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Leuchtende Schatten

von

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Die Lösung

Ciel
 

Ich weiß wirklich nicht warum Madame Red so wütend auf mich ist.

Was habe ich falsch gemacht?
 

Unsicher klopfe ich eine Stunde später an die Tür zu ihrem Büro und öffne, als ich ihr geknurrtes ‚Herein‘ vernehme.
 

„Hier bin ich, was wünscht Ihr von mir Madame?“
 

Ohne ein Wort zu verlieren deutet sie mir näher an ihren großen Schreibtisch aus dunklem Kirschholz zu treten und schiebt mir ein Blatt Papier zu.
 

Mein Herz setzt für mindestens fünf Schläge aus, als ich erfasse, was dieser Zettel, nein, diese Einladung für mich bedeutet.
 


 

Einladung
 

Am kommenden Samstag, dem 28. August lädt das Bloody Diamond seine Stammkunden zu einer außergewöhnlichen Veranstaltung ein!
 

Im Rahmen des zehnjährigen Bestehens unseres Unternehmens, veranstalten wir eine Auktion der besonderen Art. Als Höhepunkt des Abends wird unser wertvollstes Gut, der junge Ciel, für eine Nacht, inklusive allen Extras an den Höchstbietenden versteigert.
 

Wir bitten um Voranmeldung.
 

Einstiegsgebot für die Hauptauktion beträgt 100 Pfund.
 

Einstiegsgebot für die Spezialauktion beträgt 10.000 Pfund.
 

Wir freuen uns über Ihr zahlreiches Erscheinen und bitte bedenken Sie, für die Spezialauktion werden nur insgesamt fünf Bieter zugelassen.
 


 

„Madame, das kann nicht Euer Ernst sein, ich…“ Meine Stimme bricht. Ich bringe keinen Ton mehr heraus.
 

Das kann sie doch unmöglich von mir verlangen? Eine ganze Nacht!? Mit allen Extras! Ich werde dem Höchstbietenden hilflos ausgeliefert sein! Er wird mich zwingen mit ihm-
 

„Es ist an der Zeit, dass du dich deiner Vergangenheit stellst Ciel! Du hast eine Woche um dich vorzubereiten. Die Einladungen werden morgen verteilt. Ich erwarte von dir, dass du dich und deine Emotionen in den Griff bekommst, denn der Herr der dich ersteigert wird erwarten, dass du dich ihm fügst. Keiner will ein kreischendes Nervenbündel in seinem Bett.“
 

Sie ist so kalt. So unglaublich kalt und abweisend. Was habe ich ihr getan um das zu verdienen?

Fieberhaft gehe ich die Situationen und Gespräche der letzten Tage noch einmal gedanklich durch aber ich komme einfach nicht dahinter, warum sie mir das jetzt antut.
 

„Wer… wer bekommt alles eine Einladung? Steht das schon fest?“, wage ich zu fragen, wobei ich mir die ungefähren Kandidaten schon selbst zusammenreimen kann.
 

Wortlos reicht sie mir ein zweites Blatt.
 

Ernest Hastings

Jeremy Hawthorne

Anthony Webster

Theodor Worthington

Alois Berrington

Frederick Lewis

Alistair Herrick

Lucius Doyle

Derrick Witherby

Percy Abster

Simon Dorough

Brian Connor
 

Als ich den Namen von Mr. Worthington lese, entspanne ich mich kurz, bis ich vier Zeilen tiefer den von Mr. Doyle entdecke. Was wenn er…

Dann fällt mir auf, dass ein Name fehlt.
 

„Was ist mit Mr. Michaelis? Warum steht er nicht auf der Liste?“, platzt es aus mir heraus und in der nächsten Sekunde verfinstert sich das Gesicht der Madame.
 

Wütend funkelt sie mich an und zischt dann: „So heißt er also? Tut mir schrecklich leid Ciel, aber Mr. Michaelis gehört noch nicht zu unseren Stammkunden.“ Jetzt lächelt sie plötzlich wieder, aber es ist ein falsches Lächeln. „Er hat deine Dienste erst einmal in Anspruch genommen und es wäre den anderen Herren gegenüber doch unfair, würde ich ihn zu dieser kleinen intimen Veranstaltung einladen“, erklärt sie mit honigsüßer Stimme.
 

„Aber-“
 

„Kein aber Ciel, und du wirst ihm auch nichts von nächstem Samstag erzählen, hast du mich verstanden? Diese Auktion ist exklusiv für Kunden, die schon seit mindestens einem Jahr zu uns kommen und ich möchte sie nicht mit der Anwesenheit eines Neulings vor den Kopf stoßen! Du konzentrierst dich jetzt allein darauf, dass du das Problem mit deinen Panikattacken löst und sollte ich herausfinden, dass du dich in dem Zeitraum bis nächsten Samstag Mr. Michaelis hingibst, dann gnade dir Gott!“
 

Stock steif stehe ich da. Ich kann nicht glauben was ich da höre.

Ich kenne die Frau die da vor mir hinter dem Schreibtisch sitzt nicht mehr. Ihr Gesicht ist zu einer bösartigen Fratze verzogen und ihre Körperhaltung ist die pure Bedrohung.

Was habe ich ihr nur getan? Welchen Grund habe ich ihr geliefert, so grausam zu mir zu sein?
 

Meine Augen brennen vor Verzweiflung, ich mag gar nicht dran denken, wo ich in genau einer Woche um diese Uhrzeit sein könnte. Wer der Mann sein könnte, der dann schwitzend über mir liegt und mich gegen meinen Willen nimmt.
 

Meine Beine geben fast unter mir nach als ich in einen steifen Knicks sinke.
 

„Ich habe verstanden Madame“, flüstere ich und ziehe mich dann zurück.
 

Mit wackeligen Knien gehe ich hinunter in die Küche zu Charly und hoffe, dass die gutherzige Küchenhilfe immer noch im Haus ist.
 

Aber ich habe leider kein Glück. Der große Raum ist verwaist, der Ofen kalt, und ich stehe mit Tränen in den Augen im Türeingang.

Ein Schluchzen drängt sich meine Kehle hinauf und jetzt, da ich endlich alleine bin und mich niemand hören kann lasse ich meinen Tränen freien Lauf.
 

Eine Woche noch.

Ich habe niemals geplant mit Sebastian so weit zu gehen, dass ich mit ihm... ich wollte nur einfach keine Angst mehr davor haben, wenn fremde Menschen mich anfassen. Mehr wollte ich wirklich nicht.

Und will ich auch jetzt nicht.

Ich weiß, dass ich es nicht schaffen werde meine Ängste innerhalb einer Woche komplett zu besiegen, wenn nicht noch ein Wunder geschieht. Wie auch? Ich lebe nun schon so lange damit, wie soll ich das innerhalb so weniger Tage einfach hinter mir lassen?
 

Schluchzend lasse ich mich in der Ecke mit dem Feuerholz auf den Boden sinken, lehne mich gegen den kleinen Holzstoß und lege meinen Kopf gegen die harten schmalen Scheite.
 

Es gibt nur eine Lösung.

Denn bevor ich zulasse, dass sich auch nur einer dieser Widerlinge an mir vergeht, auch, wenn es der freundliche, sanfte Mr. Worthington werden sollte, werde ich meinem Leben selbst ein Ende setzen.

Ich werde es nicht noch einmal zulassen, dass jemand auf diese Art Hand an mich legt, auf keinen Fall.
 

Plötzlich muss ich an die leuchtenden Augen Sebastians denken.

Eine Woche bleibt uns.

Ich mag ihn. Obwohl mich seine Anwesenheit in tiefste Verwirrung stürzt und ich wirklich schreckliche Angst vor ihm habe.

Nein, eigentlich nicht vor ihm als Mensch an sich.

Eher von dem, was hinter der perfekten Fassade lauert. Ich weiß, dass mit ihm irgendetwas nicht stimmt.

Ich habe die Gier in seinen Augen gesehen. Das unbezwingbare Verlangen mich zu besitzen und das macht mir Angst.
 

Ich spüre wie sich die feinen Härchen in meinem Nacken aufrichten wenn ich nur an seinen Anblick denke, wie er mich angestarrt hat, als ich vor ihm auf dem Boden getanzt habe. Wie der Wolf seine Beute.
 

Und doch habe ich bei ihm das Gefühl, dass ich sicher bin.

Es ist verrückt! Er hat mir selbst gesagt, dass er mich verletzen wird.

Er hat nicht gesagt wie, oder wann, aber er wird es tun, daran besteht kein Zweifel.
 

Erschrocken zucke ich zusammen als sich die Tür zum Garten öffnet und eine dunkle Gestalt ins Innere der Küche schlüpft.

Ängstlich presse ich mir eine Hand auf den Mund. Ein Einbrecher?
 

Vorsichtig huscht der Schatten durch den Raum, dann rumpelt es plötzlich, als er gegen einen kleinen, mit Wasser gefüllten Holzeimer stößt. Ich kann deutlich hören, wie der Inhalt über den Rand schwappt und dann erklingt ein helles Quietschen.
 

„Oh nein, so ein Mist!“
 

Erleichtert Atme ich aus.
 

„Charly?“
 

Oh nein! Selbst ich höre, dass meine Stimme verheult klingt.
 

„Ciel? Was machst du denn um diese Zeit noch hier? Ist alles in Ordnung?“ Plötzlich flammt ein Streichholz auf, dann eine Kerze und im nächsten Moment sitzt Charly auch schon neben mir. Der Saum ihres Kleides ist komplett durchnässt und ich kann die kleine Pfütze auf der anderen Seite des Raumes erkennen, aber sie scheint das erst mal völlig kalt zu lassen. „Meine Güte, Junge! Was ist denn mit dir passiert?“, fragt sie geschockt und zieht mich ungefragt einfach an ihre Brust.
 

In der ersten Sekunde will ich mich wehren. Ich will nicht schon wieder wie ein kleines Kind getröstet werden nachdem ich gerade so eine schwerwiegende Entscheidung getroffen habe.

Ich will nicht, dass sie mir sagt, dass alles wieder gut wird, oder noch schlimmer, mir versucht Hoffnung zu geben, denn dann werde ich nur zweifeln und es wird mir noch schwerer fallen das zu tun, was getan werden muss.
 

„Es ist nichts, wirklich nicht“, versuche ich sie zu beruhigen, schaffe es aber nicht sie von mir zu schieben. Es fühlt sich einfach so gut an von ihr gehalten zu werden.
 

„Ciel erzähl mir doch nichts. Dein Gesicht ist geschwollen! Ich könnte schwören, dass dich schon wieder wer geschlagen hat. Außerdem habe ich dich vorhin schreien gehört. Ich habe eine Stunde auf dich gewartet, aber als du nicht kamst, dachte ich, dass es vielleicht nicht so schlimm war. Warum bist du dann jetzt trotzdem hier?“
 

„Das gleiche könnte ich dich fragen“, gebe ich ausweichend zurück, ich will jetzt nicht reden.
 

„Ich habe meine Tasche liegengelassen! Ist das nicht zu dumm? Oder einfach nur ein glücklicher Zufall? Glück im Unglück sozusagen? Jetzt komm Ciel, raus mit der Sprache! Was ist passiert, dass du nachts um diese Zeit in meiner Küche hockst und dir die Augen ausweinst? Du bist doch sonst keine Heulsuse!“, versucht sie es auf die humorvolle, sanfte Art und schließlich gebe ich nach.
 

Ich will nicht alles erzählen, zu viel ist heute passiert, aber das was am schwersten wiegt kann ich mit ihr teilen, vielleicht ist das Gewicht dessen was mich erwartet dann leichter zu tragen.
 

„Es wird eine Auktion geben in sieben Tagen. Madame will mich verkaufen. Für eine ganze Nacht. Mit allem, was dazu gehört.“ Ich spüre wie immer mehr Tränen mein Gesicht hinunterlaufen und frage mich warum? Es wird ohnehin nicht dazu kommen! Entweder ich löse das Problem noch im Bordell, oder dann vor Ort, das werde ich dann sehen wenn es soweit ist. Die Entscheidung ist gefallen, warum kann ich dennoch nicht aufhören zu weinen?
 

„Oh mein armer kleiner Ciel! Wie kann sie das tun!? Ich verstehe die Madame nicht! Sie verdient so viel Geld mit dir, so unglaublich viel wie keine andere Bordellbesitzerin in ganz London mit irgendeinem ihrer Mädchen oder auch Jungen, warum tut sie das?“
 

Ihre Umarmung wird noch einen Tick fester und ich lasse mich dankbar ihn ihre Wärme einsinken. Vielleicht ist so ein bisschen Trost doch gar nicht so verkehrt?
 

TBC



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  Yamis-Lady
2014-07-15T13:01:52+00:00 15.07.2014 15:01
ein wundervolles kapitel, wenn auch so traurig ;________;
ciel tut mir so leid...
und madame ist wirklich grausam. kommt das nur wegen der eifersucht auf sebby?

hoffentlich kann sebby ciel davon abbringen, sich umzubringen >_____<
er könnte mit ihm fliehen >XD

ich bin sehr gespannt, wie es weitergeht!!
bis zum nächsten mal ♥
Antwort von:  ReWeJuIs
28.07.2014 19:34
Dankeschön und joa...
Man weiß es nicht.... xD

Könnte er... na mal sehen!^^
Danke für den Kommi!^^
VGL Julia


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