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Eine Chance auf Glück?

~ Severus Snapes zweites Leben ~
von

Vorwort zu diesem Kapitel:
Das hier wird das vorerst letzte Kapitel aus Lilys Sicht sein. Viel Spaß beim Lesen. :) Komplett anzeigen

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Kindheitsfreund

Nachdem sie Severus eine gute Nacht gewünscht hatte, schlüpfte Lily in ihr eigenes Zimmer. Sie warf ihrer Reisetasche, die in der Zimmermitte lag, einen müden Blick zu. Um das Auspacken konnte sie sich auch morgen noch kümmern. Gähnend setzte sie sich auf ihr Bett. Von der alten Matratze ertönte ein leises Quietschen. Etwas skeptisch sah sie sich in ihrem Zimmer um.

Abgesehen von ihren Kleidern, die zusammengefaltet auf ihrem Stuhl lagen und den wenigen Zauberei-Lehrbüchern, die sich auf ihrem Schreibtisch stapelten, sah der Raum aus als würde er einem Kind und nicht einer Sechzehnjährigen gehören.

Die Wände waren in einem blassen Rosaton gestrichen, hier und da blätterte die Farbe leicht ab. Ein paar selbstgemalte Bilder hingen über ihrem Bett. Die meisten von ihnen waren klägliche Versuche gewesen, Zeichentrickfiguren abzuzeichnen. In ihrem Bücherregal waren alte und längst abgegriffene Märchenbücher gestapelt. Stofftiere und Puppen sahen sie aus allen Ecken des Zimmers vorwurfsvoll mit ihren Glasaugen an.

Seit ihrem elften Lebensjahr hatte sich hier nichts mehr verändert. War ja auch kein Wunder, schließlich verbrachte sie, seit sie ihren Brief aus Hogwarts erhalten hatte, nur noch wenige Wochen im Jahr zuhause. Für die kurzen Besuche hier hatte sie es nie für nötig befunden, irgendetwas an der Ausstattung ihres Zimmers zu verändern. Jetzt zweifelte sie jedoch, ob es nicht vielleicht ein Fehler gewesen war.

Es grauste ihr bei der Vorstellung, was Severus wohl von ihr halten würde, wenn er das sehe. Würde er sie bei diesem Anblick vielleicht albern oder gar kindisch finden? Vor allem im direkten Vergleich zwischen ihrem Zimmer und dem von ihrer Schwester würde es ihm sicher auffallen. Petunia hatte nicht mal als Kind viel von Märchen oder Puppen gehalten und Lilys Fantasie stets als Unfug abgetan. Ihr eigenes Zimmer hatte ihre Schwester nur spärlich eingerichtet, so dass es auf Lily oftmals kalt und leblos gewirkt hatte.

Sie ließ erneut einen prüfenden Blick durch ihr Zimmer schweifen, dann stand sie auf. So konnte sie ihm ihr „Reich“ ganz sicher nicht präsentieren.
 

Sie hatte einige Bücher, Stofftiere und Puppen in ihren Kleiderschrank gepackt, als ihr Blick auf ein kleines, graues Fellknäuel fiel. Es entpuppte sich als ein alter, verschlissener Stoffhase. Eines seiner schwarzen Knopfaugen saß etwas locker, das andere fehlte komplett. Sie hob ihn behutsam hoch und betrachtete ihn mit einem zärtlichen Blick.

„Na, Fifi du altes Schlappohr“, murmelte sie lächelnd. Gedankenverloren zupfte sie kleine Krümel und Härchen aus seinem Fell. Sie war in etwa zwei gewesen, als sie den Hasen auf diesen Namen getauft hatte. So lange sie denken konnte, war es ihr absolutes Lieblingsstofftier gewesen. Als kleines Mädchen konnte sie es sich nicht einmal vorstellen, ohne ihren Hasen einzuschlafen. Sogar nach Hogwarts hatte sie es mitgenommen, zumindest die ersten paar Jahre. Irgendwann wurde ihr der Hase schließlich zu peinlich und sie ließ ihn zuhause.

So viele Erinnerungen hingen mit diesem verschlissenen Stofftier zusammen. Eine davon handelte von ihrer Schwester und Severus.
 

Lily hatte damals erst vor Kurzem erfahren, dass sie eine Hexe war und war überglücklich darüber gewesen. Ihre Schwester hatte ihre Wut und Enttäuschung darüber, dass sie selbst keine magischen Fähigkeiten besaß, auf Lily projiziert und ihr die Schuld an ihrem Unglück gegeben. So hatte sie eines Tages beschlossen, es ihr heimzuzahlen und machte ihr das kostbarste, was sie besaß, kaputt.

Lily hatte ihren Hasen schließlich auf dem Boden vorgefunden, als sie den Abend nach Hause kam. Sein Körper lag in der Mitte des Zimmers und bot ihr einen überaus kläglichen Anblick. Den Kopf hatte Petunia achtlos in eine Ecke geworfen und überall auf dem Boden lag die Füllung verstreut. Wütend war Lily in das Zimmer ihrer Schwester gerannt und hatte sie angeschrien.

Diese hatte gar nicht erst versucht, ihre Tat abzustreiten. Viel mehr schien es, als wäre sie sogar stolz darauf.
 

Gleich am nächsten Morgen hatte Lily Severus auf dem alten Spielplatz, auf dem er jeden Morgen auf sie wartete, getroffen und ihm alles erzählt.

„Dafür sollten wir ihr ein paar fette Kröten ins Bett schmuggeln“, hatte Severus grinsend vorgeschlagen. Lily, die in sich zusammengesunken auf der Schaukel gesessen hatte, hatte jedoch den Kopf geschüttelt.

„Nein... Das wäre gemein.“

„Sie ist doch immer gemein zu dir, daher wäre es nur fair.“

„Trotzdem. So etwas mache ich nicht.“

Severus hatte sich die Haare aus der Stirn gestrichen und kurz gezögert.

„Dann lass mich wenigstens diesen Hasen sehen, vielleicht kann ich ja was machen.“

„Es nützt doch sowieso nichts. Er ist kaputt. Total hinüber“, hatte sie resigniert gesagt, führte ihn jedoch zu sich nach Hause in ihr Zimmer.

Sie hatte Severus zu diesem Zeitpunkt noch nicht lange genug gekannt, um seine magischen Fähigkeiten einschätzen zu können. Er hatte ihr,ohne etwas zu sagen, den Hasen aus den Händen genommen, hatte die Füllung in den Körper gestopft und drückte den Kopf an seinen Platz. Dann hatte er konzentriert auf das Stofftier in seinen Händen geschaut und vor Anstrengung die Stirn gerunzelt. Nach einer Weile hellte sich seine Miene auf und er wackelte mit dem Hasen vor ihrer Nase herum, wodurch die riesigen Ohren durch die Luft flogen. Fifi war wieder so gut wie neu. Vor Begeisterung überwältigt war Lily Severus um den Hals gefallen.
 

Sie schmunzelte bei dieser Erinnerung. Wie sie ihn damals vergöttert hatte! Dabei war „Reparo“ ein ganz einfacher Zauber, der bereits in dem Zaubersprüchebuch für Erstklässler vorkam.

Nichtsdestotrotz fand sie es auch heute noch bemerkenswert, dass Severus ihn damals schon, und das sogar ohne einen Zauberstab beherrscht hatte.

In den darauffolgenden Jahren hatte sie sich bemüht, ihm ebenbürtig wenn nicht sogar überlegen zu werden. Sie wollte, dass ihr Kindheitsfreund stolz auf sie sein konnte. Mehrere Jahre in Folge war sie Jahrgangsbeste geworden, doch was hatte es ihr genutzt? Er hatte sich noch nicht einmal dazu geäußert. Schlimmer noch, er hatte irgendwann angefangen Zaubersprüche zu verwenden, die sie noch nicht einmal in den Mund nehmen wollte. Schwarze Magie.

Sie verzog gequält das Gesicht. Daran wollte sie gar nicht denken. Nicht jetzt. Sie wollte einfach nur die Zeit mit ihrem besten Freund genießen, ohne das ihnen seine Todesser-Freunde in die Quere kommen konnten.

Sie gähnte und streckte sich, dann sah sie auf die Uhr. Kurz vor Mitternacht. Höchste Zeit, ins Bett zu gehen.
 

***
 

„Och Lily, jetzt komm endlich, wir wollten noch bei Madam Malkins vorbeischauen. Habe gehört, da ist eine neue Serie an Umhängen im Sortiment. Die sollen todschick sein!“

Lily leckte an ihrem Eis und ließ sich lachend von ihren Freundinnen mitziehen. Es war ein schöner, sonniger Tag. Die Winkelgasse war jedoch so gut wie ausgestorben, was für diese Jahreszeit mehr als nur ungewöhnlich war.

Die Mädchen ließen sich nicht davon beirren und bummelten kichernd durch die Läden. Unterwegs hielten sie bei einigen Trödelmärkten an und besahen die Auslagen. Mary kaufte sich in einem kleineren Kiosk ein paar Schokofrösche und schlang sie gierig hinunter.

Als sie schließlich Madam Malkins erreichten, war von der Besitzerin weit und breit nichts zu sehen.

„Na was meint ihr? Steht es mir?“, fragte Leanne und bemühte sich um einen ernsten Tonfall. Sie hatte sich einen selten hässlichen, grell pinken Spitzhut angezogen, an dessen Spitze eine große Bommel hing. Sie sah sich kurz um und schnappte sich noch einen neongrünen, ausgefransten Schal von einem der Kleiderständer in ihrer Nähe und wickelte ihn sich ein paar mal um den Hals. In diesem Aufzug stolzierte sie vor ihren Freundinnen auf und ab. Der viel zu große Hut rutschte ihr dabei über die Augen.

„Klar! Ist garantiert der letzte Schrei... Wenn man dich sieht, hat man zum letzten Mal geschrien,“ meinte Mary japsend.

„Hmm... das wäre doch mal ein Plan. Du stellst dich so den Todessern entgegen und sie begehen bei deinem Anblick kollektiv Selbstmord. Vor Faszination, versteht sich“, stimmte Lily mit ein und kicherte.

Leanne prustete los und hielt sich beim Lachen den Bauch. Der Hut rutschte nun endgültig von ihrem Kopf und landete auf dem Boden.

Lily bückte sich, um ihn aufzuheben, stoppte jedoch mitten in der Bewegung. Zu dem Lachen ihrer Freundinnen hatte sich ein weiteres Geräusch gemischt, ein leises Wimmern. Sie blickte nach draußen und entdeckte mitten auf der Straße einen kleinen Jungen mit langen, schwarzen Haaren die ihm in fettigen Strähnen über die Schultern fielen. Er trug einen viel zu weiten Zauberumhang, der lose an ihm herunterhing und auf dem Boden unter ihm Falten schlug. Sein Gesicht hielt er mit den Händen bedeckt. Die komplette Gestalt wurde von heftigem Schluchzen erschüttert. Weit und breit war niemand zu sehen, der ihn hätte trösten können. Lily richtete sich auf und machte ein paar Schritte in Richtung Ausgang.

„Hm? Stimmt etwas nicht?“, rief Mary ihr nach.

„Da ist ein Kind. Es weint. Vielleicht hat er ja seine Eltern aus den Augen verloren. Kommt, wir müssen ihm helfen.“

„Was für ein Kind? Wovon redest du? Ich sehe niemanden“, meinte Leanne. Sie schnappte immer noch nach Luft.

Ungläubig drehte Lily sich zu ihren Freundinnen um. Sie sahen zwar in die richtige Richtung, schienen jedoch nichts zu bemerken.

„Aber er steht doch genau...“, sie stutzte. Der Junge war verschwunden. Dennoch erklang sein Wimmern noch immer in ihren Ohren. Kurz darauf hörte sie zusätzlich dazu auch noch, ganz leise, ihren Namen.

„Lily.“ Es klang gedämpft, so als käme die Stimme von ganz weit weg. Jemand rief sie. Vielleicht der Junge?

„Lily“, erklang es erneut. Wer auch immer es war, es klang verzweifelt. Sie schaute sich um, versuchte auszumachen, von wo die Stimme kam. Schließlich lief sie aufs Geratewohl los, drehte sich nach wenigen Schritten zu ihren Freundinnen um. Sie hatten sich keinen Schritt von der Stelle bewegt, Mary zupfte mit einem faszinierten Gesichtsausdruck an dem Schal an Leannes Hals herum. Sie machten keine Anstalten, ihr zu folgen.

„Lily.“

Die Stimme wurde lauter, drängender. Sie hatte keine Zeit, auf ihre Freundinnen zu warten. Sie rannte los. Ein kalter Luftzug streifte ihre Füße. Ohne anzuhalten sah sie nach unten und runzelte die Stirn. Sie hatte keine Schuhe an und, was sie noch mehr verunsicherte, ihre Beine steckten in ihrer Pyjamahose.
 

***
 

Sie schlug die Augen auf und blinzelte verschlafen in die Dunkelheit. Das Fenster zu ihrem Zimmer stand offen, die Vorhänge flatterten im Wind.

„Komischer Traum“, murmelte sie, schob ihre Decke zurecht und wollte sich auf die andere Seite drehen, als sie erneut ihren Namen hörte. Dieses Mal erkannte sie die Stimme. Es war eindeutig Severus. Ohne groß nachzudenken schlang sie ihre Decke beiseite und stand auf. Noch immer etwas schlaftrunken, tappte sie hinüber in Petunias Zimmer. Ihre nackten Füße machten auf dem Parkettboden im Flur ein schmatzendes Geräusch.

Als sie die Tür öffnete und ihn sah, hatte Lily das Gefühl, als würden tausende Messer in ihr Herz stechen. Ihr Kindheitsfreund lag in Petunias Bett und warf sich wimmernd hin und her. Die Decke lag zerknüllt auf dem Boden. Ab und an erstarrte er und rief nach ihr. Lily erschauderte bei der Vorstellung, was für ein Traum ihn so aus der Fassung bringen konnte. Sie blieb unschlüssig an der Tür stehen, unsicher was sie machen sollte. Schließlich ging sie hinüber zum Bett und setzte sich an den Rand.

Sie schüttelte sanft an der Schulter, schaffte es jedoch nicht ihn zu wecken.

„Schschsch, ist ja gut...“, sagte sie etwas verzweifelt, und strich mit ihrer Hand unsicher über seinen Kopf. Sie zuckte zusammen, als sie sein Gesicht berührte. Es war tränennass.

Er reagierte immer noch nicht und zitterte wie Espenlaub. Nervös knabberte Lily an ihrem Daumennagel. Was sollte sie nur tun? Derweil entrann seiner Kehle ein leises, gequältes Stöhnen.

„Reiß dich zusammen“, ermahnte Lily sich selber. Sie rief sich bewusst ihre Kindheit Gedächtnis, als sie nachts öfter Alpträume hatte und von ihrer Mutter getröstet wurde. Das musste sie doch auch hinbekommen können.

Noch immer etwas unsicher beugte sie sich zu ihm hinab und fasste unter seine Arme. Sie zog ihn zu sich und bemerkte, dass er seine Muskeln leicht anspannte und ihr, bewusst oder unbewusst, dabei half. Sie nahm ihn in den Arm, wiegte sich langsam vor und zurück und streichelte über seinen Rücken. Sein Zittern ließ allmählich nach, er regte sich, umfasste sie mit seinen Armen und presste sie an sich.

„Lily... Oh Lily“, murmelte er leise.

„Ja Sev, ich bin da. Es ist alles gut. Es war nur ein Traum“, flüsterte sie ihm ins Ohr. In diesem Moment war ihr egal, wie sie klang. Alles was zählte war, dass Severus sich langsam wieder beruhigte.

Er entspannte sich allmählich, sein Atem wurde ruhiger. Auch der Druck seiner Hände an ihrem Rücken ließ nach. Er war wieder eingeschlafen. Vorsichtig ließ sie ihn wieder auf sein Kissen sinken, und löste sich von ihm. Eine Weile sah sie ihm beim Schlafen zu, dann stand sie auf. Sie war schon an der Tür, als sie ihn erneut hörte.

„Bleib da... Bitte bleib bei mir.“

Es war kaum mehr als ein Flüstern und klang wieder so furchtbar gequält. Lily war sich nicht sicher, ob er wach war oder erneut träumte.

Seufzend ging sie wieder zu ihm rüber und legte sich auf die andere Bettseite. In Gedanken dankte sie Petunia dafür, dass sie sich im Gegensatz zu ihr ein Doppelbett angeschafft hatte.

„Ist ja gut, ich bleibe hier. Schlaf jetzt“, murmelte sie ihm zu.

Sie hoffte nur, dass ihre Eltern nicht auf die Idee kommen würden, sie am nächsten Morgen wecken zu wollen. Vor allem ihr Vater könnte die Tatsache, dass sie und Severus in einem Bett schliefen leicht missverstehen.



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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Von:  jane-pride
2013-08-14T16:56:16+00:00 14.08.2013 18:56
Dann wünsche ich den beiden, dass ihr Vater nicht auf diese Idee kommen wird.
Ein sagenhaftes Kapitel! Die Idee mit dem Traum finde ich sehr gut, es hinterlässt viel Interpretationsfreiraum. Also, stiylistisch, wie immer, ganz gut gelungen. Auch die Länge der Kapitel sagen mir zu. Alles Wichtige ist immer vorhanden und ausführlich erklärt. Man kann der Geschichte angenehm folgen.

jane-pride
Von:  Omama63
2013-08-11T08:17:28+00:00 11.08.2013 10:17
Ein klasse Kapitel.
Da hat Severus bestimmt von Lilys Tot geträumt.
Ja ich denke auch, dass Lilys Vater da was falsch verstehen könnte, wenn sie bei Severus schläft. Hoffentlich entdeckt sie ihr Vater nicht bei Severus im Bett, denn sonst muss sich Severus bestimmt eine andere Bleibe suchen.
Bin schon gespannt, ob Lily rechtzeitig aufwacht.


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