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Lebwohl, unser geliebter Freund

von

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Es schmerzte. Wirklich fest. Dieser Gegner ist einfach zu stark. Viel zu stark. Ninten sah verschwommen, wie Teddy Ana hochzog. Ana. Ihr durfte nichts passieren. Sie war doch so zart und zerbrechlich. Wie eine Blume. Ninten kämpfte mit den Schmerzen, die durch seinen Körper zuckten. Apropos Blumen. Der Blumenkranz, der Teddy von Ana umgehängt bekam, war total zerstört. Die Blüten lagen auf dem Boden.

Kurz vorher erlebte Ninten das Glück der ersten Liebe. Ana hatte ihm ihre Liebe gestanden. Ana, die kleine, süsse Ana liebte ihn. Wie sehr sich Ninten darüber gefreut hat. Er dachte, nichts könnte diese unschuldige Liebe zerstören.

„Vergiss es, du metallische Schlampe“, knurrte Teddy. Dieses Biest von einem Roboter würde ihn nicht besiegen. Nicht bevor er sich gerächt hatte! Der Teenager mit der tollen Tolle spürte sein linkes Bein fast nicht mehr. Trotzdem zog er sein japanisches Schwert. Dieses Schmuckstück hatte er nicht umsonst in seinen Besitzt gebracht.
 

„Teddy! Bitte nicht …“, rief das Mädchen schwach. Ihre Zöpfchen waren aufgegangen, die Haare waren zerzaust, ihr Kleid war schmutzig. Teddy schluckte bei diesem Anblick. Sie sollte nicht so aussehen. Er wollte das doch verhindern. Bei ihr und Ninten.

„Ana, Kleines …“, Teddy versuchte alle Zuversicht in seine Stimme zu legen, „… denk an was Schönes. Es ist gleich vorbei.“ Er wollte los zu Ninten, welcher wie von Sinnen seine Psykräfte auf den Roboter schoss. „Nein!“, schrie das blonde Mädchen herzzerreissend. Sie rannte zum Teenager und klammerte sich an seine Jacke. „Riskiere dein Leben nicht.“ Tränen liefen ihr das Gesicht hinunter. „Gehen wir. Hol Ninten und wir flüchten.“

Teddy kniete sich vor Ana hin, sein Bein spürte er nun gar nicht mehr, und drückte sie liebevoll an sich. „Wir können nicht mehr zurück.“ Sanft küsste er dem Mädchen auf die Stirn und sah sie streng an. „Falls es Ninten und ich nicht schaffen, flüchte!“ Ana schüttelte wie verrückt den Kopf. Die Tränen tropften auf das T-Shirt von Teddy. Der Teenager musste sich abwenden, sonst wären ihm die Tränen auch gekommen.

Ninten schrie. Der Roboter klatschte ihn wie eine Fliege an die Steinwand. Leblos glitt er den Felsen hinab. Wütend brüllte Teddy: „Du wagst es meinem Kumpel zu schlagen, Schlampe?!“ Mit einem Hechtsprung sprang er auf den Gegner. Sein Schwert vibrierte als es das Metall berührte. Unbeeindruckt drehte der Roboter sich um. Teddy zog sein verletztes Bein nach und humpelte zu Ninten. „Mach deine Augen auf.“ Er tätschelte die Wangen des Jungen. „Du kannst ja mit deinen Kräften nichts anrichten, dummer Junge!“
 

Teddy spürte zum ersten Mal Angst. Nicht um sich. Sondern um Ana und Ninten. Er sah oder fühlte sich nicht als ein strahlender Held, welcher sich um andere Sorgen machte. Es war einfacher. Der Teenager musste sehr schnell erwachsen werden. Familiäre Gefühle kannte er lange Zeit nicht. Für die zwei Kinder fühlte er das. Für Teddy waren der schweigsame Junge und das bezaubernde Mädchen wie Geschwister. Sie akzeptierten ihn so, wie er war.

Sein Bein schmerzte wieder, der Schmerz war wieder da. Ninten rührte sich immer noch nicht. Der Roboter drehte sich träge um. Mit beinahe zaghaften Bewegungen kam er näher. Ein entsetzter Schrei hallte von den Wänden wieder. Das Mädchen schlug sich erschrocken die Hände vor die Augen. Tränen verschmiert blickte Ana auf die Szene. Sie fühlte sich hilflos. Ana faltete die Hände zum Gebet. Bitte lieber Gott. Schick uns Hilfe. Beschütze uns. Teddy hob vorsichtig den ohnmächtigen Jungen auf. Hinter ein paar grossen Felsen legte er Ninten hin.

Grimmig fixierte der Teenager den Roboter. Er würde das beenden. Die Kleinen würde das Biest nicht bekommen. Mit seinem Schwert voraus, sprang Teddy mit verschlossenen Augen auf den Gegner. Eine gewaltige Explosion erschütterte die Umgebung.
 

Das Abendrot erhellte das Zimmer. Ninten öffnete gequält die Augen. Sein Seufzen klang schwermütig. Auf seiner Stirn spürte er eine Hand. „Ninten? Bist du wach? Bitte sprich mit mir.“ Anas Tränen tropften auf sein Gesicht. Reflexartig strich der Junge ihr die Tränen weg. Das tat er auch immer bei seinen Schwestern. Da fiel ihm Ana schon um den Hals. Er liess sie weinen.

„Ist dir was passiert, Ana?“

„Nein, mir nicht … ach Ninten …“

Besorgt runzelte der Junge die Stirn. Irgendetwas stimmte nicht. Langsam erhob er sich vom Bett. Einige Verbände zierten seinen Körper. Ana war so gut wie unverletzt, nur ein grosses Pflaster schmückte ihre rechte Wange. Was war mit Teddy? Die Frage brannte Ninten auf der Zunge, doch er konnte sie nicht aussprechen. Angst spürte er in sich aufsteigen. Mit Anas Hilfe verliess er das Hinterzimmer.

Zitternd stand er vor der nächsten Türe. Er wollte sie nicht öffnen. Er wollte es nicht. Ana sah zu Boden, ihre Augen waren gerötet. Wenn ich die Türe öffne, steht Teddy vor mir. Gesund und munter. Mit einem Grinsen im Gesicht. Die Türe quietschte leise beim Öffnen.
 

Lloyd sass auf dem beschaulichen Sofa. Seine weisslichen Haare verrieten ihn. Ohne auf Anas Rufen zuhören, lief Ninten auf Lloyd zu. Er freute sich, ihn zusehen. Trotz der gedrückten Stimmung.

„Lloyd, was machst du hier?“ Der Angesprochene hob den Kopf. Auch seine Augen waren gerötet vom Weinen. „Ninten. Es tut mir leid. Wäre ich doch nur schneller gekommen. Ninten, bitte verzeih mir. Hätte ich doch nur richtig gezielt. Bitte sei weiterhin mein Freund.“ Verwirrt blickte Ninten auf den jammernden Jungen.

Wie kam Lloyd nur auf den Gedanken, dass sie keine Freunde mehr waren? Und was meinte er nur mit gezielt?

„Lloyd, was ist passiert? Was machst du hier? Geht es dir gut?“ Der Junge sah Ninten schluchzend an. Da räusperte sich Ana: „Ninten, es geht um Teddy. Er ist … er ist …“ Der Angesprochene drehte sich um, wollte laut fragen, was los ist. Erschrocken riss der Junge die Augen auf. Er erbleichte. Japsend nährte er sich dem Bett.

Sein Anfall liess Ninten erzittern. Er bemerkte nicht einmal, wie sich der anwesende Arzt bemühte den Spray bei ihm einzusetzen. Ninten starrte auf das fahle und schmerzverzerrte Gesicht von Teddy. Wie konnte das passieren? Warum lag Teddy bleich wie ein Gespenst auf dem Bett?

Er hatte doch noch gekämpft. Teddy liess sich von niemanden aufhalten. Der Teenager war der stärkste Mensch, ausser vielleicht sein Papa, auf der Welt. Teddy war respektlos, rebellisch und trotzdem der ehrlichste Mensch der Ninten kannte. Hätte er nicht Ana und ihn gepackt und aus dem Fenster gesprungen, wären sie vom Roboter getötet worden.

Wieder einmal hatte Teddy Ana und ihm das Leben gerettet. Er wusste einfach immer, was zu tun war.

Tränen benetzten Nintens Wangen. „Teddy … Teddy! Mach die Augen auf. Bitte stirb nicht!“ Ana schluchzte auf und vergrub ihr Gesicht in ihren Händen. Verzweifelt rüttelte der Junge mit dem Halstuch an Teddys Arm. Der Arzt strich ihm über den Rücken. Laut weinte Ana und betete zu Gott. Lloyd murmelte gedämpft vor sich hin: „Es ist alles meine Schuld.“
 

„Hey! Ihr weckt mit eurem Flennen noch die Toten auf.“ Überrascht blickte Ninten auf. Heisser flüsterte Ana ein „Oh Teddy …“ und wischte sich die Tränen weg. Zitternd hob der Verletzte einen Arm, versuchte die Haare aus dem Gesicht des Mädchens zu wischen.

„Teddy, was ist mit dir? Tut dir was weh?“ Ninten wischte sich die Tränen aus den Augen. Er lächelte tapfer und fragte leise: „Du wirst doch wieder gesund, oder?“ Statt zu antworten, drehte sich der Teenager zu den Jungen um. „Ninten, ist dir was passiert?“ Das Kind schüttelte den Kopf. „Ana ist auch nichts passiert.“ Ein Lächeln huschte über Teddys bleiches Gesicht. „Körperliche Stärke ist nicht alles, um Sie zu besiegen. Ich weiss, dass der Frieden eines Tages wieder zurück zu uns gebracht wird. Ich glaube daran.“ Teddy versuchte sich aufzurichten, fiel aber wieder auf die Laken. Ana presste die Lippen zusammen und blickte zum Arzt. Kopfschüttelnd sah dieser zu ihr.

„Hey, Lloyd!“, rief Teddy keuchend und winkte den Jungen zu sich, „Die Zeit ist gekommen, an der du kämpfen musst.“ Der Gerufene rannte zum Bett, stolperte fast über seine eigenen Füsse. „Die Zeit des Schwächlings ist gekommen.“ Ninten erinnerte sich daran, wie Teddy Lloyd verspottete, als sie sich zum ersten Mal trafen.

Ängstlich und vorsichtig drückte das Kind Teddys Arm. „Du bleibst hier und wartest. Du wirst sicher wieder gesund. Du bist ja so stark.“ Sanft strich der Teenager über die Haare von Lloyd. „Verzeihst du mir, dass ich dich einen Schlappschwanz und Brillenschlange genannt habe?“ Der Atem von Teddy erklang krampfhaft. Sein Körper zitterte. „Ninten, beschütze Ana. Immer und jederzeit. Ana, bitte verliere nie dein engelhaftes Lächeln. Lloyd, sein Ninten immer eine Hilfe. Beschütze sie an meiner Stelle.“ Als sein Kopf das Kissen berührte, rutschte die Sonnenbrille von seinem Gesicht. Er lächelte befreit. Seine Augen waren geschlossen.

Er atmete nicht mehr.
 

Das Schluchzen der drei Kinder erfüllte den Raum. Sanft legte der Arzt eine Hand auf Anas Schulter. „Es tut mir so leid, ich könnte ihm nicht mehr helfen.“

In Ninten brodelte es. Hätte er Teddy noch helfen können? Teddy hat mehrmals sein und Anas Leben gerettet. Und er konnte nichts tun. Weshalb besass er solche Kräfte, wenn er damit nicht einmal das Leben eines Freundes retten konnte? „Verzeihung“, schniefte Ninten und sah den Arzt ernst an, „würden Sie uns bei was helfen?“
 

Der Federhalter kratzte über das Papier. Eine einzelne Schweissperle lief dem Mann die Stirn hinab. Seufzend strich er sich über seine spärlichen Haare. Er legte den Federhalter weg und faltete nachdenklich die Hände.

Die Kinder. Sie gingen ihm nicht mehr aus dem Kopf. Er griff nach der Kaffeetasse. Ninten und Lloyd haben eigenhändig ein Grab für Teddy ausgehoben. Obwohl er es am Anfang verboten hatte. Wo würde es hinführen, wenn jeder einfach seine Toten vergraben würde?

Aber Lloyd wäre ihn fast an die Gurgel gegangen und hat so lange auf ihn eingeredet, bis er nachgeben musste.

Der Kaffee war schon wieder lauwarm. Der Arzt setzte seine Lesebrille auf und überflog seine Meldung.

Der junge Mann Teddy (Nachname nicht bekannt) ist heute verstorben. Wohnhaft in Ellay und ca. 16 Jahre alt.

Heute wurde das Ferienhäuschen Nummer 33 fast zerstört. Nach aller Wahrscheinlichkeit ist eine Bombe eingeschlagen.

Ein Panzer vom Typ Fuchs steht an einer Weggabelung.

Wieder schoss dem Mann der Gedanke durch den Kopf; vorher der Panzer kam. Dieses Rätsel konnte er heute nicht mehr lösen. Aber wo steckten die Kinder?
 

Das einfache Holzkreuz war ein stummer Zeuge der Bestattung. Ein Blumenkranz aus Nelken und Vergissmeinnicht lag auf der aufgeschütteten Erde. Die Sonnenbrille des Teenagers thronte auf dem Kreuz. Was für eine Mühe haben sich die Kinder nur gegeben. Der Arzt staunte. Langsam trat er näher. Er kniete sich hin und sprach ein Gebet.

Der Schrei einer Eule war zu hören. Müde erhob der Mann sich. Die Polizei würde morgen den Bericht bekommen. Jedoch erfuhren die Beamten nicht alles. Er wollte gerade gehen, da fiel ihm noch was auf. Auf dem Kreuz stand in grossen Lettern Lebwohl, unser geliebter Freund geschrieben. Kein Name, kein Datum. Nur das.

Ein dicker Kloss bildete sich in seinem Hals. Was wohl in den Kindern vorging? So junge Menschen sollten nicht so was Grausames erleben. Die Augen des Arztes wurden feucht.

Er erinnerte sich an eine Geschichte von seinem Grossvater. Seinen besten Freund musste er dazumal während einer Schlacht vergraben. Weil es die einzige Möglichkeit war, dem Mann seine letzte Ruhe zu ermöglichen. Der Arzt erinnerte sich, wie bitter sein Grossvater während der Erzählung geschaut hatte.
 

Es fröstelte den Mann. Er klopfte sich den Dreck von seiner Hose und lief zurück zum Haus. Bevor er den Kaffee wirklich ausschütten musste.



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  KiraNear
2013-10-23T12:04:18+00:00 23.10.2013 14:04
Es ist zwar nicht mehr viel Erinnerung vorhanden, aber ich kann mich noch an die Szene erinnern, da ich sie ja im LP gesehen habe^^
Und es war echt überraschend für mich, dass der Kampf so ausgegangen ist, ich hatte eigentlich gehofft, dass auch Teddy es schafft >_<
Tolle FF, blöd nur, dass ich nicht zuhause bin, sonst hätte ich die eine oder andere Träne verdrückt >_<
Antwort von: Lupus-in-Fabula
24.10.2013 00:45
In der amerikanischen Version taucht beim Ending eine Szene auf, in der Teddy noch lebt. Aber ich nehme lieber die japanische Version. Ist zwar trauriger, aber ich bleibe lieber beim Original.
Obwohl ich Teddy auch mag. Er hat so eine tolle Tolle :)

Das es dich zu Tränen gerührt, ist ein grosses Kompliment für mich.
Vielen Dank für deinen Kommentar :)

Aber eine indiskrete Frage habe ich noch: Wo warst du denn? Falls ich zu neugierig war, ignoriere meine Frage.


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