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Ein ungewöhnlicher Mitbewohner

von
Koautor:  Caracola

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30. Kapitel

„Miss Grayson, Sie haben es heute Abend aber eilig.“

Stan war von seinem Posten an einer der Kassen aufgestanden, die ihm bei der Nachtschicht als Überwachungsstandort dienen würde, wenn er nicht seine Runden durch das Gebäude zog. Auf dem Bildschirm, der normalerweise die Kassenfunktion anzeigte, war ein gevierteltes Bild zu sehen, das ebenfalls in bestimmten Zeitabständen wechselte. Mal waren der Eingangsbereich, dann verschiedene Teile des Museums zu sehen. Es war eine langweilige Schicht, weil nachts normalerweise weniger als nichts passierte. Daher freute er sich, die Restauratorin an diesem Abend noch zu sehen, nachdem schon alle Besucher das Museum verlassen hatten. Er wusste, dass Emily Grayson immer bis sieben arbeitete, was wohl auch heute der Fall war. Aber es war bereits ein paar Minuten nach sieben und sie hatte sich umgezogen. In ihren Kostümen, die sie normalerweise zur Arbeit trug, gefiel sie Stan besser als in den schwarzen Stoffhosen und dem roten Oberteil mit den Flügeln auf dem Rücken. Aber sie war noch jung, da war die Mode eben anders, als zu seiner Zeit.

Emily hielt kurz bei ihm an und kramte in ihrer Tasche nach ihren Autoschlüsseln, wobei sie einen kurzen Blick auf ihre Armbanduhr erhaschte.

Sie hielt schon halb die Tür auf, als sie ihm strahlend antwortete.

„Ja, ich bin mit meinem Freund verabredet.“

„Oh, ihr rothaariger Begleiter vom Wochenende?“ So was hatte sich Stan schon gedacht. Miss Graysons Augen hatten auf eine bestimmte Weise geleuchtet, als sie diesen Mann mit ins Museum gebracht hatte.

„Genau der.“, sagte Emily lachend und war nun wirklich schon fast zur Tür hinaus. „Ich muss noch bis in die Stadt fahren und bin eigentlich schon fast zu spät.“

Sie würde nicht mehr als zehn Minuten später kommen als verabredet und hatte sich zumindest schon in ihr rotes Top geworfen. Die Haare flossen ihr offen über Schultern und Rücken, bis der Wind durch die Tür sie ein wenig aufwirbelte.

„Na, dann wünsche ich Ihnen einen schönen Abend.“

„Gute Nacht, Stan. Bis Morgen.“

Sie winkte ihm durch die Glastür noch einmal zu, bis sie sich auf den Weg zu ihrem Mini machte.

Normalerweise parkte sie auf dem Mitarbeiterparkplatz direkt hinter dem Gebäude, aber am Morgen war kein Platz mehr frei gewesen, sodass Emily ein ganzes Stück weit vom Museum entfernt hatte parken müssen. Das nervte sie jetzt ziemlich, was sie ihre Schritte beschleunigen ließ, die auf dem Kies knirschten.

Wieder blickte sie auf die Uhr und überlegte, ob sie Adrian eine SMS schreiben sollte, dass sie später kommen würde. Sie holte das Handy heraus und suchte nach seiner Nummer, als sie ein Motorengeräusch aufblicken ließ.

Emily wollte dem Fahrer noch mit einem Winken bedeuten, dass er vergessen hatte sein Licht anzuschalten. Das passierte, wenn man irgendwo losfuhr, wo Straßenlaternen die Umgebung beleuchteten, aber auf diesem Teil des Parkplatzes war es schon relativ dunkel.

Jäh hielt Emily inne, als ihr klar wurde, dass der Wagen genau auf sie zuhielt. Und er beschleunigte und das Motorengeräusch hörte sich fast aggressiv an. In Emily stieg Panik auf, was dazu führte, dass sie das Handy fallen ließ und sich umdrehte, um davonzulaufen.

Ihre Handtasche wurde beim dem Aufprall aus Emilys Hand gerissen und bis auf den Rasen neben dem Parkplatz geschleudert. Die Fahrerin des dunklen VWs bremste nicht einmal ab, als Emilys Körper hart auf dem Blech der Motorhaube aufschlug und dann über die Frontscheibe hinweg seitlich hinunter rutschte. Sie fühlte den Boden nicht, auf dem sie landete und auf der Seite liegen blieb. Der Wind zupfte an ihrem Haar, das wie ein dunkler Schleier über ihrem Gesicht lag.
 

***
 

Als er sich für das Abendessen fertig machte, flatterten seine Finger nur noch so vor Aufregung, weshalb er die meiste Zeit auch mit hirnlosen Tätigkeiten verschwendete, bis Adrian absolut in Stress geriet und gerade noch verhindern konnte, dass er sich zwei verschiedene Socken anzog. Kaum zu glauben, was für ein Nervenbündel er wurde, nur weil er Emily den ganzen Tag nicht gesehen hatte und heute einmal ganz alleine mit ihr am Abend wegging.

Dementsprechend hibbelig war er, als sich Emily zu verspäten schien. Natürlich war er am Ende doch noch viel zu früh im Pan aufgetaucht, weshalb er sich schon einmal etwas zu Trinken bestellt hatte. Aber inzwischen war sie schon eine knappe halbe Stunde überfällig, was eigentlich ganz und gar nicht zu ihr passte. Sie war sicherlich ein pünktlicher Typ und wenn sie dann doch einmal zu spät kam, würde sie doch sicher anrufen? Oder?

Adrian konnte nicht sagen, woran es lag, aber allmählich machte sich in ihm ein ganz und gar grauenvolles Gefühl breit. So als hätte er etwas wahnsinnig Wichtiges vergessen, nur dass er sich weder daran erinnern, noch etwas dagegen unternehmen konnte.
 

Die Kellnerin im Pan hatte so etwas noch nie gemacht und kam sich doch sehr seltsam dabei vor, als sie dem rothaarigen Gast auf die Schulter tippte. „Entschuldigen Sie bitte…“ Sie beugte sich ein wenig vor, um ihm das Polaroid zu geben, auf dem er selbst mit einer dunkelhaarigen Frau unter einem Baum sitzend zu sehen war. Die beiden küssten sich. Eine sehr romantische Szene. Allerdings stand darunter in schwarzen Lettern eine seltsame Botschaft geschrieben. Und es war auch nicht die gleiche Frau wie auf dem Photo gewesen, die der Kellnerin den Auftrag erteilt hatte, es dem Mann zu übergeben.

„Eine Dame hat mir das hier für Sie gegeben. Aber sie ist schon wieder gegangen. Sie meinte, ich solle Ihnen schöne Grüße von Alex ausrichten.“

Manche Leute hatten schon komische Anwandlungen. Aber ihre Kollegin hatte der Kellnerin gesagt, dass so etwas durchaus von Zeit zu Zeit einmal vorkam. Allerdings sah der Mann eher verwirrt und nicht gerade glücklich aus, als er die Botschaft auf dem Photo las.

Du glaubst doch nicht, dass ich das einfach so zulasse?

Wer schrieb denn so was auf ein Photo und ließ es einem Bekannten von einer Kellnerin zustecken?
 

Gerade als sich auch noch ein eisiges Gefühl um sein Herz schlang und er schon wieder auf die Uhr sah, tippte ihm eine Kellnerin auf die Schulter, was ihn fast erschrocken zusammen fahren ließ. Doch er schob seine aufkommende Panik mit Gewalt zur Seite und sah die Kellnerin lächelnd an, als sie ihm etwas in die Hand drückte mit Grüßen von Alex.

Adrians Herz setzte einen schmerzvollen Moment lang aus und er vergaß wie man atmete, als er das Foto ansah. Er hätte noch nicht einmal die Botschaft lesen müssen, um die Situation mit einem Schlag zu begreifen.

Hätte man ihn bei lebendigem Leibe gehäutet und danach durch den Fleischwolf gedreht, es hätte nicht schlimmer sein können, als dieser Augenblick.

Mit seiner letzten Kraft zwang er sich dazu, weiter zu atmen, ehe er aufstand, der Kellnerin einen Geldschein auf den Tisch knallte, mit einem Trinkgeld das wohl ewig in ihrer Erinnerung bleiben würde.

Schon auf dem Weg zum Ausgang zog Adrian sein Handy aus der Tasche und wählte Emilys Nummer, wobei er sich zweimal vertippte, ehe er endlich eine Verbindung bekam, allerdings war besetzt. Dennoch drückte er gleich auf die Wahlwiederholung, während er sich ein Taxi herbeiwinkte und im eisigen Tonfall die Adresse von dem Museum nannte. Erst da fiel ihm auf, das er noch immer das Foto in seinen völlig verkrampften Fingern hielt, bis er es schließlich in seine Hosentasche stopfte und weiter Emilys Nummer wählte. Vergeblich.

Auf halbem Weg bekam er einen Anruf rein, den er eigentlich abgewürgt hätte, doch es könnte ja Emily sein. Tatsächlich, als er ihre Stimme hörte, sank er heftig zitternd im Sitz zusammen, wobei sein Herz wie wild vor Erleichterung raste, bis er vollkommen erstarrte.

Es gab wirklich keinen Muskel in seinem Körper, der in diesem Augenblick nicht bis zum Zerreißen gespannt war, während er dieser schmerzlichen Stimme zuhörte.

„Bis gleich.“ Er legte auf und schob das Handy in seine Hosentasche, ehe er sich zum Taxifahrer vorbeugte, um ihm die neue Adresse zu sagen. Danach lehnte er sich zurück und starrte reglos aus dem Fenster.

Emily war im Krankenhaus. Ihre Schwester hatte ihm das gerade mitgeteilt und dass alles so aussah, als wäre Emily angefahren worden. Fahrerflucht.

Alex…
 

Innerlich starb Adrian tausend Tode, als er das Krankenhaus betrat, doch nach außen hin war er unnatürlich ruhig geworden. Sein Gesichtsausdruck verriet absolut gar nichts, als er sich mit ruhiger, tonlosen Stimme am Empfang nach Emily Grayson erkundigte. Wo man ihm noch keine Auskunft über ihren Zustand geben konnte, da sie erst vor kurzem eingeliefert worden war.
 

***
 

Mona saß auf einem grünen Plastikstuhl an der Wand des kleinen Wartebereichs und sah auf den grauen Fußboden. Schon zum hundertsten Mal fuhr sie mit ihrem Blick den Rand der Fliese nach, was sie aber nicht von ihren Gedanken ablenkte.

Die Polizei hatte bei ihrer Mutter angerufen, die sich dann völlig aufgelöst bei Mona gemeldet hatte. Emily war etwas passiert. Viel mehr hatte sie von ihrer Mutter, die wegen des Anrufs des Polizisten vollkommen neben sich stand, nicht erfahren. Mario hatte sie und ihre Mutter ins Krankenhaus gebracht, wo sie erfahren hatten, was passiert war. Oder zumindest, was vermutet wurde. Fahrerflucht. Ob nun ein Unfall oder Absicht, war nicht klar.

Erst nach einer Weile war Mona eingefallen, dass sie Adrian anrufen sollte. Dann stellte sich das Problem, dass sie seine Nummer nicht wusste. Sie war beinahe in Panik ausgebrochen, als ihr bewusst wurde, dass sie ihn nicht informieren konnte. Allerdings hatte ihr der Zufall aus der Not geholfen, als der Polizist, der im Krankenhaus wartete, um mit der Familie zu sprechen, ihr Emilys Handy gegeben hatte. Er meinte es hätte immer wieder geklingelt, aber er hätte nicht antworten dürfen.

Mona hatte an Adrians Tonfall gehört, dass er sie zuerst nicht erkannt hatte. Schlimmer noch… Sie hörten sich am Telefon verdammt ähnlich an.

Einen kurzen Moment vergrub Mona ihr Gesicht in ihren Händen, bevor sie zu ihrer Mutter hinüber sah, die am Fenster stand und hinaus starrte. Mario war unterwegs, um Kaffee zu besorgen. Das hier konnte noch eine Weile dauern, hatten die Ärzte gesagt.

In Monas Augen wollten sich Tränen sammeln, die sie wütend hinunter kämpfte. Sie würde nicht sterben. Das würde Emily ihnen allen nicht antun! Hätten sie Emily doch wenigstens sehen können, bevor sie zur Notoperation hierher gebracht wurde. Vielleicht hätte es ihrer kleinen Schwester geholfen die Stimme von Mona und ihrer Mutter zu hören.
 

***
 

Sie sah, dass es ihm schwer fiel sie anzusehen. Adrian war nur zwanzig Minuten nach Monas Anruf im Krankenhaus angekommen und saß nun zusammen gesunken auf einem der grünen Stühle. Mona hatte ihn umarmt und ihrer Mutter kurz vorgestellt, die nur genickt und ihn mit einem wahnsinnig traurigen Lächeln begrüßt hatte.

„Sie haben uns noch nichts gesagt.“ Mona konnte Adrians Augen unter seinen Haaren nicht sehen, die ihm ins Gesicht fielen. Er hatte sich mit den Ellenbogen auf die Knie gelehnt, hörte ihr aber offensichtlich zu.

„Als wir angekommen sind, haben sie Em gerade hier rein gebracht. Wir wissen nicht mal, wie lange es dauern wird.“ Am liebsten hätte sie ihn gefragt, wer denn so was tun würde, aber darauf hatte er sicher genauso wenig eine Antwort wie sie. Und es würde die Sache nur noch schmerzlicher machen.

Nach einer Weile kam Mario zurück und legte Adrian kurz eine Hand auf die Schulter, bevor er ihm einen Kaffee anbot. Mona hielt sich an dem Pappbecher fest, als wäre es ihr Rettungsanker. Ihre Mutter hatte gar nicht auf Mario reagiert, sondern starrte wieder aus dem Fenster.
 

Im Warteraum traf er auf Mona und Emilys Mutter. Es war ein Schock Emilys Schwester zu sehen. Doch es half etwas, dass er inzwischen deutlicher den Unterschied zwischen ihnen erkennen konnte, dennoch, allein der Anblick war im Augenblick zu fiel. Darum begrüßte er kurz Emilys Mutter, ehe er sich auf einen der hässlichen Plastikstühle sinken ließ.

Regungslos hörte er Mona zu, lehnte dann den Kaffee von Mario ab und war sich irgendwie bewusst, dass er absolut neben der Spur stand. Er ließ es noch nicht einmal zu, dass seine Gedanken sich in seinem Kopf drehten. Stattdessen herrschte dort gähnende Leere. Da gab es nur einatmen … ausatmen … einatmen …ausatmen…
 

„Sind sie die Angehörigen von Miss Emily Grayson?“ Der Arzt war relativ jung und sah in seiner grünen OP-Kluft recht blass aus. Mona war aufgesprungen und ihre Mutter hatte endlich eine Reaktion gezeigt und sich am Fenster zu ihnen umgedreht. Mona ging zu ihr hinüber und hielt ihre Hand, die genauso zitterte wie ihre eigene. Die Stimme ihrer Mutter klang brüchig, als sie antwortete.

„Ja, ich bin ihre Mutter. Geh… Geht’s Emily gut?“

Der junge Arzt sah auf sein Klemmbrett, bevor er sich ihnen wieder zuwandte und lächelte.

„Ja, ihr geht’s den Umständen entsprechend gut. Die OP war allerdings etwas schwierig. Ihre Lunge ist verletzt worden und sie hatte auch an anderen Organen innere Blutungen. Glücklicher Weise ist ihrem Kopf nichts passiert. Wahrscheinlich nur eine Gehirnerschütterung.“ Er hielt inne, um Mona und ihrer Mutter einen beruhigenden Blick zuzuwerfen. „Wir werden sie heute Nacht auf der Intensivstation lassen, um kein Risiko einzugehen.“

„Können wir zu ihr?“

Diesmal wurde die Miene des jungen Mannes ein wenig traurig, als würde er die Antwort nicht gern geben.

„Leider nein. Aber sie wird in ca. zehn Minuten auf die Station gebracht. Dann können sie ihre Tochter zumindest sehen. Aber bitte erschrecken Sie nicht. Sie wird an ziemlich viele Geräte angeschlossen sein, die ihr das Atmen erleichtern und ihre Funktionen überwachen.“
 

Selbst als schließlich ein Arzt kam, der ihnen den Zustand von Emily mitteilte und wie schwer sie verletzt war, war da keine Erleichterung. Dabei hätte er froh sein müssen, dass sie wenigstens noch lebte und vermutlich auch durchkommen würde, aber selbst das fühlte er nicht. Da war nur eisige Kälte in seiner Brust und das Gefühl, keine Luft mehr zu bekommen, wenn er sich nicht immer wieder auf seine Atmung konzentrierte.

Gewaltsam zwang Adrian sich dazu, sich zu bewegen, als die angekündigten zehn Minuten rum waren, und Emily verlegt wurde.

Wie ein Schatten folgte er ihrer Familie, als diese kurz nach Emily sah. Tatsächlich war der Anblick der vielen Geräte, Schläuche und Kabel an ihr absolut nicht mit dem Menschen übereinzubringen, der heute Morgen noch auf seinem Schoß gesessen hatte. Was mit ein Grund war, wieso er sich eher im Hintergrund aufhielt, während sich Emilys Familie um sie scharte und ihren Gefühlen den Ausdruck gaben, der bei ihm vollkommen fehlte. Doch wie lange noch?

Emily wurde weg gebracht, was ihm beinahe das Herz herausriss, wenn es sich nicht ohnehin schon so anfühlen würde.

Da niemand sie heute mehr besuchen konnte, setzte er sich wie ein Zombie wieder in den Warteraum, stützte sich auf seine Knie und starrte ins Leere. Der Raum war doch zum Warten gedacht? Also würde er genau das tun. Etwas anderes konnte er im Moment ohnehin nicht tun. Er brachte noch nicht einmal die Kraft auf, den einen Gedanken zuzulassen, der ihn vollkommen niedergeschmettert hätte und dessen Beweis zusammengeknüllt in seiner Hosentasche ruhte.
 

„Adrian?“ Monas Schminke war verlaufen und sie hatte Salz in den Augenwinkeln kleben, als sie sich vor ihm in die Hocke sinken ließ, um ihn anzusprechen. Sie waren schon mehrere Stunden hier. Es war sogar schon nach Mitternacht.

„Wir fahren Mom nach Hause. Sollen wir dich mitnehmen?“ Ihr war schon klar, dass er hier bleiben würde, bevor er ihr ins Gesicht sah und mit seltsam emotionsloser Stimme antwortete.

„Ich habe der Schwester gesagt, dass du zur Familie gehörst.“ Normalerweise hätten sie Adrian nicht zu Emily gelassen, selbst wenn etwas passieren sollte. Er war nicht mit ihr verwandt, nicht mit ihr verheiratet. Aber die Schwester hatte seinen Namen notiert und Mona versprochen ihn zu Emily zu lassen, sobald sie Besuch bekommen konnte.

Sie drückte ihm einen kleinen Zettel in die Hand, auf der einen Nummer stand. „Mein Handy. Bitte, wenn was ist…“ Sie wagte nicht den Satz zu Ende zu sprechen, weil ihr schon wieder die Tränen kamen. Mona drückte kurz Adrians Hand und stand dann auf. „Ich komme Morgen vor der Arbeit wieder her. So gegen halb sechs. Irgendwann solltest du auch nach Hause gehen. Dich ein bisschen ausruhen.“

Mona war sich sicher, dass Adrian alles andere tun würde, als nach Hause zu fahren in die Wohnung, wo Emily überall präsent war. Nur widerwillig ließ sie ihre Schwester und auch Adrian im Krankenhaus allein, aber die beiden waren hier am besten aufgehoben und ihre Mutter brauchte Monas Unterstützung und tatsächlich Ruhe, die sie hier nicht bekommen konnte.
 

Als Mona zu ihm kam, um ihn zu fragen, ob er mit fahren wollte, brauchte er noch nicht einmal zu überlegen. Nichts würde ihn jetzt von hier weg bringen. Weswegen er schließlich den Zettel mit Monas Nummer entgegen nahm und ihr leise dafür dankte, dass sie der Schwester Bescheid gegeben hatte. Natürlich er gehörte nicht zur Familie und war auch nicht mit Emily verwandt, aber warum war sie dann die Einzige, die ihm so nahe wie niemand sonst stand?

Die Welt war heute alles andere als logisch, befand er, nachdem Mona sich verabschiedet hatte, ehe er wieder in die Leere zurück sank und erneut zu Boden starrte. Er hatte kein Zeitgefühl mehr, höchstens die Erschöpfung seines Körpers sagte ihm langsam, wie die Stunden vergingen, aber er ignorierte es einfach.



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