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Endosymbiontentheorie

RuffyxNami
von

Vorwort zu diesem Kapitel:
Vielen Dank an alle Favoriten und besonders an Sunnyfun, fahnm, mauzi500 und sarahdsteinmann für ihre Kommentare! Ich habe mich sehr über jeden Einzelnen gefreut :) Komplett anzeigen

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Sake, Truthahnbrust ...und ein Happy End?

Da hatte mich Nami aber eiskalt ins offene Messer laufen lassen. Vivi würde nicht locker lassen, bis ich mit der Sprache raus rückte – und sie würde sofort erkennen, wenn ich sie anlog.

Ihre Finger trommelten auf dem Tisch, ihre dunklen Augen ruhten auf mir und ihre Lippen formten einen Schmollmund.

„Warum spendiert Nami uns Sake, Ruffy? Sie lässt nie was aufs Haus gehen – selbst Nojiko muss bei ihr immer zahlen, also muss da ja schon was Besonderes zwischen euch vorgefallen sein.“

Bingo! Ein klarer Treffer mitten ins Schwarze. Vivi machte eben so schnell keiner was vor. Ich tippte mit den Zeigefingern gegeneinander, ließ meinen Blick durch das Lokal schweifen und überlegte, wie ich das am besten erzählen sollte, ohne dass sie sich sonst was dabei dachte.

„Na ja“, begann ich herumzudrucksen und spürte es in meinen Wangen kribbeln. „Ich war gestern mit Zorro trainieren und hab sie auf dem Heimweg getroffen.“

Vivi hob eine Augenbraue an.

„Und das ist so besonders, dass wir Gratisgetränke bekommen? Denkst du ehrlich, dass ich dir das abkaufe?“

„Ja?“

Sie grinste, verlor dabei ihren strengen Ausdruck, und zwickte mich spielerisch in die Wange.

„Das glaubst du doch wohl selber nicht. Also los, raus mit der Sprache!“

Ich seufzte, verschränkte die Arme hinterm Kopf und lehnte mich gegen die Bank.

„Dass du aber auch immer so schrecklich neugierig sein musst“, ein kurzer Blick zu Vivi, die selig lächelte, „Na schön, ich hab Nami auf dem Heimweg getroffen. Sie wurde von so einem schmierigen Kerl belästigt, ich hab sie verteidigt und dann hat sie bei uns übernachtet – auf der Couch! Das war's, zufrieden?“

Vivi hatte sich die Hände in Spannung vors Gesicht gehalten, die Augen weit aufgerissen und laut gequietscht, als mir die entscheidenden Worte über die Lippen gekommen waren. Sie klatschte aufgeregt.

„Uh, ich wusste, dass da noch was zwischen euch sein würde. So konnte es ja nicht enden“, sie klang überaus freudig und konnte sich in ihrer Euphorie fast nicht mehr bremsen, fast ein wenig gruselig. „Ach, Ruffy, das ist so süß! Fast wie in einem Märchen. Das war eindeutig ein Zeichen, dass ihr zusammen gehört!“

„Ähm Vivi“, unterbrach ich sie und stellte die leere Schale vor mir ab. „Sie hat sich bloß unsicher gefühlt und außerdem ist doch noch nicht gesagt, dass sie das genauso sieht oder? Ich bezweifle das immer mehr.“

Sie bettete den Kopf auf den Händen.

„Überlass das nur mir, ich werde das schon rauskriegen.“

Kopf schüttelnd beobachtete ich sie. Genau denselben Gesichtsausdruck hatte Titi, wenn sie sich etwas in den Kopf gesetzt hatte. Und sie bekam meistens, was sie sich vorgenommen hatte – es sei denn sie hatte es mit Vivi zu tun.

„Tu, was du nicht lassen kannst“, sagte ich und gab Nami per Handzeichen zu verstehen, dass wir Nachschub wollten. Vivis eiserne Glaube daran, dass das alles doch was zu bedeuten hatte, ließ auch mich immer mehr daran glauben, in jeder Handlung seitens Nami Beweise dafür sehen. Ich sah mich in ihrem Lächeln, das sie mir beim Bedienen schenkte, bestätigt, in den zufälligen Berührungen, darin, dass sie bei uns stets länger verweilte und sogar in der Art, wie sie mit den anderen Gästen umging. Vielleicht gab es tatsächlich noch Hoffnung und es hatte einen Grund gehabt, weshalb ich so lange darauf warten musste.

Wie immer versuchte ich, meine Gedanken nicht zu offensichtlich zu zeigen, aber ich fürchtete, Vivi konnte sie trotzdem lesen, denn jedes Mal, wenn wir uns ansahen, lächelte sie vielsagend.
 

Wir hatten gerade unseren dritten Sake geleert, als Vivi sich kurz entschuldigte und auf die Toilette verschwand.

„Hast du es ihr erzählt?“, fragte mich Nami unverblümt, als sie die Schalen einsammelte und eine neue Runde abstellte, und setzte sich kurz zu mir.

„Was hätte ich denn tun sollen? Du kennst sie, sie ist immer so hartnäckig.“

Nami strich sich eine Strähne hinters Ohr und stemmte die Hand in die Hüfte.

„Gut, lügen fällt bei dir ja eh flach...Was hat sie gesagt? Hat sie noch mehr Fragen gestellt?“

„Nein, sie-“, ich kam nicht weiter, denn plötzlich flog die Tür auf und drei Gestalten zogen die Aufmerksamkeit sämtlicher Anwesenden auf sich.

„Drei Bier, bitte!“, dröhnte es aus dem Megaphon, das keinem geringerem als Ace gehörte, Hinter ihm erkannte ich Marco, der sonst so gelassen wirkte, sich in diesem Moment jedoch vor Lachen fast kringelte, und einen weiteren Mann mit Haartolle, den ich aber nicht kannte. Offensichtlich ein Kollege der beiden.
 

„Ace!“, rief ich ihn, nachdem Nami ihn gleich angefaucht hatte, was der Mist mit dem Megaphon sollte, sie beinahe einen Herzkasper bekommen hätte und sich murrend zur Bar verzogen hatte.

„Oh Mann, Nami ist so eine Spaßbremse“, lachte er, als er an den Tisch kam, sich neben mich auf die Bank setzte und das Megaphon in Greifweite platzierte. „Das sollte doch bloß ein Gag sein.“

„Na ja, wann bestellt jemand schon mal so, Ace-kun?“

„Und vor allem, wer außer Ace würde das tun?“, stellte Marco dem Fremden die Gegenfrage, als Nami die georderten drei Bier abstellte und mit wippendem Fuß auf ihr Geld wartete.

„Leute, nein, steckt es wieder weg, die Runde geht auf mich“, kam es gönnerhaft von Ace, was ihm ein dankbares Nicken seitens seiner Kollegen einbrachte. „Und noch ein bisschen was für dich, Nami-san.“

Sie zählte penibel die Scheinchen konnte ihre Augen nicht von ihnen nehmen und mit einem Mal war der Ärger vergessen.

„Ist die immer so?“, fragte Marco mit gerunzelter Stirn, nachdem sie wieder weg war. Ich nickte.

„Geld ist Namis bester Freund.“

„Ach ja, bevor ich's vergesse: Thatch, das ist mein Bruder Ruffy. Ruffy, das ist Thatch, mein neuer Vorgesetzter“, machte er uns bekannt.

„Und was ist mit Marco?“, fragte ich, woraufhin alle drei zu lachen begannen.

„Marco ist befördert worden, hat es sogar bis in die Manageretage geschafft“, beantwortete Ace meine Frage und wollte fortfahren, bis Thatch ihm ins Wort fiel: „Nicht mehr lange und er ist die rechte Hand vom alten Newgate.“

„Ihr übertreibt mal wieder maßlos. Bis dahin ist es noch ein langer Weg.“

„Wow, Glückwunsch, Marco“, gratulierte ich ihm und wandte mich an Ace. „Warum musstest du deswegen in die Fabrik?“

Ace grinste und stellte das Bier ab, nachdem er einen Schluck genommen hatte.

„Na, weil ich ebenfalls befördert wurde! Nie wieder Schokoriegel sortieren! Und das alles habe ich Thatch und Marco zu verdanken. Sie haben mich für den frei gewordenen Posten vorgeschlagen!“

Meine Augen fielen fast aus den Höhlen. Wir hatten ja mit allem gerechnet, doch das war wirklich eine sehr, sehr gute Nachricht! Ich freute mich ehrlich für ihn und kam somit nicht umhin mit den Dreien darauf anzustoßen.
 

„Na, sieh mal an. Dich habe ich aber auch schon lange nicht mehr gesehen“, sagte Nojiko, die kurze Zeit später die nächste Runde brachte und deren Blick auf Ace ruhte.

„Hey Nojiko“, er stand auf, um sie kurz zu drücken, „Wie geht’s dir denn?“

Sie stellte die leeren Gläser auf das Tablett, als Marco von Ace verlangte, er solle ihnen doch bitte Nojiko vorstellen, alles andere wäre unhöflich.

„Und, Nojiko, willst du die Schürze nicht an den Nagel hängen und uns Gesellschaft leisten?“

„Nur zu gerne, aber ich muss heute bis zum Ende bleiben.“

„Dann mach doch jetzt zu und wir gehen woanders hin“, Marco musterte sie, „Bis wohin gehen deine Tätowierungen?“

Nojiko lachte bloß und zwinkerte ihm zu, während Ace die Augen verdrehte.

„Mit dir kann man auch nirgends hingehen.“

„Oh tut mir leid, dass ich noch nicht der Monogamie-Sekte angehöre so wie du, Ace.“

„Das hat doch damit nichts zu tun!“, erwiderte er lautstark, woraufhin Marco zu fragen begann, wo sein Problem läge.

Thatch beobachtete das Streitgespräch der beiden sichtlich amüsiert, nippte an seinem Glas und schüttelte den Kopf, während ich überhaupt nicht wusste, wie ich darauf reagieren sollte.

„Schnucki“, sprach er Nojiko an, die gerade gehen wollte, „was kannst du jemandem empfehlen, der auf seine Figur achten muss?“

Perplex zwinkerte sie, begutachtete ihn für einen Moment.

„Meinst du etwa dich?“

„Fängt das jetzt schon wieder an?“, grummelte Marco und fasste sich an den Nasenrücken.

„Tut mir leid, dass mein Stoffwechsel nicht dem einer Spitzmaus gleicht“, fauchte Thatch und seine Blicke hätten töten können.

„Auf jeden Fall kann ich das Fitness-Sandwich empfehlen“, versuchte Nojiko die Situation zu entschärfen, was ihr hinsichtlich Thatch auch gelang.

„Und was ist da so drauf?“

„Was du magst“, antwortete sie und zückte den Block, „am besten du stellst es dir selbst zusammen.“

Thatch rollte die Karte in den Händen und grinste zu Marco herüber, als plane er die nächste Provokation.

„Habt ihr auch extra magere Truthahnbrust?“

„Natürlich.“

„Willst du jetzt nach jeder einzelnen Zutat fragen?“, bluffte Marco und deutete in den Raum. „Nojiko hat besseres zu tun, als dir alles aus der Nase zu ziehen.“

„Immer diese Ungeduld“, seufzte Thatch, „ich wollte es doch gerade tun. Also, ich hätte dann gerne ein Vollkornsandwich mit extra magerer Truthahnbrust, Light-Mayo, Deko-Salat und Sprossen.“

„Light-Mayo?“, wiederholten Ace und Marco und rümpften gleichermaßen die Nase.

Nojiko schüttelte lachend den Kopf und steckte den Stift zurück hinters Ohr.
 

„Thatch, würdest du mehr oder überhaupt mal Sport machen, dann müsstest du auch nicht so auf deine Ernährung achten“, sagte Ace, leerte seine Schale und füllte gleich etwas aus der Flasche, die Nojiko gebracht hatte, nach.

„Ace, was erwartest du? Beim Sport könnte man ja schwitzen und dann wird nachher noch die Frisur ruiniert.“

„Ich hab auch anderes im Kopf als meine Frisur!“, schrie Thatch und stand vom Tisch auf. „Am besten ich fahre gleich mit dem nächsten Bus nach Hause. Dann schaff ich's wenigstens noch bis zur Wiederholung von Sex and the City. Dabei kann ich immer so schön in meine Katze heulen und Pralinen futtern.“

Er verschwand in Richtung Toiletten und hinterließ nicht nur in Aces Augen Fragezeichen.

„Thatch ist schwul, oder?“

Schockiert sah mich Ace an, während Marco die Stirn runzelte und lachte.

„Ne, der ist bloß eine Diva. Und für die Frage hätte er dir gewiss die Augen ausgekratzt, Ruffy-kun.“

Beschämt wandte ich den Blick ab und durchsuchte den Raum nach Vivi. Wie lange war sie nun schon weg? Ob sie sich mit Nami oder Nojiko fest gequatscht hatte?
 

Nachdem Thatch überraschend gut gelaunt - als wäre nichts gewesen - zurückkam, lockerte sich die Stimmung wieder und wir stießen ein weiteres Mal auf ihre Beförderung an.

Kaum hatte ich die Schale abgesetzt, als das laute Dröhnen des Megaphons mich zusammenschrecken ließ.

„Pfoten weg von meiner Frau, du perverser Koch!“

Die Wut über diese krasse Ansage war deutlich an Sanjis hochroten Kopf zu erkennen, während Vivis Gesicht eine Mischung aus Freude, Überraschung und Scham gleichzeitig zur Schau stellte. Ich konnte nicht anders, als mir ins Fäustchen zu lachen. Es war so vorhersehbar gewesen, dass Ace ihm einen fetten Strich durch die Rechnung machen würde.

„Da bist du ja endlich“, säuselte sie, fiel Ace um den Hals und küsste ihn. „Ich dachte schon, du kämst gar nicht mehr.“

Er zog sie auf seinen Schoß, legte die Arme um sie und schien sich gar nicht am Anblick ihrer Beine satt sehen zu können. Wenngleich ich sie dafür beneidete, trotz allem noch so verliebt ineinander zu sein, war es mir dennoch unangenehm so darauf zu achten. Besonders beschämte es mich, wenn ich die beiden flüstern hörte. Zum Glück verstand ich meistens kein Wort davon.

„Das ist also deine Frau, Ace-kun“, nahm Thatch das Gespräch wieder auf und musterte die beiden aus halb geschlossenen Augen, während er das Glas in seinen Händen schwenkte. „Um ehrlich zu sein, dachte ich schon, dass du bei deinen Erzählungen übertreiben würdest, aber jetzt sehe ich, dass jedes Wort stimmt.“

Er nahm Vivis Hand und deutete einen Kuss an, was Vivi erröten und Aces Gesicht ernster wirken ließ.

„Das Pfoten weg gilt auch für dich!“

„Statt Thatch so anzufauchen, solltest du dich mal lieber etwas mehr ins Zeug legen. Vivi-sama hat definitiv eine Menge Verehrer“, neckte Marco ihn, was dazu führte, dass sich Aces Griff um ihre Taille verstärkte.

„Als wenn ich das nicht wüsste“, antwortete er und streckte den beiden die Zunge raus, bevor er seinen Kopf gegen ihre Schulter legte und ihr etwas zuflüsterte, das ich jedoch nicht verstehen konnte. Vivi schenkte ihm ein Lächeln und streichelte flüchtig über seine Haare.

„Du hast mir aber immer noch nicht gesagt, weshalb du erst jetzt gekommen bist.“

Er erzählte ihr den Grund für sein verspätetes Erscheinen, freute sich deutlich über ihre Reaktion und begann davon zu sprechen, dass sie jetzt vielleicht doch noch studieren könnte oder zumindest das Konto nicht jeden Monat überziehen müssten. Ich wünschte mir für sie, dass es für beides reichen würde, sie nicht mehr diese krassen Abstriche machen müssten und somit eine entscheidende Sorge verloren.
 

„Ruffy, ich hab jetzt Feierabend, hast du Lust noch was mit mir zu unternehmen?“, fragte mich Nami, die mich just in dem Moment angestupst hatte, nachdem sie die Speisekarten verteilt hatte. „Endlich ist die Veranstaltung im Versammlungssaal vorbei.“

Sie massierte sich mit einer Hand den Nacken.

„Habt ihr die Karaokemaschine schon aufgebaut?“, fragte Vivi sichtlich neugierig, Nami grinste schief.

„Oh ja, du wirst deine Freude haben, wenn du dir jeden Abend dieses Gejaule anhören kannst.“

„Hast du gehört, Thatch? Dein Typ ist gefragt.“

Ace lachte.

„Dann kannst du wieder dein Lied singen. So wie auf der Weihnachtsfeier.“

Vivi runzelte die Stirn und Nami schien ebenfalls wie ich, die Antwort gar nicht wissen zu wollen.

„Ich kann nichts dafür, dass ich den Zettel mit Material Girl gezogen hab!“, beschwerte er sich lautstark und je mehr er kochte, umso mehr amüsierten sich Marco und Ace auf seine Kosten.

„Willst du dich nicht dazu setzen?“, fragte ich und bot Nami den freien Stuhl an, doch sie schüttelte den Kopf.

„Würd' lieber woanders hingehen.“

Da war es schon wieder, das Gefühl, das mich fast ohnmächtig werden ließ. Das starke Pochen in meiner Brust und die wachsende Hoffnung. Wie in Trance nickte ich, rutschte von der Bank herunter und verabschiedete mich von den anderen, während Nami das Restaurant bereits verlassen hatte. Ace wirkte enttäuscht, aber Vivi zwinkerte mir zu.

Nichts hatte mich mehr dort halten können, nicht mal der Gedanke daran, dass Ace zur selben Zeit ein Festmahl für alle spendieren würde. Was war schon Essen im Vergleich dazu, dass Nami Zeit mit mir verbringen wollte. Genau das, nach dem ich mich beinahe ein Jahr gesehnt und es fast als unmöglich abgetan hatte.
 

Die Hände in den Taschen ihrer kurzen Lederjacke steckend, wartete Nami draußen, den Kopf in den Nacken gelegt und blies ihren Atem in die kalte Nachtluft. Sie machte einen nachdenklichen Eindruck auf mich. Ob sie die selben Gedanke hatte wie ich?

Fühlte sie genauso den Kampf zwischen Begierde und Zurückhaltung in sich?

Obwohl ich mir unsicher war, wie ich weiter vorgehen sollte, fasste ich mir ein Herz, nachdem sie einen Schritt auf mich zu kam.

„Worauf hättest du denn Lust?“

Blöder konnte man ein Gespräch auch nicht anfangen, doch Namis sich aufhellende Miene vertrieb meine Zweifel sogleich.

„Wir könnten ein bisschen durch den Park gehen, oder einen Film anschauen“, schlug sie nach kurzer Überlegung vor. Angesichts des gestrigen Vorfalls war mir dabei gar nicht so wohl, aber wenn Nami damit kein Problem hatte, würde ich mich gewiss nicht querstellen. Ich stimmte ihr zu und mich durchflutete ein angenehm warmes Gefühl, als Nami sich wie selbstverständlich bei mir unter hakte und in Richtung Park dirigierte.

Zwist blühte in mir auf, damals war der Park Anfang und Ende eines viel zu kurzen Vergnügens gewesen. Noch heute war mir mulmig zumute, fühlte mich unweigerlich daran erinnert, wie sie gleich nach dem Kuss all meine Hoffnungen abgewürgt hatte.

Ich schielte zu ihr herüber, sah ihre Augen rastlos, in stetiger Bewegung, als würden sie etwas suchen.
 

„Alles in Ordnung?“

„Hm? Ja, klar“, antwortete Nami lächelnd. „Ich war nur gerade in Gedanken.“

Ich blickte zu Boden, trat einen Stein beiseite und kuschelte mich mehr in meine Jacke. Es war frisch, doch nicht die Temperaturen brachten mich zum Frösteln. Eher dieses Gefühl von Lethargie, alles tun zu wollen, aber nichts zu können. Wie gerne ich Nami nach ihren Gedanken gefragt oder ihr gesagt hätte, dass ich mich ungemein freute, Zeit mit ihr zu verbringen.

„Du siehst aber auch ziemlich nachdenklich aus“, merkte Nami an. „Dabei müsste doch jetzt bei euch alles bestens laufen.“

„Bei Vivi und Ace schon“, korrigierte ich und grinste. „Das freut mich wirklich total. Endlich haben sie den Druck seitens Kobra beenden können und jetzt ist Ace noch befördert worden.“

„Wow, dann wird ja auch nicht mehr in Versuchung kommen die Schokoriegel vom Band zu naschen, oder muss er jetzt andere sortieren?“

Ich lachte bei dem Gedanken daran.

„Nein, scheinbar hat er es zum Schichtleiter geschafft. Das ist sehr gut – fast utopisch – für einen Ungelernten. Und es gibt bedeutend mehr Geld als vorher. Das hat er wohl dem Vitamin B zu verdanken.“

„Man kann ja nicht immer nur Pech haben“, fügte Nami dem hinzu, kam näher an mich heran und sah mir tief in die Augen. „Und wie geht es dir, Ruffy?“

Das Karussell in meinem Kopf geriet außer Kontrolle, die Phrasen und Worte jagten einander und ich war außerstande einen vernünftigen Satz zu bilden. Unter anderen Umständen – oder bei anderen Personen – wäre mir die Antwort leicht gefallen: ganz gut. Mein Standard für alle Lebenslage, wirklich schlecht ging es mir objektiv betrachtet ja nicht. Warum also unnötig Mitleid erhaschen?

Bei Nami war das so eine Sache. Es war jedes Mal eine Überraschung, wie sie auf Dinge reagierte. Vielleicht enttäuschte meine Antwort sie, vielleicht verärgerte sie Nami auch. Andererseits bestand die wage Chance, dass sie sich darüber freute. Es war wie russisch Roulette bloß ohne Revolver. Man mochte mich in dieser Hinsicht für übertrieben vorsichtig halten, doch das war mir egal. Beim Pokern bluffte man doch auch, bis man sich sicher war und die Karten auf den Tisch legte.

„Also“, fing ich an, nachdem sie eine Augenbraue hochgezogen hatte, und ging einige Schritte, um ihr nicht direkt ins Gesicht sehen zu müssen - das hätte mich nur noch nervöser gemacht. „So gesehen kann ich mich nicht beschweren. Das Studium läuft ganz gut – bis auf die gelegentlichen Ausfälle halt – und ich hab echt eine Menge Spaß.“

„Aber da ist doch noch irgendwas“, brachte sie mit brüchiger Stimme hervor.

„Was meinst du?“, hakte ich misstrauisch nach. Ob sie doch was gemerkt hatte? Zwar war ich alles andere als verschlossen, aber so offensichtlich trug ich meine Gefühle ja auch nicht zur Schau. Nami zog den Reißverschluss ihrer Jacke nach oben und legte den Kopf in den Nacken.

„Erinnerst du dich nicht mehr an die Busfahrt neulich? Sag mir, wenn ich falsch liege, aber ich hatte den Eindruck, dass es dir verdammt mies geht.“

„...“

„Und ich denke, dass ich daran schuld habe.“

Unsere Blicke trafen sich, ich fühlte mich in die Enge getrieben. Sie hatte recht, genauso war es gewesen. Doch konnte ich ihr das jetzt schon sagen? Wir verstanden uns gerade mal einen Tag wieder halbwegs, ohne betreten zu schweigen oder uns anzugiften. Musste sie es denn gleich wieder so ernst werden lassen? Ich wollte die Zeit mit ihr doch einfach genießen. Nicht darüber nachdenken, einfach mit ihr zusammen sein.

„Ach Quatsch“, probierte ich den direkten Angriff nach vorn und lachte, um meine Unsicherheit zu überspielen. „Ich war bloß gestresst gewesen. So eine Fahrt mit einem Kleinkind zerrt eben ganz schön an den Nerven, weißt du?“

„Das glaub ich dir nicht.“

Nami, die zuvor einige Schritte von mir entfernt gestanden hatte, war bis auf wenige Zentimeter an mich herangekommen. Ich ballte die Hände in den Hosentaschen. Weshalb war ich so ein verdammt mieser Lügner?

„Dann eben nicht“, presste ich zwischen den Lippen hervor und kehrte ihr den Rücken zu, sie sollte mein Gesicht nicht sehen.

„Ruffy“, sie legte mir die Hand auf die Schulter und zwang mich dazu, mich umzudrehen. „Sei ganz ehrlich, hast du dich eben gefreut, als ich euch erzählt habe, dass Sanji und ich Schluss gemacht haben?“

Ich zuckte die Achseln.

„Vielleicht...“

Was hätte ich anderes darauf antworten sollen, ohne sie gleich massiv vor den Kopf zu stoßen?

„Ja oder nein“, sagte sie, klang dabei ungewöhnlich gefasst. Erneut zuckte ich die Schultern.

„Was willst du denn bitte von mir hören?“, mein Ton war gereizter als ich es gewollt hatte. Sie schreckte leicht zurück, sackte in sich zusammen und presste sich die Hand auf den Mund.

„Ich wollte doch bloß wissen, ob ich dir nicht egal bin...“
 

Entsetzt starrte ich sie an, während sie sich behutsam über die Augen wischte.

„Wie kannst du so was nur denken? Immerhin sind wir Freunde.“

Ratlos verzog sie den Mund.

„Vielleicht weil ich dir verdammt wehgetan habe?“

Zwar tat es weh, Nami derartig traurig zu sehen, aber wie lange hatte ich diese Einsicht von ihr herbeigesehnt. Dass sie endlich zugab, welchen Mist sie gebaut und mir damit angetan hatte.

„Hm“, raunte ich mit der Situation völlig überfordert. Es war als würde die Ruine, die unsere Freundschaft darstellte endgültig einbrechen. Einerseits gut, es bedeutete Platz für einen Neuanfang, andererseits schlecht, wenn kein Interesse daran bestand. Ich hoffte, dass Nami das alles nicht aufgeben wollte, aber sicher war ich mir nicht. Umso mehr überraschte es mich, als sie meine Ärmel ergriff und mit verzweifeltem Tonfall sagte: „Das stimmt doch, oder?“

„Und wenn, was ändert das denn?“

„Vielleicht alles!“, schrie sie fast, ließ locker und machte einen Schritt zurück. „Vielleicht alles...“

Skeptisch kniff ich die Augen zusammen. Das konnte doch nicht sein...

„Nami, was willst du damit sagen?“

Sie schniefte und tupfte mit einem Taschentuch durch ihr Gesicht.

„Was meinst du, warum ich mich getrennt habe?“, nahm sie nach ein paar Minuten das Gespräch auf. „Nachdem Streit im Bus habe ich angefangen nachzudenken. Über dich, den letzten Sommer und über alles...Was meinst du, warum ich so auf diese Hancock-Schnepfe reagiert habe? Ich hatte Angst, dass alles zu spät wäre!“

Mit einer Art geistigen Lähmung hörte ich ihr zu und schwieg. Das alles war vollkommen surreal, wie eine Traumsequenz, die jeden Moment wie eine Seifenblase zerplatzen würde. Zu oft hatte ich diese Szene in Gedanken durchgespielt und gehofft, sie wäre Wirklichkeit. Und jetzt, wo mir dieser Wunsch erfüllt wurde, war ich unfähig angemessen zu reagieren. Doch gab es da überhaupt ein Patentrezept?
 

„Warum hast du dann überhaupt was mit ihm angefangen?“, stellte ich die Frage, die mir Monate lang unter den Nägeln gebrannt hatte. Wenn sie scheinbar so für mich empfand, warum dann dieser Umweg, diese Ausflucht?

„Ich hatte einfach Angst, dass ich unsere Freundschaft kaputtmache“, nuschelte sie, den Blick zu dem kleinen See am Rande des Weges gerichtet, das Gesicht durch den Schatten des Laternenlichts verhüllt. „Wäre es ernster geworden, wer weiß, ob wir dann noch Freunde geblieben wären.“

„Stattdessen verpasst du mir lieber einen Schlag ins Gesicht und bändelst mit diesem Vogel an?!“

Ich hatte mich schlicht nicht mehr unter Kontrolle. All diese aufgestaute Wut und Enttäuschung in mir hatte sich endgültig entzündet, verschaffte sich mit einem Mal Gehör. Nami schniefte erneut.

„Ich weiß selber, wie blöd sich das anhört“, seufzte sie. „Ich versteh es ja selber nicht.“

„...“

„Aber ich kann verstehen, wenn du jetzt nichts mehr mit mir zu tun haben willst.“

Sie wollte an mir vorbei rennen, doch ich packte sie am Arm und hielt sie fest.

„Spinnst du? Alles, was ich wollte, war, dass du ehrlich zu mir bist.“

„Ruffy...“

„Wie stellst du dir das alles vor? Soll ich dir jetzt vor Freude um den Hals fallen und sagen 'vergeben und vergessen'?“

„Ich habe keine Ahnung“, gab sie zu. „Ich wollte bloß, dass du weißt, wie leid es mir tut. Der Rest liegt ganz bei dir.“

Ich schloss die Augen, ließ ihre Jacke los und nahm sie in den Arm. Obwohl sie mich so verletzt hatte, konnte ich ihr nicht wirklich böse sein. Selbst wenn jeder Andere nicht so reagiert hätte, wie ich, und sie einfach hätte stehen lassen. Ich konnte es nicht. Dafür bedeutete sie mir zu viel. Zaghaft streichelte ich über ihren Rücken.

„Du hättest es mir ehrlich sagen können.“

„Ruffy“, wiederholte Nami meinen Namen, drückte ihren Kopf gegen meine Brust. „Ich wünschte, das wäre mir vorher klar geworden.“

„Es ist alles gesagt“, entgegnete ich ihr, löste die Umarmung und strich ihr eine Strähne aus dem Gesicht. „Die Zeit lässt sich nicht mehr zurückdrehen. Aber wir können versuchen, das Beste aus der Situation zu machen.“

In ihren Augen sah ich Hoffnung schimmern.

„Meinst du...“

Ich schüttelte den Kopf und legte ihr den Finger auf die Lippen, bevor ich mich langsam zu ihr beugte und abwartete, wie sie reagieren würde. Warum ich das nach diesem Gespräch tat, wusste ich selber nicht genau. Es war mir einfach ein Bedürfnis gewesen. Denn unter all dem Ärger lagen immer noch Gefühle, die mich stark im Griff hatten und neu aufflammten, als ich ihre Lippen auf meinen liegen spürte.



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Kommentare zu diesem Kapitel (6)

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Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von:  Dassy
2015-04-22T01:31:26+00:00 22.04.2015 03:31
Das nächste Kap ist ein adult? Was? ... :( dann kann ich das ja gar nicht lesen... och manno... steht da was eichtiges wegen den storyverlauf drinnen?
Von:  Dassy
2015-04-22T01:30:23+00:00 22.04.2015 03:30
Waaahh *-* soo toll
Von:  Sunnyfun
2013-06-24T15:16:34+00:00 24.06.2013 17:16
Ohh:))
Fies hier einfach aufzuhören :)
Aber desto mehr Freude kommt auf wenn das nächste Kapi da ist<333
Supii^-^

~Sunnyfun♥♡♥♡♥
Antwort von:  Katta
24.06.2013 21:17
Vielen Dank für deinen Kommentar! Es muss ja auch irgendwie spannend bleiben ;)
Hoffe, das nächste Kapitel wird dir gefallen ^^
Von:  fahnm
2013-06-23T21:16:35+00:00 23.06.2013 23:16
Super Kapi^^
Antwort von:  Katta
24.06.2013 21:15
Vielen Dank für den Kommentar :)
Von:  Carmion2
2013-06-23T21:04:20+00:00 23.06.2013 23:04
oh tolles kapitel, endlich sprechen sie sich aus ^^
Antwort von:  Katta
24.06.2013 21:15
Hab vielen Dank für deinen Kommentar! Freut mich sehr, dass es dir gefallen hat. Na, die Aussprache war auch mal fällig^^
Von:  sarahdsteinmann
2013-06-23T19:26:22+00:00 23.06.2013 21:26
freuuuuuuuuuuuu neues kapitel
Antwort von:  Katta
24.06.2013 21:15
Danke für den Kommentar :)


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