände.

„Ach was, sind doch nur Kratzer. Außerdem hast du mich jetzt schon in dieses Krankenhaus geschleppt, da brauchst du dir doch keine Sorgen mehr zu machen.“, lachte er.

„Wie lange musst du denn jetzt noch hierbleiben?“, fragte ich ihn.

„Die Ärzte sagten, sie wollten mich morgen noch zur Sicherheit hierbehalten und dann könnte ich schon wieder gehen,“, meinte er unglücklich und setzte sich auf sein Bett.

Mir fiel auf, dass er ebenfalls ein ziemlich dickes Pflaster an der Schläfe hatte.

„Aber was ist denn? Das ist doch nicht lang,“, freute ich mich. Ausdruckslos sah er auf die abscheulich karierte Wolldecke.

„Aber hast du gesehen, wie viele Monster über die Schule hergefallen sind? Ich möchte mir nicht vorstellen, wie viele es morgen erst über der ganzen Welt verteilt werden könnten,“, sagte er leise. „Du musst wissen, dass gewöhnliche Kräfte aus dieser Welt diesen Dingern so gut wie gar nicht schaden können. Das heißt, dass sich die Menschen nicht einmal mit den besten Waffen vor ihnen schützen können…“, murmelte er in sich hinein.

„Und währenddessen sitze ich hier herum und kuriere mich aus.“

Verbittert sah er aus dem Fenster und senkte den Kopf.

Er machte es sich immer so schwer, blitzte es durch meine Gedanken, und ein Gefühl überkam mich, als würde ich das alles bereits in und auswendig von ihm kennen.

Es war nur ein kurzer Moment gewesen…

Wahrscheinlich lag es an jenen komischen Visionen.

Ich ging langsam zu ihm hinüber und legte ihm meine Hand auf die Schulter: „So erschöpft wie du nach dem Kampf gegen King Bublin warst, hättest du doch nie im Leben gegen andere Monster antreten können,“, sagte ich aufmunternd.

„Das war meine eigene Schuld,“, murmelte Link, „Wenn ich in einer besseren Verfassung gewesen wäre, dann wäre er gar nicht erst dazu gekommen, mich anzugreifen, und ich wäre nicht verwundet. Schau mich doch an: Ist das ein hylianischer Held, wie man sich ihn vorstellt?“, fragte er leise.

„Ja, ich denke schon,“, schmunzelte ich.

„Erst Recht nach einem Kampf wie diesen. Du hattest den Mut eines hylianischen Helden und sein Glück. Die Kugel hätte dir doch genauso gut direkt in den Kopf gehen können…“ Ich schluckte, als ich das sagte. „Aber du bist trotzdem erfolgreich aus dem Kampf hervorgegangen, du hast eine zweite Chance erhalten. Du hast die Möglichkeit, deine Reise da fortzusetzen, wo sie war, als du gegen ihn angetreten bist, Link. Sei doch froh darüber.“, sagte ich aufrichtig.

Link schien immer noch nicht an diese Worte zu glauben.

„Ich habe nicht gewonnen,“, sagte er einfach.

„Du bist nicht gestorben,“, sagte ich glücklich.

„Außerdem...„, fügte ich hinzu und stupste ihn schelmisch an den Ellenbogen, „...machen wir ihm beim nächsten Mal alle.“

Ich zwinkerte und Link sah auf.

Er grinste, immernoch ein wenig bekümmert, aber fröhlicher als vorher. „Es ist schön, dass du es schaffst, mir Mut zu machen.“
 

„Kann ich dich etwas fragen?“, fragte ich Link leise.

Er nickte.

„Wie lautet der Auftrag, den dir die Göttinnen erteilt haben?“

Einige Minuten schwieg er und wir standen einfach nur da, bevor er sagte: „Ich muss in dieser Welt jemanden finden… Jemanden, der mit seiner Kraft eine entscheidende Rolle im Kampf gegen Ganondorf darstellen könnte. Allerdings gilt es nun ersteinmal die dunklen Mächte in Schach zu halten, bis ich da erledigt habe… Ich werde wohl einige Zeit fort sein.“

Vielleicht lag ich auch diesmal mit meiner Vermutung richtig…

Vielleicht…

„Hast du diesen Jemand denn schon gefunden?“, fragte ich, ohne zu erwähnen, welche Vermutung ich hatte, wen er mit „Jemand“ meinte.

Link sah wieder zu Boden und schwieg.

„Tut mir Leid, ich wollte dich nicht verletzen,“, meinte ich besorgt und setzte mich neben ihn, um einen Blick auf sein betrübtes Gesicht zu werfen.

„Ich dachte nur, dass ich dir vielleicht helfen könnte, im Kampf gegen die Monster und falls es nötig sein sollte bei deiner Suche…“

„Nein.“, sagte Link nur bestimmt, „Das ist zu gefährlich für dich. Du wirst mir nicht helfen.“

„Aber warum nicht?“, fragte ich und hörte mich an wie ein trotziges Kleinkind, worüber ich mich ein wenig ärgerte, „Warum sollte ich dir nicht helfen? Ich werde alles tun, was ich kann, um dich zu unterstützen, egal wie.“

„Darum geht es doch überhaupt nicht. Das ist zu gefährlich für dich, versteh das doch. Du kannst nicht mitgehen, und selbst wenn ich gewollt hätte, dass du mitkommst, würdest du in größter Gefahr schweben!“, sagte Link.

„Diese Sache wird immer gefährlicher und ich möchte nicht, dass du dein Leben unnötig riskierst.“

„Es ist, weil ich nicht so stark bin, nicht wahr?“, fragte ich, „Ich würde dir wohl nur zur Last fallen, wenn du mich mitnehmen würdest, oder?“

Einen Augenblick sah Link mich entsetzt an, dann sagte er schnell: „So meinte ich das doch gar nicht, Gina. Es geht darum, dass das Risiko einfach viel zu groß für dich ist, wenn du dich auch noch den Monstern stellst, das ist alles. Es geht nicht um Stärke oder um Kraft, sondern um die Gefahr, die von den Monstern ausgeht…“

„Ja, genau aus diesem Grund möchte ich dir doch helfen,“, sagte ich einfach mitten in seinen Satz hinein.

„Du musst mich auch verstehen. Wenn ich hier untätig herum sitze, obwohl ich weiß, was da draußen gerade vor sich geht, dann wird die Gefahr größer sein, dass ich mir selber etwas antue, als dass mich eins dieser Monster umnietet. Wenn ich schon in diese grässlichen Sachen eingeweiht bin, möchte ich auch helfen, das, was mir lieb ist zu schützen. Schließlich geht es unter anderem doch auch um meine Familie. Außerdem kann ich nicht einfach hierbleiben und dich deinem Schicksal überlassen, und das habe ich auch nicht vor.“

Unschlüssig sah Link mich an.

„Versprichst du mir, dass du keine halsbrecherischen Aktionen mehr starten wirst?“

„Darauf habe ich dir schon eine Antwort gegeben.“, sagte ich leise.

Auch wenn ich unbedingt mitwollte, so musste er doch akzeptieren, dass ich ihn auch um jeden Preis schützen wollte.

Besorgt sah er mich an. „Vielleicht wäre es wirklich besser, wenn ich dich mitnehme.“
 

Am späten Abend sah ich, wie Link bereits seine sieben Sachen zusammenpackte, die ich ihm während seiner kurzen Aufenthaltszeit im Krankenhaus besorgt hatte.

Alles in allem nicht viel, nur das Nötigste, was man auf eine Reise mitnahm: Kleider, Proviant, Geld, Zahnbürsten, Taschenlampen…

Und noch immer hatte ich vor, ihn zu begleiten.

Meine Sachen ruhten sicherheitshalber auch bereits gepackt hinter dem kunstledernen Sessel in Links Krankenzimmer, schließlich wusste ich nicht, ob er seine Meinung, mich mitzunehmen, nicht noch einmal ändern würde, und im Notfall wäre ich darauf gefasst, mich ihm hinterherzuschleichen.

Unter dem Vorwand, dass ich eine kleine Gehirnerschütterung bekommen hatte, ruhte ich schließlich immer noch im Krankenhaus.

Eine miese Ausrede, aber unter diesen chaotischen Zuständen würde trotzdem eine ganze Weile dauern, bis mich jemand hier besuchen kommen würde.

Vielen anderen aus der Familie ging es schließlich auch mittlerweile nicht mehr besonders gut.

Erst gestern hatte ich am Telefon erfahren, dass eines der Monster meinen Cousin schwer verwundet hatte.

Eines anderes hatte sich Zutritt in unser Wohnzimmer verschafft, und mein Opa hatte sich völlig verausgabt, als er das Biest aus dem Haus gescheucht hatte, sodass er ebenfalls in einem anderen Krankenhaus lag.

Insgeheim hoffte ich so stark ich nur konnte, es möge nicht noch etwas Schlimmeres passieren.

Ich hatte meine Mutter gefragt, warum sie denn nicht fliehen würden, wenn die Monster schon in unserer Stadt waren, aber sie hatte damit geantwortet, dass sie zum Einen nichteinmal wüssten, wohin sie fliehen sollten, zum anderen sie aber auch kein Familienmitglied hier allein zurücklassen wollten, mich eingeschlossen.

Außerdem seien die Monster für's erste wieder abgezogen.

Die Mühe, ihr zu erklären, dass sie bald wiederkehren würden, hatte ich mir direkt gespart. Wenn sie nicht flohen, hieße das, dass sie alle Hoffnung aufgegeben hatten, und das konnte ich ihnen nichteinmal verübeln, selbst wenn es mich beunruhigte.

„Tut mir Leid, Schatz. Ich komme so früh wie möglich zu dir.“, hatte meine Mutter aufgelöst gesagt, und ich wusste, wie sehr es ihr Kummer bereitete, dass sie nicht bei allen gleichzeitig sein konnte, auch wenn sie wahrscheinlich lieber bei mir wäre als bei meinem Großvater, das hörte ich an ihrer Stimme.

Besorgt war gar kein Ausdruck für den Ton, den sie im Hörer angeschlagen hatte, meine Mutter, die sich schon Sorgen machte, wenn ich alleine schwimmen ging.

Sie dürfte eigentlich erst als Allerletzte von meinem Verschwinden erfahren.
 

„In Ordnung, ich bin fertig.“, meinte Link zufrieden und musterte dankbar die dunkelgrüne Reisetasche, die ich ihm gekauft hatte.

Ob ich die Farbe aus Zufall ausgesucht hatte, wusste ich nicht mehr.

„Wo sind eigentlich deine Waffen, mit denen ich dich einmal gesehen habe? Hast du sie versteckt?“, fragte ich, als mir aufgefallen war, was fehlte.

Link zog den Reißverschluss zu. „Etwas von der Schule entfernt in einem Schlitz an einer Hofmauer, dort sind sie sicher, bis wir sie holen. Bist du soweit?“, fragte er abenteuerlustig und zog sich eine Jacke an.

„Yup, von mir aus kann es losgehen.“, gab ich ihm freudig zur Antwort.

Zwei Uhr morgens war wahrscheinlich der aufregendste Zeitpunkt, eine epische Reise anzutreten.

„Na dann, hinaus in die Nacht,“, sagte er etwas leiser und weniger glücklich auf dem Flur, und ich wusste, dass man diesen Satz zweideutig verstehen konnte.

Seine Worte hatten so unheilvoll geklungen wie der Nebel außerhalb des Gebäudes aussah.

Als ich nach draußen blickte, wie die Baumwipfel unheilvoll im Winde rauschten, wurde mir bewusst, wie gefährlich unsere Welt geworden war.

Und wie gefährlich sie noch werden würde.
 

„Wir gehen für diese Nacht ins Feld, um zu übernachten. In dieser Gegend haben wir anscheinend noch nichts zu befürchten...", meinte Link ein wenig später zu mir, als wir gerade eine kleine Landstraße entlanggingen, vorbei an den gelblichen Lichtern der Straßenlaternen.

Er zog sich das dicke Pflaster von der Stirn, wobei seine blonden Haare ein wenig um ihn herumflogen.

Einen Moment lang war ich froh, ihn in diesem Moment angesehen zu haben, denn irgendwie sah es sehr faszinierend aus...

„Je früher wir hier wegkommen, desto besser. Danach müssen wir uns überlegen, wie wir schnell von einem Ort zum anderen kommen können.“

„Das ist einfach.“, meinte ich und zwinkerte, „Lass uns einfach nochmal bei mir zuhause vorbeigehen. Ich muss sowieso noch einige Sachen holen.“

Wir gingen eine Weile durch die verlassenen Gassen, die nur noch selten von ein paar Autos befahren wurden.

„Bist du dir auch wirklich sicher, dass du das tun willst? Du wirst eine lange Zeit mit mir unterwegs sein…“, sagte Link, blieb kurz stehen und sah mich fragend an, „Allzu bald wirst dann demnächst wohl deine Familie und deine Freunde nicht mehr sehen.“

„Warum fragst du das eigentlich noch?“, meinte ich lächelnd und schob ihn weiter.

„Es ist nur so, weil ich es jetzt eigentlich schon bereue, dich mitgenommen zu haben. Ich meine, es könnte hier in jeder Ecke irgendein Monster lauern und jetzt fällt mir erst wirklich auf, in was ich dich da mithineingezogen habe…“, meinte er daraufhin mit leerem Blick.

Langsam wurden die Häuser weniger und wir kamen auf einen schmalen Feldweg, der aufgrund mangelnder Beleuchtung schwarz wie die Nacht war.

Es war nicht einfach, zu gehen, ohne den Boden vor sich zu sehen.

Ich packte eine Taschenlampe aus und knipste sie an.

„Mithineingezogen oder nicht, du bist schließlich immer noch mein Freund und ich möchte nicht, dass dir etwas geschieht.“, sagte ich nur.

Er lächelte milde.

„In Ordnung, hier können wir sicher die Nacht bleiben. Noch eine Nacht im Krankenhaus hätte ich nicht überstanden.“, sagte Link und zog glücklich die frische Luft ein. Vielleicht war es jetzt ein guter Zeitpunkt, ihn nach näheren Hintergründen zu befragen.

„Sag mal, Link, was genau ist denn nun eigentlich passiert?“, fragte ich ihn nach einiger Zeit, „Wie genau kommen diese ganzen Monster hierher? Ich habe es, ehrlich gesagt, noch immer nicht richtig verstanden.“

Link setzte sich mir gegenüber im Schneidersitz auf das Gras. Seine Hände ruhten neben ihm auf dem Boden, während sein Blick in die Ferne schweifte. „Nun, ich weiß es selbst nicht genau. Sollte das passiert sein, was ich vermute, dann...“ Wahrscheinlich dachte er darüber nach, wie er mir das Folgende am besten erklären konnte.

„Ganz am Anfang stellten mir die Göttinnen nur jenen Auftrag, die Person zu finden, deren Mächte sie noch benötigten, um im Kampf gegen die Finsternis gewappnet zu sein.“

„Heißt das, du wurdest von den Göttinnen selbst...?“, fragte ich verwundert, dass sich diese allmächtigen Wesen, die sonst immer so unbeteiligt schienen, aufeinmal dermaßen in sein Leben einmischten.

„Nein, nicht ganz. Ich bin eines Tages nur hier aufgewacht, nach einem Traum, in dem jemand zu mir gesprochen hatte... Ich vermute stark, dass es die Göttinnen waren, wer sollte denn sonst auf diese Weise Kontakt zu mir aufnehmen?“

Ich wusste nicht, ob ich widersprechen sollte, denn eigentlich fielen mir sehr viele Leute ein, die auf diese Weise eine Botschaft hätten schicken können.

Zudem schien die Frage weniger an mich gerichtet zu sein.

„Es wird wohl irgendetwas damit zu tun haben, dass ich durch die Zeit gereist bin, anders ist es nicht zu erklären. Ansonsten fällt mir kein Grund mehr ein, warum so viele verschiedene Zeitperioden auf einmal aufeinandertreffen.“

Da mir jede genauere Erklärung sicher zu kompliziert geworden wäre, beschloss ich, ein anderes Mal nachzufragen.

„Und wo musst du hin...?“

„Nun...“, meinte Link und sah mich etwas entschuldigend an, „Das ist der springende Punkt.“

„Wie kannst du denn auf eine Reise gehen, wenn du nichteinmal weißt, wo ihr Anfang und Ende ist?“, fragte ich verwundert.

„Ich folge meiner Nase. Immerhin bin ich ja noch überall angekommen, wo ich hinwollte...“ „Apropos...“, fiel mir da ein, „Aus welche Zeit kommst du eigentlich?“

Das künstliche Licht brannte unangenehm in meinen Augen.

Sicher war es die Müdigkeit.

In dem Halbdunkel blickte er von mir ab auf das Gras und konzentrierte seinen Blick auf verschiedene Stellen, als würde er überlegen, aber vielleicht wurde ihm nun auch nur bewusst, dass er es selbst nicht wusste.

Er tat mir leid.

Obwohl er wohl von allen hier am Besten informiert war, war er doch völlig ahnungslos.

„Ich schätze, die Göttinnen haben ihr Spielchen mit der Zeit getrieben.“, antwortete er daraufhin und setzte ein schelmisches Lächeln auf.
 

„Ich hab' dir einen Schlafsack in deine Tasche gepackt.“, sagte ich und faltete meinen eigenen auf.

„Danke, du hast wirklich an alles gedacht…“, meinte er, während er ein Taschenmesser und die Taschenlampen staunend musterte.

„Na dann gute Nacht, morgen wirst du ein letztes Mal dein Zuhause sehen.“

Damit wollte er mir eine gute Nacht bescheren?

„…zum letzten Mal, bevor wir aufbrechen.“, verbesserte ich ihn grinsend.

Es dauerte ziemlich lange, bis ich eingeschlafen war, denn es gab noch so viele unbeantwortete Fragen...

Unglaublich, das Abenteuer, über das ich solange nachgedacht hatte, existierte aufeinmal wirklich…

Und ich war mittendrin.

Die Invasion

Als ich am nächsten Morgen aufwachte, erblickte ich als erstes den orangeroten Himmel über mir und merkte, wie wunderbar sich mein Körper nach der Nacht voller frischer, klarer Luft erholt hatte.

Ich blickte mich zu Link um, aber alles, was ich erblickte, war jener legendärer Held aus der Legende, der nicht weit vor mir stand und sich den orangeroten Sonnenaufgang ansah, in der altbekannten Tunika, den ledernen Stiefeln und der grünen Zipfelmütze, die sich sanft im Wind wiegte.

Die weite Landschaft hinter ihm formte das Ganze zu einem in einen roten Schimmer getauchten, harmonischen Bild, das sich tief in mein Gedächtnis einbrannte.

Es sah so majestätisch aus, dass ich einige Momente lang meine Augen nicht abwenden konnte.

Schließlich bemerkte er es wohl, und es hätten einige Stunden vergangen sein können, ohne dass ich selbst bemerkt hätte, dass ich ihn anblickte, und er drehte sich mit einem hoffnungsvollem Lächeln zu mir um.

„Guten Morgen. Gut geschlafen?“

Ich grinste zurück. „Mehr schlecht als Recht, aber trotzdem gut, danke. Was ist mit dir, du siehst so gedankenverloren aus..?“

„Nichts weiter. Ich überlege nur, wie wir jetzt am besten weitermachen. Schließlich haben wir einen langen Weg vor uns und es wäre sicher schlecht, wenn wir uns nach so kurzer Zeit verlaufen würden, nicht wahr?“

Anschließend dauerte es nicht lange, bis wir bei mir zuhause ankamen, obwohl wir zu Fuß gingen.

Zu allem Glück fanden wir mein Haus verlassen vor.

Sicher war meine Familie im Krankenhaus zu Besuch. Jetzt erst wurde mir bewusst, dass, wenn ich Pech hatte, ich sie nun vielleicht nie wieder sah, und es wurde mir ein wenig flau im Magen.

War mein Entschluss denn richtig...? Hieße es denn nicht auch, sie irgendwie im Stich zu lassen...?

Mit zitternden Händen schloss ich die Tür auf.

Der Schweiß an ihnen ließ den Türgriff glitschig werden.

„Ich hole nur noch einige Sachen aus meinem Zimmer. Wenn du möchtest, kannst du dich ja mal im Haus umsehen, ob du noch etwas gebrauchen kannst, und dann geht’s los, in Ordnung?“

„Alles klar.“, meinte Link und lief in Richtung Küche.

Es war mir zwar nicht wohl dabei, einfach Sachen von zuhause zu entwenden, aber verglichen mit der Zahl der moralischen Regeln, die ich bis jetzt gebrochen hatte, machte das auch keinen Unterschied mehr.

Außerdem kam es ja allen zugute, immerhin würden sie auch davon profitieren, wenn es Link gelang, die Schatten zurückzuschlagen und die Welt zu retten. Ich versuchte zwanghaft, mich mit dieser Tatsache zu trösten.

Als er wieder zu mir hochkam, hatte ich bereits einige Klamotten gepackt und hoffte, dass ich alles Nötige eingepackt hatte, ohne zuviel mitnehmen zu wollen.

„Ich habe euren Kühlschrank leergeräumt, ich hoffe, das geht in Ordnung?“, fragte er, ein wenig verschämt, und blickte aus dem Fenster auf die Straße.

„Natürlich,“

„Können wir dann los?“

„Ja, nur noch das hier...“, meinte ich und packte eine kleine, schwarze Kiste von der Größe eines Taschenbuchs ein.

Das Wichtigste hatte ich natürlich mal wieder fast vergessen...

„Was ist denn das?“, fragte Link interessiert.

„Das... Das ist nicht so wichtig. Komm, wir gehen.“

„Möchtest du dich denn nicht von deiner Familie verabschieden? Es bleibt genügend Zeit, wir können noch warten.“ Seine Stimme war genauso verständnisvoll wie tonlos, und ich merkte, dass er verstehen konnte, dass ich daraufhin nach einigen stillen Sekunden den Kopf schüttelte.

Gerade wollte ich mit meinem nun endlich vollständig gepackten Rucksack an ihm vorbei durch die Tür, da hielt er mich zurück.

Mit ernster Miene lehnte er einen Arm an den Türrahmen.

„Warte,“, meinte er leise, „Behalte es bei dir, nur für alle Fälle.“

Daraufhin hielt er mir eins der schärfsten Küchenmesser meiner Mutter entgegen, dessen silbrige Klinge mir hell entgegenschimmerte.

Etwas zögernd nahm ich es an mich.

An was man nicht alles denken musste...

„In Ordnung... Komm, lass uns in den Keller gehen.“

„Deine Ideen sind wirklich immer die Besten,“, meinte Link erfreut und besah sich meinen Motorroller.

„Der Alte fährt zwar nur knapp dreißig, aber wenn wir ständig mit dem Bus fahren müssen, kommen wir nicht sehr weit; “, schlussfolgerte ich und betrachtete den von den Jahren ausreichend gezeichneten Roller nachdenklich, darüber sinnend, ob es noch andere Möglichkeiten gab.

„Uns bleibt keine andere Möglichkeit; Obwohl es eigentlich auch sehr riskant ist, wenn wir zu zweit auf einem Einsitzer fahren, aber das fällt vielleicht nicht so schnell auf…“, stellte ich hoffend fest.

„Was soll so schlimm daran sein, dass er nur dreißig fährt? Das ist mmer noch schneller als zu Fuß,“, sagte Link heiter und öffnete neugierig das Fach unter dem Tacho, wo sich die Fahrzeugpapiere befanden.

Nachdem wir die Helme angezogen hatten, öffnete ich das Garagentor und wir fuhren hinaus ins Abenteuer.

Das Wetter war so schön, dass ich mir gar nicht vorstellen konnte, dass irgendwo in der Ferne das Böse ein Regime aufbaute...

Link schien genau zu wissen, wohin er wollte.

Er zeigte mir den Weg, und wir entfernten uns immer mehr von meiner Heimatstadt, bis wir uns schließlich in einer Gegend befanden, die mir gänzlich unbekannt war.

Jetzt gab es wohl kein Zurück mehr.

Seltsam, vor nicht allzu langer Zeit hatte ich mir noch solch nichtige Gedanken über Hausaufgaben und Berufswahl machen müssen...

Wie schnell sich doch alles geändert hatte.
 

Wir waren in einer größeren Stadt angelangt, da plötzlich hörten wir ein seltsames Gekreische über unseren Köpfen, und schlagartig merkte ich, wie Links Kopf herumfuhr. „Das sind Kargaroks!“, rief er und sah sich bestürzt die geflügelten Dinosaurier mit den großen Schnäbeln an.

„Schneller fährt das Ding aber nicht!“, rief ich verzweifelt zurück und versuchte vergeblich, mehr Gas zu geben, als mir zur Verfügung stand.

Wie sollten wir entkommen?

„Pass auf!“, schrie er und ich duckte mich gerade noch rechtzeitig, um den scharfen Krallen zu entkommen, die hart gegen das Fahrzeug stoßen, sodass es aus dem Gleichgewicht geriet.

Nachdem es einen schrillen Schrei ausgestoßen hatte, fiel das Monster wieder zurück.

Mit Mühe gelang es mir, nach ein paar Schlangenlinien wieder geradeaus zu fahren.

Ich bog in die nächstbeste Straße ein, während ich von hinten nur ein ohrenbtäubendes Krachen vernahm.

Vielleicht war einer der Kargoroks in eine Hauswand gekracht.

Die Viecher kamen näher.

Ich hörte, wie Link sein Schwert zog.

Kurz darauf vernahm ich auch das Kreischen der Drachen bedrohlich nah und hörte ein verstummendes Klagen von einem der Angreifer.

Link hatte von seinen Waffen Gebrauch gemacht.

„Sieh mal die Glastüren dort! Dahinten steht ein großes Gebäude, da können wir bestimmt Schutz suchen.“, meinte ich und zog an dem Gashebel so fest es nur ging.

Ich sah, wie mit abnehmender Entfernung zur Tür auch der Abstand zu unseren Verfolgern geringer wurde.

Ein Klacken am Motor des Rollers ertönte; Ich hatte keine Ahnung, was das gewesen war, und hoffte nur, nicht jeden Moment stehen zu bleiben.

Doch auf einmal nahm die Geschwindigkeit rapide zu.

Ich hatte so gut wie keine Ahnung von KFZ-Mechanik, aber ich wusste instinktiv, dass ich das wohl Opas Herumgebastel zu verdanken hatte.

Zum ersten Mal war ich froh, einen solchen Oldtimer zu fahren, denn wir hatten nun eine Geschwindigkeit, mit der uns nun vielleicht gelingen könnte, zu entkommen.

Wie schnell genau wusste ich nicht, der vorige Angriff hatte die Tachonadel beschädigt, die seitdem nicht mehr über fünfzehn Stundenkilometer stieg.

„Halt‘ dich fest!“, rief ich Link zu, der immer noch freihändig mit dem Masterschwert in der Hand auf dem Sitz hinter mir kämpfte.

Zügig steckte er es ein. Die Dinos wurden kleiner, während das Gebäude vor uns immer größer wurde.

Als ich mit einem halsbrecherischen Bremsmanöver vor der Tür hielt, bei dem ich fast gegen einen der Briefkästen gefahren war, sprangen wir eilig vom Sitz ab und suchten Schutz in der, wie sich herausstellte, Post.

Die Flugdrachen warteten jedoch davor auf uns.

Kreischend flogen sie am Eingang auf und nieder und kratzten mit ihren Krallen über das schrecklich quietschende Glas.

Eine Frau schrie grell auf; dann hörte ich mehrere Kinder, die anfingen zu weinen.

Die Menschen um uns herum verfielen in Panik und wagten nicht, nach draußen zu gehen. Im selben Moment fing die Erde an, in einem zweisekündlichen Rhythmus zu wackeln und die Flugdinosaurier verschwanden.

Mein Bauchgefühl wurde von der Unruhe der Leute angesteckt.

Etwas musste die Monster dazu bewegt haben, sich aus dem Staub zu machen. „Da kommt etwas.“, meinte ich leise zu Link, der gerade seinen Helm abnahm, ohne ihn anzusehen.

Er nickte nur still und sah gen Boden.

Wahrscheinlich versuchte er die Richtung des Geräusches auszumachen.

Die Leute verstummten.

Mit jedem Stoß der Erde bröckelte der Putz aus den Wänden, während die Beben immer schneller aufeinander folgten.

Es hörte sich an, als würde ein Riese die Straße entlang stampfen.

Alle starrten durch die Panorama-Glassscheiben, die die Hälfte des runden Raums einnahm, in dem wohl die Pakete und Briefe aufgegeben wurden.

Dann schließlich watschelte in aller Seelenruhe ein gewaltiger Dinosaurier, hoch wie ein Haus und breit wie die gesamte Straße, an uns vorbei, während in der Post anscheinend der Strom ausfiel, denn sämtliche Neonröhren, die vorher den Raum erhellt hatten, waren auf einen Schlag erloschen.

Das war doch...

Das war der König der Dodongos, der Endgegner aus Dodongos Höhle in „Ocarina of Time“!

Langsam fragte ich mich, in welcher Epoche Hyrule sich eigentlich befand, denn so wie es aussah, gab es ein sehr breitgefächertes Spektrum an Monstern, die sich hier eingenistet hatten. Ein Spielchen mit der Zeit...

„Sei ganz leise...“, flüsterte Link mir ins Ohr, während er sich zu der Glastüre schlich und dem gewaltigen Dino hinterherblickte, bevor aus den gelegentlichen, kurzen Beben, ein langgezogenes, heftiges Rumoren der Erde wurde.

Der Dodongo setzte seine Pranken unter den wuchtigen Körper und fing an, langsam die Straße hinabzurollen.

Laternen, Mülltonnen und Verkehrschilder wurden plattgedrückt oder zur Seite gepfeffert, der Himmel wurde fast schwarz vor lauter Staub, den der gerissene Asphalt in die Luft schleuderte.

Atemlos sah ich zu und spürte, wie der Boden nun anfing, durchgehend zu beben.

Dann flog ein blauer Rollerlenker gegen die Scheibe, es war wohl das Letzte, was noch von meinem ersten Fahrzeug übrig geblieben war.

Im Moment bemerkte ich es gar nicht wirklich.

„Schau dir das an...“, sagte ich leise.

„Das gefällt mir nicht...“, hörte ich Link murmeln, der sich gerade langsam neben mir platzierte, „Diese Riesenechse hat nicht genug Intelligenz, um ganz allein-“
 

Im selben Augenblick krachte etwas genau von der gegenüberliegenden Seite des Raums, den alle beobachteten, gegen die Scheiben und Splitter rutschten auf dem gefliesten Boden entlang.

Von da an ging alles ganz schnell.

Einige Frauen schrien, bevor ich überhaupt wirklich bemerkt hatte, das etwas passiert war.

Ich hatte gerade noch genug Zeit, zu sehen, dass gebogene Säbel es waren, die das Fenster eingeschlagen hatten, ehe Link irgendetwas rief, was ich nicht verstehen konnte, sein Schwert zog und mich in Richtung Tür schubste.

Die schreienden und flüchtenden Menschenmassen, die sich nun nach draußen drängelten, drückten mich mit hinaus.

Erst als ich draußen war, hatte ich realisiert, was sich drinnen gerade zugetragen hatte. Link war noch immer dadrinnen, zusammen mit was noch immer... „Link!“, schrie ich aus Leibeskräften, „Link!“

Als der Großteil der Leute aus der Post gestürzt war und ich gerade wieder hineinschlüpfen wollte, kam er herausgestürmt, steckte sein Schwert und sein Schild zurück drehte mich im Vorbeilaufen in seine Richtung.

„Da lang!“, schrie er. Seine Hand erfasste die meine und zog mich hinter ihm her.

Stolpernd warf ich einen raschen Blick über den Rücken und sah zwei große, sehr humanoide Echsen in mittelschweren Leder- und Eisenrüstungen.

Ihre Schwerter glänzten so hell in der Sonne, dass sie mich blendeten und ich mich wieder umwandte.

„Echsodoren,“, meinte Link neben mir, als hätte er meine Gedanken gelesen.

Dann tauchten in der Richtung vor uns plötzlich die Kargaroks wieder auf, die wir im Krach der Echsodoren, die uns hechelnd wie Jagdhunde verfolgten, und King Dodongos Rollen eine Straße hinter uns, fast nicht bemerkt hätten.

„Pass auf!“, schrie Link und wir konnten den Flugdinosaurieren gerade noch rechtzeitig ausweichen, als sie zum Landeanflug ansetzten.

Die lange Zunge in ihren hörnernen Schnäbeln schlingerte sich ihrem Kreisschen gen Himmel.

Ich konnte mich nicht erinnern, jemals schoneinmal so schnell gelaufen zu sein wie jetzt, da es im wahrsten Sinne des Wortes um mein Leben ging. Dann passierte es; ich stolperte und fiel.

Link bemerkte es sofort und blieb stehen, doch mit jeder Millisekunde rückten unsere Gegner näher.

Bei dem Versuch, so schnell wie möglich aufzustehen, lösten sich meine Gedanken in Luft auf.

Als meine Hände sich auf den Asphalt stützten, konnte ich ein erneut ein Beben fühlen, und als ich mich erschrocken umdrehte, sah ich, wie ein riesiger, eingerollter Dodongo auf uns zuraste.

So schnell ich konnte sprang ich auf.

Doch es war zu spät, Links Schwert prallte bereits auf eines der Echsenkrieger.

Es dürfte nicht zu einem Kampf kommen, es gab nicht mehr genug Zeit dafür.

Der Riesendrache würde wohl kaum für ein paar große Echsen anhalten.

Staub kam auf, und irgendwann war ich nicht mehr fähig, den gewaltigen Dino, der langsam größer wurde, zu erkennen.

„Link, lauf!“, flehte ich, als ein zweites Schwert auf Links Schild prallte, „...King Dodongo kommt!“

Link hielt einen Augenblick inne, als er meine Worte vernahm, und schien ebenfalls das Rumoren der Erde wahrzunehmen, bevor die Echsodoren mittels einer Schildattacke zurückdrängte und mit mir weiter lief.

„Komm!“ Die Echsen, deren stechende Augen ebenso von dem Staub geblendet waren wie die unseren, blieben nach kurzer Zeit hinter uns zurück, doch das Erdbeben ließ nicht nach, im Gegenteil.

Die Kraft, die in mir anlässlich der ersten Momente der Panik aufgestiegen war, ließ langsam nach, und ich wusste nicht, wie lange ich dieses Tempo noch würde durchhalten können.

„So kann das nicht weitergehen,“, rief Link neben mir, „Wir müssen es anders machen!“ Damit lief er in eine andere Richtung und verschwand in der Staubwolke.

„Was tust du?“, fragte ich laut.

„Wir teilen uns auf!“, schallte es zurück.

Ich verstand und lief ebenfalls in die entgegengesetzte Richtung.

Mit jedem Schritt wurde das Rumoren ein wenig leiser.

Aber noch machte sich keine Erleichterung breit, im Gegenteil.

Anspannung durchströmte jede einzelne meiner Zellen.

Erst als der Nebel sich endgültig gelichtet hatte, wurde mir klar, dass ich es wohl überstanden hatte.

Der Ort sah indes bereits schrecklich verlassen aus.

Tot wie eine Geisterstadt.

Wahrscheinlich waren die Leute hier größtenteils schon vorher geflüchtet.

Wie schnell das alles geschehen war...

Aber wo steckte Link?

Sollte ich hier auf ihn warten?

Ich beschloss, ihn zu suchen.

Durch die anscheinend hektisch verlassene Gasse schlich ich mich entlang der verwüsteten Schneise, die King Dodongo durch ganze Gebäude hindurch geschnitten hatte.

Wo war Link?

Und wie konnte ein dermaßen gigantisches Monster einfach so im Nichts verschwinden? Da spürte ich es aufeinmal; das gewaltige Beben, das erneut die Straßen erschütterte.

Er war in der Nähe.

Ich drückte mich an die Wand und spähte um die Ecke, wo einer der Echsodoren mit dem Rücken zu mir gewandt über den Asphalt stapfte.

Dann hörte ich, wie ein kleiner Stein neben mir landete.

Ich blickte auf und sah genau auf der gegenüberliegenden Seite Link stehen, der mir mit einem Finger auf den Lippen still zu verstehen gab, dass ich nichts sagen sollte. Dann zeigte er in die andere Richtung von de, in die der Echsenkrieger gerade marschierte. Eine große Staubwolke war in der Ferne zu sehen. IDer Echsodorus kontrollierte wohl mit strengem Blick den Weg, den King Dodongo zurückgelegt hatte.
 

Ich vermutete, dass er nach einer ganz bestimmten Leiche suchte, die der Drache auf seinem Weg vielleicht zurückgelassen haben könnte.

Es würde nicht lange dauern, dann würde er an uns vorbeikommen.

Ich nickte Link zu.

Er deutete auf sein Schwert, dann wieder auf den Echsodorus.

Ein Überraschungsangriff.

Ich nickte erneut. In dem Moment, als Link seinen Gegner aus seinem Versteck heraus erspähte, griff er mit lautem Angriffsgebrüll an.

Der Schock war einen Moment aus der Gestik der Echse herauszulesen, doch er erholte sich schneller, als ich gedacht hätte.

Er wich vor Links Schwert zurück und blies eine Pfeife, die er um den Hals trug und die mir bisher noch nicht aufgefallen war, bevor er ebenfalls sein Schwert zückte.

Einen Moment irritiert blickte Link sich um und starrte auf den König der Dodongos, der mit einem lauten Krachen sämtliche Häuser in Schutt und Asche legte, die sich seinem langen Schwanz in den Weg stellten, als er sich umdrehte und auf die beiden zurollte.

Ich starrte das Riesenvieh entsetzt an, als plötzlich hinter mir ebenfalls zischelnde Geräusche zu vernehmen waren.
 

Als ich mich umdrehte, blickte ich zwei weiteren Echsenkriegern ins Gesicht.

Mit großen Schritten kamen sie auf mich zu und erhoben ihre Säbel.

Ich ging so schnell rückwärts, wie ich konnte, und entging nur knapp einem Schwerthieb, als die beiden auch schon wieder zurückwichen.

Einen Moment fragte ich mich, wieso, da drang das laute Getöse wieder zu mir durch und ich sah erschrocken auf.

Ich stand auf der Straße.

„Gina!“, schrie Link, immer noch mitten im Kampf, als er bemerkte, dass ein gewaltiger Dino gerade Antstalten machte, mich jeden Moment zu zerquetschen.

Das weibliche Portal oder: Ganny lässt grüßen

Ich kniff die Augen zu und dachte daran, dass alles, was ich jetzt dachte, vielleicht das Letzte war, was mir durch den Kopf ging.

Es war aus, es war vorbei...

Ich würde nie erfahren, wie der Konflikt zwischen Licht und Schatten geendet hatte.

Es war das erste Mal, dass ich Todesangst empfand, Angst davor, sterben zu müssen, bevor es überhaupt richtig begonnen hatte.

Gerade in dem Augenblick, als meine Gedanken aussetzten, spürte ich nur einen heftigen Ruck an meinen Schultern und wurde herumgerissen.

Jetzt war ich wohl tot.

Doch es kam kein jähes Ende, kein allerletzter Schmerz, der Druck an meinem Oberkörper ließ sogar wieder nach.

Als ich verwundert die Augen öffnete, wurde ich gerade von Link mitfortgerissen und rannte sofort irgendwohin, mein Gehirn registrierte kaum noch etwas. Wahrscheinlich stand ich unter Schock.

Aber als ich mein Bewusstsein endlich wiederfand, waren wir soweit entfernt von der Stadt, dass wir uns sicher waren, die Monster abgeschüttelt zu haben. Ich blieb stehen und verschnaufte erstmal mit leerem Blick.

Ich war so gut wie tot gewesen, heilige Mutter, ich war gerade dem Tod von der Schippe gesprungen...

„Alles in Ordnung?“, hörte ich seine Stimme besorgt fragen.

Ich sah ihn offen an und ein Moment voller Dankbarkeit erfüllte unausgesprochen die Atmosphäre, denn jetzt erst wurde mir klar, dass er mich gerettet hatte.

„Danke.“, sagte ich, lächelte sanft und blickte zum ersten Mal offen in seine Augen, ohne auch nur das geringste Schamgefühl zu verspüren. Er erwiderte den Blick mehrere Sekunden lang.

„Gern geschehen.“, erwiderte er leise. Einige Momente stand die Zeit still, bis er den Kopf nach unten neigte und losging.

Ich lächelte still in mich hinein. Vielleicht war ich doch nicht die einzige, die ein wenig schüchtern war...

„So, und nun...?“, fragte ich und nahm ich das Gespräch wieder auf.

„Nun müssen wir zu Fuß gehen.“, meinte er frech grinsend und ging voraus.

Ich verdrehte die Augen, musste aber ebenfalls lachen. „Ich meinte, was wir vorhaben, du Schlaumeier!“

„Warte es ab, du wirst schon sehen, wohin wir gehen...“ Und mit dieser geheimnisvollen, aber einfach gereimten Bemerkung schloss er das Thema.

„Kannst du mir denn wenigstens verraten, was wir tun, wenn wir da sind?“ „Nein, das würdest du wahrscheinlich sowieso nicht verstehen, deswegen schaust du wohl besser selbst.“

So liefen wir einige Stunden über endlose Feldwege, bis mir die Füße schmerzten, während ich versuchte, gegen den typischen Drang eines kindlichen 'Sind wir schon da?' anzukämpfen. Mittlerweile wünschte ich mir, die Göttinnen hätten Link zumindest Epona mit hierher gesandt. „Ah, da ist es ja...“, meinte er gedankenverloren und suchte auf einmal irgendetwas im Feldboden. „Was machst du?“, fragte ich neugierig. Da schien er auch schon gefunden zu haben, wonach er gesucht hatte, und schob mit den Handflächen ein wenig Dreck zur Seite. Darunter kam eine Steinplatte mit einem bewegbaren Hebel zum Vorschein, den er nach unten drückte. Sogleich erhob sich ein einfacher Block aus der Erde, der jedoch nichts wirklich zu berühren schien, sondern durch alles hindurchging, als wäre es eine Illusion.

Erst auf dem zweiten Blick fiel mir auf, dass er aus regenbogenfarbenem gebrochenem Licht bestand. Er waberte leicht herum, wie ein Tuch, dass man mit einer Lampe beschien. Einer bunten Lampe. Dies war bestimmt einer der schönsten Anblicke meines Lebens.

„So, nun komm.“, sagte mein Begleiter und ging um den Block herum, wo ich eine Treppe erblickte, die einfach durch den Feldboden nach unten führte.

Wie von Geisterhand war ein Tunnel erschienen. „Kann man denn da drauftreten?“, fragte ich zögerlich, denn langsam schien sich so ziemlich jedes wissenschaftliche Gesetz aus meinem Leben zu verabschieden. Link grinste noch breiter und trat auf die erste Stufe. „Es sieht zwar etwas seltsam aus, aber es funktioniert.“

Und so schritten wir eine leuchtende Treppe hinunter, mitten durch ein Feld, von dem ich nichteinmal wusste, wo es sich befand.

Nach und nach wurden die erdigen Wände heller, die Treppe endete und vor uns lag eine gigantische Halle, gebaut aus weißem Marmor. Steinerne Säulen ragten an die hohe, stark verzierte Decke. Goldene Tafeln liefen wie eine Borde an den Mauern entlang, ihre ausgestanzten Bilder erzählten in ausdrucksstarken Bildern Sagen und Legenden. Über ihnen hangen vereinzelt kleine Wandhalterungen, in denen ein paar Öllichter vor sich hinflackerten. Am Ende der Halle befand sich eine Art Altar, in den hylianische Schriftzeichen eingraviert waren. Das einzige, was nicht in das majestätische Bild hineinpasste, war der leicht moodrige Geruch, der in der Luft lag.

„Ist das die Zitadelle der Zeit?“, fragte ich wie aus der Pistole geschossen, denn ich fühlte mich urplötzlich unglaublich an jene gewaltige Kirche erinnert.

„Nein, es ist... eine Art Kontaktpunkt, von dem aus man die Verbindung nach Hyrule aufrecht erhalten kann. Hier werden wir auf jemanden treffen, der uns weiterhelfen kann. Von hier aus habe ich auch meine Mission begonnen. Ich weiß nicht, ob dieses Bauwerk einen Namen trägt...“

Er sah mich forsch an und zwinkerte. „Ich weiß ja nichteinmal, ob es real ist oder eine verzauberte Illusion.“

Ich lächelte.„Naja, ich will ja nichts sagen, aber die Luft hierdrin scheint nach ziemlich realem Modder zu riechen.“

Langsam gingen wir zu dem Podest am Ende der Halle, wo sich der Altar befand. Link stellte sich davor, las die Worte, die darauf standen und flüsterte etwas in einer fremden Sprache. Ich fragte mich, ob ich wohl gerade das erste Mal hylianische Worte vernommen hatte.

Im selben Moment erhob sich ein Grollen und der Boden bebte, als sich die Tür, die ich bis dahin noch für ein Stück gewaltige Mamorwand gehalten hatte, entzweite.

Ich hatte Mühe, mich auf den Beinen zu halten, und trippelte wackelnd von einem Bein aufs andere. „Zügig.“, meinte Link und schob mich vorwärts wohl angesichts meiner großen Augen grinsend vorwärts.
 

Als sich die Tür hinter uns wieder geschlossen hatte, standen wir in einer nicht minder so großen, aber diesmal runden Halle, in deren Mitte ein seichtes Becken in den Boden eingelassen war. Als Link näher darauf zutrat, leuchtete ein helles Licht auf, und über dem Podest formte sich eine strahlende Kugel, groß wie ein Kleiderschrank. „Wir sind zurückgekehrt...“, meinte Link, legte ein Knie auf den Boden und verneigte sich ehrfürchtig vor dem Licht, indem er den Blick gen Boden senkte.

Es war mir ein wenig unangenehm, einfach in der Ecke rumstehen zu müssen und nicht zu wissen, was ich tun sollte.

Ein wenig kam ich mir fehl am Platze vor. „Bisher ist alles gut verlaufen, der Auftrag ist ausgeführt, aber Ganons Truppen sind sehr viel präsenter in dieser Welt geworden, als wir vorerst gedacht haben...“ „Das wissen wir, Link.“, antwortete eine unbekannte, weibliche, aber sehr sanfte Stimme. Ich fragte mich, wer dort sprach. War es einfach nur eine Kugel oder steckte eine wirkliche Person dahinter?

„Ich schätze, du weißt, was das bedeutet. Es tut mir leid...“ Link schwieg.

Er starrte immernoch regungslos auf die Erde.

„Du musst Ganons Truppen noch Einhalt gebieten, bevor du zurückkehren kannst.“ „Was soll ich tun?“, fragte Link, die Augen immer noch nicht aufgerichtet.

Aufeinmal wirkte er so ernst, wie ich ihn noch nie gesehen hatte. Jegliche Emotion schien aus seinem Gesicht gewichen. So kannte ich ihn gar nicht...

Die Stimme des Lichtes hallte bedeutungsvoll zwischen den hellen Wänden wieder.

„In dieser Welt existieren drei heilige Steine, ähnlich den drei heiligen Elementarsteinen in unserer Welt. Sie bewahren die Verbindung zwischen Hyrule und der menschlichen Welt. Wenn wir verhindern wollen, dass er sich diesen Ortes bemächtigt, so müssen wir dafür Sorge tragen, dass jedwede Verbindung zwischen der Welt der drei Göttinnen und dem Reich der Menschen bricht. Du musst die Steine finden und zerstören, bevor sie in die Hände des Dämonenfürsten gelangen.“

„In Ordnung.“, meinte Link und stand auf, „Dann sollten wir uns schnellstmöglich auf den Weg ma-“ „Warte bitte einen Augenblick.“, erwiderte die junge Frauenstimme. „Lass mich zuvor einige Worte mit Gina wechseln. Sie verdient es, ein paar Antworten zu erhalten.“ Ich war perplex, dass überhaupt jemandem aufgefallen war, dass ich dort stand. Woher wusste die Kugel eigentlich meinen Namen?

„Tritt bitte näher zu mir.“ Ich ging langsam hinüber zu dem Licht und stellte mich neben Link. Sollte ich mich vor einer unbekannten Lichtkugel verbeugen?

Ein wenig eingeschüchtert machte ich Anstalten, mich hinzuknien, aber Link hielt mich am Arm zurück.

Als ich ihn fragend anblickte, lächelte er nur amüsiert und schüttelte leicht den Kopf.

„Du sollst die Gründe dieser Queste erfahren.“, sagte die Stimme zu mir, „Es ist so, dass in der Zeit unseres Hyrules schreckliche Dinge geschehen sind. Der Dämon, besser bekannt unter dem Namen Ganon, hat unsere Welt um ein Haar zerstört.“

Mit erstauntem Gesicht blickte ich dem Licht entgegen. Das war ja furchtbar...

„Deswegen beschlossen die Göttinnen, die Zeit zurückzudrehen, bis zu der Stelle, an der wir den größten Fehler begingen, und beschlossen, ihn rückgängig zu machen. Denn wir benötigen weitere Hilfe, wie du bereits weißt. Deswegen ist Link hier. Deswegen bin ich hier. Deswegen ist deine Welt überhaupt erst ins Chaos gezogen worden, denn Ganon sucht ebenfall nach genau jener Person und er wird nicht aufhören, diese Welt zu zerstören, bis er in ihren Trümmern gefunden hat, wonach er sucht.“

„Aber mit den drei Steinen ist es möglich, ihn zu vernichten?“, fragte ich, ein wenig leise, da ich nicht wusste, ob es nicht unhöflich war, würde ich die Stimme einfach unterbrechen.

„Noch hat er eure Welt nicht betreten. Es bedarf sehr viel mehr Macht, um ihm zu ermöglichen, in die menschliche Welt zu gelangen, und er wird erst noch sehr viel an Stärke zulegen müssen, bis er dazu in der Lage sein wird. Allerdings müsst ihr die Verbindung zwischen Hyrule und diesem Ort vernichten, denn erst dann wird die Bedrohung ein Ende finden.“

„Und wie können wir die Steine vernichten?“, fragte Link.

„Das werdet ihr zu gegebener Zeit schon erfahren. Nun aber solltet ihr euch darauf konzentrieren, sie zu finden. Den ersten, den Stein der Waldes, werdet ihr an dem Ort finden, wo die Bäume ein Herz besitzen. Den zweiten, den Stein des Feuers, findet ihr dort, wo die Flammen einen eigenen Willen haben. Den dritten, den Stein des Wassers, findet ihr, wo Wasser sich nicht beeinflussen lässt.“

Ich drehte mich um und blickte Link an, der gerade den Block, den er sich herausgeholt hatte, um alles aufzuschreiben, wieder in den Rucksack packte.

„Genaue Ortsangaben herauszugeben wäre zu einfach, nicht wahr?“, fragte er, halb belustigt, halb sarkastisch.

Die Stimme des Lichtes klang enttäuscht. „Nun, ich weiß auch nicht mehr. Es tut mir leid, aber ich kann doch auch nicht alles wissen.“

Link und die Kugel hatten ein seltsames Verhältnis zueinander, mal mehr, mal weniger förmlich. Ob sie sich länger kannten? „Aber jetzt wo du es sagst, die Göttinnen sandten uns dies hier, aber wir wissen nichts damit anzufangen. Vielleicht nützt es dir?“

Link hielt bereits eine Hand dem Licht entgegen, bereit, etwas anzunehmen, da sauste ein kleines Etwas heraus und landete hart an Links Kopf, der aus dem Gleichgewicht geriet und schwunghaft auf dem Hinterkopf landete.

„Womit habe ich das denn verdient?“, fragte dieser, als er wieder aufstand, ein Auge zugekniffen und sich die schmerzende Stelle mit der Hand reibend. Ich konnte ein Kichern nicht unterdrücken.

„Das, mein lieber, war für den Witz mit dem sprechendem Glühwürmchen beim letzten Mal.“

„Dass du mir das immer noch übelnimmst...“, nuschelte Link und hätte die Kugeln Augen gehabt, hätte sie an dieser Stelle sicher gezwinkert.

Sie legte eine Pause ein, und als sie sprach, wirkte ihre Stimme mit einmal sorgenvoller als vorher.

„Viel Glück, euch beiden. Wir verlassen uns auf euch.“ Damit erlosch das Licht und der Raum hüllte sich in Dunkelheit.

„Nun denn, lass uns gehen...“, meinte Link und wir bewegten uns in Richtung Ausgang.
 

Als wir die gigantische Tür passierten, schloss es sich augenblicklich wieder hinter uns. „Du, sag mal...“

„Ja?“, fragte er zurück.

„Was war das hinter dieser Tür?“

„Das war das Portal, von dem ich dir erzählt habe. Es ist der einzige wirkliche Zugang nach Hyrule. Alle anderen sind nur geschaffen worden, um Böses in deine Welt zu bringen.“

Also war die Stimme einfach ein sprechendes Portal? Seltsam. Verdammt nochmal, war ich wirklich so naiv? Warum traute ich mich nicht, ihn einfach genauer zu fragen?

Ich blickte in seine ratlose Miene. Wovor hatte ich nur Angst...?

„Aber jetzt mal eine Frage an dich...“, sagte er daraufhin und ich sah ihn offen an.

„Hast du immer noch vor, mitzukommen?“

Ich nickte entschieden. Er schenkte mir einen dankbaren Blick.

„Nun, dann...“ Er blickte entgegen des dunklen Gangs, wo uns eine helle, regenbogenfarbene Treppe entgegenleuchtete. „...hast du sicher auch eine Idee, wo wir anfangen sollen.“
 

Wieder oben angekommen legte sich der Schein des Tunnels, bis er nicht mehr zu sehen war. Wir standen nun wieder auf einem gewöhnlichem Stück Ackerland.

„Es kann wirklich ganz schön nervtötend sein, das Weise immer in Rätseln sprechen müssen.“, murmelte Link und blickte sich um, „Wo in aller Welt sollen wir die Steine suchen?“

Ich hatte ihm nichts dazu zu sagen, aber dachte nach. Doch auch nachdem ich mir einige Minuten den Kopf darüber zerbrochen hatte, was diese Stimme mit ihrer rätselhaften Bemerkung gemeint hatte, war ich noch nicht weiter gekommen, als die Sätze immer wieder im Kopf zu wiederholen. Ich war abgelenkt, abgelenkt allein durch die Tatsache, dass ich nicht wusste, wem die Stimme im Portal gehörte. Warum nur beschäftigte es mich so sehr, dass er so vertraut mit ihr gesprochen hatte...?

„Und, was meinst du?“, fragte Link mich plötzlich und riss mich aus meinen Gedanken. „Ich... ähm... Ich weiß auch nicht.“, sagte ich und blickte von ihm weg.

Irgendwie hatte ich das Gefühl, er redete mit Absicht um den heißen Brei herum.

Wollte er mir etwas verheimlichen?
 

Wir gingen noch ein Stück durch die Landschaft, soweit uns unsere müden Füße trugen. Wir wussten weder, wohin wir gingen, noch, was es für einen Sinn hatte, wollten nur so schnell wie möglich von der Stadt weg, in der jetzt die Ungetüme hausten.

Die Stimmung war seltsam bewölkt. Link war betrübt, weil es schon am Anfang so langsam voranging, und ich wurde das seltsame Misstrauen nicht los.

„Lass uns hier übernachten, ich glaube nicht, dass wir heute noch viel weiter kommen werden.“, meinte er und breitete seinen Schlafsack aus, „Gute Nacht.“ "Ja, gute Nacht, Link." Kurz darauf war er auch schon eingeschlafen.

Zum ersten Mal seit Link in meiner Nähe war, war ich in der Lage, das Bedrohliche, das in der Luft lag, wirklich wahrzunehmen. Stille herrschte zwischen uns beiden, und es war, als würde sich ein ängstlicher Schleier über das Gefühl von Mut und Stärke legen, das er ausstrahlte. Ich setzte mich ebenfalls auf meinen Schlafsack, schloss die Augen und atmete tief durch.
 

Ein Bild tauchte auf.

Ein Wald, ein gewöhnlicher Wald, indem ein paar Kinder spielten.

Blätter rauschten, Vögel sangen.

Unter ihnen war ein etwas größerer Junge, der ihnen Tricks mit einem Holzschwert zeigte. Alles in allem ein friedliches Bild, doch es bedeutete für mich etwas ganz anderes...

Ganz ruhig, Gina.

Nur weil er dir anders auf deine Frage geantwortet hat, als du es wolltest, heißt das noch lange nicht, dass du ihm derart misstrauen musst.

Doch das Bild verschwand nicht. Nein, im Gegenteil.

Es wurde deutlicher und detaillierter. Die Kinder feuerten den Jungen an, ihnen die Sachen selbst beizubringen.

Und ich war ebenfalls dort, versteckte mich hinter einem Baum und fragte mich, wer er war. Ich konnte nicht begreifen, dass nur eine Inkarnation war...

Ich sah in seine Augen, die Augen, die jenen so ähnlich waren und doch noch so jung wirkten.

Sie hatten jene sieben Jahre erlebt, sie waren nicht auf einen Schlag gealtert und erwachsen geworden. Und ich sah, wie er kämpfte. Die Gestik, die Geschwindigkeit der Bewegungen, die Geschmeidigkeit, mit der er sein Schwert führte, alles erinnerte mich an ihn und dann doch wieder nicht...

Dann sah er mich an, und es lag Fragwürdigkeit in seinem Blick.

Und zum allerersten Mal war ich mir nicht sicher, ob er wirklich der Link war, den ich in ihm zu kennen glaubte.
 

Als ich aufwachte, schlotterte ich am ganzen Körper und vermutete, dass ich es ganz allein der Kälte zu verdanken hatte, dass ich nun aufgewacht war.

Diesen Traum hatte ich schon einige Male gehabt, aber noch nie hatten meine Gefühle denen in meinen Visionen so sehr geähnelt wie jetzt.

War es reiner Zufall, dass ich genau jetzt jene Szene vor Augen hatte?

Ich holte das schwarze Kästchen aus meinem Rucksack, jenes, das ich unbedingt hatte mitnehmen müssen, hob den Deckel ab und holte das kleine, aber dicke Buch heraus, das sich darin befand.

Was als bloßes Traumtagebuch angefangen hatte, war mit einem Mal zu einem tausend Seiten schwerem Wälzer mutiert, als ich begonnen hatte, die einzelnen Träume logisch miteinander zu verknüpfen.

Ich schlug das Kapitel auf, indem ich jene Szene haargenau beschrieben hatte.

Es war alles genauso, wie ich es gerade auch wieder erlebt hatte.

Warum nur waren meine Träume jedesmal so verdammt echt? Und warum hatte ich andauernd das Gefühl, dass die Legende um Hyrule mehr mit mir zu tun hatte, als ich mir im Moment weismachen wollte?

Irgendetwas stimmte definitiv nicht mit mir, und mir wurde klar, dass Link mehr darüber wusste, als er zugeben wollte. Ich sah still zu ihm hinüber und blickte auf einen friedlich schlafenden, hylianischen Helden. Himmel nochmal, ließ ich mich jetzt schon so von der düsteren Umgebung beeinflussen, dass ich anfing, meinem besten Freund zu misstrauen?

Ganny lässt grüßen, schoss es mir durch den Kopf...

Ich schalt mich selbst einen törichten Dummkopf. Mit einer unbestimmten Wut auf mich selbst, die es mir flau im Magen werden ließ, legte ich mich zur Ruhe und versuchte, meinem Gefühlschaos durch muntere Gedanken entgegenzusetzen. Vielleicht hatte mich nur die Konfrontation mit dem Portal so durcheinandergebracht. Oder, fiel es mir ein, konnte es etwa sein, dass ich heute zum ersten Mal Eifersucht verspürt hatte...?

Chappifressende Zombies?

Am nächsten Morgen war die Stimmung bedrückter als je zuvor. Link und ich saßen zusammen am Lagerfeuer und überlegten, wie es weitergehen sollte, jetzt, da wir Hinweise bekommen hatten, mit denen wir nichts anfangen konnten. Und die Situation wurde umso verzweifelter, als wir feststellten, dass sie nicht unbedingt um die nächste Ecke zu finden sein würden.

„Wo bei den heiligen Göttinnen sollen wir denn bloß anfangen? Ich meine, die Steine könnten auf der ganzen Welt sein...!“, schloss Link nach einiger Zeit verzweifelt. Ich fuhr mir mit der Hand durchs Gesicht und versuchte, den Stress zu vertreiben. Konnte es wirklich so schwierig sein?

Link seufzte und trat enttäuscht mit dem Fuß nach einer leeren Dose, die herumlag.

„Ich dachte, ich könnte es schaffen, aber jetzt hänge ich wohl schon allein am Rätsel der Göttinnen fest.“

„Lass den Kopf nicht hängen, wir werden des Rätsels Lösung schon finden. Du bist doch sonst immer so optimistisch.“, versuchte ich ihn zu beschwichtigen, „Jetzt lass uns erst mal etwas essen, auf leeren Magen denkt's sich schlecht.“ Ich nahm meinen Rucksack und spähte hinein, ob noch irgendetwas Essbares überlebt hatte, doch anscheinend war einzig der Schlafsack und einige andere, robustere Dinge noch in Ordnung.

Der Rest hatte sich in einen pampigen Matschbrei aus Verpackungen und ihrem Inhalt verwandelt.

„Das auch noch.“, meinte er angesichts der Miene, die ich aufsetzte.

„Halb so wild, sehen wir uns doch woanders einmal um, wo wir noch etwas finden können.“, sagte ich. Wir packten alle Sachen ein und machten uns auf den Weg, über Feld und Wiese, über Stock und Stein.
 

Hier, in der noch einigermaßen freien Natur konnte man das Ausmaß von Ganondorfs Zerstörung noch nicht sehen. Bäume, Wiesen, Felder, alles so wie immer. Dann jedoch kamen wir erneut in eine kleine Siedlung, nicht zerstört, aber verlassen. Die Ortschaft unterschied sich nicht sonderlich von anderen. Früher hatte sie sicher sehr friedlich ausgesehen. Sträucher und Blumen wuchsen an vielen Ecken und die Fassaden sahen alle sauber verputzt und geklinkert aus. Aber alles in allem machte es nun einen armseligen Eindruck.

„Jetzt erst fällt mir auf, wie sehr wie schon im Krieg stecken...“, flüsterte ich beim Anblick der wie leer gefegten Straßen. Vertrocknete Pflanzen in den Fenstern der trostlosen Häuser und vom Müll und Unkraut überwucherte Straßen waren nur ein Anzeichen dafür, wie einsam diese Gegend wirkte. Wie lange es wohl her war, dass die letzten Leute von hier geflohen waren?

„Wie im reinsten Zombiefilm...“ „Es sieht aus, als wären die meisten sehr stürmisch geflohen...“, murmelte Link leise, während er einen schiefen Laternenpfahl, den wohl jemand in reiner Hast angefahren hatte, begutachtete, und steuerte auf einen verwahrlosten Supermarkt zu. Ich drückte gegen den Türgriff.

„Abgeschlossen.“

„Nicht so schlimm.“ Er zog sein Schwert und hieb mit dem Griff gerade so feste gegen das Glas im Schaufenster, dass es zersprang. Wir betraten das Gebäude und bahnten und Wege zwischen Schildern, die Dinge wie: „Frohes Shoppen!“ oder „30% Rabatt“ verkündeten.

Es stank nach Schimmel. Der glatte PVC-Boden war ziemlich rutschig; er war wohl schon lange nicht mehr gefegt worden. Vergammeltes Obst lagerte in den Fruchtauslagen und bot Tausenden von Minifliegen ein Zuhause.

„Am besten packen wir nur ein, was sich wirklich lange hält.“, sagte er und griff sich die erstbesten Konserven vom Regal. Ich blickte nach draußen, nur um sicherzugehen, dass uns nicht direkt wieder eine gigantische Riesenechse angreifen würde, sobald wir uns hier etwas länger aufhielten. Es war so schrecklich still... Mehrere Werbeschilder an den Wänden priesen Modelabels und Parfums an; Die Reklame war wohl das einzige, von dem aus man schließen konnte, wie lange diese Stadt bewohnbar gewesen war. Schleichend sah ich mich um.
 

Ich betrat einen anliegenden Raum, wahrscheinlich ein Pausenraum der Mitarbeiter, indem es außer einem kleinen Esstisch, ein paar klapprigen Holzstühlen und einem alten Radio nichts außergewöhnliches gab.

Er war ziemlich abgedunkelt, durch die kaputte Jalosie drang nur gedämpftes Licht. Aber auch hier waren die Spuren der Verwahrlosung deutlich zu erkennen.

Ich drückte das Radio an und hinterließ im Staub des Schalters einen auffälligen Abdruck. Vielleicht würde ein wenig Musik uns von der Trostlosigkeit der Umgebung ablenken. Eine wenig enthusiastische Frauenstimme erklärte detailgenau, wie man von den vielen Ortschaften der Umgebung zur nächsten Sammelstelle für Flüchtlinge kam, und, wohin man auch schaltete, sie blieb. Dann war es in der kurzen Zeit noch viel schlimmer geworden...

Den Informationen lauschend, fing ich an, ein paar Saftflaschen aus dem Schrank zu räumen. Auf diesem Gebiet lag ein Schleier der Hoffnungslosigkeit. Ich versuchte, ihn nicht auf mich einwirken zu lassen, doch das war schwer...
 

Als ich meinen Rucksack endlich zur Genüge gepackt hatte, merkte ich, das ich mich gezwungen hatte, mich einzig und allein auf das Sammeln zu konzentrieren, sodass ich vom Radio nicht viel erfahren hatte.

„...kam es in vielen Regionen zu verstärkten Bodenaktivitäten. Schuld daran könnte nach der Meinung vieler Geologen eine kurzzeitige Aktivierung einiger erloschener Vulkane handeln, die vielleicht von ausgehenden Magnetfeldern der...“ Ich horchte auf. Wenn jetzt auch noch Naturkatastrophen mit ins Spiel kamen, war unser Glück wahrlich perfekt. Gewaltige Feuersbrünste, die die Welt verschlangen, fehlten uns schließlich noch. Augenblick, Feuersbrünste? Vielleicht war dies kein Akt der finsteren Mächte, sondern...
 

Ich schnallte mir den Rucksack auf den Rücken und ging zurück in den Verkaufsraum, wo Link damit beschäftigt war, Hundefutter zu sortieren.

„Das... Das ist nicht dein Ernst, oder?“, fragte ich mit einem bestürzten Blick auf die ordentlich nebeneinander gestapelten Dosen.

„Was?“, fragte er und blickte irritiert auf das Chappi, das er in der Hand hielt.

„Ach, Dodongomist...“, murmelte er und stellte sie ins nächstbeste Regal.

„Ich stehe wohl ein wenig neben mir...“ Ich lächelte.

„Kommst du mit? Ich habe genug eingepackt für die nächsten Tage. Wir müssen nach einem PC suchen, der noch funktioniert.“

„Weshalb?“

„Ich glaube, ich habe die Lösung des Rätsels gefunden. Aber ich muss wissen, welche Orte in Frage kommen...“

Ich schritt zum Fenster, Link folgte mir. Kaum waren wir draußen angekommen, suchte ich mir das Haus aus, das am vertrauenswürdigsten aussah. „Da, das nehmen wir.“
 

Als wir jedoch die Haustür an der Seite einer Einfahrt eine eingebrochene Tür vorfanden, zweifelte ich an meinem Bauchgefühl.

Schreckliche Szenen spielten sich bereits in meinem Kopf ab, aber in den anderen Wohnstätten sah es sicher nicht besser aus.

Ich biss die Zähne zusammen.

„Lass uns reingehen.“

Drinnen war es stockfinster. Anders als in dem Geschäft waren hier die Fenster mit Rolladen verbarrikadiert worden und es drang nicht ein einziger Lichtstrahl mehr hinein, außer dem wenigem Licht, das hinter uns durch die Tür fiel. Ich suchte nach einem Lichtschalter, fand einen und knipste ihn an. Nichts geschah.

„Sicher liegt es an der Sicherung. Aber lass uns trotzdem weitersuchen, um Strom zu bekommen müssen wir ja nur zurück in den Laden.“

Anscheinend lagen auch hier Dinge überall auf dem Boden verstreut, denn es war ein schwieriges Unterfangen, vorwärts zu gelangen, ohne zu stolpern.

„Sei vorsichtig...“, sagte Link leise zu mir, und das machte mich nur noch nervöser, als ich es ohnehin schon war.

Ohne Taschenlampen kamen wir hier wohl nicht weiter, also kramte ich eine aus den Tiefen meines Rucksacks hervor.

„Sieh mal, da ist eine Treppe...“, meinte Link zu mir und stellte seinen Fuß auf die erste Stufe, um besser hinauf leuchten zu können.

„Lass mich am besten das Obergeschoss übernehmen, dann sind wir schneller fertig.“ Und bevor ich irgendwelche Einwände erheben konnte, war er schon oben verschwunden.

Es war mir zwar nicht wohl dabei, aber sicher hätte er mich nicht allein gelassen, wenn er gemeint hätte, dass hier irgendwo ernsthaft eine Gefahr lauerte.

Ich suchte nach einem Computer, aber nirgendswo war eine Spur auzumachen, also ging ich weiter hinein, bis das Tageslicht vom Ausgang nicht mehr zu sehen war. Um die düstere Umgebung ein wenig aus meinen Gedanken zu vertreiben, summte ich unmelodisch vor mich hin, bis dass mir auffiel, dass ich andauernd die Noten der Hymne der Sonne wiederholte. Vielleicht war ich doch ein wenig nervöser, als ich es zugeben wollte. Gott, warum war es nur so schwer, sich zusammenzureißen? Wieso sollten ausgerechnet in dieser Ruine dunkle Wesen ihr Nest errichtet haben...? Eine Szene aus "I'm Legend" fiel mir ein, und ich wusste, warum. Dunkelheit, Schutz vor der Sonne... Und im Moment kam ich mir vor wie Will Smith als letzter Mensch auf Erden, ebenfalls als Teil einer Legende. Die Zusammenhänge waren unverkennbar. Hör mal, das bildest du dir ein, jetzt such' gefälligst weiter, du Angsthase!
 

Plötzlich vernahm ich von oben dumpf Links erstaunte Stimme.

„Gina, hörst du das auch? Irgendetwas wimmert hier!“

„Wi-wimmern? Ich höre nichts...“, wiederholte ich stotternd und wie vom Blitz getroffen stand ich da. Nein, bitte, alles nur das nicht! Es gab nur ein Wesen im Zelda-Universum, das so seltsam wimmerte...

„Dann muss es von oben kommen. Ich sehe mich mal um.“, hörte ich ihn schlussfolgern, bevor sich seine Schritte wieder entfernten.

„Link? Link, warte auf mich!“, rief ich, doch da war er schon davongestapft.

Mit klopfendem Herzen ging ich zurück zur Treppe und stieg Stufe für Stufe hinauf.

„Link?“ Auf einmal war es erschreckend leise.

Oder bildete ich mir das ein? Nein, es war wirklich totenstill. Viel zu still. Und die rutschigen Holzdielen, auf denen ich gerade entlangschlich, knirschten viel zu laut. „He, hör auf damit!“, hörte ich ihn aus einem anliegenden Zimmer schreien, bevor ich hörte, wie etwas zu Boden geworfen wurde. Um Himmels Willen, was hatte er da nur gefunden?

Oder vielmehr: Was hatte ihn gefunden?
 

Als ich überstürzt die Tür aufriss, hinter der er sich befinden musste, hatte ich nichteinmal Zeit, die Taschenlampe aufzurichten, da riss mich ebenfalls etwas nieder. Ich verlor die Lampe, knallte mit dem Kopf hart gegen etwas, das ein hohl klingendes „Plonk!“ von sich gab und spürte aufeinmal ein großes Gewicht auf meinem Torso.

„Hilfeeee!“

Erschrocken stieß ich einen lauten Schrei aus, bis mir das Wesen die Luft zum Atmen nahm.

„Nein, hau' ab, du wandelnder Leichnam! Wah, lass mich...!“

„He, nicht so hastig...“, meinte Link und fing laut an zu lachen.

Dann verschwand das etwas von mir, ich sprang hastig auf und Link richtete seine Taschenlampe auf das Wesen, das mir mit seinen langen Ohren und der hechelnden Zunge keine Angst mehr einjagte. Erleichtert seufzte ich auf. „Sowas, ein Hund...“, sagte ich erleichtert, „Und ich dachte schon... Naja, was soll's. Puh.“

Vorsichtig streichelte ich seinen Kopf.

„Du Armer, hat man dich einfach hier zurückgelassen?“

„Schau mal hier...“, sagte Link und deutete auf den Tisch, unter dem das arme Tier wohl zuvor gelegen haben musste.

„Ein Laptop!“, fing ich an zu jubeln, „Hoffen wir, dass er nicht passwortgeschützt ist...“ Nachdem wir endlich gefunden hatten, was wir gesucht hatten, konnten wir uns zurück in den Laden begeben, wo es etwas heller war und es genügend Strom gab.

Während Link sich um die Instandsetzung des Computers kümmerte (worüber ich auch ein wenig verwundert war, aber nichts sagte), gab ich dem ausgehungerten Tier eine Dose des gut sortierten Hundefutters.

„Sieh ihn dir nur mal, man kann die Rippen zählen...“

Mitleidig starrte ich auf seinen Bauch. Anscheinend handelte es um einen Mischling, oder zumindest eine Rasse, von der ich noch nie etwas gehört hatte. Er sah für mich mehr nach Wolf als nach einem Hund aus, obwohl die Färbung des Fells etwas anderes sagte. Überall goldblondes Fell bis auf die Ohren- und Schwanzspitze, die durch ihre dunkle Färbung besonders ins Auge stachen.

„Frisst er?“, erkundigte sich Link.

„Als hätte er Jahre nichts gegessen.“, gab ich ihm zur Antwort. „Entweder hat man ihn wohl hier vergessen, oder er wurde absichtlich hiergelassen. Beides wären sicherlich keine schönen Erfahrungen...“

Der Hund fiepte kurz, als wolle er mir Recht geben.

„Du armer...“

Ich schenkte ihm einen mitleidigen Blick. Der Hund blickte zurück.

Ich zuckte zusammen, denn seine Augen waren rubinrot und so grell, dass man hätte meinen können, dass sie leuchteten. War das normal für einen Hund?

„Ähm... Link?“

„Hm?“, erwiderte er in Tastatureingaben vertieft.

„Passiert es häufiger, dass Hunde rote Augen haben?“

„Wie?“, fragte er und sah auf. „Oh... Ich weiß nicht, vielleicht?“

Der Hund sah nun um sich, als hätte er Angst davor, dass wir ihn jeden Moment vergiften. Ihr solltet eure Blicke mal sehen, hörte ich ihn förmlich sagen.

„Oh, es läuft!“, fing der Held aufeinmal an zu jubeln, „Also, wonach genau wolltest du jetzt suchen?“

„Ich habe eben im Radio etwas über Naturkatastrophen gehört, die sich über der ganzen Welt ausbreiten sollen... Ich schätze, dass hat etwas mit unserem Auftrag zu tun, was meinst du?“

„'Weltweite Notlage: Flutwellen brechen herein, Vulkane aus'...'“

„Wie hast du das denn so schnell gefunden?“

„Musste ich gar nicht. Es stand auf der Startseite.“, erwiderte er leise.

Ich schwieg und blickte auf den Boden vor mir.

„Schau mal, am heftigsten war es hier, schreiben sie. Da hat sich ein gewaltiger Abgrund aufgetan, bis zum Rand gefüllt mit Lava...“

Ich kam zu ihm und entdeckte eine Ödnis, wie ich sie noch nie so auf einem realen Foto gesehen hatte. Gleißend rote Ströme flüssigen Gesteins strömten durch aschebedecktes, karges Land. Es sah aus wie eine Zeichnung von den Anfängen unseres Planeten.

„Da steht, es war in Afrika.“

„Das war mal der Kilimandscharo...“, meinte Link leise, „Ich wusste gar nicht, das der Berg vulkanischen Ursprungs ist - war...“

„Ich wusste gar nicht, dass er in Afrika lag...“

Er sah mich erstaunt an. Ich zuckte die Schultern und grinste.

„Du weißt doch, Erdkunde ist nicht gerade meine Stärke...“

Er lächelte zurück. Zumindest hatte ich ihn ein klein wenig aufgeheitert, das war immerhin besser, als wenn er weiter so ausdruckslos auf den Bildschirm starren würde. Link stand auf und setzte sich seufzend auf den Boden, wo er anfing, den Hund am Bauch zu krabbeln.

„Meinst du, der erste Stein ist da versteckt?“

„Das könnte gut sein. Aber nur, weil es dort so schlimm war, heißt das ja nicht, dass er dort versteckt ist. Bei unserem Glück befindet er wahrscheinlich in irgendeinem Mini-Vulkan in der Eifel von der Größe eines Maulwurfhügels...“

„Wieso aufeinmal so pessimistisch, Hero?“, neckte ich ihn und suchte die Bildergalerie ab, auf der Suche nach irgendetwas, was uns einen Hinweis hätte liefern können.

„Weil wir einfach kein Glück haben! Ich meine, niemand sagt uns konkret, wo wir anfangen -“

„Gefunden!“, rief ich so laut und erfreut, dass ich den Hund aus seinem verdösten Erholungsschlaf riss und er ein ersticktes Quieken von sich gab.

„Sorrygung!“

„Was hast du denn gefunden? Jetzt spann mich nicht so auf die Folter!“

„Hier steht, dass an drei Orten auf der Welt Meteoriten eingeschlagen sein sollen, die durch die Atmosphäre auf die Größe von einem gewöhnlichen Bücherregal zusammengeschrumpft sind, und zwar in drei unterschiedliche Klimagebiete. Seltsam war, dass beim Verglühen alle drei zur selben Zeit hier ankamen und verschiedene Farben hatten, einer grün, einer rot, einer blau. Wenn das nicht unser Hinweis ist, dann weiß ich es auch nicht.“

„Wo sind sie denn abgestürzt?“

„Moment... Einer mitten in das Urlaubsparadies, über das wir gerade gesprochen haben, einer an der Süd-Ost-Küste Grönlands und einer im Regenwald, irgendwo zwischen Brasilien und Bulgarien...“

„Bulgarien?“, hörte ich Link unterdrückt kichern.

„Ähhhh... Bolivien, das ist ziemlich klein geschrieben...“

Er stand auf und stellte sich hin, und obwohl er mehrere Meter entfernt stand, begann er sämtliche Bildunterschriften laut abzulesen, die zu sehen waren. Das musste ja kommen!

„Ihr Hylianer habt halt die besseren Augen...“, murmelte ich sarkastisch.

„Wie war das?“, fragte er laut und hielt sich eine Hand ans Ohr, während er langsam näher kam.

„Hylianer haben bessere Augen als gewöhnliche Menschen...“

„Bitte?“

„IHR HABT BESSERE AUGEN!!!“

„Jetzt schrei doch nicht so, ich bin doch nicht taub. Anscheinend habe ich auch noch bessere Ohren als du...“

Mit einem frechen Grinsen stahl er sich aus der Schusslinie meines tödlichen Blickes, bevor er mir höhnisch die Zunge rausstreckte.

„Ach ja, stimmt, ihr könnt ja die Stimme der Götter vernehmen. Sicher haben sie dir die Aufenthaltsorte der Steine längst verraten, und du lässt mich zum Spaß stundenlang rumgooglen...“

„In der Tat, so ist es.“

„WAS?“

Eine Dose Chappi flog nach ihm, bis sie an der Wand gegenüber zerschellte und aufsprang, worüber sich unser Hündchen sehr freute und sich mit Begeisterung darüber her machte.

„War nur ein Scherz...“, ertönte es lachend hinter einem nahestehenden Regal.

„Ist dir schon aufgefallen, was das Besondere an diesen drei Orten ist?“

„Nein, aber du wirst es mir sicher gleich verraten, oder?“

„Sie bilden ein gleichseitiges Dreieck, wenn man sie verbindet.“

„Ist das dein Ernst?“, fragte ich und sah mir die Entfernungen an.

Es stimmte.

„Nein, mein Erich. Spaß beiseite, jetzt ist es doch so gut wie sicher, oder?“

„Ja, ich schätze, du hast recht.“

Stille überkam uns.
 

Keiner von uns wollte fragen, wie wir weitermachen sollten, denn es war unklar, wie wir ohne jegliches Fortbewegungsmittel so schnell von A nach B kommen wollten, wo die meisten von ihnen inmitten der Krise nicht mehr funktionierten.

Nur das genüssliche Schlabbern des Hundes war zu hören.
 

Dann plötzlich krachte etwas weiter hinten im Laden.

„Was war das?“

Link zog sein Schwert.

Der Hund blickte von seinem Futter auf, schlich dann leise dorthin, wo er das Geräusch zu vermuten schien.

„Nein, bleib hier...“, flüsterte ich leise, hockte mich hin und wollte ihn zurücklocken, doch er lief weiter.

Ich wollte hinterher, doch Link hielt mich sanft zurück.

„Warte hier...“

Gerade ging er hinterher, da hörten wir das entsetzte Aufschreien eines Bublins und ein bedrohliches Knurren.
 

Dann plötzlich verstummte alles.

Link ging zu ihm hinüber und kam kurz darauf zurück.

„Ich glaube, unser Freund hier...“, er blickte zu unserem Begleiter,„hat kurzen Prozess mit ihm gemacht. Als ich ankam, sah ich nur noch eine dunkle Rauchwolke, die sich langsam in Luft aufgelöst hat...“

„Soll das heißen, er kann den Monstern etwas anhaben...?“, fragte ich, ein erstaunter Ausdruck legte sich auf mein Gesicht.

Link nickte und ich erriet, was er dachte.

„Anscheinend ist er kein normaler Hund.“ Wir sahen uns das Tier an, das sich ein paar kleinere Blutflecke von der Pfote leckte.

Als es bemerkte, dass wir es ansahen, warf es uns einen fragenden Blick zu, ohne innezuhalten.

„So süß er auch zu sein scheint, in ihm steckt anscheinend ein wahrer Killer...“, murmelte Link und fing an, den Kopf des Hundes wohlwollend zu täscheln.

Die roten Augen blickten mich unschuldig an.

„Ein Killer, hm...“, meinte ich verschmitzt.

Dann fiel mir etwas ein, in Anlehnung an einen meiner Lieblings-Animes.

„Mir ist gerade ein Name für ihn eingefallen. Wie wäre es mit Kira?“

Der Hund kam zu mir hinüber, setzte sich vor mich hin und gab mir eine Pfote.

„Genau, schlag ein, Kumpel!“, sagte ich lachend. Link schmunzelte, doch dann wurde er wieder enrster.

„Wir sollten uns hier besser nicht zu lange aufhalten. Dieser Kerl trug weder schwere Rüstung noch größere Waffen bei sich, also war er vermutlich ein Späher. Das bedeutet, in einer halben Stunde könnte es hier nur so von Monstern wimmeln, die auf der Suche nach etwas Essbarem sind.“

„Dann nichts wie weg...“, fügte ich hinzu, holte die Karte, auf der die drei wichtigen Orte verzeichnet waren, und lief hinter Link und Kira her, dem Sonnenuntergang entgegen.

Winde und Schatten

Mit einem grollenden Geräusch öffnete sich die Tür, damit wir in den nächsten Raum gelangen konnten. Wieder dieselbe Nässe, wieder dieselbe Kälte. Trotzdem ähnelte er den bisherigen in keinster Weise. Weißer Nebel schien ihn unendlich weit aussehen zu lassen, denn es gab keine sichtbaren Wände. Der Boden war mit knöchelhohem Wasser bedeckt. Sanft von den Wellen angestoßen spiegelten sich unsere rauchigen Ebenbilder darin. Die feuchte Luft roch frisch. Die Tür, aus der wir gerade getreten waren, schien ein einzelnes Bruchstück einer Ruine darzustellen, hinter ihr nichts, wo wir gerade hätten durchkommen können.

Dies war kein gewöhnlicher Raum...

In der Mitte zwischen der unseren und der gegenüberliegenden Tür türmte eine kleine Insel aus Sand. Ein kleiner, kümmerlicher, anscheinend toter Baum ohne jegliche Blätter oder kleinere Zweige schlug dort einsam seine Wurzeln in die Tiefe. Leicht zögerlich schritt ich daran vorbei zur Tür, Link folgte mir. Es stank hier förmlich nach Magie, und der Gedanke daran war nicht gerade beruhigend. Außerdem hatte ich das ständige Gefühl, von etwas beobachtet zu werden. Doch die Tür auf der anderen Seite war mit festen Gittern versperrt.

„Hier geht es nicht weiter,“, stellte Link sachlich fest und drehte sich um, um nach einem anderem Weg zu suchen. Eine Weile besah ich zweifelnd das Gitter von oben bis unten.„Sei vorsichtig, Link. Weder dieses Wasser noch der Baum oder die Wände haben eine Aura... Etwas stimmt hier nicht.“, warnte ich ihn. Die Karte zeigte nur einen einzigen Weg zu den versperrten Arealen des Wassertempels, und dieser führte durch dieses Tor. Es schien ein Rätsel zu sein, obwohl er nicht demselben Schema der Prüfungen zu entsprechen schien, die wir bisher hatten absolvieren müssen.

Doch dann fiel mir die Besonderheit auf. Sämtliche Gegenstände in diesem Raum spiegelten sich noch im Wasser. Alle, mit Ausnahme von uns. Es war, als ob etwas unsere eben noch vorhandenen Spiegelungen soeben ausgelöscht hätte...

Gerade, als Link die sandige Insel erneut betrat, drehte ich mich um, um ihn darauf aufmerksam zu machen, doch ein Geräusch hinter mir hielt mich davon ab.

Ein Zischen, wie austretender Dampf es verursachte. Langsam wandte ich meinen Kopf und spürte, wie mir etwas die Kehle zuschnürte. Eine schwarze Person manifestierte sich vor mir, ihren ausdruckslosen Blick auf mich gerichtet.

Meine ausdruckslosen Augen auf mich gerichtet.
 

Mit einem unruhigem Gefühl in der Magengrube schrak ich aus dem Schlaf. Warum nur musste ich immer diese Träume haben...? Das Gefühl der heimlichen Beobachtung, die auf mir ruhte, blieb noch immer bestehen. Doch dann merkte ich, es einen einfachen Grund hatte:

Link sah mich an. Dabei war es noch stockfinstere Nacht, die Sterne standen noch hell strahlend am Himmel und Kira hatte sich vor dem Feuer zu einer goldglänzenden Kugel zusammengerollt. Alles, was man hören konnte, war das Zirpen der Grillen.

„Link?“ Als ich ihn ansprach, schien er plötzlich wie aus einer Trance erwacht.

Es dauerte eine ganze Weile, bis er mir antwortete. „Ja?“

Seine Stimme hörte sich seltsam tonlos an, ruhig und melancholisch, nicht so, wie ich sie sonst kannte.

„Kannst du auch nicht schlafen?“

Ich setzte mich neben ihn. Er nickte.

„Warum?“

„Ich denke die ganze Zeit darüber nach, ob es richtig ist, was ich tue...“ Worüber redete er? Er schien mit den Gedanken ganz woanders zu sein. Auch, wenn ich ihn von seiner Schwermütigkeit befreien wollte, fiel mir nichts ein, um ihn aufzuheitern.

„Natürlich, Link. Es ist immer gut, wenn man versucht, die Welt zu retten.“, sagte ich und lächelte.

„Ja... Ja, ich schätze, du hast Recht. Tut mir leid. Gute Nacht,“, sagte er und legte sich gedankenverloren hin.

Er wollte wohl nicht weiter mit mir sprechen.

Was sollte ich sagen? Wenn ich ihn danach fragte, was er wirklich meinte, würde er passen, und sagte ich etwas anderes, konnte ich ihn nicht wirklich von seinen Gedanken abbringen. Ich legte ihm meine Hand auf die Schulter und flüsterte:

„Du bist nicht allein.“ Das war alles, was ich sagte, bevor ich mich ebenfalls wieder hinlegte. Doch wir wussten beide, dass keiner von uns schlief. Es gab etwas, dass Link schon die ganze Zeit beschäftigte, etwas, dass er mir nicht sagen konnte oder nicht sagen wollte. Und etwas sagte mir, dass ich es erst erfahren würde, wenn die Zeit gekommen war.
 

Eine rote Sonne stand über den Baumwipfeln, als ich aufstand. Ich hatte nicht viel geschlafen, aber ich fühlte mich besser, als ich nicht länger von den unzähligen Gedanken geplagt wurde, die mir durch den Kopf gingen. Und ich war froh, als wir unseren Weg endlich fortsetzten. Die Stimmung war eher betrübt, denn eine eisige Kälte beherrschte den Morgen und brachte uns nicht gerade die beste Laune.

„Wo... Wo gehen wir eigentlich hin?“, fragte ich Link nach einer Weile.

„Es...“

Er ging noch ein paar Schritte, dann fuhr er sich verzweifelt durch die Haare und seufzte. „Ich weiß es nicht. Es ist einfach...“

Link drehte sich zu mir um und sah mir offen ins Gesicht.

„Ich will ehrlich zu dir sein. Es wird wohl darauf hinauslaufen, dass wir den größten Teil der Strecke zu Fuß gehen werden oder uns irgendeine Alternative suchen müssen, die vielleicht nicht ganz legal ist.“

„Mit anderen Worten: Wir sollten versuchen, das nächstbeste Auto zu knacken, ja?“

Ich musste mir ein Grinsen verkneifen, aber ich glaubte zu erkennen, dass Link es bereits gesehen hatte. Schließlich drehte er sich weg, aber es war schwer zu übersehen, dass er ebenfalls fast lachen musste.

„Ich finde es nur ein wenig verwunderlich, dass du dir um soetwas Sorgen machst, wo fast eine halbe Million von finsteren, mordlustigen Kreaturen hinter den nächstem Busch lauert, um uns hinterrücks zu erdolchen. Mal abgesehen davon, dass das mit dem kleinen Autodiebstahl für zwischendurch gar nicht so einfach ist...“

Ich hörte ihn erneut seufzen.

„Jetzt erzähl mir bloß nicht, dass du auch noch Experte im Schlösserknacken bist.“

„Nun, in manchen Lebenslagen war es einfach angebracht, sich einige technischen Kenntnisse anzueignen, sonst würde ich wohl heute noch in irgendwelchen Kerkern dahinmodern...“

„Du liebe Zeit!“

Meine Hand klatschte gegen meine Stirn. Einerseits machte das natürlich Sinn, aber andererseits war etwas an dieser Vorstellung seltsam.

„Aber sag mal, wieso kennst du dich hier eigentlich so gut aus? Du kennst allein schon die Landschaft meiner Welt besser als ich.“

Er schien zu überlegen, was er sagen wollte, denn es dauerte eine Weile, ehe er antwortete.

„Wie gesagt, ich weiß es nicht. Ich weiß nur noch, dass ich irgendwann hier aufgewacht bin, so, als wäre ich schon immer hier gewesen, und dass ich diesen Auftrag erhalten habe. Wie genau das alles gekommen ist oder warum ich mich hier so gut auskenne, aber keine Erinnerung an das habe, was vorher war... Ich denke, dass die Göttinnen etwas damit zu tun haben.“

„Okay, dann aber noch eine letzte Frage: Wenn du tatsächlich so gut im Schlösserknacken bist, wie du behauptest, warum muss man dann in sämtlichen Zeldas Schlüssel finden, um in den nächsten Raum zu gelangen?“

So, jetzt hatte ich ihn... Mal schauen, wie er sich da wieder rauswinden würde.

„Magische Barrieren. Die Schlösser sind verzaubert, deswegen kann man sie nur mit dem dazugehörigen Schlüssel öffnen.“

„Mann!“, sagte ich leise und kicherte.

Link blickte mich ratlos an, als sei ich verrückt geworden. Er konnte wohl nicht nachvollziehen, warum ich plötzlich lachte.

„Was ist passiert?“

„Ach... gar nichts.“

Er schüttelte grinsend den Kopf, als wir weitergingen.

„Aber um mal wieder ernst zu werden: Wie sollen wir mit dem Auto bis nach Südamerika kommen? Bis wir da sind, hat sich unser Planet sicher schon in ein...“

Mir fiel das Bild ein, das wir im Internet gesehen hatten. Es würde ja nicht mehr lange dauern...

„...einziges Chaos verwandelt.“, beendete Link den Satz für mich, „Dann müssen wir eben irgendwo einen Flughafen aufsuchen, der noch nicht geschlossen wurde.“
 

So liefen wir noch einige Male durch die Straßen der verlassenen Ortschaft, bis Link anscheinend ein Auto gefunden hatte, das er als nützlich einstufte. Gespannt sah ich ihm dabei zu, wie er ohne viel Mühe die Autotür öffnete, irgendetwas an der Elektronik machte und der Wagen ansprang. Das war ja der helle Wahnsinn, unser mittelalterlicher Freund war begabt darin, Fahrzeuge kurzzuschließen...

„Ob du fahren kannst, brauche ich dich nun nicht mehr zu fragen, nicht wahr?“, fügte ich hinzu, als er mich auf den Nebensitz winkte.

„Nein, musst du nicht.“, antwortete er fröhlich, „Das wirst du gleich selbst merken.“
 

Während Kira es sich auf der Rückbank gemütlich gemacht hatte, studierte ich ausgiebig die Karten, um uns in Richtung des nächsten Flughafens zu lotsen. Das gute Wetter schien sich langsam aber sicher in einem Nieselregen zu verlieren, während graue Wolken den Himmel verdeckten. Weiches Licht fiel auf die Erde.

„Ich glaube, unsere Chancen stehen schlecht... Ich habe bis jetzt noch nicht ein einziges Flugzeug am Himmel ausmachen können.“, sagte ich und blickte aus dem Fenster.

Da sah ich einen dunklen Umriss, die sich langsam durch den Wolkenschleier bewegten. Ein Flugzeug?

Vielleicht bildete es mir ein, aber es schien fast, als hätte ich weit oben die Silhouette eines gigantischen Drachens gesehen, der durch die Wolken flog, als das unbekannte Flugobjekt die Flügel auf und ab zu bewegen schien.

Kira hinter mir wurde ebenfalls aufmerksam, setzte sich auf und starrte hinaus, bevor er anfing, laut zu bellen.

„Link, ich glaube, da draußen-“, fing ich an, doch weiter kam ich nicht, denn im selben Moment griff uns irgendetwas seitlich aus der Luft an, das Fahrzeug wurde zur Seite geschleudert, überschlug sich und landete abseits der Straße im Graben. Ich krallte mich im Sitz fest, doch bevor ich überhaupt merkte, was passiert war, stand der Wagen schon wieder ruhig. Mein Herz schlug wie wild.

„Ist alles in Ordnung?“, fragte Link mich, ich nickte und er stieg schnell aus.

Zuerst ein wenig paralysiert von dem Schreck, dann aber realisierend, dass das Auto trotzallem wieder richtig herum stand und ich rein theorethisch ebenfalls einfach aussteigen konnte, öffnete ich die Tür, ließ Kira heraus und rannte auf hinter den Wagen, wo Link schon mit gezogenem Schwert und Schild auf mich wartete.

„Was war das?“, fragte ich entsetzt und nochimmer ein wenig mitgenommen.

„Ein Vogel...“, murmelte er und spähte in die Höhe.

„Ein ziemlich großer noch dazu.“

Wir hielten einige Momente still Ausschau nach dem Tier, aber es geschah nichts, bis hinter uns aufeinmal ein gigantisches, mit bunten Federn geschmücktes Vogelmonster auftauchte.

„Runter!“, schrie Link, und Kira und ich leisteten dem Befehl sofort Folge.

Sechs scharfe Krallen bahnten sich den Weg über die Straße, zerstörten den Wagen und hinterließen eine deutliche Spur im Asphalt, bis der Vogel über unsere Köpfe hinwegraste. Link war der erste, der sich wieder aufrichtete, und ich war erstaunt, wie schnell er das tat. Es lag wohl an seiner Erfahrung in solchen Dingen; für mich allerdings war es erst das zweite Mal, dass ich einem riesigen Monster um Haaresbreite entkommen war. Er spähte in den Himmel und war wahrscheinlich schon dabei, die Schwachpunkte zu analysieren.

„Der Reiter kontrolliert es...“, murmelte er.

Reiter?

Ich hatte noch nicht einmal den Kopf des Vogels gesehen, so schnell war es gegangen. Ich beeilte mich, ebenfalls wieder hochzukommen, und sah, wie unser Feind grob mit den blauschwarzen, riesigen Flügeln auf- und abschlug, an deren Enden rotweiße Streifen prangten. Die langen Schwanzfedern hingen im Wind flatternd hinter ihm. Dort, wo das Monster eigentlich ein Gesicht haben sollte, klebte eine große Maske, aus der zwei grimmige, gelbe Augen hervorstachen. Das war der Maskenkönig aus Wind Waker...

Und wieder ergänzte sich das Bestiarium um einen weiteren Zelda-Teil, eine nicht gerade beruhigende Vorstellung.

Aber Moment mal, Link hatte gesagt, es säße jemand auf dem Vieh, der es reiten würde. Ich konnte ihn nicht genau erkennen, doch der dazugehörige Umriss glich mehr einem Kind, das mit verschränkten Armen und einem wehenden Umhang auf dem Rücken des Vogels stand, als einem furchteinflößenden Monster, er hatte eindeutig menschliche Züge.

„Wer bist du?“, rief Link dem Wesen zu.

Einige Momente starrten wir einander nur an. Der Maskenkönig schien ungeduldig darauf zu warten, uns endlich verspeisen zu dürfen; immerzu drehte er nervös den Kopf in Richtung seines Herren.

„Grüne Kleidung... Die helle Klinge, die er führt...“

Die Stimme des Unbekannten hörte sich sehr jung an, was wohl vorallem an dem frechen Unterton lag, der darin mitschwang.

„Du musst der Typ sein, den der dunkle Lord schon so lange sucht. Bist du der Auserwählte, der im Besitz des Triforceteils des Mutes ist?“

Link starrte dem Fremden feindselig entgegen. Kira, der sprungbereit hinter mir stand, fing an zu knurren.

„He, antworte mir! Bist du's nun oder bist du's nicht?“, fragte der Junge ungeduldig.

Ich stellte mich ein wenig näher zu Link, unschlüssig, was ich jetzt tun sollte. Vielleicht ein Handwerksgeschäft suchen und dem Vogel einen Hammer an den Kopf werfen...?

Toll, ich war mal wieder zu nichts zu gebrauchen!

In jenem Moment nahm ich mir vor, ersteinmal einen Waffenschein zu machen, wenn das alles vorüber war.

„Naja, ist ja auch egal. Wenn du es mir nicht sagen willst...“

Er stöhnte genervt auf und hob eine Hand. Link brachte sich in Angriffsposition und ich ging ein paar Schritte zur Seite, um notfalls schnell aus dem Weg springen zu können.

„Pass auf...“, raunte er mir zu, ohne den Blick von unserem Gegner abzunehmen. Ich nickte. Der Himmel verdunkelte sich noch mehr und der Regen nahm zu. Gespannt warteten wir, was passieren würde, als sich neben mir aufeinmal ein heftiger Wirbelsturm entstand, der mich zu Boden warf. Link konnte sich zunächst noch durch einen berherzten Sprung zur Seite retten, doch die Winde verfolgten ihn und er wurde ruckartig in die Luft geschleudert. Kira heulte auf.

„Link!“, schrie ich ihm hinterher, aber ich bezweifelte, dass man es in dem Wind überhaupt hören konnte.

Ich sah ihn bereits nicht mehr; dicke Regentropfen klatschten mir ins Gesicht und raubten mir die Sicht, obwohl ich so gut es ging versuchte, sie offenzuhalten. Doch mir waren im anderen Sinne die Augen geöffnet worden. Dieser Junge war ein Windmagier, was nur bedeuten konnte...

Jetzt wusste ich, wer er war. Vom Sturm dem Großteil meiner Sinne beraubt bekam ich gerade noch so mit, wie der Kerl auf dem Maskenkönig in die Richtung flog, in der Link gerade verschwunden war. Obwohl der Sturm nicht abließ, hatte der Vogel keine Probleme, seinen Weg fortzusetzen, und ließ mich mit Kira alleine.

Der Wind nahm anscheinend sogar noch zu. Ich robbte mich auf dem Boden drückend hinüber zu meinem einzig verbliebenen Begleiter, legte die Arme um ihn und hoffte, dass uns der Sturm nicht ebenfalls auseinanderreißen würde. Ich machte mir Sorgen um Link. Hoffentlich geschah ihm nichts, wenn aus dieser Höhe auf den Boden aufschlagen würde...
 

Erst als der Sturm ein wenig nachgelassen hatte, konnte ich mich wieder bewegen. Der Himmel allerdings blieb weiterhin verdunkelt.

„Komm, steh auf!“, forderte ich Kira auf und machte, dass ich von der Straße hinunterkam.

Eine zerstörte Leitplanke überwindend betraten wir einen anliegenden kleinen Forstbestand, darauf hoffend, unter den Bäumen nicht so schnell entdeckt zu werden. Wenn wir uns hier fortbewegten, würde man uns aus der Luft vielleicht nicht finden. Kira schlich aufmerksam vor mir her, bevor er stehenblieb und die Nase in die Luft hob.

„He, hast du Link gewittert...?“, fragte ich leise und kniete mich kurz neben ihn, bevor er begann, mich mit gesenkter Schnauze zu führen.
 

Es dauerte eine Weile, bis ich diese Vermutung bestätigen konnte. In einem kleinen Brombeerstrauch fand ich seine Zipfelmütze. Entweder hatte er sie eben im Flug verloren oder er hatte seinen Verfolger abschütteln können und war hier vorbeigekommen. Noch während ich das grüne Stück Stoff in den Händen hielt, hörte ich, wie hinter mir ein Zweig knackte.

Ich drehte mich ruckartig um und sah eine Gestalt auf mich zukommen, doch da wir uns nun im Wald befanden, konnte ich noch weniger erkennen als vorher. Von der Größe her konnte es jedenfalls nicht der Junge sein, der den Maskenkönig geführt hatte; dieser war ungefähr einen Kopf kleiner als Link gewesen. Anscheinend hatte er mich noch nicht bemerkt.

Gerade wollte ich ihm schon erleichtert entgegenlaufen, da fiel mir auf, dass Kira leise knurrte.

Schnell versteckte ich mich hinter einem Baum, Kira folgte mir, und spähte dem Unbekannten entgegen. Langsam kam er auf mich zu und sah sich dabei genau um, als würde er irgendetwas suchen. Noch immer hatte ich die Hoffnung nicht aufgegeben, Link nun wiederzusehen, aber trotzdem bekämpfte ich den Drang mich zu zeigen ersteinmal, nur der Vorsicht wegen. Als er näher kam, konnte ich seine Statur besser erkennen, doch mir fiel nochimmer nichts an ihm auf, was darauf hätte schließen lassen, dass es sich nicht um meinen Freund handelte. Aber wieso knurrte Kira dann? Irgendetwas stimmte nicht.

Der Kopf des Unbekannten wanderte ruhig und aufmerksam zwischen den Bäumen hindurch, während er mir leise und bedacht durch den Wald entgegenschlich. Jetzt konnte ich ihn einigermaßen genau sehen und ich wagte einen genaueren Blick. Doch, natürlich war das Link!

Die Tunika, die Zipfelmütze, die Stiefel, sogar den Schwertgriff an seinem Rücken konnte ich trotz der etwas nebligen Sicht erkennen! Im Halbdunkel konnte ich zwar keine Farben erkennen, aber seine Silhouette war eine mir sehr bekannte.

Gerade, als ich Kiras Warnung als Blödsinn abstempeln und aus meinem Versteck heraustreten wollte, geschah sehr viel aufeinmal.
 

Ein dicker Ast schlug plötzlich weit hinter mir auf dem Boden auf; der Fremde drehte seinen Kopf, starrte in meine Richtung, sodass ich seine Augen sehen konnte, und ich erschrak.

Anstatt der meerblauen, freundlichen Augen starrten mir nun zwei leuchtend blutrote Iriden entgegen.

Schnell verbarg ich mich wieder hinter meinem rettenden Baumstamm und starrte entgeistert vor mich hin.

Das war nicht Link. Es war sein zum Leben erwachter Schatten, der hier durch die Gegend zog.

Hatte er mich gesehen? Oder gehört?

Kira neben mir schlug einmal mit dem Schwanz auf und verursachte ein erneutes Geräusch. Mit pochendem Herzen schloss ich die Augen, hielt ich die Luft an und presste mich an den Baum. Jetzt war alles aus, das konnte er unmöglich überhört haben.

Zitternd hörte ich zu, wie die Schritte sich meinem Versteck näherten. Kira verhielt sich nochimmer nicht leiser, denn schon wieder hieb er gegen den Boden. Anscheinend war der blöde Hund doch nicht so intelligent, für wie ich ihn einst gehalten hatte. Er besiegelte gerade unser Schicksal mit seiner Schwanzspitze. Und gerade, als ich dachte, die letzte Stunde hätte geschlagen, fuhr eine fette Krähe laut krächzend aus dem Gebüsch auf, die der Hund mit seinem Schwanz wohl aufgescheucht zu haben schien, und flog aufgeregt mit den Flügeln schlagend dem Himmel entgegen.
 

Die Schritte stoppten einen Moment. In Gedanken entschuldigte ich mich bei Kira und blickte meinem treuen Gefährten vielsagend in die Augen. Er starrte zurück, als würde er wissen, was ich sagen wollte; dann nickte er. Nein, dieser Hund war eindeutig intelligenter als ich. Als die Schritte sich wieder zu entfernen schienen, wiegte ich mich in Sicherheit und spähte erneut aus meinem Versteck hervor. Der Schatten ging weiter, doch dann blieb er plötzlich stehend sah sich wieder um. Wonach suchte er?

Aufeinmal schien er es jedenfalls gefunden zu haben, als er den Blick fest auf etwas in meiner Richtung fixierte und zielstrebig darauf zuschritt. Ich blickte mich um und erkannte, dass tatsächlich ich die Dumme zu sein schien, die uns beide verraten würde. Die Angst von eben steigerte sich um ein Vielfaches und schnürte mir den Hals zu.

Ich hatte Links Mütze vor Schreck fallen gelassen, als ich so plötzlich hinter den Baum gestürmt war, und nun lag sie keine fünf Meter von mir entfernt offen auf dem Waldboden, während der Schatten sie vor mir entdeckt hatte.

Ein letztes Gebet an die drei Göttinnen sprechend, wartete ich darauf, dass Dark Link mich entdecken würde.


Nachwort zu diesem Kapitel:
Hallo und willkommen bei meiner ersten Fanfiktion auf Animexx. :)
Vielleicht kennt mich jemand von FF.de, da bin bis jetzt ausschließlich aktiv gewesen.
Die Story hier ist meine allererste FF gewesen und wurde um das Jahr 2010 begonnen, läuft aber immer noch und hat mittlerweile einige Kapitel beisammen.

In diesem Sinne, viel Spaß mit der Geschichte. ^^
LG
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Kommentare zu dieser Fanfic (10)

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Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von:  shadow-queen
2014-11-18T15:32:06+00:00 18.11.2014 16:32
Eieieiei! Jetzt wird Gina auch noch von Dark Link erwischt! Wobei mir schon, als ich den Musiktipp gehört habe, klar war, dass Vaati in diesem Kapitel kommt. Aber Gina hätte doch eigentlich wissen müssen, dass das nicht Link sein konnte, weil sie seine Mütze doch gefunden hatte und Dark Link sie aufhatte. Link hat seine Mützw doch nicht zweimal, oder...? Aber das Link ein Experte im Schlösserknacken ist... Anscheinend hat der Hero aus Hyrule mehr Fähigkeiten, als man annehmen würde... Wobei, bei dem Maskenkönig hätte ich auch an den Hammer gedacht... Ich bin zu sehr auf das Spiel fixiert...
LG, shadow-queen
Von:  shadow-queen
2014-11-18T15:14:59+00:00 18.11.2014 16:14
Haha!! Killerhund!! Aber mich würde schon interessieren, was für ein Anime das ist. Für neue Anime-Tipps bin ich immer offen. Aber dies ist echt mein Lieblings kapi!! Mach weiter so!
Anscheinend hat Gina mkt Erdkunde nichts am Hut. Ich habe früher auch immer Brasilien mit Russland verwechselt... *räusper*
LG, shadow-queen
Von:  shadow-queen
2014-11-08T08:38:25+00:00 08.11.2014 09:38
So ein Traumtagebuch kann in diesem Fall schon nützlich sein, wenn man bedenkt, in welcher Lage Gina sich befindet. Aber der Witz mit dem sprechenden Glühwürmchen... Ganz ehrlich, ich habe Tränen gelacht!! Auch wenn diese Kugel mit der Größe eines Kleiderschrankes ein bisschen größer ist als ein Glühwürmchen. *schmunzel*
LG, shadow-queen
Von:  shadow-queen
2014-11-05T15:58:42+00:00 05.11.2014 16:58
GEMEIN!! An so einer Stelle aufzuhören!! Mein Herz klopft, als würde ich selbst anstelle von Gina sein!! Du beschreibst die Kampfszenen sehr gut, wirklich und die Spannungsmomente sind auch sehr gut beschrieben. Ich freue mich schon auf das nächste Kapitel!
LG, shadow-queen
Von:  shadow-queen
2014-11-05T15:48:56+00:00 05.11.2014 16:48
Oh mann oh mann! Wer ist bloß diese Person, nach der Link suchen soll? Das interessiert mich wirklich brennend. Eine Person mit solchen Mächten... Da würde mir auch nur Zelda einfallen...*grübel*
Von:  shadow-queen
2014-11-05T15:37:40+00:00 05.11.2014 16:37
Huiii! Na, da gehts aber ab! Erstma, sorry, dass ich mich so lange nicht gemeldet habe, zu viel stress in der schule. Und kaum bin ich mal wieder on, wurden schon knapp zehn neue Kapitel veröffentlicht! Dann werde ich mich mal ans lesen machen >o< Übrigens, super kapi! Bis jetzt ist cold winds meine lieblingsfanfic! Großes lob!
LG, shadow-queen
Von:  shadow-queen
2014-08-10T21:39:15+00:00 10.08.2014 23:39
Kann es sein, das Gina sich ein wenig wie Dark Link fühlt? Ich meine, ich habe gerade bei den Charas gelesen, dass sie schwarze Haare und eine ziemlich helle Haut, sowie gräulich Augen hat. Ausserdem ist Dark Link doch theoretisch immer bei Links Abenteuern dabei gewesen, er ist ja Links Schatten. Oder täusche ich mich jetzt...
Antwort von:  Yunavi
16.09.2014 01:02
Hm, die Auflösung auf die Frage ist quasi der Grundgedanke der Fanfiction, deswegen verrate ich das noch nicht X'D
Aber ein gut überlegter Gedankengang... Das wäre fast eine Idee für eine neue Geschichte. *g*
Von:  shadow-queen
2014-08-10T21:32:40+00:00 10.08.2014 23:32
Haha! Welch ein zufall... Ich habe auch in meinem Portmonnee ein Bild von Hilda aus a link between worlds. Und der Name Kokari Miyamoto ist auch gut gepuzzelt. Kann es sein, dass du dich beim Vornamen an Kokiri oder Kakariko und beim Nachnamen an Shigeru Miyamoto gehalten hast? Ist auch eine interessante Idee. Ich liebe diese Story auch, weil sie perfekt zu dem passt, was ich mir manchmal in meinen Tagträumen vorstelle. Ein Junge, der Link nicht unähnlich sieht kommt ganz durch Zufall in meine Klasse. Na, wenn sich da nicht noch etwas entwickelt...
Antwort von:  Yunavi
16.09.2014 01:01
Ja, es ist meine erste Fanfiction [läuft ja schon seit 2010] gewesen, ich glaube, die meisten Geschichten junger Autorinnen handeln von solchen Erlebnissen... :'D
Ganz genau, da hast du Recht! Im Spiel Okami gab es sogar mal einen Jungen, der Kokari hieß - das hat mich dann irgendwie annehmen lassen, dass es auch ein ganz guter Deckname für einen Reallife-Link wäre. ^^
Danke nochmal! :)
Von:  shadow-queen
2014-08-10T21:22:07+00:00 10.08.2014 23:22
Super fanfic!! Ich liebe sie jetzt schon. Aber wer ist bloß dieser blonde junge Mann, der ihr so bekannt vorkam? *schmunzel*
Gruß, shadow-queen
Antwort von:  Yunavi
16.09.2014 00:58
Ja, wer nur? :'D
Danke! Und tut mir leid, dass ich erst jetzt antworte, ich habe mich länger nicht eingeloggt... ^^"
Von:  Dragon-neko
2014-07-18T19:33:56+00:00 18.07.2014 21:33
Schöne Fanfic! Ich bin selbst ein großer Zelda Fan und finde deine Idee sehr interssant!
Antwort von:  Yunavi
16.09.2014 00:56
Vielen Dank! Tut mir leid, dass ich erst jetzt antworte, habe mich sehr über deinen Kommi gefreut! ^^


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