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Bestienhandbuch für Anfänger

Lektion 1: Wie erziehe ich meine Bestie
von

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andere Züchter

Kapitel 3.4.2 – andere Züchter
 

„Natürlich beherbergt Gimini Intercorbs eine Vielzahl

an unterschiedlichen Züchtern. Es ist ratsam sich auch

mit einem Züchter auszutauschen, der nicht an der

Zusammenstellung ihrer Bestie beteiligt war.

Diskutieren Sie gemeinsam die Eigenschaften ihrer Bestie.

Man weiß nie welche neuen Theorien man zusammen

entdeckt und welche Vorteile Sie daraus ziehen können.“
 

Mit schadenfrohem Lächeln steige ich aus dem Aufzug und freue mich schon darauf einem überraschten Liam zu begegnen. Doch leider kommt es nur selten so, wie man es sich denkt. Ich biege um die nächste Ecke und traue meinen Augen kaum. Mein Partner liegt faul vor der Tür des Professors und gähnt mir gelangweilt entgegen. Eins zu Null für den gerissenen Kater. Mist.

Dieses Mal öffnet uns ein Schlangenmann die Tür. Sein Kopf ähnelt der einer Kobra, Brustkorb und Arme werden von einem dicken braunen Fell verdeckt und die Beine erinnern mich an die eines Menschen. Die Füße sind dafür verhältnismäßig groß und haben krallenartige Auswüchse. Es fällt mir schwer neben der Kobra die anderen Tiere zu bestimmen. Außerdem dachte ich, dass die tierischen Gene nach Lebensraum und Größe gewählt werden sollten.

Diese Bestie sieht aber nicht mal ansatzweise danach aus. Was Sophie wohl von ihr hält?

Die schlitzförmigen Augen des Türöffners stechen mir entgegen und ich spüre pure Feindseligkeit. Eine Gänsehaut jagt über meinen Körper und fröstelnd ziehe ich meine Ärmel etwas weiter nach unten.

Liam bemerkt mein Zögern und drängt sich frech an der neuen Bestie vorbei. Mit einem Knurren macht er ihm deutlich, dass er sich zurück halten soll. Eilig folge ich meinem Beschützer, froh ihn mitgenommen zu haben.

Der Professor wartet bereits auf uns. Sofort heften sich seine Augen auf Liam. Mit einem genervten Schnauben lässt dieser sich auf der Couch nieder und würdigt dem Mann keines Blickes. Ich platziere mich ans andere Ende und schiebe den Dicken etwas zur Seite.

Mein heutiger Lehrer greift nach einem Diktiergerät und stellt es auf den Tisch. Abschätzend blicken wir uns an. Ich weiß, dass er mich nur duldet, weil ich seine Lieblingsbestie im Schlepptau habe. Ansonsten würde er mich wie eine lästige Kakerlake zerquetschen.

„Eins will ich gleich vorweg nehmen. Ich habe mich nur auf dieses Zusammentreffen eingelassen, weil mich General Blackthrone persönlich darum gebeten hat.“ Professor Gillian schnauft mir widerwillig entgegen. Seine Stirn zieht sich arrogant zusammen. Alles an seiner Körpersprache zeigt mir, wie wenig er von meiner Existenz hält. Ich glaube kaum, dass er mir irgendwelche Grundlagen der Wissenschaft beibringen wird.

„Nur weil es ihnen gelungen ist einigen wichtigen Personen Honig ums Maul zu schmieren, heißt das noch lange nicht, dass das bei mir auch wirkt“, näselt er besserwisserisch in meine Richtung.

Als ob ich das vor hätte. Der Typ nervt mich jetzt schon und ich will alles nur noch schnell hinter mich bringen. Ich kratze all meine Geduld zusammen und setzt mich aufrecht hin.

„Was werden sie mir beibringen?“, frage ich provokativ. Als ob ich mich so leicht einschüchtern lassen würde.

„General Blackthrone ist der Meinung, dass ich Ihnen nützliche Informationen zu XS-707-GP4 geben kann. Immerhin habe ich mich die letzten 30 Jahre mit seiner Existenz auseinander gesetzt und sämtliche Informationen gesammelt, die ich bekommen konnte.“ Scheinbar ist er sehr stolz auf seine Tat und erwartet jetzt wohl ein Lob oder einen erstaunten Ausdruck von mir. Doch ich sehe ihn nur abwartend an.

Ich muss schon zugeben, dass das sehr vielversprechend klingt. Vielleicht kann ich so noch mehr über meine mysteriöse Bestie herausfinden und Liam besser verstehen lernen. Scheinbar will der Professor wirklich kooperieren. Ich nehme an, dass er ebenfalls auf neue Erkenntnisse hofft.

Wir sehen uns eine Weile schweigend an. Jeder überlegt sich, was er preisgibt und was nicht. Ich werde jedenfalls den Fakt nicht erwähnen, dass Liam Angst vor Wasser hat. Diese Schwäche will ich ihm nicht bestätigen. Hoffentlich hat der General seinen Mund gehalten und ihm nicht von unserem ersten Training berichtet.

„Also, was wissen Sie bereits?“, fragt er übermäßig gelangweilt. Scheinbar erhofft sich dieser arrogante Mistkerl nicht sonderlich viel. Ich nehme mir aber vor ihm so viel wie möglich zu erzählen. Vielleicht komme ich meinem Rätsel um Liams gestaltwandlerischen Fähigkeiten etwas näher.

„Er kann sehr schnell rennen und besonders hoch springen. An seinen Klauen befindet sich ein tödliches Gift und er ist sehr schlau. Seine Sinne sind besonders scharf“, rassle ich schnell herunter.

„Das trifft so ziemlich auf alle unsere Bestien zu. Nennen Sie mir die speziellen Eigenschaften, die nur XS-707-GP4 besitzt.“ Der genervte Ton des Professors bringt mich noch zur Weißglut. Ich sehe ihm auffordernd in die Augen und versuche mir jedes bisher genannte Detail seiner Fähigkeiten ins Gedächtnis zu rufen.

„Liam kann mit Hilfe seiner Schweißdrüsen eine Art Metalllegierung auf seine Haut auftragen. Diese verhärtet sich und erschwert es seinen Gegnern ihn zu verletzten. Wenn er besonders wütend wird, verformen sie sich leicht zu stachelartigen Auswüchsen.“

Der Professor fällt mir sofort ins Wort. Er sieht mich hämischen an, als ob ich gerade eine besonders dumme Antwort gegeben hätte.

„Das sind keine Auswüchse, Frau Morel. Die Legierung legt sich nicht nur auf seine Haut, sondern auch auf sein Fell. Sobald XS-707-GP4 also sein Fell sträubt, stellen sich die mit Metall überzogenen Härchen auf und wirken wie Stachel, sind aber im Grunde keine.“

Liam schnaubt. Er ist wohl meiner Meinung und findet, dass der Professor mit seinem Wissen zu sehr angibt. Ich lass mich aber nicht beeindrucken und setzte meine Aufzählung fort.

„Er kann diese Legierung irgendwie wieder verflüssigen und in seinem Körper aufnehmen. Ich weiß auch, dass Liam von Professor Gillian, dem Ersten, erschaffen wurde. Er hat für diese seltsame Eigenschaft gesorgt. Sophie hat mir erklärt, dass Sie bis heute nicht wissen, wie er das geschafft hat.“ Jetzt werfe ich ihm einen triumphierend Blick zu. Blöder Angeber.

Mein Gegenüber sieht mich finster an und will wohl etwas fieses erwidern.

„Liam versteht die menschliche Sprache.“ füge ich noch schnell hinzu, um auf mein eigentliches Thema zu kommen und seinen bissigen Kommentar abzuwürgen.

Der Professor entspannt sich ein wenig und sieht meinen Begleiter prüfend an. „Das hat mir General Blackthrone auch schon berichtet.“

Ich rutsch etwas nach vorne und sehe Gillian an. Alles oder nichts.

„Glauben Sie, dass Liam sich in einen Menschen verwandeln kann?“

Irritiert sprinten die Augen meines Lehrers zwischen mir und Liam hin und her. Er überlegt wohl fieberhaft, wie er meine Frage interpretieren soll. War es dumm dieses Thema anzuschneiden? Immerhin kennt er die Experimente des ersten Gillian nicht.

„Wie meinen Sie das, Frau Morel?“

„Naja … ich ...“, stammle ich vor mich hin. Reiß dich zusammen Tam! „Ich habe die Vermutung, dass sich Liam vielleicht in einen Menschen verwandeln könnte. Er versteht meine Worte und hat auch sehr viele menschliche Züge an sich. Ist so eine Verwandlung anatomisch überhaupt möglich?“

Er überlegt. Sein wissenschaftliches Interesse scheint geweckt zu sein. Auch Liam richtet seine Ohren gespannt auf. Ob mein Partner diese Möglichkeit wohl eigenartig findet. Oder könnte es sogar sein, dass er sich gerne verwandeln möchte?

Professor Gillian springt auf und läuft, wie ihm Wahn durch den Raum. „Damit sich eine Bestie verwandeln kann, müsste sie, theoretisch gesehen, dazu in er Lage sein, ihre Knochen zu brechen und anders wieder zusammen zu fügen. Sie müsste ihre Haut dehnen können, das Fell zurückentwickeln, und den Kopf, sowie die Gliedmaßen verformen. Das alles ist aus der wissenschaftlichen Sicht gesehen einfach unmöglich. Es müsste auf unserem Planeten bereits ein Tier geben, dass ähnliche Eigenschaften besitzt. Kamelions können sich an ihre Natur anpassen, in dem sie die Hautpigmente an ihre Umgebung angleichen. Diese Eigenschaft konnten wir auch schon auf unsere Bestien übertragen. Aber eine komplette körperliche Umstrukturierung ist schlichtweg unmöglich.“

Atemlos bleibt der Professor vor Liam stehen und sieht auf ihn herab.

„Andererseits hielten wir es auch für unmöglich, dass eine Bestie älter als zwanzig Jahre wird. Oder dass es Bestien gibt, die eine Metalllegierung erzeugen können.“

Plötzlich tritt Schweigen ein. Wenn ich die letzten Worte des Professors als richtig verstehe, dann hält er es nicht ganz für unmöglich. Wir betrachten beide den Kater. Liam sieht mir tief in die Augen und irgendetwas sagt mir, dass er so manche Geheimnisse mit Absicht für sich behält.

Da kommt mir ein Gedanke. „Kennen sie den ersten Master von Liam? Vielleicht wusste er ja, wie er zusammengesetzt ist.“

„Magdalena Ashtray starb damals während des Trainings von XS-707-GP4. Ihre Aufzeichnungen wurden ebenfalls zerstört.“

Stimmt. General Blackthrone hatte einmal erwähnt, dass Liam seinen Master getötet habe. Wenn er sich doch nur wirklich verwandeln könnte, dann wäre ich in der Lage ihm viele Fragen zu stellen und einige Rätsel endlich zu lüften.

„Hatte sie Verwandte mit denen sie über Liam hätte reden können?“ Wer weiß, vielleicht wissen ihre Nachfahren ja mehr.

„Ja. Die Familie Ashtray arbeitet immer noch mit Gimini Intercorbs zusammen und bildet die besten Master aus, die man sich nur wünschen kann.“

„Warum befragen sie die Familie dann nicht?“, hake ich nach.

„Das habe ich bereits.“ Das Gesicht des Professors verzieht sich zu einem abstrakten Lächeln. „Leider sieht die Familie Ashtray auf uns Züchter herab und gibt keinerlei Informationen preis. Vor allem das derzeitige Familienoberhaupt Silvana Ashtray hält sich sehr bedeckt, wenn es um XS-707-GP4 geht.“

Wie die Ashtrays es wohl aufnehmen, dass Liam mich als seine Herrin erwählt hat? Ich blicke auf die Uhr an der Wand und stelle fest, dass die Zeit schon wieder davon gerast ist. Die Stunde ist wie im Flug vergangen und außer dem Namen von Liams erstem Master, habe ich nichts neues in Erfahrung gebracht.

Ich erhebe mich von der Couch und Liam kommt auch sofort in Bewegung. Die Schlangenbestie erscheint, wie auf Knopfdruck bestellt, an der Tür des Nachbarzimmers und sieht mich herausfordernd an. Was ist ihr Problem? Rieche ich komisch?

„Gut. Ich werde noch einige Nachforschungen anstellen. Wir sehen uns dann das nächstes Mal.“ Professor Gillian wedelt mit der Hand und widmet sich den Unterlagen, die sich auf seinem Tisch befinden. Mit einem Seufzen drehe ich mich um und trete durch die Tür.

Liam trottet gemütlich hinter mir her und peitscht mit seinem Schwaz kurz über meinen Hintern. Überrascht quieke ich auf und werfe ihm einen vernichtenden Blick zu. Was sollte das denn?

Schnell schiele ich über die Schulter und hoffe, dass der Professor nichts davon mitbekommen hat. Doch wie zu erwarten war, hat er es sehr wohl gesehen. Seine Augen blicken mich verwundert an und ich zucke stumm mit den Schultern. Schnell schließe ich die Tür.

Endlich bin ich wieder draußen. Die stickige Luft in dem Büro raubt mir, neben der Anwesenheit des Professors den letzten Nerv.

Ich lasse mir während des Abstieges sehr viel Zeit. Wie Magdalena wohl war? Warum hatte Liam sie getötet? Ich kann mir das gar nicht vorstellen. Auch wenn er ab und zu eine sehr ruppige Art hat und am Anfang unserer Bekanntschaft oftmals sehr gereizt reagierte, besitzt er doch ein recht sanftmütiges Wesen.

Wenn er wütend ist, dann brüllt er laut herum und lässt seine Wut an den Möbeln und Wänden aus. Er hat mich aber noch nie persönlich angegriffen, um mich zu verletzen. Was ihn wohl zu so einem Mord angetrieben hat?
 

„Frau Morel!“ Ich zucke zusammen und werde eiskalt aus meinen Gedanken gezerrt. Verwundert drehe ich mich um und blicke den freundlichen Augen von Kati entgegen.

„Oh. Hallo.“ Wir begrüßen uns mit einem Handschlag. Ihre Freundlichkeit wärmt gleich mein Herz und ich spüre, dass ich soeben eine zweite Freundin gefunden habe. Vergessen sind die Startschwierigkeiten. Ich meine, sie hat ja nur ihren Job gemacht, als sie mir das erste Mal begegnet ist und mich für eine Gefahr gehalten hat. Seit dem hat sich ihre Haltung immens geändert und vermittelt wärme und Zuneigung.

„Wie geht es Ihnen?“, fragt sie mich charmant. Ihre Augen strahlen mich an und vermitteln mir, dass sie sich gerne mehr mit mir unterhalten möchte.

„Mir geht es gut. Danke.“

„Waren Sie gerade bei Professor Gillian?“, fragt sie mich mit einem wissenden grinsen.

Scheinbar spürt sie meinen Frust, der auf den Professor zurückzuführen ist. Er hat wohl keinen so guten Ruf.

Ich nicke. „Und was hat Sie hier her verschlagen?“

„Ich habe mein heutiges Training mit ZP-984 beendet“, antwortet sie mir und sieht sich dabei unauffällig um.

„Achso.“ Wir schweigen uns eine Weile an und ich mustere die dicke 23, die mir vor Augen führt, dass ich bereits in der 23. Etage angelangt bin. Ich war so tief in Gedanken versunken, dass ich das gar nicht mitbekommen habe.

„Da gibt es etwas, was ich gerne mit Ihnen besprechen möchte“, flüstert mir Kati entgegen. Verwirrt runzle ich die Stirn und lasse mich zum Aufzug führen. Liam sieht mir nach und scheint ebenfalls die Stirn in Falten zu legen.

Was hat Kati vor?


Nachwort zu diesem Kapitel:
Überarbeitet am: 08.09.14, 12.07.15, 17.02.18 Komplett anzeigen

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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Von:  Thuja
2013-09-13T08:12:00+00:00 13.09.2013 10:12
*die Hände in die Hüfte stemme*
Hat Liam ihr doch glatt einen Klaps auf den Hintern gegeben. So ein Schelm aber auch. ^_^
Solange er noch ein Tier ist, ist das ja ganz süß. Sollte er aber ein Mensch werden (und ich denke, das wird passieren. Sonst würdest du das Thema nicht so aufgreifen), dann wird das glaub ich problematisch

Ich bin auf jeden Fall mal wieder übermäßig begeistert. Man fängt an zu lesen und kann nicht mehr aufhören. Die Geschichte zieht einem in den Bann

Nur eine Frage: Wieso wusste sie eigentlich auf einmal den Vornamen von Liams ehemaliger Herrin. Der Vorame ist doch noch nie gefallen. Oder

Antwort von:  NaBi07
14.09.2013 18:50
hihi, schön dass du dich dem nächsten kapi gewidmet hast. Öhm. Zu deiner Frage. Ich kann mich selbst nicht mehr genau erinnern, ob Tamara den Namen schon vorher mal gehört hat ... Ich werde dieses Detail noch mal überprüfen danke.
Von:  hanabi_2001
2013-06-05T18:39:42+00:00 05.06.2013 20:39
Ich frage mich auch ob Liam sich verwandeln kann und wie würde er aussehen? ein DICKES LOB für dieses Kapi. (nur leider zu schnell zu Ende)Vielleicht sollte ich langsamer lesen doch das ist nicht möglich bei deiner faszinierenden Art zu schreiben. By By bis dem nächst!!!!
Antwort von:  NaBi07
10.06.2013 21:55
Und für dich ein Dickes Dankeschön, weil du wirklich eine meiner treuen Leser und Kommischreiber bist!! Danke.


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