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Merlin

Das Schicksal von Camelot
von

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Was soll ich tun?

Kapitel 11 - Was soll ich tun?

 

 

 

Die junge Frau wurde ins Verließ gebracht. Nach ihrem Angriff auf Gwen wurden Leon, Gwaine, Percival und Elyan in den Ratssaal beordert und Gaius und Merlin wurden ebenfalls informiert, dass sie sich dorthin begeben sollten. Allerdings konnte keiner der Wachen ihnen sagen, was geschehen war.

Sie eilten beide in die Ratskammer, um der anstehenden Besprechung beizuwohnen.

Bevor Arthur den Rat zusammenkommen ließ, um über die Strafe der jungen Frau zu entscheiden, wollte er die Situation mit seinen Vertrauten besprechen.

 

Niemand anderes wusste, was genau geschehen war. Im Schloss hatte es sich allerdings bereits wie ein Lauffeuer verbreitet, dass etwas in den Gemächern des Königspaares vorgefallen war und jemand in das Verließ gebracht wurde. Genaueres war unbekannt. Deswegen wollte der König von seinen Vertrauten wissen, wie er damit umgehen sollte. Er selbst war völlig durcheinander.

Natürlich wusste er, dass es für den Angriff auf die Königin nur eine Strafe geben konnte. Doch etwas hinderte ihn daran. Er wusste nicht was es war, aber tief in seinem Inneren herrschte eine Unruhe, die sich über seine Aufgebrachtheit, welche er über diese abscheuliche Tat empfunden hatte, gelegt hatte.

In Guineveres und seinen Gemächern wühlten ihn ihm der Zorn und die Wut auf diese junge Frau, welche es gewagt hatte, seine Ehefrau anzugreifen. Doch warum wollte sie gerade die Königin angreifen? Weil sie schwächer und leichter zu überwältigen war als er selbst? Er war ebenfalls alleine gewesen. Und er zweifelte nicht daran, dass, wenn sie es wirklich gewollt hätte, sich die junge Frau einen Weg zu ihm hätte bahnen können. Allerdings… so schnell, wie Arthur sie hatte überwältigen können, da glaubte er nicht, dass sie ihn hätte töten können. Er war ein ausgebildeter Ritter und er hätte sie mit Sicherheit lange vor ihrem Angriff bemerkt. So war also Gwen das leichtere Opfer. Und wenn ihr etwas geschehen wäre, dann hätte dies auch Arthur unweigerlich getötet…

Als er dann auch noch das Zeichen auf ihrem Handgelenk sah, da wichen die Gefühle aus ihm und hinterließen eine seltsame Leere.

Arthur erkannte dieses Zeichen. Er hatte es noch nicht oft in seinem Leben gesehen, aber die wenigen Male, welche er es vor Augen hatten, genügten, um sich sicher zu sein.

Es war ein Symbol der Druiden. Diese Frau war eine Druidin.

Arthur konnte nicht mehr. Er wollte sie nicht mehr sehen und ließ die Angreiferin ins Verließ bringen.

Sein Inneres war leer. Er nahm Gwen in die Arme und führte sie in den Ratssaal. Auf den Weg dahin befahl er einigen Wachen, dass diese die Ritter Leon, Gwaine, Elyan und Percival sowie Gaius und Merlin in den Ratsaal schicken sollten.

Den ganzen Weg über hielt Arthur seine Frau im Arm. Ansonsten war er stumm. Sein Kopf schien mit einem Mal völlig leer zu sein.

Im Ratssaal angekommen ließ sich die Königin auf ihren Stuhl nieder, welcher sich am Ende des eher länglichen Raumes befand, direkt neben dem ihres Mannes. Arthur hingegen strich ihr einmal sanft über den Handrücken, bevor er sich abwandte und zu einem der Fenster ging. Mit verschränkten Armen stand er da und starrte aus dem Fenster. Langsam begann er, über das Geschehen nachzudenken.

 

Eine Druiden war ins Schloss eingedrungen und hatte die Königin in Tötungsabsicht angegriffen. Arthur kam gerade rechtzeitig und konnte seine Frau retten und die Angreiferin überwältigen. Sie wurde ins Verließ gebracht und wartete dort nun auf ihre Strafe.

Der Fall schien klar, doch irgendetwas kam Arthur daran merkwürdig vor.

 

„Bestätigt sich Eure Meinung, Mylord?“

 

Unwillkürlich drängten sich ihre Worte in seine Gedanken.

Was sollten sie bedeuten? Seine Meinung worüber? Über die Menschen, welche über Magie verfügten? Es hatte sich wieder gezeigt, dass eine Druidin einem Menschen Schaden zufügen wollte und dann auch noch dem Königshaus. Schon oft hatte der König miterlebt, wie die Magie nur Unheil anrichtete und Menschen leiden ließ.

Andererseits… wenn Arthur an all die Dinge dachte, die sein Vater magisch begabten Menschen antat, dann konnte er verstehen, wieso man Uther und seine Familie tot sehen wollte. Ihm selbst wäre es wahrscheinlich nicht anders ergangen.

Wenn es der jungen Frau wirklich gelungen wäre, Gwen zu töten, dann hätte sich Arthur garantiert nicht zurückhalten können, sie auf der Stelle umzubringen.

Warum aber dann diese Worte? Wenn sie wütend oder zornig darüber gewesen wäre, dass sie die Königin nicht hatte töten können, dann hätte sie mit Sicherheit etwas anderes gesagt.

Es schien, als wollte sie ihn darauf aufmerksam machen, dass sie eine Druidin war.

Es schien, als wollte sie, dass „sich seine Meinung bestätigte“, wie die junge Frau es ausdrückte.

So wie es aussah, wollte sie, dass er der Magie die Schuld gab. Doch wieso? Worin bestand der Sinn, seine eigene Art so zu hintergehen und zum Ziel des Königs von Camelot zu machen? Seinen Hass auf die Magie zu schüren?

Arthur wusste keine Antwort darauf.

 

 

Arthur stand an einem Fenster und starrte weiter mit verschränkten Armen nach draußen. Gwen saß auf einem thronartigen Stuhl, Elyan an ihrer Seite, welcher sich immer wieder besorgt nach ihrem Wohlergehen erkundigte. Die Ritter waren zwischenzeitlich eingetroffen. Gwaine, Leon und Percival diskutierten bereits leise miteinander. Sie hatten die Wachen im Schloss bereits Bescheid gegeben und die Sicherheit verdoppeln lassen. Solch ein Zwischenfall hätte niemals stattfinden dürfen.

 

Die Tür wurde geöffnet und Gaius und Merlin traten herein. Kurz ließen sie ihre Blicke durch den Thronsaal schweifen, über die Anwesenden, den König am Fenster und Gwen, welche leicht blass auf ihrem Thron saß.

„Was ist passiert?“, wollte Merlin sofort in seiner ungestümen Art wissen und wandte sich direkt an die Königin.

Leise seufzte Elyan, bevor er von den Vorkommnissen berichtete, weswegen sie sich alle versammelt hatten. Arthur, auf den Merlin ab und an ein Auge warf, verspannte sich zusehends.

Mit besorgten Mienen traten sowohl Gaius und Merlin dicht an Gwen heran.

„Geht es dir gut?“, fragte Merlin sofort, ohne jemand anderes zu Wort kommen lassen zu können. Wieder zeigte sich, dass der königliche Stand von Gwen für ihre Freundschaft keinen Unterschied auftat. Er sprach sie noch immer so an wie früher und behandelte sie auch so. Abgesehen von den Momenten, um den König zu necken. Darüber war die junge Königin auch mehr als froh.

Gwen nickte und beteuerte abermals, dass es ihr gut ging. Doch sofort stieg ihre Sorge um Merlin wieder. Er war ebenfalls blass und sah so müde aus.

„Ist denn mit dir alles in Ordnung, Merlin?“, stellte Gwen einen Gegenfrage und sah ihren besten Freund besorgt an. „Du siehst erschöpft aus.“ Sie war sich sicher, dass er sich keinen Augenblick lang ausgeruht hatte, seit sie wieder im Schloss waren. Arthur hatte Gaius und Merlin geschickt, damit sie sich um die Verletzten kümmerten. Und solange nicht allen Menschen geholfen war, würde sich Merlin auch nicht zur Ruhe begeben. Und genau das bereitete der Königin Kummer. Vielleicht sogar mehr als normalerweise. Schließlich gab sie sich noch immer die Schuld an Merlins Verletzung…

 

Kurz war Merlin verwundert, doch er schaffte es, ein kleines Lächeln aufzusetzen. „Keine Sorge, Gwen. Ich bin härter im Nehmen, als ich aussehe“, sagte er und klopfte leicht auf seine Verletzung. Vielleicht etwas zu fest, denn es breitete sich doch ein leichter brennender Schmerz in seinem Körper aus. Zu seinem Glück bemerkte dies allerdings keiner.

Gwen und auch die Ritter sahen nicht wirklich überzeugt aus, doch in diesem Moment drehte sich Arthur zu ihnen und hinderte so jede weitere Frage.

Er schritt zu seinem Stuhl und ließ sich darauf nieder. Seine Hände verkrampften sich an den Stuhllehnen. Er schloss die Augen und atmete tief ein. Leicht beugte er sich vor, als sich seine Ellbogen auf die Stuhllehnen legten und er seinen Kopf auf seine verschränkten Hände abstützte.

Gespannt blickten die Anwesenden zu ihrem König.

Seine blauen Augen öffneten sich wieder und fixierten den Boden vor seinem Stuhl. Für wenige Augenblicke saß der König einfach nur so da und wurde von seinen Freunden und Vertrautesten gemustert, bevor er sich besann und sich aufrichtete und vernünftig auf seinem Stuhl Platz nahm.

Gespannt wurde der Blonde von den Anwesenden gemustert. Arthurs Gesicht war ausdruckslos und doch entging keinem von ihnen die Anspannung, welche den König befallen hatte. Ebenso die Unsicherheit.

Keiner von ihnen bedrängte Arthur. Sie alle spürten seine Aufwühlung und wollten ihm daher die Zeit geben, die er brauchte.

 

Arthur holte tief Luft und erzählte den Anwesenden von den Vorkommnissen in Gwens uns seinen Gemächern. Jeder warf der Königin sorgenvolle Blicke zu, welche sie mit einem leichten Lächeln abtat. Der König berichtete alles mit einer tonlosen Stimme, doch die unterdrückte Wut war deutlich an seinen geballten Fäusten zu erkennen.

Zuletzt berichtete er von seinen Überlegungen und seinen Gedanken bezüglich ihrer Worte.

 

 

 

Als er geendet hatte holte Arthur abermals tief Luft und schloss die Augen. Es war schwierig, das alles noch einmal zu durchleben und seine Gedanken so zu ordnen, dass seine Freunde ihn auch verstanden.

 

Die Ritter begriffen natürlich, was ihr König ihnen sagen wollte, doch in ihren Augen stand die Tat der jungen Frau im Vordergrund. Sie waren Ritter von Camelot, die hochrangigsten und vertrautesten des Königs. Ihnen allen lag das Wohl des Königspaares und von Camelot am Herzen und sie würden jeden bestrafen, der es wagte, sie zu bedrohen.

Allen voran Elyan wollte etwas gegen Angreiferin unternehmen, hatte diese es gewagt, seine Schwester anzugreifen, das letzte Stück Familie, welches ihm geblieben war. Die letzte blutsverwandte Person. Denn auch die Anwesenden wurden ihm mit der Zeit so wichtig wie eine Familie…

 

„Ich verstehe durchaus, was Ihr uns sagen wollt, Mylord“, begann Sir Leon zu sprechen, da er immer noch der Ranghöchste der Ritter war und somit seine Meinung vor Arthur am besten auf die angemessene Art verdeutlichen konnte.

„Doch diese Frau hat eine schwere Straftat begannen, eine der Schlimmsten, die man sich vorstellen kann. Sie hat versucht, die Königin zu töten.“

Bei seinen Worten verkrampfte sich Arthur abermals und ballte die Hände zu Fäusten. Elyan nahm die Hand seiner Schwester wieder in seine und drückte sie fest.

„Ich denke daher, dass auch die Strafe für diese Frau hoch ausfallen sollte.“

Die restlichen Ritter murmelten Zustimmungen und nickten, die Worte von Leon bestätigend. Gaius sah seinen König aufmerksam an und seine Augenbrauen zogen sich zusammen. Er wusste selbst, wie schwer das Verbrechen dieser Frau war, doch er verstand auch die Ausführungen von Arthur. Und auch dem Hofarzt kamen die Worte, welche die Angreiferin benutzte, seltsam vor. Doch wie sollte er das Arthur klar machen? Vor allem, hier vor den Anwesenden?

 

 

Während die Ritter untereinander flüsterten, Elyan leise mit seiner Schwester sprach und Gaius in Überlegungen versunken war, traf der Blick von Arthur auf den von Merlin, welcher ungewohnt ernst aussah und bislang still geblieben war. Und es überraschte Arthur. Sonst hatte Merlin zu allem eine Meinung und teilte sie auch mit, ob jemand sie hören wollte oder nicht.

Nun allerdings stand er mit hinter dem Rücken verschränkten Armen da und wirkte seltsam angespannt.

Er nickte seinem König leicht zu und schloss kurz die Augen. Und Arthur hatte Merlin bereits zu viele Jahre an seiner Seite, als dass er nicht verstehen würde, was sein Diener ihm damit sagen wollte.

 

„Gwen?“ Zum ersten Mal, seit er sie in die Arme schloss, kur nachdem sie angegriffen wurde, sprach er sie wieder direkt an. Es tat weh, die folgenden Worte auszusprechen, doch es war das Beste. Denn in dieser Nach würde Arthur wohl nur schwer zur Ruhe kommen.

Es kam manchmal vor, dass Arthur bis in die späten Stunden über Pergamente, Briefe oder Karten brütete und nicht zur Ruhe kam. Und da er nicht wollte, dass er seine Frau um ihren Schlaf brachte, hatte er beschlossen, ein Gemach neben ihrem gemeinsamen Zimmer einzurichten, in welches sie gehen konnte, um zu schlafen. Glücklicherweise hatte sie sich nur zweimal bisher zurückgezogen, da er wirklich lange wach blieb, doch an diesem Abend war es ihm wichtig, dass er nachdenken konnte. Und Gwen sollte seine Unsicherheit nicht sehen. Auch, wenn er wusste, dass es ihr nichts ausmachen würde und sie ihn mit allem, was sie hatte unterstützen würde.

„Würdest du dich heute Nacht in deine Gemächer begeben? Ich glaube nicht, dass ich heute besonders viel und gut schlafen werde.“

Kurz sah er die Enttäuschung in ihren Augen aufblitzen und schon wollte er seine Worte wieder zurücknehmen, als sie verständnisvoll nickte.

„Das werde ich tun“, sagte sie und lächelte ihn leicht an. Dann wandte sie ihren Blick Merlin zu. „Kann ich mich darauf verlassen, dass du dafür sorgst, dass er sich zur Ruhe begeben wird?“

Merlin lächelte leicht und nickte. „Du kennst mich doch.“

Sie wusste, dass Arthur noch mit Merlin über diese Angelegenheit reden wollte. Natürlich. Eigentlich hätte es jedem in diesem Raum klar sein müssen. Vielleicht war es das auch.

Egal, wie lange sie noch darüber diskutiert hätten und wie viele Meinungen es gegeben hätte, am Ende würde sich Arthur mit Merlin zurückziehen und sich in Ruhe seine Meinung anhören. Und sie alle wussten, dass er dann mit hoher Wahrscheinlichkeit auf Merlins Rat hin handeln würde.

Merlin war, abgesehen von Leon, am längsten an der Seite von Arthur. Und das zu jeder Tages- und manchmal auch Nachtzeit. Merlin war meist der Erste, den der König am Tag sah und der Letzte, wenn Arthur sich zur Ruhe begab. Abgesehen von Gwen war Merlin am Meisten bei Arthur. Und das schon seit vielen Jahren. Es war nur verständlich, dass Arthur Merlin am meisten vertraute.

 

Der König erhob sich von seinem Stuhl. „Sir Elyan. Ihr begleitet die Königin in ihre Gemächer und gebt auf sie Acht. Sir Leon, Sir Percival, Sir Gwaine. Ihr patrouilliert vor den Gemächern und in den Gängen. Niemand soll eindringen können.“

Die Angesprochenen nickten die Ritter. Für viele wäre es eine Übertreibung gewesen, dass ganze vier Ritter in der Nacht auf die Königin Acht geben sollte, doch nach diesem Vorfall wollte keiner von ihnen ein Risiko eingehen. Und eines war für sie alle klar. Würde der Königin etwas geschehen, dann würden Camelot auch seinen König verlieren…

 

Arthur wandte sich an Gaius. „Ich danke Euch, dass ihr zu so später Stunde noch zu mir gekommen seid, Gaius“, sagte er und in seiner Stimme konnte man die Dankbarkeit heraushören. „Nun geht und genießt Eure verdiente Ruhe.“

Der alte Hofarzt verneigte sich leicht vor seinem König. „Ihr wisst, sollte es ein Problem geben oder Ihr braucht einen Rat, dann könnt Ihr mich jederzeit rufen lassen, Mylord.“

Arthur nickte nochmals.

„Ihr könnt gehen.“

Er wandte sich seiner Frau zu und gab ihr einen sanften Kuss auf die Lippen, welche sie gerne erwiderte. Er wünschte ihr leise eine gute Nacht und drehte sich um, ging in Richtung Tür. Merlin nickte Gaius einmal zu, bevor er seinem Herrn folgte.

 

 

 

 

Stillschweigend gingen Merlin und Arthur die Gänge des Schlosses entlang, ab und an auf eine Wache treffend. Die Sicherheitsvorkehrungen wurden sofort erhöht, als die Ritter kurz nach dem Angriff den Befehl dazu gaben. Die Wachen verbeugten sich leicht vor ihrem König und nickten Merlin zu, bevor sie ihre Rundgänge wieder aufnahmen.

 

An den königlichen Gemächern angekommen, ließ sich Arthur auf einen Stuhl sinken und lehnte sich zurück. Er sah erschöpft und müde aus. Merlin ging zum Tisch und goss seinem Herrn etwas Wasser in den Kelch, welcher darauf stand. Arthur setzte den Kelch an seine Lippen und leerte ihn mit wenigen Schlucken. Beinahe geräuschlos stellte er ihn wieder auf den Tisch ab.

Noch immer schwiegen sie.

Nach mehreren Augenblicken beschloss Merlin ein Feuer anzuzünden, bevor er das Bett seines Herrn herrichtete. Den ganzen Tag hatte er sich mit Gaius um die Verwundeten gekümmert und durch seine eigene Verletzung, welche bereits gut verheilt war, konnte er sich nicht um die Gemächer des Königspaares kümmern. Und dementsprechend sah es auch aus.

 

Merlin wollte seinen Herrn nicht zum Reden zwingen. Wenn Arthur etwas zu sagen hatte und sich ihm mitteilen wollte, dann sollte er dies von sich aus tun und nicht, weil er von seinem Diener bedrängt wurde. Auch wenn es Merlin mehr als schwer fiel. Er spürte geradezu die innerliche Zerrissenheit seines besten Freundes und wollte ihm helfen. Wenn er auch noch nicht ganz genau wusste, wie er das anstellen sollte…

 

 

„All die Jahre…“, begann Arthur leise zu sprechen und Merlin unterbrach seine Tätigkeit, um den König anzusehen. Dieser hatte seinen Blick allerdings auf die Tischplatte vor ihm gesenkt, doch er sah sie nicht an. Sein Blick ging ins Leere.

„All die Jahre dachte ich, dass Zauberei etwas Böses ist. Mein Vater lehrte mich, die Menschen, welche Magie einsetzen, zu hassen und sie zu töten. Seiner Meinung nach waren sie böse. Alle. Oft habe ich auf seinen Befehl hin Menschen getötet, weil sie zaubern konnten oder auch nur der Verdacht bestand, dass sie magische Fähigkeiten besaßen.“

Leise seufzte der König und stand auf. Er begab sich zu seinem Bett und ließ sich langsam darauf nieder. Die Arme lagen auf seinen Beinen und er hatte sich weit vornüber gebeugt. Sein Blick galt dem Boden. Merlin beobachtete ihn genau.

„In der Zeit, in der ich nun schon König bin, habe ich mir Mühe gegeben, mir selber ein Bild über die Magie zu machen. Ich habe versucht, sie von allen Seiten zu betrachten und nicht nur daran zu denken, was mein Vater mir über sie erzählt hatte.“

 

Arthur dachte an Situationen, in denen Magie ihm geholfen hat.

Damals, als sie in das Heimatdorf von Merlin geritten waren, Ealdor, um die Menschen dort vor Banditen zu beschützen und Will, der beste Freund Merlins Magie einsetzte, um ihnen zu helfen.

Dieses Licht, welches ihn damals aus der Höhle rettete, in welche die Hexe Nimueh ihn zum Sterben zurückließ. Er hatte keinen Zweifel daran, dass es einen magischen Ursprung besaß.

Und das Gespräch damals mit Gaius, in welchem er ihm nahe gelegt hatte, dass Magie nicht böse war. Sie konnte nicht böse sein. Die Menschen welche sie einsetzten allerdings schon. Und es lag immer an denen, die Magie für ihre eigenen, selbstsüchtigen Zwecke einsetzten und damit die Menschen in ihrer Umgebung verletzten.

 

Arthur hatte nur wenige Situationen erlebt, in denen Magie hilfreich gewesen war, doch es gab sie. Und vielleicht würde es mehr solche Moment geben, wenn er der Magie die Chance dazu gab. Also hatte er beschlossen, keine Jagd mehr auf Menschen zu machen, welche über Magie verfügten, ob sie es wirklich konnten oder nicht. Denn oft genug hatte Arthur gesehen, wie sein Vater auch unschuldige Menschen töten ließ, auf den einfachen Verdacht hin, dass eine Person zaubern konnte. Oft sah er die Angst der Menschen, dass der damalige König sie verdächtigen könnte, dass sie zaubern konnten. Und er hatte auch gesehen, wie viele Feinde sich Uther damit machte. Und so sollte es nicht sein. So musste es nicht sein. Arthur wollte nicht die gleichen Fehler wie sein Vater machen. Doch natürlich konnte er nicht anders, als auch an die Male zu denken, bei welchen die Magie nur Unheil anrichtete…

 

Diese Frau allerdings, die Frau, welche seine Königin töten wollte… vor allem, die Person, an wen sie ihn erinnerte, brachte ihn völlig aus dem Konzept.

Morgana…

Wenn Arthur daran dachte, wie sie früher einmal war und was aus ihr geworden war… was die Magie aus ihr gemacht hatte…

Wenn er sah, dass die Magie ihm seine Schwester genommen hatte,… eine Frau, welche früher so liebevoll und freundlich war und nun vom Hass verzehrt wurde… wie konnte Arthur die Magie dann tolerieren?

 

„So vielen Leuten haben bereits versucht, Camelot mit ihrer Magie zu schaden“, führte er seine Gedanken weiter und Merlin wurde immer unwohler.

„Ich habe gesehen, dass Magie den Menschen auch helfen kann“, gab der König zu, doch in seiner Stimme konnte Merlin deutlich die Unsicherheit und die Skepsis heraushören. Und er konnte es ihm nicht verübeln. Oft genug musste sich der junge Zauberer seinesgleichen stellen, um Arthur und Camelot zu schützen.

 

Es herrschte eine zeitlang Stille zwischen Beiden, bevor Arthur abermals seufzte und seinem Diener eine Frage stellte. Er blickte nicht auf.

„Was denkst du darüber, Merlin?“, wollte Arthur wissen. „Was würdest du an meiner Stelle tun?“

 

Merlin dachte über die Worte seines Freundes nach. Über das, war Arthur bis jetzt gesagt hatte. Und er war sich nicht sicher, wie er darauf antworten sollte.

„Seid Ihr sicher, dass Ihr in dieser Angelegenheit meinen Rat hören wollt?“, fragte er unsicher und der Frage ausweichend.

Arthur hob seinen Kopf, sah seinen Diener mit durchdringenden blauen Augen an. Sein Blick war undurchschaubar, seine Mimik verschlossen. Es fiel Merlin schwer, zu erahnen, was sein Herr dachte und wie er sich fühlte.

„Du bist eine der wenigen Personen, deren Meinung mich wirklich interessiert, Merlin“, gab Arthur völlig offen zu und schien es auch vollkommen ernst zu meinen.

„Ich schätze deine Meinung sehr und würde gerne wissen, was du dazu sagst.“

 

Zu behaupten, Merlin wäre erstaunt, dann war dies eine gewaltige Untertreibung.

Merlin dachte daran, dass Arthur selten so offen ihm gegenüber war. Meistens war dies der Fall, wenn der König nicht weiterwusste und einen Rat brauchte. So wie in diesem Moment. Doch nie, wirklich noch nie, hatte Arthur zugegeben, dass er seine Meinung hören wollte, dass er auf das Wort seines Dieners vertraute und darauf hörte, dass er wissen wollte, was er über etwas dachte.

Und Merlin dachte daran, was er antworten sollte. Seine nächsten Worte könnten über die Zukunft von Camelot und ganz Albion entscheiden. Eine falsche Äußerung und es wäre vorbei.

Er wählte seine Worte mit Bedacht.

 

„Es gibt Dinge, die durch die Magie zerstört wurden, dass ist wahr“, begann Merlin. Seine Stimme war fest und sicher, doch in seinem Inneren wühlten Unsicherheit und Angst. Angst, gerade in dieser mehr als wichtigen Situation, welche die gesamte Zukunft beinhalten könnte, zu versagen.

„Doch wie Ihr bereits sagtet, es gibt Situationen, welche nur durch die Magie gerettet werden konnten.

Die Magie ist nichts, was hilft. Ebenso wenig, wie sie Leid zufügt. All das tun die Menschen, welche sich der Magie bedienen. Sie können die Zauberei für Gute Dinge einsetzen… oder um Menschen wehzutun.“

Zum Ende hin wurde Merlin immer leiser. Es tat ihm weh, immer wieder zu sehen, wie Menschen ihre Macht benutzten, um sich Vorteile oder noch mehr Macht zu verschaffen. Er verstand es nicht und das würde er wohl auch nie.

„Nicht nur in der Magie ist es so“, fuhr Merlin fort. Er hatte sich an ein Fenster begeben und lehnte sich daran, sein Blick galt allerdings dem Boden. Er wagte es nicht, seinem Herrn in die Augen zu sehen, obwohl er dessen stechenden Blick nur zu deutlich in seinem Rücken spürte.

„Sobald Macht im Spiel ist, kann es passieren, dass sich Menschen verändern. Je größer die Macht ist, umso größer ist die Versuchung. Und das Verlangen, noch mehr Macht zu besitzen. Natürlich ist das nicht bei jedem so“, warf Merlin schnell ein, da er sich vorstellen konnte, dass sich Arthur durch diese Äußerung angegriffen gefühlt haben könnte.

 

Breit grinste er und sah nun - endlich - zu seinem König. Schnell wurde seine Miene jedoch wieder ernst. Blaue Augen bohrten sich ineinander.

„Es wird immer und überall das Risiko bestehen, dass Menschen den Weg des Bösen einschlagen oder den Weg des Guten benutzen. Und jeder von ihnen wird Mittel und Wege finden, sich dafür Macht anzueignen. Sei es, um andere zu beschützen oder Angst zu verbreiten. Nur wie diese Macht eingesetzt wird bestimmt, auf welcher Seite eine Person steht. Und ob man einem Menschen seine Taten verzeihen kann oder nicht.“

Merlin stieß sich von dem Fenster ab, sah seinem König fest in die Augen, worüber Arthur mehr als erstaunt war. Kaum ein Mensch, den er kannte, schaffte es, ihm so lange und so intensiv in die Augen zu sehen. Die meisten wandten ihre Blicke schnell wieder ab oder fixierten einen Punkt an ihm oder in seiner Umgebung. Als hätten sie Angst, dass er sie bestrafen könnte, wenn sie ihn zu lange anstarrten.

Natürlich, es gehörte sich nicht für die einfachen Bürger, den König anzustarren oder lange in die Augen zu sehen.

Doch hat sich Merlin jemals groß darum geschert, was sich gehörte und was nicht?

„Es gibt Menschen, die sich leicht beeinflussen lassen“, fuhr Merlin fort. „Sei es aus Angst oder weil sie ebenfalls nach Macht dürsten. Sie lassen sich beeinflussen und tun alles, was man ihnen sagt.“

Leicht seufzte Merlin und trat näher an den König heran, bis er genau vor ihm stand. Von oben blickte er zu seinem Herrn hinunter. Wieder etwas, was sich außer ihm Niemand trauen würde. Und für diese seltene Eigenschaft, welche nur Merlin zu besitzen schien, war der König schon mehr als einmal sehr dankbar.

„Seid ehrlich zu Euch selbst, Arthur.“ Merlins Stimme war ernst und durchdringend.

„Würdet Ihr beispielsweise einen einfachen Bauern töten, weil er bedroht wurde und etwas tat, was er überhaupt nicht wollte, doch ihm wurde keine Wahl gelassen?“

 

Sie hatten beide oft genug erlebt, dass Menschen manipuliert wurden, Dinge zu tun, die sie niemals tun würden. Doch man konnte Menschen bedrohen, ihre Liebsten bedrohen und sie dazu zwingen, dass zu tun, was man wollte.

Mit Rittern und Soldaten war das natürlich eine ganz andere Sache. Sie hatten einen Schwur geleistet, den Befehlen ihres Herrn zu gehorchen und sie ohne zu zögern auszuführen. Wenn sie angriffen, dann musste Arthur sein Reich verteidigen und sein Volk beschützen. Auch, wenn er dadurch gezwungen war, Menschen zu töten.

Doch eine Frau, welche vielleicht sogar von Morgana selbst gegen ihn aufgehetzt wurde - und er hegte keinen Zweifel, dass Morgana dazu durchaus fähig war - war vielleicht unschuldiger, als Arthur vermutet hatte.

Und diese Aussage von ihr… ob seine Meinung bestätigt sei… es könnte ein Versuch gewesen sein, ihn zu verwirren und noch mehr gegen die Magie aufzubringen. Oder ihm klar zu machen, wie machtlos er gegen die Magie war. Eine junge Frau drang in sein Schloss ein und war im Begriff die Königin zu töten.

Und Morgana wusste genau, wenn Gwen etwas geschehen würde, dass ihn dieser Verlust innerlich töten würde. Ihr war jedes Mittel recht, um ihn zu zerstören.

Warum also nicht auch eine junge Frau manipulieren und die Drecksarbeit machen lassen?

Die Frage, welche nun allerdings am Wichtigsten war: Konnte man dieser Frau verzeihen, wenn sie wirklich nur von jemandem gezwungen wurde?

 

Weiterhin bohrten sich ihre Augen ineinander, schienen gegenseitig zu versuchen, die Gedanken und Empfindungen ihres Gegenübers zu lesen.

 

Merlin bebte innerlich beinahe vor Anspannung. So viele Dinge, die er vor Arthur gesagt hatte, trafen auch auf ihn zu. Menschen begangen gewisse Taten, um die, die sie lieben, zu beschützen. Aber wie weit durfte ein Mensch gehen, um noch Vergebung erbitten zu können?

Wenn er nun diese Frau töten würde, eine Frau, die möglicherweise weitestgehend unschuldig war…

was würde der König dann mit ihm machen?

Merlin benutzte seine Magie meistens dann, um Camelot und ganz besonders Arthur zu beschützen. Doch er hatte gegen die Gesetze von Camelot verstoßen, den König hintergangen, ihn und das, wofür er kämpfte, verraten… den König und seine Meinung verraten… ihn belogen und betrogen…

Merlin konnte sich nicht vorstellen, dass Arthur ihm jemals würde verzeihen können. Nicht seine Taten, seine Geheimnisse, sein Selbst…

Wenn es aber nur eine kleine Chance gab, dass Arthur die Magie akzeptieren würde, sie tolerieren konnte, bevor er das größte Geheimnis seines Dieners herausfand… dann musste Merlin diese Chance nutzen… und hoffen, dass Arthur, sollte er ihn wirklich aufgrund seiner Magie töten, danach nicht die gleichen Fehler wie sein Vater machen würde…

 

„Manche Menschen verdienen keine zweite Chance“, sagte er leise, blickte seinem König direkt in die Augen, obwohl er am Liebsten den Blick abgewandt hätte.

„Doch man sollte nicht nur die Taten der Menschen beachten.“ Seine Stimme wurde leiser, fast ein Flüstern, welches beinahe gänzlich von dem Knistern des Kaminfeuers verschluckt wurde.

„Ein wahrer König sieht auch hinter die Menschen, sieht, was ihn dazu bringen konnte, so weit zu gehen. Dann sollte man entscheiden, ob man verzeihen kann oder nicht. Ob Vergebung angemessen wäre oder diese Person eine Strafe oder gar den Tod verdient hat.“

 

Natürlich wusste Merlin, dass er ein gefährliches Spiel spielte. Alles, was er bisher gesagt hatte, konnte Arthur auch auf seine Schwester beziehen. Sie wurde böse und voller Hass, als niemand für sie da war und Morgause sie manipulieren konnte. Der König gab allerdings der Magie die Schuld, wusste er von den damaligen Ereignissen nichts.

Merlin wusste, dass tief in Arthur die Hoffnung bestand, dass Morgana den schwarzen Weg, welche sie eingeschlagen hatte, verließ und zurückkehren würde. Zurück nach Camelot. Zurück zu ihnen.

Gleichzeitig verstand der König aber auch, dass man Morgana nicht mehr helfen konnte. Sie hatte sich für einen Weg entschieden und würde davon nicht mehr abzubringen sein.

Die einzige Erlösung, die man der Hexe noch bringen konnte, war der Tod.

Der junge Zauberer hoffte von ganzem Herzen, dass Arthur nicht zögern würde. Oder er es verstehen würde, wenn Merlin Morgana tötete. Vorausgesetzt, Arthur würde ihn nicht ebenfalls töten, nachdem er erfahren hatte, was und wer Merlin wirklich war…

 

 

 

Noch lange starrten die beiden Freunde sich einfach nur an. Blaue Augen besahen sich ihr Gegenstück. Es schien, als würden sie beide nur mit Hilfe ihrer Gedankenkraft miteinander kommunizieren.

Lange Zeit bewegte sich keiner von ihnen, nur das Knistern des Feuers war zu hören, bis sie stillschweigend eine Entscheidung trafen.

Eine Entscheidung, die über das Schicksal von Camelot entscheiden könnten.

 

 



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  Fliederbeere
2013-09-07T18:57:21+00:00 07.09.2013 20:57
Wieder hast du es geschafft, aus einer im Grunde nur sehr kurzen Begebenheit, 13 spannende Seiten zu schreiben. Und wieder warte ich gespannt auf die Fortsetzung (und welchen Weg das von dir gewählte Ende nehmen wird - aber hoffentlich noch nicht zu bald) :)
Antwort von:  LenaVanTionas
15.09.2013 22:43
Ja, manchmal übertreibe ich es einfach mit der ausführlichen Beschreibung! ^^ Aber solange es gefällt, bin ich beruhigt! XD
Ich versuche, mich mit dem nächsten Kapi zu beeilen. Und du darfst weiterhin gespannt sein! ^^


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