Zum Inhalt der Seite

Ein ungewöhnlicher Mitbewohner

von
Koautor:  Caracola

.
.
.
.
.
.
.
.
.
.

Seite 1 / 1   Schriftgröße:   [xx]   [xx]   [xx]

19. Kapitel

Emily stand bereits summend und mit schwingenden Hüften unter der Dusche, während im Wohnzimmer eine Musiksendung im Fernsehen lief. Es war endlich Dienstagabend und sie machte sich für die kleine Party fertig. Heute würde sie etwas anders auftreten als sonst.

Nach dem Duschen stieg sie in eine helle Jeans und ein weinrotes Oberteil mit Spaghettiträgern, zu dem sie ein breites Lederband am Handgelenk und eine Kette mit einem schwarzen Glasstein trug. Außerdem ließ sie ausnahmsweise die Haare offen.

So würde sie Mona noch ähnlicher sehen, aber Emily war sich sicher, dass ihre Schwester den Großteil des Abends daran zu erkennen sein würde, dass sie an Mario klebte. Mona wurde, wie alle Kinder der Graysons ziemlich anhänglich, sobald sie einen im Tee hatte. Wahrscheinlich würden sich Patrick und Adrian irgendwann sogar vor Greg hüten müssen, wenn er seine sentimentale Seite am Grunde des vierten Bierglases entdeckte.

Das Make-up unterstrich noch ihre dunklen Augen und Emily fand sich beinahe sexy in ihrem Outfit. Dementsprechend beschwingt verließ sie das Badezimmer und suchte sich noch eine Tasche heraus, bevor sie völlig nervös ihre Schlüssel nahm und sich auf den Weg machte.

Adrian und Patrick wollten sie direkt am Nihon treffen, was Emily noch hibbeliger machte. Sie bekam langsam aber sicher Panik, dass den beiden Männern der Abend nicht gefallen könnte und sie früher gehen würden. Oder dass sie nicht genau wusste, um wen sie sich am meisten kümmern sollte. Sie hatte Greg schon so lange nicht gesehen, wollte aber weder Adrian noch Patrick vernachlässigen.

„Reiß dich zusammen, das wird schon. Sie sind alle erwachsen und können sich durchaus selbst beschäftigen.“

Die letzten Meter zum Club musste sie laufen, aber bereits als sie Mona erkannte, musste sie grinsen. Greg stand neben ihr und rannte auf sie zu, bloß um sie aufzufangen, als sie ihn mit einem Quietschen ansprang. Greg war kaum größer als sie selbst und Mona, aber er war sportlich gebaut und sonnengebräunt von der Arbeit in Südamerika. Seine Haare waren ein wenig ausgebleicht und passten sehr gut zu seinen hellbraunen Augen, die denen von Mona sehr ähnlich waren. Ihr großer Bruder drückte Emily noch einmal an sich, bevor er sie wieder auf den Boden stellte und mit ihr zu Mona und Mario zurückging. Die Begrüßung fiel nicht weniger herzlich, aber doch nicht ganz so stürmisch aus.

Greg strich sich durch die in alle Richtungen abstehenden Haare und sah Emily fragend und mit einem schiefen Lächeln an. Er hatte eine Narbe am linken Mundwinkel, die sein Lächeln immer ein wenig verzog, was viele Frauen allerdings umso attraktiver fanden. Greg hatte auch mit seiner Art nie Probleme gehabt eine neue Freundin zu finden.

„Wo sind deine Jungs?“
 

Adrian wurde noch nervöser, nachdem der Fahrer verkündet hatte, sie wären in wenigen Minuten da. Es war nicht nur die Tatsache, dass er gleich Emilys Geschwister treffen würde, oder dass er heute Abend noch unweigerlich singen musste, sondern viel mehr alles zusammen. Die Angst, sich zu blamieren, war ebenso groß, wie die Sorge darum, dass das der letzte Tag seiner Frist war. Morgen würde er sich seiner Mitbewohnerin offenbaren müssen. Doch wenigstens konnte ihn das auch auf eine Weise beruhigen. Heute war der Tag, wo er das alles beiseite schieben würde, damit er sich einfach amüsieren konnte. Patrick würde ihn dabei unterstützten, das wusste er und das konnte eigentlich nur in viel Spaß enden. Dennoch fühlte Adrian sich nicht wohl in seiner Haut.

Bis jetzt hatte er Alex‘ Spuren gut vor Emily verbergen können, doch heute im Rollkragenpulli zu erscheinen, wo er ihn gestern schon getragen hatte, kam ihm unsinnig vor. Vor allem, da ihm dieses Kleidungsstück so ganz und gar nicht passte. Was auch daran liegen könnte, dass er diese Pullis nicht gerne trug.

Zum Glück war er heute noch einmal shoppen gegangen. Zwar hatte er lange suchen müssen, doch jetzt war er fast zufrieden, mit seinem Erscheinungsbild. Er trug eine schwarze Lederhose, die mit ihrem Schnitt dezent war, um nicht zu sehr von seinem Oberteil abzulenken. Es war ärmellos, hatte einen hohen Stehkragen – weshalb er es ausgesucht hatte – und war in japanischem Stil geschnitten. Was sogar zu diesem Anlass passte. Es war aus schwarzer Seide mit fein gearbeiteten Webmustern die zum Stil passten. Adrian gefiel das Teil ausnehmend gut, vor allem, weil es sich seinen Körperformen perfekt anpasste.

Dazu trug er noch seine silbernen Daumenringe und ein silbernes Männerkettchen an seiner rechten Hand. Sein Haar hatte er wieder einmal zu einer wilden Mähne verarbeitet, die ihm einen verwegenen Ausdruck verlieh. Patrick war mit seinem Outfit zufrieden gewesen, also überlegte er auch nicht mehr länger herum, was er hätte anders machen können. Obwohl es ohnehin schon zu spät war. Und sein Freund sah auch wirklich zum Anbeißen aus. Es hätte Adrian wirklich nicht gewundert, dass, sollte auch nur ein schwuler Mann im Nihon sein, Patrick von dem Kerl abgeschleppt werden würde.

Doch sie beiden verblassten regelrecht, als Adrian Emily erblickte, nachdem sie das Taxi verlassen hatten.

Einen Moment lang wusste er noch nicht einmal, wie sein Name lautete, da er einfach nicht von ihrer Erscheinung wegsehen konnte. Sie war so unglaublich sexy, dass er sie am Liebsten hier auf der Stelle vernascht hätte!
 

Gerade als sich Emily suchend umsah, kam ein Taxi am anderen Straßenrand zu stehen und sie sah zunächst Patrick aussteigen, bevor sie Adrian erkannte. „Pünktlich auf die Minute.“

Natürlich wurden erstmal alle vorgestellt, um dann geschlossen den kleinen Club zu stürmen. Er lag im obersten Stockwerk eines Kaufhauses, sodass man außerhalb der Öffnungszeiten nur mit einem Aufzug zum Eingang gelangen konnte. Bereits jetzt hörte man einen begeisterten, aber wenig talentierten Japaner ein Lied von David Bowie zum Besten geben. Emily stellten sich ein wenig die Nackenhaare auf.

Es dauerte eine Weile, bis sie zwei Tische zusammen geschoben und ihr Essen bestellt hatten. Erst als alle zufrieden mit ihren Gabeln oder Stäbchen auf den Tellern klapperten, entwickelten sich Gespräche in der kleinen Runde. Emily hatte sich neben Adrian und Greg gegenüber gesetzt, damit sie ihre Gäste nicht alleine ließ und gleichzeitig mit ihrem Bruder sprechen konnte. Patrick saß neben Greg und unterhielt sich bereits angeregt mit Mario und Mona über den Sinn und Unsinn von Hundeschulen.

„Ihr wohnt also zusammen? Ich hoffe Em sammelt nicht immer noch Kissen und Decken, sonst hast du bald keinen Platz mehr auf dem Sofa.“ Greg hatte sich noch nie damit aufgehalten, Freunde seiner Schwestern zu siezen. Meistens war er sowieso der Ältere gewesen und hatte sich das Recht heraus genommen, zu entscheiden, dass das ‚Du’ angemessen war. Wieder verzog sich sein Mund zu einem schiefen, schelmischen Lächeln.
 

„Bis jetzt konnte ich noch keine Überpopulation an Kissen und Decken auf unserer Couch feststellen.“, meinte er breit lächelnd. „Sollte es allerdings einmal so weit kommen, lasse ich mir Plüsch wachsen und gehe mein Revier abstecken. Wäre doch gelacht, wenn ich es nicht schaffen würde, ein paar Kissen in die Flucht zu schlagen.“ Adrian nahm noch einen Schluck von seinem Nihonshu. Der Reiswein war wirklich köstlich, ging aber auch ganz schön schnell ins Blut über, obwohl sein Bauch sich bereits mit all diesen Köstlichkeiten füllte, die da auf dem Tisch standen.

„Stimmt es, dass hier heute alle Anwesenden dazu verpflichtet sind, zu singen? Denn ich glaube, ich würde mich lieber gerne davor drücken und den anderen die Show überlassen.“ Natürlich würde er nicht daran vorbei kommen. Aber ein bisschen Gegenwehr durfte er doch sicher zeigen, vor allem, da er im Grunde trotzdem neugierig darauf war und diesem Teil des Abends schon gespannt entgegen sah.

„Hey Emily, hast du Greg schon von unserem gelben Wunderbaby erzählt? Du weißt schon, der Kleine, der immer durch den Zinnturm schwimmt, wenn man ihn darum bittet.“ Den Tag, an dem sie die Fische gekauft hatten, würde er wohl nie vergessen. Immerhin hatte er nicht nur Haustiere bekommen, sondern auch diesen Prachtkerl von Freund. Adrian prostete Patrick zu, als der sich einmal von dem Thema ‚Hundeschulen‘ losreißen konnte und ihm zulächelte.
 

„Süße Vorstellung, dass du dir Plüsch wachsen lässt, um meine Kissen anzugreifen.“ Emily warf Adrian einen verschmitzten Blick zu. Wäre das hier nicht ihr erstes Bier gewesen, hätte sie ihm wahrscheinlich in diesem Moment ins Gesicht gesagt, dass es ihr persönlich viel besser gefallen hätte, wenn er sich an gewissen Stellen als Mann ein paar Haare stehen ließ. Aber um Pelzwuchs ging es hier ja nur nebenbei. Also stopfte sie sich zur Sicherheit ein Nigiri in den Mund und kaute ausgiebig darauf herum, um nicht doch noch etwas Dummes zu sagen.

Sie erzählte Greg von dem talentierten gelben Fisch und dem Plastikturm, den sie für das Aquarium ausgesucht hatte. Allerdings hatte sie die Befürchtung, dass ihr Bruder von dem Thema Fische auf Insekten umschwenken könnte – irgendwann am Abend bekam er immer die Kurve zu seinem Fachgebiet – dass sie schnell zum weiteren Programm des Abends zurückkehrte. Greg stieg sofort darauf ein und sah Adrian mit gespielt entrüstetem Blick an.

„Aber klar muss jeder singen. Deswegen sind wir doch hier!“

„Oh, glaub nicht, dass Greg sich nachher noch so enthusiastisch anhören wird. Spätestens wenn er ein Lied aussuchen soll, geht das Gejammer los.“

Greg setzte sich gerade hin und fuchtelte mit seinem Zeigefinger in Emilys Richtung.

„Das siehst du völlig falsch, Schwesterchen. Ich habe unseren Song schon ausgesucht.“

Beinahe blieb Emily das Sushi-Röllchen im Halse stecken.

„Bitte? Unseren Song?“

Am liebsten hätte sie Greg unter dem Tisch getreten, aber stattdessen rollte sie mit den Augen.

„Das ist doch nicht dein Ernst.“

„Oh doch. Wir sind die ersten, die drankommen. In…“ Mit gewichtiger Geste sah Greg auf seine große Armbanduhr und zwinkerte dann seiner Schwester zu. „In ungefähr zwanzig Minuten.“

Na toll, dabei war das Sushi so lecker. Jetzt würde sie wahrscheinlich nichts davon mehr runter kriegen. Emily konnte singen. Das war nicht das Problem. Aber vor Publikum und noch dazu als Erste… So stark wie ihr Magen in diesem Moment vor Aufregung flatterte, bezweifelte sie, dass sie auch nur einen einzigen Ton heraus bringen würde.

„Vielleicht haben sie das Lied gar nicht mehr im Programm.“

„Das ist auch nur Wunschdenken.“

Greg schob Adrian und Emily das aufgeklappte Heft mit den Titeln zu, die gesungen werden konnten und sein Zeigefinger deutete auf den Titel, den Emily am liebsten ganz aus dem Programm verbannt hätte. Sie wagte gar nicht Adrian anzusehen, sondern hoffte inständig, dass er das Lied nicht kannte und sich somit noch keine Gedanken darüber machte, solange sie noch nicht gesungen hatte.

Sie lehnte sich etwas zu ihm hinüber, so dass sie nicht gegen die Dame anschreien musste, die gerade Black Velvet mit tiefster Inbrunst sang und sogar vereinzelten Szenenapplaus dafür erhielt. Ihre Schulter berührte leicht die von Adrian, als sie ihm ins Ohr sprach.

„Du musst dir nur ein Lied aussuchen und die Nummer zusammen mit deinem Namen auf einen der Zettel schreiben, die hier überall ausliegen. Dann gibst du die dem DJ und der ruft dich dann auf, wenn du dran bist.“

Die Auswahl an Songs war groß und Emily war wirklich gespannt, was Adrian sich aussuchen würde. Inzwischen stöberten auch die Anderen am Tisch in den Liedkarten und Patrick schien bereits etwas Interessantes gefunden zu haben. „Ich hab zwei zur Auswahl. Allerdings weiß ich nicht, ob ich allein singen will. Aber ich will auch niemandem ein Duett mit mir antun. Ich treffe nämlich nur einen Ton, wenn die Planeten in der richtigen Konstellation stehen und sich gleichzeitig ein Kobold in Irland übergeben muss.“

Greg musste lachen und klopfte Patrick ermutigend auf die Schulter.

„Keine Sorge, lass’ mich noch zwei Bier trinken, dann sind wir gleich auf und trällern sie alle in Grund und Boden.“
 

Adrian beugte sich zu Emily hinüber, als ihr Bruder die Karte mit den Liedern an seine Schwester abgab. Greg zeigte mit dem Finger auf den Titel ‚Picture‘ von Kid Rock. Das Lied kannte Adrian nicht. Aber es klang auch nicht sehr bekannt. Vielleicht war er hier ja nicht der einzige Unwissende.

Als Emily sich ebenfalls zu ihm beugte und sich ihre Schultern leicht berührten, bekam er wieder dieses Flattern im Bauch. Vermutlich die Aufregung. Immerhin teilte sie ihm ganz nahe an seinem Ohr mit, wie er sich am leichtesten blamieren konnte. Natürlich meinte sie es nicht so, aber – Adrian der auf einer Bühne stand und sang, anstatt sich auszuziehen? – wann hatte es das denn schon einmal gegeben?

Noch nie, wie er mehr als nervös feststellen musste. Dennoch ließ er sich nicht so leicht abschrecken, sondern nahm Emily schließlich die Karte aus der Hand, um sich ein Lied auszuwählen. Bei der Auswahl hätte man meinen können, Adrian hätte nun die Qual der Wahl, so wie Patrick, doch im Grunde sprang ihm nur ein einziges Lied ins Auge. Eines, das er schon lange nicht mehr gehört hatte, aber niemals vergessen könnte, denn es berührte sein Herz aufs Tiefste.

Adrian schrieb die Nummer und seinen Namen auf eine Karte und gab sie schnell dem DJ, damit er nicht zu lange auf seinem Auftritt warten musste. Er war zwar unglaublich aufgeregt, aber er hatte es lieber schnell hinter sich, als sich beim Warten darauf völlig verrückt zu machen. Außerdem wagten Greg und Emily mutig den Sprung ins kalte Wasser. Also konnte er sich ruhig ein Beispiel an den beiden nehmen.
 

So schnell waren noch nie irgendwelche zwanzig Minuten in Emilys Leben vergangen. Greg zog sie von ihrem Stuhl hoch, als der Typ vor ihnen noch Mrs. Robinson dahin schmachtete und der DJ ihnen schon einen Wink gab sich vorzubereiten.

Emily fühlte sich wirklich noch nicht betrunken genug, um gerade dieses Lied zu singen. Aber jetzt war es ja auch nicht mehr zu ändern. Oder doch? Sie suchte nach einer Fluchtmöglichkeit und warf Adrian einen verzweifelten Blick zu, bevor sie zumindest noch einen kräftigen Schluck von ihrem Bier nahm und ihm leicht auf die Schulter boxte. „Du bist auch kein Retter in der Not, was?“

Greg schob sie zum DJ-Pult, wo sie nur noch darauf warten mussten, dass die Bühne frei wurde. Jetzt ging alles so schnell, dass Emily glücklicher Weise gar nicht mehr darüber nachdenken konnte, dass sie Lampenfieber hatte. Auch wenn sie ihr Herz bis zu ihrem Hals klopfen spürte und am liebsten davon gerannt oder im Boden versunken wäre. Auftritte waren wirklich nicht ihr Ding.

Aber jetzt gab es kein Zurück mehr und zumindest musste sie nicht allein hier auf der kleinen Bühne stehen und ins Publikum sehen, das ihr interessierte Blicke zuwarf. Vor allem auch deswegen, weil die meisten das Lied nicht kannten, das Greg ausgesucht hatte und das er immer mit Emily zusammen zu diesen Partys sang.

Der DJ kündigte sie mit ‚Picture’ von Kid Rock an und schon ging das Licht aus und die Spots an. Emily wurde schlecht, was sich aber sofort änderte, als drei Gitarrenakkorde aus den Lautsprechern zu hören waren und Gregs tiefe Stimme den Raum erfüllte.

Emily stand zu Beginn des Songs ein wenig von ihrem Bruder entfernt und drehte sich bei ihrem Einsatz ein wenig von ihm weg. Das entsprach dem Liedtext und da beide den Song auswendig kannten, mussten sie sich nicht auf die Anzeige auf den Bildschirmen konzentrieren, sondern konnten ein wenig Theater spielen.

Je weiter das Lied fortschritt, desto näher kamen sich Emily und Greg, bis ihr Bruder sie an der Hüfte an sich zog, um die letzten drei Sätze mit ihr zusammen zu singen. Bei der letzten Zeile erhaschte Emily einen Blick auf Adrians Gesicht, was ihr Herz vor Überraschung einen Schlag aussetzen ließ. Sie konnte nicht sagen warum, sie konnte nicht einmal mit Sicherheit sagen, dass es tatsächlich so war, aber es fühlte sich verdammt so an, als sänge sie diese eine Zeile: I just called to say, I love you come back home..., die letzten Worte des Songs nur für ihn.

Erst der Applaus und die schrillen Jubelschreie von Mona rissen sie aus diesem Zustand und sie folgte Greg von der kleinen Bühne, die nun wieder jemand anderem gehörte.
 

Neugierig lehnte sich Adrian nach vor und stützte sich mit den Ellenbogen am Tisch ab. Als die Musik begann und Greg mit wohltönender Stimme los sang, konnte er seine Augen dennoch nicht von Emily abwenden, obwohl ihm der Text starkes Herzklopfen verursachte, als er ihn hörte.

Adrian musste sich sogar dazu ermahnen, dass das nur ein Lied war und nichts mit ihm zu tun hatte. Er konnte sich dennoch nicht dagegen wehren, dass er den Schreiber dieses Lieds verstand. Wie oft hatte er schon versucht, sich mit Drogen und Alkohol über die Gefühle hin weg zu dröhnen, die er nicht hatte länger ertragen können? Ja, sein Leben war die Hölle gewesen und er wusste, wie es dort aussah. Auch er hatte sich oft jemanden gewünscht, der ihm das gab, wonach er sich sehnte. Anständige, unbefleckte Liebe.

Adrian begann am ganzen Körper zu zittern, je länger er dem Lied zuhörte.

Als die beiden schließlich die letzten Zeilen sangen und Emilys Augen direkt in die seinen blickten, war es, als überrolle ihn etwas Gewaltiges.

Adrian war schockiert.

Mit einem Mal tobte in ihm ein Gefühlssturm, den er nur schwer bezwingen konnte. Es war dumm, zu glauben, dass das Lied, Emilys Blick und er irgendeinen Zusammenhang hatten, aber er konnte es nicht leugnen.

Als die beiden Geschwister wieder am Tisch ankamen, wurde Adrian klar, dass er wohl der einzige Anwesende gewesen war, der nicht geklatscht, sondern einfach nur wie erstarrt dagesessen hatte.

„Hey, das war ja ein super Auftritt von euch beiden.“, rief er ihnen schnell entgegen, um sein Versäumnis auszugleichen, so gut es ging. Dennoch zitterte er am ganzen Körper und konnte kaum richtig denken. Am liebsten wäre er auf die Toilette gegangen, damit er sich erst einmal in Ruhe wieder zusammen nehmen konnte, aber er könnte schon bald aufgerufen werden und irgendwie hoffte er auch darauf. Die Ablenkung würde ihm sicher ganz gut tun. Da jetzt aber jemand anderes dran war, mit Heartbreak Hotel von Elvis, nahm er noch einen kräftigen Schluck von dem Reiswein, um seine Nerven zu beruhigen.

„Wie kommt es eigentlich, dass ihr so ein Lied zusammen habt?“, wollte Adrian von Emily wissen. Auf die Antwort war er schon sehr gespannt.
 

Emily war nach dem kleinen Auftritt total aufgedreht und konnte sich gar nicht wieder hinsetzen. Also beugte sie sich zu Adrian hinunter und griff nach ihrem Bier, als er sie ansprach.

„Das Lied? Ach, das ist eigentlich eine total alberne Geschichte. Irgendwann ist Greg mal von zu Hause abgehauen, um auf einer Party zu gehen, die ihm damals unser Dad verboten hatte.“

Greg hatte sich wieder gesetzt und sah sich den Auftritt ihres Nachfolgers an, hörte aber der kleinen Geschichte zu. Das konnte Emily an seinen Seitenblicken erkennen, als er lächelnd sein Bier leerte, aber nichts zu ihrer Ausführung hinzufügte.

„Ich wusste, dass er weg war und sich wahrscheinlich betrinken würde. Natürlich hab ich mir vor allem Sorgen gemacht, dass ihm was passiert – entweder bei der Party oder danach, falls Dad ihn erwischen sollte. Irgendwann hab ich’s nicht mehr ausgehalten und ihn angerufen.“

„Ich bin erst beim dritten Anruf rangegangen und hab auch nur zugestimmt, dass sie mich abholt, weil sie tierisch genervt hat.“, mischte sich ihr großer Bruder jetzt doch ein.

„Na ja, als ich dann irgendwann in der Tür stand, kam gerade dieses Lied und Greg war meiner bescheidenen Meinung nach froh von dieser Party weg zu kommen.“

Greg strubbelte sich etwas verlegen durch die bereits wüste Frisur. „Da gab’s nicht mal Alkohol, sondern nur Gläser voller Pillen. War echt nicht mein Ding.“, gab er mit einem dieser schelmischen Lächeln zu, die ihn ausmachten.

Am nächsten Tag war Emily zufällig über das Lied gestolpert und hatte es Greg irgendwann vorgespielt. „Beim nächsten Karaokeabend standen wir dann zusammen auf der Bühne. Das ist irgendwie erhalten geblieben.“

Adrian hatte gar keine Zeit mehr auf die kleine Geschichte zu reagieren, denn er wurde vom DJ auf die Bühne geholt, um seinen ausgewählten Titel zum Besten zu geben. Emily bewunderte, dass ihr Mitbewohner keinen Deut nervös wirkte. Sein Bühnen-Ich konnte er anscheinend anknipsen wie einen Lichtschalter.
 

Schließlich gab ihm der DJ einen Wink und Adrian erhob sich, während angekündigt wurde, dass er ‚Loneliness Knows Me By Name‘ von Westlife singen würde. Ein Lied, das er während seines Entzugs ständig gehört hatte und somit in und auswendig kannte.

Der Alkohol hatte ihm verdammt gut getan, denn er war lange nicht mehr so nervös, wie er es ohne gewesen wäre. Es war nicht die Bühne, vor der er Schiss hatte, sondern das Singen. Publikum war er gewohnt, aber das war nun einmal nicht sein Fachgebiet. Trotzdem trat er selbstbewusst auf die Bühne, nahm das Mikrophon in die Hand und schloss für einen Moment die Augen, während die Melodie einsetzte.

Dann begann er zu singen.

Die ersten Strophen klangen noch zurückhaltend und leicht unsicher, was durchaus zum Text passte, doch schließlich blendete er alle Anwesenden aus und begann aus tiefstem Herzen zu singen.

Als er schließlich bei der letzten Strophe ansetzte, öffnete er endlich wieder die Augen und sein Blick traf nur auf eine einzige Person – Emily.

Bis dahin, hatte er alle Menschen ausgeblendet, weil es hier nur rein um ihn ging. Zumindest empfand er es so.

Kaum, dass die Melodie verklungen war, nickte er den applaudierenden Menschen zu, legte das Mikro weg und machte sich rasch auf den Weg zu den Männertoiletten. Er brauchte dringend einen unbeobachteten Moment für sich. Denn natürlich waren all die Bilder wieder hochgekommen, die er mit diesem Lied verband und er hatte es zugelassen. Weil es wichtig gewesen war. Er wollte und musste etwas ändern und damals hatte er es getan. Heute würde er es wieder tun. Das schwor er sich.
 

Zuerst war er noch etwas leise, sodass Emily den DJ hektisch an ein paar Reglern schieben sah, um Adrians Stimme ein wenig klarer von der Hintergrundmusik abzuheben. Aber bereits nach der ersten Strophe schien der Rothaarige sich gefangen zu haben und sang nun sehr überzeugend. Emily fiel sofort auf, dass er das Lied auch auswendig kannte. Nicht einen Blick warf Adrian auf die Monitore, sondern sah eigentlich nirgendwo hin. Wahrscheinlich auch etwas, das er sich in seinem Job angewöhnt hatte. Emily konnte das Publikum nie vergessen, sondern sah sich im Gegenteil immer die Gesichter der Leute an, die ihr zuhörten. Das war manchmal gut, manchmal auch richtig böse, wenn sie schlechte oder gar keine Reaktionen bekam.

Gegen Ende des Lieds hatte Emily allerdings das Gefühl, dass Adrian sie doch ansehen würde. Nicht speziell sie als Person, aber er sah eindeutig in die Richtung ihres Tisches. Emily musste schlucken und fühlte ein Kribbeln in der Magengegend, das sie der gesamten Stimmung im Raum zuschrieb. Sie hatte schon etwas getrunken und bei Liebesliedern war sie immer anfällig.

Adrian verschwand direkt von der Bühne auf die Toilette, was Patrick, wie Emily auffiel, einen besorgten Blick entlockte. Aber so schnell wie ihr Freund wieder an den Tisch zurückkam, konnte man vermuten, dass ihn bloß die Nachwirkungen der Aufregung auf das Örtchen getrieben hatten.

Strahlend sah Patrick seinen Freund an und gab ihm ein Daumen hoch. „Das war ziemlich gut. Aber ihr hättet wirklich alle nach mir singen sollen, dann wärt ihr im Vergleich verdammt gut weg gekommen.“ Sein Lächeln erstarb ein wenig, als er sein Zeichen bekam und sich auf die Bühne zu bewegte.

„Mit dem Hintern ist es doch total egal, was oder wie er singt.“

„Mona!“

„Ach, ist doch wahr.“, grinsend zog Mona ihre kleine Schwester zur Seite und sah die Männer am Tisch auffordernd an.

„Ihr werdet doch nicht hier sitzen bleiben. Euer Kumpel braucht Unterstützung, also nichts wie in die erste Reihe und ein wenig Einsatz, wenn ich bitten darf!“

Dass Patrick Unterstützung nötig hatte, war schon vor seinem eigentlichen Einsatz zu erkennen. Er trat von einem Bein auf das Andere und die Bühne schien mit einem Mal riesig zu sein. Dabei hatte er keinen Grund sich zu verstecken. Patrick sah an diesem Abend wirklich verdammt gut aus in seinen engen Jeans und dem hellen Hemd, das er am Kragen ein wenig geöffnet hatte. Seinen hellen Augen leuchteten allerdings mehr als zurückhaltend unter seinem dunklen Pony hervor.

Als er anfing zu singen war auch sofort klar, warum. Er hatte mit der Einschätzung seiner Gesangsfähigkeiten leider kein Stück untertrieben. Aber sie würden ihn sicher nicht allein da oben darben lassen. Immerhin war es verdammt mutig sich dort hinzustellen, wenn man so gar kein Talent zum Singen hatte. Das Gespür für das Richtige Lied war allerdings hervorragend gewesen. Bei ‚Say a little prayer’, das die meisten aus dem Film mit Julia Roberts kannten, konnten alle mitsingen, was sie auch von Anfang an taten. Patrick bemühte sich redlich und sah nach der zweiten Strophe schon nicht mehr ganz so panisch aus, wie am Anfang. Mona und Emily jubelten und klatschten immer wieder und Greg und Mario sangen aus vollem Halse. Erst als das Lied zu Ende war, warf Emily Adrian einen Blick zu und schenkte ihm ein strahlendes Lächeln. Ihr machte das Ganze viel Spaß und sie hoffte, dass es ihm genauso ging. Sie trat einen Schritt auf ihn zu.

„Ich fand deinen Auftritt auch richtig gut. Schönes Lied. Wirklich beeindruckend, dass du bei so was gar nicht nervös bist.“
 

Als Patrick schließlich die Bühne betrat, hatte Adrian mit ihm großes Mitleid. Er selbst war da oben ein Nervenbündel gewesen, das er gut hatte verstecken können, aber sein Freund sah eindeutig nervös aus. Natürlich kamen ihm alle zu Hilfe und auch Adrian sang kräftig mit, um seinen Freund zu unterstützen. Außerdem war er inzwischen verdammt gut drauf, was nicht nur an einem immer höher steigenden Alkoholpegel lag, sondern auch an der ausgelassenen Stimmung.

Er lächelte Emily mehr als zufrieden an, als sie ihn anstrahlte. Ohne Scheu legte er ihr einen Arm um die Schultern, damit er nicht so schreien musste. „Soll das ein Scherz sein? Ich hatte total weiche Knie. Von wegen ich war nicht nervös!“ Sie hatte wirklich keine Ahnung, wie durcheinander er gewesen war und das war auch gut so, denn sie war größtenteils Schuld daran.

Sanft klopfte er ihr noch einmal auf die Schulter und ließ sie wieder los, um Patrick in Empfang zu nehmen. Der arme Kerl, schien ziemlich fertig zu ein, doch das würde sich sicher bald legen. Vor allem, da die nächste Runde Bier anstand.
 

Emily war einigermaßen überrascht, als Adrian ihr den Arm um die Schultern legte. Es war eine harmlose Geste, die er bestimmt jedem Kumpel entgegen gebracht hätte, aber für Emily war es in diesem Moment etwas Besonderes. Die seltsame Stimmung vom Sonntag hatte sie in den letzten beiden Tagen nicht wirklich vergessen, aber jetzt ging es ihr sehr viel besser. Nicht zum ersten Mal erwischte sie sich dabei, dass sie wünschte, ihr Mitbewohner wäre nicht vom anderen Ufer. Es war schön einen Freund wie ihn zu haben, aber genau in diesem Augenblick, als er den Arm um sie legte, wäre es Emily recht gewesen, wenn er an ihr interessiert gewesen wäre.

Aber als Patrick zu ihrer kleinen Runde stieß, war das fast sofort vergessen.
 

Eine Kellnerin kam vorbei und Greg bestellte eine Runde Bier für alle, die sie gleich im Stehen einnehmen wollten, denn Mona und Mario waren als Nächste mit Singen dran. Patrick stürzte die halbe Flasche hinunter, bevor er überhaupt etwas sagte.

„Gott, zwingt mich bitte nie wieder zu so was.“ Er sah Adrian und Emily mit geschocktem Blick an und seine Augen weiteten sich. „Ihr könnt mich hören, oder?“

Emily brach in schallendes Gelächter aus und hätte beinahe ihr Bier verschüttet, bevor sie Patrick kurz in die Arme nahm und ihn drückte.

„Hey, Kumpel. Mach dir nichts draus. Singen mag vielleicht nicht dein Fachgebiet sein, aber mit deinem Hüftschwung kann es keiner aufnehmen. Vielleicht bekommen die Leute heute ja noch die Gelegenheit dazu, dich zu sehen.“ Adrian grinste ihn verschwörerisch an. Zu gerne hätte er erlebt, wie die anderen auf diesen sexy Hüftschwinger reagierten. Die Mädels wären sicher total aus dem Häuschen.
 

Emily amüsierte sich königlich und wurde von Mona und Greg noch einmal auf die Bühne gezogen, wo sie zu dritt ein Lied von den Sugababes vortrugen. Vor allem Greg ließ dabei die Herzen schmelzen und Emily konnte sich beim Auftritt ihres Bruders kaum mehr selbst davon abhalten während des Singens in Gelächter auszubrechen.

Bei den Auftritten der Anderen tanzte und sang Emily begeistert mit und hielt sich irgendwann an Patrick fest, der sie schwungvoll durch die Gegend wirbelte. Wie Adrian gesagt hatte, war der Hüftschwung des Dunkelhaarigen wirklich unwiderstehlich und wieder fluchte Emily innerlich, dass sie nicht in der gleichen Liga spielte wie die gut aussehenden Männer, die sie gerade um sich hatte. Mona ging es da besser. Sie hatte sich mit Mario an einen Tisch in einer dunklen Ecke verzogen, wo sie gerade wilde Zungentänze vollführten. Das bedeutete, dass Emily mit ‚ihren Jungs’ und ihrem Bruder allein auf der Tanzfläche war. Sie hätte es schlechter treffen können, wenn man sich so die neidischen Blicke der anderen Frauen ansah.
 

Ein paar Runden Alkohol später, tat Adrian fast schon der Bauch weh vor lauter Lachen. Es machte wirklich unglaublich Spaß, Karaoke zu singen, weshalb er sich schließlich auch dazu entschloss, einfach noch ein Lied auszuprobieren. Zwar kannte er es nicht so gut, aber da er schon einigermaßen zu war, war er nicht einmal mehr nervös, als er das Lied vom Monitor ablas. Es war lange nicht so hingebungsvoll, wie sein erster Auftritt, animierte aber auch die anderen dazu, noch ein paar Ständchen zu singen.

Schließlich trat er an Emily heran, nahm ihre Hand, sah ihr tief in die Augen und lächelte bittend. „Hast du Lust, mit mir etwas zu singen, bevor ich noch zu lallen anfange und ich mich endgültig blamiere?
 

Als Adrian ihre Hand nahm, hielt Emily mitten in der Bewegung inne, die sie gerade dabei gewesen war, zu vollführen und sah ihn überrascht an. Seine Augen zeigten, dass er genauso angetrunken war wie Emily selbst. Allerdings bestand wohl nicht unbedingt die Gefahr, dass sie lallen würden. So weit waren sie auch nicht, selbst wenn Emily sich nicht getraut hätte sich zu oft von Patrick im Kreis drehen zu lassen.

„Klar“, antwortete sie also selbstverständlich und ließ sich von Adrian zum DJ-Pult ziehen.

„Ihr schon wieder. Eure Gruppe schmeißt mir hier heute den ganzen Laden.“, sagte der Mann zufrieden und schob ihnen die Titelliste hin. „Was darf’s diesmal sein? Wenn ihr mir das Lied jetzt sagt, könnt ihr gleich hoch.“

Emily deutete auf das erste Lied, dass sie einigermaßen kannte und von dem sie wusste, dass es ein Duett war. Adrian segnete 'Kids' von Robbie Williams ab und Emily stieg noch vor ihm auf die kleine Bühne und bekam ein Mikrophon in die Hand gedrückt. Der Alkohol half ihr insoweit über die Aufregung hinweg, dass sie bereits bei dem kurzen Intro des Liedes den Rhythmus aufnahm und sich zur Musik bewegte und auch kein Problem hatte, einigermaßen laut mit dem Singen anzufangen.

Adrian schien ebenfalls sehr gelockert, denn er tanzte ein wenig vor sich hin, während er Robbies Part übernahm. Emily sang mit einem breiten Grinsen auf dem Gesicht und schmiegte sich ein wenig an Adrians Seite, um in seine Bewegungen einzustimmen. Allerdings hielt sie die Berührung nur kurz aufrecht. Immerhin sollte niemand etwas Falsches denken.
 

Das Lied, das Emily ausgesucht hatte, war klasse und auch fetzig genug, um sich dabei einmal auf der Bühne auszutoben. Zumindest empfand Adrian das so, als er kaum die ersten Takte gehört hatte, wollte sein Körper schon tanzen und er tat es auch. Emilys Stimme war einfach toll und er fand, dass sie das Singen ziemlich gut hinbekamen. Natürlich könnten sie niemals Robbie und Kylie Konkurrenz machen, aber darum ging es ja nicht.

Es war wie ein elektrisierender Impuls, als Emily sich so nahe an seinen Körper schmiegte und sich in seinem Rhythmus mit bewegte. Wäre er noch vollkommen nüchtern gewesen, er hätte keinen Ton mehr heraus gebracht, doch inzwischen war er gelockert und mutig genug, um dem ohne Probleme entgegen treten zu können. Außerdem war die Stimmung im ganzen Saal so ausgelassen, dass sie ihn einfach mit sich riss.

Als Emily also Anstalten machte, sich wieder von ihm zu trennen, berührte er ihre Schulter und strich mit seiner Hand ihren Arm entlang nach unten, während er einen Schritt zurück machte. Ihre Hand wirkte um einiges Kleiner, als seine, als er sie ergriff und sie einmal im Takt zur Musik im Kreis drehte und sie dann wieder leicht an sich zog, um ihr über den Rücken zu streichen und sie dann wieder loszulassen.

Adrian sah ihr in die Augen, während sie sich gegenseitig umkreisten, hin und wieder kurz berührten, aber zu flüchtig, um wirklich erfüllend zu sein. Auch wenn Emily es vielleicht nicht bemerkte, Adrians Blut schoss ihm heiß und knisternd durch die Adern, von ihren Berührungen aufgeheizt, schien sein Herzschlag kein Tempolimit mehr zu kennen. Kein Wunder, dass er atemlos war, als das Lied zu Ende ging.

Mit sanfter Geste nahm er Emilys Hand und gab ihr einen Kuss auf den Handrücken, während er sich leicht verbeugte. „Vielen Dank.“, hauchte er ihr zu, ehe er sie entließ und fast schon traurig darüber war, dass es schon vorbei sein sollte. Aber es war besser so. Der Alkohol machte ihn mutiger und genau das war gefährlich. Er musste sich zurückhalten, sonst wäre all das, was er versuchte für heute zu verbergen, bald schon kein Geheimnis mehr. Und um nichts auf der Welt, wollte er diesen Abend heute bereuen müssen.
 

Adrian hatte nicht nur Talent zum Tanzen, nein, auch das Führen war wohl genau seine Sache. Zumindest stolperte Emily kein einziges Mal über ihre eigenen Füße, während er sie einmal im Kreis drehte und dabei unbeeindruckt weiter sang.

Als das Lied vorbei war, holten sie sich ihre Komplimente bei Greg und Patrick ab, bevor Emily mit dem Kinn zu Mona und Mario hinüber deutete und Greg fragend ansah.

„Meinst du, wir kriegen die beiden heute noch auseinander?“

Greg rollte mit den Augen, wie es auch Emilys Art war und zuckte dann mit den Schultern.

„Weiß nicht, aber ich muss mit den beiden nach Hause fahren, weil ich auf Monas Couch schlafe… Hey, was haltet ihr eigentlich davon, wenn wir noch irgendwo Fish & Chips einwerfen gehen?“

Das war eine ziemlich gute Idee. Emily war nicht die Einzige, der der Alkohol zu Kopf gestiegen war und sie musste zugeben, dass sie langsam müde wurde. Sie trug keine Uhr, weil das nicht zu ihrem Outfit gepasst hätte, daher sah sie fragend in die Runde, aus der Patrick ihr „3Uhr“ antwortete.

„Em, weißt du, ob es diesen Shop noch gibt, der rund um die Uhr aufhat? Du weißt schon, wo wir früher immer hin gegangen sind.“

Ja, den kleinen Laden gab es noch. Er war nur auf die andere Straßenseite gezogen und hatte sich etwas vergrößert. Emily war schon eine Ewigkeit nicht mehr dort gewesen, aber wenn die Fish & Chips immer noch so gut waren wie vor zwei Jahren, dann war das eine gute Idee.

„Ok, ich sammle die beiden ein und wir treffen uns am Ausgang.“

Emily sah Patrick und Adrian fragend an. „Ist das ok für euch? Oder wollt ihr noch hier bleiben?“

Den Alkohol mit fettigen Pommes aufzusaugen würde Emily sicher gut tun. Sie konnte nur zu deutlich spüren, wie sich die Welt ein wenig um sie drehte. Und vielleicht noch schlimmer, wie groß das Bedürfnis wurde, sich bei irgendjemandem anzulehnen. Nein, um es präzise auszudrücken war es nicht irgendjemand, sondern eine bestimmte Person, an der sie sich anlehnen wollte. Aber Greg half ihr diesbezüglich aus der Patsche, indem er sie mit einem Arm um ihre Hüfte an sich zog und sie kurz drückte. Sein Atem roch nach Bier, als er sich zu ihr hinunter beugte und sie seine Worte an ihrem Gesicht spüren konnte.

„Hab dich lieb, Schwesterchen.“

„Ich dich auch, Greg.“ Sie gab ihm einen kleinen Kuss auf die Wange und zog ihren Bruder dann hinter sich her aus dem Club heraus, in der Hoffnung, dass der Rest der Gruppe folgen würde.
 

***
 

Nachdem sie auch Mona und Mario aufgesammelt hatten, verteilten sie sich auf zwei Taxis, da sie sonst keinen Platz gehabt hätten. Emily fuhr mit Adrian und Patrick mit und Greg durfte sich zu dem knutschenden Pärchen setzen.

Wie zu erwarten war, kam auch beim Zwischenstopp keine Langeweile auf. Sie zogen sich gegenseitig mit den Gesangsdarstellungen auf, versuchten herauszufinden, wer von ihnen wohl am Betrunkensten war, was sich als gar nicht so einfach herausstellte und lachten über jeden noch so derben Blödsinn.

Es war schon weit nach vier Uhr, als sie sich schließlich endgültig überschwänglich verabschiedeten, da jede Hemmung bereits seit Stunden im Alkohol ertränkt worden war. Greg fuhr mit Mona und Mario nach Hause, während Emily und Adrian, Patrick auf dem Weg zu ihrer Wohnung bei ihm absetzten. So konnte Adrian auch seinen Freund unbesorgt zu Hause im Bett wissen, ohne sich noch weitere Gedanken darüber machen zu müssen.

Er selbst war schon ganz dösig und um keinen Deut nüchterner, obwohl ihm wenigstens nach dem fettigen Essen nicht schlecht war.

Gerade noch so, schaffte er es, dem Taxifahrer die richtige Summe zu geben, ehe er Emily beim Aussteigen half. Nicht nur aus reiner Selbstlosigkeit hielt er ihren Arm auch weiterhin fest, während sie die furchtbar vielen Treppen hinauf stiegen. Er brauchte diesen Halt, da er sonst Gefahr lief, zu stolpern.

„Mann, normalerweise trinke ich wirklich nicht so viel. Tut mir wirklich leid. Für heute kannst du mich vergessen…“, gestand er ihr leise und hielt sich noch ein bisschen enger an ihrem Arm fest. Inzwischen war es ihm egal, was sie davon halten mochte. Er war zu betrunken, um sich noch Sorgen darüber zu machen.
 

„Ssscht! Die Nachbarn…“ Wahrscheinlich war Emilys Flüstern und ihr Zischen wesentlich lauter als Adrians kleiner Kommentar, aber wenn nicht, würden die eventuell lauernden Nachbarn sicher auf das alberne Kichern reagieren, das sie nicht unterdrücken konnte. Zu allem Überfluss ließ sie auch noch ihren Schlüsselbund auf die Fußmatte fallen, was zwar keinen zusätzlichen Lärm machte, das wirkliche Heimkommen aber noch weiter verzögerte.

Als sie endlich den Schlüssel ins Schlüsselloch gesteckt und es geschafft hatte die Tür aufzuschließen, dachte sie schon Adrian wäre an die Wand gelehnt neben ihr eingeschlafen. Wieder musste sie leise kichern und griff seine Hand, um ihn hinter sich in die Wohnung zu ziehen.

Absolut nicht ladylike ließ sie sich im Flur auf den Hintern plumpsen, schob die Tür zu und befreite sich endlich von den unbequemen Schuhen, während Adrian in der Küche verschwand.

Sie war völlig fertig. Nicht nur, dass sich ihr der Kopf drehte und ihr Magen unter der riesigen Portion Fish&Chips, die sie verdrückt hatte, lautstark protestierte, sie war einfach unendlich müde. Eigentlich wusste sie, dass es eine bescheuerte Idee war, sich hinzulegen, denn vermutlich würde sie nie wieder hochkommen, aber die Holzdielen sahen in ihrem Zustand einfach verführerisch aus. Nein, nicht hinlegen. Aber zumindest kurz ausruhen.

Mit anscheinend letzter Kraft krabbelte sie neben die Küchentür und lehnte sich dort mit dem Rücken an die Wand. Ihre Beine streckte sie von sich und sah sich die Striemen an, die ihre Riemchenschuhe hinterlassen hatten. Emily hatte keine Ahnung, wie lange sie dort gesessen und auf ihre Füße gestarrt hatte, bevor ihr auffiel, dass sie auch Durst hatte. Gott, der Weg in die Küche war so weit. Eigentlich hätte sie nur umfallen müssen, dann wäre sie da gewesen, aber selbst das schien ihr zu anstrengend.

„Adrian…“ Immer noch flüsterte sie laut, was sie abermals zum Kichern brachte, während sie versuchte um den Türstock herum in die Küche zu sehen. Beinahe wäre sie dabei doch noch umgefallen. „Adrian, hilfst du mir hoch?“
 

Wie es schien, war er noch besser auf den Beinen als Emily, was er kaum für möglich gehalten hätte. Aber im Gegensatz zu ihr stand er noch, als sie ihn mit dieser seltsamen Tonlage rief und dann wieder kicherte. Oh ja, definitiv betrunkener als er. Er war noch nicht so lustig, dass er ständig kichern musste. Aber eigentlich neigte er bei zu hohem Alkoholkonsum auch nicht dazu.

Etwas schlingernd kam er Emily zu Hilfe. Er griff ihr unter die Achseln, um sie so hoch zu ziehen. Zwar hielt sie sich an seinen Hüften fest, half ihm aber ansonsten kein bisschen mit. Was die Sache schwieriger gestaltete. Eigentlich wäre es kein Problem gewesen, sie hoch zu heben, er war stark und sie leicht, aber dabei in seinem Zustand auch noch das Gleichgewicht zu halten, war dann doch eine ganz schöne Herausforderung.

Schließlich lehnte er sie sicherheitshalber gegen die Wand und stützte sich selbst daran ab, bis der Raum sich nicht mehr länger um ihn drehte. Allerdings bekam er von der Kücheneinrichtung ohnehin nicht mehr viel mit. Adrian sah nur noch sie. Ihre dunklen Augen, das leicht verwischte Maskara am unteren Rand ihrer Wimpern, das ihr noch mehr Tiefe im Blick verlieh.

Er konnte ihr Parfum deutlich riechen. Dezent und doch verführerisch für seine Sinne. Ihre Hände lagen warm auf seiner Hüfte. Seine eigenen hatte er inzwischen zu ihrer Taille wandern lassen.

Mit einem Mal schienen seine eingelullten Sinne deutlich verschärft. Sein Herz schlug ihm in blinder Verzweiflung heftig gegen die Brust, da sie ihm so nahe war. Das Flattern in seinem Bauch wurde zu einem tobenden Orkan und durch seine Adern rauschte pures Adrenalin.
 

Emily ließ sich zu einem ausgedehnten Zwinkern hinreißen, in dessen Verlauf sie seinen Duft einatmete. Ihre Hände, mit denen sie sich beim Aufstehen an ihm festgehalten hatte, lagen immer noch auf seiner Hüfte und sie hatte das Gefühl, sie hätten sich mit Adrians glattem Hemd in einer Weise von selbst verbunden, dass sie sie selbst mit größtem Kraftaufwand nicht mehr von dort weg bekommen konnte.

Adrians blaue Augen blitzten ihr unter seinen hellen Wimpern entgegen, während sich ihre Nasenspitzen beinahe berührten.

„Dankeschön.“ Bei dem Wort sah sie ihn ein wenig verträumt an und ließ ihn immer noch nicht los. Im Gegenteil schienen ihre Hände Emily gar nicht mehr zu gehorchen, sondern zogen Adrians Körper sanft ein wenig zu sich heran, bis kaum ein Blatt Papier zwischen sie gepasst hätte. Dennoch berührten sie sich nicht. Zumindest nicht, bis Emily ihre Lippen auf die von Adrian drückte. Sie dachte nicht darüber nach, fragte sich nicht, ob es richtig war, sondern tat es einfach, weil es zu einem unwiderstehlichen Drang geworden war, es zu tun. Noch immer umfing sie sein Duft und seine Lippen waren so weich, dass sie gar nicht anders konnte, als ihren Kuss vorsichtig darauf zu hauchen. Sie war nicht fordernd, sondern wollte ihm im wahrsten Sinne des Wortes einen Kuss geben, keinen von ihm verlangen.
 

Er war endgültig verloren.

Es kribbelte überall dort, wo Emily ihn berührte und Funken sprühten in seinem Bauch, als er kostend an ihrer Unterlippe sog und somit einen Hauch ihres Geschmacks erhaschen konnte.

Es übermannte ihn.

Leise stöhnend, presste er ihren Körper enger an die Wand, damit er nicht den Halt verlor, während er seinen Mund fordernd gegen ihre Lippen presste und mit seiner heißen Zunge darüber glitt, um sie zu überreden, sich für ihn zu öffnen. Es war ein überwältigendes Gefühl für ihn. Trotz des Nebels in seinem Gehirn wusste er doch, dass dieser eine Kuss alle anderen davor endgültig ausradierte, als hätte es sie nie gegeben. Denn sie alle waren bedeutungslos und das hier das einzig Wahre. Genau danach hatte er so lange gehungert, ohne es wirklich zu wissen.

Adrian brach fast unter der Wucht dieser Erkenntnis zusammen, wäre da nicht Emily gewesen, die ihn auf unerklärliche Weise aufrecht hielt, obwohl ihre Hände ihn niemals hätten stützen können. Er wollte sie. Wollte sie so sehr, wie noch nie etwas zuvor in seinem Leben und genau das war es, was ihn davon abhielt, ihr in seinem Rausch hier auf der Stelle die Kleider vom Leib zu reißen.
 

Erst jetzt machte sich der Alkohol in ihrem Blut so richtig bemerkbar und zwar, indem er sich langsam aber sicher verzog. Emily bekam erst mit, was eigentlich tatsächlich passierte, als sie von Adrians Körper gegen die Wand gedrückt wurde. Ihr Kuss war angestachelte Neugier gewesen, die sich schon länger als die vergangenen Stunden dieser Nacht aufgestaut hatten, aber sie hatte nicht damit gerechnet, dass zwei unterschiedliche Dinge zur gleichen Zeit passieren würden. Von beiden konnte Emily nicht sagen, welches sie mehr erschütterte.

Als sie bereits seine Zunge zwischen ihren Lippen spüren konnte, wie sie fordernd in ihren Mund glitt und seine Hände ihre Taille umschlangen, wurde Emily mit einem Schlag bewusst, dass Adrian sie küsste. Kein kleiner freundschaftlicher Kuss auf die Lippen, weil sie betrunken waren und sich gut verstanden. Nein, das hier war eine völlig andere Kategorie von Kuss, den er leicht stöhnend von ihr einforderte.

Emilys Augen öffneten sich wie von selbst, um ihn überrascht, ja fast schon schockiert anzusehen, aber sie sah nur seine geschlossenen Augen. Ihre Hände wussten nicht, ob sie ihn wegstoßen oder seine Körper noch näher an ihren ziehen sollten. Völlige Verwirrung machte sich in ihr breit und doch gerade jetzt begriff sie die zweite Sache, die sie nicht nur schockierte, sondern ihr fast Angst machte - Sie wollte ihn.

Adrian löste all das in ihr aus, was sie sich bei einem ersten Kuss wünschte. Ihr Herz schlug schneller, bis es so viel Sauerstoff durch ihren Körper pumpte, dass Emily das Gefühl hatte, den Boden unter den Füßen zu verlieren. Gleichzeitig schlug ihr Magen Purzelbäume und sie hätte am liebsten laut gelacht. Es schien irgendetwas aus ihr herausbrechen zu wollen, was schon seit einiger Zeit geschlummert hatte.

Und dennoch… Emily erwiderte Adrians Kuss eine Weile, konnte aber nicht verhindern, dass ihre Augen immer wieder aufsprangen und sie sich nicht fallen lassen konnte. Ihre Hände entschieden sich doch dazu, ihn ein wenig wegzudrücken, als ihre gegensätzlichen Gefühle endlich Emilys Hirn erreicht hatten. Was tat sie hier denn bloß? Und was zur Hölle tat Adrian?

Verwirrt und einigermaßen entsetzt von der Situation sah sie ihm ins Gesicht. Zuerst konnte sie keine Kraft für irgendwelche Worte aufbringen. Und als sie es schließlich schaffte, waren sie völlig zusammenhangslos. Das drückte zwar aus, was sie empfand, half aber bestimmt nicht weiter.

„Was… Aber du…“ Sie holte zweimal tief Luft und stellte erschrocken fest, dass ihr auf einmal die Tränen in die Augen stiegen. „Ich… Es tut mir leid, Adrian, ich wollte dich nicht…“ Ihr entkam ein leiser Schluchzer, während ihr schon eine Träne über die Wange lief. Ihr langsamer Verstand ließ sie erst jetzt erkennen, warum ihr Körper so auf das alles reagierte. Sie hatte Angst. Angst, dass Adrian sie aus Mitleid geküsst hatte. Dass er sich eigentlich vor dem hier ekelte und sie ihn dazu gezwungen hatte, etwas zu tun, das er nicht wollte.

Sie ließ den Kopf hängen und versuchte sich zu beruhigen, während ihre Hände sich immer noch an seinen Seiten festhielten.

Ihr Murmeln war leise und leicht unverständlich, als sie zu einer weiteren Entschuldigung ansetzte. „Bitte verzeih mir… Ich weiß ja, dass du nicht…“ Ihre Blicke begegneten sich und Emily merkte, wie nah sie sich immer noch waren. Kaum eine Hand breit von einander entfernt. „Ich mag dich und ich hab nicht nachgedacht.“
 

Sein Herz machte Freudensprünge, während sie sich küssten, auch wenn es entsetzlich falsch war. Adrian wusste es. Doch nichts erschien ihm jemals so schwierig, wie das einzig Richtige zu tun. Seine Lippen mussten sich von ihr trennen. Seine Hände mussten sie los lassen. Ihre Wärme durfte ihn nicht länger umfangen, ebenso wenig wie ihr Duft! Es war nicht richtig, noch länger zuzulassen, dass er sich diesem Gefühl hingab, das so viel besser war, als alles bisher Erlebte. Aber er schaffte es einfach nicht. Adrian würde sich selbst das Herz zerquetschen, wenn er jetzt von ihr abließ. Zumindest fühlte sich allein der Gedanke daran, bereits so schmerzhaft an.

Am Ende war es Emily, die den Kuss beendete und ihn dazu zwang, von ihr abzulassen. Er hatte ihre Gegenwehr gespürt, obwohl sie ihn noch immer berührte, dennoch gehorchte er.

Das fröhliche Flattern in seinem Magen wurde mit einem Schlag zu scharfen Klauen, die sich in seine Eingeweide bohrten, als er ihr entsetztes und zugleich verwirrtes Gesicht sah. Noch dazu füllten sich ihre Augen mit Tränen, während sie undeutliche Worte stammelte, was ihm noch mehr zusetzte. Verdammt, genau deshalb hatte schon die ganze Zeit in seinem Kopf der Alarm geschrillt. Sie hatte ihm zwar einen Kuss gegeben, aber er in seinem Rausch hatte nicht einmal darüber nachgedacht, sondern einfach nur zugelassen, dass er seinem Gefühl nachgab. Wäre er auch nur annähernd nüchtern gewesen, wäre ihm schon bei dieser einen unschuldigen Berührung klar gewesen, dass sie damit nichts hatte bezwecken wollen. Sie wusste, oder besser gesagt, sie glaubte, dass er auf Männer stand. Wie hätte sie denn wissen können, dass das der Funke gewesen war, der das Dynamit seiner Gefühle zum Explodieren brachte? Er war ja so ein verdammter Idiot!

Sie ließ den Kopf hängen und versuchte sich weiter zu entschuldigen, dabei war er hier alleine schuld. Er hatte nicht nachgedacht, denn hätte er das getan, dann säße er jetzt nicht so tief in der … Ach, was dachte er da? Das war gerade der Todesstoß gewesen!

„Emily…“, begann er unbeholfen. Adrian hatte keine Ahnung, was er sagen oder tun konnte, um den Schaden einzugrenzen. Wenn es nur um ihn gegangen wäre, hätte er den Schmerz in seiner Brust irgendwie ertragen können, auch wenn da etwas in ihm kurz vorm Erwachen stand, was ihn fast umhaute. Nie zuvor hatte er so gefühlt, was im Moment nicht gerade eine Hilfe war, da es ihn nur noch mehr verwirrte, als der Alkohol und diese andere Art von Rausch ohnehin schon taten. Aber darum ging es nicht. Emily musste völlig schockiert sein.

„Emily, bitte hör auf dich zu entschuldigen.“ Sanft berührte er ihr Kinn und hob es vorsichtig an, damit sie ihn wieder ansah. Eine Träne lief ihr über die Wange, die er mit dem Daumen weg wischte.

Verdammt, ihm wurde schwindelig. „K-Können wir uns hinsetzen?“

Ohne auf eine Antwort zu warten, zog er sie mit sich auf den Boden. Bis zu einem Sessel hätte er es nicht mehr geschafft. Alles drehte sich, aber er versuchte sich auf das zu konzentrieren, was jetzt wichtig war. Wie gerne wäre er wieder nüchtern, denn obwohl diese ganze Situation seinen Kopf etwas geklärt hatte, spürte er sich trotzdem nicht richtig.

„Hör mir zu.“, begann er noch einmal, sah sich kurz um und fischte ein Geschirrtuch von der Theke, ehe er es dazu verwendete, ihr die Tränen zu trocknen. „Das war nicht dein Fehler, hörst du? Ich habe nicht nachgedacht.“ Hätte er das doch bloß getan.

„Ich…“, er suchte in seinem vernebeltem Gehirn nach den richtigen Worten, fand aber nur einzelne Eindrücke, was nicht sehr hilfreich war. „Ich mag dich auch. Wäre das nicht so, dann hätte ich nicht … ich könnte nicht…“ Leise stöhnend hielt er sich seinen Kopf. Er war absolut nicht in der Lage, eine ordentliche Konversation zu führen. Gerne hätte er dieses Gespräch auf später verschoben, wenn er wieder zusammenhängend denken konnte, doch dazu war es zu wichtig.

„Ich bin zwar betrunken, aber ich wollte dich küssen…“, gestand er schließlich, ohne sie anzusehen. Das konnte er einfach nicht. „Die ganze Zeit schon…“
 

Emily verfiel sofort in Schweigen, als Adrian sie dazu aufforderte, sich nicht mehr zu entschuldigen. Sie sank in sich zusammen und saß ihm nun gegenüber, mit der Wand immer noch in ihrem Rücken. Sie fühlte sich in diesem Moment so verletzlich, dass sie sich am liebsten in das Eck zwischen Wand und Küchenzeile zurückgezogen hätte. Aber bewegen konnte sie sich auch nicht. Die Stimmung, die sie beinahe zu erdrücken drohte, hatte sie regelrecht an Ort und Stelle festgetackert.

Als er ihr mit dem Geschirrtuch die Tränen wegwischte, hätte diese kleine Geste beinahe das Gegenteil bewirkt. Emily biss die Tränen tapfer hinunter, die sich in ihr aufstauten und ihr sogar den Hals so zuschnürten, dass es fast wehtat.

Es war nicht ihr Fehler? Sie hatte ihn doch an sich gezogen und sich ihm aufgedrängt. Natürlich war es ihr Fehler!

Sein leises Stöhnen ließ tatsächlich eine neue Träne über ihr Gesicht kullern, die sie aber sofort mit dem Geschirrtuch auffing, das sie Adrian aus der Hand genommen hatte.

Gerade wollte sie schlechtes Gewissen wie eine Dampfwalze überrollen, als Adrian mit seinen Worten die Zeit anzuhalten schien. Emily hörte die Uhr über der Tür ticken, doch es hätte sie nicht im Geringsten verwundert, wenn jedes Staubkorn in der Luft in diesem Moment in seiner Bahn zur Erde aufgehalten worden wäre.

„Ich versteh nicht.“ Sie sprach leise und ihre Stimme hörte sich heiser an, denn ihr Hals war wie Schleifpapier, an dem sich die Luft vorbei rieb, die Emily zum Atmen brauchte.

In ihrem Kopf überschlugen sich die Gedanken, was wieder ein Schwindelgefühl in ihr hervorrief. Allerdings wusste Emily nicht genau, ob es allein am Alkohol lag.

„Wie meinst du das – die ganze Zeit schon?“ Die dunkle Ecke neben sich kam Emily immer verführerischer vor, je länger sie vor Adrian saß, der sie nicht ansah, sondern ein gesteigertes Interesse für die Brotkrümel auf dem Parkett entdeckt zu haben schien.
 

Es war zwar dumm zu sagen, dass der Alkohol nicht nur seine schlechten Seiten hatte. Aber so war es. Adrian fühlte sich zumindest soweit betäubt, dass er zwar Angst hatte, aber sie ihn nicht vollkommen erstarren ließ. Nur weil sein Gehirn sich halb taub anfühlte, konnte er das sagen, was ihm im nüchternen Zustand so unglaublich schwer gefallen wäre. Nicht, dass es jetzt leichter war, aber im Grunde war schon alles egal. Beinahe wünschte er sich, sie nicht zurück geküsst zu haben. Die stille Eifersucht, die unerklärliche Sehnsucht, ja selbst die Einsamkeit war leichter zu ertragen, als diese neuen Gefühle, die er nicht kannte, aber so viel schlimmer waren, da er sie nicht mehr fühlen konnte. Nicht nachdem, was er gleich sagen würde. Hätte er sich doch niemals diesen kleinen Blick ins Paradies erhascht. Die Folgen waren vernichtend.

Er war aschfahl im Gesicht, als er seinen Blick endlich hob und Emily unendlich schuldig ansah. Das war besser, als seine verletzliche Schwäche zu zeigen, oder wie sehr sein Herz wehtat.

Seltsamerweise war seine Stimme zwar leise, aber vollkommen ruhig. Wie die Ruhe vor dem Sturm. So schwer es auch fiel, er würde jede Reaktion akzeptieren, selbst wenn ihm das den Boden unter den Füßen wegriss.

„Ich habe dir bei unserem ersten Treffen gesagt, dass ich mich nicht für Frauen interessiere. Genauso wenig wie ich mich für Männer interessiere. Männer, Frauen, sie alle waren mir egal, solange sie mich in Ruhe ließen.“ Seine Augen brannten, weil er nicht blinzelte, dennoch sah er sie weiter an. Konnte nicht wegschauen. „In letzter Zeit hat sich das verändert. Ich mag dich. Ich fühle mich in deiner Nähe wohl und geborgen. Weißt du, wie viele Frauen das von sich behaupten können?“ Er wartete auf keine Antwort. „Keine. Auch nicht in der Zeit vor dir. Emily, ich bin nicht schwul. War ich nie und werde ich nie sein. Patrick ist ein guter Freund, genauso wie Tyson, aber mehr nicht.“ Wenn das so weiterging, würde er sich gleich übergeben müssen. Seine Brust zog sich viel zu eng zusammen, so dass er kaum Luft bekam und seine Eingeweide wurden regelrecht gequetscht. Dennoch hielt er sich tapfer aufrecht. Bereit das Urteil über sich ergehen zu lassen.
 

Emily fühlte, wie ihr heiß wurde und sich der Raum um sie herum einzuschränken begann. Sie konnte den Druck spüren, der sich zwischen ihr und Adrian aufbaute und mit jedem Wort schwerer wurde, das er sagte.

Sie sagte gar nichts, da sie hoffte, er wäre mit seiner Erklärung noch nicht zu Ende. Aber nach einer Weile musste sie zumindest wieder Luft holen, was sie anscheinend währen Adrian sprach völlig vergessen hatte. Das Geräusch, das sie dabei verursachte, hörte sich an wie ein gequälter Seufzer und kam tiefer aus ihrem Inneren, als sie es für möglich gehalten hätte.

Ihr Kopf schwamm immer noch auf einem weichen Kissen aus Alkohol, was ihre Reaktion nur noch weiter verzögerte, da sie das, was er ihr gesagt hatte, für sich selbst kaum ordnen konnte.

Adrian war nicht schwul. Soviel hatte sie verstanden. Immerhin war das die letzte Aussage gewesen, die er gemacht hatte. Verdammt, wenn sie nicht so benebelt gewesen wäre, dann hätte sie ihm bestimmt auch besser folgen können. Aber eines drängte sich ihr mit ziemlicher Schärfe auf und ließ sich nicht leugnen. Allerdings wollte sie es unter dem Blick seiner eisblauen Augen nicht selbst in den Raum stellen. Er hatte sie angelogen. Zwar hatte er nie wörtlich gesagt, dass er homosexuell war, aber ihm war von Anfang an klar gewesen, dass Emily das dachte. Und dass sie ihn nur unter dieser Bedingung bei ihr einziehen lassen würde.

Dann hatte er ihr das alles nur vorgespielt? Das Poster in seinem Zimmer und das vermeintliche Date mit Patrick… Gott, sie hatte ihn mehr oder weniger dazu gezwungen sich mit diesem Mann zu treffen… Noch länger konnte sie seinem Blick nicht standhalten und sah auf ihre Knie. Erst jetzt bemerkte sie, dass ihre Finger sich in ihre Knöchel krallten und sie ließ vorsichtig los.

Was bedeutete das denn nun alles? Emily schüttelte den Kopf, was keine gute Idee war, da ihr davon sofort schwindelig wurde und sie anfing schnell zu atmen, um einen Anfall von Übelkeit hinunter zu kämpfen.

Was war denn überhaupt wichtig?

Sie schien Adrian für eine unbestimmte Zeit völlig vergessen zu haben und auch als sie den Blick wieder hob, um ihn zu betrachten, schien sie seine Anwesenheit nicht wirklich wahrzunehmen. Sie sah sich sein Gesicht an, als wäre es ein Bild von ihm. Emily wollte feststellen, was sie tun sollte und hoffte, dass die Antwort in Adrians Gesicht zu finden war. Allerdings brachte sein Anblick sie nur noch mehr durcheinander. Wieder hatte er nur in Andeutungen gesprochen. Ok, er war nicht schwul. Und er mochte sie. Aber wie sehr denn? Dem Kuss nach zu urteilen, von dem er behauptet hatte, er hätte ihn sich schon lange gewünscht…

„Was sollen wir jetzt tun?“ Sie sah ihn Hilfe suchend an. Zumindest ihre Gefühle setzten sich schlagartig wie ein Puzzle zusammen, als sie ihn nun wieder als eine eigene Person erkannte. Das vorhin bei dem Kuss war keine Einbildung gewesen. Die Gefühle hatten sie beinahe von den Füßen gefegt. Das konnte nicht allein am Alkohol liegen. Aber…

„Da ist Richard.“ Sie hatte es ganz leise gesagt, konnte aber sehen, wie Adrian bei dem Namen unmerklich zusammen zuckte. Sofort griff sie seine Hand und hielt sie fest.

„Ich weiß nicht… Wir sollten das vielleicht nicht jetzt und hier…“ Aber die Frage schwirrte immer noch in ihrem Hirn. Was sollten sie tun? Gerade jetzt in diesem Augenblick. Es wäre Emily schon lächerlich vorgekommen, wenn sie jeder in ihrem eigenen Zimmer, jeder in einem leeren Bett übernachtet hätten. Wenn es denn die Wahrheit war, was Adrian gesagt hatte. Ihre Augen flehten ihn an, sie nicht zu belügen, als sie die nächste Frage stellte. „Willst du… Willst du, dass wir zusammen sind?“
 

Emily hatte ja keine Ahnung, welche Horrorvorstellungen sich in seinen Gedanken bildeten, während sie ihn so lange warten ließ. Das Warten und die Ungewissheit waren tausendmal Schlimmer, als Vorwürfe, Beschimpfungen oder Verachtung je hätten sein können. Adrians Verstand kannte viele grausame Dinge, darum war er sein schlimmster Foltermeister.

Vielleicht konnte er deshalb so schwer glauben, dass sie ihn schließlich einfach nur fragte, was sie jetzt tun sollten? Diese Reaktion hätte er nicht erwartet. Andererseits war sie so wie er nicht wirklich in der richtigen Verfassung, um klar denken zu können und schon gar nicht, um Entscheidungen zu treffen. Vielleicht kam das Unwetter erst mit der Ernüchterung.

„Da ist Richard.“, murmelte sie leise und es war, als würde man ihm eine gezackte Klinge ins Herz stoßen, als er das hörte. Trotz der Betäubung war der aufflammende Schmerz so heftig, dass er zusammen fuhr und beinahe gestöhnt hätte. Diesen Kerl hatte er unglaublicher Weise vollkommen vergessen. Nun war er jedoch wieder deutlich präsent. Adrians Welt war kurz davor endgültig zusammen zu brechen, als Emily ihm einen Rettungsanker hin warf, in dem sie seine Hand nahm. Adrian starrte sie fassungslos an, ließ dann aber den Kopf hängen und drückte ihre Hand an sein heftig pochendes Herz.

Emily hatte Recht, sie waren im Moment beide nicht in der Lage klar zu denken, sie sollten dieses Gespräch also besser auf später verschieben. Immerhin konnte er nicht einmal sagen, ob er es überhaupt noch schaffte, vom Fußboden aufzustehen. Das war doch wohl ein untrügliches Zeichen für den desolaten Zustand seines Gehirns.

Als Emily weiter sprach, musste Adrian sich stark konzentrieren, um den Sinn ihrer Worte erfassen zu können. Aber Anfangs glaubte er, sich verhört zu haben.

„Wie bitte?“, fragte er völlig verunsichert. „Du … trotz der Lügen … ich …“ Die Hand, welche die von Emily hielt begann heftig zu zittern. Diese Möglichkeit lag so fern von jeglichen Eventualitäten, die er gefürchtet oder eben nicht gefürchtet hatte, dass er nichts damit anfangen konnte. Zwar verstand er den Sinn, aber nicht den Zusammenhang. Also sagte er einfach die Wahrheit. „Emily … ich will dich … wir sollten das aber nüchtern besprechen … kein guter Zeitpunkt jetzt.“ Wenn sie es im Augenblick wirklich so meinte, wie sie gesagt hatte, dann musste er so fair sein, ihr die ganze Geschichte zu erzählen, wenn sie wieder bei klarem Verstand waren. Er wollte sie nicht noch länger anlügen müssen. Sollte wirklich der äußerst unwahrscheinliche Fall eintreten, dass sie zusammen kamen, dann musste Emily wissen, worauf sie sich da einließ. Adrian war in Sachen Beziehung ein totaler Anfänger. Das würde für sie bestimmt nicht leicht werden. Aber auch darüber konnte und wollte er jetzt nicht länger nachdenken.

„Gehen wir ins Bett … hat heute keinen Sinn mehr…“, meinte er schließlich etwas beruhigt. Mühsam zog er sich an der Theke hoch und blieb einen Moment taumelnd stehen, bis der Schwindel nachließ. Danach half er Emily dabei, vom Boden aufzustehen. Er hielt sie an der Taille fest, sowohl um sie zu stützen, als auch selbst gestützt zu werden.

Aus rein praktischen Gründen, schlug er schließlich den Weg zu seinem eigenen Zimmer ein. Adrian wusste nicht, ob er sich heute noch mit Emilys Kissenplage auf ihrem Bett hätte anlegen können. Es war sogar höchst unwahrscheinlich. Würden sie sich nicht gegenseitig abstützen, er hätte sich der Länge nach auf dem Boden ausgestreckt und würde dort seinen Rausch ausschlafen.

Auch wenn es lange dauerte, so standen sie schließlich bei ihm im Zimmer vor seinem Futon. „Du kannst es dir noch anders überlegen.“, nuschelte Adrian, dessen Kopf schon so schwer wie ein Zementbrocken war. „Wenn ich dich … in dein Bett bringen soll … sag es … aber ich bin mir sicher … wenn ich jetzt in die Vertikale gehe … komme ich nicht mehr hoch.“ Mühsam streifte er sich die Schuhe ab.
 

Emilys Hirn erfasste nur noch den Sinn von ‚gehen wir ins Bett’ und sie nickte langsam und mit Dankbarkeit in ihren Augen. Zwar hatten sie noch gar nichts wirklich geklärt, aber es fühlte sich zumindest nicht so an, als würde die Situation an ihrem Herzen nagen und sie wach halten. Wahrscheinlich hätte sie so gut wie nichts und niemand mehr lange wach halten können.

Sie ließ sich wiederum von ihm aufhelfen und tappte schweigend hinter ihm her in sein Zimmer, wo Adrian ihr noch einmal die Möglichkeit gab, sich anders zu entscheiden. Wenn sie aus der ganzen Sache raus wollte, dann konnte sie das jetzt. Sie müsste einfach nur sein Zimmer verlassen und in ihr eigenes Bett verschwinden. Morgen würde so oder so ein Gespräch anstehen, das sich gewaschen hatte. Genau das gab ihr noch den letzten Schubs und sie streichelte Adrian kurz über den Rücken, bevor sie sich noch einmal umdrehte. „Bin gleich wieder da.“

Mit Adrian in einem Bett zu schlafen war eine Sache, aber sie würde es nicht nackt tun. Also machte sie sich auf den unheimlich langen Weg in ihr eigenes Zimmer und kramte unter ihrer Überdecke nach ihrem Schlafanzug.
 

Nachdem Emily verschwunden war, um sich vermutlich so bettfertig wie möglich zu machen, schälte er sich aus seiner Hose, zwang sich dazu, die Knöpfe seines Oberteils zu öffnen, was sich als äußerst schwierig erwies, da es Knoten in Schlaufen waren. Irgendwann schaffte er es jedoch, danach schlurfte er taumelt auf eine beliebige Seite des Bettes, schlug die Decke zur Seite und ließ sich auf die Matratze nieder.

Obwohl ihm nicht kalt war, zog er sich die Decke bis zum Hals hoch, da er es einfach nicht mehr geschafft hatte, sich auch noch ein Shirt zu seiner Boxershorts anzuziehen, das Alex‘ Spuren verdeckt hätte. Sein Hals war inzwischen eher grün und blau, und auch die meisten Kratzer waren nur noch als blasse Linien zu erkennen, aber die auf seinem Rücken konnte man nicht übersehen. Zum Glück würde Emily noch betrunken genug sein, um es nicht zu bemerken. Vor allem, da er sich sowieso unter der Decke befand.
 

Emily konnte kaum glauben, dass sie es auch noch ins Bad schaffte, um sich abzuschminken. Das Zähneputzen ließ sie allerdings mit leicht schlechtem Gewissen ausfallen. Sie war einfach zu müde und Adrian würde sich hoffentlich nicht daran stören.

Als sie schließlich im Schlafanzug wieder in sein Zimmer kam, lag er schon im Bett. Emily war sich nicht sicher, ob er schon eingeschlafen war, zog aber vorsichtshalber sehr leise die Tür zu und ging um sein Bett herum zur freien Seite. Dort schlug sie die Decke zurück und steckte ihre Beine darunter, bevor sie es sich bequem machte. Adrian hatte es wohl nicht geschafft die Augen noch offen zu halten und war eingeschlafen. Aber das konnte ihm Emily nicht verdenken. Ihr selbst waren die Lider so schwer, dass sie es kaum noch schaffte sich zu ihm umzudrehen und einen Arm um ihn zu legen, bevor sie weg driftete.



Fanfic-Anzeigeoptionen

Kommentare zu diesem Kapitel (0)

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.

Noch keine Kommentare



Zurück