Higurashi Kagome wusste nicht sicher, wann sie genau eingeschlafen war.
Die Angst, Kälte und Sorgen hatten sie kaum einschlafen lassen, zu allem Überfluss war sie noch an diesem verdammten Baum gefesselt und saß in einer relativ unbequemen Position. Die Japanerin hatte sich noch lange Gedanken darüber gemacht wie es ihren Freunden wohl nun gerade ging und hatte dabei gar nicht bemerkt das sie diesen Mann die ganze Zeit angesehen hatte.
Dieser Mann, in ihrer Zeit wäre er noch ein Junge und dürfte noch nicht einmal Alkohol trinken. Er würde, wie sie, zur Schule gehen und noch bei seinen Eltern wohnen. Sie hatte gar nicht bemerkt, wie lange sie Bankotsu angestarrt hatte.
Wenn er schlief, schien er weniger bedrohlich und erst jetzt bemerkte Kagome das er nicht sehr viel älter als sie sein konnte.
Sie fragte sich, ob es wirklich kein böser Traum war. Wie konnte denn ein Junge so viele Leben auf dem Gewissen haben und so schreckliche Sachen machen? Bankotsu musste irgendetwas schreckliches geschehen sein. Irgendetwas das ihn zu so einen Monster hatte werden lassen.
Sie wollte es nicht wahr haben, dass es so etwas gab. Das es Menschen wie Bankotsu gab, Menschen die Spaß daran hatten anderen Lebewesen Leid zuzufügen und sich an deren Leid ergötzten. Menschen, die solche schrecklichen Taten begehen könnten und die schon in seinem Alter so schrecklich sein könnten.
Higurashi Kagome hatte nun wirklich nicht besonders in Geschichte aufgepasst, vielleicht hätte sie unter anderen Umständen etwas über die Shichinintai erfahren können. Die Japanerin war sich nämlich sicher, dass wenn sie nicht so früh enthauptet worden wären, sie noch viel schlimmere Dinge begannen hätten.
Sie konnte gar nicht glauben, dass diese Männer wieder aus ihren Gräben auferstanden waren. Sie waren so menschlich und so lebendig. Man bemerkte wirklich nichts an ihnen, dass nach einem Zombie oder Gespenst aussah.
Als Bankotsu sich im Schlaf drehte, weiteten sich Kagomes Augen erschrocken und sie erkannte in seinem Hals die Atmosphäre eines Juwelensplitters.
Schwarz. Es war tief schwarz! Aber es war wohl auch seine einzige Schwäche und Kagome würde diese ausnutzen.
Ein unsanfter Tritt in die Seite riss Kagome aus ihrem Schlaf und in einer anderen Situation hätte sie sich bestimmt darüber beschwert. Stattdessen stöhnte sie nur schmerzerfüllt auf und sah anschließend ehrfürchtig zu den Mann, mit dem bunten Kimono auf.
„Wach gefälligst auf!“ sprach dieser grob und seufzte anschließend. „O-Aniki warum muss ich mich denn um das Weib kümmern? Können wir sie nicht einfach töten?“ beschwerte er sich und Kagomes Herz begann augenblicklich schneller zu schlagen.
Töten?! Er wollte sie töten? Warum?! Sie hatte ihm doch nichts getan. Außerdem hatten sie doch eine Vereinbarung! Sie würden sowohl Kagome, als auch ihre Freunde laufen lassen, wenn die junge Frau Kooperativ wäre.
Das hatte sie doch mit Bankotsu vereinbart, ihr stockte der Atem und Kagome rechnete damit, dass diese Männer sich nicht an ihre Vereinbarung hielten und ihr letztes Stündlein geschlagen hatte.
„Vergiss es Jakotsu-kun! Mach einfach was ich dir gesagt habe...“ murrte Bankotsu weniger beeindruckt zurück und klopfte sich die Erde von den Klamotten runter.
Dieser Mann, der anscheinend Jakotsu hies, seufzte angestrengt und beugte sich dann mit einem angewiederten Blick zu Kagome hinunter.
Ängstlich versuchte selbige auszuweichen, doch die Fesseln hinderten die Schwarzhaarige dabei.
„Denk noch nicht einmal daran abzuhauen Weib!“ kam es nun deutlich bedrohlicher von dem lächerlich wirkenden Mann und Kagome schluckte hart.
Sie spürte immer noch den Tritt in ihrer Seite und hoffte, dass es nur ein blauer Fleck war und nichts weiter. Es dauerte keine fünf Minuten, dann war sie nicht mehr an dem Baum gefesselt, was aber nichts an den Fesseln ihrer Handgelenke änderte.
Die Männer begannen sich untereinander über, für Kagome uninteressante, Themen zu unterhalten. Es ging hauptsächlich um irgendwelche Bettgeschichten, gewonnene Schlachten und Witze über den jeweils Anderen. Wie konnte man in so einer Gesellschaft nur gut gelaunt sein? Kagome wusste die Antwort wirklich nicht.
Eingeschüchtert richtete sie ihren Blick gen Boden und hoffte innig noch früh genug auf Sesshomaru zu treffen.
Kagome war sich nicht wirklich sicher ob Sesshomaru ihr denn nun helfen würde, aber sie hoffte es sehr. Immerhin ging es um das Leben seines jüngeren Bruders und so herzlos konnte man doch nicht sein?
Und der Weisshaarige war doch selbst hinter Naraku her, die Shichinintai hatten mit Sicherheit wichtige Informationen über seinen Aufenthaltsort. Da war Kagome sich sicher.
Sie lauschte den Gesprächen nur nebenbei und Naraku schien gerade gar nicht zu existieren, kein einziger nahm seinen Namen in den Mund. Kein einziger verlor auch nur ein Wort über den Hanyou.
Ein überwiegender Teil ihrer Bettgeschichten klang ziemlich erfunden und auch die Geschichten über ihre Schlachten klangen etwas merkwürdig, doch sagte Kagome nichts dazu. Ihr wurde bei dem Gerede einfach nur schlecht, denn diese Kerle schwärmten davon wie sie anderen Menschen die Köpfe abgeschnitten hatten und sich jede Frau die sie wollten, einfach genommen hatten.
Einige taten das zumindest, wie dieser kleinwüchsige Fettsack.
„O-Aniki wo gehen wir hin?“ erklang die deutlich ruhigere Stimme eines großen Mannes mit kahlem Kopf. Nun deutlich interessierter horchte Kagome auf, hoffentlich erwartete sie nicht, dass sie ihnen irgendeine Richtung vorschlug. Sie wusste immerhin nicht wo Sesshomaru war und sie wollte diese Kerle nicht zu Kouga bringen.
Was sollte Kouga schon alleine gegen die Shichinintai ausrichten können?
„Hm... Erstmal holen wir uns neuen Proviant und dann machen wir uns auf die Suche nach diesem Youkai.“ erwiderte Bankotsu und Kagome wurde augenblicklich schlecht.
Sie würden nämlich von ihr erwarten, ihnen zu erzählen wo Kouga gerade rum lief und das würde Kagome nicht übers Herz bringen. Sie wollte nicht zu Kouga, sondern zu Sesshomaru und der sollte sie aus dieser Situation raus bringen.
Was würden diese Männer denn mit ihr anstellen, wenn sie erst einmal heraus gefunden hatten, dass sie gar nicht vor hatte ihnen zu sagen wo Kouga war. Andererseits spielte sie gerade nicht nur mit ihrem Leben, sondern auch mit dem Leben ihrer Freunde und das konnte sie nicht so einfach riskieren.
Ihre Freunde verlassten sich auf sie, Inuyasha würde sie sicher nicht als Verräterin abstempeln und deshalb würde sie ihnen helfen. Schon alleine weil jeder von ihnen schon einmal ihr Leben gerettet hatte. Das war sie ihnen schuldig!